Abschlussbericht - Spiekermann & Wegener Stadt- und ...
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Ableitung von Kriterien<br />
einer ausreichenden Bedienung im ÖV<br />
für unterschiedliche Regionstypen in NRW<br />
Schaffung einer strategischen Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage<br />
für eine einheitliche Förder- <strong>und</strong> Finanzstruktur<br />
in der Mittelzuweisung im ÖV<br />
Auftraggeber:<br />
Ministerium für Bauen <strong>und</strong> Verkehr<br />
des Landes NRW<br />
Bearbeitung:<br />
Bergische Universität Wuppertal<br />
Umweltverträgliche Infrastrukturplanung,<br />
<strong>Stadt</strong>bauwesen<br />
Westfälische Wilhelms-Universität Münster<br />
Institut für Verkehrswissenschaft<br />
<strong>Spiekermann</strong> & <strong>Wegener</strong> (S&W)<br />
<strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> Regionalforschung, Dortm<strong>und</strong><br />
Wuppertal, Münster, Dortm<strong>und</strong> 2007
Projektleitung:<br />
Prof. Dr.-Ing. Felix Huber (LUIS)<br />
Bearbeiter:<br />
Institut für Umweltverträgliche Infrastrukturplanung,<br />
Bergischen Universität Wuppertal (LUIS),<br />
Dipl.-Ing. Kristine Brosch<br />
Prof. Dr.-Ing. Felix Huber (LUIS)<br />
Cand.-Ing. Peter Reinbold<br />
Institut für Verkehrswissenschaft, Universität Münster (IVM)<br />
Prof. D. Karl-Hans Hartwig<br />
Dipl.-Vw. Matthias Peistrup<br />
<strong>Spiekermann</strong> & <strong>Wegener</strong>, <strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> Regionalforschung, Dortm<strong>und</strong> (S&W)<br />
Dipl.-Ing. Klaus <strong>Spiekermann</strong><br />
Prof. Dr.-Ing., Michael <strong>Wegener</strong>
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung ........................................................................................................................................1<br />
2 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum...........................................................3<br />
2.1 Indikatoren..................................................................................................................................3<br />
3 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot ..............................................................................13<br />
3.1 Indikatoren................................................................................................................................13<br />
3.2 Fazit..........................................................................................................................................18<br />
4 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung.......................................................................19<br />
4.1 Struktur, Reformbedarf <strong>und</strong> Perspektiven der ÖV-Finanzierung in NRW .................................19<br />
4.2 Indikatoren................................................................................................................................23<br />
5 Erreichbarkeit ...............................................................................................................................27<br />
5.1 Erreichbarkeit im ÖV.................................................................................................................27<br />
5.2 Problemindex ÖV-Erreichbarkeit ..............................................................................................28<br />
5.3 ÖV-Erreichbarkeit Nordrhein-Westfalen ...................................................................................28<br />
5.4 Erreichbarkeit im östlichen Ruhrgebiet .....................................................................................32<br />
5.5 Fazit..........................................................................................................................................37<br />
6 Zusammenhänge ..........................................................................................................................38<br />
6.1 Zusammenhänge in Nordrhein-Westfalen ................................................................................38<br />
6.2 Zusammenhänge im östlichen Ruhrgebiet ...............................................................................41<br />
6.3 Fazit..........................................................................................................................................47<br />
7 Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel ..........................................................................48<br />
7.1 Verteilungsschlüssel „Ist“..........................................................................................................49<br />
7.2 Verteilungsschlüssel nach „Einwohner <strong>und</strong> Fläche“ .................................................................50<br />
7.3 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung".........................................................................55<br />
7.4 Verteilungsschlüssel C „Angemessene Bedienung“ .................................................................62<br />
8 Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet..........................................69<br />
8.1 Das Modell des östlichen Ruhrgebiets......................................................................................69<br />
8.2 Verteilungsschlüssel .................................................................................................................72<br />
8.3 Modellergebnisse östliches Ruhrgebiet ....................................................................................77<br />
8.4 Bewertung der Modellergebnisse .............................................................................................85<br />
9 Fazit <strong>und</strong> Ausblick........................................................................................................................86<br />
9.1 Vergleich der Verteilschlüssel...................................................................................................86<br />
9.2 Weiterer Forschungsbedarf <strong>und</strong> Handlungsempfehlungen.......................................................88<br />
10 Literaturverzeichnis....................................................................................................................89
1 Einleitung<br />
- 1 -<br />
Einleitung<br />
Als Voraussetzung für die Teilnahme der Menschen an wirtschaftlichen, sozialen <strong>und</strong> kulturellen<br />
Aktivitäten ist die Mobilität ein gesellschaftliches Gr<strong>und</strong>bedürfnis. Deshalb ist die Bereitstellung<br />
der Verkehrsinfrastruktur eine Aufgabe des Staates. Er muss die Gr<strong>und</strong>lage für eine gute Verkehrserschließung<br />
zur Ausübung von Mobilität gewährleisten.<br />
Diese staatliche Verantwortung betrifft in besonderem Maße den öffentlichen Personennahverkehr<br />
(ÖV). Dieser hat bei guter Auslastung gesamtgesellschaftliche Effizienz- <strong>und</strong> Kostenvorteile<br />
gegenüber dem Individualverkehr, verbraucht weniger Umweltressourcen <strong>und</strong> dient der Versorgung<br />
von Bevölkerungsgruppen, denen individuelle motorisierte Mobilität nicht zur Verfügung<br />
steht, wie Kindern <strong>und</strong> alten Menschen, Menschen mit Behinderungen <strong>und</strong> Menschen mit geringem<br />
Einkommen.<br />
Wo öffentlicher Personennahverkehr nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, ist seine Förderung<br />
aus Steuermitteln daher aus Gründen der Daseinsvorsorge <strong>und</strong> der ökologischen Nachhaltigkeit<br />
notwendig <strong>und</strong> gerechtfertigt.<br />
Bei der Erfüllung dieser Aufgabe sieht sich der Staat heute vor neuen Herausforderungen. Einerseits<br />
stellen Kritiker den Umfang der staatlichen Verantwortung in Frage <strong>und</strong> befürworten angesichts<br />
knapper öffentlicher Mittel eine stärkere Beteilung privater Akteure <strong>und</strong> eine Reduzierung<br />
