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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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wechseln. Aristoteles sagt: Was soll das Trauerspiel? Es soll Furcht<br />

und Mitleid erregen. In den alten Mysterien würde man gesagt haben:<br />

Es soll von der Ä-Stimmung in die /-Stimmung übergehen, um dann<br />

in der a- oder ö-Stimmung die Lösung zu finden. So würde man in<br />

alten Zeiten gesagt haben.<br />

Er sagt weiter: Furcht und Mitleid sollen erregt werden bei dem<br />

Zuschauer, damit der Zuschauer von diesen Affekten gereinigt, geläutert<br />

werde. Die Katharsis ging aus diesen Affekten hervor. In den<br />

griechischen Zeiten, wo Schulung und Erziehung noch nicht jenen<br />

muffigen Geruch des Pedantischen hatten, der einen heute davon abhält,<br />

von Erziehung zu reden, konnte man, ohne daß man sich der<br />

Gefahr aussetzte, ein Philister zu sein, wirklich davon reden, daß der<br />

Zuschauer durch das wiederholte Anschauen des Dramas so etwas<br />

wie einen leisen Abglanz der Katharsis erleben sollte. Er sollte in sich<br />

künstlich durch das Anschauen des Dramas Furcht und Mitleid erleben,<br />

damit er für das Leben nach und nach von dem leidenschaftlichen<br />

Hingegebensein an Furcht und Miterleben, von allem, was ihm<br />

die Selbständigkeit nimmt, geheilt werde, die Katharsis erlebte. Es<br />

heißt ja die «Katharsis».<br />

Wir müssen, wenn wir ein Drama konfigurieren wollen in bezug<br />

auf seinen seelischen Aufbau auf der Bühne, geradezu solche Anschauungen<br />

wiederum in Fleisch und Blut hereinbekommen. Wir<br />

müssen fühlen, was da an Imponderabilien zwischen der Bühne und<br />

den Zuschauern vor sich geht.<br />

Ich sagte, die Aristotelischen Schriften sind nur mangelhaft auf die<br />

Nachwelt gekommen. Würde alles auf die Nachwelt gekommen sein,<br />

dann würde man auch die andere Definition darinnen finden, die ungefähr<br />

so lautete: Das Lustspiel ist die Darstellung einer in sich geschlossenen<br />

Handlung, die bestimmt ist, im Zuschauer neugieriges<br />

Interesse und Bangigkeit zu erwecken, um das Interesse am Leben zu<br />

einem größeren in ihm zu gestalten.<br />

Es ist ja nicht viel zurückgeblieben im Leben von dem, was in alten<br />

Zeiten dem Lustspiel abgeschaut werden konnte, denn das Hauptinteresse<br />

beim Lustspiel der modernen Zeit beschränkt sich bei vielen<br />

Menschen - nicht bei den feiner ästhetisch durchgebildeten Menschen,

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