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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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nicht ganz tun, weil Hamlet selbst auf seine Melancholie aufmerksam<br />

macht, und das tun wirkliche Melancholiker nämlich nicht. Gewiß,<br />

wenn man Hamlet intellektualistisch auffaßt, kann er so aufgefaßt<br />

werden - es war insbesondere die Auffassung eines ganz ausgezeichneten<br />

klassischen Schauspielers, des Robert vom Burgtheater -, daß er<br />

eigentlich wie ein tief bedächtiger Mensch über die Bühne geht.<br />

Dann, wenn wir ihn so über die Bühne gehen lassen als tief bedächtigen<br />

Menschen, wird uns aber doch manches schwierig an ihm<br />

zu verstehen, und wir sind dann genötigt, uns ihn immer mit einer<br />

dumpfen und vollen Stimme zu denken. Das können wir bei gewissen<br />

Stellen - und die deutschen Übersetzungen sind in dieser Beziehung<br />

fast ebensogut, an manchen Stellen sogar besser als das englische Original<br />

-, das können wir bei anderen Stellen durchaus nicht. Wir können<br />

gewisse Stellen bei Hamlet nicht so sprechen, daß sie hörbar sind<br />

in einer fließenden Art, wenn wir ihn durchaus als den durch das<br />

Stück gehenden tiefen Melancholiker auffassen. Und gerade wenn ich<br />

mich erinnere an die Hamlet-Darstellungen mit dem Robert, dann<br />

fand ich immer, daß das herausfiel, wenn er sein sehr schönes Sprechen<br />

für gewisse Monologe dann namentlich da zum Ausdruck bringen<br />

sollte, wo Hamlet ironisch wird, wo man nun wirklich nicht wie<br />

ein Melancholiker sprechen kann. Und ich muß sagen, es war für mich<br />

etwas Entsetzliches, wenn ich nach den schönen Monologen - sie<br />

waren wirklich schön in ihrer Art gesprochen von Robert - dann<br />

hören sollte mit derselben Intonierung: Geh in ein Kloster.<br />

Das geht nicht. So geht vieles andere nicht. Und deshalb möchte<br />

ich schon darauf aufmerksam machen, daß gegenüber vielen traditionellen<br />

Auffassungen des Hamlet auch die möglich ist, in der-ich werde<br />

sie jetzt etwas im Extremen pointieren, nicht sprechen, sondern eben<br />

nur pointieren - wir den Hamlet, in seiner Art sich gerade durch<br />

Sprechen zu charakterisieren, in der Situation darinnen auffassen.<br />

Wir haben ihn doch eigentlich so verlassen, daß er das Schauspiel<br />

vorbereitet hat, durch welches der König sich entlarven sollte, daß er<br />

also eigentlich voller Erwartung sein muß, wie das Schauspiel wirkt,<br />

und man kann sich schwer vorstellen, daß dieser Hamlet, der das alles<br />

arrangiert hat, jetzt plötzlich zum tiefsinnigen Philosophen wird. War-

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