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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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DREIZEHNTER VORTRAG<br />

Dornach, 17. September 1924<br />

Die Behandlung der Dichtung als Partitur<br />

Charakteristik und<br />

Konfiguration der Stückgestaltung<br />

Der Dichter hat sein Drama fertig, wenn es in Worten gestaltet ist.<br />

Er wird dabei, wenn das Drama bühnenmäßig sein soll, dasjenige<br />

gewissermaßen in Ohr und Auge haben müssen, was das Bühnenbild<br />

gibt. Wirkliche dramatische Dichtung ist vom Dichter geschaut, so<br />

geschaut, wie sie zuletzt dastehen muß schauspielerisch auf der Bühne<br />

vor dem Publikum. Sonst kann der Schauspieler mit der Dichtung<br />

nichts im Ernste anfangen, wenn nicht der Dichter Bühnenanschauung<br />

- Bühnenblut kann man es ja auch nennen - hat. Dann aber,<br />

wenn also der Dichter seine Dichtung fertig hat, dann ist sie für den<br />

Schauspieler, damit das Bühnendrama wirklich auf der Bühne steht,<br />

die Partitur. Die Dichtung verschwindet sozusagen, indem sie aufgeschriebenes<br />

- so könnte man ja sagen - Werk wird. Aber aufgeschriebenes<br />

Werk ist sie wie eine Partitur. Und der Schauspieler muß,<br />

geradeso wie der ausübende Musiker, das Werk wieder erschaffen.<br />

Es liegt zwischen dem Komponisten und dem ausübenden Musiker<br />

in gewissem Sinne eine Art Nullpunkt in der Partitur. Da müssen<br />

beide einander entgegenkommen. So aber muß es auch für den Schauspieler<br />

sein. Und der Schauspieler wird zu seinem Ziele kommen,<br />

wenn er zunächst vorbereitet ist dazu, zweierlei zu machen. Das erste<br />

ist, Charaktere zu erfassen, jeder Schauspieler selbstverständlich seinen<br />

Charakter; aber geprobt werden kann nur im völligen Einklänge<br />

mit allen Partnern durch den Regisseur. Daher handelt es sich<br />

darum, die Charaktere aufeinander abzustimmen, ineinander einzuspielen,<br />

das ganze Drama auch in bezug auf die Charakteristik zu<br />

einem kolorierten, in Charaktere kolorierten, in sich gegliederten<br />

Ganzen zu machen. Das wird, wenn man zuerst die Kunst der Charakteristik<br />

ausübt.

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