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Abschlussbericht - Spiekermann & Wegener Stadt- und ...

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Ableitung von Kriterien<br />

einer ausreichenden Bedienung im ÖV<br />

für unterschiedliche Regionstypen in NRW<br />

Schaffung einer strategischen Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage<br />

für eine einheitliche Förder- <strong>und</strong> Finanzstruktur<br />

in der Mittelzuweisung im ÖV<br />

Auftraggeber:<br />

Ministerium für Bauen <strong>und</strong> Verkehr<br />

des Landes NRW<br />

Bearbeitung:<br />

Bergische Universität Wuppertal<br />

Umweltverträgliche Infrastrukturplanung,<br />

<strong>Stadt</strong>bauwesen<br />

Westfälische Wilhelms-Universität Münster<br />

Institut für Verkehrswissenschaft<br />

<strong>Spiekermann</strong> & <strong>Wegener</strong> (S&W)<br />

<strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> Regionalforschung, Dortm<strong>und</strong><br />

Wuppertal, Münster, Dortm<strong>und</strong> 2007


Projektleitung:<br />

Prof. Dr.-Ing. Felix Huber (LUIS)<br />

Bearbeiter:<br />

Institut für Umweltverträgliche Infrastrukturplanung,<br />

Bergischen Universität Wuppertal (LUIS),<br />

Dipl.-Ing. Kristine Brosch<br />

Prof. Dr.-Ing. Felix Huber (LUIS)<br />

Cand.-Ing. Peter Reinbold<br />

Institut für Verkehrswissenschaft, Universität Münster (IVM)<br />

Prof. D. Karl-Hans Hartwig<br />

Dipl.-Vw. Matthias Peistrup<br />

<strong>Spiekermann</strong> & <strong>Wegener</strong>, <strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> Regionalforschung, Dortm<strong>und</strong> (S&W)<br />

Dipl.-Ing. Klaus <strong>Spiekermann</strong><br />

Prof. Dr.-Ing., Michael <strong>Wegener</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung ........................................................................................................................................1<br />

2 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum...........................................................3<br />

2.1 Indikatoren..................................................................................................................................3<br />

3 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot ..............................................................................13<br />

3.1 Indikatoren................................................................................................................................13<br />

3.2 Fazit..........................................................................................................................................18<br />

4 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung.......................................................................19<br />

4.1 Struktur, Reformbedarf <strong>und</strong> Perspektiven der ÖV-Finanzierung in NRW .................................19<br />

4.2 Indikatoren................................................................................................................................23<br />

5 Erreichbarkeit ...............................................................................................................................27<br />

5.1 Erreichbarkeit im ÖV.................................................................................................................27<br />

5.2 Problemindex ÖV-Erreichbarkeit ..............................................................................................28<br />

5.3 ÖV-Erreichbarkeit Nordrhein-Westfalen ...................................................................................28<br />

5.4 Erreichbarkeit im östlichen Ruhrgebiet .....................................................................................32<br />

5.5 Fazit..........................................................................................................................................37<br />

6 Zusammenhänge ..........................................................................................................................38<br />

6.1 Zusammenhänge in Nordrhein-Westfalen ................................................................................38<br />

6.2 Zusammenhänge im östlichen Ruhrgebiet ...............................................................................41<br />

6.3 Fazit..........................................................................................................................................47<br />

7 Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel ..........................................................................48<br />

7.1 Verteilungsschlüssel „Ist“..........................................................................................................49<br />

7.2 Verteilungsschlüssel nach „Einwohner <strong>und</strong> Fläche“ .................................................................50<br />

7.3 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung".........................................................................55<br />

7.4 Verteilungsschlüssel C „Angemessene Bedienung“ .................................................................62<br />

8 Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet..........................................69<br />

8.1 Das Modell des östlichen Ruhrgebiets......................................................................................69<br />

8.2 Verteilungsschlüssel .................................................................................................................72<br />

8.3 Modellergebnisse östliches Ruhrgebiet ....................................................................................77<br />

8.4 Bewertung der Modellergebnisse .............................................................................................85<br />

9 Fazit <strong>und</strong> Ausblick........................................................................................................................86<br />

9.1 Vergleich der Verteilschlüssel...................................................................................................86<br />

9.2 Weiterer Forschungsbedarf <strong>und</strong> Handlungsempfehlungen.......................................................88<br />

10 Literaturverzeichnis....................................................................................................................89


1 Einleitung<br />

- 1 -<br />

Einleitung<br />

Als Voraussetzung für die Teilnahme der Menschen an wirtschaftlichen, sozialen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Aktivitäten ist die Mobilität ein gesellschaftliches Gr<strong>und</strong>bedürfnis. Deshalb ist die Bereitstellung<br />

der Verkehrsinfrastruktur eine Aufgabe des Staates. Er muss die Gr<strong>und</strong>lage für eine gute Verkehrserschließung<br />

zur Ausübung von Mobilität gewährleisten.<br />

Diese staatliche Verantwortung betrifft in besonderem Maße den öffentlichen Personennahverkehr<br />

(ÖV). Dieser hat bei guter Auslastung gesamtgesellschaftliche Effizienz- <strong>und</strong> Kostenvorteile<br />

gegenüber dem Individualverkehr, verbraucht weniger Umweltressourcen <strong>und</strong> dient der Versorgung<br />

von Bevölkerungsgruppen, denen individuelle motorisierte Mobilität nicht zur Verfügung<br />

steht, wie Kindern <strong>und</strong> alten Menschen, Menschen mit Behinderungen <strong>und</strong> Menschen mit geringem<br />

Einkommen.<br />

Wo öffentlicher Personennahverkehr nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, ist seine Förderung<br />

aus Steuermitteln daher aus Gründen der Daseinsvorsorge <strong>und</strong> der ökologischen Nachhaltigkeit<br />

notwendig <strong>und</strong> gerechtfertigt.<br />

Bei der Erfüllung dieser Aufgabe sieht sich der Staat heute vor neuen Herausforderungen. Einerseits<br />

stellen Kritiker den Umfang der staatlichen Verantwortung in Frage <strong>und</strong> befürworten angesichts<br />

knapper öffentlicher Mittel eine stärkere Beteilung privater Akteure <strong>und</strong> eine Reduzierung<br />

der öffentlichen Beteiligung auf das unbedingt Notwendige. Andererseits nehmen die Gründe für<br />

eine stärkere Rolle des Staates im öffentlichen Personennahverkehr zu: Durch die anhaltende<br />

Suburbanisierung wächst der Anteil der Haushalte in Gebieten mit niedriger Einwohnerdichte, die<br />

nur schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln versorgt werden können. Zugleich steigt der Anteil<br />

der älteren Menschen, die nicht mehr Auto fahren können <strong>und</strong> deshalb auf den öffentlichen Personenverkehr<br />

angewiesen sind. Vor allem aber zwingt die politische Vorgabe, aus Gründen des<br />

Klimaschutzes die Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren, zu einer gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Neuorientierung der Mobilität hin zu umweltfre<strong>und</strong>licheren Verkehrsarten – eine Neuorientierung,<br />

die möglicherweise durch steigende Treibstoffpreise ohnehin herbeigeführt wird.<br />

In diesem Spannungsfeld ist es immer wieder notwendig, die Zielsetzung der öffentlichen Aufgabenerfüllung<br />

im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs zu überprüfen <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />

neu zu definieren. Hierzu ist es erforderlich, eine angemessene ÖV-Bedienung zu definieren<br />

<strong>und</strong> den Umfang <strong>und</strong> die Verteilung der zu ihrer Gewährleistung benötigten staatlichen Fördermittel<br />

abzuleiten.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird für die Neuordnung der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs<br />

in Nordrhein-Westfalen ein transparenter Verteilungsschlüssel gesucht, der eine gerechte<br />

<strong>und</strong> effektive Verteilung der öffentlichen Fördermittel ermöglicht <strong>und</strong> Anreize zur Umsetzung<br />

des verkehrlichen Leitbilds einer angemessenen Bedienung setzt.<br />

Das vorliegende Projekt hatte zur Aufgabe, Kriterien für die Messung einer angemessenen Bedienung<br />

im ÖV zu entwickeln, auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser Kriterien Vorschläge für alternative Verteilungsschlüssel<br />

für die öffentlichen ÖV-Fördermittel in Nordrhein-Westfalen zu entwickeln <strong>und</strong><br />

die voraussichtlichen Auswirkungen der alternativen Verteilungsschlüssel auf Mobilität, Erreichbarkeit<br />

<strong>und</strong> Umwelt abzuschätzen.<br />

Hierzu wurden auf der Nachfrageseite Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> Verkehrströme <strong>und</strong> auf der Angebotsseite<br />

die vorhandene Bedienungsqualität im ÖV analysiert. Die Ergebnisse dieser Analyse<br />

werden in den Kapiteln 2 bis 6 dieses Berichts vorgestellt. Kapitel 2 informiert über die Struktur-<br />

<strong>und</strong> Kenngrößen der Nachfrage. Kapitel 3 enthält die Ergebnisse der Analyse des Angebots. In<br />

Kapitel 4 wird die gegenwärtige Finanzierung des ÖV in Nordrhein-Westfalen dargestellt. Kapitel<br />

5 beleuchtet das "Produkt" des ÖV-Angebots in Form der ÖV-Erreichbarkeit in Nordrhein-


- 2 -<br />

Einleitung<br />

Westfalen <strong>und</strong> am Beispiel einer <strong>Stadt</strong>region des östlichen Ruhrgebiets. In Kapitel 6 wird durch<br />

Korrelationsanalysen untersucht, welche Angebotsindikatoren (Inputindikatoren) mit welchen<br />

Auswirkungen auf Erreichbarkeit <strong>und</strong> Umwelt (Outputindikatoren) statistisch verknüpft sind <strong>und</strong><br />

somit als Indikatoren für einen Verteilungsschlüssel geeignet sind, wiederum sowohl für Nordrhein-Westfalen<br />

als Ganzes als auch für die <strong>Stadt</strong>region östliches Ruhrgebiet.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser Ergebnisse werden in Kapitel 7 drei verschieden Verteilungsschlüssel für die<br />

Verteilung der öffentlichen Fördermittel für den ÖV in Nordrhein-Westfalen vorgestellt <strong>und</strong> miteinander<br />

verglichen. Die Verteilungsschlüssel betreffen lediglich die Fördermittel, die pauschal an<br />

die Aufgabenträger (Kreise) verteilt werden, das heißt ohne die Fördermittel für den Schienennahverkehr.<br />

Zusätzlich werden drei Verteilungsschlüssel definiert, in denen angenommen wird,<br />

dass die insgesamt zu verteilenden Mittel um 20 Prozent erhöht werden. In Kapitel 8 werden<br />

schließlich am Beispiel der schon in den Kapiteln 5 <strong>und</strong> 6 verwendeten <strong>Stadt</strong>region östliches<br />

Ruhrgebiet die langfristigen Auswirkungen der sechs Verteilungsschlüssel auf Mobilität, Erreichbarkeit<br />

<strong>und</strong> Umwelt mit Hilfe eines Simulationsmodells vorausgeschätzt.<br />

Die vom Ministerium für Bauwesen <strong>und</strong> Verkehr (MBV) Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegebene<br />

Untersuchung wurde vom April 2006 bis August 2007 durchgeführt. Das Projektteam dankt Herrn<br />

Bernd Michalski vom MBV für die anregende <strong>und</strong> stets für neue Ideen offene Betreuung des Projekts<br />

<strong>und</strong> seine über die Pflichten eines Auftraggebers weit hinausgehende aktive Mitarbeit.<br />

Wuppertal, November 2007


Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

2 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

Im urbanen Verkehr bildet die Siedlungsstruktur die Gr<strong>und</strong>lage für die Nachfrage nach ÖV, die<br />

sich zum einen aus der Verteilung der Wohnstandorte, zum anderen aus der Lage der Ziele, also<br />

Arbeitsplätzen, Schulen, Einkaufsgelegenheiten, sowie soziale <strong>und</strong> kulturelle Einrichtungen in<br />

den Gemeinden zusammensetzt. Im interurbanen Verkehr, dem Regionalverkehr zwischen den<br />

Gemeinden, ist auch die zentralörtliche Funktion von Bedeutung: je größer die <strong>Stadt</strong>, desto mehr<br />

übergeordnete Versorgungsfunktionen (Kultur, Bildung, usw.) werden für die Umlandgemeinden<br />

angeboten. In engem Zusammenhang mit den Siedlungsstrukturen stehen auch der Modal Split<br />

<strong>und</strong> die Personenkilometer je Einwohner. Das Maß für die Zuordnung von Kostensätzen sind die<br />

zu fahrenden Nutzwagenkilometer, wobei zwischen straßen- <strong>und</strong> schienengeb<strong>und</strong>enen Verkehren<br />

zu differenzieren ist. Außerdem kann nach Wagengröße bzw. Sitzplatzanzahl (Platzkilometer)<br />

unterschieden werden. Direkten Einfluss auf die Kostensätze je km haben darüber hinaus auch<br />

Topografie <strong>und</strong> Siedlungsdichte - so wirken sich Steigungen, Witterungseinflüsse <strong>und</strong> die Zahl<br />

der „Stop and Go“-Vorgänge in Folge von Haltestellenabständen <strong>und</strong> Verkehrsdichte auf den<br />

Treibstoffverbrauch aus. Ziel ist es, diese Komponenten für jede Gemeinde in Kennzahlen auszudrücken<br />

<strong>und</strong> ihre Eignung als Indikatoren für die Kosten, Angebot <strong>und</strong> Nachfrage der ÖV-<br />

Versorgung zu überprüfen.<br />

2.1 Indikatoren<br />

Für die Bewertung der Kosten <strong>und</strong> die Definition einer angemessenen Bedienung im ÖV wurden<br />

für die Fläche von NRW möglichst flächendeckende, kontinuierlich-gepflegte <strong>und</strong> unabhängig erhobene<br />

Daten gesucht, die in einem digitalen Geoinformationssystem bearbeitet werden können.<br />

Daten über die Lage der Wohnstandorte <strong>und</strong> die Topografie konnten aus dem ATKIS-Modell<br />

(Amtlich Topographisch-Kartographisches Informationssystem) des B<strong>und</strong>esamtes für Kartographie<br />

<strong>und</strong> Geodäsie (BKG) übernommen werden. Bezahlbare, verfügbare digitale Daten über die<br />

Ziele im ÖV auf urbaner Ebene, z.B. Einkaufsgelegenheiten, Arbeitsplätze <strong>und</strong> Schulen existieren<br />

lediglich für Teilbereiche von NRW, so dass im ersten Schritt vereinfachend nur die Lage der<br />

Wohnstandorte analysiert wurde. Die Kennzahl für die Topografie (Abbildung 2-1) lässt sich über<br />

die Standardabweichung der Höhenlinien der jeweiligen Gemeinde errechnen.<br />

Topografie<br />

Eine gebirgige Landschaft zeichnet sich durch steile enge Straßen, kurvige Linienführung <strong>und</strong><br />

Teilorte, die an Stichstraßen liegen, gegenüber dem Flachland mit seinen direkteren Straßenführungen<br />

<strong>und</strong> großzügigen Straßenräumen aus. Dieser Umstand erschwert auch den Betrieb des<br />

ÖV im topografisch bewegten Land: Es müssen Fahrzeuge mit stärkeren Motoren angeschafft<br />

werden <strong>und</strong> Fahrzeiten verlängern sich. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist die Topografie eine raumstrukturelle<br />

Eigenschaft, die als Indikator berücksichtigt werden sollte.<br />

Dabei spielt weniger die absolute Höhe über NN eine Rolle, in der die Gemeinde liegt, sondern<br />

die Höhendifferenzen, die auf dem Gemeindegebiet zu überwinden sind. Diese können über die<br />

Standardabweichung der Höhenlinien berechnen werden.<br />

Übertragen auf die Quantifizierung der topografischen Bewegtheit ergibt die Standardabweichung<br />

der Höhenlinien ein Maß, wie weit die Höhenwerte voneinander abweichen – je größer die Standardabweichung,<br />

desto mehr unterscheiden sich die Höhenwerte voneinander, sprich desto bewegter<br />

ist die Gemeindefläche. Ferner dämpft die Standardabweichung extrem vom Mittelwert<br />

abweichende Werte, so dass Ausreißer, also schroffe Erhebungen, die von keiner Relevanz für<br />

den Verkehr sind, nicht ins Gewicht fallen.<br />

- 3 -


Abbildung 2-1 Qualitative Darstellung der Topografie<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

Abbildung 2-2 Qualitative Darstellung der zugeordneten Kennzahlen zur Topografie<br />

- 4 -


Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

Generell beeinflusst die Topografie die Besiedlungsstrukturen. Gerade im topografisch stark bewegten<br />

Gelände wie beispielsweise im Hochsauerland <strong>und</strong> der Eifel konzentriert sich die Besiedlung<br />

verstärkt in den Tallagen der Flüsse – günstige Voraussetzung also für die ÖV-Bedienung,<br />

weil die Verkehrsbeziehungen gerichtet <strong>und</strong> die Besiedlung konzentriert ist. Wählt man als Berechnungsgr<strong>und</strong>lage<br />

demnach nur die Höhenlinien im Umfeld der Flüsse, bleiben außerdem topografisch<br />

stark bewegte Gemeindeteile, die nicht besiedelt sind, unberücksichtigt.<br />

Diese Modifikation des ursprünglichen Ansatzes wirkt sich nur für dünn besiedelte ländliche Regionen<br />

aus. In verstädterten Teilen des Landes ist die Abhängigkeit zwischen Siedlungsdichte<br />

<strong>und</strong> Topografie vernachlässigbar gering. Zumindest in NRW finden sich dicht besiedelte Regionen<br />

ohnehin nicht in den topografisch stark bewegten Räumen, so dass eine Differenzierung der<br />

Höhenlinien wenig zusätzliche Informationen bringt (vgl. Nordwesten von Nordrhein-Westfalen).<br />

Bisher liegen keine konkreten Forschungsergebnisse über den Kosteneinfluss der Topografie auf<br />

die Betriebskosten im ÖV vor. Wünschenswert wäre, wenn dieser Zusammenhang in einem weiteren<br />

Forschungsprojekt quantifiziert werden könnte.<br />

Gemeindefläche, Ortslage <strong>und</strong> bewohnte Flächen<br />

Das ATKIS-Modell enthält neben den Gemeindeflächen auch eine Differenzierung nach Ortslagen<br />

<strong>und</strong> bewohnten Flächen. Die Abgrenzung der Ortslage unterliegt dabei keinen starren Regeln,<br />

sondern bildet die Umhüllende der im Zusammenhang bebauten Gebiete. Sie kann deshalb<br />

auch unterschiedlich große unbebaute Flächenanteile, wie Park-, Grün-, <strong>und</strong> kleinere Waldflächen<br />

enthalten. Auch eine feste Größendefinition, nach der Splittersiedlungen als Ortslage gekennzeichnet<br />

werden, ist nicht vorgegeben. Deshalb eignet sich die Ortslage auf Gr<strong>und</strong> ihrer fehlenden<br />

Eindeutigkeit nicht als Indikator. Bei den bebauten Flächen wird nach Wohn-, Misch- <strong>und</strong><br />

Industrie-/Gewerbebebauung unterschieden. Obwohl letztere ebenfalls für den öffentlichen Verkehr<br />

relevant sein sollte, werden diese Bereiche im ersten Schritt der Untersuchung nicht berücksichtigt,<br />

weil hier das Nutzerpotential vergleichsweise gering ist. Die bewohnten Flächen bzw. die<br />

Mischgebiete <strong>und</strong> als solche auch die Kerngebiete der Städte sind für die Betrachtung der Indikatoren<br />

relevant, auch wenn das ATKIS-Modell keine Aussagen über die Bebauungsintensität <strong>und</strong><br />

damit über die Einwohnerdichte ermöglicht.<br />

Einwohnerzahl <strong>und</strong> -dichte<br />

Die reinen Einwohnerzahlen der Gemeinden liegen beim Landesamt für Daten <strong>und</strong> Statistik<br />

(LDS) vor. Sie geben zumindest einen ersten Hinweis darauf, wie viel Verkehrsnachfrage in einer<br />

Gemeinde existiert. Je größer die Einwohnerzahl, desto besser kann ein klassisches ÖV-Angebot<br />

an die Verkehrsnachfrage angepasst werden.<br />

Auf die Gemeindefläche bezogen ergeben die Einwohnerzahlen einen ersten Richtwert für die<br />

Einwohnerdichte. Allerdings handelt es sich bei den Gemeindegrenzen um administrative Konstrukte,<br />

die stark von historischen Grenzziehungen <strong>und</strong> politischen Entscheidungen beeinflusst<br />

sein können. Die so berechnete Einwohnerdichte sagt wenig über den Aufwand für die ÖV-<br />

Bedienung aus. Auf Gr<strong>und</strong> der relativen Zufälligkeit der Ortslagenflächen, verbessert sich das Ergebnis<br />

auch kaum durch eine Verteilung der Einwohner auf die Ortslagen. Auch eine Verteilung<br />

der Einwohner auf die bewohnten Flächen hat eine erhebliche Streuung zum Ergebnis. Insbesondere<br />

die Einwohnerdichten kleiner stadtnaher <strong>und</strong> ländlicher Siedlungen werden so erheblich<br />

überschätzt.<br />

- 5 -


Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

Abbildung 2-3 Absolute Einwohnerzahlen <strong>und</strong> Einwohnerdichte (Einwohner je ha) <strong>und</strong> Gemeinde<br />

(eigene Bearbeitung nach den ATKIS-Daten)<br />

- 6 -


Struktur <strong>und</strong> Kompaktheit der Besiedlung<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

Sinnvoller scheint es, zusätzlich zu den Einwohnerdichten ein Maß für die Siedlungsstreuung zu<br />

finden, das von der Größe der einzelnen Siedlungseinheiten <strong>und</strong> ihrer Verteilung im Raum abhängig<br />

ist. Zusammenhängende lineare Siedlungsbänder <strong>und</strong> kompakte Siedlungseinheiten sind<br />

für die ÖV-Erschließung mit Standardlinienbussen am günstigsten, ungünstig sind kleine <strong>und</strong><br />

kleinste Siedlungseinheiten, die sich relativ gleichmäßig auf die Gemeindefläche verteilen (Abbildung<br />

2-4).<br />

Abbildung 2-4 Beispiele für unterschiedliche Arten der Siedlungsstreuung<br />

(eigene Bearbeitung nach den ATKIS-Daten)<br />

Der Kompaktheitsgrad nach Thinh (Thinh 2002), der aus der Siedlungsflächengröße sowie den<br />

gegenseitigen Abständen der einzelnen Siedlungseinheiten zueinander berechnet werden kann<br />

(Abbildung 2-5), eignet sich für die Bestimmung der Siedlungsstreuung innerhalb einer Gemeinde<br />

<strong>und</strong> wird nach folgender Formel berechnet:<br />

T<br />

=<br />

1 − n<br />

n<br />

∑∑<br />

i = 1 j = i + 1<br />

1<br />

⋅<br />

c<br />

Z<br />

⋅<br />

n(<br />

n −1)<br />

2<br />

i<br />

Z<br />

d<br />

j<br />

2<br />

i,<br />

j<br />

In der Formel entsprechen i, j <strong>und</strong> n der Anzahl der zu einer Gemeinde gehörenden Siedlungsteilflächen,<br />

Z ist die bewohnte Fläche, d die Entfernung zwischen zwei Siedlungsteilflächen <strong>und</strong> c<br />

ein Proportionalitätsfaktor (10.000 m², entsprechend der 100x100m-Rasterung, so dass T dimensionslos<br />

wird). Das Ergebnis beschreibt die „Anziehungskraft“ analog zum Newton’schen Gravitationsgesetz<br />

zwischen zwei Siedlungsteilflächen.<br />

Je größer die Kennzahl, desto kompakter sind die Siedlungseinheiten. Kompakte Siedlungseinheiten<br />

finden sich besonders in der Kölner Bucht <strong>und</strong> im Siegerland. Starke Streuungen liegen im<br />

flachen Norden von NRW, Weniger stark ausgeprägt ist die Streuung in der Eifel, im Bergischen<br />

Land <strong>und</strong> im Hochsauerland.<br />

- 7 -<br />

(2.1)


Abbildung 2-5 Siedlungsstreuung – Kennzahlen nach Thinh<br />

(eigene Bearbeitung nach den ATKIS-Daten)<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

- 8 -


Klassifizierung von Räumen<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

Das Ergebnis einer Clusteranalyse aus der Einwohnerzahl, den Kennzahlen der Topografie <strong>und</strong><br />

der Siedlungsstreuung gliedert die Gemeinden von NRW in sechs Strukturtypen (Abbildung 2-6).<br />

Ziel ist es, Städte mit gleichen strukturellen Rahmenbedingungen bezüglich Angebot-, Nachfrage-<br />

<strong>und</strong> Kosten im ÖV zu vergleichen.<br />

Für die Großstädte in NRW haben Dispersion <strong>und</strong> Bewegtheit keine Bedeutung mehr – die übrigen<br />

Städte unterscheiden sich nach den drei topografischen Kategorien: eben, leicht <strong>und</strong> stark<br />

bewegt sowie nach der Siedlungsdichte. Kompakte Siedlungseinheiten finden sich nur in relativ<br />

ebenen Gebieten zwischen Aachen <strong>und</strong> Köln sowie bei Siegen. Die Clusteranalyse unterscheidet<br />

außerdem die Großstädte in zwei Gruppen, wobei die Unterscheidung ziemlich genau den Städten<br />

mit <strong>und</strong> ohne U-Bahnsystem entspricht.<br />

Abbildung 2-6 Klassifizierung von Räumen<br />

- 9 -<br />

bewegt I + dispers<br />

bewegt II + dispers<br />

Großstadt I<br />

Großstadt II<br />

eben + dispers<br />

eben + kompakt


Pendlerbeziehungen<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

Als Indikator für die Verkehrsnachfrage im interurbanen Verkehr zwischen den Gemeinden stehen<br />

die Berufspendlerbeziehungen des Landesamts für Statistik zur Verfügung. Dort sind alle sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten mit ihren Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsorten erfasst. Zum einen entstehen<br />

die bemessungsbestimmenden Verkehrsspitzen im ÖV in den Morgenst<strong>und</strong>en durch die<br />

Pendlerströme, zum anderen korreliert die zentralörtliche Funktion einer <strong>Stadt</strong> mit der Zahl der<br />

