Das WunDer mann
Das WunDer mann
Das WunDer mann
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stadtführung<br />
LampenfieBer<br />
im rampenLicHt<br />
Herzklopfen<br />
<strong>Das</strong> <strong>WunDer</strong> <strong>mann</strong><br />
Blutegel an der steckdose<br />
stefans Öko-knigge<br />
Pause 2011 1<br />
septemBer 2011
gesucht:<br />
2 Pause 2011<br />
Pause 2011 3<br />
praktikumssteLLen<br />
Wir Lernende im 3. Lehrjahr suchen praktikumsplätze.<br />
Die einsätze können von wenigen tagen bis mehrere Wochen<br />
dauern. teilzeiteinsätze (z.B. halbtags oder 1 bis 2 tage pro<br />
Woche über einen längeren Zeitraum) sind sehr erwünscht.<br />
Die einsätze sind teil der ausbildung. administrativer oder<br />
finanzieller aufwand entsteht für sie nicht.<br />
sascHa<br />
Was kann ich gut?<br />
Ich bin Captain in der Hockey<strong>mann</strong>schaft,<br />
weil ich in<br />
hektischen Situationen ruhig<br />
bleibe, die Übersicht bewahre<br />
und andere unterstütze. Ich<br />
arbeite zuverlässig und selbständig.<br />
Ich entwerfe kreative<br />
Flyer und Homepages.<br />
Was mache ich gerne?<br />
Mein Lieblingsfach ist Grafik.<br />
Ich möchte mich gerne gestalterisch<br />
sowie im Schreiben<br />
von HTML-Code weiter entwickeln.<br />
Motivation<br />
Was biete ich dem Arbeitsmarkt?<br />
Was bietet mir der<br />
Arbeitsmarkt? Ich will nie<br />
sagen müssen, ich hab‘s nicht<br />
probiert.<br />
isiDora<br />
Was kann ich gut?<br />
Mit meiner kommunikativen,<br />
aufgeschlossenen und<br />
freundlichen Art kann ich gut<br />
mit Menschen umgehen. Bei<br />
unseren Stadtführungen habe<br />
ich festgestellt, dass ich gut<br />
vor fremdem Publikum präsentieren<br />
kann.<br />
Was mache ich gerne?<br />
Geschichten erzählen, Zeichnen<br />
und Schminken bereitet<br />
mir Freude. Ich möchte gerne<br />
Kunden in einer Parfümerie<br />
oder in einer Boutique beraten.<br />
Motivation<br />
Ich freue mich an schönen<br />
Dingen und möchte dies<br />
vermitteln. Welcher Beruf ist<br />
trotz meiner physischen Einschränkungen<br />
geeignet?<br />
aDrian<br />
Was kann ich gut?<br />
Ich bin kommunikativ und<br />
habe keine Hemmungen<br />
auf Leute zuzugehen. Beim<br />
Gestalten mit Photoshop und<br />
InDesign lasse ich meiner<br />
Kreativität freien Lauf.<br />
Was mache ich gerne?<br />
Was ich gut kann, das mache<br />
ich auch gerne. Ich liebe es<br />
aber auch, Neues kennen zu<br />
lernen, damit ich noch mehr<br />
gut kann.<br />
Motivation<br />
Ich möchte meine Grenzen<br />
ausloten. Kann ich in der freien<br />
Wirtschaft arbeiten?<br />
Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an:<br />
Lukas Fischer, Leitung Ausbildung & Werkstätte, Tel. 044 389 62 57, l.fischer@meh.ch<br />
<strong>Das</strong> kÖnnen Wir:<br />
• Briefe ab Vorlage schreiben<br />
• Listen erstellen und bewirtschaften<br />
• Datenbanken füttern<br />
• einfache Buchhaltungsaufgaben<br />
• Bildbearbeitung mit Photoshop<br />
• Layoutarbeiten mit InDesign<br />
• und vieles mehr<br />
tamara<br />
Was kann ich gut?<br />
Ich kann gut mit Zahlen und<br />
mit Geld umgehen.<br />
Was mache ich gerne?<br />
Mir macht es Freude, in einem<br />
Team zu arbeiten. Besonders<br />
gerne gestalte ich Plakate und<br />
Visitenkarten. Mit Begeisterung<br />
helfe ich bereits in der<br />
MEH-Buchhaltung. Ich habe<br />
Spass am Lernen.<br />
Motivation<br />
Welche Möglichkeiten bietet<br />
das Arbeitsleben für mich?<br />
pausenfüLLer<br />
von Michael Groer<br />
<strong>Das</strong> letzte Jahr war für Viele im MEH von grossen<br />
Veränderungen geprägt. Der Neubau sorgt immer<br />
noch für Aufregung. Nur langsam findet der Alltag<br />
wieder Raum. Hin und wieder bleibt Zeit für eine<br />
Pause. Auch das Redaktionsteam der MEH-World<br />
macht nun Pause. Sie liegt vor Ihnen, die neue<br />
Ausgabe des MEH-Lehrlingsmagazins. Bisher als<br />
MEH-World bekannt, erscheint unser Lehrlingsmagazin<br />
nun im frischen Kleid mit neuem Titel.<br />
Was bleibt, ist der Grundgedanke.<br />
Warum Pause? Eine Pause steht nicht für Stillstand.<br />
Sie bietet Raum für ein Innehalten, für<br />
Momente der Kontemplation, ruhiges Betrachten<br />
– Erreichtes, Sehnsüchte und Wünsche. <strong>Das</strong> vergangene<br />
Jahr Revue passieren lassen. Oder einfach<br />
Pause machen und die Seele baumeln lassen.<br />
Sie ist auch Zeit für die notwendige Regeneration.<br />
Neue Kraft schöpfen, um den individuellen Herausforderungen<br />
Tag für Tag zu begegnen.<br />
Die Autoren erzählen von Träumen, Leidenschaften,<br />
von Schönheit, Liebe und Partnerschaft. Sie<br />
berichten aber auch von Problemen und Ängsten,<br />
wie sie an Grenzen stossen und Grenzen überwinden.<br />
Die Beiträge bringen uns eine vielgestaltige<br />
Welt näher und zeigen uns, wie subjektiv und in<br />
welch engen Bahnen sich die eigene Wahrnehmung<br />
oftmals bewegt.<br />
Nehmen Sie sich Zeit zur ruhigen Betrachtung,<br />
für Abstand vom Alltag. Tauchen Sie in unsere<br />
Welten ein. Ob Sie eine Pause zum Denken oder<br />
vom Denken nehmen, bleibt Ihnen überlassen.
