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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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in der letzten Zeit irgendwo irgendwelche Vorstellungen gesehen, in<br />

denen dies nicht vergessen gewesen wäre. Das ist der Satz - er ist<br />

eine furchtbare Trivialität, aber er ist eben vergessen worden künstlerisch,<br />

der Satz -, daß man mit den Ohren hört. Die Bühnenkunst<br />

der letzten Jahre hat sich nämlich ein eigentümliches Vorurteil angeeignet,<br />

nämlich das Vorurteil in der praktischen Ausführung, daß<br />

man mit den Augen hört, und sie hält es daher für notwendig, daß<br />

jedesmal, wenn irgend jemand auf der Bühne einem anderen zuhören<br />

soll, er dorthin schaut, wo der Betreffende steht. Es ist das eine Angewohnheit<br />

im äußeren Leben, daß man sich sogar dorthin dreht, wo<br />

jemand steht, der redet. Das ist vielleicht im Leben deshalb berechtigt,<br />

weil es ein Ausdruck der Höflichkeit im Leben ist, und Höflichkeit<br />

im Leben ist ja eine sehr gute Tugend, kann sogar unter Umständen<br />

zu den Tugenden gerechnet werden, die schon in den Moralkodex<br />

hineinkommen sollen, denn es ist eigentlich unmoralisch, nicht höflich<br />

zu sein. Ich will also gar nicht sagen, daß man als Spielender auf<br />

der Bühne nicht auch höflich sein sollte, im Gegenteil, aber die hauptsächlichste<br />

Höflichkeit auf der Bühne als Spielender hat man gegenüber<br />

den Zuschauern, nicht gegenüber dem einzelnen Zuschauer. Ich<br />

werde, wenn wir über die Zuschauer sprechen werden in den letzten<br />

Vorträgen, schon da auch über die Zuschauer das Nötige zu sagen<br />

haben, aber die einzige Höflichkeit, die man als Spielender zu entwickeln<br />

hat, ist gegenüber dem Zuschauer oder dem Zuschauerraum.<br />

Die aber muß eingehalten werden. Dann darf man aber nicht, wirklich<br />

nicht, im Bühnenbild sich gegenüber das manchmal haben, daß<br />

im Hintergrunde der Bühne einer spricht, und im Vordergrund viere<br />

stehen und noch mehr, die einem sämtlich nach dem Zuschauerraum<br />

hin den Rücken zuwenden. Das ist etwas, was aus dem Dilettantismus,<br />

der einfach das Leben nachahmen will, in die nicht mehr vorhandene<br />

Bühnenkunst in den letzten Jahren eingezogen ist, und was gründlich<br />

herauskommen wird, wenn wiederum Stil in die Bühnenkunst hineinkommt.<br />

Und dieses Stilgefühl, wie wird es denn wirken? Nun, es wird zum<br />

Beispiel so wirken, daß man ganz gut wird so auf der Bühne stehen<br />

können, daß man in den seltensten Fällen, in den allerseltensten Fäl-

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