28.03.2013 Aufrufe

RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

hingeworfenen Worte gewissermaßen aurische Konturen um den<br />

Schauspieler instinktiv sieht als Zuschauer. Der Schauspieler wird<br />

dadurch etwas anderes, als was er im Leben ist.<br />

Bedenken Sie nur einmal, wie bei extremen Fällen Sie da sehen,<br />

daß es so gemacht werden muß. Im extremen Falle ist das ja so. Denken<br />

Sie sich, man hat auf der Bühne einen Blödling darzustellen. Dazu<br />

darf man wahrhaftig nicht blöde sein; und der Regisseur, der einen<br />

Blödling durch einen Blödling darstellen laßt, ist wirklich der denkbar<br />

schlechteste Regisseur, denn, um einen Blödling darzustellen,<br />

dazu gehört die höchste Kunst. Da darf man am wenigsten ein Blödling<br />

sein. Da handelt es sich darum, daß man nicht etwa einen Menschen<br />

sich aussucht, der sich nur in seiner naturhaften Blödigkeit hinstellt<br />

- das wäre naturalistisch das beste -, aber darum handelt es sich,<br />

daß, wenn ein Blödling dargestellt werden soll, seine Blödheit darin<br />

besteht, daß jener Kontakt zwischen dem sauer, bitter, süß, wie ich es<br />

heute im Anfang des Vortrages gesagt habe von der Sprachgestaltung,<br />

nicht zustande kommen kann. Er kriegt es nicht fertig, die Brücke<br />

hinüber zu schlagen. Und schon der dramatische Dichter muß darauf<br />

Rücksicht nehmen, daß der Blödling bei der Empfindung bleibt, nicht<br />

zu der aus dem Moralischen heraus folgenden Sprachgestaltung<br />

kommt.<br />

Was wird man daher als guter dramatischer Dichter tun - und der<br />

Schauspieler muß das, was an solchen Stellen der gute dramatische<br />

Dichter tut, aus dem Vollen einsehen -, was wird man da tun? Man<br />

wird den Blödling darstellen lassen durch einen Menschen, der als<br />

Bühnenkünstler im eminentesten Sinne die Gabe hat, so die Gebärde<br />

zu machen, wie ich es gestern und vorgestern beschrieben habe: aus<br />

dem inneren Erlebnis heraus in künstlerischer Stilisierung. Da wird er<br />

finden, daß er insbesondere die Kunst des Zuhörens entwickeln muß,<br />

des Zuhörens mit der Gebärde, gleichgültig, ob einem als Regisseur<br />

der Dichter zu Hilfe kommt oder nicht, denn Dichter sind ja in der<br />

neuern Zeit auch nicht gerade große Künstler. Aber man kann da<br />

zwar nicht «corriger la fortune», wohl aber corriger das Leben, oder<br />

die Kunst in ehrlichem Sinne eintreten lassen, indem man den Blödling<br />

hinstellt mit den möglichst vollkommenen Gebärden, wie ich sie

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!