4 Pause 2011<br />
Pause 2011 5<br />
anBaggern<br />
flirtpro ist die<br />
Wunderpille gegen<br />
Hemmungen beim<br />
ersten schritt. <strong>Das</strong><br />
rezept hat eine tolle<br />
freundschaft<br />
bewirkt.<br />
muskeLkraft<br />
statt<br />
gasHeBeL<br />
Beni misst sich an<br />
Wettkämpfen mit<br />
seinen sportkollegen<br />
und erzählt von<br />
der schönheit des<br />
Leidens<br />
meH-neuBau:<br />
Der grosse<br />
umZug<br />
Ärger wegen terminverschiebungen,<br />
laute<br />
nachbarn, wohnen mit<br />
freunden statt den<br />
eltern. ein tagebuch.<br />
8 BoLLyWooD<br />
Wechselbad der Gefühle<br />
13 fotostory<br />
Der Kornkreis<br />
16 Ärger<br />
Tim erlebt, was MEH-Bewohner am meisten nervt<br />
18 pickeLtour<br />
Die Lernenden des MEH führten durch Zürich<br />
21 kurZmeLDungen<br />
News aus dem MEH und Wissenswertes für Rollstuhlfahrer<br />
22 augenscHmaus<br />
Moviethek mit Heimvorteil<br />
24 <strong>Das</strong> <strong>WunDer</strong> <strong>mann</strong><br />
Sonne, Strand und Meer<br />
26 umWeLt<br />
Stefans Öko-Knigge<br />
28 intervieW<br />
Davide Calla<br />
impressum<br />
PAUSE – das MEH-Lehrlingsmagazin. Ausgabe Nr. 111, 29. Jahrgang<br />
Herausgeber: Ausbildung MEH, Lengghalde 1, 8008 Zürich, Telefon 044 389 62 00,<br />
lehrlinge.ausbildung@meh.ch, www.meh.ch Fotos: Michael Groer, Sascha Hafner, Steven Deblander,<br />
Umut Arslan, Rebecca Oeschger Korrektorat: Susann Bovay Druck: Druckerei Albisrieden AG<br />
Auflage: 2'600 Exemplare Erscheint: 1 x pro Jahr
6 Pause 2011<br />
Pause 2011 7<br />
flirtpille mit nebenwirkungen<br />
anBaggern<br />
nacH<br />
reZept<br />
flirtpro wirkt Wunder. Beim ersten kennenlernen rücken<br />
frauen ihre telefonnummer raus. einnahme der pille auf eigene<br />
gefahr, bei nebenwirkungen wird jede Haftung abgelehnt.<br />
Von Adrian Dervishi<br />
Ich bin 18 Jahre alt und merke manchmal wenn<br />
die Hormone mal wieder spinnen. Wie wenn tausend<br />
Volt durch den Körper fliessen! Ich möchte<br />
meine Grenzen beim Anbaggern austesten. Ich<br />
möchte den Frauen zeigen, dass wir im Rollstuhl<br />
«geili Sieche» sind!<br />
frauen auf der flucht<br />
Männer sind gegenüber mir als Rollstuhlfahrer<br />
sehr viel hilfsbereiter als Frauen. Männer kommen<br />
auf mich zu, um mir zu helfen, während<br />
Frauen viel länger zögern. Oder gleich die Flucht<br />
ergreifen.<br />
Nur weil ich im Rollstuhl sitze, schauen mich die<br />
Ladies in meinem Alter unsicher an und weichen<br />
meinem Blick aus. Was ich echt unfair finde. Dann<br />
stelle ich mir die Frage: was muss ich machen,<br />
darf das die Normalität sein?<br />
<strong>Das</strong> rezept<br />
Deshalb habe ich einen Plan entwickelt, um<br />
dieses Thema genauer unter die Lupe zu nehmen.<br />
Ich wollte bei meiner nächsten Feier eine<br />
Telefonnummer «fischen». Normalerweise bin ich<br />
ein aufgeschlossener Typ, aber wenn ich mich für<br />
eine unbekannte Schönheit interessant machen<br />
soll, bin ich zurückhaltend. Diesmal nahm ich mir<br />
vor, spontan und witzig zu sein. Ich wollte eine<br />
Frau ansprechen und sie um ihre Telefonnummer<br />
bitten. Da kann ich meine Trümpfe ausspielen.<br />
Die Unsicherheit der Frauen mir gegenüber führt<br />
dazu, dass ich die Nummern ergattere. Auf jeden<br />
Fall habe ich noch nie um eine Telefonnummer<br />
gebeten und bekam sie nicht! Ein Gigolo, wie es<br />
sie zu Tausenden gibt, hat es da wahrscheinlich<br />
schwerer.<br />
Ich erwartete, dass ich über lustige oder ausgefallene<br />
Erlebnisse berichten könnte. Ich wollte<br />
die Machonummer ausprobieren und ein Rezept<br />
für erfolgreiches Anbaggern finden. Herauskommen<br />
sollte nichts weniger und nichts mehr als die<br />
Wunderflirtpille.<br />
überdosis<br />
Aber es kam komplett anders. <strong>Das</strong> Ziel war an<br />
diesem Abend, eine Telefonnummer zu bekommen.<br />
Und dieses Ziel erreichte ich überraschend<br />
schnell. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so<br />
schnell jemanden kennenlernen würde.<br />
Der Plan ging trotzdem nicht auf. Ich wollte<br />
locker-lässig erzählen, wie ich als toller Hecht<br />
Telefonnummern fische. Etwa so: «Da schau an,<br />
tatsächlich hat der Fisch angebissen». Mit Gefühlen<br />
hatte ich nicht gerechnet. Plötzlich durchkreuzten<br />
diese aber meinen Plan. Ich merkte<br />
bereits beim ersten Treffen, dass ich mit ihr<br />
tolle Gespräche führen kann und dass wir immer<br />
etwas zu lachen hatten.<br />
Im Laufe der kommenden Monate verabredete ich<br />
mich oft mit ihr. Es entwickelte sich eine Freundschaft.<br />
Manchmal zerrinnt die Zeit fast nicht. Im<br />
Alltag zwischen Ausbildung und Wohngruppenroutine<br />
fühlen sich Wochen wie Jahre an. Plötzlich<br />
war das überhaupt nicht mehr der Fall. Die Zeit<br />
verging wie im Flug!<br />
prognose<br />
Ich hoffe, dass die Freundschaft weiter bestehen<br />
bleibt! Ich hatte noch nie so ein tolles<br />
Verhältnis mit einer jungen Frau. Neben den guten<br />
Gesprächen und dem vielen Lachen schmeichelt<br />
diese Freundschaft auch meinem männlichen Ego.<br />
Zuweilen habe ich Angst, dass wir den Kontakt<br />
wieder verlieren. Manchmal quälen Fragen mein<br />
Hirn. Empfindet sie dieselbe Freundschaft oder<br />
bin ich für sie nur eine Bekanntschaft? Wieso<br />
habe ich längere Zeit nichts mehr von ihr gehört?<br />
Möchte sie keinen Kontakt mehr oder sind es<br />
andere Gründe? Soll ich mich melden oder was<br />
nun? •
8 Pause 2011<br />
Pause 2011 9<br />
Bollywood verzaubert mich<br />
WecHseLBaD<br />
Der gefüHLe<br />
Liebe überwindet alle grenzen. Bunte saris, freudentränen,<br />
Herzschmerz, tod – Leidenschaft, romantik, musik und tanz.<br />
Diese mischung macht Bollywood-filme einzigartig und zu<br />
meiner grossen Leidenschaft. Von Isidora Radomirovic<br />
mein erstes mal<br />
Vor ungefähr neun Jahren hörte ich von einem<br />
Schulkollegen zum ersten Mal von Bollywood-<br />
Filmen. Ich war sofort begeistert von den romantischen<br />
indischen Musikfilmen! Mein Herz schrie<br />
nach Bollywood. Ich hörte die Filmmusik Tag und<br />
Nacht. Ich wollte die Tanzschritte lernen, aber die<br />
waren viel zu schnell. Zum Glück gab es beim<br />
Ferienpass einen Bollywood-Tanzkurs. Ohne zu<br />
zögern meldete ich mich dort an und lernte ein<br />
paar Schritte.<br />
mein BoLLyWooD-traum<br />
Shah Rukh Khan und ich gehen Arm in Arm durch<br />
die Stadt. Die Menschen lächeln uns zu. Wir lieben<br />
uns so sehr. Es ist perfekt – fast. Unsere Familien<br />
trennt ein unüberwindbarer Graben. Seit Generationen<br />
sind unsere Familien im Streit. Wir sind<br />
Nachbarn und unsere Eltern sprechen trotzdem<br />
seit Jahren kein Wort miteinander.<br />
Liebe ist stärker<br />
Unsere Liebe überwindet den Zorn unserer Eltern.<br />
Wir treffen uns heimlich, damit sie nichts erfahren.<br />
So geht es zwei Jahre, bis wir beschliessen<br />
zu heiraten. Als ich es meinen Eltern sage, fängt<br />
meine Mutter an zu weinen. Sie will mich überzeugen,<br />
dass ich unglücklich werde. Ich höre<br />
nicht auf sie. Ich packe meine Koffer und klettere<br />
heimlich aus dem Fenster. Ich klopfe an Shah<br />
Rukh Khans Tür. Seine Eltern öffnen. Sie schauen<br />
mich böse an und schliessen die Türe ohne ein<br />
Wort zu sagen. Tränenüberströmt hämmere ich<br />
an den verschlossenen Eingang.<br />
Denke nicht an morgen<br />
Wenn ich nach Hause kam, entspannte ich mich<br />
mit einem Bollywood-Film mit dem Titel: «Lebe<br />
und denke nicht an morgen.» Die Hauptrolle hat<br />
Shah Rukh Khan, mein Lieblingsschauspieler. Er<br />
ist ein toller Mann. Er hat wunderbare, grossartige,<br />
sexy Oberarme und ein supersüsses Lächeln.<br />
Er singt und tanzt wunderschön.<br />
tränen<br />
In der traurigsten Szene rollen die Tränen der<br />
Freunde von Shah Rukh Khan im Krankenhaus,<br />
weil er am Sterben ist. Jedes Mal muss ich mitweinen.<br />
Auch meine Schwestern und meine Mutter,<br />
die mit mir schauen, schluchzen. •<br />
<strong>Das</strong> eis schmilzt<br />
Endlich öffnet mir mein Geliebter. Er nimmt meinen<br />
Koffer und führt mich ins Haus. Seine Mutter<br />
blickt mich böse an. Sie stellt meinen Koffer vor<br />
die Tür. Wir stehen schweigend in der Eingangshalle<br />
und wechseln unsichere Blicke. Nach endlos<br />
langen Minuten geht Shah Rukh Khans Vater<br />
hinaus. Er stellt meinen Koffer vor mich hin und<br />
nimmt mich in seine Arme. Dann führt er mich zu<br />
seiner Frau. Wir sehen uns lange in die Augen. Ich<br />
sehe Tränen in ihren Augen, als sie mich in ihre<br />
Arme schliesst. Plötzlich stehen meine Eltern in<br />
der offenen Eingangstür. Sie haben mich gesucht.<br />
Shah Rukh Khans Vater bittet sie herein. Unsere<br />
Eltern geben sich die Hände und wechseln die<br />
ersten freundlichen Worte seit Jahren.<br />
Die Hochzeit<br />
Ich trage einen roten Seidensari und er einen<br />
weissen Anzug. Wir fahren in einer Kutsche mit<br />
weissen Pferden und unsere Freunde werfen uns<br />
Blumen zu. Ich bin glücklich.