der öffentlichen Beteiligung auf das unbedingt Notwendige. Andererseits nehmen die Gründe für<br />
eine stärkere Rolle des Staates im öffentlichen Personennahverkehr zu: Durch die anhaltende<br />
Suburbanisierung wächst der Anteil der Haushalte in Gebieten mit niedriger Einwohnerdichte, die<br />
nur schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln versorgt werden können. Zugleich steigt der Anteil<br />
der älteren Menschen, die nicht mehr Auto fahren können <strong>und</strong> deshalb auf den öffentlichen Personenverkehr<br />
angewiesen sind. Vor allem aber zwingt die politische Vorgabe, aus Gründen des<br />
Klimaschutzes die Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren, zu einer gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Neuorientierung der Mobilität hin zu umweltfre<strong>und</strong>licheren Verkehrsarten – eine Neuorientierung,<br />
die möglicherweise durch steigende Treibstoffpreise ohnehin herbeigeführt wird.<br />
In diesem Spannungsfeld ist es immer wieder notwendig, die Zielsetzung der öffentlichen Aufgabenerfüllung<br />
im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs zu überprüfen <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
neu zu definieren. Hierzu ist es erforderlich, eine angemessene ÖV-Bedienung zu definieren<br />
<strong>und</strong> den Umfang <strong>und</strong> die Verteilung der zu ihrer Gewährleistung benötigten staatlichen Fördermittel<br />
abzuleiten.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird für die Neuordnung der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs<br />
in Nordrhein-Westfalen ein transparenter Verteilungsschlüssel gesucht, der eine gerechte<br />
<strong>und</strong> effektive Verteilung der öffentlichen Fördermittel ermöglicht <strong>und</strong> Anreize zur Umsetzung<br />
des verkehrlichen Leitbilds einer angemessenen Bedienung setzt.<br />
Das vorliegende Projekt hatte zur Aufgabe, Kriterien für die Messung einer angemessenen Bedienung<br />
im ÖV zu entwickeln, auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser Kriterien Vorschläge für alternative Verteilungsschlüssel<br />
für die öffentlichen ÖV-Fördermittel in Nordrhein-Westfalen zu entwickeln <strong>und</strong><br />
die voraussichtlichen Auswirkungen der alternativen Verteilungsschlüssel auf Mobilität, Erreichbarkeit<br />
<strong>und</strong> Umwelt abzuschätzen.<br />
Hierzu wurden auf der Nachfrageseite Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> Verkehrströme <strong>und</strong> auf der Angebotsseite<br />
die vorhandene Bedienungsqualität im ÖV analysiert. Die Ergebnisse dieser Analyse<br />
werden in den Kapiteln 2 bis 6 dieses Berichts vorgestellt. Kapitel 2 informiert über die Struktur-<br />
<strong>und</strong> Kenngrößen der Nachfrage. Kapitel 3 enthält die Ergebnisse der Analyse des Angebots. In<br />
Kapitel 4 wird die gegenwärtige Finanzierung des ÖV in Nordrhein-Westfalen dargestellt. Kapitel<br />
5 beleuchtet das "Produkt" des ÖV-Angebots in Form der ÖV-Erreichbarkeit in Nordrhein-
- 2 -<br />
Einleitung<br />
Westfalen <strong>und</strong> am Beispiel einer <strong>Stadt</strong>region des östlichen Ruhrgebiets. In Kapitel 6 wird durch<br />
Korrelationsanalysen untersucht, welche Angebotsindikatoren (Inputindikatoren) mit welchen<br />
Auswirkungen auf Erreichbarkeit <strong>und</strong> Umwelt (Outputindikatoren) statistisch verknüpft sind <strong>und</strong><br />
somit als Indikatoren für einen Verteilungsschlüssel geeignet sind, wiederum sowohl für Nordrhein-Westfalen<br />
als Ganzes als auch für die <strong>Stadt</strong>region östliches Ruhrgebiet.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser Ergebnisse werden in Kapitel 7 drei verschieden Verteilungsschlüssel für die<br />
Verteilung der öffentlichen Fördermittel für den ÖV in Nordrhein-Westfalen vorgestellt <strong>und</strong> miteinander<br />
verglichen. Die Verteilungsschlüssel betreffen lediglich die Fördermittel, die pauschal an<br />
die Aufgabenträger (Kreise) verteilt werden, das heißt ohne die Fördermittel für den Schienennahverkehr.<br />
Zusätzlich werden drei Verteilungsschlüssel definiert, in denen angenommen wird,<br />
dass die insgesamt zu verteilenden Mittel um 20 Prozent erhöht werden. In Kapitel 8 werden<br />
schließlich am Beispiel der schon in den Kapiteln 5 <strong>und</strong> 6 verwendeten <strong>Stadt</strong>region östliches<br />
Ruhrgebiet die langfristigen Auswirkungen der sechs Verteilungsschlüssel auf Mobilität, Erreichbarkeit<br />
<strong>und</strong> Umwelt mit Hilfe eines Simulationsmodells vorausgeschätzt.<br />
Die vom Ministerium für Bauwesen <strong>und</strong> Verkehr (MBV) Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegebene<br />
Untersuchung wurde vom April 2006 bis August 2007 durchgeführt. Das Projektteam dankt Herrn<br />
Bernd Michalski vom MBV für die anregende <strong>und</strong> stets für neue Ideen offene Betreuung des Projekts<br />
<strong>und</strong> seine über die Pflichten eines Auftraggebers weit hinausgehende aktive Mitarbeit.<br />
Wuppertal, November 2007
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
2 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
Im urbanen Verkehr bildet die Siedlungsstruktur die Gr<strong>und</strong>lage für die Nachfrage nach ÖV, die<br />
sich zum einen aus der Verteilung der Wohnstandorte, zum anderen aus der Lage der Ziele, also<br />
Arbeitsplätzen, Schulen, Einkaufsgelegenheiten, sowie soziale <strong>und</strong> kulturelle Einrichtungen in<br />
den Gemeinden zusammensetzt. Im interurbanen Verkehr, dem Regionalverkehr zwischen den<br />
Gemeinden, ist auch die zentralörtliche Funktion von Bedeutung: je größer die <strong>Stadt</strong>, desto mehr<br />
übergeordnete Versorgungsfunktionen (Kultur, Bildung, usw.) werden für die Umlandgemeinden<br />
angeboten. In engem Zusammenhang mit den Siedlungsstrukturen stehen auch der Modal Split<br />
<strong>und</strong> die Personenkilometer je Einwohner. Das Maß für die Zuordnung von Kostensätzen sind die<br />
zu fahrenden Nutzwagenkilometer, wobei zwischen straßen- <strong>und</strong> schienengeb<strong>und</strong>enen Verkehren<br />
zu differenzieren ist. Außerdem kann nach Wagengröße bzw. Sitzplatzanzahl (Platzkilometer)<br />
unterschieden werden. Direkten Einfluss auf die Kostensätze je km haben darüber hinaus auch<br />
Topografie <strong>und</strong> Siedlungsdichte - so wirken sich Steigungen, Witterungseinflüsse <strong>und</strong> die Zahl<br />
der „Stop and Go“-Vorgänge in Folge von Haltestellenabständen <strong>und</strong> Verkehrsdichte auf den<br />
Treibstoffverbrauch aus. Ziel ist es, diese Komponenten für jede Gemeinde in Kennzahlen auszudrücken<br />
<strong>und</strong> ihre Eignung als Indikatoren für die Kosten, Angebot <strong>und</strong> Nachfrage der ÖV-<br />
Versorgung zu überprüfen.<br />
2.1 Indikatoren<br />
Für die Bewertung der Kosten <strong>und</strong> die Definition einer angemessenen Bedienung im ÖV wurden<br />
für die Fläche von NRW möglichst flächendeckende, kontinuierlich-gepflegte <strong>und</strong> unabhängig erhobene<br />
Daten gesucht, die in einem digitalen Geoinformationssystem bearbeitet werden können.<br />
Daten über die Lage der Wohnstandorte <strong>und</strong> die Topografie konnten aus dem ATKIS-Modell<br />
(Amtlich Topographisch-Kartographisches Informationssystem) des B<strong>und</strong>esamtes für Kartographie<br />
<strong>und</strong> Geodäsie (BKG) übernommen werden. Bezahlbare, verfügbare digitale Daten über die<br />
Ziele im ÖV auf urbaner Ebene, z.B. Einkaufsgelegenheiten, Arbeitsplätze <strong>und</strong> Schulen existieren<br />
lediglich für Teilbereiche von NRW, so dass im ersten Schritt vereinfachend nur die Lage der<br />
Wohnstandorte analysiert wurde. Die Kennzahl für die Topografie (Abbildung 2-1) lässt sich über<br />
die Standardabweichung der Höhenlinien der jeweiligen Gemeinde errechnen.<br />
Topografie<br />
Eine gebirgige Landschaft zeichnet sich durch steile enge Straßen, kurvige Linienführung <strong>und</strong><br />
