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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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Die Urpoesie war eine Einheit, sie drückte in der Sprache Gefühl und<br />

Gedanke, die man über die Dinge haben konnte, aus. Die Urpoesie war<br />

eine Einheit. Dadurch, daß die Sprache nach dem Inneren des Menschen<br />

das Gefühl abgeladen hat, das nach dem Ätherleib rutscht, entsteht<br />

die lyrische Stimmung der Sprache. Dasjenige, dem die Urpoesie<br />

am ähnlichsten geblieben ist, das also auch am meisten in der Sprache<br />

selber liegt, das ohne etwas zu erneuern von dem Urgefühl gegenüber<br />

der Sprache gar nicht gepflegt werden kann, das ist die Epik, die unmittelbar<br />

aus dem astralischen Leibe kommt. Dasjenige aber, was die<br />

Sprache nach außen hin treibt, zum Ich hin, das mit der Außenwelt<br />

zunächst beim Erdenmenschen in Verbindung steht, das ist die Dramatik.<br />

Der für die Dramatik tätige Künstler steht in der Regel, wenn er<br />

nicht monologisch spricht, einem anderen gegenüber. Und daß er dem<br />

anderen gegenübersteht, das gehört geradeso zu seinem Sprechen wie<br />

dasjenige, was er in sich selber erlebt.<br />

Der Lyriker steht keinem anderen gegenüber. Er steht nur sich<br />

selbst gegenüber. Sein Sprechen muß so gestaltet werden, daß dieses<br />

Sprechen der reine Ausdruck des menschlichen Inneren wird. Die heutige<br />

Lyrik kann daher nicht anders gesprochen werden, als daß - wir<br />

werden das später alles deutlicher ausführen - selbst das Konsonantisieren<br />

etwas nach dem Vokalisieren hinüberneigt. Lyrik zu sprechen<br />

macht notwendig, daß man weiß, daß jeder Konsonant auch eine gewisse<br />

vokalische Nuance in sich trägt, zum Beispiel das / ein i, was<br />

Sie daran sehen können, daß in manchen Sprachen zu einer bestimmten<br />

Zeit eine /-Entwickelung in einem Worte stattfindet, in anderen<br />

Formen aber noch ein / dasteht. So hat aber jeder Konsonant etwas<br />

Vokalisches in sich. Und für den Lyriker ist es vor allen Dingen notwendig,<br />

daß er das Vokalische eines jeden Konsonanten empfinden<br />

lernt.<br />

Der Epiker muß vor allen Dingen ein Gefühl dafür entwickeln -<br />

ich meine jetzt immer den Deklamator oder Rezitator, also denjenigen,<br />

der die Epik an das Publikum heranbringt -: Sobald du an den Vokal<br />

herankommst, kommst du an den Menschen heran; sobald du an den<br />

Konsonanten herankommst, schnappst du in die Dinge ein. Dadurch

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