10 Pause 2011<br />
Pause 2011 11<br />
Der grosse umzug<br />
mein<br />
ZügeLtageBucH<br />
Dank des erweiterungsbaus kann ich ins meH einziehen.<br />
mein tagebuch begleitet mich durch diese Zeit und erzählt von<br />
verschobenen terminen, weniger privatsphäre und vorfreude<br />
auf das Zimmer mit einem freund. Von Sascha Hafner<br />
18. november 2010<br />
Liebes Tagebuch, heute hatten wir das Gruppentreffen<br />
für die neue Wohngruppe. Es war sehr<br />
spannend zu erfahren wen man als Bezugsperson<br />
hat. Ich hatte Glück mit der Bezugsperson, ich erwischte<br />
meinen Lieblings-Gesprächspartner: Lio<br />
mit seinen voll tätowierten Armen! Auch wenn ich<br />
wegen diesem Abend einen Hockey-Match verpasste,<br />
hatte es sich gelohnt zu kommen.<br />
19. Dezember 2010<br />
Liebes Tagebuch! Heute haben meine Kollegen<br />
und ich erfahren, dass es Verzögerungen gibt<br />
beim Einzug. Der Boden ist nicht fertig ausgetrocknet.<br />
Ich dachte: «Ach du Schande, das ist<br />
typisch Bauplanung!» Ärgerlich ist das für diejenigen,<br />
welche von zuhause neu ins MEH kommen<br />
wie zum Beispiel mich. Alles wurde auf den<br />
10.1.11 organisiert.<br />
10. Januar 2011<br />
Heute sollten wir eigentlich eingezogen sein, aber<br />
der Einzug ist ja verschoben. Die Zügelkartons<br />
stehen bereit, aber wohin jetzt? So fühlten sich<br />
sicher die, die ihren alten Schlafplatz gekündigt<br />
hatten. Doch zum Glück gibt es das Balgrist<br />
Wohnheim, wo als Übergang drei von uns wohnen.<br />
Es sei noch schön dort drüben. Ich persönlich<br />
habe kein Problem. Ich kann immer noch zu<br />
Hause bei meinen Eltern bleiben.<br />
25. Januar 2011<br />
Liebes Tagebuch: ich habe das Gerücht gehört,<br />
dass am 7. Februar Schlüsselübergabe ist. Soll<br />
ich das wirklich glauben? Ja, ich glaube es mal.<br />
Viele sind genervt wie zum Beispiel Mirco. «Ich<br />
könnte die Wände hochgehen und bin frustriert<br />
weil alles so verzögert ist! Ich will endlich in mein<br />
neues Zimmer!» brüllte er. Vorhin habe ich erfahren,<br />
dass das Bürozentrum am 8. und 9. Februar<br />
umzieht. Die erlösende Info war, dass am<br />
12. Februar die neuen Wohngruppen in den Neubau<br />
einziehen können. Ich als neuer Bewohner<br />
des Altbaus kann ab dem 16. Februar mein neues<br />
Reich beziehen.
12 Pause 2011<br />
Pause 2011 13<br />
2. februar 2011<br />
Heute wurden die beiden Häuser getauft. Der<br />
Neubau heisst Cubus und der Altbau Villa. Tolles<br />
Gefühl, in einem Haus zu wohnen namens Villa.<br />
7. februar 2011<br />
Dienstag und Mittwoch werden die Leute vom<br />
Bürozentrum (BZ) zügeln. Dabei haben es die<br />
Bewohner die im BZ arbeiten schön: sie haben<br />
zwei Tage frei. Die armen BZ-Mitarbeiter können<br />
Zügelkartons schleppen. Bei uns vor der<br />
Ausbildung türmen sich die Zügelkartons vom<br />
BZ. Neu heisst es nicht mehr BZ, sondern WS<br />
(Werkstätte). Vor der Ausbildung sieht es aus wie<br />
ein Labyrinth. Man muss fast über die Kartons<br />
klettern. Hoffentlich sind sie bald weg. Ab Donnerstag<br />
können die Bewohner des Cubus schon<br />
die ersten Möbelstücke reinstellen.<br />
8. februar 2011<br />
<strong>Das</strong> alte BZ ist leer und ausgeräumt. Fast erwartet<br />
man, dass ein Strohballen über den Boden<br />
rollt wie in verlassenen Westernstädten. Kaum ist<br />
es wirklich leer, ist auch schon der Ausbildungsleiter<br />
Lukas am Planen für das neue Ausbildner-<br />
Büro. Dann werden die Ausbildner nicht mehr so<br />
nah bei uns sein. Vorteil oder Nachteil?<br />
16. februar 2011<br />
Heute zügeln meine Kollegen in den Cubus und<br />
ich hinterher mit der Kamera. Denn fotografieren<br />
ist eines meiner Hobbys. Es ist sehr interessant,<br />
wie jeder sein Zimmer einrichtet. Beim einen<br />
hängt ein Bild von Homer Simpson, beim andern<br />
dominieren riesige Boxen. Jeder will die bessere<br />
technische Ausstattung haben. Im Cubus drüben<br />
ist es heiss. Es riecht alles neu. Jetzt haben wir in<br />
der Villa mehr Platz. Im Cubus funktioniert noch<br />
nicht alles. Zum Beispiel öffnet die Tür nicht oder<br />
sie knarrt schon wie eine mittelalterliche Zellentür.<br />
<strong>Das</strong> kann es in Neubauten immer geben. Im<br />
Cubus finde ich die Rampe toll. Vorbei sind die<br />
Staus vor dem Lift. Man kann die Rampe hochfahren.<br />
<strong>Das</strong> ist super.<br />
28. februar 2011<br />
Eine neue Ära beginnt: Mein Einzug ins MEH.<br />
Ich bin ein bisschen nervös, aber ich denke das<br />
kommt schon gut. <strong>Das</strong> Zügeln letzte Woche ist<br />
gut gegangen, es funktioniert alles vom Fernseher<br />
bis zur Playstation. Und mein Zimmerkollege<br />
ist total lustig.<br />
1. märz 2011<br />
Diese Woche steht der Zügeltermin der Physio an.<br />
Die Bewegungstherapie zieht vom Erdgeschoss<br />
zu uns in den Keller der Villa. Mit der Physio als<br />
Nachbarn statt des BZ haben wir mehr Platz und<br />
weniger Stau vor dem WC. Dafür ist jetzt die<br />
Wohlfühloase hier. Mit den neuen Nachbarn steigt<br />
der Lärmpegel bei uns im Keller.<br />
14. märz 2011<br />
So, jetzt ist langsam Ruhe eingekehrt, obwohl<br />
vor den Fenstern der Ausbildungsräume noch<br />
die Gärtner sind, welche die Umgebung verschönern.<br />
Mich ärgert, dass im Altbau nichts getan<br />
wurde, damit es schöner aussieht. Die kaputte<br />
Küchentheke auf der Gruppe ekelt mich. Der Boden<br />
hat seine besten Tage auch schon hinter sich.<br />
Naja, im Sommer wird gestrichen. Aber wir hätten<br />
noch mehr Luxus verdient.<br />
16. märz 2011<br />
Jetzt wohne ich seit drei Wochen im MEH. Es gefällt<br />
mir immer noch gut. Es kommt mir vor, wie<br />
wenn ich schon lange hier wohnen würde. Manchmal<br />
habe ich das Gefühl, dass mir die Decke auf<br />
den Kopf fällt. Die Privatsphäre, wie ich sie zuhause<br />
hatte, vermisse ich manchmal. Im Grunde<br />
genommen ist es aber locker. Es fühlt sich wie<br />
eine richtige WG an. •<br />
akte X<br />
ZeicHen setZen<br />
Von Janick Nyffenegger<br />
kornkreise,<br />
so cool!<br />
Ha Ha Ha
14 Pause 2011<br />
Pause 2011 15<br />
ehrgeiz, tempo und kraftakt<br />
muskeLn statt<br />
gasHeBeL<br />
Beni früh liebt es, mit dem Handbike durch die natur zu sausen.<br />
Bei Wettkämpfen misst er sich mit der konkurrenz. voller<br />
Humor und phantasie erzählt er von seiner Leidenschaft und<br />
beantwortet fragen, die er sich selber stellt. Von Beni Früh<br />
Wie ich sehe, bist du mit dem Handbike<br />
hierher gefahren. ich dachte du kämest<br />
mit dem auto oder mit dem Öv.<br />
ÖV? Ist das ein Scherz? Wäre ich mit ÖV oder mit<br />
dem Auto unterwegs, dann sässe ich wohl noch<br />
nicht hier. So bin ich nicht nur zehn Mal schneller<br />
als mit dem ÖV, sondern ich spare auch noch den<br />
Ticketpreis. Die Autos lasse ich ohnehin im Stau<br />
stehen.<br />
super, dann kommst du ja mit diesem<br />
teil auf ein ziemlich hohes tempo?<br />