Teilorte, die an Stichstraßen liegen, gegenüber dem Flachland mit seinen direkteren Straßenführungen<br />
<strong>und</strong> großzügigen Straßenräumen aus. Dieser Umstand erschwert auch den Betrieb des<br />
ÖV im topografisch bewegten Land: Es müssen Fahrzeuge mit stärkeren Motoren angeschafft<br />
werden <strong>und</strong> Fahrzeiten verlängern sich. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist die Topografie eine raumstrukturelle<br />
Eigenschaft, die als Indikator berücksichtigt werden sollte.<br />
Dabei spielt weniger die absolute Höhe über NN eine Rolle, in der die Gemeinde liegt, sondern<br />
die Höhendifferenzen, die auf dem Gemeindegebiet zu überwinden sind. Diese können über die<br />
Standardabweichung der Höhenlinien berechnen werden.<br />
Übertragen auf die Quantifizierung der topografischen Bewegtheit ergibt die Standardabweichung<br />
der Höhenlinien ein Maß, wie weit die Höhenwerte voneinander abweichen – je größer die Standardabweichung,<br />
desto mehr unterscheiden sich die Höhenwerte voneinander, sprich desto bewegter<br />
ist die Gemeindefläche. Ferner dämpft die Standardabweichung extrem vom Mittelwert<br />
abweichende Werte, so dass Ausreißer, also schroffe Erhebungen, die von keiner Relevanz für<br />
den Verkehr sind, nicht ins Gewicht fallen.<br />
- 3 -
Abbildung 2-1 Qualitative Darstellung der Topografie<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
Abbildung 2-2 Qualitative Darstellung der zugeordneten Kennzahlen zur Topografie<br />
- 4 -
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
Generell beeinflusst die Topografie die Besiedlungsstrukturen. Gerade im topografisch stark bewegten<br />
Gelände wie beispielsweise im Hochsauerland <strong>und</strong> der Eifel konzentriert sich die Besiedlung<br />
verstärkt in den Tallagen der Flüsse – günstige Voraussetzung also für die ÖV-Bedienung,<br />
weil die Verkehrsbeziehungen gerichtet <strong>und</strong> die Besiedlung konzentriert ist. Wählt man als Berechnungsgr<strong>und</strong>lage<br />
demnach nur die Höhenlinien im Umfeld der Flüsse, bleiben außerdem topografisch<br />
stark bewegte Gemeindeteile, die nicht besiedelt sind, unberücksichtigt.<br />
Diese Modifikation des ursprünglichen Ansatzes wirkt sich nur für dünn besiedelte ländliche Regionen<br />
aus. In verstädterten Teilen des Landes ist die Abhängigkeit zwischen Siedlungsdichte<br />
<strong>und</strong> Topografie vernachlässigbar gering. Zumindest in NRW finden sich dicht besiedelte Regionen<br />
ohnehin nicht in den topografisch stark bewegten Räumen, so dass eine Differenzierung der<br />
Höhenlinien wenig zusätzliche Informationen bringt (vgl. Nordwesten von Nordrhein-Westfalen).<br />
Bisher liegen keine konkreten Forschungsergebnisse über den Kosteneinfluss der Topografie auf<br />
die Betriebskosten im ÖV vor. Wünschenswert wäre, wenn dieser Zusammenhang in einem weiteren<br />
Forschungsprojekt quantifiziert werden könnte.<br />
Gemeindefläche, Ortslage <strong>und</strong> bewohnte Flächen<br />
Das ATKIS-Modell enthält neben den Gemeindeflächen auch eine Differenzierung nach Ortslagen<br />
<strong>und</strong> bewohnten Flächen. Die Abgrenzung der Ortslage unterliegt dabei keinen starren Regeln,<br />
sondern bildet die Umhüllende der im Zusammenhang bebauten Gebiete. Sie kann deshalb<br />
auch unterschiedlich große unbebaute Flächenanteile, wie Park-, Grün-, <strong>und</strong> kleinere Waldflächen<br />
enthalten. Auch eine feste Größendefinition, nach der Splittersiedlungen als Ortslage gekennzeichnet<br />
werden, ist nicht vorgegeben. Deshalb eignet sich die Ortslage auf Gr<strong>und</strong> ihrer fehlenden<br />
Eindeutigkeit nicht als Indikator. Bei den bebauten Flächen wird nach Wohn-, Misch- <strong>und</strong><br />
Industrie-/Gewerbebebauung unterschieden. Obwohl letztere ebenfalls für den öffentlichen Verkehr<br />
relevant sein sollte, werden diese Bereiche im ersten Schritt der Untersuchung nicht berücksichtigt,<br />
weil hier das Nutzerpotential vergleichsweise gering ist. Die bewohnten Flächen bzw. die<br />
Mischgebiete <strong>und</strong> als solche auch die Kerngebiete der Städte sind für die Betrachtung der Indikatoren<br />
relevant, auch wenn das ATKIS-Modell keine Aussagen über die Bebauungsintensität <strong>und</strong><br />
damit über die Einwohnerdichte ermöglicht.<br />
Einwohnerzahl <strong>und</strong> -dichte<br />
Die reinen Einwohnerzahlen der Gemeinden liegen beim Landesamt für Daten <strong>und</strong> Statistik<br />
(LDS) vor. Sie geben zumindest einen ersten Hinweis darauf, wie viel Verkehrsnachfrage in einer<br />
Gemeinde existiert. Je größer die Einwohnerzahl, desto besser kann ein klassisches ÖV-Angebot<br />
an die Verkehrsnachfrage angepasst werden.<br />
Auf die Gemeindefläche bezogen ergeben die Einwohnerzahlen einen ersten Richtwert für die<br />
Einwohnerdichte. Allerdings handelt es sich bei den Gemeindegrenzen um administrative Konstrukte,<br />
die stark von historischen Grenzziehungen <strong>und</strong> politischen Entscheidungen beeinflusst<br />
sein können. Die so berechnete Einwohnerdichte sagt wenig über den Aufwand für die ÖV-<br />
Bedienung aus. Auf Gr<strong>und</strong> der relativen Zufälligkeit der Ortslagenflächen, verbessert sich das Ergebnis<br />
auch kaum durch eine Verteilung der Einwohner auf die Ortslagen. Auch eine Verteilung<br />
der Einwohner auf die bewohnten Flächen hat eine erhebliche Streuung zum Ergebnis. Insbesondere<br />
die Einwohnerdichten kleiner stadtnaher <strong>und</strong> ländlicher Siedlungen werden so erheblich<br />
überschätzt.<br />
- 5 -
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
Abbildung 2-3 Absolute Einwohnerzahlen <strong>und</strong> Einwohnerdichte (Einwohner je ha) <strong>und</strong> Gemeinde<br />
(eigene Bearbeitung nach den ATKIS-Daten)<br />
- 6 -
Struktur <strong>und</strong> Kompaktheit der Besiedlung<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
Sinnvoller scheint es, zusätzlich zu den Einwohnerdichten ein Maß für die Siedlungsstreuung zu<br />
finden, das von der Größe der einzelnen Siedlungseinheiten <strong>und</strong> ihrer Verteilung im Raum abhängig<br />
ist. Zusammenhängende lineare Siedlungsbänder <strong>und</strong> kompakte Siedlungseinheiten sind<br />
für die ÖV-Erschließung mit Standardlinienbussen am günstigsten, ungünstig sind kleine <strong>und</strong><br />
kleinste Siedlungseinheiten, die sich relativ gleichmäßig auf die Gemeindefläche verteilen (Abbildung<br />
2-4).<br />
Abbildung 2-4 Beispiele für unterschiedliche Arten der Siedlungsstreuung<br />
(eigene Bearbeitung nach den ATKIS-Daten)<br />
Der Kompaktheitsgrad nach Thinh (Thinh 2002), der aus der Siedlungsflächengröße sowie den<br />
gegenseitigen Abständen der einzelnen Siedlungseinheiten zueinander berechnet werden kann<br />
(Abbildung 2-5), eignet sich für die Bestimmung der Siedlungsstreuung innerhalb einer Gemeinde<br />
<strong>und</strong> wird nach folgender Formel berechnet:<br />
T<br />
=<br />
1 − n<br />
n<br />
∑∑<br />
i = 1 j = i + 1<br />
1<br />
⋅<br />
c<br />
Z<br />
⋅<br />
n(<br />
n −1)<br />
2<br />
i<br />
Z<br />
d<br />
j<br />
2<br />
i,<br />
j<br />
In der Formel entsprechen i, j <strong>und</strong> n der Anzahl der zu einer Gemeinde gehörenden Siedlungsteilflächen,<br />
Z ist die bewohnte Fläche, d die Entfernung zwischen zwei Siedlungsteilflächen <strong>und</strong> c<br />
ein Proportionalitätsfaktor (10.000 m², entsprechend der 100x100m-Rasterung, so dass T dimensionslos<br />
wird). Das Ergebnis beschreibt die „Anziehungskraft“ analog zum Newton’schen Gravitationsgesetz<br />
zwischen zwei Siedlungsteilflächen.<br />
Je größer die Kennzahl, desto kompakter sind die Siedlungseinheiten. Kompakte Siedlungseinheiten<br />
finden sich besonders in der Kölner Bucht <strong>und</strong> im Siegerland. Starke Streuungen liegen im<br />
flachen Norden von NRW, Weniger stark ausgeprägt ist die Streuung in der Eifel, im Bergischen<br />
Land <strong>und</strong> im Hochsauerland.<br />
- 7 -<br />
