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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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STELZFUSS:<br />

Es kam mir doch so vor.<br />

SANSCULOTTE:<br />

Er hat ein gelbes Gesicht und bläulich-gräuliche Ränder um die Augen -<br />

die wirst du in deiner Einfalt aus der Entfernung für Brillen gehalten<br />

haben.<br />

STELZFUSS :<br />

Bleich im Gesicht?<br />

SANSCULOTTE:<br />

Gelb - grau - nein, eigentlich - wie soll ich sagen? Graugrün, wenn<br />

man's genau nimmt - tiefe Augen und widerhaar'ge Brau'n - ein schlichtes<br />

Männchen; nichts gegen Danton! Aber wenn vor dir hier Danton<br />

steht, der mächtige Koloß, und dort das schneid'ge Männchen Robespierre,<br />

sprichst du mit dem frei von der Leber weg wie mit dem jovialsten<br />

Kameraden, und vor dem andern stockt die Rede dir im Schlund - nicht<br />

grad' als ob er dich so dreist ansah', im Gegenteil, sieht eher etwas<br />

schüchtern und unbehilflich aus vor vielem Volk - doch geh' nur einmal<br />

auf die Galerie des Nationalkonvents, sobald er spricht: da kennst du ihn<br />

nicht mehr. Wenn festen Schritts er steigt zur Rednerbühne, wird's so<br />

still, daß du die Mäuschen pfeifen hören kannst in ihren Löchern. Steht<br />

er anfangs dann aufrecht und ruhig droben wie ein Pfahl und spricht<br />

gelassen, denkst du: nun, er spricht nur eben wie ein Schulmeister, oder<br />

wie ein PfafF spricht auf der Kanzel - plötzlich aber wirft er ein paar<br />

Worte hin mit einer Stimme, so kalt und scharf wie Stahl - in einem Ton,<br />

daß dir ein Schauer übern Rücken läuft - und fängt dann gar der Winkel<br />

seines Mundes zu zucken an, und ruft er bittersüß in seiner scharfen,<br />

schneidigen Manier: «Du armes Volk!» und «Tugendhaftes Volk!» da<br />

packt dich was im Herzen wie ein Krampf: du legst die Hand ans Messer,<br />

wenn du eins verbirgst an deiner Brust, und möchtest gern dich vor ihm<br />

niederwerfen und ihn fragen, wen du zuerst von den verfluchten Feinden<br />

der Republik damit durchstoßen sollst. - Zuweilen aber schweigt<br />

er wochenlang und läßt die andern reden. Es geschehn viel Dinge noch,<br />

von welchen man nicht weiß, ob sie ihm lieb sind oder leid. Zuweilen<br />

laviert er bloß und wartet auf den Wind. Eben in letzter Zeit ist er wieder<br />

sehr schweigsam geworden.<br />

Sie sehen, meine lieben Freunde, es wird in einer so schönen Weise<br />

Robespierre eingeführt, daß der Sansculotte gewissermaßen aus seiner<br />

Sansculotten-Rolle fällt und charakterisierende Persönlichkeit wird in

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