Einpendler, sodass sich die Pendlerströme als Nacfrageindikator anbieten. Die folgende Karte<br />

zeigt alle Pendlerströme mit mehr als drei Berufspendlern. Die großen Monozentren sind Aachen,<br />

Münster, Paderborn <strong>und</strong> Siegen. Der Schwerpunkt der polyzentralen Strukturen liegt im Ruhrgebiet<br />

<strong>und</strong> entlang des Rheins. Aber auch in Ostwestfalen lassen sich Vernetzungstendenzen beobachten.<br />

Abbildung 2-7 Pendlerströme<br />

Über ein Ranking nach der Größe der Pendlerströme kann ein erstes einfaches Nachfragenetz<br />

definiert werden. Ergänzt um den regionalen Modal Split ist eine Gewichtung des Nachfragepotenzials<br />

im ÖV möglich.<br />

- 10 -


Klassifizierung von ÖV- Verkehrsregionen/Verbindungen<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

Auch für eine Ausrichtung der kleineren Gemeinden auf die nächstgelegenen Zentren, lassen<br />

sich die Berufspendlerzahlen verwenden. Gemeinden werden als Zentren oder Horizontskerne<br />

identifiziert, wenn mindestens 7500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die nicht in dieser<br />

Gemeinde wohnen, dort tätig sind. Eine Gemeinde wird einem Verkehrshorizont zugeordnet,<br />

wenn mindestens ein Promille der Einwohner einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit in<br />

dessen Kern nachgeht.<br />

Über das Ziel der größten Pendlerströme aus jeder Gemeinde ergeben sich so genannte Verkehrshaupthorizonte<br />

(Abbildung 2-8). In den ländlichen Gebieten sind diese relativ flächengroß,<br />

<strong>und</strong> sie spiegeln die monozentrale Ausrichtung der Region wieder. Im Agglomerationsraum<br />

Rhein-Ruhr sind die Flächen der Verkehrshaupthorizonte dagegen eher klein, entsprechend der<br />

polyzentralen Struktur dieser Region.<br />

Beim Vergleich der Anzahl der Horizontskerne (Abbildung 2-9), die aus den jeweiligen Gemeinden<br />

angesteuert werden, wird die starke Vernetzung der Agglomerationsräume noch mal besonders<br />

deutlich.<br />

Die Verkehrshorizonte ermöglichen die Überprüfung von Verkehrsverb<strong>und</strong>sgrenzen <strong>und</strong> Tarifzonengrenzen.<br />

Alle Gemeinden innerhalb eines Verkehrshorizontes sollten möglichst mit ihrem Horizontskern<br />

durch den ÖV im gleichen Verb<strong>und</strong>gebiet verb<strong>und</strong>en sein.<br />

Abbildung 2-8 Verkehrshaupthorizonte <strong>und</strong> zugehörige Horizontskerne<br />

- 11 -


Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />

Abbildung 2-9 Anzahl der Zuordnungen der Gemeinden zu Horizontskernen<br />

- 12 -


3 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />

3.1 Indikatoren<br />

Urbaner <strong>und</strong> lokaler Verkehr: Haltestellenbedienung<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />

Mögliche Messgrößen für die Qualität der Haltestellenbedienung sind einerseits die Faktoren Bedientyp,<br />

also welches Verkehrsmittel an der Haltestelle gewählt werden kann, Taktdichte <strong>und</strong> Bedien-<br />

bzw. Betriebsdauer. Für eine angemessene Bedienung muss auf der anderen Seite die Flächennutzung<br />

<strong>und</strong> damit die zu erwartende Nutzungsintensität im Einzugsbereich der Haltestelle<br />

berücksichtigt werden. Haltestellen mit wenigen potentiellen Nutzern im Einzugsbereich kann<br />

demnach eine geringere Bedienqualität zugeordnet werden.<br />

In NRW ist die Georeferenzierung aller Haltestellen im Rahmen des Projekts „Schlaue Nummer<br />

NRW“ von den Verkehrsunternehmen durchgeführt worden <strong>und</strong> liegt nun den Verkehrsverbünden<br />

für die Fahrplaninformation gebündelt vor. Außerdem existiert ein red<strong>und</strong>anter Datensatz für das<br />

Hafas-Auskunftssystem der Deutschen Bahn für ganz Deutschland. Die Haltestellenbezeichnungen<br />

beider Systeme sind dabei nicht eindeutig, zurzeit werden außerdem fehlende Haltestellen<br />

ergänzt. Einige Verkehrsunternehmen erfassen alle Haltestellen, andere berücksichtigen solche<br />

Haltestellen, die ausschließlich im Schülerverkehr bedient werden, zurzeit noch nicht.<br />

Obwohl die Datenerhebung vom Land NRW finanziert wurde, liegen die Nutzungsrechte weiter<br />

bei den Verkehrsunternehmen, die einer flächendeckenden Verwendung ausschließlich zum<br />

Zwecke der Fahrplanauskunft zustimmen. Hier ist eine Verfügbarkeit für die ÖV-Planung des<br />

Landes anzustreben.<br />

Abbildung 3-1 Haltestellen <strong>und</strong> Anzahl Abfahrten<br />

- 13 -


Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />

Die Zuordnung von Bedienungsart, -häufigkeit <strong>und</strong> -dauer zu den Haltestellen aus der digitalen<br />

Fahrplanauskunft ergibt für NRW ein sehr differenziertes Bild (Abbildung 3-2 + 3). Lange Bediendauern<br />

<strong>und</strong> kurze Takte findet man in den dichtbesiedelten Regionen, wenige Abfahrten vielfach<br />

in ländlichen Regionen. Das Standardverkehrsmittel ist auch in den ländlichen Bereichen der Linienbus.<br />

Angepasste Bedienformen orientieren sich offenbar weniger an fest definierbaren objektiven<br />

Einsatzkriterien, als vielmehr an lokalen, politischen Schwerpunkten <strong>und</strong> individueller Experimentierbereitschaft.<br />

Dies zeigen auch die Mittelwerte für Bediendauer <strong>und</strong> Taktdichte der einzelnen Gemeinden, die<br />

sich allerdings nur als grober Kennwert für die Bedienqualität innerhalb einer Gemeinde eignen.<br />

Je nach Anordnung <strong>und</strong> Anzahl der Haltestellen, insbesondere außerhalb der eigentlichen <strong>Stadt</strong>bereiche<br />

kann durch die Mittelwertbildung eine schlechte Bedienqualität suggeriert werden. Hier<br />

wäre eine Unterscheidung nach Einwohnerdichte im Einzugsbereich erforderlich, um eine sicherere<br />

Beurteilung zu ermöglichen bzw. die Bedienqualität nach dem Nachfragepotential zu gewichten.<br />

Abbildung 3-2 mittlere Taktdichte (Minuten)<br />

- 14 -


Abbildung 3-3 mittlere Betriebsdauer (St<strong>und</strong>en)<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />

Eine Betrachtung der Einzugsbereiche der Haltestellen, wobei ein Haltestellenradius von 500 m<br />

(INOVAPLAN <strong>und</strong> Kirchhoff u. a., 1999) gewählt wurde, zeigt, dass der Anteil der bewohnten Bereiche,<br />

die mit langer Bediendauer versorgt sind, in den <strong>Stadt</strong>regionen deutlich größer ist, als auf<br />

dem Land. Die Bediendauer wurde hierzu in Anlehnung an die Richtlinie für integrierte Netzgestaltung<br />

(RIN) (Gerlach u. a., 2005) in 5 Qualitätsstufen unterteilt. (Abbildung 3-4 + 5)<br />

Bei der Bewertung in Abbildung 3-4 handelt es sich um die Summe der bewohnten Flächen, die<br />

eine entsprechende Mindestqualität der Bedienung aufweisen, sodass eine von 100% abweichende<br />

Fläche möglich ist.<br />

- 15 -


Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />

Abbildung 3-4 Haltestelleneinzugsbereiche, bewertet nach der Bedienungsdauer<br />

50%<br />

45%<br />

40%<br />

35%<br />

30%<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

A 21-24h<br />

B 19-21h<br />

C 17-19h<br />

D 12-17h<br />

E 4-12h<br />

F 0-4h<br />

Großstädte kreisfreie Städte verdichtete Kreise ländl. Kreise<br />

Abbildung 3-5 Anteile mit Mindestbediendauer nach Qualitätsstufen <strong>und</strong> Kreistyp<br />

- 16 -


Regionaler Verkehr<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />

Ein Routing der Pendlerströme über die Fahrplanauskunft ergibt die Reisezeiten <strong>und</strong> die Zahl der<br />

Umsteigevorgänge, aus denen auf die Qualität der Verbindungen zwischen den Gemeinden geschlossen<br />

werden kann. Für dieses Routing ist es wichtig, eine zentrale Haltestelle für jede Gemeinde<br />

festzulegen, die dem Hauptumsteigeknoten entsprechen sollte. Neben dem Hauptbahnhof<br />

ist dies oftmals der Marktplatz oder das Rathaus. Im Datensatz für die Haltestellenbedienung<br />

ist dies die Haltestelle mit den meisten Abfahrten. Die Feinverteilung der Pendler innerhalb der<br />

Gemeinde ist dann von der urbanen Bedienqualität <strong>und</strong> nicht vom regionalen Netz abhängig.<br />

Die digitale Fahrplanauskunft der Bahn ermöglicht neben der Standardreiseauskunft auch einen<br />

modalen Reisezeitvergleich. Dieser gibt Auskunft über die Reisezeit im motorisierten Individualverkehr<br />

(IV). Für große Pendlerströme können so, zum einen Relationen identifiziert werden, auf<br />

denen der ÖV Nachholbedarf hat, weil die Reisezeiten dort ein Vielfaches der Reisezeiten im IV<br />

betragen. Andererseits gibt es sicher auch Relationen, mit geringeren Pendlerzahlen <strong>und</strong><br />

hervorragender IV-Verbindung, auf denen mit vertretbarem Aufwand keine vergleichbare<br />

Bedienqualität im ÖV erreicht werden kann. Die Abbildungen zeigen Relationen mit mehr als 300<br />

Direktpendlern, bei denen die Reisezeiten im ÖV kürzer bzw. nicht länger als doppelt so lang wie<br />

im IV sind, sowie Relationen auf denen die Pendler mehr als 2 bzw. 3-mal so lang unterwegs sind<br />

als im IV (Abbildung 3-3+4).<br />

── IV mind. 2x schneller als ÖV<br />

── IV mind. 3x schneller als ÖV<br />

Abbildung 3-6 Routen mit ungünstigem Reisezeitverhältnis zwischen IV <strong>und</strong> ÖV<br />

- 17 -


── IV max. 2x schneller als ÖV<br />

── IV langsamer als ÖV<br />

Abbildung 3-7 Routen mit günstigem Reisezeitverhältnis zwischen IV <strong>und</strong> ÖV<br />

3.2 Fazit<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />

Die Datenanalyse zeigt, dass eine Vielfalt von Daten zur Abbildung von Angebots- <strong>und</strong> Nachfragestrukturen<br />

im ÖV flächendeckend <strong>und</strong> digital vorliegt. Allerdings ist die nötige Kleinteiligkeit<br />

nicht immer gegeben <strong>und</strong> auch die Datenqualität der Datensätze ist über die Fläche nicht immer<br />

einheitlich. Hier sind vorliegende Ungenauigkeiten entsprechend abzuschätzen <strong>und</strong> zu berücksichtigen.<br />

Für die Abschätzung des Nachfragepotentials im städteübergreifenden Verkehr eignen sich die<br />

Berufspendlerzahlen. Ergänzend wären Daten, die Aussagen zum Einkaufs- <strong>und</strong> Freizeitverkehr<br />

ermöglichen, wünschenswert.<br />

Im innerstädtischen Verkehr lässt sich die Nachfrage beispielsweise aus den Einwohnerdichtewerten<br />

ableiten. Die vorliegenden Daten erlauben hier erste Vergleiche, allerdings würde eine<br />

stärkere räumliche Disaggregation bessere Möglichkeiten zur Zuordnung der Nachfragepotentiale<br />

erlauben. Bisher wurden hier nur Daten zu Wohnstandorten geprüft, für den innerstädtischen ÖV<br />

sind aber ebenfalls Ausbildungsplätze, Arbeitsplätze <strong>und</strong> weitere Versorgungseinrichtungen von<br />

Bedeutung. Die bisher vorliegenden Daten (ATKIS) erlauben derzeit noch keine Zuordnung entsprechend<br />

ihrer zu erwartenden ÖV-Nachfrageintensität, sodass sie hier nicht weiter berücksichtigt<br />

wurden.<br />

Auch wenn nicht alle hier analysierten Daten (zum Beispiel die Topografie) für die Ableitung der<br />

Verteilschlüssel zur Anwendung kommen, ermöglichen sie doch ein besseres Verständnis der aktuellen<br />

Situation im ÖV.<br />

- 18 -


4 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />

4.1 Struktur, Reformbedarf <strong>und</strong> Perspektiven der ÖV-Finanzierung in NRW<br />

Die Finanzierung des ÖV in NRW basiert im Wesentlichen auf drei Säulen:<br />

− Wichtigster Einzelbestandteil der Finanzierung sind die Entgelte der ÖV-Nutzer aus Fahrausweisverkäufen.<br />

Hinzu kommen einige weitere Einnahmepositionen wie z.B. die Vermietung von<br />

Werbeflächen. Insgesamt decken diese Erträge jedoch im Durchschnitt weniger als 50% des<br />

Gesamtaufwandes der ÖV-Unternehmen.<br />

− Viele Kreise <strong>und</strong> kreisfreie Städte leisten einen Eigenanteil zur Sicherstellung eines angemessenen<br />

ÖV. Dies geschieht z.B. in Form von Betriebskostenzuschüssen, Verlustübernahmen<br />

oder Gesellschaftereinlagen. In vielen Städten besteht zudem immer noch über den kommunalen<br />

Querverb<strong>und</strong> die Möglichkeit, Verluste aus dem ÖV mit Gewinnen aus anderen Versorgungsbereichen<br />

abzudecken. Zudem sind die kommunalen Schulträger häufig wichtigster K<strong>und</strong>e<br />

der Verkehrsunternehmen, da sie für die Schülerbeförderung aufkommen <strong>und</strong> die Verkehrsunternehmen<br />

mit diesem meist einträglichen Geschäft den allgemeinen Linienverkehr quersubventionieren<br />

können.<br />

− Daneben gibt es eine ganze Reihe von Finanzierungsinstrumenten des Landes, die sich zusammenfassen<br />

lassen in Ausgleichsleistungen für die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Leistungen,<br />

zu denen der Ausbildungsverkehr <strong>und</strong> die Schwerbehindertenbeförderung gehören sowie<br />

in Investitionsbeihilfen, zu denen die Fahrzeugförderung <strong>und</strong> die allgemeine Investitionsförderung<br />

gehören. Daneben gibt es einige kleinere Förderprogramme, die z.T. zeitlich begrenzt<br />

sind, wie z.B. die Aufgabenträgerpauschale, die Bürgerbusförderung, innovative ÖV-Vorhaben,<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Service etc. Diese Finanzierungsinstrumente werden im Folgenden in Bezug auf<br />

Probleme <strong>und</strong> Reformnotwendigkeiten kurz beleuchtet.( Abbildung 4-1)<br />

Abbildung 4-1 Finanzströme derzeit<br />

- 19 -


- 20 -<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />

Ausgleichszahlungen für preisreduzierte Tarife im Ausbildungsverkehr<br />

Nach § 45a PBefG haben die Verkehrsunternehmen einen Erstattungsanspruch für die preisreduzierten<br />

Tarife im Ausbildungsverkehr. Erstattet wird die Hälfte der Differenz zwischen den Erlösen<br />

im Ausbildungsverkehr <strong>und</strong> den verkehrsspezifischen Kosten. Diese setzen sich zusammen<br />

aus der Gültigkeitsdauer der Fahrausweise, der Anzahl der Fahrten, der mittleren Reiseweite <strong>und</strong><br />

einem von der Verkehrsform abgängigen Kostensatz. Neben dem Ansatz pauschalierter Werte<br />

besteht die Möglichkeit, betriebsindividuelle Kennzahlen für die Ermittlung des Ausgleichsbetrages<br />

anzusetzen. Im Jahr 2006 betrugen die Ausgleichszahlungen in NRW insgesamt 168,7 Mio.<br />

Euro.<br />

Dieses Förderinstrument zeichnet sich durch massive Fehlanreize <strong>und</strong> eine Verschwendung öffentlicher<br />

<strong>und</strong> privatwirtschaftlicher Ressourcen aus. Zum einen ist das Ausgleichsverfahren aufgr<strong>und</strong><br />

seiner Komplexität <strong>und</strong> Intransparenz sowohl auf der Unternehmensseite als auch bei den<br />

Behörden mit einem sehr hohen administrativen Aufwand verb<strong>und</strong>en. Zum zweiten werden nicht<br />

nur die Mindereinnahmen ausgeglichen. Die Summe aus Fahrgeldeinnahmen im Ausbildungsverkehr<br />

<strong>und</strong> Ausgleichszahlungen liegt im Mittel 1,5-mal höher als der Preis für einen normalen<br />

Zeitfahrausweis. In ländlichen Räumen liegt diese Quote z.T. noch deutlich höher <strong>und</strong> so sind die<br />

Ausgleichszahlungen hier zum wichtigsten Gr<strong>und</strong>finanzierungsinstrument geworden, was ihrer<br />

eigentlichen Aufgabe völlig widerspricht. Zum dritten beinhaltet das Verfahren für die Verkehrsunternehmen<br />

erhebliche Möglichkeiten, den Ausgleichsbetrag (unnötig oder sogar ungerechtfertigt)<br />

zu erhöhen <strong>und</strong> schafft Anreize, sich auf die K<strong>und</strong>engruppe Schüler <strong>und</strong> Auszubildende zu konzentrieren<br />

<strong>und</strong> so die Fördermittel zu maximieren, anstatt Maßnahmen zur Gewinnung neuer,<br />

wahlfreier K<strong>und</strong>engruppen zu forcieren.<br />

Wie bereits vorgesehen sollte dieses Förderinstrument komplett abgeschafft werden. Die frei<br />

werdenden finanziellen Mittel sollten den Aufgabenträgern pauschal für die Bestellung von Verkehren<br />

zur Verfügung gestellt werden. Sollte der Förderbetrag in der Summe gleich bleiben, würden<br />

die Verkehrsunternehmen per Saldo von dieser Neuregelung profitieren, da erhebliche administrative<br />

Ressourcen frei werden <strong>und</strong> wertschöpfend eingesetzt werden könnten.<br />

Ausgleichszahlungen für die unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen<br />

Nach § 148 SGB IX haben die Verkehrsunternehmen einen Erstattungsanspruch für die unentgeltliche<br />

Beförderung schwerbehinderter Menschen. Im Regelfall wird ihnen ein pauschaler Prozentsatz<br />

der nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen als Ausgleichszahlung gewährt. Jedoch nimmt<br />

eine große Zahl von Verkehrsunternehmen die Möglichkeit der Individualerstattung in Anspruch,<br />

die es ihnen erlaubt, durch Nachweis höherer betriebsindividueller Nutzungszahlen die Einnahmen<br />

aus Ausgleichszahlungen zu steigern. Im Jahr 2006 wurden in NRW Fahrgeldausfälle in Höhe<br />

von 126,4 Mio. Euro erstattet.<br />

Der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen hat bereits im Jahr 2004 „schwerwiegende Mängel“<br />

bei diesem „aufwändigen, langwierigen <strong>und</strong> äußerst fehleranfälligen“ Erstattungsverfahren<br />

diagnostiziert <strong>und</strong> auf „erhebliche finanzielle Nachteile“ des Landes hingewiesen. Sowohl bei der<br />

Bestimmung der relevanten Fahrgeldeinnahmen als auch bei der Ermittlung der betriebsindividuellen<br />

Anteile schwerbehinderter Fahrgäste haben die Verkehrsunternehmen erheblichen Gestaltungsspielraum.<br />

Eine genaue Überprüfung durch die Bezirksregierungen ist oftmals kaum möglich.<br />

Zwar liegen die Ausgleichszahlungen nicht im direkten Verantwortungsbereich des Verkehrsministeriums,<br />

doch wird empfohlen, auf B<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Länderebene darauf hinzuarbeiten, dieses Finanzierungsinstrument<br />

analog zur Regelung im SPNV auch für den ÖV abzuschaffen <strong>und</strong> die frei<br />

werdenden Mittel in die pauschalierte Förderung mit einzubeziehen.


Fahrzeugförderung<br />

- 21 -<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />

Nach § 13 ÖVG NRW können die Verkehrsunternehmen für die Beschaffung von Fahrzeugen,<br />

die im ÖV eingesetzt werden, bis zu 80% der Investitionssumme als Förderung erhalten. 50% der<br />

Gesamtfördersumme können allerdings auch für sonstige Investitionen im ÖV verausgabt werden.<br />

Die Verteilung der Mittel erfolgt über die Aufgabenträger, die das Geld über einen Schlüssel<br />

aus geleisteten Wagenkilometern, -betriebsst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Äquivalenzkennziffern vom Land erhalten.<br />

Die gesamte Förderung belief sich in NRW im Jahr 2006 auf 109,8 Mio. Euro <strong>und</strong> war an die<br />

Entwicklung der Regionalisierungsmittel gekoppelt.<br />

Neben dem Verwaltungs- <strong>und</strong> Prüfungsaufwand liegt der große Nachteil dieses Instrumentes in<br />

der Zweckbindung auf Investitionen. Es werden zum einen Anreize geschaffen, den Fahrzeugpark<br />

deutlich häufiger durch neue Fahrzeuge zu ersetzen, zum anderen besteht die Tendenz,<br />

teure <strong>und</strong> individuelle Lösungen zu bevorzugen. Eine Standardisierung ist in diesem Markt dementsprechend<br />

kaum ausgeprägt, <strong>und</strong> das Preisniveau für Busse ist in Deutschland im europäischen<br />

Vergleich sehr hoch. Wie bei allen Nachfragesubventionen versickert auch hier ein beträchtlicher<br />

Teil der Mittel bei den Anbietern, d.h. den Busherstellern. Das Qualitätsniveau der<br />

Fahrzeuge ist zwar in der Regel entsprechend hoch <strong>und</strong> der ÖV in dieser Hinsicht attraktiv, doch<br />

stellt sich die Frage, ob es das ist, was die K<strong>und</strong>en wünschen. Entsprechende Befragungen lassen<br />

den Schluss zu, dass ein Gr<strong>und</strong>qualitätsniveau zwar notwendig ist, ansonsten aber die Reisezeit<br />

der wichtigste Parameter bei der Verkehrsmittelwahl ist. Dazu nötige Taktverdichtungen,<br />

Bedienungsdauerverlängerungen <strong>und</strong> Fahrplanoptimierungen sind allerdings nicht förderfähig.<br />

Wie geplant, sollte dieses Förderinstrument aufgehoben <strong>und</strong> durch eine pauschale Mittelzuweisung<br />

an die Aufgabenträger ersetzt werden. Außerdem sollte es keine investive Zweckbindung<br />

mehr geben, um den Verkehrsunternehmen die Möglichkeit zu geben, eine Verbesserung des<br />

ÖV-Angebots entsprechend den K<strong>und</strong>enwünschen <strong>und</strong> den regionalen Besonderheiten vorzunehmen.<br />

Investitionsförderung<br />

Im ÖV steht eine ganze Reihe von Finanzierungsinstrumenten zur Förderung von Investitionsvorhaben<br />

zur Verfügung. Dazu gehören die B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Landesprogramme des GVFG <strong>und</strong> Investitionszuschüsse<br />

nach § 12 ÖVG NRW, die sich wiederum aus Mitteln nach § 8 Abs. 2 RegG speisen<br />

<strong>und</strong> zu maximal 50% auch für SPNV - Infrastrukturmaßnahmen verwendet werden können.<br />

Im GVFG-B<strong>und</strong>esprogramm waren 2006 in NRW 60,8 Mio. Euro verfügbar, im Landesprogramm<br />

129,1 Mio. Euro. Hinzu kommen Mittel in Höhe von 181,5 Mio. Euro für Investitionszuschüsse<br />

nach § 12 ÖVG NRW.<br />

Es greifen ähnliche Kritikpunkte wie bei der Fahrzeugförderung. Die Investitionsfokussierung führt<br />

zu Über- <strong>und</strong> Fehlinvestitionen <strong>und</strong> zu kostenintensiven Projekten. Unnötige Tunnel- <strong>und</strong> Brückenbauten,<br />

überdimensionierte Betriebshöfe, „vergoldete“ Wartehäuschen ohne Verkehr sind<br />

die klassischen Beispiele für eine ausgaben- <strong>und</strong> nicht bedarfsgeleitete Infrastrukturförderung.<br />

Dass die gesetzlich geforderte „Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden“ auch<br />

durch nicht-investive Maßnahmen erreicht werden kann, steht völlig außer Frage.<br />

Auch wenn die momentanen gesetzlichen Regelungen mittelfristig die Investitionszweckbindung<br />

aufrecht erhalten, ist aus ökonomischer Perspektive darauf hinzuarbeiten, diese Mittel allgemein<br />

zur Förderung des ÖV ausgeben zu können <strong>und</strong> langfristig ebenfalls in den Gesamttopf öffentlicher<br />

Fördergelder einfließen zu lassen.