(2.1)
Abbildung 2-5 Siedlungsstreuung – Kennzahlen nach Thinh<br />
(eigene Bearbeitung nach den ATKIS-Daten)<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
- 8 -
Klassifizierung von Räumen<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
Das Ergebnis einer Clusteranalyse aus der Einwohnerzahl, den Kennzahlen der Topografie <strong>und</strong><br />
der Siedlungsstreuung gliedert die Gemeinden von NRW in sechs Strukturtypen (Abbildung 2-6).<br />
Ziel ist es, Städte mit gleichen strukturellen Rahmenbedingungen bezüglich Angebot-, Nachfrage-<br />
<strong>und</strong> Kosten im ÖV zu vergleichen.<br />
Für die Großstädte in NRW haben Dispersion <strong>und</strong> Bewegtheit keine Bedeutung mehr – die übrigen<br />
Städte unterscheiden sich nach den drei topografischen Kategorien: eben, leicht <strong>und</strong> stark<br />
bewegt sowie nach der Siedlungsdichte. Kompakte Siedlungseinheiten finden sich nur in relativ<br />
ebenen Gebieten zwischen Aachen <strong>und</strong> Köln sowie bei Siegen. Die Clusteranalyse unterscheidet<br />
außerdem die Großstädte in zwei Gruppen, wobei die Unterscheidung ziemlich genau den Städten<br />
mit <strong>und</strong> ohne U-Bahnsystem entspricht.<br />
Abbildung 2-6 Klassifizierung von Räumen<br />
- 9 -<br />
bewegt I + dispers<br />
bewegt II + dispers<br />
Großstadt I<br />
Großstadt II<br />
eben + dispers<br />
eben + kompakt
Pendlerbeziehungen<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
Als Indikator für die Verkehrsnachfrage im interurbanen Verkehr zwischen den Gemeinden stehen<br />
die Berufspendlerbeziehungen des Landesamts für Statistik zur Verfügung. Dort sind alle sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten mit ihren Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsorten erfasst. Zum einen entstehen<br />
die bemessungsbestimmenden Verkehrsspitzen im ÖV in den Morgenst<strong>und</strong>en durch die<br />
Pendlerströme, zum anderen korreliert die zentralörtliche Funktion einer <strong>Stadt</strong> mit der Zahl der<br />
Einpendler, sodass sich die Pendlerströme als Nacfrageindikator anbieten. Die folgende Karte<br />
zeigt alle Pendlerströme mit mehr als drei Berufspendlern. Die großen Monozentren sind Aachen,<br />
Münster, Paderborn <strong>und</strong> Siegen. Der Schwerpunkt der polyzentralen Strukturen liegt im Ruhrgebiet<br />
<strong>und</strong> entlang des Rheins. Aber auch in Ostwestfalen lassen sich Vernetzungstendenzen beobachten.<br />
Abbildung 2-7 Pendlerströme<br />
Über ein Ranking nach der Größe der Pendlerströme kann ein erstes einfaches Nachfragenetz<br />
definiert werden. Ergänzt um den regionalen Modal Split ist eine Gewichtung des Nachfragepotenzials<br />
im ÖV möglich.<br />
- 10 -
Klassifizierung von ÖV- Verkehrsregionen/Verbindungen<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
Auch für eine Ausrichtung der kleineren Gemeinden auf die nächstgelegenen Zentren, lassen<br />
sich die Berufspendlerzahlen verwenden. Gemeinden werden als Zentren oder Horizontskerne<br />
identifiziert, wenn mindestens 7500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die nicht in dieser<br />
Gemeinde wohnen, dort tätig sind. Eine Gemeinde wird einem Verkehrshorizont zugeordnet,<br />
wenn mindestens ein Promille der Einwohner einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit in<br />
dessen Kern nachgeht.<br />
Über das Ziel der größten Pendlerströme aus jeder Gemeinde ergeben sich so genannte Verkehrshaupthorizonte<br />
(Abbildung 2-8). In den ländlichen Gebieten sind diese relativ flächengroß,<br />
<strong>und</strong> sie spiegeln die monozentrale Ausrichtung der Region wieder. Im Agglomerationsraum<br />
Rhein-Ruhr sind die Flächen der Verkehrshaupthorizonte dagegen eher klein, entsprechend der<br />
polyzentralen Struktur dieser Region.<br />
Beim Vergleich der Anzahl der Horizontskerne (Abbildung 2-9), die aus den jeweiligen Gemeinden<br />
angesteuert werden, wird die starke Vernetzung der Agglomerationsräume noch mal besonders<br />
deutlich.<br />
Die Verkehrshorizonte ermöglichen die Überprüfung von Verkehrsverb<strong>und</strong>sgrenzen <strong>und</strong> Tarifzonengrenzen.<br />
Alle Gemeinden innerhalb eines Verkehrshorizontes sollten möglichst mit ihrem Horizontskern<br />
durch den ÖV im gleichen Verb<strong>und</strong>gebiet verb<strong>und</strong>en sein.<br />
Abbildung 2-8 Verkehrshaupthorizonte <strong>und</strong> zugehörige Horizontskerne<br />
- 11 -
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Nachfrage <strong>und</strong> Raum<br />
Abbildung 2-9 Anzahl der Zuordnungen der Gemeinden zu Horizontskernen<br />
- 12 -
3 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />
3.1 Indikatoren<br />
Urbaner <strong>und</strong> lokaler Verkehr: Haltestellenbedienung<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />
Mögliche Messgrößen für die Qualität der Haltestellenbedienung sind einerseits die Faktoren Bedientyp,<br />
also welches Verkehrsmittel an der Haltestelle gewählt werden kann, Taktdichte <strong>und</strong> Bedien-<br />
bzw. Betriebsdauer. Für eine angemessene Bedienung muss auf der anderen Seite die Flächennutzung<br />
<strong>und</strong> damit die zu erwartende Nutzungsintensität im Einzugsbereich der Haltestelle<br />
berücksichtigt werden. Haltestellen mit wenigen potentiellen Nutzern im Einzugsbereich kann<br />
demnach eine geringere Bedienqualität zugeordnet werden.<br />
In NRW ist die Georeferenzierung aller Haltestellen im Rahmen des Projekts „Schlaue Nummer<br />
NRW“ von den Verkehrsunternehmen durchgeführt worden <strong>und</strong> liegt nun den Verkehrsverbünden<br />
für die Fahrplaninformation gebündelt vor. Außerdem existiert ein red<strong>und</strong>anter Datensatz für das<br />
Hafas-Auskunftssystem der Deutschen Bahn für ganz Deutschland. Die Haltestellenbezeichnungen<br />
beider Systeme sind dabei nicht eindeutig, zurzeit werden außerdem fehlende Haltestellen<br />
ergänzt. Einige Verkehrsunternehmen erfassen alle Haltestellen, andere berücksichtigen solche<br />
Haltestellen, die ausschließlich im Schülerverkehr bedient werden, zurzeit noch nicht.<br />
Obwohl die Datenerhebung vom Land NRW finanziert wurde, liegen die Nutzungsrechte weiter<br />
bei den Verkehrsunternehmen, die einer flächendeckenden Verwendung ausschließlich zum<br />
Zwecke der Fahrplanauskunft zustimmen. Hier ist eine Verfügbarkeit für die ÖV-Planung des<br />
Landes anzustreben.<br />
Abbildung 3-1 Haltestellen <strong>und</strong> Anzahl Abfahrten<br />
- 13 -
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />
Die Zuordnung von Bedienungsart, -häufigkeit <strong>und</strong> -dauer zu den Haltestellen aus der digitalen<br />
Fahrplanauskunft ergibt für NRW ein sehr differenziertes Bild (Abbildung 3-2 + 3). Lange Bediendauern<br />
<strong>und</strong> kurze Takte findet man in den dichtbesiedelten Regionen, wenige Abfahrten vielfach<br />
in ländlichen Regionen. Das Standardverkehrsmittel ist auch in den ländlichen Bereichen der Linienbus.<br />
Angepasste Bedienformen orientieren sich offenbar weniger an fest definierbaren objektiven<br />
Einsatzkriterien, als vielmehr an lokalen, politischen Schwerpunkten <strong>und</strong> individueller Experimentierbereitschaft.<br />
Dies zeigen auch die Mittelwerte für Bediendauer <strong>und</strong> Taktdichte der einzelnen Gemeinden, die<br />
sich allerdings nur als grober Kennwert für die Bedienqualität innerhalb einer Gemeinde eignen.<br />
Je nach Anordnung <strong>und</strong> Anzahl der Haltestellen, insbesondere außerhalb der eigentlichen <strong>Stadt</strong>bereiche<br />
kann durch die Mittelwertbildung eine schlechte Bedienqualität suggeriert werden. Hier<br />
wäre eine Unterscheidung nach Einwohnerdichte im Einzugsbereich erforderlich, um eine sicherere<br />
Beurteilung zu ermöglichen bzw. die Bedienqualität nach dem Nachfragepotential zu gewichten.<br />
Abbildung 3-2 mittlere Taktdichte (Minuten)<br />
- 14 -
Abbildung 3-3 mittlere Betriebsdauer (St<strong>und</strong>en)<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />
