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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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man sie förmlich im Geiste schaut, nachzeichnet, nicht sie aus dem<br />

Mechanismus der Hand heraus macht, sondern sie nachzeichnet. Man<br />

sieht sie vor sich, man zeichnet sie nach.<br />

Dann aber, wenn man das versteht, versteht man vielleicht leichter,<br />

daß der Schauspieler dazu kommen muß, während der gewöhnliche<br />

Mensch sich einfach seiner Sprachwerkzeuge bedient, um zu sprechen,<br />

sich ein intimes, unhörbares, wenn ich so sagen darf, Gehör<br />

oder unhörendes Gehör für stumme Sprache zu erwerben. Er muß<br />

vor sich haben können in der Seele, im Geiste das Wort und die Lautfolge,<br />

ganze Passagen, ganze Monologe, ganze Dialoge und so weiter;<br />

das heißt, er muß die Sprache so weit objektiv kriegen, daß er aus dem<br />

seelisch Gehörten heraus spricht.<br />

Man muß also nicht bloß den Sinn von einer Dichtung im Kopfe<br />

haben, sondern die ganze Laut- und Sprachgestaltung im Kopfe haben.<br />

Die meisten Szenen meiner Mysteriendramen sind so geschrieben,<br />

daß ich einfach abgehört habe, nach dem Laute hin abgehört habe; nicht<br />

das Wort gesucht zu einem Sinn, sondern abgehört habe die Sache.<br />

Das ist aber dasjenige, was schon dem schauspielerischen Sprechen<br />

zugrunde liegen muß, daß man eigentlich immer dies hört, ganz aus<br />

dem Gehör heraus spricht. Dann kommt man schon von selber zu der<br />

Laut- und Silbenempfindung, vor allen Dingen zu dem Bedürfnis, in<br />

den Worten zu leben. Und dann hebt man sich im ganzen Lebensauffassen<br />

zu einem gewissen geistigen Niveau. Das gibt den Sinn für<br />

künstlerische Gestaltung.<br />

Das ist auch wieder etwas, was man vom Anfang an nicht gleich<br />

glaubt. Vertieft man sich so in die Sprache, daß man gewissermaßen<br />

einen neben sich hat, dem man zuhört, dann entsteht daraus für das<br />

gute Drama eigentlich ganz instinktiv die Auffassung. Und man wird,<br />

weil schon der gute Dichter ein gewisses Gefühl dafür hat und sogar<br />

der gute Übersetzer ein gewisses Gefühl dafür hat, wie sich etwas anhören<br />

muß, was aus einem bestimmten Charakter heraus gesprochen<br />

ist, wenn man hört, seelisch hört, den Faust, den Mephisto sprechend<br />

seelisch hört, die Auffassung um so eher treffen. So daß man von da<br />

aus auch für die künstlerische Auffassung von Rolle und Stück aus<br />

der Sprachgestaltung heraus wirken kann.

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