Es geht, etwa so schnell wie es die Polizei erlaubt<br />
– plus zehn Prozent natürlich.<br />
Hoppla! Wirst du auch mal geblitzt?<br />
Kann schon vorkommen. Doch ohne Nummernschild<br />
keine Busse. Nein im Ernst, ich schaffe<br />
um die 20 Stundenkilometer. Bergab geht’s dann<br />
noch etwas schneller. <strong>Das</strong> hängt von der Muskelkraft<br />
ab und auch von der Behinderung.<br />
Ich zum Beispiel habe im linken Arm wenig Kraft<br />
und kann mit der linken Hand kaum greifen. Daher<br />
leistet mein rechter Arm fast die ganze Arbeit.<br />
Wahrscheinlich wäre ich schneller, wenn ich meinen<br />
linken Arm gleich einsetzen könnte wie den<br />
rechten.<br />
Du kommst gerade vom rennen.<br />
Lief das rennen auch so blitzschnell?<br />
Na klar ging das auch rasant. Die Konkurrenz sass<br />
mir stets im Nacken. <strong>Das</strong> Wetter spielte verrückt,<br />
der Regen peitschte mir ins Gesicht. <strong>Das</strong> hinderte<br />
mich nicht, die Handkurbeln wie wild zu drehen<br />
und zum Schluss mit persönlicher Bestzeit durchs<br />
Ziel zu rasen. Es war ein perfekter Wettkampf, es<br />
hat alles funktioniert.<br />
Was mir auch noch unter den nägeln<br />
brennt: Wie fühlst du dich vor dem Wettkampf?<br />
Bist du nicht furchtbar nervös?<br />
Doch, ich bin nervös. Und das vor jedem Rennen.<br />
Ich fahre schon vier Jahre Handbike, da hat<br />
sich schon eine gewisse Routine eingeschlichen.<br />
Die Nervosität bleibt trotzdem. Denn jeder Wettkampf<br />
ist auch nach Jahren für mich einmalig.<br />
Nervosität kommt aus einer Anspannung. Diese<br />
Anspannung kann ich während des Rennens in<br />
Angriffslust umwandeln. Wenn ich an ein Rennen<br />
gehe, will ich es gewinnen! Ich denke dann immer:<br />
«<strong>Das</strong> ist mein Tag, meine Chance.»<br />
Wie gehst du mit niederlagen um?<br />
Zuerst ärgern, dann analysieren und nächstes<br />
Mal besser machen.<br />
<strong>Das</strong> tönt ja sehr hart. sport ist mord!<br />
Mord? Es ist hart, aber natürlich nicht Mord. Sonst<br />
würde ich ja nicht hier sitzen. Ich empfinde es als<br />
Herausforderung und zudem auch als Ausgleich<br />
zu meiner Ausbildung und zum Computer. Würde<br />
ich die körperliche Arbeit scheuen, dann wäre ich<br />
Schachspieler geworden.<br />
also sport als ausgleich, obwohl es sich<br />
nicht nach Zuckerschlecken anhört.<br />
eine weitere frage: Wie lange und wie<br />
schwer ist denn so ein Handbike?<br />
Die Grösse des Handbikes ist abhängig von der<br />
Körpergrösse. Da es verschiedene Behinderungen<br />
und Bedürfnisse gibt, kann man nicht ein Bike ab<br />
Stange kaufen. Ein Handbike ist etwas länger als<br />
der Fahrer und ungefähr 10 kg schwer.<br />
mich als nicht-sportler interessiert<br />
brennend: Warum treibst du sport?<br />
Ich treibe Sport, weil es mir Spass macht. Hier<br />
treffe ich meine Freunde, und ich komme mit der<br />
Natur in Kontakt. Ausserdem arbeite ich gegen<br />
das Sprichwort «wer rastet, der rostet».<br />
gibt es noch träume? gibt es etwas, das<br />
du verwirklichen willst?<br />
Ausser dem Privatjet, der Villa am See und dem<br />
Supermodel als Lebenspartnerin? Nein, Scherz<br />
beiseite. Ja, es gibt Träume. Ich würde gerne mal<br />
per Rollstuhl eine Backpacker-Reise unternehmen.<br />
Um die Welt in 80 Tagen per Rollstuhl, das<br />
wär doch was! •
16 Pause 2011<br />
Pause 2011 17<br />
ein unglück kommt selten allein<br />
auf Dem<br />
aBsteLLgLeis<br />
tim ist erfunden, der Ärger nicht. ich habe eine umfrage<br />
gemacht, die von fast allen im meH beantwortet wurde. <strong>Das</strong><br />
unheil, das tim widerfährt, haben die menschen im meH<br />
tatsächlich erlebt. Von Tamara Radomirovic<br />
Im Winter ist Tim früh am Morgen mit dem Elektrorollstuhl<br />
unterwegs zur Arbeit. Auf der Strasse<br />
liegt Schnee und Eis. Er fährt auf der Fahrbahn,<br />
weil er den Randstein nicht hoch kommt. Auf der<br />
vereisten Strasse verliert er die Kontrolle über<br />
den Rollstuhl. Er landet unsanft in einem Schneehaufen.<br />
Er braucht Hilfe, aus dem Schnee kommt<br />
er alleine nicht raus. Er hupt. Endlich kommt jemand<br />
und hilft.<br />
Blaue Hände<br />
Er kann nicht alleine weiter. Seine Hände sind zu<br />
kalt. Er braucht sein Handy, kann es aber nicht<br />
alleine herausholen. Sein Retter hilft ihm. Er ruft<br />
seine Mutter an. Endlich kommt sie und fährt Tim<br />
ins MEH. Er friert, verabschiedet sich nicht einmal<br />
von der Mutter und fährt direkt in die Wärme.<br />
Bei der Arbeit ist Tim zu spät gekommen, obwohl<br />
er früh genug von zu Hause losgegangen ist. Am<br />
Arbeitsplatz konzentriert er sich trotzdem voll auf<br />
die Arbeit.<br />
gegenverkehr<br />
Später möchte Tim mit dem Tram ans Bellevue,<br />
weil er im Spital seinen Kollegen besuchen will. Er<br />
bittet den Chauffeur, ihm zu helfen. Der Chauffeur<br />
steigt aus, sagt Tim, er soll schnell warten,<br />
steigt wieder ein und fährt ohne Tim davon. Tim<br />
ist stinksauer, weil er in der Kälte auf das nächste<br />
Tram warten muss.<br />
Nach dem Krankenbesuch im Unispital macht<br />
sich Tim auf den Rückweg ins MEH. Am Bellevue<br />
angekommen, muss er wieder auf der Fahrbahn<br />
fahren und zwar im Gegenverkehr, damit er die<br />
Strasse überqueren kann. Darum verpasst er das<br />
Tram. Er muss erneut in der Kälte auf das nächste<br />
Tram warten.<br />
achtlos<br />
Im Tram hat es viele Menschen mit Taschen und<br />
Rucksäcken. Ein Mann mit Rucksack passt nicht<br />
auf und drückt mit dem Rucksack Tims Nase<br />
flach. Der Mann steigt aus und hat es nicht mal<br />
bemerkt. Dann steht eine Frau neben Tim. Ihre<br />
Handtasche bleibt an Tims Steuerungshebel hängen.<br />
Tim ruft: «Achtung!» Die Dame hört ihn<br />
nicht, weil sie schon älter ist. Glücklicherweise ist<br />
nichts passiert. Endlich kommt Tims Station. Leider<br />
kann er nicht aussteigen, weil der Chauffeur<br />
nicht gekommen ist, um die Rampe auszulegen.<br />
Also fährt Tim eine Station weiter, denn dort kann<br />
er aussteigen, weil die Haltestelle erhöht ist.<br />
scheuklappen<br />
Am Abend freut er sich auf das Konzert der Backstreet<br />
Boys. Die Sicht auf seine Idole wird ihm<br />
versperrt, weil ein paar Jugendliche genau vor<br />
seinen Augen stehen. Er sagt ihnen hundert Mal,<br />
sie sollen weggehen. Sie machen Platz für ein<br />
paar Minuten und stehen wieder vor Tims Nase.<br />
Tim hat sich wochenlang auf das Konzert gefreut<br />
und schlussendlich nichts gesehen! Dazu noch<br />
den Eintritt bezahlt, was auch nicht billig war. •
pickeltouren<br />
18 Pause 2011<br />
Pause 2011 19<br />
staDtfüHrungen<br />
auf gesÄssHÖHe<br />
pickeltouren sind stadtführungen von Jugendlichen, die von<br />
der stadt Zürich und dem Jugendkulturhaus Dynamo initiiert<br />
wurden. auch wir Lehrlinge von der ausbildung des meH<br />
haben uns an diesem projekt mit eigenen touren beteiligt. auf<br />
einer entdeckungsreise stellten wir auf gesässhöhe unser ganz<br />