Eine Betrachtung der Einzugsbereiche der Haltestellen, wobei ein Haltestellenradius von 500 m<br />
(INOVAPLAN <strong>und</strong> Kirchhoff u. a., 1999) gewählt wurde, zeigt, dass der Anteil der bewohnten Bereiche,<br />
die mit langer Bediendauer versorgt sind, in den <strong>Stadt</strong>regionen deutlich größer ist, als auf<br />
dem Land. Die Bediendauer wurde hierzu in Anlehnung an die Richtlinie für integrierte Netzgestaltung<br />
(RIN) (Gerlach u. a., 2005) in 5 Qualitätsstufen unterteilt. (Abbildung 3-4 + 5)<br />
Bei der Bewertung in Abbildung 3-4 handelt es sich um die Summe der bewohnten Flächen, die<br />
eine entsprechende Mindestqualität der Bedienung aufweisen, sodass eine von 100% abweichende<br />
Fläche möglich ist.<br />
- 15 -
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />
Abbildung 3-4 Haltestelleneinzugsbereiche, bewertet nach der Bedienungsdauer<br />
50%<br />
45%<br />
40%<br />
35%<br />
30%<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
A 21-24h<br />
B 19-21h<br />
C 17-19h<br />
D 12-17h<br />
E 4-12h<br />
F 0-4h<br />
Großstädte kreisfreie Städte verdichtete Kreise ländl. Kreise<br />
Abbildung 3-5 Anteile mit Mindestbediendauer nach Qualitätsstufen <strong>und</strong> Kreistyp<br />
- 16 -
Regionaler Verkehr<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />
Ein Routing der Pendlerströme über die Fahrplanauskunft ergibt die Reisezeiten <strong>und</strong> die Zahl der<br />
Umsteigevorgänge, aus denen auf die Qualität der Verbindungen zwischen den Gemeinden geschlossen<br />
werden kann. Für dieses Routing ist es wichtig, eine zentrale Haltestelle für jede Gemeinde<br />
festzulegen, die dem Hauptumsteigeknoten entsprechen sollte. Neben dem Hauptbahnhof<br />
ist dies oftmals der Marktplatz oder das Rathaus. Im Datensatz für die Haltestellenbedienung<br />
ist dies die Haltestelle mit den meisten Abfahrten. Die Feinverteilung der Pendler innerhalb der<br />
Gemeinde ist dann von der urbanen Bedienqualität <strong>und</strong> nicht vom regionalen Netz abhängig.<br />
Die digitale Fahrplanauskunft der Bahn ermöglicht neben der Standardreiseauskunft auch einen<br />
modalen Reisezeitvergleich. Dieser gibt Auskunft über die Reisezeit im motorisierten Individualverkehr<br />
(IV). Für große Pendlerströme können so, zum einen Relationen identifiziert werden, auf<br />
denen der ÖV Nachholbedarf hat, weil die Reisezeiten dort ein Vielfaches der Reisezeiten im IV<br />
betragen. Andererseits gibt es sicher auch Relationen, mit geringeren Pendlerzahlen <strong>und</strong><br />
hervorragender IV-Verbindung, auf denen mit vertretbarem Aufwand keine vergleichbare<br />
Bedienqualität im ÖV erreicht werden kann. Die Abbildungen zeigen Relationen mit mehr als 300<br />
Direktpendlern, bei denen die Reisezeiten im ÖV kürzer bzw. nicht länger als doppelt so lang wie<br />
im IV sind, sowie Relationen auf denen die Pendler mehr als 2 bzw. 3-mal so lang unterwegs sind<br />
als im IV (Abbildung 3-3+4).<br />
── IV mind. 2x schneller als ÖV<br />
── IV mind. 3x schneller als ÖV<br />
Abbildung 3-6 Routen mit ungünstigem Reisezeitverhältnis zwischen IV <strong>und</strong> ÖV<br />
- 17 -
── IV max. 2x schneller als ÖV<br />
── IV langsamer als ÖV<br />
Abbildung 3-7 Routen mit günstigem Reisezeitverhältnis zwischen IV <strong>und</strong> ÖV<br />
3.2 Fazit<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Angebot<br />
Die Datenanalyse zeigt, dass eine Vielfalt von Daten zur Abbildung von Angebots- <strong>und</strong> Nachfragestrukturen<br />
im ÖV flächendeckend <strong>und</strong> digital vorliegt. Allerdings ist die nötige Kleinteiligkeit<br />
nicht immer gegeben <strong>und</strong> auch die Datenqualität der Datensätze ist über die Fläche nicht immer<br />
einheitlich. Hier sind vorliegende Ungenauigkeiten entsprechend abzuschätzen <strong>und</strong> zu berücksichtigen.<br />
Für die Abschätzung des Nachfragepotentials im städteübergreifenden Verkehr eignen sich die<br />
Berufspendlerzahlen. Ergänzend wären Daten, die Aussagen zum Einkaufs- <strong>und</strong> Freizeitverkehr<br />
ermöglichen, wünschenswert.<br />
Im innerstädtischen Verkehr lässt sich die Nachfrage beispielsweise aus den Einwohnerdichtewerten<br />
ableiten. Die vorliegenden Daten erlauben hier erste Vergleiche, allerdings würde eine<br />
stärkere räumliche Disaggregation bessere Möglichkeiten zur Zuordnung der Nachfragepotentiale<br />
erlauben. Bisher wurden hier nur Daten zu Wohnstandorten geprüft, für den innerstädtischen ÖV<br />
sind aber ebenfalls Ausbildungsplätze, Arbeitsplätze <strong>und</strong> weitere Versorgungseinrichtungen von<br />
Bedeutung. Die bisher vorliegenden Daten (ATKIS) erlauben derzeit noch keine Zuordnung entsprechend<br />
ihrer zu erwartenden ÖV-Nachfrageintensität, sodass sie hier nicht weiter berücksichtigt<br />
wurden.<br />
Auch wenn nicht alle hier analysierten Daten (zum Beispiel die Topografie) für die Ableitung der<br />
Verteilschlüssel zur Anwendung kommen, ermöglichen sie doch ein besseres Verständnis der aktuellen<br />
Situation im ÖV.<br />
- 18 -
4 Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />
4.1 Struktur, Reformbedarf <strong>und</strong> Perspektiven der ÖV-Finanzierung in NRW<br />
Die Finanzierung des ÖV in NRW basiert im Wesentlichen auf drei Säulen:<br />
− Wichtigster Einzelbestandteil der Finanzierung sind die Entgelte der ÖV-Nutzer aus Fahrausweisverkäufen.<br />
Hinzu kommen einige weitere Einnahmepositionen wie z.B. die Vermietung von<br />
Werbeflächen. Insgesamt decken diese Erträge jedoch im Durchschnitt weniger als 50% des<br />
Gesamtaufwandes der ÖV-Unternehmen.<br />
− Viele Kreise <strong>und</strong> kreisfreie Städte leisten einen Eigenanteil zur Sicherstellung eines angemessenen<br />
ÖV. Dies geschieht z.B. in Form von Betriebskostenzuschüssen, Verlustübernahmen<br />
oder Gesellschaftereinlagen. In vielen Städten besteht zudem immer noch über den kommunalen<br />
Querverb<strong>und</strong> die Möglichkeit, Verluste aus dem ÖV mit Gewinnen aus anderen Versorgungsbereichen<br />
abzudecken. Zudem sind die kommunalen Schulträger häufig wichtigster K<strong>und</strong>e<br />
der Verkehrsunternehmen, da sie für die Schülerbeförderung aufkommen <strong>und</strong> die Verkehrsunternehmen<br />
mit diesem meist einträglichen Geschäft den allgemeinen Linienverkehr quersubventionieren<br />
können.<br />
− Daneben gibt es eine ganze Reihe von Finanzierungsinstrumenten des Landes, die sich zusammenfassen<br />
lassen in Ausgleichsleistungen für die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Leistungen,<br />
zu denen der Ausbildungsverkehr <strong>und</strong> die Schwerbehindertenbeförderung gehören sowie<br />
in Investitionsbeihilfen, zu denen die Fahrzeugförderung <strong>und</strong> die allgemeine Investitionsförderung<br />
gehören. Daneben gibt es einige kleinere Förderprogramme, die z.T. zeitlich begrenzt<br />
sind, wie z.B. die Aufgabenträgerpauschale, die Bürgerbusförderung, innovative ÖV-Vorhaben,<br />
Sicherheit <strong>und</strong> Service etc. Diese Finanzierungsinstrumente werden im Folgenden in Bezug auf<br />
Probleme <strong>und</strong> Reformnotwendigkeiten kurz beleuchtet.( Abbildung 4-1)<br />
Abbildung 4-1 Finanzströme derzeit<br />
- 19 -
- 20 -<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />
Ausgleichszahlungen für preisreduzierte Tarife im Ausbildungsverkehr<br />
Nach § 45a PBefG haben die Verkehrsunternehmen einen Erstattungsanspruch für die preisreduzierten<br />
Tarife im Ausbildungsverkehr. Erstattet wird die Hälfte der Differenz zwischen den Erlösen<br />
im Ausbildungsverkehr <strong>und</strong> den verkehrsspezifischen Kosten. Diese setzen sich zusammen<br />
aus der Gültigkeitsdauer der Fahrausweise, der Anzahl der Fahrten, der mittleren Reiseweite <strong>und</strong><br />
einem von der Verkehrsform abgängigen Kostensatz. Neben dem Ansatz pauschalierter Werte<br />
besteht die Möglichkeit, betriebsindividuelle Kennzahlen für die Ermittlung des Ausgleichsbetrages<br />
