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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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gerade diese Dinge mit ungeheurer Schärfe ins Auge zu fassen.<br />

Aber in der Kunst gelten ganz andere Gesetze in bezug auf die Menschenseelen.<br />

Da wird ein Schauspieler nicht einmal ein ganz guter<br />

Schauspieler sein können, wenn ihm nicht beim Nachhausegehen bis<br />

zum Alpdrücken einfallen kann: Wie hat die alte Schachtel da oben<br />

ihre Lorgnette auf mich gerichtet! - Er hat nicht darauf geachtet<br />

während des Spieles, aber jetzt stellt sie sich ganz mit ihren grauen<br />

Augen, zusammengewachsenen Augenbrauen, zerrütteten Haaren und<br />

ihren steifen Fingern, die den Lorgnettenhalter fassen, vor seine Seele.<br />

Wie Alpdrücken steht sie vor seiner Seele.<br />

Es ist nur ein Beweis dafür, daß er objektiv in den Dingen darinnen<br />

lebt, daß er, trotzdem er schauspielert, in der Wirklichkeit darinnensteht,<br />

miterlebt auch dasjenige, was er nicht beachten darf, nicht<br />

einmal nicht zu beachten braucht, sondern nicht beachten darf, während<br />

er darinnensteht. Aber während man mit seinem ganzen Bewußtsein<br />

demjenigen hingegeben ist, was man als Inhalt vorzubringen hat,<br />

hat das Unterbewußte um so mehr Gelegenheit, alles einzelne scharfsinnig<br />

zu beobachten. Und ist man dazu gelangt - was ich wie ein<br />

esoterisches Geheimnis des Bühnendarstellers charakterisiert habe -,<br />

daß, wenn man die Bühne verläßt, man eigentlich heraußen ist aus<br />

dem, was bühnenmäßig ist, daß man ins Leben eintritt, dann macht<br />

sich eben dieses Unterbewußte geltend, und dann geht man da durch,<br />

durch diese verschiedenen Karikaturen, die einem das Spielen vor<br />

Augen stellen kann; manchmal auch ganz schöne Dinge.<br />

In dieser Beziehung habe ich einmal etwas ganz Wunderbares erlebt,<br />

als der Kain^ aus einer Vorstellung kam und mit all diesem Alpdrücken<br />

in einer Gesellschaft sich einfand, wo er zusammentraf mit<br />

einer russischen Dichterin, die ihm gefiel, mit der er sich dann immer<br />

gern etwas in das oder jenes Zimmer zurückzog und dann mit ihr zusammen<br />

in diesem Alpdrücken nach der Vorstellung in der Künstlergesellschaft<br />

lebte. Es war wunderbar anzuschauen - er genierte sich<br />

auch gar nicht, sonst würde man ja gar nicht darüber reden -, aber es<br />

war tatsächlich so, daß da fortlebte in einer solchen Weise dasjenige,<br />

was er unterbewußt während der Darstellung erlebt hatte, vielleicht<br />

befördert durch seine starke Verachtung des Publikums, denn Kainz

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