Aufgabenträgerpauschale<br />

- 22 -<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />

Gemäß § 14 Abs. 2 ÖVG NRW erhalten die Aufgabenträger eine jährliche Pauschale zur Planung,<br />

Organisation <strong>und</strong> Ausgestaltung des ÖV. Darüber hinaus werden die Koordinierungsaufgaben<br />

der Zweckverbände <strong>und</strong> Bürgerbusvorhaben unterstützt. Das Fördervolumen beläuft sich im<br />

Jahr 2006 insgesamt auf 24,1 Mio. Euro.<br />

Dieses Förderinstrument ist der erste Baustein einer zusammengefassten <strong>und</strong> pauschalierten Unterstützung<br />

der Aufgabenträger zur Finanzierung des ÖV in NRW.<br />

Zusammenfassende Bewertung<br />

Insgesamt standen dem ÖV in NRW im Jahr 2006 Finanzmittel des Landes in Höhe von gut 800<br />

Mio. Euro zur Verfügung, wovon ein Teil der Infrastrukturförderung allerdings auch dem SPNV<br />

zugute kam. Hinzu kamen weitere 800 Mio. Euro, die für den SPNV bestimmt waren. Die Städte,<br />

Kreise <strong>und</strong> Gemeinden brachten ihrerseits inklusive der Ausgaben der Schulträger für die Schülerbeförderung<br />

ca. 900 Mio. Euro auf, so dass in NRW insgesamt etwa 2,5 Mrd. Euro an öffentlichen<br />

Geldern jedes Jahr in den ÖV flossen.<br />

Das gegenwärtige ÖV-Fördersystem zeichnet sich durch drei wesentliche Merkmale aus, die den<br />

Reformbedarf verdeutlichen:<br />

− Komplexität: Die Fördervorschriften <strong>und</strong> Regelungen sind selbst für Fachleute schwer zu<br />

durchschauen <strong>und</strong> binden bei den Verkehrsunternehmen <strong>und</strong> in der Verwaltung erhebliche personelle<br />

<strong>und</strong> finanzielle Ressourcen.<br />

− Intransparenz: Die Förderinstrumente bieten erhebliche Anreize für opportunistisches Verhalten<br />

der Verkehrsunternehmen. Da sie einen Informationsvorsprung besitzen <strong>und</strong> eine genaue<br />

Überprüfung durch die Behörden aus strukturellen oder personellen Gründen kaum möglich ist,<br />

können die Verkehrsunternehmen alle Möglichkeiten nutzen, die Fördermittelhöhe in ihrem<br />

Sinne positiv zu beeinflussen.<br />

− Ineffizienz: Neben dem überhöhten Verwaltungsaufwand <strong>und</strong> der Fehlsteuerung der Mittel führt<br />

des weiteren vor allem die Investitionslastigkeit zu einem ineffizienten Einsatz öffentlicher Gelder,<br />

da davon auszugehen ist, dass durch eine flexiblere, nachfrageorientierte Mittelverwendung<br />

höhere Nutzen im Sinne eines angemessenen ÖV gestiftet werden können.<br />

Aus diesen Gründen bedarf die Förderstruktur des ÖV einer gr<strong>und</strong>legenden Reformierung, wozu<br />

die Neuregelung des ÖVG NRW bereits erste Schritte eingeleitet hat. Die Finanzierungsinstrumente<br />

sollten so weit wie möglich gestrichen <strong>und</strong> durch eine pauschalierte Förderung ersetzt<br />

werden. Diese wird den Aufgabenträgern direkt zugeleitet, die damit die Finanzierung des ÖV sicherstellen.<br />

Dadurch könnte der Großteil der Förderung nicht mehr an den Aufgabenträgern vorbeifließen<br />

<strong>und</strong> sich ihre finanzielle <strong>und</strong> organisatorische Verantwortung erhöhen. Eine solche<br />

Umstellung bedingt, dass die Aufgabenträger viel mehr als bisher eine Bestellerfunktion wahrnehmen,<br />

bei der die Verkehrsunternehmen durch Verkehrsverträge mit der Erstellung einer Leistung<br />

beauftragt werden. Im ökonomischen Idealfall wird dieser Auftrag im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens<br />

konstituiert.<br />

Durch diese Pauschalierung entstünden neue Freiräume, da die Finanzmittel nicht mehr für Investitionsprojekte<br />

ausgegeben werden müssten, sondern dort eingesetzt werden könnten, wo sie<br />

entsprechend den regionalen Gegebenheiten den größten Nutzen für den ÖV stiften.


4.2 Indikatoren<br />

- 23 -<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />

Neben räumlichen <strong>und</strong> verkehrlichen Indikatoren sind auch ökonomische Kennzahlen wichtig für<br />

die Beurteilung <strong>und</strong> Bestimmung eines angemessenen ÖV. Von Bedeutung sind hierbei zum einen<br />

die Produktionskosten je Outputeinheit, die als Gesamtaufwand je Nutzwagenkilometer gemessen<br />

werden können. Diese Kennzahl gibt einen Hinweis auf die Kostenstrukturen bei den<br />

einzelnen Verkehrsunternehmen <strong>und</strong> auf mögliche Effizienzunterschiede. Zum anderen ist zu untersuchen,<br />

welche Summe öffentlicher Mittel für die Gewährleistung des vorhandenen ÖV-<br />

Angebots in Anspruch genommen wird. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, sind die öffentlichen<br />

Mittel je Einwohner berechnet worden.<br />

Um die ökonomischen Strukturen zu erkennen, die den Ergebnissen zugr<strong>und</strong>e liegen, wurden die<br />

Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte in vier Gruppen eingeteilt. In der ersten Gruppe befinden sich alle<br />

kreisfreien Städte, die über ein <strong>Stadt</strong>bahnsystem verfügen, die zweite Gruppe setzt sich aus den<br />

restlichen Städten zusammen, die ihren ÖV allein mit Bussen betreiben. In der dritten Gruppe befinden<br />

sich die verdichteten Kreise, die sich am Rande von Ballungsgebieten befinden, <strong>und</strong> die<br />

sich in der Regel durch ein recht hohes ÖV-Verkehrsaufkommen auszeichnen. Die vierte Gruppe<br />

wird durch die eher ländlich geprägten Kreise gebildet.<br />

Aufwand je Nutzwagenkilometer<br />

Bei der Untersuchung des Aufwands pro Nutzwagenkilometer fallen mehrere Zusammenhänge<br />

ins Auge. Die Produktion eines Nutzwagenkilometers in Städten mit <strong>Stadt</strong>bahnverkehr ist mit<br />

durchschnittlich 6,80 EUR teurer als in Städten, die nur über ein Bussystem verfügen, was im Mittel<br />

Kosten von 5,20 EUR verursacht. Diese Differenz ist wenig verw<strong>und</strong>erlich <strong>und</strong> lässt sich unter<br />

anderem mit höheren Infrastrukturkosten begründen. Die Produktion eines Busnutzwagenkilometers<br />

ist zudem in Städten teurer als in den Kreisen, von denen wiederum die ländlichen Kreise mit<br />

3,10 EUR die geringsten Kosten aufweisen, gegenüber 4,50 EUR in den verdichteten Kreisen.<br />

Die Gründe dafür sind vielfältig:<br />

− Die komplexen städtischen Verkehrssysteme verursachen höhere Koordinationskosten als die<br />

Linienbandbedienungen im ländlichen Raum.<br />

− Die Leistung eines Wagenkilometers erfordert in Städten deutlich mehr Zeit, da hier mehr Haltestellen<br />

zu bedienen sind <strong>und</strong> die Busse wegen der Verkehrssituation im <strong>Stadt</strong>verkehr im Durchschnitt<br />

nur geringere Geschwindigkeiten realisieren können als z.B. auf Landstraßen. Dadurch<br />

steigen die Betriebskosten des Busses <strong>und</strong> die Personalkosten pro Nutzwagenkilometer.<br />

− Ein größerer Anteil der arbeitenden Bevölkerung in Städten ist nach öffentlichem Dienstrecht<br />

beschäftigt, wodurch die Tariflöhne ca. 30% über denen in der Privatwirtschaft liegen.<br />

− In vielen Städten gibt es noch die Möglichkeit, Verluste des ÖV im kommunalen Querverb<strong>und</strong><br />

durch Gewinne aus anderen Versorgungsbereichen querzufinanzieren. Eine gesicherte Defizitabdeckung<br />

führt tendenziell dazu, teurer zu produzieren, als unter rein betriebswirtschaftlichen<br />

Aspekten sinnvoll erscheint.<br />

Noch bemerkenswerter als diese strukturellen Unterschiede zwischen den Gruppen sind die hohen<br />

Differenzen bei den Produktionskosten innerhalb der einzelnen Gruppen. Als Gründe sind<br />

hier ebenso anzuführen: unterschiedliche verkehrliche Strukturen, die Unterschiede bei den Personalkosten,<br />

aber auch Effizienzunterschiede.


kreisfreie Städte mit<br />

<strong>Stadt</strong>bahn<br />

kreisfreie Städte<br />

ohne <strong>Stadt</strong>bahn<br />

Kreise<br />

Mülheim an der Ruhr<br />

Essen<br />

Dortm<strong>und</strong><br />

Duisburg<br />

Krefeld<br />

Oberhausen<br />

Wuppertal<br />

Bochum<br />

Gelsenkirchen<br />

Köln<br />

Bielefeld<br />

Düsseldorf<br />

Bonn<br />

Erftkreis<br />

Solingen<br />

Mönchengladbach<br />

Herne<br />

Hamm<br />

Hagen<br />

Münster<br />

Leverkusen<br />

Aachen<br />

Bottrop<br />

Gütersloh<br />

Heinsberg<br />

Remscheid<br />

Euskirchen<br />

Aachen<br />

Paderborn<br />

Rheinisch-Bergischer<br />

Recklinghausen<br />

Neuss<br />

Minden-Lübbecke<br />

Mettmann<br />

Herford<br />

Wesel<br />

Rhein-Sieg-Kreis<br />

Märkischer Kreis<br />

Lippe<br />

Kleve<br />

Höxter<br />

Düren<br />

Viersen<br />

Oberbergischer Kreis<br />

Siegen-Wittgenstein<br />

Olpe<br />

Soest<br />

Hochsauerlandkreis<br />

Ennepe-Ruhr-Kreis<br />

Unna<br />

Warendorf<br />

Steinfurt<br />

Borken<br />

Coesfeld<br />

Abbildung 4-2 Aufwand je Nutzwagenkilometer<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />

Gesamtaufwand je Nutzwagenkm in €<br />

- € 2 € 4 € 6 € 8 € 10 € 12 € 14 € 16 €<br />

- 24 -


Öffentliche Mittel je Einwohner<br />

- 25 -<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />

Tabelle 4-1 umfasst die wichtigsten öffentlichen Förderinstrumente für den ÖV auf Landesebene<br />

sowie die Eigenmittel der Aufgabenträger. Dazu gehören die Ausgleichszahlungen im Ausbildungsverkehr<br />

<strong>und</strong> für die Beförderung Schwerbehinderter, die Fahrzeugförderung, die Infrastrukturförderung<br />

ohne GVFG-B<strong>und</strong>esprogramm, die Aufgabenträgerpauschale <strong>und</strong> Betriebskostenzuschüsse/Verlustübernahmen<br />

der Gemeinden. Die Werte beziehen sich auf das Jahr 2005, bei<br />

den Investitionszuschüssen sind z.T. längerfristige Durchschnittswerte angesetzt.<br />

Die Analyse der finanziellen Zuschüsse, die je Einwohner in den öffentlichen Personennahverkehr<br />

fließen, macht deutlich, dass vor allem der städtische ÖV gefördert wird. Das gilt besonders<br />

dann, wenn der Verkehr wie in den meisten größeren Städten NRWs mit <strong>Stadt</strong>bahnsystemen geleistet<br />

wird. Hier fallen vor allem die hohen Investitionskostenzuschüsse ins Gewicht, die für die<br />

Erstellung der notwendigen Infrastruktur eingesetzt werden können. Zum zweiten sind es häufig<br />

die kreisfreien Städte, die willens <strong>und</strong> z. T. in der Lage sind, den ÖV zu unterstützen, wohingegen<br />

sich einige Kreise aus der Finanzierung zurückgezogen haben.<br />

Tabelle 4-1 Zusammenstellung der Ausgaben im ÖV 2006<br />

ÖV-Ausgaben im Haushaltsjahr 2006 Mio. EUR<br />

Ausgleichszahlungen § 45a PBefG + §6a AEG 168,7<br />

Ausgleichszahlungen § 148 SGB IX 126,4<br />

ÖV-Fahrzeugförderung § 13 ÖVG 109,8<br />

GVFG-B<strong>und</strong>esprogramm ÖV-Verbesserung 60,8<br />

GVFG-Landesprogramm Infrastruktur 129,1<br />

ÖV-/SPNV-Infrastrukturförderung § 12 181,5<br />

Planung, Koordination gemäß § 14 ÖVG 24,1<br />

Gesamtausgaben 800,5


kreisfreie Städte mit<br />

<strong>Stadt</strong>bahn<br />

kreisfreie Städte<br />

ohne <strong>Stadt</strong>bahn<br />

Kreise<br />

Oberhausen<br />

Mülheim an der Ruhr<br />

Dortm<strong>und</strong><br />

Köln<br />

Bonn<br />

Duisburg<br />

Essen<br />

Wuppertal<br />

Düsseldorf<br />

Bielefeld<br />

Bochum<br />

Gelsenkirchen<br />

Krefeld<br />

Hagen<br />

Münster<br />

Solingen<br />

Aachen<br />

Mönchengladbach<br />

Hamm<br />

Herne<br />

Remscheid<br />

Bottrop<br />

Leverkusen<br />

Gütersloh<br />

Hochsauerlandkreis<br />

Soest<br />

Erftkreis<br />

Düren<br />

Euskirchen<br />

Heinsberg<br />

Herford<br />

Höxter<br />

Kleve<br />

Märkischer Kreis<br />

Mettmann<br />

Minden-Lübbecke<br />

Neuss<br />

Oberbergischer Kreis<br />

Paderborn<br />

Recklinghausen<br />

Rheinisch-Bergischer<br />

Rhein-Sieg-Kreis<br />

Viersen<br />

Wesel<br />

Lippe<br />

Siegen-Wittgenstein<br />

Olpe<br />

Aachen<br />

Unna<br />

Borken<br />

Warendorf<br />

Coesfeld<br />

Steinfurt<br />

Ennepe-Ruhr-Kreis<br />

Abbildung 4-3 Öffentliche Mittel je Einwohner<br />

Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />

Öffentliche Mittel je Einwohner in €<br />

- € 20 € 40 € 60 € 80 € 100 € 120 € 140 € 160 € 180 €<br />

- 26 -


5 Erreichbarkeit<br />

- 27 -<br />

Erreichbarkeit<br />

Mobilität ist ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis von Menschen <strong>und</strong> eine Voraussetzung für die Teilnahme an<br />

wirtschaftlichen, sozialen <strong>und</strong> kulturellen Aktivitäten. Eine gute Verkehrserschließung ist die Voraussetzung<br />

für die Verwirklichung von Mobilität.<br />

Die Qualität der Verkehrserschließung kann in Form der Erreichbarkeit von Zielen gemessen<br />

werden. Erreichbarkeit ist quasi das "Produkt" eines Verkehrssystems. Sie ist ursprünglich die<br />

Leichtigkeit, mit der ein Ort von anderen Orten erreicht werden kann. Häufiger aber wird unter Erreichbarkeit<br />

die Leichtigkeit verstanden, mit der von einem Ort aus andere Orte erreicht werden<br />

können. Damit wird Erreichbarkeit zu einem Indikator für die Lagegunst eines Ortes zu möglichen<br />

Zielen unter Berücksichtigung der verfügbaren Verkehrsmittel.<br />

Erreichbarkeit hat eine wichtige ökonomische Dimension: Gute Erreichbarkeit von Lieferanten<br />

<strong>und</strong> K<strong>und</strong>en ist eine Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen. Darüber<br />

hinaus hat Erreichbarkeit eine soziale <strong>und</strong> kulturelle Dimension: Aus Gründen der Daseinsvorsorge<br />

<strong>und</strong> sozialen Gerechtigkeit sollen auch Kinder <strong>und</strong> alte oder behinderte Menschen <strong>und</strong> Personen<br />

mit geringem Einkommen, die zum Führen eines "durchschnittlichen" Lebens gehörenden<br />

Aktivitäten wie Ausbildung, Beruf, Einkaufen, Dienstleistungen, Kultur <strong>und</strong> Sport ausüben können,<br />

das heißt, dass sie die Orte, an denen diese Aktivitäten ausgeübt werden, in angemessener Zeit<br />

erreichen können. Drittens schließlich hat Erreichbarkeit eine ökologische Dimension: Der zum<br />

Erreichen der Ziele erforderliche Aufwand an Energie <strong>und</strong> Umweltbelastung soll so niedrig wie<br />

möglich sein.<br />

5.1 Erreichbarkeit im ÖV<br />

Der öffentliche Personennahverkehr hat bei guter Auslastung gesamtgesellschaftliche Effizienz-<br />

<strong>und</strong> Kostenvorteile gegenüber dem Individualverkehr, verbraucht weniger Umweltressourcen <strong>und</strong><br />

dient der Versorgung von Bevölkerungsgruppen, wie Kindern <strong>und</strong> alten Menschen, Menschen mit<br />

Behinderungen <strong>und</strong> Menschen mit geringem Einkommen, denen individuelle motorisierte Mobilität<br />

nicht zur Verfügung steht. Angesichts der zu erwartenden Umweltveränderungen (Klimawandel<br />

<strong>und</strong> Energieverknappung) gewinnen die Umweltvorteile des öffentlichen Personennahverkehrs<br />

an Bedeutung.<br />

Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr ist ein Maß für die Bedienungsqualität<br />

eines öffentlichen Personennahverkehrssystems. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Bedienungsqualität<br />

im ÖV zu messen:<br />

− Reisezeit zu wichtigen Zielen<br />

− Erreichbare Ziele in x Minuten<br />

− Reisegeschwindigkeit<br />

Die beiden ersten Erreichbarkeitsindikatoren haben den Nachteil, dass sie nicht zwischen geografischer<br />

Lage <strong>und</strong> Bedienungsqualität unterscheiden. Der Indikator Reisegeschwindigkeit misst<br />

dagegen nur die Bedienungsqualität. Die Wahl des Erreichbarkeitsindikators Reisegeschwindigkeit<br />

beruht auf der Überlegung, dass es nicht Aufgabe der öffentlichen Planung sein kann, Unterschiede<br />

in der geografischen Lage von Standorten auszugleichen, sondern Unterschiede in der<br />

Bedienungsqualität.<br />

Ein faire Verteilung von ÖV-Bedienungsqualität ist deshalb nicht eine Verteilung, bei der alle<br />

Standorte die gleiche Erreichbarkeit im Sinne der beiden ersten Indikatoren haben, sondern eine,<br />

bei der von allen Standorten alle relevanten Ziele mit der gleichen Geschwindigkeit erreicht werden<br />

können. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die ÖV-Versorgung einer größeren Anzahl<br />

von Einwohnern größeres Gewicht hat als die nur weniger Einwohner.


5.2 Problemindex ÖV-Erreichbarkeit<br />

Erreichbarkeit<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser Überlegungen wird ein Problemindex ÖV-Erreichbarkeit vorgeschlagen, der folgende<br />

Eigenschaften hat:<br />

− Der Index misst die mittlere Luftliniengeschwindigkeit aller von einem Standort aus unternommenen<br />

Wege gewichtet mit der Einwohnerdichte des Standorts.<br />

− Der Index ist ein Problemindex, das heißt hohe Indexwerte bedeuten eine Unterversorgung in<br />

ÖV-Erreichbarkeit.<br />

− Der Index ist standardisiert. Das heißt, er ist nicht abhängig von der Größe der betrachteten<br />

Teilregion.<br />

− Der Index ist skalierbar, das heißt er lässt unterschiedliche Gewichtungen von mittlerer Luftliniengeschwindigkeit<br />

<strong>und</strong> Einwohnerdichte zu.<br />

Mathematisch hat der Problemindex qi des Gebiets i die Form:<br />

q ′ p′<br />

i = v i<br />

−1<br />

α<br />

I<br />

Dabei sind v'i die mittlere ÖV-Luftliniengeschwindigkeit aller Wege vom Standort i, standardisiert<br />

als Bruchteil der mittleren ÖV-Luftliniengeschwindigkeit aller Wege in der Untersuchungsregion<br />

<strong>und</strong> p'i die Einwohnerdichte am Standort i, standardisiert als Bruchteil der mittleren Einwohnerdichte<br />

in der Untersuchungsregion. Die Gewichtung mit der Einwohnerdichte erfolgt abgeschwächt<br />

durch den Exponenten α = 0,05.<br />

5.3 ÖV-Erreichbarkeit Nordrhein-Westfalen<br />

Zunächst wird die Erreichbarkeit im öffentlichen Personennahverkehr der Gemeinden in Nordrhein-Westfalen<br />

untersucht. Als Datenbasis für die Reisezeiten wurde von der Ingenieurgruppe<br />

IVV Aachen auf der Basis des von ihnen implementierten Online-Auskunftssystem des Verkehrsverb<strong>und</strong>es<br />

Rhein-Sieg (VRS, 2006) eine Matrix erstellt, welche die fahrplanmäßigen ÖV-<br />

Reisezeiten einschließlich Zugangs- <strong>und</strong> Umsteigezeiten zwischen den Zentren der 396 nordrhein-westfälischen<br />

Gemeinden enthält. Zur Generierung der Reisezeiten wurden die verfügbaren<br />

Bus-, Straßen-, <strong>Stadt</strong>bahn-, S-Bahn- <strong>und</strong> Regionalbahnlinien berücksichtigt, nicht jedoch die Angebote<br />

des Schienenfernverkehrs (EC/ IC/ ICE). Abbildung 5-1 zeigt mit dem Schienennetz in<br />

Nordrhein-Westfalen nur einen Ausschnitt aus dem ÖV-Netz des Landes, d.h. die Buslinien sind<br />

nicht dargestellt.<br />

Die Reisezeitmatrix des öffentlichen Nahverkehrs wurde dann in eine Matrix der ÖV-<br />

Luftliniengeschwindigkeiten zwischen den Gemeinden Nordrhein-Westfalens umgerechnet. Zur<br />

Berechnung der mittleren ÖV-Luftliniengeschwindigkeit einer Gemeinde wurden die einzelnen<br />

Beziehungen mit der Anzahl der Pendlerwege von der jeweiligen Ausgangsgemeinde in die 395<br />

anderen Gemeinden gewichtet. Hierzu wurden die Summen von Berufs- <strong>und</strong> Ausbildungsplatzpendlern<br />

für das Jahr 2000 aus der Pendlerrechnung NRW (LDS, 2002) benutzt.<br />

ÖV-Reisezeiten <strong>und</strong> Pendlerwege innerhalb der Gemeinden konnten aufgr<strong>und</strong> mangelnder Datenverfügbarkeit<br />

nicht berücksichtigt werden. Die berechnete ÖV-Erreichbarkeit für Nordrhein-<br />

Westfalen bildet so die interkommunale Erreichbarkeit ab. Aufgr<strong>und</strong> der quasi-öffentlichen Verfügbarkeit<br />

der benötigten Input-Daten, d.h. Reisezeiten aus den Online-Auskunftsdiensten der<br />

Verkehrsverbünde‚ Wege aus der regelmäßig vom LDS bereitgestellten Pendlerrechnung NRW<br />

<strong>und</strong> Bevölkerungsdaten ebenfalls vom LDS kann diese Form der ÖV-Erreichbarkeit in Nordrhein-<br />

Westfalen regelmäßig mit vertretbarem Aufwand berechnet werden.<br />

- 28 -<br />

(5.1)


Abbildung 5-1: Schienen-ÖV-Netz in Nordrhein-Westfalen<br />

Erreichbarkeit<br />

Abbildung 5-2 stellt die über die Pendlerwege gemittelten ÖV-Luftliniengeschwindigkeiten der<br />

Gemeinden des Landes dar. Die Spannweite reicht von unter 10 km/h bis über 25 km/h; der Mittelwert<br />

liegt bei 19,8 km/h. Niedrige Werte sind eher in den ländlichen Bereichen des Landes anzutreffen,<br />

vor allem konzentriert in den Bereichen Bergisches Land, Sauer- <strong>und</strong> Siegerland sowie<br />

im Rheinland <strong>und</strong> in Ostwestfalen. Die Großstädte weisen die höchsten Werte auf. Würden hier<br />

die innergemeindlichen Wege mit einbezogen, wären die Werte aber deutlich niedriger (siehe<br />

Abbildung 5-10). Hohe ÖV-Reisegeschwindigkeiten liegen auch entlang vieler Bahnlinien vor;<br />

sichtbar beispielsweise in der Eifel, am Niederrhein, im Münsterland oder entlang der Bahnlinie in<br />

Richtung Kassel. Bemerkenswert ist, dass viele Gemeinden am Rande der Großstädte vergleichbar<br />

geringe ÖV-Luftliniengeschwindigkeiten aufzuweisen haben. Dies tritt insbesondere dann auf,<br />

wenn die Umlandgemeinden nicht über einen Bahnanschluss verfügen; Beispiele hierfür finden<br />

sich im Osten von Köln oder in vielen Gemeinden des Kreises Unna um Dortm<strong>und</strong>.<br />

Abbildung 5-3 zeigt die Bevölkerungsdichte in Nordrhein-Westfalen standardisiert am Landesdurchschnitt,<br />

die zur Gewichtung beim Problemindex ÖV-Erreichbarkeit benutzt wird.<br />

Die Abbildungen 5-4 <strong>und</strong> 5-5 zeigen zwei unterschiedliche Formen des Problemindex ÖV-<br />

Erreichbarkeit. In den Karten wird eine Farbskala verwendet, die der einer Verkehrsampel gleicht:<br />

Rote Farbtöne bedeuten unterdurchschnittliche, gelbe durchschnittliche <strong>und</strong> grüne überdurchschnittliche<br />

ÖV-Luftliniengeschwindigkeiten. Abbildung 5-4 zeigt den ungewichteten Problemindex,<br />

das heißt den Kehrwert der am Landesdurchschnitt standardisierten mittleren Luftliniengeschwindigkeit<br />

im ÖV. Damit stellt diese Karte die Information der Abbildung 5-2 als Problemindex<br />

dar, d.h. niedrige Geschwindigkeiten werden durch hohe Indexwerte angezeigt. In Abbildung 5-5<br />

tritt die Gewichtung mit der Einwohnerdichte hinzu. Dadurch verringern sich die Indexwerte in<br />

dünner besiedelten Bereichen des Landes <strong>und</strong> erhöhen sich in Gemeinden höherer Bevölkerungsdichte,<br />

das heißt vor allem in den Großstädten <strong>und</strong> an deren Rändern.<br />

- 29 -


Abbildung 5-2: Luftliniengeschwindigkeit im ÖV (km/h) in Nordrhein-Westfalen<br />

Abbildung 5-3: Bevölkerungsdichte (NRW=100) in Nordrhein-Westfalen<br />

- 30 -<br />

Erreichbarkeit


Abbildung 5-4: Problemindex ÖV-Erreichbarkeit (ungewichtet) in Nordrhein-Westfalen<br />

Abbildung 5-5: Problemindex ÖV-Erreichbarkeit (gewichtet mit Einwohnerdichte) in -NRW<br />