anzusetzen. Im Jahr 2006 betrugen die Ausgleichszahlungen in NRW insgesamt 168,7 Mio.<br />
Euro.<br />
Dieses Förderinstrument zeichnet sich durch massive Fehlanreize <strong>und</strong> eine Verschwendung öffentlicher<br />
<strong>und</strong> privatwirtschaftlicher Ressourcen aus. Zum einen ist das Ausgleichsverfahren aufgr<strong>und</strong><br />
seiner Komplexität <strong>und</strong> Intransparenz sowohl auf der Unternehmensseite als auch bei den<br />
Behörden mit einem sehr hohen administrativen Aufwand verb<strong>und</strong>en. Zum zweiten werden nicht<br />
nur die Mindereinnahmen ausgeglichen. Die Summe aus Fahrgeldeinnahmen im Ausbildungsverkehr<br />
<strong>und</strong> Ausgleichszahlungen liegt im Mittel 1,5-mal höher als der Preis für einen normalen<br />
Zeitfahrausweis. In ländlichen Räumen liegt diese Quote z.T. noch deutlich höher <strong>und</strong> so sind die<br />
Ausgleichszahlungen hier zum wichtigsten Gr<strong>und</strong>finanzierungsinstrument geworden, was ihrer<br />
eigentlichen Aufgabe völlig widerspricht. Zum dritten beinhaltet das Verfahren für die Verkehrsunternehmen<br />
erhebliche Möglichkeiten, den Ausgleichsbetrag (unnötig oder sogar ungerechtfertigt)<br />
zu erhöhen <strong>und</strong> schafft Anreize, sich auf die K<strong>und</strong>engruppe Schüler <strong>und</strong> Auszubildende zu konzentrieren<br />
<strong>und</strong> so die Fördermittel zu maximieren, anstatt Maßnahmen zur Gewinnung neuer,<br />
wahlfreier K<strong>und</strong>engruppen zu forcieren.<br />
Wie bereits vorgesehen sollte dieses Förderinstrument komplett abgeschafft werden. Die frei<br />
werdenden finanziellen Mittel sollten den Aufgabenträgern pauschal für die Bestellung von Verkehren<br />
zur Verfügung gestellt werden. Sollte der Förderbetrag in der Summe gleich bleiben, würden<br />
die Verkehrsunternehmen per Saldo von dieser Neuregelung profitieren, da erhebliche administrative<br />
Ressourcen frei werden <strong>und</strong> wertschöpfend eingesetzt werden könnten.<br />
Ausgleichszahlungen für die unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen<br />
Nach § 148 SGB IX haben die Verkehrsunternehmen einen Erstattungsanspruch für die unentgeltliche<br />
Beförderung schwerbehinderter Menschen. Im Regelfall wird ihnen ein pauschaler Prozentsatz<br />
der nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen als Ausgleichszahlung gewährt. Jedoch nimmt<br />
eine große Zahl von Verkehrsunternehmen die Möglichkeit der Individualerstattung in Anspruch,<br />
die es ihnen erlaubt, durch Nachweis höherer betriebsindividueller Nutzungszahlen die Einnahmen<br />
aus Ausgleichszahlungen zu steigern. Im Jahr 2006 wurden in NRW Fahrgeldausfälle in Höhe<br />
von 126,4 Mio. Euro erstattet.<br />
Der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen hat bereits im Jahr 2004 „schwerwiegende Mängel“<br />
bei diesem „aufwändigen, langwierigen <strong>und</strong> äußerst fehleranfälligen“ Erstattungsverfahren<br />
diagnostiziert <strong>und</strong> auf „erhebliche finanzielle Nachteile“ des Landes hingewiesen. Sowohl bei der<br />
Bestimmung der relevanten Fahrgeldeinnahmen als auch bei der Ermittlung der betriebsindividuellen<br />
Anteile schwerbehinderter Fahrgäste haben die Verkehrsunternehmen erheblichen Gestaltungsspielraum.<br />
Eine genaue Überprüfung durch die Bezirksregierungen ist oftmals kaum möglich.<br />
Zwar liegen die Ausgleichszahlungen nicht im direkten Verantwortungsbereich des Verkehrsministeriums,<br />
doch wird empfohlen, auf B<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Länderebene darauf hinzuarbeiten, dieses Finanzierungsinstrument<br />
analog zur Regelung im SPNV auch für den ÖV abzuschaffen <strong>und</strong> die frei<br />
werdenden Mittel in die pauschalierte Förderung mit einzubeziehen.
Fahrzeugförderung<br />
- 21 -<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />
Nach § 13 ÖVG NRW können die Verkehrsunternehmen für die Beschaffung von Fahrzeugen,<br />
die im ÖV eingesetzt werden, bis zu 80% der Investitionssumme als Förderung erhalten. 50% der<br />
Gesamtfördersumme können allerdings auch für sonstige Investitionen im ÖV verausgabt werden.<br />
Die Verteilung der Mittel erfolgt über die Aufgabenträger, die das Geld über einen Schlüssel<br />
aus geleisteten Wagenkilometern, -betriebsst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Äquivalenzkennziffern vom Land erhalten.<br />
Die gesamte Förderung belief sich in NRW im Jahr 2006 auf 109,8 Mio. Euro <strong>und</strong> war an die<br />
Entwicklung der Regionalisierungsmittel gekoppelt.<br />
Neben dem Verwaltungs- <strong>und</strong> Prüfungsaufwand liegt der große Nachteil dieses Instrumentes in<br />
der Zweckbindung auf Investitionen. Es werden zum einen Anreize geschaffen, den Fahrzeugpark<br />
deutlich häufiger durch neue Fahrzeuge zu ersetzen, zum anderen besteht die Tendenz,<br />
teure <strong>und</strong> individuelle Lösungen zu bevorzugen. Eine Standardisierung ist in diesem Markt dementsprechend<br />
kaum ausgeprägt, <strong>und</strong> das Preisniveau für Busse ist in Deutschland im europäischen<br />
Vergleich sehr hoch. Wie bei allen Nachfragesubventionen versickert auch hier ein beträchtlicher<br />
Teil der Mittel bei den Anbietern, d.h. den Busherstellern. Das Qualitätsniveau der<br />
Fahrzeuge ist zwar in der Regel entsprechend hoch <strong>und</strong> der ÖV in dieser Hinsicht attraktiv, doch<br />
stellt sich die Frage, ob es das ist, was die K<strong>und</strong>en wünschen. Entsprechende Befragungen lassen<br />
den Schluss zu, dass ein Gr<strong>und</strong>qualitätsniveau zwar notwendig ist, ansonsten aber die Reisezeit<br />
der wichtigste Parameter bei der Verkehrsmittelwahl ist. Dazu nötige Taktverdichtungen,<br />
Bedienungsdauerverlängerungen <strong>und</strong> Fahrplanoptimierungen sind allerdings nicht förderfähig.<br />
Wie geplant, sollte dieses Förderinstrument aufgehoben <strong>und</strong> durch eine pauschale Mittelzuweisung<br />
an die Aufgabenträger ersetzt werden. Außerdem sollte es keine investive Zweckbindung<br />
mehr geben, um den Verkehrsunternehmen die Möglichkeit zu geben, eine Verbesserung des<br />
ÖV-Angebots entsprechend den K<strong>und</strong>enwünschen <strong>und</strong> den regionalen Besonderheiten vorzunehmen.<br />
Investitionsförderung<br />
Im ÖV steht eine ganze Reihe von Finanzierungsinstrumenten zur Förderung von Investitionsvorhaben<br />
zur Verfügung. Dazu gehören die B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Landesprogramme des GVFG <strong>und</strong> Investitionszuschüsse<br />
nach § 12 ÖVG NRW, die sich wiederum aus Mitteln nach § 8 Abs. 2 RegG speisen<br />
<strong>und</strong> zu maximal 50% auch für SPNV - Infrastrukturmaßnahmen verwendet werden können.<br />
Im GVFG-B<strong>und</strong>esprogramm waren 2006 in NRW 60,8 Mio. Euro verfügbar, im Landesprogramm<br />
129,1 Mio. Euro. Hinzu kommen Mittel in Höhe von 181,5 Mio. Euro für Investitionszuschüsse<br />
nach § 12 ÖVG NRW.<br />
Es greifen ähnliche Kritikpunkte wie bei der Fahrzeugförderung. Die Investitionsfokussierung führt<br />
zu Über- <strong>und</strong> Fehlinvestitionen <strong>und</strong> zu kostenintensiven Projekten. Unnötige Tunnel- <strong>und</strong> Brückenbauten,<br />
überdimensionierte Betriebshöfe, „vergoldete“ Wartehäuschen ohne Verkehr sind<br />
die klassischen Beispiele für eine ausgaben- <strong>und</strong> nicht bedarfsgeleitete Infrastrukturförderung.<br />
Dass die gesetzlich geforderte „Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden“ auch<br />
durch nicht-investive Maßnahmen erreicht werden kann, steht völlig außer Frage.<br />
Auch wenn die momentanen gesetzlichen Regelungen mittelfristig die Investitionszweckbindung<br />
aufrecht erhalten, ist aus ökonomischer Perspektive darauf hinzuarbeiten, diese Mittel allgemein<br />
zur Förderung des ÖV ausgeben zu können <strong>und</strong> langfristig ebenfalls in den Gesamttopf öffentlicher<br />
Fördergelder einfließen zu lassen.