persönliches Zürich vor. Von Beni Früh<br />
Vor dem Rampenlicht stand für uns erst mal har-<br />
te Vorbereitung auf dem Programm. Aber alles<br />
halb so wild, immerhin hatten wir für die Vorbereitung<br />
unserer Pickeltouren sachkundige Unterstützung<br />
von Studenten der Zürcher Hochschule<br />
der Künste, super Leute, offen und herzlich. Sie<br />
haben uns ihr Wissen fachgerecht übermittelt.<br />
So hat die Vorbereitung richtig Spass gemacht.<br />
Wir haben gelernt, vor Leuten zu sprechen, uns<br />
vorzustellen, neue Präsentationstechniken einzusetzen<br />
und schlussendlich haben wir unsere Touren<br />
präsentiert.<br />
Lampenfieber im rampenlicht<br />
Bei der ersten öffentlichen Führung waren wir teilweise<br />
recht nervös. Vor fremden Menschen sprechen<br />
war für die meisten von uns ungewohntes<br />
Terrain. Man weiss ja nie, wie die Leute reagieren.<br />
Am Morgen vor der ersten Tour kam dann auch<br />
noch die Hiobsbotschaft, dass uns ein Kamerateam<br />
begleiten würde. <strong>Das</strong> hat es für uns nicht<br />
unbedingt einfacher gemacht. Wir waren richtig<br />
genervt. Der eine hörte Musik um sich zu beruhigen,<br />
der andere begegnete dem ersten Auftritt<br />
nach dem Motto: «Augen zu und durch!».<br />
Beim Treffpunkt war bei einigen die Nervosität<br />
aber schon verflogen. Wir hatten so viel geübt<br />
und erhielten grossartige Unterstützung durch<br />
die ZHdK-Studenten, unsere Praktikantin Seraina<br />
und Christoph, den Projektleiter der Pickeltouren,<br />
sodass wir optimal vorbereitet waren. <strong>Das</strong> Publikum<br />
war sehr aufmerksam und hat sich nicht<br />
vom Kamerateam ablenken lassen. Nach der Tour<br />
waren wir sehr erleichtert, dass wir es hinter uns<br />
gebracht hatten. «Gott sei Dank ist's fertig!». Den<br />
gelungenen Start feierten wir mit Champagner.<br />
Leider für jeden nur ein Glas, aber für manche<br />
war das eh genug.<br />
ein voller erfolg<br />
Insgesamt sind es dann fünf Führungen geworden<br />
und wir haben festgestellt, dass es nicht nur an<br />
uns liegt, wie gut die Führung ist. Fast wichtiger<br />
ist, wie das Publikum drauf ist. Bei der letzten<br />
Tour hatten wir beispielsweise besonders junge,<br />
interessierte Zuschauer. Sie stellten viele Fragen,<br />
machten Witze und schliesslich stimmten sie im<br />
Letzigrund ein «Happy Birthday» auf Saschas<br />
Geburtstag an. «<strong>Das</strong> machte die Führung viel<br />
einfacher für mich. Ich hab' einfach drauflos geplaudert»,<br />
erinnert sich Sascha. Einen Tag zuvor<br />
schienen die Leute nicht sonderlich interessiert,<br />
stellten keine Fragen und redeten miteinander,<br />
statt uns zuzuhören.<br />
Davon abgesehen haben wir viele tolle Erlebnisse<br />
und neue Erfahrungen gesammelt. <strong>Das</strong> Projekt<br />
wurde ein voller Erfolg.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.stadt-zuerich.ch/pickeltouren
20 Pause 2011<br />
Pause 2011 21<br />
pickeLtouren:<br />
erinnerungen<br />
stefan: «Es war super. Ab und zu war es schwie-<br />
rig mit dem Publikum. Ab und zu hat einen das<br />
Publikum richtig mitgetragen. Würde ich im<br />
Herbst an weiteren Führungen teilnehmen? Ich<br />
weiss es nicht, davor habe ich Respekt. Bis jetzt<br />
ist es gut gegangen. Aber vielleicht habe ich mein<br />
Glück etwas überstrapaziert.»<br />
sascha: «Es war eine Erfahrung fürs Leben. Ich<br />
hatte immer Probleme, vor vielen Menschen zu<br />
sprechen. <strong>Das</strong> habe ich überwunden. Im nächsten<br />
Jahr eine neue, andere Führung anzubieten,<br />
fände ich cool.»<br />
isidora: «Im Herbst will ich die Führung ja und<br />
nein wieder machen. Ja: Es war eine spannende<br />
Sache. Nein: Im Herbst ist mir das Wetter zu kalt.<br />
Wie wäre es mit der Masoala Halle des Zürcher<br />
Zoos? Dort herrscht tropisches Klima und man<br />
kann wie in der Karibik unter den Palmen liegen.»<br />
Beni: «Am Anfang des Projektes war ich unsicher,<br />
ob wir das zustande bringen. Jetzt – einige<br />
Zeit später – bin ich stolz, dass wir das geschafft<br />
haben. Ich bin auch froh, dass es vorbei ist und<br />
brauche jetzt etwas Abstand. Vielleicht sieht die<br />
Sache in ein paar Wochen anders aus.»<br />
adrian: «Ich finde es traurig, dass es nicht weitergeht.<br />
Ausserdem fand ich es schade, dass die<br />
ZHdK-Studenten nicht alle nach der Vorbereitung<br />
bei der Stadtführung dabei waren. Wir haben<br />
sehr viel von ihnen gelernt, ich denke es wäre für<br />
sie ein tolles Erlebnis gewesen die Früchte ihrer<br />
Arbeit zu sehen.»<br />
tamara: «Es war schön, dass ich mitmachen<br />
konnte. Im Herbst würde ich gerne die Führung<br />
wiederholen. Was nicht so schön war: Bei einer<br />
Probe im Tram wollte ein Mann Isidoras und meinen<br />
Namen wissen und ein Foto machen. Wir haben<br />
ihm ausdrücklich gesagt, dass wir das nicht<br />
wollen. Er hat trotzdem ein Foto gemacht und ist<br />
schnell ausgestiegen – Paparazzi?» •<br />
vBZ rüstet auf<br />
Die VBZ haben verschiedene Tramhaltestellen<br />
mit Displays ausgerüstet. Die ein Rollstuhlsymbol<br />
anzeigen. Was bedeutet, dass das angezeigte<br />
Tram mit Niederflurwagen kursiert. Es<br />
verhindert zwar keine Wartezeiten, man kann<br />
sich aber drauf vorbereiten. (shaf)<br />
neWs aus Der kücHe<br />
Seit Ende des letzten Jahres hat das MEH zusätzlich<br />
zwei flinke Hände in der Küche bekommen,<br />
einen neuen Küchenchef. Markus bringt mit seinem<br />
Kochlöffel Kreativität und Abwechslung in<br />
den Suppentopf. Er informiert sich bei uns Konsumenten<br />
persönlich, ob sich das Schwingen<br />
der Kochlöffel gelohnt hat, dabei ist er immer<br />
freundlich und aufgeschlossen. Schon nach kurzer<br />
Zeit konnte Markus alle beim Namen nennen.<br />
Weiter so! (bfru)<br />
verkürZung<br />
Der ausBiLDung<br />
Ab Sommer 2012/13 wird die MEH-Ausbildung<br />
nur noch zwei Jahre dauern, weil die Invalidenversicherung<br />
keine IV-Anlehre mehr will, die<br />
länger als zwei Jahren dauert. Da die MEH-Ausbildung<br />
zukünftig mehr nach aussen gerichtet<br />
ist, sollen die Lernenden im zweiten Jahr während<br />
einigen Wochen Arbeitsluft in der freien<br />
Wirtschaft schnuppern. Vielleicht kommt es dadurch<br />
zu Anstellungen. (trad)<br />
fcZ HautnaH<br />
Wir waren im März dieses Jahres eingeladen<br />
zum Training des Fussball Club Zürich (FCZ),<br />
um den Stars beim Schwitzen zuzuschauen.<br />
Zwischen dem MEH und dem FCZ besteht seit<br />
letztem Jahr eine Partnerschaft. Was mir am besten<br />
gefiel, war beim Gegenbesuch Autogramme<br />
zu bekommen. Auch wenn ich YB-Fan bin… (jnyf)<br />
150 Liter scHWeiss<br />
Der Sponsorenlauf vom<br />
September 2010 für den<br />
MEH-Erweiterungsbau war<br />
ein voller Erfolg. Die 102<br />
Läuferinnen und Läufer<br />
haben dabei über 848 Kilometer<br />
für das MEH erlaufen.<br />
Da schwitzt man ja<br />
schon, wenn man die Zahl<br />
hört. Gleich viele Elektrorollstuhlfahrer<br />
