28.03.2013 Aufrufe

RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

MARIE <strong>STEINER</strong><br />

Vorwort zur ersten Auflage<br />

Schöpferische Sprache<br />

In der Sprache erfaßt der Mensch sein göttliches Wesen; die Laute<br />

sind Schöpferkräfte, die ihn mit seinem Ursprung verbinden und ihn<br />

die Wege zum Geiste wieder finden lassen. Durch sie erhebt er sich<br />

über das Tier hinaus, tastet zurück zu seinem göttlichen Ich. Auf seinem<br />

Wege in die Materie hinein mußte sich jener losgelöste Funke<br />

des göttlichen Ich, der sich zur Menschwerdung bereitete, mit den<br />

Kräften des Abgrundes verbinden. Was an Verdichturigs- und Stauungsgebilden<br />

zu hemmend war, konnte durch immer neue Tode und<br />

Wandlungen abgestoßen werden. Es entstand das Tierreich, das wie<br />

eine ausgebreitete Buchstabenschrift desjenigen ist, was im Menschen<br />

sich zusammenballte, ihn zu stark mit Schwere belastete. Im Menschen<br />

durfte es sich so weit klären, daß es zum Worte werden konnte.<br />

Was in dem Tier als Laut und Ton lebt, kann sich nicht zur Sprache<br />

erheben; es bleibt Geräusch im kaltblütigen, unartikulierter Laut im<br />

warmblütigen Tier. Auch in seiner schönsten Ausgestaltung, dem<br />

Vogelgesang, kann sich die Tonlichkeit des Kosmos noch nicht selbst<br />

erfassen; sie kann nur hindurchschwingen. Erst in der Sprache kann<br />

die individuelle Ichkraft des Menschen ihren tonlichen Ausdruck finden<br />

und ihrer selbst gewahr werden. Durch sie kann sich der Kosmos<br />

in einem Ichbrennpunkt erfassen und von neuem schöpferisch wirken,<br />

aus dem Ich heraus.<br />

Indem sich der Mensch aufrichtet, die horizontale Linie des Tieres<br />

zur vertikalen umwandelt, befreit er in sich die Sprachkraft. Das Kind<br />

wird von ihr überschattet; es verbindet sich mit ihr, je mehr es in<br />

seine Eigenart hereinwächst. Es sagt nicht ich zu sich, solange es<br />

noch lallt. In den persönlichen Wünschen, der Egoität, ringt sich zunächst<br />

das niedere Ich durch, das im Wünschen Wollende, das sich<br />

dann über das Fühlen hin zum Denken durcharbeitet. Sinngemäßes<br />

Denken dringt in den Menschen ein auf den Wegen der Sprache. Die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!