Aufgabenträgerpauschale<br />
- 22 -<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />
Gemäß § 14 Abs. 2 ÖVG NRW erhalten die Aufgabenträger eine jährliche Pauschale zur Planung,<br />
Organisation <strong>und</strong> Ausgestaltung des ÖV. Darüber hinaus werden die Koordinierungsaufgaben<br />
der Zweckverbände <strong>und</strong> Bürgerbusvorhaben unterstützt. Das Fördervolumen beläuft sich im<br />
Jahr 2006 insgesamt auf 24,1 Mio. Euro.<br />
Dieses Förderinstrument ist der erste Baustein einer zusammengefassten <strong>und</strong> pauschalierten Unterstützung<br />
der Aufgabenträger zur Finanzierung des ÖV in NRW.<br />
Zusammenfassende Bewertung<br />
Insgesamt standen dem ÖV in NRW im Jahr 2006 Finanzmittel des Landes in Höhe von gut 800<br />
Mio. Euro zur Verfügung, wovon ein Teil der Infrastrukturförderung allerdings auch dem SPNV<br />
zugute kam. Hinzu kamen weitere 800 Mio. Euro, die für den SPNV bestimmt waren. Die Städte,<br />
Kreise <strong>und</strong> Gemeinden brachten ihrerseits inklusive der Ausgaben der Schulträger für die Schülerbeförderung<br />
ca. 900 Mio. Euro auf, so dass in NRW insgesamt etwa 2,5 Mrd. Euro an öffentlichen<br />
Geldern jedes Jahr in den ÖV flossen.<br />
Das gegenwärtige ÖV-Fördersystem zeichnet sich durch drei wesentliche Merkmale aus, die den<br />
Reformbedarf verdeutlichen:<br />
− Komplexität: Die Fördervorschriften <strong>und</strong> Regelungen sind selbst für Fachleute schwer zu<br />
durchschauen <strong>und</strong> binden bei den Verkehrsunternehmen <strong>und</strong> in der Verwaltung erhebliche personelle<br />
<strong>und</strong> finanzielle Ressourcen.<br />
− Intransparenz: Die Förderinstrumente bieten erhebliche Anreize für opportunistisches Verhalten<br />
der Verkehrsunternehmen. Da sie einen Informationsvorsprung besitzen <strong>und</strong> eine genaue<br />
Überprüfung durch die Behörden aus strukturellen oder personellen Gründen kaum möglich ist,<br />
können die Verkehrsunternehmen alle Möglichkeiten nutzen, die Fördermittelhöhe in ihrem<br />
Sinne positiv zu beeinflussen.<br />
− Ineffizienz: Neben dem überhöhten Verwaltungsaufwand <strong>und</strong> der Fehlsteuerung der Mittel führt<br />
des weiteren vor allem die Investitionslastigkeit zu einem ineffizienten Einsatz öffentlicher Gelder,<br />
da davon auszugehen ist, dass durch eine flexiblere, nachfrageorientierte Mittelverwendung<br />
höhere Nutzen im Sinne eines angemessenen ÖV gestiftet werden können.<br />
Aus diesen Gründen bedarf die Förderstruktur des ÖV einer gr<strong>und</strong>legenden Reformierung, wozu<br />
die Neuregelung des ÖVG NRW bereits erste Schritte eingeleitet hat. Die Finanzierungsinstrumente<br />
sollten so weit wie möglich gestrichen <strong>und</strong> durch eine pauschalierte Förderung ersetzt<br />
werden. Diese wird den Aufgabenträgern direkt zugeleitet, die damit die Finanzierung des ÖV sicherstellen.<br />
Dadurch könnte der Großteil der Förderung nicht mehr an den Aufgabenträgern vorbeifließen<br />
<strong>und</strong> sich ihre finanzielle <strong>und</strong> organisatorische Verantwortung erhöhen. Eine solche<br />
Umstellung bedingt, dass die Aufgabenträger viel mehr als bisher eine Bestellerfunktion wahrnehmen,<br />
bei der die Verkehrsunternehmen durch Verkehrsverträge mit der Erstellung einer Leistung<br />
beauftragt werden. Im ökonomischen Idealfall wird dieser Auftrag im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens<br />
konstituiert.<br />
Durch diese Pauschalierung entstünden neue Freiräume, da die Finanzmittel nicht mehr für Investitionsprojekte<br />
ausgegeben werden müssten, sondern dort eingesetzt werden könnten, wo sie<br />
entsprechend den regionalen Gegebenheiten den größten Nutzen für den ÖV stiften.
4.2 Indikatoren<br />
- 23 -<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />
Neben räumlichen <strong>und</strong> verkehrlichen Indikatoren sind auch ökonomische Kennzahlen wichtig für<br />
die Beurteilung <strong>und</strong> Bestimmung eines angemessenen ÖV. Von Bedeutung sind hierbei zum einen<br />
die Produktionskosten je Outputeinheit, die als Gesamtaufwand je Nutzwagenkilometer gemessen<br />
werden können. Diese Kennzahl gibt einen Hinweis auf die Kostenstrukturen bei den<br />
einzelnen Verkehrsunternehmen <strong>und</strong> auf mögliche Effizienzunterschiede. Zum anderen ist zu untersuchen,<br />
welche Summe öffentlicher Mittel für die Gewährleistung des vorhandenen ÖV-<br />
Angebots in Anspruch genommen wird. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, sind die öffentlichen<br />
Mittel je Einwohner berechnet worden.<br />
Um die ökonomischen Strukturen zu erkennen, die den Ergebnissen zugr<strong>und</strong>e liegen, wurden die<br />
Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte in vier Gruppen eingeteilt. In der ersten Gruppe befinden sich alle<br />
kreisfreien Städte, die über ein <strong>Stadt</strong>bahnsystem verfügen, die zweite Gruppe setzt sich aus den<br />
restlichen Städten zusammen, die ihren ÖV allein mit Bussen betreiben. In der dritten Gruppe befinden<br />
sich die verdichteten Kreise, die sich am Rande von Ballungsgebieten befinden, <strong>und</strong> die<br />
sich in der Regel durch ein recht hohes ÖV-Verkehrsaufkommen auszeichnen. Die vierte Gruppe<br />
wird durch die eher ländlich geprägten Kreise gebildet.<br />
Aufwand je Nutzwagenkilometer<br />
Bei der Untersuchung des Aufwands pro Nutzwagenkilometer fallen mehrere Zusammenhänge<br />
ins Auge. Die Produktion eines Nutzwagenkilometers in Städten mit <strong>Stadt</strong>bahnverkehr ist mit<br />
durchschnittlich 6,80 EUR teurer als in Städten, die nur über ein Bussystem verfügen, was im Mittel<br />
Kosten von 5,20 EUR verursacht. Diese Differenz ist wenig verw<strong>und</strong>erlich <strong>und</strong> lässt sich unter<br />
anderem mit höheren Infrastrukturkosten begründen. Die Produktion eines Busnutzwagenkilometers<br />
ist zudem in Städten teurer als in den Kreisen, von denen wiederum die ländlichen Kreise mit<br />
3,10 EUR die geringsten Kosten aufweisen, gegenüber 4,50 EUR in den verdichteten Kreisen.<br />
Die Gründe dafür sind vielfältig:<br />
− Die komplexen städtischen Verkehrssysteme verursachen höhere Koordinationskosten als die<br />
Linienbandbedienungen im ländlichen Raum.<br />
− Die Leistung eines Wagenkilometers erfordert in Städten deutlich mehr Zeit, da hier mehr Haltestellen<br />
zu bedienen sind <strong>und</strong> die Busse wegen der Verkehrssituation im <strong>Stadt</strong>verkehr im Durchschnitt<br />
nur geringere Geschwindigkeiten realisieren können als z.B. auf Landstraßen. Dadurch<br />
steigen die Betriebskosten des Busses <strong>und</strong> die Personalkosten pro Nutzwagenkilometer.<br />
− Ein größerer Anteil der arbeitenden Bevölkerung in Städten ist nach öffentlichem Dienstrecht<br />
beschäftigt, wodurch die Tariflöhne ca. 30% über denen in der Privatwirtschaft liegen.<br />
− In vielen Städten gibt es noch die Möglichkeit, Verluste des ÖV im kommunalen Querverb<strong>und</strong><br />
durch Gewinne aus anderen Versorgungsbereichen querzufinanzieren. Eine gesicherte Defizitabdeckung<br />
führt tendenziell dazu, teurer zu produzieren, als unter rein betriebswirtschaftlichen<br />
Aspekten sinnvoll erscheint.<br />
Noch bemerkenswerter als diese strukturellen Unterschiede zwischen den Gruppen sind die hohen<br />
Differenzen bei den Produktionskosten innerhalb der einzelnen Gruppen. Als Gründe sind<br />
hier ebenso anzuführen: unterschiedliche verkehrliche Strukturen, die Unterschiede bei den Personalkosten,<br />
aber auch Effizienzunterschiede.