hätten übrigens<br />
nicht wesentlich mehr<br />
geschafft, nämlich knapp<br />
1000 Kilometer. Sie hätten aber nicht wie die Läufer 150 Liter Flüssigkeit<br />
ausgeschwitzt. Es wurden insgesamt rund 65'000 Franken in die Spendenkasse<br />
geschwemmt. Dies entspricht ca. 430 Franken pro Liter Schweiss,<br />
so wertvoll wie edelster Champagner. Wir bedanken uns bei allen, die zum<br />
Gelingen dieses Tages beigetragen haben. (swol)<br />
ein roLLstuHL<br />
üBerWinDet HinDernisse<br />
Als Rollstuhlfahrer kommt früher oder später<br />
der Punkt, an dem man wenden muss. Entweder<br />
kommt eine Treppe, ein Waldweg oder<br />
sonst eine Schwierigkeit. Andreas Jutzeler<br />
sagte sich «Auf den Mond fliegen können<br />
wir, aber mit dem Rollstuhl eine Treppe hoch<br />
geht nicht. <strong>Das</strong> kann's doch nicht sein!».<br />
Deswegen begann der Berner Oberländer<br />
zusammen mit zwei Freunden zu tüfteln. <strong>Das</strong><br />
Ergebnis der Mühen ist der oben abgebildete Prototyp, der die besagten<br />
Hindernisse überwinden kann. Doch bis er in Serie geht, gibt es noch viel<br />
zu tun. Weitere Informationen: www.multidrive.ch (swol)<br />
reisefreiHeit<br />
Die SBB bietet einen Service für mobilitätseingeschränkte Passagiere an.<br />
Will man die Hilfe beim Ein- und Aussteigen beanspruchen, muss man<br />
dies mindestens ein bis zwei Stunden vor Abfahrt telefonisch anfordern.<br />
<strong>Das</strong> Call Center ist von 6.00 bis 22.00 Uhr erreichbar. <strong>Das</strong> heisst, wenn<br />
ich mit Freunden weggehen möchte, kann ich nicht spontan sein. Ich als<br />
Rollstuhlfahrer möchte doch genauso reisen können wie ein «normaler»<br />
Passagier, d.h. auch reisen ohne eingeschränkte Öffnungszeiten. Übrigens:<br />
Meine Begleiter dürfen die Hilfsmittel der SBB nicht selber bedienen. Wenn<br />
ein Passant beim Ein- oder Aussteigen hilft, lehnt die SBB jede Haftung im<br />
Schadensfall ab. Trotzdem ist der Zug das einfachste und kostengünstigste<br />
Verkehrsmittel für Rollstuhlfahrer. (ader)
22 Pause 2011<br />
Pause 2011 23<br />
Die moviethek mit Heimvorteil<br />
augenscHmaus<br />
unsere filme sind visuelle Leckerbissen. augenschmaus eben.<br />
Bis sich die ersten kunden so einen augenschmaus zu gemüte<br />
führen konnten, war viel arbeit nötig. Von Sascha Hafner<br />
«Augenschmaus» heisst die Videothek des MEH.<br />
Sie ist ein Ausbildungsprojekt und stellt den Menschen<br />
im MEH Filme auf DVD zur Verfügung.<br />
Augenschmaus ermöglicht uns, praktisch umzusetzen,<br />
was wir im Unterricht behandeln. Jeder<br />
von uns Lehrlingen hat etwas dazugelernt. Ich<br />
habe gelernt, wie man Bilder, Trailer und Texte<br />
auf der Augenschmaus-Webseite ins Netz stellt.<br />
Ich bin stolz, etwas selbständig ausüben zu können,<br />
was nicht jeder kann. Dies eröffnet mir eine<br />
berufliche Perspektive.<br />
Alle Lernenden haben einen Job. Beni, Isidora und<br />
Janick sind zuständig für Marketingaktionen und<br />
Werbemails. Tamara führt die Buchhaltung und<br />
inventarisiert zusammen mit Stefan die Filme. Adi<br />
behält als CEO die Übersicht, kauft Filme ein und<br />
bearbeitet die Bestellungen. Stefan verwaltet die<br />
Internetseite mit mir zusammen. Selbstverständlich<br />
helfen wir uns gegenseitig, so dass alle alles<br />
machen.<br />
filmsortiment<br />
Wir konzentrieren uns auf drei Filmkategorien:<br />
Kinderfilme, Serien und spezielle Filme, die wir<br />
Augenschmäuse nennen. Wir haben festgestellt,<br />
dass die Serien nicht so beliebt sind, Kinderfilme<br />
und Augenschmäuse werden häufiger ausgeliehen.<br />
Zu den Augenschmäusen gehören Filme wie<br />
«Inside I'm dancing», «Alexis Sorbas» oder «Drachenläufer».<br />
Der Film «Inside I'm dancing» erzählt die Geschichte<br />
von Rory und Michael. Der rebellische<br />
Rory hat Duchenne. Im Behindertenheim lernt er<br />
den verschupften Michael kennen, der Celebrale<br />
Lähmungen hat. Sie beschliessen, eine eigene<br />
Wohnung zu nehmen und selbständig zu leben.<br />
Der Filmklassiker «Alexis Sorbas» ist ein Muss für<br />
jeden Griechenland-Fan. Anthony Quinn verkörpert<br />
als Alexis Sorbas mit seiner Unbekümmertheit<br />
die griechische Seele.<br />
«Drachenläufer», ein Film nach einem Buch des<br />
pakistanischen Emigranten Khaled Hosseini, packt<br />
eine Beziehungsgeschichte zwischen zwei Freunden<br />
in die politischen Ereignisse Afghanistans der<br />
letzten Jahrzehnte.<br />
«Alexis Sorbas» und «Drachenläufer» sind bislang<br />
die beliebtesten Augenschmaus-Filme.<br />
entstehung<br />
Die MEH-Videothek gab es unter dem Namen<br />
Moviethek schon viele Jahre. Auf 1300 Filme<br />
war das Angebot mit den Jahren angewachsen.<br />
Leider alle auf VHS-Kassetten. Wir mussten uns<br />
der technischen Entwicklung anpassen und auf<br />
DVD und Blueray umstellen. Wir liquidierten die<br />
Moviethek und erhielten für die alten Filme noch<br />
CHF 500.<br />
Nun war der Weg frei Richtung DVD-Videothek.<br />
Zunächst wurde das Konzept ausgearbeitet, dann<br />
das Projekt Augenschmaus gestartet. Es wurde<br />
eingeteilt, wer was macht und ein Zeitplan erstellt.<br />
Seit dem 11. Februar 2011 ist Augenschmaus<br />
eröffnet. Was hier in zwei, drei Sätzen<br />
erzählt wird, dauerte lange: Zwischen dem Verkauf<br />
der Moviethek-Filme und der Neueröffnung<br />
als Augenschmaus zogen ziemlich genau drei<br />
Jahre ins Land! Die Arbeit an Augenschmaus<br />
macht Spass, auch wenn sich Hochs und Tiefs abwechseln.<br />
Wir haben vier Topkunden: An dieser<br />
Stelle herzlichen Dank. Die Einnahmen aus der<br />
Vermietung werden in neue Filme investiert. Im<br />
Moment läuft's gut. Klar wäre es aber noch schöner,<br />
wenn mehr Leute kommen würden. Für die<br />
Zukunft wünscht sich das Augenschmaus-Team<br />
mehr Kunden und ein grösseres Sortiment. Daran<br />
werden wir weiter arbeiten. Wir freuen uns natürlich<br />
auch über DVD-Spenden. •<br />
stimmen Zu augenscHmaus<br />
Beteiligte<br />
Isi (Marketing): «Es ist eine gute<br />
Sache, es hat viele tolle Filme.»<br />
Adi (CEO): «Ich bin zufrieden als<br />
CEO von Augenschmaus. Ich ziehe<br />
eine gute Bilanz. Es werden hoffentlich<br />
immer mehr Leute kommen.<br />
Man braucht halt einfach Geduld.»<br />
Beni (Marketing): «Ich habe das<br />
Gefühl, wir sind immer noch zu<br />
wenig bekannt. Augenschmaus hat<br />
einen guten Lerneffekt für mich.»<br />
Lukas (Leiter Ausbildung): «Ist<br />
eine coole Sache, auch wenn ich ab<br />
und zu gedacht habe: Kommt das<br />
gut? Aber ich bin happy, dass es<br />
besser läuft als erwartet.»<br />
kunden<br />
Steven: «Augenschmaus ist super,<br />
ausser dass die Webseite noch nicht<br />
fehlerfrei läuft.»<br />
Astrid: «Augenschmaus hat tolle<br />
Filme, die mich interessieren. Ich<br />
hätte aber noch ein paar Wünsche<br />
für Filme! Ich leihe nicht aus, um der<br />
Ausbildung einen Gefallen zu tun,<br />
sondern wegen der Filme.»