- 31 -<br />

Erreichbarkeit


5.4 Erreichbarkeit im östlichen Ruhrgebiet<br />

Erreichbarkeit<br />

Neben der landesweiten Erreichbarkeitsanalyse im vorhergehenden Abschnitt wurde die Erreichbarkeit<br />

mit dem öffentlichen Personennahverkehr an einer <strong>Stadt</strong>region mit größerer räumlicher<br />

Auflösung untersucht.<br />

Hierzu wurde die räumliche Datenbasis des am Institut für Raumplanung der Universität Dortm<strong>und</strong><br />

entwickelten Simulationsmodells des östlichen Ruhrgebiets verwendet (siehe Kapitel 8).<br />

Diese Datenbasis enthält sozioökonomische Daten von 246 Teilgebieten ("Zonen") in der <strong>Stadt</strong>region<br />

Dortm<strong>und</strong> im östlichen Ruhrgebiet sowie detaillierte Verkehrsnetze. Das Netz des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs (siehe Abbildung 5-6) enthält sämtliche Regionalexpress-, Regionalbahn-,<br />

<strong>Stadt</strong>bahn-, Straßenbahn- <strong>und</strong> Buslinien des Untersuchungsgebiets <strong>und</strong> die wichtigsten<br />

Linien eines erweiterten Umlands (siehe Abbildung 8-2).<br />

Abbildung 5-6: ÖV-Netz im östlichen Ruhrgebiet<br />

Die folgenden Abbildungen 5-7 <strong>und</strong> 5-8 zeigen zwei Beispiele für traditionelle Erreichbarkeitsindikatoren,<br />

die Erreichbarkeit der Arbeitsplätze <strong>und</strong> die Erreichbarkeit der Dortm<strong>und</strong>er Innenstadt<br />

von den 246 Zonen des Untersuchungsgebiet auf einer Skala von 0 bis 100.<br />

Die verwendeten Indikatoren sind so genannte Potentialerreichbarkeiten, bei denen alle möglichen<br />

Ziele gewichtet mit einer negativen Funktion der Reisezeiten zu ihnen aufaddiert werden<br />

(<strong>Wegener</strong> u.a., 2001) <strong>und</strong> berücksichtigen die Wahl der Verkehrsteilnehmer zwischen den Verkehrsarten<br />

Fuß- <strong>und</strong> Radweg, ÖV <strong>und</strong> Pkw. Man sieht deutlich die Konzentration der höchsten<br />

Erreichbarkeitswerte in den Innenstädten Dortm<strong>und</strong>, Bochum, Herne <strong>und</strong> Hagen, den starken Abfall<br />

in den peripheren ländlichen Gebieten sowie die ringförmige Abnahme der Erreichbarkeit zur<br />

Dortm<strong>und</strong>er Innenstadt mit wachsender Entfernung.<br />

- 32 -


Abbildung 5-7: ÖV-Erreichbarkeit der Arbeitsplätze im östlichen Ruhrgebiet<br />

Abbildung 5-8: ÖV-Erreichbarkeit der Innenstadt Dortm<strong>und</strong> im östlichen Ruhrgebiet<br />

- 33 -<br />

Erreichbarkeit<br />

Dortm<strong>und</strong>er City<br />

Dortm<strong>und</strong>er City


- 34 -<br />

Erreichbarkeit<br />

Die nächsten beiden Abbildungen 5-9 <strong>und</strong> 5-10 zeigen die Komponenten des Problemindex ÖV-<br />

Erreichbarkeit.<br />

Abbildung 5-9 zeigt die räumliche Verteilung der Bevölkerung im Untersuchungsgebiet mit deutlich<br />

höheren Dichten in den Kernstädten des Ruhrgebiets <strong>und</strong> in Hagen.<br />

Abbildung 5-10 zeigt die im Durchschnitt aller Fahrten mit dem ÖV erzielten Reisegeschwindigkeiten<br />

einschließlich aller Zugangs- <strong>und</strong> Abgangs-, Warte- <strong>und</strong> Umsteigezeiten. Es handelt sich<br />

hierbei um Luftliniengeschwindigkeiten, das heißt, es wurden nicht die tatsächlichen Streckenlängen,<br />

sondern die Luftlinienentfernungen zwischen den Zonen zur Berechnung der Geschwindigkeiten<br />

verwendet. Man sieht, dass die am Rande des Untersuchungsgebiets gelegenen Zonen im<br />

Durchschnitt höhere Geschwindigkeiten im ÖV erzielen, weil die von ihnen ausgehenden Fahrten<br />

in der Regel länger sind <strong>und</strong> schnellere Verkehrsmittel wie Regionalexpress oder Regionalbahn<br />

benutzen. Auch lassen sich in der Karte die höheren Geschwindigkeiten der Zonen an den Bahnhöfen<br />

von Regionalexpress <strong>und</strong> Regionalbahn erkennen.<br />

Im Vergleich zu der überörtlichen Luftliniengeschwindigkeit im ÖV (Abbildung 5-2) ist die Geschwindigkeit<br />

mit einem Mittelwert von 14,4 km/h deutlich niedriger, was insbesondere durch<br />

deutlich geringere Geschwindigkeiten in den großen Städten bewirkt wird. Hier kommt zum Tragen,<br />

dass die innerörtlichen Wege in die Berechnung einbezogen werden, bei denen die Zugangs-,<br />

Umsteige- <strong>und</strong> Abgangszeiten im Vergleich zur reinen Fahrtzeit überproportional hoch<br />

sind, so dass die Geschwindigkeit auf kurzen Strecken sinkt. Das bedeutet, dass man bei der<br />

Diskussion von Erreichbarkeiten im öffentlichen Personenverkehr sorgfältig zwischen Naherreichbarkeit<br />

<strong>und</strong> großräumiger Erreichbarkeit unterscheiden muss.<br />

Die letzten beiden Abbildungen 5-11 <strong>und</strong> 5-12 zeigen zwei verschiedene Formen des Problemindex<br />

ÖV-Erreichbarkeit. Wie schon in den Abbildungen 5-4 <strong>und</strong> 5-5 wird eine Farbskala verwendet,<br />

die der einer Verkehrsampel gleicht: Rote Farbtöne bedeuten unterdurchschnittliche, gelbe<br />

durchschnittliche <strong>und</strong> grüne überdurchschnittliche ÖV-Reisegeschwindigkeiten.<br />

Abbildung 5-11 zeigt den ungewichteten Problemindex, das heißt den Kehrwert der am Regionsdurchschnitt<br />

standardisierten mittleren Luftliniengeschwindigkeit im ÖV (siehe Gleichung 5.1).<br />

Man sieht, dass die Bedienungsqualität nahezu überall in der Region durchschnittlich ist <strong>und</strong> dass<br />

die peripheren ländlichen Gemeinden, wenn man den Standard der gleichen Luftliniengeschwindigkeit<br />

zugr<strong>und</strong>e legt, keineswegs unterversorgt sind.<br />

Dieses Ergebnis wird noch deutlicher, wenn man zusätzlich die Gewichtung mit der Einwohnerdichte<br />

vornimmt wie in Abbildung 5-12. Nun sind noch mehr Teilgebiete im grünen Bereich,<br />

<strong>und</strong> die Problemgebiete konzentrieren sich auf wenige <strong>Stadt</strong>teile in den verstädterten Bereichen<br />

der Region. Diese <strong>Stadt</strong>teile wären näher zu untersuchen.<br />

Insgesamt lässt sich jedoch schließen, dass die ÖV-Versorgung im östlichen Ruhrgebiet ausgewogen<br />

ist, das heißt keine großen Unterschiede in der Bedienungsqualität der einzelnen Gemeinden<br />

<strong>und</strong> Ortsteile aufweist.


Abbildung 5-9: Bevölkerungsdichte (E/ha) im östlichen Ruhrgebiet<br />

Abbildung 5-10: ÖV-Luftliniengeschwindigkeit (km/h) im östlichen Ruhrgebiet<br />

- 35 -<br />

Erreichbarkeit<br />

Dortm<strong>und</strong>er City<br />

Dortm<strong>und</strong>er City


Abbildung 5-11: Problemindex ÖV-Erreichbarkeit (ungewichtet) im östlichen Ruhrgebiet<br />

- 36 -<br />

Erreichbarkeit<br />

Dortm<strong>und</strong>er City<br />

Dortm<strong>und</strong>er City<br />

Abbildung 5-12: Problemindex ÖV-Erreichbarkeit (gewichtet mit Einwohnerdichte) im östlichen Ruhrgebiet.


5.5 Fazit<br />

Erreichbarkeit<br />

Die Analyse der Erreichbarkeit im öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong><br />

im östlichen Ruhrgebiet hat ergeben, dass man sorgfältig zwischen überörtlicher Erreichbarkeit<br />

<strong>und</strong> Naherreichbarkeit unterscheiden muss. Fahrten mit dem ÖV zwischen Gemeinden sind in<br />

der Regel länger <strong>und</strong> schneller als kurze innerörtliche Wege, da bei innerörtlichen Wegen in der<br />

Regel Zugangs- <strong>und</strong> Abgangs-, Warte- <strong>und</strong> Umsteigezeiten einen überproportionalen Anteil an<br />

der gesamten Reisezeit ausmachen. Defizite in der ÖV-Bedienungsqualität zeigen sich daher bei<br />

überörtlichen Fahrten am ehesten in den ländlichen Gemeinden, während Verbesserungen im innerörtlichen<br />

Verkehr am ehesten in den Städten nötig sind.<br />

Ein weiteres Ergebnis ist, dass konventionelle Erreichbarkeitsmaße nicht zwischen geografischer<br />

Lage <strong>und</strong> Bedienungsqualität unterscheiden. Daher sind diese Erreichbarkeitsmaße nicht als Kriterien<br />

für die Verteilung der öffentlichen Mittel für den öffentlichen Personennahverkehr geeignet.<br />

Es kann nicht die Aufgabe der öffentlichen Planung sein, Unterschiede in der geografischen Lage<br />

von Standorten auszugleichen, sehr wohl aber Unterschiede in der Bedienungsqualität.<br />

Deshalb wird die mittlere Luftliniengeschwindigkeit mit dem ÖV als ein Kriterium für die Messung<br />

von Bedienungsqualität im ÖV vorgeschlagen. Das Ziel der ÖV-Planung sollte es sein, dass von<br />

allen Standorten alle relevanten Ziele mit dem ÖV mit der gleichen Geschwindigkeit erreicht werden<br />

können. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die ÖV-Versorgung einer größeren Zahl von<br />

Einwohnern größeres Gewicht hat als die nur weniger Einwohner. Auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser Überlegungen<br />

wird ein Problemindex ÖV-Erreichbarkeit vorgeschlagen, der zur Identifizierung von<br />

Defiziten in der ÖV-Bedienungsqualität herangezogen werden kann.<br />

Die Berechnung des Problemindex ÖV-Erreichbarkeit für Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> das östliche<br />

Ruhrgebiet hat gezeigt, dass die Ungleichheiten in der Bedienungsqualität bei überörtlichen Wegen<br />

größer sind als bei Wegen innerhalb einer <strong>Stadt</strong>region.<br />

- 37 -


6 Zusammenhänge<br />

- 38 -<br />

Zusammenhänge<br />

In den Kapiteln 2 bis 5 dieses Berichts wurden unterschiedliche Indikatoren zur Beschreibung der<br />

Verkehrsnachfrage (Kapitel 2), des Verkehrsangebots (Kapitel 3) <strong>und</strong> der Finanzierung (Kapitel 4)<br />

des öffentlichen Personennahverkehrs in Nordrhein-Westfalen dargestellt. In Kapitel 5 wurde versucht,<br />

mit Hilfe verschiedener Erreichbarkeitsmaße die Bedienungsqualität im öffentlichen Personennahverkehr<br />

auf Landesebene <strong>und</strong> am Beispiel einer <strong>Stadt</strong>region zu messen.<br />

Zur Ableitung von Kriterien für eine sozial- <strong>und</strong> umweltverträgliche Verteilung der für den öffentlichen<br />

Personennahverkehr zur Verfügung gestellten Landesmittel ist es erforderlich, diejenigen<br />

Indikatoren herauszufinden, die die Bedienungsqualität im öffentlichen Personennahverkehr am<br />

besten beschreiben. Aus praktischen Gründen sollten die Indikatoren zudem ohnehin regelmäßig<br />

anfallen oder mit vertretbarem Aufwand erhoben werden können.<br />

Diese zweite Bedingung trifft jedoch für traditionelle Erreichbarkeitsindikatoren nicht zu. Ihre Berechnung<br />

erfordert die kontinuierliche Fortschreibung einer detaillierten räumlichen Datenbasis<br />

einschließlich einer stets aktuellen Netzdarstellung des öffentlichen Personennahverkehrs sowie<br />

die wiederholte Anwendung eines komplexen Verkehrssimulationsmodells.<br />

In diesem Kapitel wird deshalb versucht, unter den verfügbaren, regelmäßig ohnehin erhobenen<br />

Indikatoren solche herauszufinden, die mit Indikatoren der Bedienungsqualität im öffentlichen<br />

Personennahverkehr, aber auch mit weiteren sozialen <strong>und</strong> ökologischen Zielindikatoren so hoch<br />

korreliert sind, dass mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass eine<br />

Verbesserung der Werte dieser Indikatoren auch eine Verbesserung der Bedienungsqualität <strong>und</strong><br />

der anderen sozialen <strong>und</strong> ökologischen Ziele zur Folge haben würde.<br />

Natürlich ist bei der Interpretation der Ergebnisse von Korrelationsanalysen Vorsicht geboten: Eine<br />

hohe Korrelation kann auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Input- <strong>und</strong> Output-<br />

Indikatoren hinweisen. Eine hohe Korrelation kann aber auch bedeuten, dass beide Indikatoren<br />

durch eine gemeinsame Ursache bestimmt werden, dass also zwischen ihnen selbst keine kausale<br />

Beziehung besteht. In einem solchen Falle wäre der Indikator als Kriterium für die Bemessung<br />

von Fördermitteln ungeeignet.<br />

In den folgenden Abschnitten werden die Ergebnisse einer Auswahl der durchgeführten Korrelationsanalysen<br />

dargestellt.<br />

6.1 Zusammenhänge in Nordrhein-Westfalen<br />

Für die Analyse der Zusammenhänge in Nordrhein-Westfalen werden die 54 Kreise des Landes,<br />

d.h. die räumliche Ebene der Aufgabenträger des ÖV, als Bezugseinheit gewählt. Die Analyse hat<br />

zum Ziel, die Korrelation von Indikatoren verschiedener Aspekte der Bedienungsqualität des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs mit Indikatoren, welche seine tatsächliche Nutzung <strong>und</strong> ökologische<br />

Aspekte beschreiben zu identifizieren <strong>und</strong> zu beschreiben. Hierzu werden die Indikatoren<br />

(Input-Indikatoren):<br />

− Abdeckung bewohnter Flächen mit Haltestellen höherer Frequenz (siehe Abschnitt 3.1)<br />

− Abfahrten je Haltestelle je Tag (siehe Abschnitt 3.1)<br />

− Interkommunale ÖV-Luftliniengeschwindigkeit (siehe Abschnitt 5.3)<br />

− Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr (siehe Abschnitt 4.1)<br />

auf ihren statistischen Zusammenhang mit Indikatoren der ÖV-Nutzung überprüft (Output-<br />

Indikatoren):<br />

− Anteil Wege mit dem ÖV (Modellergebnisse des IGVP NRW, 2004)<br />

− ÖV-Fahrten je Einwohner (siehe Abschnitt 2.1)


Zusammenhänge<br />

In den Abbildungen 6-1 bis 6-4 werden die Zusammenhänge zwischen den vier Input- <strong>und</strong> den<br />

zwei Output-Indikatoren dargestellt. Der statistische Zusammenhang ist bei allen Korrelationen<br />

relativ hoch. Insbesondere ist der Zusammenhang zwischen der Haltestellenabdeckung (Abbildung<br />

6-1), den Abfahrten je Haltestelle (Abbildung 6-2) <strong>und</strong> etwas geringer den Nutzwagenkilometern<br />

(Abbildung 6-4) sowie der Nutzung des ÖV besonders ausgeprägt. Die interkommunale<br />

ÖV-Luftliniengeschwindigkeit beeinflusst die ÖV-Nutzung in geringerem Maße (Abbildung 6-3).<br />

Abbildung 6-1 ÖV-Anteil an den motorisierten Wegen (links) <strong>und</strong> ÖV-Fahrten je Einwohner (rechts)<br />

v. Abdeckung bewohnter Flächen mit Haltestellen mit höherer Bedienungsfrequenz<br />

Abbildung 6-2 ÖV-Anteil an den motorisierten Wegen (links) <strong>und</strong> ÖV-Fahrten je Einwohner (rechts)<br />

v. Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />

- 39 -


Zusammenhänge<br />

Abbildung 6-3 ÖV-Anteil an den motorisierten Wegen (links) <strong>und</strong> ÖV-Fahrten je Einwohner (rechts)<br />

v. mittlere ÖV-Luftliniengeschwindigkeit<br />

Abbildung 6-4 ÖV-Anteil an den motorisierten Wegen (links) <strong>und</strong> ÖV-Fahrten je Einwohner (rechts)<br />

v. Nutzwagenkilometer je Einwohner<br />

Bei allen Indikatoren, sowohl auf der Input- als auch auf der Outputseite, zeigt sich, dass bei einer<br />

raumstrukturellen Differenzierung der Kreise (BBR, 2007) die großen Kernstädte des Landes,<br />

insbesondere Bonn, Köln, Düsseldorf, Oberhausen, Essen, Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Wuppertal, höhere<br />

Werte aufweisen als die Umlandkreise <strong>und</strong> die ländlichen Kreise.<br />

- 40 -


6.2 Zusammenhänge im östlichen Ruhrgebiet<br />

- 41 -<br />

Zusammenhänge<br />

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse von Korrelationsanalysen ausgewählter Indikatoren<br />

für die 246 Zonen des Modells des östlichen Ruhrgebiets sowie für 36 Gemeinden/Dortm<strong>und</strong>er<br />

<strong>Stadt</strong>bezirke dargestellt. Zwei Gruppen von Indikatoren wurden untersucht: Indikatoren der Daseinsvorsorge<br />

<strong>und</strong> Indikatoren der ökologischen Nachhaltigkeit.<br />

Indikatoren der Daseinsvorsorge<br />

Daseinsvorsorge im öffentlichen Personennahverkehr bedeutet, sicherzustellen, dass auch Personen<br />

ohne Autozugang die zum Führen eines "durchschnittlichen" Lebens gehörenden Aktivitäten<br />

ausüben können, das heißt, dass sie die Orte, an denen diese Aktivitäten ausgeübt werden,<br />

in angemessener Zeit mit dem ÖV erreichen können:<br />

− Ausbildung (Kindergarten, Schule, Volkshochschule, ...)<br />

− Arbeit (niedrig entlohnte Tätigkeiten, ...)<br />

− Einkaufen, Dienstleistungen (Lebensmittelladen, Friseur, Arzt, Bank, ...)<br />

− Kultur, Sport, Freizeit (Theater, Sportplatz, Disco, ...)<br />

Hierzu werden die Indikatoren (Input-Indikatoren):<br />

− Anzahl Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />

− Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr<br />

auf ihren statistischen Zusammenhang mit im Modell des östlichen Ruhrgebiets berechneten Indikatoren<br />

der Daseinsvorsorge überprüft (Output-Indikatoren):<br />

− ÖV-Erreichbarkeit<br />

− ÖV-Reisezeit zu Zielen im Nahbereich<br />

Als Erreichbarkeitsindikator wurde ein Mittelwert aus Potentialerreichbarkeiten des Modells der<br />

<strong>Stadt</strong>region Dortm<strong>und</strong> (siehe Abbildungen 5-7 <strong>und</strong> 5-8) in Bezug auf die Ziele Arbeitsplätze, Einzelhandelseinrichtungen,<br />

Dienstleistungen, Sek<strong>und</strong>arschulen <strong>und</strong> Innenstadt unter Berücksichtigung<br />

der Verkehrsmittelwahl verwendet. Als Nahbereich wurden die nächsten erreichbaren<br />

250.000 Einwohner <strong>und</strong> Arbeitsplätze definiert.<br />

Zusätzlich wurde geprüft, inwieweit die beiden Input-Indikatoren Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong><br />

Nutzwagenkilometer mit einem Raumstrukturindikator wie Einwohnerdichte korreliert sind, das<br />

heißt, inwieweit sie lediglich den trivialen Zusammenhang zum Ausdruck bringen, dass wo viele<br />

Menschen wohnen, auch viele Busse <strong>und</strong> Bahnen fahren. Wie bereits erwähnt, kann eine hohe<br />

Korrelation auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Input- <strong>und</strong> Output-Indikatoren hinweisen.<br />

Eine hohe Korrelation kann aber auch bedeuten, dass beide Indikatoren durch eine gemeinsame<br />

Ursache bestimmt werden.<br />

Die Abbildungen 6-5 bis 6-7 zeigen die Ergebnisse der Korrelationsanalysen für den Indikator Abfahrten<br />

je Haltestelle je Tag, die Abbildungen 6-8 bis 6-10 die Ergebnisse für den Indikator Nutzwagenkilometer.<br />

Alle verwendeten Indikatoren wurden aus der räumlichen Datenbasis des Modells<br />

des östlichen Ruhrgebiets ermittelt, mit Ausnahme des Indikators Abfahrten je Haltestele je<br />

Tag, der gesondert empirisch ermittelt wurde (siehe Abschnitt 3.1) <strong>und</strong> für die 246 Zonen des<br />

Modells aufbereitet wurde.<br />

Beim Indikator Nutzwagenkilometer wurden auch Fahrten von Regionalexpress <strong>und</strong> Regionalbahn<br />

einbezogen, da die Korrelationen so höher waren, als wenn nur <strong>Stadt</strong>bahn-, Straßenbahn-<br />

<strong>und</strong> Busfahrten berücksichtigt wurden. In den Streudiagrammen für 246 Zonen der Abbildungen<br />

6-8 bis 6-10 liegen deshalb die Zonen der Hauptbahnhöfe Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Bochum außerhalb des<br />

sichtbaren Bereichs der Diagramme.


Abbildung 6-5 Abfahrten je Haltestelle v. Einwohnerdichte<br />

Abbildung 6-6 ÖV-Erreichbarkeit v. Abfahrten je Haltestelle<br />

Abbildung 6-7 ÖV-Reisezeit zum Nahbereich v. Abfahrten je Haltestelle<br />

- 42 -<br />

Zusammenhänge


Abbildung 6-8 Nutzwagenkilometer v. Einwohnerdichte<br />

Abbildung 6-9 ÖV-Erreichbarkeit v. Nutzwagenkilometer<br />

Abbildung 6-10 ÖV-Reisezeit zum Nahbereich v. Nutzwagenkilometer<br />

- 43 -<br />

Zusammenhänge


- 44 -<br />

Zusammenhänge<br />

Im Vergleich zeigt sich, dass der Indikator Anzahl Abfahrten je Haltestelle weitaus höher mit den<br />

Bedienungsqualitätsindikatoren ÖV-Erreichbarkeit <strong>und</strong> ÖV-Reisezeit zum Nahbereich korreliert<br />

als der Indikator Nutzwagenkilometer. Das ist auch plausibel, da die Anzahl Abfahrten, also die<br />

Bedienungsfrequenz, die durchschnittliche Warte- <strong>und</strong> Umsteigezeit <strong>und</strong> damit die Gesamtreisezeit<br />

beeinflusst <strong>und</strong> so wesentlich zur Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs beiträgt.<br />

Die Anzahl der Nutzwagenkilometer dagegen ist auch eine Funktion der Entfernung <strong>und</strong> tendenziell<br />

im ländlichen Umland bei gleicher Taktfrequenz höher als in der <strong>Stadt</strong>.<br />

Die Korrelationen für die größeren 36 Zonen sind erwartungsgemäß höher als für die kleineren<br />

246 Zonen. Das ist nicht nur ein statistisches Phänomen, sondern es zeigt auch, dass die<br />

zugr<strong>und</strong>e liegenden Zusammenhänge nur für Gebiete ab einer gewissen Größe gelten. Ganz<br />

deutlich wird das beim Indikator Nutzwagenkilometer, bei dem die Korrelation zwischen Einwohnerdichte<br />

<strong>und</strong> Nutzwagenkilometern auf der Ebene der 246 Zonen sogar schwach negativ ist,<br />

was sich in der nach unten geneigten Regressionsgeraden ausdrückt (Abbildung 6-8 links), während<br />

auf der Ebene der 36 Zonen ein nicht sehr starker, aber eindeutig positiver Zusammenhang<br />

zu erkennen ist (Abbildung 6-8 rechts)<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wenn ein aussagekräftiger <strong>und</strong> leicht zu ermittelnder<br />

Indikator für Bedienungsqualität im öffentlichen Personennahverkehr gesucht wird, die Anzahl<br />

Abfahrten je Haltestelle ein deutlich besserer Indikator ist, als die Anzahl Nutzwagenkilometer.<br />

Indikatoren der ökologischen Nachhaltigkeit<br />

Ökologische Nachhaltigkeit eines Verkehrssystems bedeutet, dass so viel Verkehr wie möglich<br />

vermieden wird <strong>und</strong> der verbleibende Verkehr so umweltverträglich wie möglich ist. Bei der gegenwärtigen<br />

Dominanz des Autoverkehrs bedeutet das, dass so wenig Auto-km wie möglich gefahren<br />

werden. Es ist zu vermuten, dass das größte Potential für Vermeidung von Auto-km in den<br />

Großstädten besteht – was für eine Konzentration der Förderung des öffentlichen Personenverkehrs<br />

in den Großstädten sprechen würde.<br />

Diese Vermutung kann nur durch Experimentieren mit einem detaillierten Modell des Gesamtpersonenverkehrs<br />

überprüft werden. Ersatzweise können die Indikatoren des Verkehrsangebots als<br />

Indikatoren für die ökologische Nachhaltigkeit gewählt werden. Diese Hypothese wird im folgenden<br />

überprüft. Dazu wurden die Indikatoren (Input-Indikatoren):<br />

− Anzahl Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />

− Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr<br />

auf ihren statistischen Zusammenhang mit im Modell des östlichen Ruhrgebiets berechneten Indikatoren<br />

der ökologischen Nachhaltigkeit überprüft (Output-Indikatoren):<br />

− Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege<br />

− Anteil Wege mit dem ÖV<br />

− Anteil Wege mit dem Pkw<br />

Die Überprüfung erfolgt wie bei den Indikatoren der Daseinsvorsorge durch Berechnung <strong>und</strong> Visualisierung<br />

der Einfachkorrelation zwischen Input- <strong>und</strong> Output-Indikatoren für die 246 Zonen des<br />

Modells des östlichen Ruhrgebiets sowie für 36 Gemeinden/Dortm<strong>und</strong>er <strong>Stadt</strong>bezirke. Wie bereits<br />

erwähnt, kann eine hohe Korrelation auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Input<strong>und</strong><br />

Output-Indikatoren hinweisen. Eine hohe Korrelation kann aber auch bedeuten, dass beide<br />

Indikatoren durch eine gemeinsame Ursache bestimmt werden.<br />

Die Abbildungen 6-11 bis 6-13 zeigen die Ergebnisse für Anzahl Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong> die<br />

Abbildungen 6-14 bis 6-16 für die Anzahl Nutzwagenkilometer.


