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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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NEUNTER VORTRAG<br />

Dornach, 13. September 1924<br />

Der Stil in der Gebärde<br />

Wir wollen heute zunächst eine Probe aus Goethe geben, die als solche,<br />

als Probe, manches von dem veranschaulichen kann, was in diesen<br />

Auseinandersetzungen vorangegangen ist. Goethe hat ja, wie Sie an<br />

der Vorführung der beiden «Iphigenien» gesehen haben, zunächst<br />

das dramatische Werk erlebt in der Form, die dann bis zu einem gewissen<br />

Fertigen gekommen ist im «Götz von Berlichingen» und auch<br />

in gewissen Partien des ersten Teiles des «Faust». Da hat Goethe<br />

eigentlich aus der Prosa-Empfindung heraus gestaltet, noch nicht aus<br />

der eigentlichen künstlerischen Sprachgestaltung.<br />

Er hat namentlich seine erste «Iphigenie», die man als die deutsche<br />

«Iphigenie» bezeichnen kann, im Gegensatze zur späteren, zur römischen<br />

«Iphigenie», so gestaltet, daß in ihr die Prosagestaltung, die<br />

sich allerdings durch seinen poetischen Sinn ins Rhythmische hinein<br />

verlaufen hat, stark hervortritt.<br />

Ihm ist dasjenige, was Sprachgestaltung ist, eigentlich erst auf seiner<br />

Reise nach Italien aufgegangen. Er hat an der italienischen Kunst<br />

empfunden, wie die Kräfte des künstlerisch gestaltenden Menschen<br />

an einem Stoffe wirken. Er hat sich mit aller inneren Kraft zu diesem<br />

rein Künstlerischen herausgearbeitet. Daher fühlte er dann denjenigen<br />

Stoffen gegenüber, bei denen es möglich war, die Notwendigkeit, sie<br />

rein im Sinne der Sprachgestaltung umzuarbeiten.<br />

Das tat er im eminentesten Sinne mit dem Stoffe der «Iphigenie»<br />

und mit dem Stoffe des «Tasso». Und es ist ihm im «Tasso» gelungen,<br />

mit großer Ursprünglichkeit die ganze Gestaltung des Dramas in der<br />

Sprachgestaltung durchzuführen. So daß es vielleicht nichts gibt auf<br />

diesem Gebiete, wo in so bewußter Weise angestrebt wird, innerhalb<br />

der Sprachgestaltung das Dramatische herauszuarbeiten.<br />

Nun werden Sie aus dem, was ich gestern gesagt habe, ersehen<br />

haben, daß dieses doch noch nicht genügt für die Vollendung des

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