Wir - Parkinson Schweiz
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«Man muss lernen, Freiräume zu schaffen!»<br />
Die Lebensfreude von Claire Erne ist so ansteckend wie ihr<br />
Lachen. Man mag nicht glauben, wie viele schwere Stunden<br />
die 71-Jährige in den letzten 22 Jahren, seit ihr Mann Martin<br />
an <strong>Parkinson</strong> erkrankt ist, durchleben musste. «Mein unbändiger<br />
Wille ist das Resultat eines jahrelangen Reifeprozesses,<br />
einer intensiven Auseinandersetzung mit dem ‹Problem<br />
<strong>Parkinson</strong>›, von unzähligen durch wachten Nächten,<br />
sorgengeplagten Tagen und letztlich einer konsequenten<br />
Anpassung meiner Wertevorstellungen und Begehrlichkeiten<br />
an eine unabänderliche Situation», erklärt Claire.<br />
Heute lautet ihre Strategie im Umgang mit <strong>Parkinson</strong>: «Das<br />
Mögliche schätzen lernen, das Verlorene nicht beweinen<br />
und sich selbst des nicht mehr Möglichen wegen nicht bedauern.»<br />
Entsprechend gelassen fügt sich Claire in Tage,<br />
an denen «Herr <strong>Parkinson</strong>» ihr und ihrem Mann einen<br />
Strich durch die Rechnung macht – etwa, wenn ein Ausfl ug<br />
ins Wasser fällt, weil Martin einen schlechten Tag hat. «Ich<br />
hadere nicht – sonst würde sich Martin nur auch noch Vorwürfe<br />
machen, weil er sich die Schuld für meinen Ärger<br />
geben würde», sagt sie. Stattdessen überlegt sie mit ihm<br />
gemeinsam, wie man aus dem «schlechten» einen «fast<br />
guten» Tag zaubern kann, von dem beide am Abend sagen<br />
können: «Was nicht gut begann, fand wenigstens ein versöhnliches<br />
Ende.»<br />
Erika und Jachen Tones: «Die Probleme, die <strong>Parkinson</strong> mit sich<br />
bringt, können gemeistert werden – das geht aber nur gemeinsam.»<br />
JAHRESTHEMA «ANGEHÖRIGE»<br />
Claire Erne: «Freiräume und Respekt für die Bedürfnisse des Partners<br />
sind wichtig – für die Patienten und für ihre Angehörigen.»<br />
Vieles, was sie heute anwendet, hat sie im Angehörigenseminar<br />
von <strong>Parkinson</strong> <strong>Schweiz</strong> gelernt. Dazu gehört auch, dass<br />
sie sich Freiräume gönnt, um Energie aufzutanken. «Während<br />
einiger Betreuungsstunden erlebt Martin Abwechslung<br />
und Anregung zum Alltag und ich kann loslassen, gönne mir<br />
Aquafi t und Seniorenturnen.» Und sie bewahrt nicht nur ihre<br />
Freiräume, sie gönnt Martin auch die seinen: «Alles, was er<br />
noch selbst kann, lasse ich ihn auch selbst tun.» Damit das<br />
möglichst gut klappt, besuchte sie mit ihm den von <strong>Parkinson</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> organisierten Kurs «Kinaesthetics für pfl egende Angehörige».<br />
«Seither kann Martin manches noch besser und<br />
ich spare viel Kraft», sagt sie.<br />
n<br />
«<strong>Parkinson</strong> macht das Leben teurer!»<br />
Erika Tones (62), deren Mann Jachen seit 1997 an <strong>Parkinson</strong><br />
leidet, kennt die Probleme, die <strong>Parkinson</strong> mit sich bringt.<br />
«Die Pfl ichten der Angehörigen ergeben sich aus dem<br />
Krankheitsverlauf. Anfangs macht vielen vor allem die<br />
Langsamkeit des Patienten zu schaffen. Was der Gesunde<br />
als Zeitlupe empfi ndet, ist für den Patienten oft schon<br />
Stress», weiss sie. «Im Krankheitsverlauf kommen weitere<br />
motorische Störungen – und damit neue Probleme hinzu:<br />
Als Angehörige muss man immer mehr Aufgaben übernehmen,<br />
wird zum Kopf, den Händen und den Beinen des Kranken.<br />
Selbst nachts ist man gefordert. Das Mehr an Betreuung<br />
zieht ein Weniger an sozialen Kontakten nach sich. Und<br />
weil sich oft auch die Persönlichkeit des Patienten verändert,<br />
entsteht zusätzliche Verunsicherung.» Hilfe und Unterstützung<br />
fi ndet Erika Tones in der Gemeinschaft mit<br />
Gleichbetroffenen – sie leitet eine Selbsthilfegruppe für Angehörige.<br />
2008 referierte sie an der Pfl egefachtagung im<br />
Weiterbildungszentrum für Gesundheitsberufe WE’G über<br />
ihr Leben an der Seite ihres kranken Mannes. Dabei verwies<br />
sie auch auf die hohen Kosten, die <strong>Parkinson</strong> mit sich bringt.<br />
«Mit der 2007 angenommenen IV-Kürzung wurde der Angehörigenteil<br />
gestrichen, Pfl ege und Betreuung werden nicht<br />
entschädigt. Doch Hilfsmittel, Arzthonorare und Medikamente<br />
sind teuer. Oft bleibt kein Geld für die Finanzierung<br />
von Entlastungsdiensten übrig. Und die kantonal sehr unterschiedlich<br />
gehandhabte Hilfslosenentschädigung greift<br />
erst, wenn der Patient schon bettlägrig geworden ist.» n<br />
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