Abbildung 6-11 Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege v. Abfahrten je Haltestelle<br />

Abbildung 6-12 Anteil Wege mit dem ÖV v. Abfahrten je Haltestelle<br />

Abbildung 6-13 Anteil Wege mit dem Auto v. Abfahrten je Haltestelle<br />

- 45 -<br />

Zusammenhänge


Abbildung 6-14 Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege v. Nutzwagenkilometer<br />

Abbildung 6-15 Anteil Wege mit dem ÖV v. Nutzwagenkilometer<br />

Abbildung 6-16 Anteil Wege mit dem Auto v. Nutzwagenkilometer<br />

- 46 -<br />

Zusammenhänge


- 47 -<br />

Zusammenhänge<br />

Das Ergebnis der Korrelationsanalysen scheint zunächst verblüffend: Es besteht ein positiver Zusammenhang<br />

zwischen beiden Indikatoren, Anzahl Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong> Anzahl Nutzwagenkilometer<br />

<strong>und</strong> dem Anteil der Fuß- <strong>und</strong> Radwege an allen Wegen <strong>und</strong> ein negativer Zusammenhang<br />

zwischen beiden Indikatoren <strong>und</strong> dem Anteil der Autofahrten an allen Wegen, während<br />

fast kein Zusammenhang zwischen den beiden Indikatoren <strong>und</strong> dem Anteil der Fahrten im öffentlichen<br />

Personennahverkehr besteht. Weniger technisch ausgedrückt: Wo viele Busse <strong>und</strong> Bahnen<br />

fahren, wird mehr zu Fuß gelaufen <strong>und</strong> mit dem Fahrrad gefahren <strong>und</strong> weniger mit dem Auto,<br />

während der Anteil Wege mit dem ÖV davon wenig beeinflusst wird.<br />

Sollte es nicht so sein: dass dort, wo viele Busse <strong>und</strong> Bahnen fahren, mehr Menschen mit ihnen<br />

fahren <strong>und</strong> weniger zu Fuß gehen oder mit dem Rad oder dem Auto fahren?<br />

Die Antwort auf das scheinbare Paradox liegt in den Abbildungen 6-5 <strong>und</strong> 6-8, aus denen hervorgeht,<br />

dass beide Angebotsindikatoren positiv mit der Einwohnerdichte korreliert sind. Was die<br />

Abbildungen 6-11 bis 6-16 ausdrücken, ist die einfache Tatsache, dass in den Städten mehr gelaufen<br />

<strong>und</strong> Fahrrad gefahren <strong>und</strong> weniger Auto gefahren wird als auf dem Land. Ein Vergleich der<br />

vertikalen Skalen der sechs Diagramme zeigt zudem, dass der Anteil der Wege mit dem ÖV weit<br />

weniger streut als die der Fuß- <strong>und</strong> Radwege <strong>und</strong> Wege mit dem Auto, was darauf hinweist, dass<br />

der Anteil Wege mit dem ÖV vergleichsweise unelastisch ist <strong>und</strong> mit Angebotsverbesserungen<br />

nur geringfügig beeinflusst werden kann – darauf wird in Kapitel 8 noch näher eingegangen werden.<br />

Im übrigen bestätigen die Korrelationsanalysen der Indikatoren der ökologischen Nachhaltigkeit<br />

die bereits bei den Indikatoren der Daseinsvorsorge gemachte Beobachtung, dass der Indikator<br />

Anzahl Abfahrten je Haltestelle ein besserer Indikator ist als der Indikator Anzahl Nutzwagenkilometer.<br />

6.3 Fazit<br />

Die Überprüfung der zur Messung der Bedienungsqualität im öffentlichen Personennahverkehr<br />

herangezogenen Indikatoren führt zu folgenden Ergebnissen:<br />

In Nordrhein-Westfalen besteht auf der Ebene von Kreisen ein deutlicher positiver statistischer<br />

Zusammenhang zwischen der Haltestellenabdeckung, den Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong> dem Grad<br />

der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Anzahl Nutzwagenkilometer <strong>und</strong> die interkommunale<br />

Luftliniengeschwindigkeit haben etwas geringere Bedeutung für die ÖV-Nutzung.<br />

Bei allen Indikatoren der Bedienungsqualität als auch der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs<br />

zeigt sich, dass die großen Kernstädte des Landes, insbesondere Bonn, Köln, Düsseldorf,<br />

Oberhausen, Essen, Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Wuppertal, höhere Werte aufweisen als die Umlandkreise<br />

<strong>und</strong> die ländlichen Kreise.<br />

Auch im östlichen Ruhrgebiet konnte bei einer vielfach höheren räumlichen Auflösung der Datengr<strong>und</strong>lagen<br />

gezeigt werden, dass ein starker positiver statistischer Zusammenhang zwischen der<br />

Anzahl Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong> der stadtregionalen ÖV-Erreichbarkeit <strong>und</strong> der ÖV-Reisezeit<br />

zu Zielen im Nahbereich besteht. Die Anzahl Nutzwagenkilometer hat geringere Bedeutung für<br />

die großräumige Erreichbarkeit <strong>und</strong> die ÖV-Reisezeit zu Zielen im Nahbereich. Die Bedeutung<br />

beider Indikatoren für das Ziel „Reduzierung des Pkw-Verkehrs“ ist schwach.<br />

Damit können die Indikatoren Anzahl Haltestellenabdeckung bewohnter Gebiete, Abfahrten je<br />

Haltestelle, Nutzwagenkilometer <strong>und</strong> ÖV-Geschwindigkeit mit Vorbehalt zur Messung der Bedienungsqualität<br />

im öffentlichen Personenverkehr herangezogen werden.


7 Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Die Landesregierung definiert die Leitvorstellungen einer „angemessenen Bedienung“ im ÖV als<br />

strategische Mindestvorgabe <strong>und</strong> unterstützt deren Ausgestaltung durch eine klare Förderstruktur.<br />

Bestandteile eines Leitbildes sind beispielsweise ÖV-Strukturen mit:<br />

− leistungsstarken Fernverkehrsverbindungen der Bahn auf den bedeutenden Relationen<br />

− gebündelten schnellen städteverbindenden Regionalverkehren im Linienbandbetrieb (RRX,<br />

SPNV <strong>und</strong> Bus) <strong>und</strong> einer Erschließung von Siedlungseinheiten am Linienband<br />

− flächenerschließenden <strong>Stadt</strong>verkehren (<strong>Stadt</strong>-/U-Bahn, Bus)<br />

− differenzierter Bedienung in der Fläche durch Förderung innovativer Bedienformen in einwohnerschwachen<br />

Bereichen, ohne ausreichender Gr<strong>und</strong>auslastung für <strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> Linienverkehre<br />

− ein gleicher Gr<strong>und</strong>takt (15 Min) für „Schiene“ <strong>und</strong> „Straße“, <strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> städteverbindenden Verkehren<br />

als Gr<strong>und</strong>lage für integrale Taktfahrpläne <strong>und</strong> zur Anschlusssicherung.<br />

Abbildung 7-1 Struktur der zukünftigen ÖV-Finanzierung<br />

Zuständigkeiten<br />

Für die Bedienung der regional bedeutsamen Linienbänder liegt die Aufgabenträgerschaft bei den<br />

Zweckverbänden (interurbane Ebene). Aufgabenträger für die flächenhafte Bedienung der Ortslagen<br />

sind die Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte (urbane Ebene).<br />

Die Regieführung bei der planerischen Ausgestaltung <strong>und</strong> Realisierung der „angemessenen Bedienung“<br />

durch die Ausschreibung definierter Verkehrsleistungen übernehmen die Aufgabenträger.<br />

Sie gestalten im Verkehrsmarkt nach den politischen Maßgaben vor Ort das über eine Mindestbedienung<br />

hinausgehende Angebot im ÖV.<br />

Die Landeszuständigkeit für herausragende Einzelinvestitionen bleibt erhalten.<br />

Auf dieser Basis werden im Folgenden drei Verteilschlüssel vorgestellt, wobei den Leitvorstellungen<br />

unterschiedlich starke Bedeutung zukommt:<br />

Der erste Verteilschlüssel, der auf den Eingangsdaten Einwohnerzahl <strong>und</strong> Fläche basiert, zielt<br />

darauf ab, neben Städten mit hoher Einwohnerdichte, auch inländliche Gemeinden mit geringer<br />

Einwohnerdichte noch relativ flächendeckend ÖV zu realisieren.<br />

- 48 -


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Der zweite, nutzwertanalytische Verteilschlüssels berücksichtigt ebenfalls eine Gr<strong>und</strong>förderung,<br />

beinhaltet aber zusätzlich ein Anreizsystem durch die Förderung von Aufgabenträgern, die einen<br />

überdurchschnittlichen ÖV umsetzen. Dazu ist ein Kontroll- <strong>und</strong> Messsystem der erbrachten Leistungen<br />

im ÖV erforderlich, dass in diesem Fall über die Auswertung der Fahrpläne erfolgt.<br />

Klare Vorgaben für die Ausgestaltung des ÖV sind die Gr<strong>und</strong>lage für den dritten Verteilschlüssel.<br />

Hier wird zunächst in Abhängigkeit vom Nutzerpotenzial ein angemessenes Mindestangebot definiert,<br />

aus dem die Förderung abgeleitet wird.<br />

Zur Vergleichbarkeit werden alle Verteilschlüssel nach Punkten je Einwohner <strong>und</strong> Gemeinde<br />

normiert.<br />

7.1 Verteilungsschlüssel „Ist“<br />

Bei der aktuellen Landesmittelverteilung (Abbildung 7-2) zeigt sich eine Konzentration der Mittel<br />

auf die Großstädte im Rhein-Ruhr-Raum. Bei den ländlichen Kreisen lässt sich ein Nord-Süd-<br />

Gefälle beobachten. Generell bedeutet dies eine Abhängigkeit der Mittel vom vorhandenen Angebot<br />

<strong>und</strong> den vorhandenen Strukturen. Hochwertiger ÖV mit <strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> Straßenbahnen in den<br />

Städten erfordert den größten Mitteleinsatz. Ländliche Kreise mit kleinteiligen Siedlungsstrukturen<br />

im Norden von NRW erhalten die geringste Förderung.<br />

Abbildung 7-2 Landesmittelverteilung nach Punkten je Einwohner<br />

- 49 -


7.2 Verteilungsschlüssel nach „Einwohner <strong>und</strong> Fläche“<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Datengr<strong>und</strong>lage für die Verteilung der Fördermittel sind die Zahl der Einwohner <strong>und</strong> die Flächen<br />

der Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte. Diese Werte werden von den statistischen Landesämtern aktuell<br />

<strong>und</strong> sicher zur Verfügung gestellt.<br />

Mit diesen Daten ist das Verfahren sehr einfach <strong>und</strong> schnell umzusetzen. Sowohl die zu bedienende<br />

Fläche, als auch die Einwohnerzahl beeinflussen den Aufwand für den ÖV, wobei beide<br />

Werte unterschiedlich wirken. Der Aufwand für die Flächenerschließung dient der Gewährleistung<br />

eines Gr<strong>und</strong>angebots, während bei großen Einwohnerdichten, die Bereitstellung eines attraktiven<br />

Angebots angesichts des großen Nutzerpotentials im Vordergr<strong>und</strong> steht.<br />

Zunächst erhalten alle Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte abhängig von ihrer Fläche eine Gr<strong>und</strong>förderung,<br />

durch die der Aufwand für die Flächenerschließung abgedeckt werden soll.<br />

Die Förderpunkte Pges werden nach folgenden Formeln ermittelt, die sich aus einer Standardeinwohnerzahl<br />

EWF in Abhängigkeit von der Gemeindefläche F, einem Metropolenzuschlag EWMZ<br />

für Gemeinden mit mehr als 200.000 Einwohnern (EW) <strong>und</strong> einem Einwohnerausgleich EW∆, der<br />

von der Einwohnerdichte abhängig ist, zusammensetzen:<br />

P ges = ( EWF<br />

+ EW∆<br />

+ EWMZ<br />

)<br />

(7.1)<br />

0,<br />

8<br />

EWF = 1000 × F<br />

(7.2)<br />

EWMZ = 0, 75 × ( EW − 200.<br />

000)<br />

(7.3)<br />

EW∆ = α × ( EW − EWF<br />

)<br />

(7.4)<br />

Im Verfahren werden die Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte in vier Kategorien A-D unterteilt:<br />

A: Kreise <strong>und</strong> kreisfreie Städte durchschnittlicher Besiedelungsdichte erhalten nur eine Förderung<br />

auf der Basis Ihrer Fläche.<br />

B: Städtische Bereiche höherer Dichte (EW-Dichte > 250 EW/qkm) erhalten eine zusätzliche Förderung<br />

für ihre städtisch geprägten Gebietsanteile, um eine dichtere <strong>und</strong> attraktivere Erschließung<br />

zu sichern. Derjenige Teil der EW-Anzahl, der nicht bereits durch die Flächenförderung<br />

„abgedeckt“ ist, wird mit dem Gewichtungsfaktor α = 1,5 bewertet. Damit wird der Tatsache<br />

Rechnung getragen, dass bei höherer (funktionaler) Verdichtung der Siedlungsflächen die Wahrscheinlichkeit<br />

steigt, dass Wege mit dem ÖV zurückgelegt werden, weil sich dadurch per ÖV<br />

mehr Ziele erreichen lassen <strong>und</strong> der ÖV – auch im Vergleich zum MIV – attraktiver wird.<br />

C: Metropolen <strong>und</strong> größere kreisfreie Städte mit mehr als 200.000 EW erhalten einen zusätzlichen<br />

einwohnerabhängigen Zuschlag, um die besonderen Anforderungen aus oberzentralen, regional<br />

„ausstrahlenden“ Funktionen zu erfüllen <strong>und</strong> überproportional hohen Systemaufwand auszugleichen.<br />

Die EW-Anzahl „jenseits“ der Marke 200.000 wird mit dem Faktor α = 0,75 gewichtet.<br />

D: Kreise besonders geringer Besiedelungsdichte erhalten – je Einwohner – einen Zuschlag für<br />

die besondere Erschwernis, die Flächenerschließung zu gewährleisten. Einwohner, die zu einer<br />

bestimmten Einwohnerdichte fehlen werden dazu mit dem Faktor α = 0,3 belegt.<br />

Im NRW-Vergleich (Abbildung 7-3) erhalten Großstädte mit U-Bahnsystemen je Einwohner die<br />

meisten Förderpunkte. Ausnahmen bilden Krefeld, Mülheim <strong>und</strong> Oberhausen, die gegenüber den<br />

Städten Aachen <strong>und</strong> Mönchengladbach, die keine U-Bahn unterhalten, weniger Förderpunkte erhalten.<br />

Im Übrigen werden die Kreise im Ballungsraum Rhein-Ruhr in gleicher Weise gefördert<br />

wie die kreisfreien Städte.<br />

- 50 -


Olpe<br />

Höxter<br />

Euskirchen<br />

Coesfeld<br />

Remscheid<br />

Warendorf<br />

Bottrop<br />

Paderborn<br />

Leverkusen<br />

Soest<br />

Solingen<br />

Hochsauerland<br />

Mülheim<br />

Düren<br />

Hamm<br />

Heinsberg<br />

Herne<br />

Siegen-Wittgenstein<br />

Hagen<br />

Kleve<br />

Oberhausen<br />

Herford<br />

Krefeld<br />

Oberbergischer<br />

Münster<br />

Minden-Lübbecke<br />

Aachen<br />

Rhein-Berg<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Viersen<br />

Borken<br />

Metropolenzuschlag<br />

Einw ohnerausgleich<br />

Flächenerschließung<br />

Schlüssel<br />

Abbildung 7-3 Zusammensetzung der Förderpunkte <strong>und</strong> resultierender Schlüssel je Einwohner<br />

Mönchengladbach<br />

- 51 -<br />

Gelsenkirchen<br />

Bonn<br />

Aachen Kreis<br />

Bielefeld<br />

Lippe<br />

Wuppertal<br />

Gütersloh<br />

Bochum<br />

Ennepe-Ruhr<br />

Duisburg<br />

Steinfurt<br />

Düsseldorf<br />

Märkischer<br />

Dortm<strong>und</strong><br />

Unna<br />

Essen<br />

Wesel<br />

Köln<br />

RKNeuss<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

Rhein-Erft<br />

Mettmann<br />

Rhein-Sieg<br />

Recklinghausen


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Tabelle 7-1: Förderpunkte nach Einwohner <strong>und</strong> Fläche für ausgewählte Gemeinden<br />

Siedlungskategorie Beispiel Förderpunkte / EW ca.<br />

Sonderfall: Kreis, sehr dünn besiedelt Höxter 1,27<br />

Kreis, dünn besiedelt Paderborn, Kleve 1<br />

Kreis, durchschnittlich* bes. (Kreise) Oberbergischer Kreis 1,1<br />

durchschnittliche Förderung Kreise 1,2<br />

Kreis, durchschn. bes. (NRW) Viersen, Herford 1,25<br />

Kreis, städtisch geprägt Mettmann, Recklinghausen 1,35<br />

Kreisfreie <strong>Stadt</strong>, klein / Ballungsrand Remscheid, Bottrop 1,35<br />

durchschnittliche Förderung NRW 1,4<br />

Kreisfreie <strong>Stadt</strong>, größer <strong>und</strong> dichter Solingen, Leverkusen 1,4<br />

Kleineres Oberzentrum Gelsenkirchen 1,6<br />

durchschnittliche Förderung Kreisfreie Städte 1,7<br />

Mittleres Oberzentrum Bochum 1,8<br />

Metropole Köln 2<br />

*) Durchschnitt bezieht sich hier auf die Kreise; mittlere Dichte: ca. 320 EW/qkm<br />

Abbildung 7-4 Verteilungsschlüssel "A Einwohner <strong>und</strong> Fläche" relativ zum Landesdurchschnitt<br />

Mit abnehmender Einwohnerdichte vom Ballungsrand hin zu den ländlichen Kreisen nimmt auch<br />

die Förderung je Einwohner ab. Die Kreise Wesel, Aachen, Viersen <strong>und</strong> Märkischer Kreis profitieren<br />

beispielsweise gegenüber dem Münsterland <strong>und</strong> dem Siegerland durch ihre größeren Einwohnerdichten.<br />

Eine Ausnahme bilden der Kreis Höxter <strong>und</strong> der Hochsauerlandkreis, die über die<br />

Förderung für Kreise mit besonders geringer Dichte zusätzliche Förderpunkte je Einwohner erhalten.<br />

(Abbildung 7-4)<br />

Gegenüber der aktuellen Mittelverteilung verlieren mit Ausnahme von Duisburg die Großstädte<br />

mit U-Bahnsystemen Fördermittel. Hier ist besonders Bonn betroffen. Abgesehen von wenigen<br />

- 52 -


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Ausnahmen wie z. B. den Kreisen Wesel <strong>und</strong> Bergheim zeichnet sich für die kreisfreien Städte<br />

<strong>und</strong> Kreise im Ballungsraum Rhein-Ruhr eine Zunahme bzw. Konsolidierung der Mittel ab. Deutliche<br />

Verluste an Fördermitteln treffen besonders die topografisch bewegten ländlichen Kreise in<br />

der südlichen Hälfte von NRW. Lediglich der Hochsauerlandkreis kann spürbar mehr Fördermittel<br />

als in der Vergangenheit erwarten. Günstig schneidet im Vergleich zur bisherigen Mittelverteilung<br />

auch Ostwestfalen ab. (Abbildung 7-5)<br />

Abbildung 7-5 Verteilungsschlüssel "A Einwohner <strong>und</strong> Fläche":<br />

Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />

In Abbildung 7-6 sind die Wirkungen einer Mittelsteigerung um 20% dargestellt. Das Nord-Süd-<br />

Gefälle zwischen den Kreisen bleibt weitgehend erhalten, allerdings wird die Abnahme der Mittel<br />

durch den neuen Verteilungsschlüssel für die Kreise im Süden <strong>und</strong> die Großstädte kompensiert.<br />

Einige Großstädte wie Bochum <strong>und</strong> Aachen sowie Kreise am westlichen Ballungsrand (z.B. Wesel,<br />

Düren) müssen dennoch mit weniger Mitteln als in der Vergangenheit rechnen. Auffällig ist,<br />

dass neben dem Hochsauerlandkreis die Kreise zwischen Minden <strong>und</strong> Gütersloh bis zu 50%<br />

mehr Mittel als bisher erwarten könnten, obwohl sie einwohnerbezogen nicht mehr Mittel bekommen,<br />

als vergleichbare Kreise am Rand des Ruhgebiets.<br />

Im direkten Vergleich (Abbildung 7-7) bestätigt sich, dass dieser Verteilschlüssel eine durchaus<br />

beabsichtigte Verlagerung der Mittel von den dicht besiedelten Regionen des Rhein-Ruhr-Raums<br />

hin zu den ländlichen, flächengroßen Kreisen bewirkt. Insbesondere für die Kreise, die bezogen<br />

auf ihre Einwohner bisher die geringsten Landesmittel erhalten haben, erfolgt ein Ausgleich.<br />

Generell lässt dieser Verteilschlüssel über eine veränderte Gewichtung von Metropolenzuschlag,<br />

Einwohnerausgleich <strong>und</strong> Flächenerschließung noch Variationen des Verteilschlüssels zu. Dabei<br />

wäre zu diskutieren, ob beispielsweise eine stärkere Gewichtung des Metropolenzuschlags der<br />

Verteilungsgerechtigkeit nutzt, bzw. welche Ziele die Landesverkehrspolitik verfolgen sollte.<br />

- 53 -


Abbildung 7-6 Verteilungsschlüssel "A Einwohner <strong>und</strong> Fläche" +20 %:<br />

Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Abbildung 7-7 Vergleich des Verteilungsschlüssels "A Einwohner <strong>und</strong> Fläche" mit dem aktuellen Verteilungsschlüssel<br />

der ÖPNV-Landesmittel<br />

- 54 -


7.3 Verteilungsschlüssel „Ausgleich <strong>und</strong> Leistung“<br />

- 55 -<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Der öffentliche Personennahverkehr hat bei guter Auslastung gesamtgesellschaftliche Effizienz-<br />

<strong>und</strong> Kostenvorteile gegenüber dem Individualverkehr, verbraucht weniger Umweltressourcen <strong>und</strong><br />

dient der Versorgung von Bevölkerungsgruppen, denen individuelle motorisierte Mobilität nicht<br />

zur Verfügung steht. Angesichts zu erwartender Umweltveränderungen (Klimawandel, Energieverknappung)<br />

gewinnen die Umweltvorteile des öffentlichen Personennahverkehrs an Bedeutung.<br />

Wo öffentlicher Personennahverkehr nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, ist seine Förderung<br />

aus Steuermitteln daher aus Gründen der Daseinsvorsorge <strong>und</strong> der ökologischen Nachhaltigkeit<br />

notwendig <strong>und</strong> gerechtfertigt.<br />

Die Fördergründe Daseinsvorsorge <strong>und</strong> Nachhaltigkeit haben unterschiedliche Ziele: Daseinsvorsorge<br />

hat die Aufgabe, die Erfüllung von Mindeststandards der ÖV-Versorgung für alle Bevölkerungsgruppen<br />

zu sichern. Ökologische Nachhaltigkeit erfordert die Minimierung von Treibhausgasemissionen<br />

<strong>und</strong> Energieverbrauch. Die Ziele Daseinsvorsorge <strong>und</strong> ökologische Nachhaltigkeit<br />

führen deshalb zu unterschiedlichen Verteilungsschlüsseln der Fördermittel.<br />

Der Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" zielt auf eine rationale Lösung dieses Zielkonflikts<br />

ab. Er sichert einerseits eine ausreichende Minimalversorgung im Sinne der Daseinsvorsorge<br />

<strong>und</strong> belohnt andererseits Aufgabenträger, die eine gute Bedienungsqualität anbieten, weil damit<br />

die größten Wirkungen für die Nachhaltigkeit des Verkehrs erzielt werden.<br />

Methodisch wird ein nutzwertanalytischer Ansatz zur Ableitung des Verteilungsschlüssels aus der<br />

tatsächlich erzielten Bedienungsqualität verwendet:<br />

− Kreise mit unterdurchschnittlicher Bedienungsqualität erhalten eine Mindestförderung (Ausgleichsprinzip).<br />

− Kreise mit überdurchschnittlicher Bedienungsqualität erhalten eine Förderung für weitere Verbesserungen<br />

(Leistungsprinzip).<br />

Tabelle 7-2 zeigt die dabei verwendeten Indikatoren <strong>und</strong> ihre Gewichtung. Die ersten beiden Indikatoren,<br />

die Haltestellenabdeckung <strong>und</strong> die Anzahl Abfahrten je Haltestelle je Tag (siehe Kapitel<br />

3), beschreiben die örtliche Bedienungsqualität. Die überörtliche Bedienungsqualität wird durch<br />

die über alle Fahrten gemittelte Luftliniengeschwindigkeit im ÖV gemessen. Die Anzahl Nutzwagenkilometer<br />

je Einwohner je Jahr wird als Indikator für die ökologische Nachhaltigkeit verwendet;<br />

dabei wird davon ausgegangen, dass mehr angebotene ÖV-Fahrten mehr Pkw-Fahrer zum Umsteigen<br />

auf den Busse <strong>und</strong> Bahnen verleiten (siehe Kapitel 6).<br />

Tabelle 7-2. Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung": Indikatoren<br />

