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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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ZWEITER VORTRAG<br />

Dornach, 6. September 1924<br />

Die sechs Offenbarungen der Sprache<br />

Zunächst werden Sie gesehen haben, daß aus den gestrigen Darstellungen<br />

hervorgeht, wie Lyrisches, Episches und Dramatisches in bezug<br />

auf die Rezitationskunst, auf die Sprachgestaltung durchaus differenziert<br />

werden muß. Denn wir konnten sogar darauf aufmerksam<br />

gemacht werden, wie das Vokalische nach dem Lyrischen hin orientiert<br />

ist, wie das Konsonantische nach der Erzählung und dem Dramatischen<br />

hin orientiert ist.<br />

Nun muß man sich aber das, was ich gesagt habe, ganz besonders<br />

klarmachen, daß in jedem Konsonanten etwas Vokalisches liegt. Ein<br />

Konsonant für sich kann ja überhaupt nicht ausgesprochen werden,<br />

sondern es muß, damit ein Konsonant intoniert werden kann, etwas<br />

Vokalisches mitklingen, und die einzelnen Konsonanten haben verschiedene<br />

Neigungen zu dem Vokal. Außerdem klingt in jedem Vokalischen<br />

ein Konsonantisches mit. Das alles ist etwas, worauf ich bereits<br />

aufmerksam gemacht habe.<br />

Etwas anderes, was wir berücksichtigen müssen und worauf wir<br />

gleich unsere Aufmerksamkeit richten müssen, wenn wir die praktische<br />

Probe, die Frau Dr. Steiner geben wird, wirklich werden fruchtbar<br />

machen wollen für dasjenige, was über Sprachgestaltung zu sagen<br />

ist, etwas anderes ist dieses: Wir leben innerhalb der zivilisierten<br />

Menschheit in sehr vorgerückten Zivilisationsepochen. Das sind aber<br />

solche, in denen namentlich die Sprache ihren Zusammenhang mit<br />

ihren Anfängen, ihren eigentlichen Urgründen verloren hat. Die heutigen<br />

Sprachen Europas, vielleicht mit einer geringen Ausnahme -<br />

ich meine nicht, daß die Ausnahme in bezug auf die Quantität gering<br />

ist, sondern in bezug auf die Qualität -, mit der geringen Ausnahme<br />

des Russischen und kleinerer Sprachen, sind sämtlich weit weg von<br />

ihren Ursprüngen, und sie reden eigentlich so, daß die Worte, aber<br />

auch die Intonierung des Lautlichen nur noch ein äußerliches Zeichen

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