24 Pause 2011<br />
Pause 2011 25<br />
sonne, strand und meer<br />
<strong>Das</strong> <strong>WunDer</strong> <strong>mann</strong><br />
ich reise im vollbesetzten car nach montenegro. am fenster<br />
zieht die europäische Landschaft vorbei. ich höre serbische<br />
musik von meinem ipod und entspanne mich. Was dann<br />
geschieht möchte ich mit euch teilen. Von Tamara Radomirovic<br />
Am schönen Morgen bei 35 Grad Sonnenschein<br />
ziehe ich meinen roten Bikini an und gehe zum<br />
warmen Strand. Dort packe ich das orange-gelbe,<br />
karierte Badetuch aus und fange an, mich einzucremen.<br />
Als ich vorne fertig bin, sehe ich einen<br />
muskulösen Mann vorbei gehen. Er fragt mich:<br />
«Soll ich dir deinen Rücken eincremen?» Ich antworte:<br />
«Ja gerne, wenn es dir nichts ausmacht.»<br />
Ich lege mich hin und fühle wie er meine dunkelbraunen<br />
Haaren nimmt und sie zur Seite legt. Ich<br />
spüre seine warmen Hände auf meinen Rücken.<br />
Er nimmt die Sonnencreme und fängt an, mich<br />
einzucremen. <strong>Das</strong> Gefühl ist so schön, dass wir<br />
den ganzen wolkenlosen, sonnigen Tag zusammen<br />
verbringen. Wir gehen baden, fahren Schiff,<br />
spielen Wasserball, essen Glace.<br />
Im Schiff haben wir noch vier weitere Freunde<br />
kennengelernt und fragen sie: «Habt ihr Lust mit<br />
uns Wasserball zu spielen?» Sie antworten: «Ja,<br />
wir haben keine anderen Pläne.» Nach der Schifffahrt<br />
spielen wir ein bisschen mit dem Ball. Am<br />
Abend gehen wir zusammen mit den Freunden<br />
von der Schifffahrt in einem Restaurant etwas<br />
Essen. Danach spazieren wir, plaudern miteinander<br />
und erzählen Witze. Als wir langsam müde<br />
sind, bringt er mich nach Hause und sagt, er hoffe<br />
mich wiedermal zu sehen. Ich sage: «Wir sehen<br />
uns ja morgen wieder», und lächle dabei. Er sagt:<br />
«Ich bin morgen nicht da. Kannst du mir deine E-<br />
Mail-Adresse geben, dann hören wir uns.» «Ja!»<br />
Als wir die E-Mails getauscht haben, wünscht er<br />
mir noch einen schönen Abend.<br />
Wachsende träume<br />
Plötzlich bewegt sich was in meiner Tasche, es<br />
war das Telefon. Als ich die Augen öffnete, bemerkte<br />
ich, dass es nur ein schöner Traum war.<br />
Ich war nämlich im Traum 1.80 m gross und in der<br />
Realität nur 1.04 m, also ein riesiger Unterschied.<br />
Es war einfach zu schön um wahr zu sein. Der<br />
muskulöse Typ kam nur in meinen Träumen vor.<br />
familienbande<br />
Am Morgen hilft mir die Mutter den Bikini anzuziehen,<br />
weil ich mit meinen kurzen Armen nicht an<br />
meinen Rücken komme. Am Strand breitet meine<br />
Mutter die Tücher aus. Wenn ich es allein machen<br />
würde, wäre das Tuch voll Sand. Die Mutter<br />
hilft mir das Kleid auszuziehen, damit es nicht auf<br />
dem warmen Sand liegt. Sie hängt es am Sonnenschirm<br />
auf. Wir cremen uns gegenseitig ein.<br />
Bei mir steht nicht mein muskulöser Traum<strong>mann</strong>,<br />
sondern mein muskulöser Vater. Also verbringe ich<br />
den Tag mit meinen Eltern und den Schwestern.<br />
Wir schwimmen zusammen, fahren mit dem Vater<br />
Pedalo und Schiff mit der Mutter. Ich komme<br />
nicht alleine auf das Schiff oder das Pedalo. Meine<br />
Beine sind zu kurz und mir fehlt die Kraft hierfür.<br />
Zum Sonnenuntergang gehen wir alle zusammen<br />
Abendessen und geniessen den schönen, warmen<br />
Abend mit einem Spaziergang, was immer schön<br />
ist während der Abenddämmerung. •
26 Pause 2011<br />
Pause 2011 27<br />
stefans Öko-knigge<br />
grünfutter<br />
rettet Die WeLt<br />
Wer hätte gedacht, dass die tiere uns wirklich die Haare vom<br />
kopf fressen oder dass der pc ohne unser Wissen wie ein<br />
Blutegel an der steckdose saugt? Von Stefan Wolf<br />
Um herauszufinden, wie das MEH zum Thema<br />
ökologisches Verhalten steht, habe ich eine Umfrage<br />
durchgeführt. Im MEH gibt es einige Menschen,<br />
die sich nicht sehr ökologisch verhalten.<br />
Die meisten davon wären auch bereit, ihr Verhalten<br />
zu ändern.<br />
Ich habe ein paar Infos mit Tipps zum Umweltschutz<br />
zusammengetragen, damit ihr eine Vorstellung<br />
bekommt, wie man der Umwelt helfen<br />
kann:<br />
stromfalle<br />
Der Energiesparmodus ist eine gute Sache. So<br />
kann man Strom sparen, ohne den Computer abschalten<br />
zu müssen. Dann muss man nicht wieder<br />
eine Ewigkeit warten, bis er neu gestartet ist. 29<br />
von 50 MEH-lern verwenden den Energiesparmodus<br />
und 17 von 21 würden es der Umwelt zuliebe<br />
in Zukunft machen. Ich frage mich: Was braucht<br />
es, damit diese 17 es auch tun?<br />
Man sollte aber den Standby nicht über mehrere<br />
Stunden benutzen, dann ist das mit dem Strom-<br />
sparen nix. Aber wenn ihr besonders viel Energie<br />
sparen wollt, dann zieht den Stecker. Denn der<br />
Computer frisst auch Strom, wenn er gar nicht<br />
läuft – bis zu 30 Watt pro Stunde!<br />
Wenn ihr meine Tipps beherzigt, ist Energiesparen<br />
sogar eine geniale Sache. <strong>Das</strong> mit den<br />
30 Watt wusste ich selbst nicht. Falls ihr nicht<br />
den Stecker ziehen wollt, schaut doch, ob euer<br />
PC einen Netzschalter hat.<br />
in Zukunft recycling<br />
Recycling ist nicht so kompliziert, wie es die<br />
Schreibweise vermuten lässt. Bereits jetzt wird in<br />
der Schweiz die Hälfte der Siedlungsabfälle verwertet.<br />
So werden sie zu Strom, Wärme oder sogar<br />
wieder zum Ausgangsprodukt. Jeder Schweizer<br />
produziert pro Jahr 720 Kilogramm Abfall. Die<br />
Menge von recyceltem Papier, Glas und Metallen<br />
wächst ständig. Bereits 39 von 50 MEH-lern trennen<br />
den Abfall. 5 von 11 würden es wollen. Häh!?<br />
Bei manchen Produkten habt ihr das Recycling sogar<br />
schon beim Kauf bezahlt.<br />
Ich finde Recycling nicht so mühsam, wie andere<br />
vielleicht denken. Ihr glaubt gar nicht, wie viel<br />
Gold im Abfall landet, weil Geräte nicht wiederverwertet<br />
werden.<br />
150 mal um die Welt<br />
Es gibt mehr als eine Milliarde Autos auf der Welt.<br />
In einer Reihe geparkt, würde diese Kolonne 150<br />
Mal um die Erde reichen. Jahr für Jahr steigt<br />
diese Zahl weiter an. Mit den Massen an Autos<br />
und LKWs steigt auch der CO2-Ausstoss rasant<br />
an. 22 von 50 Befragten im MEH haben ein Auto.<br />
14 von 22 Autobesitzern wären bereit, öfters das<br />
Tram zu benutzen. Braucht es ein Gratis-Abo oder<br />
eine Privathaltestelle?<br />
Wer mit dem Auto unterwegs ist, produziert pro<br />
Person und Kilometer viermal mehr CO2 als ein<br />
Benutzer des öffentlichen Verkehrs. Der ÖV ist<br />
dem Auto wortwörtlich eine Nasenlänge voraus.<br />
Man MUSS nicht immer mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
fahren. Aber es wäre schön, wenn es immer<br />
häufiger der Fall wäre. Auch wenn die Nutzung<br />
des ÖV teurer wird, es rechnet sich oft für<br />
den Geldbeutel, und die Umwelt profitiert immer.<br />
tiere fressen essen<br />
Um 1 kg Fleisch herzustellen braucht es 7-16 kg<br />
Getreide oder Sojabohnen. In den USA fressen die<br />
rund 8 Milliarden Schlachttiere 80% der Getreideernte.<br />
Auf der Fläche, die gebraucht wird, um ein<br />