Indikator Gewicht<br />

A Örtliche Bedienungsqualität<br />

A1 Haltestellenabdeckung (%)<br />

A2 Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />

B Überörtliche Bedienungsqualität<br />

ÖV-Luftliniengeschwindigkeit (km/h)<br />

C Ökologische Nachhaltigkeit<br />

Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr<br />

16.7 %<br />

16.7 %<br />

33 %<br />

33 %<br />

33 %


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Abbildung 7-8 zeigt die verwendeten Wertfunktionen. Der waagerechte Teil der Wertfunktionen<br />

bezeichnet jeweils die in allen Kreisen mindestens zu gewährleistende Gr<strong>und</strong>versorgung. Aufgabenträger,<br />

die diese Gr<strong>und</strong>versorgung nicht erbringen können – etwa wegen geringer Siedlungsdichte<br />

des Kreises – werden soweit unterstützt, dass dies möglich wird.. Darüber hinausgehende<br />

Leistungen der Aufgabenträger werden – bis zu einem Niveau der Vollversorgung – mit einem<br />

leistungsabhängigen Zusatzbeitrag gefördert.<br />

A1 Haltestellenabdeckung A2 Abfahrten je Haltestelle<br />

B ÖV-Luftliniengeschwindigkeit C Nutzwagenkilometer<br />

Abbildung 7-8 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung": Wertfunktionen<br />

Die Karten in den Abbildungen 7-9 <strong>und</strong> 7-10 zeigen die Ausprägungen der vier Teilindikatoren in<br />

den 54 Kreisen Nordrhein-Westfalens. Man sieht, dass die beiden Teilindikatoren der örtlichen<br />

Bedienungsqualität, die Haltestellenabdeckung <strong>und</strong> –bedienung, vor allem in den <strong>Stadt</strong>regionen<br />

eine hohe Ausprägung haben, während fast alle ländlichen Kreise unterversorgt sind. Der <strong>Stadt</strong>-<br />

Land-Gegensatz bei der Luftliniengeschwindigkeit ist noch stärker, obwohl einige ländliche Kreise<br />

von ihrer Nähe zu großen Schienenachsen profitieren. Die Verteilung der Nutzwagenkilometer je<br />

Einwohner <strong>und</strong> Jahr ist ausgeglichener, was auf den erhöhten Fahrtenaufwand des öffentlichen<br />

Verkehrs im ländlichen Raum hinweist.<br />

Abbildung 7-11 zeigt das Ergebnis des Verteilungsschlüssels "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" für die 54<br />

Kreise NRWs. Nur wenige ländlich geprägte Kreise weisen in allen Teilindikatoren so niedrige<br />

Werte auf, dass sie ausschließlich über das Ausgleichsprinzip gefördert werden. Diese, in der<br />

Karte rot dargestellten Landkreise liegen insbesondere im Münsterland, im Sauer- <strong>und</strong> Siegerland<br />

<strong>und</strong> bei Aachen. Viele andere ländlich geprägte Kreise sowie die meisten Kreise in den Randlagen<br />

der Ballungsräume erhalten zusätzlich auch leistungsbezogene Förderung. Diese ist am<br />

höchsten in den Kernstädten der Ballungsräume.<br />

- 56 -


A1 Haltestellenabdeckung<br />

- 57 -<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

A2 Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />

Abbildung 7-9 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung": Ausprägung der Teilindikatoren A1<br />

(Haltestellenabdeckung) <strong>und</strong> A2 (Fahrten je Haltestelle je Einwohner je Tag)<br />

B ÖV-Luftliniengeschwindigkeit C Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr<br />

Abbildung 7-10 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung": Ausprägung der Teilindikatoren B<br />

(ÖV-Luftliniengeschwindigkeit) <strong>und</strong> C (Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr)


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Abbildung 7-11 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung". Ausprägung des Gesamtindikators.<br />

Die Verteilung der Fördermittel auf die Kreise berechnet sich wie folgt. Die Bedienungsqualität Qi<br />

in Kreis i ist nach dem nutzwertanalytischen Ansatz:<br />

Qi i i<br />

= α A + β B + γ C<br />

(7.5)<br />

Dabei sind Ai, Bi <strong>und</strong> Ci die Teilnutzen der drei Teilindikatoren A, B <strong>und</strong> C, <strong>und</strong> α, β <strong>und</strong> γ sind<br />

Gewichte, die hier zunächst mit einheitlich einem Drittel angenommen wurden. Die Fördermittel Fi<br />

für den Kreis i in Euro sind dann<br />

F<br />

Qi<br />

Pi<br />

= F<br />

(7.6)<br />

Q P<br />

i<br />

∑<br />

i<br />

i<br />

i<br />

wobei Pi die Bevölkerung im Kreis i <strong>und</strong> F die Fördermittel des Landes für den ÖV insgesamt<br />

sind.<br />

Abbildung 7-12 zeigt das Ergebnis des Verteilungsschlüssels "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" für die 54<br />

Kreise des Landes Nordrhein-Westfalens relativ zum Landesdurchschnitt je Einwohner. Man<br />

sieht, dass aufgr<strong>und</strong> des Leistungsanteils die bevorzugte Förderung der Städte weiterhin richtig<br />

ist, dass jedoch kein Landkreis weniger als 83 Prozent des Landesmittels je Einwohner erhält.<br />

- 58 -


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Abbildung 7-12 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" relativ zum Landesmittel<br />

Abbildung 7-13 zeigt die Veränderungen der Förderung je Einwohner der Kreise gegenüber dem<br />

gegenwärtigen Verteilungsschlüssel in Prozent. Man sieht, dass vor allem die ländlichen Kreise<br />

im Norden des Landes besser versorgt würden, während die <strong>Stadt</strong>regionen geringfügige Abstriche<br />

in Kauf nehmen würden. Abbildung 7-14 zeigt, wie sich die Situation ändern würde, wenn die<br />

Gesamtfördersumme um 20 Prozent erhöht würde. Nun können bis auf wenige Ausnahmen alle<br />

Kreise Gewinne verzeichnen.<br />

Abbildung 7-15 zeigt, dass der Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" aufgr<strong>und</strong> der Betonung<br />

des Ausgleichsprinzips durch die hoch angesetzten Mindeststandards in den Wertfunktionen<br />

(Abbildung 7-8) zu einer Umverteilung der ÖV-Mittel des Landes zugunsten der ländlichen<br />

Kreise auf Kosten der kreisfreien Städte <strong>und</strong> Kreise in den Verdichtungsräumen führt.<br />

Darüber hinaus zeigt der Verteilungsschlüssel einige signifikante Abweichungen einzelner Kreise<br />

gegenüber dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel. So erhalten die Oberzentren Münster, Hagen,<br />

Herne <strong>und</strong> Oberhausen deutlich mehr ÖV-Landesmittel als gegenwärtig, während der Kreis<br />

Wesel, aber auch Großstädte wie Düsseldorf, Köln, Bochum <strong>und</strong> Dortm<strong>und</strong> deutlich weniger erhalten.<br />

Bei einigen Abweichungen, insbesondere im Falle Oberhausen, dürfte die Ursache hierfür<br />

in Datenfehlern liegen. In anderen Fällen scheinen die Angaben des gegenwärtigen Verteilungsschlüssels<br />

diskussionswürdig. In diesen Fällen wäre eine mehr ins Einzelne gehende Untersuchung<br />

angebracht.<br />

Abschließend ist zu beachten, dass die hier beispielhaft vorgestellte Implementierung des nutzwertanalytischen<br />

Ansatzes zur Generierung eines Verteilungsschlüssels nur eine mögliche Ausprägung<br />

unter vielen ist. Gerade an dieser Stelle der normativen Festlegung des Verhältnisses<br />

von Ausgleich <strong>und</strong> Leistung sind politische Entscheidungen über Ziele <strong>und</strong> ÖV-Mindeststandards<br />

gefragt, die sich dann in der Methodik dieses Verteilungsschlüssels, insbesondere in der Festlegung<br />

der Wertfunktionen, umsetzen lassen.<br />

- 59 -


Abbildung 7-13 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung":<br />

Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />

Abbildung 7-14 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" +20%:<br />

Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />

- 60 -<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Abbildung 7-15 Vergleich des Verteilungsschlüssels "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" mit dem aktuellen Verteilungsschlüssel<br />

der Landesmittel<br />

Unter methodischen Gesichtspunkten bleibt weiterhin festzustellen, dass sich der vorgestellte<br />

nutzwertanalytische Ansatz zur Generierung von Verteilungsschlüsseln für die ÖV-Mittel des<br />

Landes nur mäßige Datenanforderungen hat <strong>und</strong> keine Modellierungsschritte erforderlich sind.<br />

Die Daten zur Haltestellenabdeckung, zur Häufigkeit der Haltestellenbedienung <strong>und</strong> die Nutzwagenkilometer<br />

können routinemäßig von den Aufgabenträgern des öffentlichen Personennahverkehrs<br />

bereit gestellt werden, die Daten der Pendlerverflechtungen werden regelmäßig vom Landesamt<br />

für Datenverarbeitung <strong>und</strong> Statistik herausgegeben, die ÖV-Reisezeiten lassen sich<br />

durch entsprechende Verfahren aus den digitalen Fahrplänen der Verkehrsverbünde ermitteln.<br />

- 61 -


7.4 Verteilungsschlüssel C „Angemessene Bedienung“<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Gr<strong>und</strong>lage des Verteilschlüssels ist das Leitbild eines angemessenen ÖV in NRW.<br />

Der interurbane Verkehr beinhaltet den Erhalt <strong>und</strong> Ausbau eines interurbanen Gr<strong>und</strong>netzes, das<br />

sich auf den bedeutenden <strong>und</strong> nachfragestarken Relationen durch leistungsfähige, schnelle,<br />

schienengeb<strong>und</strong>ene Verkehre auszeichnet. Darüber hinaus ist die Identifikation von relevanten<br />

Verkehrsströmen Voraussetzung für die Förderung des schienengeb<strong>und</strong>enen ÖV <strong>und</strong> den Betrieb<br />

auf bestehenden Netzteilen. Nachfragestarke Relationen, die bisher nicht über die Schiene<br />

versorgt werden, sind durch gebündelte, schnelle, städteverbindende Regionalverkehre im Linienbandbetrieb<br />

mit Regionalbussen zu bedienen. Kleinere Siedlungseinheiten, die sich im Einzugsbereich<br />

dieser Linienbänder befinden, sollten auf diesem Wege ebenfalls versorgt werden.<br />

Einwohnerschwache ländliche Siedlungseinheiten ohne ausreichende Gr<strong>und</strong>auslastung für <strong>Stadt</strong>-<br />

<strong>und</strong> Linienverkehre, die nicht an Linienbändern liegen, sind über eine differenzierte Bedienung<br />

(Bedarfsverkehre) zu erschließen.<br />

Die urbane Bedienungsqualität (<strong>Stadt</strong>-/U-Bahn, Bus) orientiert sich an der Einwohnerdichte der<br />

jeweiligen <strong>Stadt</strong>teile. Voraussetzung für die Verbesserung der Anschlüsse, sowohl auf der Straße<br />

als auch auf der Schiene, ist ein einheitlicher Gr<strong>und</strong>takt von 7,5- <strong>und</strong> 15-Minuten in zentralen Bereichen,<br />

30-Minutentakt in der Peripherie bzw. 60-Minutentakt im Standard-Regionalverkehr.<br />

Die Ableitung des Vorschlags zu einer „angemessenen Bedienung“ (Wertgerüst) aus Literatur,<br />

geübter Praxis, Fachwissen <strong>und</strong> die Akzeptanz eines derartigen Leitbildes ist letztendlich eine politische<br />

Entscheidung.<br />

Ebene<br />

Bezug<br />

Mengengerüst<br />

Wertgerüst<br />

Fernverkehr<br />

Ergebnisgröße/<br />

Verteilungsschlüssel<br />

Interurbaner<br />

(Regional-) Verkehr<br />

Linienbänder<br />

Pendlerbeziehungen<br />

ÖV - Produktkategorien<br />

Fahrgastpotential<br />

Abbildung 7-16 Strukturkomponenten einer angemessenen Bedienung<br />

Verfahren - Urbaner Verkehr<br />

Urbaner<br />

(<strong>Stadt</strong>-) Verkehr<br />

Siedlungsflächen<br />

Einwohner (-dichten)<br />

ÖV - Bedienungskategorien<br />

Bedienungsaufwand<br />

Für die Identifikation der Einwohnerdichten im urbanen Verkehr bilden die ATKIS-Daten die<br />

Gr<strong>und</strong>lage. Neben der Lage der Wohnstandorte ist die Einwohnerdichte in den Siedlungsteilen für<br />

die Zuordnung eines angemessenen ÖV-Angebots entscheidend. Zurzeit laufen Forschungsprojekte<br />

(Meinel, 2006-2008), deren Ziel es ist, auf Luftbildern Bebauungstypen z. B. Einfamilienhausgebiete,<br />

Blockrandbebauung usw. zu identifizieren, die Rückschlüsse auf Einwohnerdichten<br />

erlauben, so dass flächendeckend einheitliche Datengr<strong>und</strong>lagen entstehen. Bis diese Ergebnisse<br />

verfügbar sind, wurde ein vereinfachtes Verfahren entwickelt, das die Einwohner einer Gemeinde<br />

in Abhängigkeit von der Flächengröße auf die Wohnbauflächen der Gemeinden verteilt. Großen<br />

- 62 -


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

innerstädtischen Flächen wird so eine höhere Einwohnerdichte zugeordnet, als kleinen peripheren<br />

Wohnstandorten.<br />

Je nach Einwohnerdichteklasse erfolgt dann die Zuordnung von Betriebstypen (z.B. Standardlinienbus,<br />

Bedarfsverkehr), Taktdichten <strong>und</strong> Bediendauern im Sinne einer angemessenen Bedienung<br />

(Abbildung 7-17+18).<br />

Um die Zahl der benötigten Nutzwagenkilometer zu bestimmen, bedarf es außerdem einer Abschätzung<br />

der Liniennetzlängen. Das Verfahren stützt sich hierbei auf eine virtuelle Liniennetzlänge,<br />

die sich aus den Flächengrößen mit den unterschiedlichen Einwohnerdichten <strong>und</strong> den Abständen<br />

zwischen den einzelnen Flächen einer Gemeinde ableitet. Dabei wird ein Haltestellenradius<br />

von 300 m zugr<strong>und</strong>e gelegt. Im Straßen- <strong>und</strong> U-Bahnverkehr ist das bestehende Schienennetz<br />

die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage.<br />

Durch die Differenzierung nach Einwohnerdichteklassen kann eine <strong>Stadt</strong>-/ Landunterscheidung<br />

unterbleiben. <strong>Stadt</strong>busverkehr wird überall da angeboten, wo Einwohnerpotenziale eine vertretbare<br />

Gr<strong>und</strong>auslastung erwarten lassen. Einwohnerschwache Bereiche werden über flexible Bedienformen<br />

angeb<strong>und</strong>en (Ausnahme: Siedlungen am Linienband werden mit Regionalbussen<br />

erschlossen).<br />

Abbildung 7-17 Beispiel: Einwohnerdichtekategorien (schematisch) <strong>und</strong> urbanes Liniennetz<br />

7,5<br />

15<br />

30<br />

60<br />

Gebietstyp<br />

Takt min<br />

Wo<br />

Sa/So<br />

Wo<br />

Sa/So<br />

Wo<br />

Sa/So<br />

Wo<br />

Sa/So<br />

Einfamilienhausgebiete<br />

>40 EW/ha<br />

Bus<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

14<br />

-<br />

18<br />

18<br />

U/Stra<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

18<br />

18<br />

18<br />

18<br />

- 63 -<br />

Mehrfamilienhausgebiete<br />

>100 EW/ha<br />

Bus<br />

-<br />

-<br />

14<br />

-<br />

18<br />

10<br />

18<br />

18<br />

U/Stra<br />

-<br />

-<br />

18<br />

-<br />

18<br />

18<br />

18<br />

18<br />

Zentrum<br />

> 200EW/ha<br />

Bus<br />

14<br />

-<br />

14<br />

10<br />

18<br />

14<br />

18<br />

18<br />

U/Stra<br />

Abbildung 7-18 urbaner ÖV: Betriebsdauer (in St<strong>und</strong>en) <strong>und</strong> Bedientakt in Abhängigkeit von der Einwohnerdichte<br />

18<br />

-<br />

18<br />

18<br />

18<br />

18<br />

18<br />

18


Verfahren - Interurbaner Verkehr<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Basis für die Bestimmung des interurbanen Verkehrs sind die Pendlerströme, die in der Regel<br />

über die reale Nachfrage in den Spitzenst<strong>und</strong>en bemessungsbestimmend für eine ÖV-<br />

Verbindung sind. Liegen zwischen Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsort eines Pendlerstroms weitere Gemeinden,<br />

so sind direkte Pendlerströme <strong>und</strong> Transferströme zusammenzufassen. Mit dem Dijkstra-<br />

Algorithmus wird deshalb für jede Pendlerbeziehung ein Routing auf möglichst kurzen Wegen errechnet.<br />

Das Ergebnis ist ein ÖV-Gr<strong>und</strong>netz für NRW, für das die Größe der Verkehrsnachfrage<br />

durch Berufspendler bekannt ist (Abbildung 7-19). Beim Routing sind qualifizierte Schienenverbindungen<br />

bevorzugt zu berücksichtigen, um Parallelverkehre mit dem Bus <strong>und</strong> damit eine „Kanibalisierung“<br />

des Bestands zu vermeiden. Auf dieser Basis können nun die bestehenden Produktgruppen<br />

Regionalexpress, S-Bahn, Regionalbahn, Regionalschnellbus <strong>und</strong> Regionalbus mit ihren<br />

definierten Takten <strong>und</strong> Bediendauern dem Gr<strong>und</strong>netz zugeordnet werden. Da die Basis für das<br />

Routing die Luftlinienentfernungen sind, ist für die Bestimmung von Nutzwagenkilometern über<br />

einen Umwegfaktor eine Umrechnung erforderlich. Alternativ steht über das Straßennetz die tatsächliche<br />

Wegelänge zwischen benachbarten Gemeinden zur Verfügung.<br />

Abbildung 7-19 Beispiel: Gr<strong>und</strong>netz auf Basis der Berufspendler<br />

Takt Min<br />

15<br />

30<br />

60<br />

Produkt<br />

Wo<br />

Sa/So<br />

Wo<br />

Sa/So<br />

Wo<br />

Sa/So<br />

Qualitätsstufe A<br />

>P1<br />

Pendler<br />

14<br />

-<br />

18<br />

14<br />

20<br />

24<br />

>P2<br />

Pendler<br />

-<br />

-<br />

18<br />

14<br />

20<br />

22<br />

Qualitätsstufe B<br />

>P3<br />

Pendler<br />

-<br />

-<br />

18<br />

14<br />

20<br />

2<br />

>P4<br />

Pendler<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

18<br />

20<br />

Qualitätsstufe C<br />

>P5<br />

Pendler<br />

-<br />

-<br />

16<br />

14<br />

16<br />

18<br />

>P6<br />

Pendler<br />

Abbildung 7-20 interurbaner Verkehr: Betriebsdauer <strong>und</strong> Taktdichte in Abhängigkeit vom Pendlerstrom<br />

- 64 -<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

16<br />

14


Ableitung des Verteilschlüssels<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Aus Liniennetzlänge, Taktdichte <strong>und</strong> Betriebsdauer für die einzelnen Produktgruppen (i), lassen<br />

sich die jeweiligen erforderlichen Nutzwagenkilometer(xij), eines Aufgabenträgers (j) ermitteln.<br />

Ordnet man diesen die mittleren Kosten (bij) zu, so erhält man einen Kennwert für den Kostenaufwand.<br />

3<br />

∑b<br />

1ji<br />

1ji<br />

j = 1<br />

α = a ⋅ i 1<br />

(7.7)<br />

1<br />

n 3<br />

∑∑b<br />

k= 1 j=<br />

1<br />

2<br />

∑b<br />

x<br />

1jk<br />

∑∑b<br />

k= 1 j=<br />

1<br />

x<br />

x<br />

1jk<br />

2 ji 2 ji<br />

j = 1<br />

α = a ⋅ i 2<br />

(7.8)<br />

2<br />

n 2<br />

2 jk<br />

x<br />

2 jk<br />

Urbaner <strong>und</strong> interurbaner Verkehr können darüber hinaus noch unterschiedlich gewichtet werden<br />

(ai). Der Verteilschlüssel (α) für jeden Aufgabenträger entspricht dem Anteil, den der eigene Kostenaufwand<br />

am Gesamtaufwand für den ÖV in NRW hat.<br />

Gesamtaufwand<br />

a 1<br />

a 2<br />

Verbindungstyp<br />

Urbaner<br />

Verkehr<br />

α 1i<br />

Inter<br />

urbaner<br />

verkehr<br />

α 2i<br />

b 11<br />

b 13<br />

b 22<br />

Indikator (virtuelle Netzlänge)<br />

X 11<br />

x 13<br />

x 22<br />

<strong>Stadt</strong>-/ Straßenbahn<br />

<strong>Stadt</strong>bus<br />

Flex. Bedienung<br />

Bahn<br />

Bus<br />

Abbildung 7-21 Berechnungsgr<strong>und</strong>lage des Verteilschlüssels<br />

Straßenbahn 15 Min<br />

U Bahn 15 Min<br />

<strong>Stadt</strong>netz 7,5 Min<br />

<strong>Stadt</strong>netz 15 Min<br />

<strong>Stadt</strong>netz 30 Min<br />

Regionalbus 15 Min<br />

Regionalbus (verstädt.) 30 Min<br />

Regionalbus (ländl.) 30 Min<br />

Regionalbus 60 Min<br />

Landesmittel ist<br />

Abbildung 7-22 Relativer Aufwand nach Bedientyp <strong>und</strong> Gemeinde<br />

b 12<br />

b 21<br />

X 12<br />

x 21<br />

- 65 -<br />

Faktor (Nachfrage)<br />

EW-Dichte<br />

Pendler


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Der Vergleich (Abbildung 7-22) zeigt, dass sich der Aufwand in den ländlichen Kreisen von NRW<br />

vorwiegend aus interurbanem Verkehr zusammensetzt, während in den größeren Städten der urbane<br />

Verkehr dominiert. Den größten ÖV-Bedarf verzeichnet Köln, gefolgt von Düsseldorf <strong>und</strong><br />

Dortm<strong>und</strong>, wobei der Straßen- <strong>und</strong> U-Bahnverkehr hier einen hohen Anteil hat. Hier noch nicht<br />

berücksichtigt ist der Kostenanteil der für angemessene Bedienformen bereitgestellt werden sollte<br />

<strong>und</strong> für dessen Abschätzung noch kein gesichertes Verfahren existiert.<br />

Im einwohnerbezogenen Landesvergleich liegen Mülheim <strong>und</strong> Bonn an der Spitze, auf Gr<strong>und</strong> eines<br />

relativ hohen U-Bahn-Anteils je Einwohner.<br />

Die prägenden Ruhrgebietsstädte mit Straßen- oder U-Bahn erhalten vergleichbare Mittelzuweisungen<br />

je Einwohner. Am wenigsten Mittel je Einwohner dürfen die kreisfreien Städte ohne U-/<br />

Straßenbahn erwarten. Hier wirkt sich bezogen auf den Einwohner, das relativ kleine Regionalverkehrsnetz<br />

aus.<br />

Bei den Kreisen finden sich deutliche Unterschiede. Gegenüber den ländlichen Kreisen in den<br />

Randlagen von NRW, dürfen die Kreise mit Verdichtungsräumen <strong>und</strong> größeren Städten wie die<br />

Kreise Siegen, Bergheim, Warendorf <strong>und</strong> Gütersloh mehr Mittel je Einwohner erwarten.<br />

Abbildung 7-23 Verteilungsschlüssel C Angemessene Bedienung relativ zum Landesdurchschnitt<br />

Wird dieser Verteilschlüssel mit dem Ist-Verteilschlüssel verglichen, zeigt sich ein sehr heterogenes<br />

Ergebnis (Abbildung 7-24). Kreise am Ballungsrand müssen mit weniger, ländliche Kreise mit<br />

mehr Mitteln rechnen. Kleinere Städte im Rhein-Ruhrraum erhalten zu lasten der größeren Städte,<br />

wie Köln, Bochum <strong>und</strong> Dortm<strong>und</strong> mehr Mittel. Allerdings sind dies auch die Städte die (vgl.<br />

Abbildung 7-26) bisher die meisten Mittel je Einwohner bekommen. Abgesehen von Aachen wirkt<br />

sich dieser Verteilschlüssel auch günstig auf monozentrale Städte wie Münster <strong>und</strong> Bonn aus.<br />

Eine zwanzigprozentige Zunahme der Mittel begünstigt den Großteil der Kreise, kann allerdings<br />

nicht alle Mittelkürzungen durch den neuen Verteilschlüssel kompensieren (Abbildung 7-25) Insbesondere<br />

die Städte Aachen, Mönchengladbach <strong>und</strong> Solingen sind hiervon betroffen.<br />

- 66 -


Abbildung 7-24 Verteilungsschlüssel C Angemessene Bedienung:<br />

Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />

Abbildung 7-25 Verteilungsschlüssel C Angemessene Bedienung +20 %:<br />

Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />

- 67 -<br />

Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel


Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />

Auch dieser Verteilschlüssel bewirkt eine Umlagerung der Mittel (Abbildung 7-26). Aufgabenträger,<br />

die bisher wenig Mittel je Einwohner erhalten haben, bekommen nun tendenziell mehr. Bei<br />

denen, die bisher relativ viel Mittel je Einwohner erwarten durften sind es eher weniger. Allerdings<br />

schwanken die Mittel je Einwohner zum Teil sehr stark. Dies lässt sich über eine Parametervariation<br />

des Verteilschlüssels auch nur wenig steuern. Hier sind weitere Untersuchungen erforderlich,<br />

zum Beispiel zur unterschiedlichen Gewichtung von urbanem <strong>und</strong> interurbanem Verkehr oder zu<br />

flexiblen Bedienformen. Auch übereine Variation der Kostensätze für den Nutzwagenkilometer ist<br />

eine Änderung der Verteilung denkbar.<br />

Abbildung 7-26 Vergleich des Verteilungsschlüssels C Angemessene Bedienung mit dem aktuellen<br />

Verteilungsschlüssel der ÖPNV-Landesmittel<br />

- 68 -


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

8 Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

In einem weiteren Untersuchungsteil wurden die Auswirkungen der drei Verteilungsschlüssel auf<br />

