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RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRÄGE

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lebnis stehen. Dadurch bildete sich etwas ganz Bestimmtes in Goethes<br />

Seele aus. Man muß ja intim in seine Seele hineinschauen, wenn man<br />

das überschauen will. Es bildete sich das aus, daß er erstens nicht<br />

durch die Realität so in Anspruch genommen wurde wie Menschen,<br />

die bloß instinktiv in solch einem Erlebnisse darinnenstehen, die mit<br />

ihren Trieben und Instinkten darinnenstehen, die mit ihrer Seele<br />

eigentlich sich daher auch nicht zurückziehen können, sondern blind<br />

drauflos leben. In der Außenwelt kam es natürlich dazu, daß das Verhältnis<br />

oftmals nicht zu den gewöhnlichen Abschlüssen zu führen<br />

brauchte, zu denen sonst Liebesverhältnisse führen müssen. Nach der<br />

Art der Fragestellung, die man da anwendet - ich will ja nichts Böses<br />

sagen, aber auch unter manchem, was in dieser Beziehung gefragt<br />

wird, steht ja zuweilen: «Borowsky, Heck! »Es sollte damit durchaus<br />

nichts gesagt werden, was etwa Mißverständnissen ausgesetzt sein<br />

könnte, sondern es ist das, was ich sage, gerade nur als Interpretation<br />

Goethes gemeint. Aber auf der anderen Seite führte es dazu, daß das,<br />

was bei Goethe so zurückblieb - manchmal sogar gleichzeitig mit den<br />

äußeren Lebensverhältnissen eintreten konnte -, nicht bloße Erinnerung<br />

war, sondern Bild war, wirkliches Bild, gestaltetes Bild. Und so<br />

entstanden in Goethes Seele die wunderbaren Bilder des Frankfurter<br />

Gretchens, der Sesenheimer Friederike, über die der Froiti^heim sein<br />

Friederikenwerk geschrieben hat, was sich die deutsche Literaturgeschichte<br />

hat gefallen lassen. Es entstand dann jene bezaubernde<br />

Gestalt der Frankfurter Lili, die wunderbare Gestalt, die wir dann in<br />

«Werther» sehen. Es gehört zu diesen Gestalten auch schon das Leipziger<br />

Käthchen, es gehören selbst im hohen Alter Goethes solche<br />

Gestalten dazu wie Marianne Willemer, sogar Ulrike Levetzow und<br />

so weiter. Man kann sagen, einzig und allein die Gestalt der Frau von<br />

Stein ist nicht in dieser Weise geschlossenes Bild. Das lag in der ganzen<br />

Kompliziertheit dieser Lebensbeziehung. Aber gerade dadurch,<br />

daß diese Verhältnisse zu solchen Gestalten führten, daß mehr zurückblieb<br />

als eine Erinnerung, daß ein Plus gegenüber der bloßen Erinnerung<br />

vorhanden war, das führte dann zu der wunderbaren lyrischen<br />

Umgestaltung der Bilder, die da in Goethe lebten. Das kann<br />

dann selbst die Folge haben, daß solch eine Lyrik dramatisch wird.

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