Kilo Fleisch zu erhalten, könnte man im selben<br />
Zeitraum 160 kg Kartoffeln oder 200 kg Tomaten<br />
ernten. Im Durchschnitt wird 67% der landwirtschaftlichen<br />
Nutzfläche für die Tierhaltung und<br />
den Futtermittelanbau verwendet. Dies kann ich<br />
nur als Nahrungsmittelvernichtung bezeichnen.<br />
Ich finde diese Zahlen mehr als erschreckend. Es<br />
ist unglaublich, wie viel Fläche für die Fleischproduktion<br />
verschwendet wird. Im Jahr 2007 wurden<br />
in der Schweiz rund 1,6 Millionen Schweine,<br />
über 1,5 Millionen Rinder sowie eine Viertelmillion<br />
Kälber geschlachtet. 5 von 50 MEH-lern sind Vegetarier.<br />
35 von 45 wären bereit, für die Umwelt<br />
weniger Fleisch zu essen. Mein Vorschlag für die<br />
MEH-Küche: Zwei fleischlose Tage pro Woche.<br />
Also, ihr müsst jetzt nicht Vegetarier werden, aber<br />
ich finde man kann auch einige Male auf Fleisch<br />
verzichten. Jetzt wo ich das alles weiss, werde ich<br />
es auch tun. •<br />
WeiterfüHrenDe<br />
informationen<br />
www.vegetarismus.ch<br />
www.bafu.admin.ch/umwelt<br />
www.focus.de/digital/computer/tid-57<br />
www.umweltbrief.de
28 Pause 2011<br />
Pause 2011 29<br />
Davide calla<br />
Der <strong>mann</strong><br />
mit Der<br />
nummer<br />
10<br />
Der <strong>mann</strong> mit der nummer 10, Davide calla, ist mein grosses<br />
vorbild. er spielt seit dem sommer 2008 beim grasshopper club.<br />
Bei seinem Besuch im meH erzählt er mir von Ängsten, freuden<br />
und traumautos. Von Adrian Dervishi<br />
Verletzungen warfen Davide häufig zurück. Trotzdem<br />
hat er den Anschluss immer wieder gefunden.<br />
Von wo holt er seine Motivation und die<br />
Geduld? Um dies zu erfahren, musste ich ihn<br />
interviewen. Ich dachte immer, es sei unmöglich,<br />
mit einem Fussballprofi ein Interview zu<br />
führen. Ich rief seinen Berater an, und bereits<br />
am Tag darauf rief mich Davide Calla zurück. Ich<br />
konnte gleich einen Termin mit ihm im MEH ver-<br />
einbaren. Ich habe Davide Calla als einen sehr<br />
aufgeschlossenen Menschen angetroffen, der auch<br />
sehr interessiert ist, was wir in der Ausbildung<br />
und auf der Wohngruppe machen. <strong>Das</strong> Treffen<br />
war so offen und natürlich, wie ich es mir erhofft<br />
hatte.<br />
Hallo Davide, herzlich Willkommen im<br />
meH. Was hast du als erstes gedacht,<br />
als du hier angekommen bist?<br />
Sch... ich bin zu spät und wo ist der Adrian. Ich<br />
hatte schlichtweg den Eingang nicht gefunden, es<br />
war gar nicht einfach. Es war mir peinlich, sonst<br />
bin ich immer pünktlich.<br />
ach das ist doch kein problem. es ist<br />
bekannt, dass man nicht auf anhieb den<br />
eingang findet. ich dachte schon, du<br />
hättest dich beim mittagessen verschluckt.<br />
es gibt doch sicher etwas,<br />
was du gar nicht gerne isst?<br />
Vor kurzem hatte ich «Läberli». Diesen Geschmack<br />
fand ich grauenhaft. Sonst esse ich alles, was auf<br />
dem Teller ist. Ich bin ein Typ, der viel probiert.<br />
Du könntest mir alles hinstellen – sei es Mexikanisch,<br />
Chinesisch oder was auch immer. Natürlich<br />
darf man die italienische und schweizer Küche<br />
nicht vergessen. Am allerliebsten esse ich Pizza.<br />
Welcher war dein schönster geburtstag?<br />
Der achtzehnte Geburtstag war für mich sehr<br />
speziell. Ich durfte endlich Auto fahren. Weisst<br />
du, ab dem 18. Geburtstag beginnt irgendwie<br />
das «Mann sein». Es beginnt ein neuer Lebensabschnitt,<br />
der nicht immer einfach ist. Man muss
30 Pause 2011<br />
Pause 2011 31<br />
steckBrief<br />
Geburtsdatum: 6. Oktober 1984<br />
Nationalität: Schweiz/Italien<br />
Grösse: 175 cm<br />
Gewicht: 76 kg<br />
Hobbies: Kino, gut essen<br />
Musik: italienische Musik,<br />
R'n'B, House<br />
Aktueller Verein: Grasshopper Club Zürich<br />
mehr Selbstverantwortung übernehmen. In der<br />
ersten Zeit befindet man sich auf einem sehr ungewohnten<br />
Terrain.<br />
Was fährst du für ein auto?<br />
Ich fahre einen Volvo.<br />
ich hätte mir vorgestellt, dass du einen<br />
BmW oder mercedes fährst. Welches<br />
ist dein traumauto?<br />
Meinst du, wenn ich einen Wunsch frei hätte?<br />
Wenn ich ein Auto auswählen dürfte, würde ich<br />
mir einen Ferrari kaufen. Natürlich in rot und<br />
mit braunen Ledersitzen. Aber für diesen Traum<br />
muss ich noch viel Fussball spielen und viel<br />
sparen.<br />
im profisport gibt es viele verletzungsrisiken.<br />
auch du hattest bereits schwere<br />
verletzungen. musstest du dich schon<br />
einmal mit dem thema invalidität auseinandersetzen?<br />
Bei mir stand dieses Thema schon einmal im<br />
Raum. Ich befand mich sehr, sehr nahe vor dem<br />
Karriereende. Die Chancen lagen 50:50, ob das<br />
Knie hält oder nicht. Die Bürokratie war unvorstellbar<br />
mühsam. Wer die Kosten einer möglichen<br />
Invalidität tragen würde, war überhaupt nicht<br />
klar. Welche Versicherung sollte bezahlen? Die<br />
eine Versicherungsstelle schob das Problem der<br />
anderen zu.<br />
Diese Zeit war sicher sehr nervenaufreibend<br />
und mühsam für dich. Wie hat<br />
dich deine familie, deine freundin, dein<br />
umfeld in dieser situation unterstützt?<br />
Die Unterstützung war riesig. Nach der letzten<br />
Knieoperation musste ich meine Freundin und<br />
meine Eltern beruhigen, weil sie so darunter<br />
gelitten hatten. Sie waren wegen mir am Boden<br />
zerstört. Sie haben sich so hilflos gefühlt. Ich<br />
habe gelernt, dass Fussball nicht alles ist. Es gibt<br />
viel Wichtigeres: Gesundheit, Familie, Freundin,<br />
Freunde. Momentan ist der Fussball ein wichtiger<br />
Bestandteil. Aber in 8 bis 10 Jahren kann die<br />
Situation ganz anders aussehen.<br />
ich hoffe, dass deine karriere noch sehr<br />
lange dauern wird. <strong>Das</strong> profidebut ist<br />
sicherlich etwas vom speziellsten, aber<br />
das karriereende wird auch mal kommen.<br />
Wie stellst du dir das ende deiner<br />
spielerlaufbahn vor?<br />
Ich hoffe, dass ich bis zum Ende meiner Fussballkarriere<br />
spielen kann. <strong>Das</strong> Schlimmste für<br />
mich wäre, durch eine Verletzung die Karriere<br />
beenden zu müssen. Ein sehr guter Freund von<br />
mir musste die Karriere frühzeitig abbrechen,<br />
ohne sich beim Publikum verabschieden zu<br />
können. Ich hoffe nur, dass dies bei mir nicht<br />
der Fall sein wird. Am schönsten wäre es, für<br />
AC Milan zu spielen. Ich würde im Mailänder<br />
Stadion eine Ehrenrunde drehen und die Zuschauer<br />
verabschieden, das wäre das Allerschönste<br />
für mich. Ich glaube dann würde ich<br />
feuchte Augen bekommen.<br />
Herzlichen Dank Davide calla für dein<br />
kommen ins meH. es war eine tolle<br />
erfahrung, einen einblick in deinen<br />
alltag zu bekommen. •<br />
<strong>Das</strong><br />
reDaktionsteam<br />
Adrian Dervishi (ader), Beni Früh (bfru), Isidora Radomirovic (irad), Janick Nyffenegger (jnyf),<br />
Sascha Hafner (shaf), Stefan Wolf (swol), Tamara Radomirovic (trad)<br />
Frank Grüninger, Lukas Fischer, Michael Groer, Steven Deblander
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Pause 2011<br />
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