Erreichbarkeit, Mobilitätsverhalten <strong>und</strong> Umwelt im östlichen Ruhrgebiet untersucht. Hierzu wurde<br />

das am Institut für Raumplanung der Universität Dortm<strong>und</strong> entwickelte Simulationsmodell von<br />

Flächennutzung, Verkehr <strong>und</strong> Umwelt im östlichen Ruhrgebiet verwendet.<br />

8.1 Das Modell des östlichen Ruhrgebiets<br />

Das Modell des östlichen Ruhrgebiets ist ein Simulationsmodell intraregionaler Standortwahl- <strong>und</strong><br />

Mobilitätsentscheidungen in einer <strong>Stadt</strong>region (<strong>Wegener</strong>, 1998). Das Modell wurde u.a. in den<br />

EU-Projekten PROPOLIS (Planning and Research of Policies for Land Use and Transport for Increasing<br />

Urban Sustainability) <strong>und</strong> STEPs (Scenarios for the Transport System and Energy Supply<br />

and their Potential Effects) sowie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Landes- <strong>und</strong> <strong>Stadt</strong>entwicklungsforschung<br />

<strong>und</strong> Bauwesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW) im Rahmen des<br />

im Auftrag des Ministeriums für Verkehr, Energie <strong>und</strong> Landesplanung des Landes Nordrhein-<br />

Westfalen (MVEL) durchgeführte Forschungsprojekt "Untersuchung zentraler Rahmenbedingungen,<br />

Instrumente <strong>und</strong> Zielkriterien der Landesverkehrsplanung Nordrhein-Westfalen" zur Abschätzung<br />

der langfristigen Auswirkungen von Maßnahmenszenarien <strong>und</strong> deren Bewertung unter<br />

Nachhaltigkeitskriterien angewendet (Lautso u.a., 2004; Fiorello u.a., 2006; <strong>Spiekermann</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Wegener</strong>, 2004; 2005).<br />

Untersuchungsgebiet des Modells ist das östliche Ruhrgebiet mit der <strong>Stadt</strong> Dortm<strong>und</strong> im Zentrum.<br />

Dortm<strong>und</strong> (ca. 590.000 Einwohner) ist die östlichste der großen Städte des Ruhrgebiets. Die<br />

<strong>Stadt</strong> war früher ein bedeutendes Zentrum des Bergbaus <strong>und</strong> der Stahlerzeugung. Seit dem Niedergang<br />

von Kohle <strong>und</strong> Stahl ist Dortm<strong>und</strong> heute das Verwaltungs-, Dienstleistungs- <strong>und</strong> Einkaufszentrum<br />

für eine große Einzugsregion mit teilweise suburbanem <strong>und</strong> ländlichem Charakter.<br />

Die Untersuchungsregion ist der Pendlereinzugsbereich Dortm<strong>und</strong>s mit Dortm<strong>und</strong> selbst <strong>und</strong> 25<br />

Umlandgemeinden. Die <strong>Stadt</strong>region ist ziemlich kompakt; die meisten ihrer Siedlungsbereiche<br />

liegen weniger als dreißig Minuten mit dem Auto von der Innenstadt Dortm<strong>und</strong>s entfernt. Die Gesamtregion<br />

hat ungefähr 2,6 Millionen Einwohner. Für die Anwendung des Modells wurde die<br />

<strong>Stadt</strong>region in 246 Zonen unterteilt.<br />

Abbildung 8-1 zeigt das Untersuchungsgebiet des Modells mit den im Modell berücksichtigten Linien<br />

des öffentlichen Personennahverkehrs. Außerdem (nicht gezeigt) enthält die Netzdatenbasis<br />

des Modells die wichtigsten Straßenverbindungen einschließlich Fußweg- <strong>und</strong> Radfahrverbindungen.<br />

Die Netzdatenbasis des Modells enthält alle Netzänderungen der Vergangenheit seit<br />

1970 <strong>und</strong> einige wenige voraussehbare zukünftige Änderungen bis 2030. Abbildung 8-2 zeigt die<br />

externen Zonen, d.h. die Quellen <strong>und</strong> Ziele von die Grenzen des Untersuchungsgebiets überschreitenden<br />

Wegen.<br />

Das Modell des östlichen Ruhrgebiets prognostiziert für jede Simulationsperiode intraregionale<br />

Standortentscheidungen von Unternehmen, Wohnungsbauinvestoren <strong>und</strong> Haushalten, die aus<br />

ihnen resultierenden Wanderungen <strong>und</strong> Verkehrsströme <strong>und</strong> Umweltauswirkungen des Verkehrs,<br />

die Entwicklung der Bautätigkeit <strong>und</strong> Flächennutzung <strong>und</strong> die Wirkung öffentlicher Planungseingriffe<br />

in den Bereichen Wirtschaftsförderung, Wohnen, Infrastruktur <strong>und</strong> Verkehr.<br />

Abbildung 8-3 ist eine schematische Darstellung der wichtigsten im Modell abgebildeten Teilsysteme<br />

<strong>und</strong> Wechselwirkungen zwischen ihnen <strong>und</strong> den wichtigsten Planungsmaßnahmen, deren<br />

Wirkung mit dem Modell untersucht werden kann.<br />

- 69 -


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Abbildung 8-1: Das Untersuchungsgebiet des Modells des östlichen Ruhrgebiets<br />

Abbildung 8-2: Interne <strong>und</strong> externe Zonen des Modells des östlichen Ruhrgebiets<br />

- 70 -


Abbildung 8-3: Das Modell des östlichen Ruhrgebiets<br />

Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Die vier Quadrate in den Ecken des Diagramms zeigen die hauptsächlichen Bestandsgrößen des<br />

Modells: Bevölkerung, Arbeitsplätze, Wohnungen <strong>und</strong> Nichtwohngebäude (Industrie-, Gewerbegebäude<br />

<strong>und</strong> öffentliche Einrichtungen). Die Akteure, die diesen Bestandsgrößen entsprechen,<br />

sind Individuen, Haushalte, Beschäftigte, Unternehmen <strong>und</strong> Bauinvestoren. Diese Akteure interagieren<br />

auf fünf Teilmärkten der <strong>Stadt</strong>entwicklung. Die fünf Teilmärkte <strong>und</strong> die auf ihnen ablaufenden<br />

Transaktionen sind:<br />

− der Arbeitsmarkt: Einstellungen <strong>und</strong> Entlassungen,<br />

− der Markt für Nichtwohngebäude: Betriebsansiedlungen, -verlagerungen <strong>und</strong> -schließungen,<br />

− der Wohnungsmarkt: Zuwanderung, Abwanderung, Einzüge <strong>und</strong> Umzüge,<br />

− der Bau- <strong>und</strong> Bodenmarkt: Neubau, Modernisierung <strong>und</strong> Abriss,<br />

− der Verkehrsmarkt: Ortsveränderungen <strong>und</strong> ihre Folgen Erreichbarkeit, Staus, Unfälle, Lärm<br />

<strong>und</strong> Energieverbrauch.<br />

Für jeden Teilmarkt zeigt das Diagramm Angebot <strong>und</strong> Nachfrage <strong>und</strong> die sich daraus ergebenden<br />

Markttransaktionen. Das Angebot in den Teilmärkten ist eine Funktion der Nachfrage; die Nachfrage<br />

in der Gesamtregion eine Funktion exogener Vorgaben. Die Nachfrage in den Teilräumen<br />

der <strong>Stadt</strong>region ist eine Funktion der Gesamtnachfrage; ihre räumliche Verteilung wird durch das<br />

Angebot an Arbeitsplätzen, Gebäuden <strong>und</strong> Flächen in den Teilräumen <strong>und</strong> dessen Attraktivität<br />

bestimmt. Die Attraktivität des Angebots ist allgemein eine benutzergruppenspezifische Funktion<br />

- 71 -


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

von Lage (Erreichbarkeit), Qualität <strong>und</strong> Preis. Die großen Pfeile in der Abbildung bezeichnen exogene<br />

Vorgaben: entweder Prognosen der Wirtschafts- <strong>und</strong> Bevölkerungsentwicklung der Gesamtregion<br />

auf der Gr<strong>und</strong>lage langfristiger ökonomischer <strong>und</strong> demographischer Trends oder Politikmaßnahmen<br />

in den Bereichen Wirtschaftsförderung, Wohnungsbau, öffentliche Einrichtungen<br />

<strong>und</strong> Verkehr. Im Teilmodell Verkehr werden Berufs-, Einkaufs-, Dienstleistungs- <strong>und</strong> Ausbildungswege<br />

für vier sozioökonomische Gruppen <strong>und</strong> drei Verkehrsarten (Fahrrad/Fuß, ÖV, Pkw)<br />

berechnet. Das Modell ermittelt eine Lösung, bei der Pkw-Besitz, Wegezahl, Ziel-, Verkehrsmittel-<br />

<strong>und</strong> Routenwahl sowie Stauzeiten im Verkehrsnetz im Gleichgewicht sind.<br />

8.2 Verteilungsschlüssel<br />

Tabelle 8-1 zeigt die gegenwärtige Verteilung der Landesmittel für den öffentlichen Personennahverkehr<br />

auf die Aufgabenträger, d.h. die 54 Kreise in Nordrhein-Westfalen sowie die drei untersuchten<br />

alternativen Verteilungsschlüssel (siehe Kapitel 7):<br />

− Einwohner <strong>und</strong> Fläche: Gr<strong>und</strong>förderung proportional zur Kreisfläche. Zusatzförderung für städtisch-geprägte<br />

Gebietsteile mit höherer Siedlungsdichte sowie für die größeren kreisfreien Städte<br />

<strong>und</strong> Ballungskerne mit mehr als 200.000 EW, die besondere Anforderungen aus oberzentralen,<br />

regional „ausstrahlenden“ Funktionen zu erfüllen haben sowie für Kreise besonders geringer Besiedelungsdichte.<br />

− Ausgleich <strong>und</strong> Leistung: Ableitung des Schlüssels für die Verteilung der Fördermittel aus der<br />

tatsächlich erzielten Bedienungsqualität: Kreise mit überdurchschnittlicher Bedienungsqualität erhalten<br />

eine Förderung für weitere Verbesserungen (Leistungsprinzip). Kreise mit unterdurchschnittlicher<br />

Bedienungsqualität erhalten eine Mindestförderung (Ausgleichsprinzip).<br />

− Angemessene Bedienung: Definition einer angemessenen Bedienung (definiert als Betriebsdauer<br />

<strong>und</strong> Taktdichte) für Einwohnerdichteklassen. Ermittlung des potentiellen aufgabenträgerspezifischen<br />

Bedienungsaufwandes in virtuellen Nutzwagenkilometern. Förderung einwohnerschwacher<br />

Bereiche über flexible Bedienformen. Ableitung der interurbanen Bedienungsqualität<br />

aus tatsächlichen Pendlerströmen auf Linienbändern.<br />

Die Werte in der Tabelle sind Förderbeträge je Einwohner relativ zu einem landesweiten mittleren<br />

Förderbetrag je Einwohner von 1,0. Werte über 1,0 bedeuten demnach eine überdurchschnittliche,<br />

Werte unter 1,0 eine unterdurchschnittliche Förderung je Einwohner.<br />

Im folgenden werden vier mögliche Szenarien untersucht, in denen unterstellt wird dass die Gesamtfördersumme<br />

gleich bleibt:<br />

− Referenzszenario (Szenario 00): Beibehaltung des gegenwärtigen Verteilungsschlüssels<br />

− Szenario A1: Verwendung des Verteilungsschlüssels "Einwohner <strong>und</strong> Fläche"<br />

− Szenario B1: Verwendung des Verteilungsschlüssels "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung"<br />

− Szenario C1: Verwendung des Verteilungsschlüssels "Angemessene Bedienung"<br />

Außerdem werden drei zusätzliche Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2 untersucht, in denen angenommen<br />

wird, dass die Fördersumme insgesamt um 20 Prozent erhöht wird.<br />

In allen sechs Szenarien wird angenommen, dass die Aufgabenträger zusätzliche Mittel dazu<br />

verwenden, mehr <strong>Stadt</strong>bahnen, Straßenbahnen oder Busse fahren zu lassen, während Mittelkürzungen<br />

zur Ausdünnung der Taktfolgen führen. Diese Veränderungen der Taktfolgen wurden<br />

pauschal auf alle Linien eines Kreises angewendet – eine Vereinfachung, da in der Praxis wohl<br />

eher einzelne Linien ausgewählt würden. Die Taktdichte des Schienenverkehrs (Regionalexpress,<br />

Regionalbahn <strong>und</strong> S-Bahn) bleibt in allen Szenarien unverändert.<br />

- 72 -


Tabelle 8-1: Verteilungsschlüssel<br />

Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Aufgabenträger Verteilungsschlüssel<br />

Nr. RB Kreis<br />

Landesmittel<br />

Ist-Zustand<br />

00<br />

Einwohner <strong>und</strong><br />

Fläche<br />

A1<br />

Ausgleich <strong>und</strong><br />

Leistung<br />

B1<br />

Angemessene<br />

Bedienung<br />

C1<br />

1 Düsseldorf 1.58 1.37 1.39 1.57<br />

2 Duisburg 1.09 1.33 1.14 1.22<br />

3 Essen 1.41 1.37 1.32 1.21<br />

4 Krefeld 1.23 1.07 1.00 1.34<br />

5 Mönchengladbach 1.41 1.11 1.16 0.67<br />

6 Mülheim an der Ruhr 1.06 0.99 1.08 1.85<br />

7 Oberhausen 1.06 1.06 1.46 0.85<br />

8 Remscheid 0.88 0.97 0.90 0.67<br />

9 Solingen 1.06 0.99 0.91 0.57<br />

RB Düsseldorf<br />

10 Wuppertal 1.06 1.24 1.06 0.84<br />

11 Kleve, Kreis 0.70 0.72 0.84 0.76<br />

12 Mettmann, Kreis 0.88 0.98 0.91 0.93<br />

13 Rhein-Kreis Neuss 0.88 0.94 0.86 1.02<br />

14 Viersen, Kreis 0.70 0.88 0.84 0.95<br />

15 Wesel, Kreis 1.23 0.87 0.84 0.88<br />

16 Aachen 1.41 1.11 1.17 0.74<br />

17 Bonn 1.41 1.20 1.59 1.53<br />

18 Köln 1.58 1.45 1.40 1.34<br />

19 Leverkusen 1.23 0.99 0.99 0.88<br />

20 Aachen, Kreis 1.06 0.89 0.83 0.87<br />

21 Düren, Kreis 0.95 0.75 0.84 0.82<br />

RB Köln<br />

22 Rhein-Erft-Kreis 1.06 0.92 0.83 1.26<br />

23 Euskirchen, Kreis 1.06 0.83 0.89 0.85<br />

24 Heinsberg, Kreis 1.06 0.83 0.83 0.86<br />

25 Oberbergischer Kreis 1.06 0.78 0.84 0.90<br />

26 Rheinisch-Bergischer Kreis 1.06 0.90 0.84 0.95<br />

27 Rhein-Sieg-Kreis 0.88 0.90 0.84 1.07<br />

28 Bottrop 0.88 0.95 0.90 0.86<br />

29 Gelsenkirchen 1.06 1.15 1.15 1.44<br />

30 Münster 0.88 1.08 1.12 0.99<br />

31 Borken, Kreis 0.70 0.74 0.83 0.83<br />

32 Coesfeld, Kreis 0.70 0.76 0.83 1.21<br />

33 Recklinghausen, Kreis 0.88 0.96 0.86 0.84<br />

34 Steinfurt, Kreis 0.70 0.74 0.86 0.86<br />

35 Warendorf, Kreis 0.70 0.73 0.83 1.14<br />

36 Bielefeld 0.99 1.18 0.95 1.15<br />

37 Gütersloh, Kreis 0.70 0.82 0.83 1.13<br />

38 Herford, Kreis 0.53 0.88 0.84 0.86<br />

39 Höxter, Kreis 1.06 0.90 0.84 0.89<br />

40 Lippe, Kreis 0.70 0.77 0.84 0.90<br />

41 Minden-Lübbecke, Kreis 0.53 0.76 0.84 0.76<br />

42 Paderborn, Kreis 0.95 0.71 0.85 0.99<br />

43 Bochum 1.58 1.27 1.16 1.25<br />

44 Dortm<strong>und</strong> 1.58 1.36 1.23 1.29<br />

45 Hagen 0.88 0.96 1.18 0.64<br />

46 Hamm 1.06 0.92 1.11 0.63<br />

47 Herne 0.88 1.02 1.05 1.11<br />

48 Ennepe-Ruhr-Kreis 0.88 0.94 0.84 1.02<br />

49 Hochsauerlandkreis 0.70 0.83 0.90 0.84<br />

RB Münster<br />

RB Bielefeld<br />

RB Arnsberg<br />

50 Märkischer Kreis 1.02 0.86 0.84 0.82<br />

51 Olpe, Kreis 0.88 0.78 0.83 0.87<br />

52 Siegen-Wittgenstein, Kreis 0.99 0.73 0.83 1.03<br />

53 Soest, Kreis 0.70 0.71 0.90 0.95<br />

54 Unna, Kreis 0.88 0.94 0.83 0.87<br />

Erweitertes Untersuchungsgebiet<br />

- 73 -


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Abweichend von früheren Anwendungen des Modells (<strong>Spiekermann</strong> <strong>und</strong> <strong>Wegener</strong>, 2005) wird in<br />

allen Szenarien angenommen, dass sich die Tankstellenpreise für Benzin <strong>und</strong> Diesel um 2% real<br />

jährlich verteuern (anstatt wie bisher 1%). Hierdurch soll der Preisentwicklung der letzten Jahre<br />

<strong>und</strong> der absehbaren zukünftigen Entwicklung Rechnung getragen werden.<br />

Abbildung 8-4 zeigt die gegenwärtige Verteilung der Fördermittel im Untersuchungsgebiet im Referenzszenario.<br />

Oer-Erken-<br />

schwick<br />

Datteln<br />

Olfen<br />

Waltrop<br />

Selm<br />

Werne<br />

Bergkamen<br />

Hamm<br />

Lünen<br />

Recklinghausen Kamen Bönen<br />

Castrop-<br />

Rauxel<br />

Herne<br />

Bochum<br />

Witten<br />

Dortm<strong>und</strong><br />

Herdecke<br />

Wetter<br />

Hagen<br />

Schwerte<br />

Iserlohn<br />

Unna<br />

Fröndenberg<br />

Menden<br />

Abbildung 8-4: Gegenwärtige Verteilung der ÖV-Landesmittel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Man sieht, in welchem Maße der gegenwärtige Verteilungsschlüssel die großen Städte bevorzugt:<br />

Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Bochum erhalten derzeit fast sechzig Prozent mehr Landesmittel je Einwohner<br />

für den öffentlichen Personennahverkehr als der Landesdurchschnitt von 45 € je Einwohner<br />

im Jahre 2006, während die Landkreise im Dortm<strong>und</strong>er Umland weniger als neunzig Prozent des<br />

Durchschnitts erhalten. Auffällig ist, dass das Oberzentrum Hagen wie ein Landkreis behandelt<br />

wird, während Hamm <strong>und</strong> der Märkische Kreis etwa den Landesdurchschnitt erhalten. Insgesamt<br />

ist das Untersuchungsgebiet jedoch überdurchschnittlich versorgt; im Durchschnitt erhielt jeder<br />

seiner Einwohner im Jahr 2006 52,30 €, r<strong>und</strong> 18 Prozent mehr als der Landesdurchschnitt.<br />

Abbildung 8-5 zeigt die drei alternativen Verteilungsschlüssel A1, B1 <strong>und</strong> C1 sowie die drei Szenarien<br />

A2, B2 <strong>und</strong> C3 mit erhöhten Landesmitteln, <strong>und</strong> Abbildung 8-6 zeigt die prozentuale Differenz<br />

zwischen den sechs Verteilungsschlüsseln <strong>und</strong> dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel im<br />

Referenzszenario 00.<br />

In Abbildung 8-6 weisen rote Farbtöne Kreise aus, die mehr, <strong>und</strong> blaue Kreise, die weniger Landesmittel<br />

je Einwohner erhalten als nach dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel. Man kann gut<br />

erkennen, dass das Untersuchungsgebiet insgesamt in allen drei Verteilungsschlüsseln schlechter<br />

abschneidet als heute, <strong>und</strong> zwar in absteigender Reihenfolge A1, B1, C1. Selbst wenn die<br />

ÖV-Landesmittel insgesamt um 20 Prozent erhöht würden, erhielten einige Kreise weniger Mittel<br />

je Einwohner vom Land als nach dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel im Referenzszenario.<br />

Auffällig ist, dass in den Verteilungsschlüsseln B1 <strong>und</strong> B2 das Oberzentrum Hagen deutlich bes-<br />

- 74 -


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

ser abschneidet als heute, während es in den Verteilungsschlüsseln C1 <strong>und</strong> C2 noch stärker benachteiligt<br />

wird.<br />

A1<br />

A2<br />

B1 B2<br />

C1 C2<br />

Abbildung 8-5: Verteilungsschlüssel der ÖV-Landesmittel im östlichen Ruhrgebiet<br />

- 75 -


A1<br />

Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

A2<br />

B1 B2<br />

C1 C2<br />

Abbildung 8-6: Verteilungsschlüssel der ÖV-Landesmittel im östlichen Ruhrgebiet: Veränderung gegenüber<br />

dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel (%)<br />

- 76 -


8.3 Modellergebnisse östliches Ruhrgebiet<br />

Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

In diesem Abschnitt werden zunächst die Ergebnisse der Simulationen der sechs Szenarien mit<br />

unterschiedlichen Verteilungsschlüsseln der ÖV-Landesmittel für das gesamte Untersuchungsgebiet<br />

des östlichen Ruhrgebiets vorgestellt. In allen Fällen wurde unterstellt, dass die alternativen<br />

Verteilungsschlüssel nicht nur für die Aufgabenträger des engeren Untersuchungsgebiets,<br />

die sogenannten internen Zonen (siehe Abbildung 8-1), sondern für auch für die Aufgabenträger<br />

der sogenannten externen Zonen im erweiterten Untersuchungsgebiet (siehe Abbildung 8-2) angewendet<br />

werden.<br />

Tabelle 8-2 zeigt die bei der Verwirklichung der Szenarien A1, B1 <strong>und</strong> C1, bei denen die Gesamtsumme<br />

der Fördermittel gleich bleibt, wahrscheinlich zu erwartenden Wirkungen. Tabelle 8-3<br />

zeigt die entsprechenden Ergebnisse für die Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2, in denen die Fördermittel<br />

um 20 Prozent steigen. Die Zeilen der beiden Tabellen zeigen ausgewählte Indikatoren der Daseinsvorsorge<br />

<strong>und</strong> ökologischen Nachhaltigkeit. Für jeden Indikator werden der Ausgangswert im<br />

Jahr 2006 <strong>und</strong> die im Referenzszenario 00 <strong>und</strong> den drei alternativen Szenarien im Simulationsmodell<br />

errechneten Indikatorwerte im Zieljahr 2030 angegeben. Die kursiv gesetzten Prozentwerte<br />

darunter sind prozentuale Differenzen zwischen dem Indikatorwert des Szenarios <strong>und</strong> dem<br />

entsprechenden Wert des Referenzszenarios im Zieljahr 2030.<br />

Die Abbildungen 8-7 bis 8-10 zeigen die Ergebnisse der Tabellen 8-2 <strong>und</strong> 8-3 im Zeitablauf zwischen<br />

2000 <strong>und</strong> 2030. Die dickere schwarze Linie in den Diagrammen gibt die Entwicklung des<br />

dargestellten Indikators im Referenzszenario 00 wieder, in dem der gegenwärtige Verteilungsschlüssel<br />

der ÖV-Landesmittel weiter angewendet wird. Die farbigen Linien zeigen die Entwicklung<br />

des Indikators in den sechs alternativen Szenarien A1 bis C2, wobei die Szenarien A1 <strong>und</strong><br />

A2 blau, B1 <strong>und</strong> B2 rot <strong>und</strong> C1 <strong>und</strong> C2 grün dargestellt sind.<br />

Die erste Zeile der beiden Tabellen <strong>und</strong> Abbildung 8-7 oben zeigen die insgesamt nach den verschiedenen<br />

Verteilungsschlüsseln auf die Untersuchungsregion entfallenden ÖV-Landesmittel.<br />

Wie bereits weiter oben erwähnt, erhält jeder Einwohner des Untersuchungsgebiets nach dem<br />

gegenwärtigen Verteilungsschlüssel im Jahr 52,30 € oder r<strong>und</strong> 18 Prozent mehr als der Landesdurchschnitt<br />

von 45 €. Für die Zukunft wird angenommen, dass die ÖV-Fördermittel parallel zur<br />

Entwicklung der Haushaltseinkommen steigen. Aufgr<strong>und</strong> dieser Annahme wird dieser Betrag bis<br />

zum Jahr 2030 auf 91,41 € (inflationsbereinigt, d.h. in Euro von 2006) angestiegen sein. Im Vergleich<br />

dazu erhalten die Einwohner des Untersuchungsgebiets nach den drei alternativen Verteilungsschlüsseln<br />

der Tabelle 8-2 nur 85,83 €, 81,84 € <strong>und</strong> 79,20 € je Einwohner, das heißt 6,1,<br />

10,5 oder 13,4 Prozent weniger. Bei Erhöhung der Gesamtfördersumme in den Szenarien der<br />

Tabelle 8-3 erhalten sie 12,7, 7,4 oder 3,9 Prozent mehr als der Landesdurchschnitt, also im<br />

Szenario C2 kaum mehr als im Referenzszenario.<br />

Die zweite Zeile der beiden Tabellen <strong>und</strong> Abbildung 8-7 Mitte zeigen im Vergleich dazu die ÖV-<br />

Ausgaben je Einwohner je Jahr, ebenfalls inflationsbereinigt, d.h. in Euro von 2006. Es wird deutlich,<br />

dass die Aufgabenträger in den Szenarien A1, B1 <strong>und</strong> C1, in denen sie weniger ÖV-<br />

Landesmittel erhalten zusätzliche Einnahmenverluste durch die Abwanderung von Fahrgästen erleiden,<br />

während sie in den Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2, in denen die Landesmittel um 20 Prozent<br />

aufgestockt werden, zusätzliche Fahrgäste anlocken <strong>und</strong> zusätzliche Einnahmen erzielen können.<br />

Die Verluste bzw. Gewinne bei den Fahrgeldeinnahmen sind etwa halb so groß (in Euro je<br />

