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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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Stöhnen geübt werden, sondern immer im Anhören einer Stelle aus<br />

dem Dramatischen geübt werden, die zum Inhalte hat, daß man über<br />

sie hinwegkommen wird. Denn derjenige, der sich ganz vertieft in<br />

einen Schmerz, stöhnt nicht und seufzt nicht, sondern derjenige, der<br />

sich den Schmerz vom Halse schaffen will, der sich selbst verbessern<br />

will, stöhnt und seufzt. Das deckt sich mit dem Leben nicht immer<br />

ganz vollkommen; in der Kunst, im Stil, deckt es sich aber vollkommen.<br />

Da sollte Seufzen und Stöhnen nur verwendet werden, wenn es<br />

sich darum handelt, den Schmerz so weit zu erleichtern, daß man<br />

überhaupt sprechen kann, daß man nicht verstummt. Daher sollte<br />

schon, wenn man auf etwas zu antworten hat, was einen niederschmetternden<br />

Schmerz ausdrückt, ein schön gestaltetes Stöhnen und<br />

Seufzen vorangehen, durch das man sich gewissermaßen die Erlaubnis<br />

zum Sprechen erst erwirbt.<br />

Dann wird es sich darum handeln, daß man auch im einzelnen übt<br />

so, daß der Körper physiologisch mitgeübt wird, aber immer in Anlehnung<br />

an das Sprachlich-Gestaltete. Nehmen Sie zum Beispiel an,<br />

Sie hören einer traurigen Passage zu, hören dieser traurigen Passage<br />

so zu, daß Sie sich bemühen, das Gesicht gar nicht durch ein Mienenspiel<br />

zu ändern, aber Sie bewegen den Kopf dabei. Also: bewegter<br />

Kopf bei ruhigbleibendem Antlitze = Zuhören einer traurigen Passage.<br />

Da tritt nämlich von selbst etwas ein, wenn Sie das tun. Da tritt<br />

das ein, daß Zwerchfell und auch dasjenige, was sich nach unten anschließt,<br />

in diejenige Bewegung kommen, in die sie kommen als Reaktion,<br />

als Gegenwirkung zu dem, was Sie mit dem Gesichte und mit<br />

dem Kopf tun. Und Sie üben Zwerchfell und Unterleib von selbst in<br />

der richtigen Weise. Das macht sich ganz von selber. Man sollte gar<br />

nicht anders als in Anlehnung an die Sprachgestaltung die Übung<br />

an dem Körper vornehmen. Also einer traurigen Passage zuhören:<br />

mit vollem Bewußtsein, mit ruhigem Antlitz und bewegtem Kopfe<br />

zuhören.<br />

Hören Sie einer Passage zu, die Sie gleichgültig läßt, bewegen Sie<br />

den Kopf gar nicht, sondern starren Sie einfach mit möglichster Anteillosigkeit<br />

auf die gleichgültige Passage hin. Es ist nicht zuviel gesagt,<br />

weil es der Tatsache entspricht, wenn man darauf hinweist, daß

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