Einwohner) wie die auslösenden Veränderungen der ÖV-Landesmittel.<br />

Die wichtigste Information aus den Tabellen 8-2 <strong>und</strong> 8-3 <strong>und</strong> den Zeitreihendiagrammen in den<br />

Abbildungen 8-7 bis 8-10 ist, dass die Auswirkungen der alternativen Verteilungsschlüssel gering<br />

sind im Vergleich zu den weitaus bedeutenderen Auswirkungen langfristiger Trends wie etwa der<br />

fortschreitenden Suburbanisierung <strong>und</strong> der weiter ansteigenden Motorisierung.<br />

- 77 -


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Tabelle 8-2: Auswirkungen der Szenarien A1, B1 <strong>und</strong> C1 im östlichen Ruhrgebiet<br />

ÖV-Fördermittel je Einwohner<br />

je Jahr (€ von 2006)<br />

ÖV-Ausgaben je Einwohner<br />

je Jahr (€ von 2006)<br />

Personenkilometer ÖV<br />

je Einwohner je Tag<br />

2006<br />

- 78 -<br />

Szenario<br />

00<br />

2030<br />

Szenario<br />

A1<br />

2030<br />

52,30 91,41 85,83<br />

-6,1%<br />

150,40 166,99 164,80<br />

-1,3%<br />

5,24 6,24 6,16<br />

-1,3%<br />

Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege (%) 28,56 26,15 26,24<br />

+0,3%<br />

Anteil Wege im ÖV (%) 11,84 12,00 11,81<br />

-1,6%<br />

Anteil Wege mit dem Auto (%) 59,60 61,86 61,96<br />

+0,2%<br />

Gini-Koeffizient ÖV-Erreichbarkeit<br />

(0-100)<br />

ÖV-Erreichbarkeit Arbeits-<br />

plätze (0-100)<br />

ÖV-Erreichbarkeit Dortmun-<br />

der Innenstadt (0-100)<br />

CO2-Emissionen ÖV<br />

(kg/E/Tag)<br />

CO2-Emissionen Pkw<br />

(kg/E/Tag)<br />

CO2-Emissionen Verkehr<br />

(kg/E/Tag)<br />

10,76 12,51 12,27<br />

-1,9%<br />

25,59 24,21 23,99<br />

-0,9%<br />

28,86 27,33 27,13<br />

-0,8%<br />

0,208 0,224 0,217<br />

-3,0%<br />

3,090 3,130 3,135<br />

+0,1%<br />

3,298 3,354 3,352<br />

-0,1%<br />

Szenario<br />

B1<br />

2030<br />

81,84<br />

-10,5%<br />

162,79<br />

-2,5%<br />

6,12<br />

-2,0%<br />

26,32<br />

+0,7%<br />

11,65<br />

-2,9%<br />

62,03<br />

+0,3%<br />

12,21<br />

-2,4%<br />

23,86<br />

-1,4%<br />

26,87<br />

-1,7%<br />

0,214<br />

-4,2%<br />

3,141<br />

+0,3%<br />

3,356<br />

+0,0%<br />

Szenario<br />

C1<br />

2030<br />

79.20<br />

-13,4%<br />

160,34<br />

-4,0%<br />

6,01<br />

-3,6%<br />

26,39<br />

+0,9%<br />

11,49<br />

-4,2%<br />

62,12<br />

+0,4%<br />

12,50<br />

-0,0%<br />

23,76<br />

-1.9%<br />

26,86<br />

-1,7%<br />

0,210<br />

-6,2%<br />

3,151<br />

+0,6%<br />

3,361<br />

+0,2%<br />

Aufgr<strong>und</strong> des wachsenden Wohlstands, zunehmender Verkehrsbudgets der Haushalte, immer<br />

längerer Pendlerfahrten, aber auch steigender Treibstoffkosten für Autofahrer, nimmt die Zahl der<br />

Personenkilometer im ÖV tendenziell zu (Abbildung 8-7 unten). Die drei Alternativszenarien A1,<br />

B1 <strong>und</strong> C1, in denen die Gesamtförderung des öffentlichen Personennahverkehrs unverändert<br />

bleibt, führen zu einer Verringerung der Personenkilometer im ÖV im Untersuchungsgebiet <strong>und</strong><br />

zwar proportional zur Reduzierung der ÖV-Förderung je Einwohner am wenigsten im Szenario A1<br />

<strong>und</strong> am stärksten im Szenario C1. In den drei Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2, in denen die Gesamtförderung<br />

des ÖV erhöht wird, nimmt die Zahl der Personenkilometer im ÖV zu, ebenfalls proportional<br />

zu den Änderungen der Fördermittel.


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Abbildung 8-7: ÖV-Landesmittel (oben), ÖV-Ausgaben (Mitte) <strong>und</strong> Personenkilometer ÖV je Einwohner<br />

je Tag (unten), 2000-2030<br />

- 79 -


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Die folgenden drei Zeilen der Tabellen <strong>und</strong> Abbildung 8-8 zeigen die Auswirkungen der alternativen<br />

Verteilungsschlüssel auf die Verkehrsmittelwahl. Im allgemeinen entsprechen die Wirkungen<br />

den theoretischen Erwartungen: Wenn die Mittel für den öffentlichen Personenverkehr gekürzt<br />

werden wie in den Szenarien A1, B1 <strong>und</strong> C1, gehen mehr Menschen zu Fuß oder fahren mit dem<br />

Fahrrad oder dem Auto, so dass der Anteil der Wege mit dem ÖV abnimmt, <strong>und</strong> entsprechend<br />

dem Grad der Reduzierung ist diese Abnahme in Szenario A1 am geringsten <strong>und</strong> in Szenario C1<br />

am größten. Umgekehrt fahren mehr Menschen mit dem ÖV, wenn mehr Busse <strong>und</strong> Bahnen fahren,<br />

wie in den Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2. Allerdings handelt es sich dabei überwiegend um bisherige<br />

Fußgänger oder Radfahrer, während die Zahl der Umsteiger vom Auto sehr gering bleibt.<br />

Tabelle 8.-3: Auswirkungen der Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2 im östlichen Ruhrgebiet<br />

ÖV-Fördermittel je Einwohner<br />

je Jahr (€ von 2006)<br />

ÖV-Ausgaben je Einwohner<br />

je Jahr (€ von 2006)<br />

Personenkilometer ÖV<br />

je Einwohner je Tag<br />

2006<br />

- 80 -<br />

Szenario<br />

00<br />

2030<br />

Szenario<br />

A2<br />

2030<br />

52,30 91,41 103,01<br />

+12,7%<br />

150,40 166,99 172,51<br />

+3.3%<br />

5,24 6,24 6,40<br />

+2,6%<br />

Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege (%) 28,56 26,15 25,94<br />

-0,8%<br />

Anteil Wege im ÖV (%) 11,84 12,00 12,45<br />

+3,8%<br />

Anteil Wege mit dem Auto (%) 59,60 61,86 61,61<br />

-0,4%<br />

Gini-Koeffizient ÖV-Erreichbarkeit<br />

(0-100)<br />

ÖV-Erreichbarkeit Arbeits-<br />

plätze (0-100)<br />

ÖV-Erreichbarkeit Dortmun-<br />

der Innenstadt (0-100)<br />

CO2-Emissionen ÖV<br />

(kg/E/Tag)<br />

CO2-Emissionen Pkw<br />

(kg/E/Tag)<br />

CO2-Emissionen Verkehr<br />

(kg/E/Tag)<br />

10,76 12,51 12,15<br />

-2,9%<br />

25,59 24,21 24,59<br />

+1,6%<br />

28,86 27,33 27,62<br />

+1,1%<br />

0,208 0,224 0,236<br />

+5,2%<br />

3,090 3,130 3,113<br />

-0,5%<br />

3,298 3,354 3,349<br />

-0,2%<br />

Szenario<br />

B2<br />

2030<br />

98,21<br />

+7,4%<br />

170,42<br />

+2.1%<br />

6,35<br />

+1,8%<br />

26,02<br />

-0,5%<br />

12,28<br />

+2,4%<br />

61,70<br />

-0,3%<br />

12,03<br />

-3,8%<br />

24,41<br />

+0,8%<br />

27,42<br />

+0,3%<br />

0,232<br />

+3,7%<br />

3,115<br />

-0,5%<br />

3,347<br />

-0,2%<br />

Szenario<br />

C2<br />

2030<br />

94,97<br />

+3,9%<br />

168,21<br />

+0.7%<br />

6,25<br />

+0,2%<br />

26,10<br />

-0,2%<br />

12,12<br />

+1,0%<br />

61,78<br />

-0,1%<br />

12,39<br />

-0,9%<br />

24,32<br />

+0,5%<br />

27,41<br />

+0,3%<br />

0,227<br />

+1,3%<br />

3,126<br />

-0,1%<br />

3,353<br />

-0,0%


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Abbildung 8-8: Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege (oben), Wege im ÖV (Mitte) <strong>und</strong><br />

Wege mit dem Pkw (unten), 2000-2030<br />

- 81 -


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Abbildung 8-9 zeigt die Auswirkungen der alternativen Verteilungsschlüssel auf die Erreichbarkeit<br />

mit dem ÖV. Der Gini-Koeffizient (Abbildung 8-9 oben) ist ein Maß für die Ausgewogenheit der<br />

Verteilung der Erreichbarkeit in der Region: je höher der Indexwert, desto ungleicher ist die Verteilung.<br />

Das Diagramm zeigt, dass alle alternativen Verteilungsschlüssel im Vergleich zum gegenwärtigen<br />

Verteilungsschlüssel eine ausgleichende Wirkung haben. Das ist auch zu erwarten,<br />

da alle sechs Schlüssel in unterschiedlichem Maß die ländlichen Gebiete begünstigen.<br />

Dieser Effekt steht im Einklang mit den beiden anderen Diagrammen der Abbildung 8-9, die die<br />

Entwicklung der Erreichbarkeit der Arbeitsplätze <strong>und</strong> der Dortm<strong>und</strong>er Innenstadt mit dem ÖV im<br />

Simulationszeitraum zeigen (vergleiche Abbildungen 5-7 <strong>und</strong> 5-8). Die verwendeten Erreichbarkeitsindikatoren<br />

sind Potentialerreichbarkeiten. Potentialerreichbarkeiten geben die Summe aller<br />

– hier mit dem ÖV – erreichbaren Ziele an, wobei die Ziele mit einer negativen Exponentialfunktion<br />

von Reisezeit <strong>und</strong> Fahrtkosten gewichtet werden. Beide Erreichbarkeitsindikatoren zeigen eine<br />

sinkende Tendenz – eine Folge der fortschreitenden Suburbanisierung der Einwohner. Wie zu<br />

erwarten, wirken sich alle alternativen Verteilungsschlüssel A1, B1 <strong>und</strong> C2, in denen die ÖV-<br />

Landesmittel gekürzt werden, negativ auf die ÖV-Erreichbarkeit aus, während die Verteilungsschlüsse<br />

A2, B2 <strong>und</strong> C2, in denen die Landesmittel erhöht werden, sich günstig auf die ÖV-<br />

Erreichbarkeit auswirken.<br />

Abbildung 8-10 schließlich zeigt als einen Aspekt der ökologischen Auswirkungen der Verteilungsschlüssel<br />

die Entwicklung der CO2-Emissionen, getrennt nach ÖV <strong>und</strong> Pkw <strong>und</strong> insgesamt.<br />

Das obere Diagramm zeigt, dass, wie zu erwarten, weniger Fahrten von Bussen <strong>und</strong> Bahnen zu<br />

weniger CO2-Emissionen des ÖV <strong>und</strong> mehr Fahrten zu mehr Emissionen des ÖV führen.<br />

Diesen Einsparungen bzw. Mehremissionen stehen jedoch Veränderungen bei den Emissionen<br />

des Pkw-Verkehrs gegenüber. Das mittlere Diagramm zeigt, wie schon Abbildung 8-8 unten, dass<br />

Mittelkürzungen im ÖV zu mehr <strong>und</strong> längeren Fahrten <strong>und</strong> damit mehr Emissionen im Autoverkehr<br />

führen, die in der Regel größer sind als die Einsparungen im ÖV. Umgekehrt sind die Einsparungen<br />

bei den Emissionen im Straßenverkehr in den Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2 größer als die<br />

Mehremissionen im ÖV. Das untere Diagramm in Abbildung 8-10 zeigt den Saldo der Einsparungen<br />

<strong>und</strong> Mehremissionen im gesamten Personenverkehr: Es zeigt sich, dass angesichts der unterschiedlichen<br />

ÖV-Verteilungsschlüssel die Auswirkungen im Vergleich zu den viel größeren Emissionen<br />

der Pkw nur geringfügig sind.<br />

- 82 -


Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Abbildung 8-9: Gini-Koeffizient ÖV-Erreichbarkeit (oben), ÖV-Erreichbarkeit Arbeitsplätze (Mitte)<br />

<strong>und</strong> ÖV-Erreichbarkeit Dortm<strong>und</strong>er Innenstadt (unten), 2000-2030<br />

- 83 -


Abbildung 8-10: CO2-Emissionen ÖV (oben), Pkw (Mitte) <strong>und</strong><br />

Personennahverkehr insgesamt (unten), 2000-2030<br />

Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

- 84 -


8.4 Bewertung der Modellergebnisse<br />

Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />

Das wichtigste Ergebnis der Untersuchung der Auswirkungen der alternativen Schlüssel für die<br />

Verteilung der ÖV-Landesmittel in Nordrhein-Westfalen am Beispiel des östlichen Ruhrgebiets ist,<br />

dass die Auswirkungen der alternativen Verteilungsschlüssel gering sind im Vergleich zu den<br />

weitaus bedeutenderen Auswirkungen langfristiger Trends wie etwa der fortschreitenden Suburbanisierung<br />

<strong>und</strong> der weiter ansteigenden Motorisierung.<br />

Die drei alternativen Verteilungsschlüssel erreichen zwar eine Verringerungen der Unterschiede<br />

in ÖV-Bedienungsqualität <strong>und</strong> damit der Erreichbarkeit zwischen <strong>Stadt</strong> <strong>und</strong> Land, bringen aber im<br />

Hinblick auf andere Ziele wie Erhöhung des Anteils der mit dem ÖV zurückgelegten Wege, Verringerung<br />

der Autofahrten <strong>und</strong> damit Verringerung der CO2-Emissionen kaum Fortschritte oder<br />

sogar Verschlechterungen gegenüber dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel. Diese Nachteile<br />

können nur durch eine erhebliche Erhöhung der Fördermittel ausgeglichen werden.<br />

Damit bestätigen die Ergebnisse die bereits weitgehend in der Fachwelt akzeptierte Auffassung,<br />

dass isolierte Maßnahmen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs ohne flankierende<br />

Maßnahmen sowohl in anderen Bereichen des Verkehrs als auch in der Siedlungs- <strong>und</strong> Umweltplanung<br />

nur geringe Wirkungen haben. Insbesondere kann als gesichert gelten, dass Angebotsverbesserungen<br />

im ÖV (Pull-Maßnahmen) ohne gleichzeitige Maßnahmen, den Pkw-Verkehr<br />

weniger attraktiv, das heißt langsamer oder teurer zu machen (Push-Maßnahmen) nicht ausreichen,<br />

genügend Autofahrer zum Umsteigen auf den öffentlichen Personennahverkehr zu bewegen.<br />

Eine solche Verhaltensänderung ist jedoch, ungeachtet aller Fortschritte in Fahrzeug- <strong>und</strong><br />

Treibstofftechnik erforderlich, wenn die von Wissenschaft <strong>und</strong> Politik als notwendig angesehenen<br />

Klimaschutz- <strong>und</strong> Energiereinsparungsziele erreicht werden sollen.<br />

Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Ziele Daseinsvorsorge <strong>und</strong> ökologische<br />

Nachhaltigkeit nicht unbedingt zu gleichen Lösungen führen müssen, sondern in einem gewissen<br />

Zielkonflikt zueinander stehen. Wenn das Hauptziel der Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs<br />

die Reduzierung von Disparitäten in der Bedienungsqualität <strong>und</strong> die Sicherheit<br />

von anspruchsvollen Mindeststandards im Sinne der Daseinsvorsorge ist, wird wahrscheinlich<br />

das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit vernachlässigt, weil – bei gleich bleibenden Mitteln – der<br />

öffentliche Personenverkehr nicht in den Städten gefördert wird, wo er die größten Einsparungen<br />

an Umweltressourcen bringt. Wenn andererseits das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit die<br />

höchste Priorität besitzt, würde wahrscheinlich eine Förderung des öffentlichen Personnahverkehrs<br />

in den großen Städten die größten Einsparungseffekte bringen, <strong>und</strong> dies würde zu Lasten<br />

der Versorgung der ländlichen Gebiete mit ÖV-Leistungen gehen.<br />

- 85 -


9 Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />

- 86 -<br />

Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />

Die Analyse des ÖV in NRW zeigt, dass Angebot <strong>und</strong> Nachfrage im öffentlichen Verkehr sehr heterogen<br />

sind. Dies liegt zum Teil an unterschiedlichen Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> -dichten, insbesondere<br />

aber auch an unterschiedlichen politischen Entscheidungen <strong>und</strong> Zielsetzungen zur Angebotsgestaltung<br />

im ÖV, die in der Vergangenheit getroffen wurden.<br />

Zum ÖV gibt es eine Vielzahl von Daten, deren Qualitätsspektrum sich zwischen hochwertig <strong>und</strong><br />

lückenhaft bewegt. Hier ist eine sorgfältige Prüfung <strong>und</strong> Abwägung der Daten erforderlich <strong>und</strong> eine<br />

Verbesserung <strong>und</strong> Vereinheitlichung der flächendeckenden Datenqualität wichtig. Wünschenswert<br />

wäre vor allem, dass bei der Vergabe von Aufträgen an private Betreiber durch eine<br />

gesetzlich gesicherte Berichtspflicht planungsrelevante Gr<strong>und</strong>lagendaten für das Ministerium verfügbar<br />

sein müssen.<br />

Eine Landesfinanzierung durch den ÖV kann Anreize setzen, den ÖV in bestimmte Richtungen<br />

zu lenken. Dies ist in der Vergangenheit intensiv erfolgt, um allen Nachfragegruppen gerecht zu<br />

werden, was zu einer komplexen <strong>und</strong> unübersichtlichen Struktur der ÖV-Finanzierung geführt hat.<br />

Neben der Förderung von Ausbildungs- <strong>und</strong> Behindertenverkehren wurden beispielsweise so unterschiedliche<br />

Bereiche wie <strong>Stadt</strong>bahnsysteme, spezifische Ausstattungsmerkmale von Haltestellen<br />

<strong>und</strong> Fahrzeugen (Informationssysteme) <strong>und</strong> vieles mehr zielorientiert gefördert. Die Kleinteiligkeit<br />

dieser Förderung verhindert unter Umständen Synergieeffekte oder führt zu Zielkonflikten.<br />

Insbesondere eine gezielte, gerechte Verteilung knapper werdender Finanzressourcen zur Gewährleistung<br />

einer flächendeckenden Gr<strong>und</strong>versorgung im ÖV ist damit schwierig.<br />

Einen neuen Ansatz der Landesverkehrspolitik stellt die Aufgabengliederung zwischen Landesverkehrsplanung<br />

<strong>und</strong> Aufgabenträger dar. Die Landesverkehrsplanung setzt den Rahmen, hier<br />

zum Beispiel den einer angemessenen Bedienung <strong>und</strong> die Aufgabenträger gestalten diesen im<br />

Wettbewerb aus. Auch einem solchen Ansatz steht ein kleinteiliges <strong>und</strong> unübersichtliches Fördersystem<br />

entgegen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> werden in dieser Arbeit Vorschläge zu einer Vereinfachung<br />

der Förderstruktur gegeben, indem verschiedene Verteilschlüssel aufgezeigt werden.<br />

9.1 Vergleich der Verteilschlüssel<br />

Die vorgeschlagenen Methoden für ein neues System der Mittelverteilung unterliegen unterschiedlichen<br />

Zielvorstellungen:<br />

Beim ersten System „Einwohner <strong>und</strong> Fläche“ steht die „Verteilungsgerechtigkeit“ im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Historisch bedingte Strukturen im ÖV werden nicht berücksichtigt <strong>und</strong> damit durch vergangene<br />

politische Entscheidungen entstandene Disparitäten nicht weiter gefördert. Das System sieht nur<br />

wenige Stellgrößen zur Variation der Mittelverteilung vor. Neben der Metropolenförderung kann<br />

im System noch hinsichtlich Einwohnerzahlen <strong>und</strong> Flächengröße optimiert werden.<br />

Das zweite vorgeschlagene System setzt sich aus den zwei Komponenten „Ausgleich <strong>und</strong> Leistung“<br />

zusammen, wobei die Komponente Ausgleich einer Basisförderung entspricht <strong>und</strong> die Leistungskomponente<br />

in Abhängigkeit von der erbrachten Bedienqualität erlangt wird. Dies hat zum<br />

Ziel, Anreize zur Verbesserung der Bedienqualitäten im ÖV zu setzen <strong>und</strong> gute Angebote zu honorieren.<br />

Auf der anderen Seite stellt der Ausgleich sicher, dass ein Gr<strong>und</strong>angebot im ÖV erhalten<br />

bleibt. Voraussetzung hierfür ist die regelmäßige Messung <strong>und</strong> Bewertung der erbrachten<br />

ÖV-Leistungen. Im aktuellen Vorschlag werden sowohl relativ statische Messgrößen, wie die Haltestellenabdeckung,<br />

als auch dynamische Messgrößen wie Nutzwagenkilometer berücksichtigt.<br />

Das System lässt sich sowohl über die Messgrößen, als auch über eine Anpassung der zugr<strong>und</strong>e<br />

liegenden Nutzenfunktionen steuern.


Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />

Ziel des dritten Systems ist eine Finanzierung einer „angemessenen Bedienung“ in Abhängigkeit<br />

von der zu erwartenden Nachfrage. Diese wird aus den Berufspendlerzahlen <strong>und</strong> den bewohnten<br />

Flächen abgeleitet, denen ein politisch zu setzender Standard einer angemessenen Bedienung<br />

zugeordnet <strong>und</strong> monetär bewertet wird, so dass eine Verteilung der Finanzmittel erfolgen kann.<br />

Ebenso wie im ersten System handelt es sich bei den Datengr<strong>und</strong>lagen um relativ langfristige<br />

<strong>und</strong> damit statische Werte. Variablen im System sind die Definition der angemessenen Bedienung<br />

<strong>und</strong> die monetäre Bewertung. Über die Definition der angemessenen Bedienung wird den<br />

Aufgabenträger <strong>und</strong> Leistungserbringern implizit eine politisch vorgesetzte Vorgabe gemacht,<br />

welcher ÖV für ihre Region aus Sicht der Landesverkehrspolitik wünschenswert ist.<br />

Abbildung 9-1 Vergleich der Verteilschlüssel<br />

Ein Vergleich der neuen Verteilschlüssel mit der bisherigen Mittelvergabe zeigt, dass alle Verteilschlüssel<br />

erheblich in die Verteilung der Mittel eingreifen (Abbildung 9-1). Während die Systeme<br />

„Einwohner <strong>und</strong> Fläche“ <strong>und</strong> „Ausgleich <strong>und</strong> Leistung“ gr<strong>und</strong>sätzlich eine Umverteilung zulasten<br />

der Städte <strong>und</strong> zugunsten der ländlichen Regionen bewirken, ist bei der „angemessenen Bedie-<br />

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- 88 -<br />

Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />

nung“ kein vergleichbar eindeutiger Trend zu beobachten. Bei letzterem sind die Schwankungen<br />

deutlich ausgeprägter als bei ersteren.<br />

Für alle Verteilschlüssel gilt, dass in einer weiteren vertieften Sensitivitätsanalyse <strong>und</strong> Bewertung<br />

die Wirkungen der verschiedenen Stellgrößen weiter zu untersuchen wären. Dies könnte zu einer<br />

Strategie führen, die eine schrittweise Anpassung hin zu einem neuen Verteilschlüssel auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage eines der drei vorgeschlagenen Verteilschlüssel ermöglicht.<br />

Welcher Verteilschlüssel letztendlich gewählt wird, hängt dann letztendlich von den verkehrspolitischen<br />

Zielsetzungen des Landes NRW ab.<br />

9.2 Weiterer Forschungsbedarf <strong>und</strong> Handlungsempfehlungen<br />

Das Projekt hat eine Reihe weiterer Fragestellungen aufgeworfen <strong>und</strong> zusätzlichen Handlungsbedarf<br />

aufgezeigt. Die Verkehrsplanung des Landes NRW benötigt qualifizierte Daten als Gr<strong>und</strong>lage<br />

für ihre Planungen. Dies sind zum einen kleinteilige Einwohnerdichtedaten <strong>und</strong> zum anderen<br />

Netz-, Linien- <strong>und</strong> Haltestellendaten in einheitlicher Flächendeckung <strong>und</strong> Aussagequalität. Die<br />

Daten sind für die Evaluation der Wirkung eines neuen Verteilschlüssels <strong>und</strong> einer Angemessenheit<br />

der resultierenden Bedienung notwendig. Die Aussagequalität ließe sich mit ergänzenden<br />

Angaben zu Arbeitsplatzdichte, Freizeitgelegenheiten, Bildungs- <strong>und</strong> Handelseinrichtungen weiter<br />

steigern.<br />

Will man die Verteilungsgerechtigkeit der Mittel verbessern, wäre eine empirische Hinterlegung<br />

des Einflusses der Topografie auf die Kosten im ÖV durchzuführen. Auch zu den Kosten flexibler<br />

Bedienformen ist aktuell noch wenig bekannt. Hierzu sind die aktuellen Forschungsergebnisse,<br />

beispielsweise des Wuppertal-Instituts oder der Forschungsgesellschaft FGSV (AK 15.3) auszuwerten.<br />

Wenn das Land NRW Aussagequalitäten zu den Wirkungen von Maßnahmen <strong>und</strong> Strategien flächendeckend<br />

für das ganze Land erreichen möchte, <strong>und</strong> dies wäre für ein mobilitäts- <strong>und</strong> innovationsorientiertes<br />

B<strong>und</strong>esland von der Größe <strong>und</strong> Bedeutung Nordrhein-Westfalens durchaus angemessen,<br />

dann sollte ein Netzmodell aufgebaut <strong>und</strong> vorgehalten werden, das in seiner Qualität<br />

dem des Modells „östliches Ruhrgebiet“ entspricht.


10 Literaturverzeichnis<br />

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