kreisfreie Städte mit<br />
<strong>Stadt</strong>bahn<br />
kreisfreie Städte<br />
ohne <strong>Stadt</strong>bahn<br />
Kreise<br />
Mülheim an der Ruhr<br />
Essen<br />
Dortm<strong>und</strong><br />
Duisburg<br />
Krefeld<br />
Oberhausen<br />
Wuppertal<br />
Bochum<br />
Gelsenkirchen<br />
Köln<br />
Bielefeld<br />
Düsseldorf<br />
Bonn<br />
Erftkreis<br />
Solingen<br />
Mönchengladbach<br />
Herne<br />
Hamm<br />
Hagen<br />
Münster<br />
Leverkusen<br />
Aachen<br />
Bottrop<br />
Gütersloh<br />
Heinsberg<br />
Remscheid<br />
Euskirchen<br />
Aachen<br />
Paderborn<br />
Rheinisch-Bergischer<br />
Recklinghausen<br />
Neuss<br />
Minden-Lübbecke<br />
Mettmann<br />
Herford<br />
Wesel<br />
Rhein-Sieg-Kreis<br />
Märkischer Kreis<br />
Lippe<br />
Kleve<br />
Höxter<br />
Düren<br />
Viersen<br />
Oberbergischer Kreis<br />
Siegen-Wittgenstein<br />
Olpe<br />
Soest<br />
Hochsauerlandkreis<br />
Ennepe-Ruhr-Kreis<br />
Unna<br />
Warendorf<br />
Steinfurt<br />
Borken<br />
Coesfeld<br />
Abbildung 4-2 Aufwand je Nutzwagenkilometer<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />
Gesamtaufwand je Nutzwagenkm in €<br />
- € 2 € 4 € 6 € 8 € 10 € 12 € 14 € 16 €<br />
- 24 -
Öffentliche Mittel je Einwohner<br />
- 25 -<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />
Tabelle 4-1 umfasst die wichtigsten öffentlichen Förderinstrumente für den ÖV auf Landesebene<br />
sowie die Eigenmittel der Aufgabenträger. Dazu gehören die Ausgleichszahlungen im Ausbildungsverkehr<br />
<strong>und</strong> für die Beförderung Schwerbehinderter, die Fahrzeugförderung, die Infrastrukturförderung<br />
ohne GVFG-B<strong>und</strong>esprogramm, die Aufgabenträgerpauschale <strong>und</strong> Betriebskostenzuschüsse/Verlustübernahmen<br />
der Gemeinden. Die Werte beziehen sich auf das Jahr 2005, bei<br />
den Investitionszuschüssen sind z.T. längerfristige Durchschnittswerte angesetzt.<br />
Die Analyse der finanziellen Zuschüsse, die je Einwohner in den öffentlichen Personennahverkehr<br />
fließen, macht deutlich, dass vor allem der städtische ÖV gefördert wird. Das gilt besonders<br />
dann, wenn der Verkehr wie in den meisten größeren Städten NRWs mit <strong>Stadt</strong>bahnsystemen geleistet<br />
wird. Hier fallen vor allem die hohen Investitionskostenzuschüsse ins Gewicht, die für die<br />
Erstellung der notwendigen Infrastruktur eingesetzt werden können. Zum zweiten sind es häufig<br />
die kreisfreien Städte, die willens <strong>und</strong> z. T. in der Lage sind, den ÖV zu unterstützen, wohingegen<br />
sich einige Kreise aus der Finanzierung zurückgezogen haben.<br />
Tabelle 4-1 Zusammenstellung der Ausgaben im ÖV 2006<br />
ÖV-Ausgaben im Haushaltsjahr 2006 Mio. EUR<br />
Ausgleichszahlungen § 45a PBefG + §6a AEG 168,7<br />
Ausgleichszahlungen § 148 SGB IX 126,4<br />
ÖV-Fahrzeugförderung § 13 ÖVG 109,8<br />
GVFG-B<strong>und</strong>esprogramm ÖV-Verbesserung 60,8<br />
GVFG-Landesprogramm Infrastruktur 129,1<br />
ÖV-/SPNV-Infrastrukturförderung § 12 181,5<br />
Planung, Koordination gemäß § 14 ÖVG 24,1<br />
Gesamtausgaben 800,5
kreisfreie Städte mit<br />
<strong>Stadt</strong>bahn<br />
kreisfreie Städte<br />
ohne <strong>Stadt</strong>bahn<br />
Kreise<br />
Oberhausen<br />
Mülheim an der Ruhr<br />
Dortm<strong>und</strong><br />
Köln<br />
Bonn<br />
Duisburg<br />
Essen<br />
Wuppertal<br />
Düsseldorf<br />
Bielefeld<br />
Bochum<br />
Gelsenkirchen<br />
Krefeld<br />
Hagen<br />
Münster<br />
Solingen<br />
Aachen<br />
Mönchengladbach<br />
Hamm<br />
Herne<br />
Remscheid<br />
Bottrop<br />
Leverkusen<br />
Gütersloh<br />
Hochsauerlandkreis<br />
Soest<br />
Erftkreis<br />
Düren<br />
Euskirchen<br />
Heinsberg<br />
Herford<br />
Höxter<br />
Kleve<br />
Märkischer Kreis<br />
Mettmann<br />
Minden-Lübbecke<br />
Neuss<br />
Oberbergischer Kreis<br />
Paderborn<br />
Recklinghausen<br />
Rheinisch-Bergischer<br />
Rhein-Sieg-Kreis<br />
Viersen<br />
Wesel<br />
Lippe<br />
Siegen-Wittgenstein<br />
Olpe<br />
Aachen<br />
Unna<br />
Borken<br />
Warendorf<br />
Coesfeld<br />
Steinfurt<br />
Ennepe-Ruhr-Kreis<br />
Abbildung 4-3 Öffentliche Mittel je Einwohner<br />
Strukturanalyse <strong>und</strong> Kenngrößen: Finanzierung<br />
Öffentliche Mittel je Einwohner in €<br />
- € 20 € 40 € 60 € 80 € 100 € 120 € 140 € 160 € 180 €<br />
- 26 -
5 Erreichbarkeit<br />
- 27 -<br />
Erreichbarkeit<br />
Mobilität ist ein Gr<strong>und</strong>bedürfnis von Menschen <strong>und</strong> eine Voraussetzung für die Teilnahme an<br />
wirtschaftlichen, sozialen <strong>und</strong> kulturellen Aktivitäten. Eine gute Verkehrserschließung ist die Voraussetzung<br />
für die Verwirklichung von Mobilität.<br />
Die Qualität der Verkehrserschließung kann in Form der Erreichbarkeit von Zielen gemessen<br />
werden. Erreichbarkeit ist quasi das "Produkt" eines Verkehrssystems. Sie ist ursprünglich die<br />
Leichtigkeit, mit der ein Ort von anderen Orten erreicht werden kann. Häufiger aber wird unter Erreichbarkeit<br />
die Leichtigkeit verstanden, mit der von einem Ort aus andere Orte erreicht werden<br />
können. Damit wird Erreichbarkeit zu einem Indikator für die Lagegunst eines Ortes zu möglichen<br />
Zielen unter Berücksichtigung der verfügbaren Verkehrsmittel.<br />
Erreichbarkeit hat eine wichtige ökonomische Dimension: Gute Erreichbarkeit von Lieferanten<br />
<strong>und</strong> K<strong>und</strong>en ist eine Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen. Darüber<br />
hinaus hat Erreichbarkeit eine soziale <strong>und</strong> kulturelle Dimension: Aus Gründen der Daseinsvorsorge<br />
<strong>und</strong> sozialen Gerechtigkeit sollen auch Kinder <strong>und</strong> alte oder behinderte Menschen <strong>und</strong> Personen<br />
mit geringem Einkommen, die zum Führen eines "durchschnittlichen" Lebens gehörenden<br />
Aktivitäten wie Ausbildung, Beruf, Einkaufen, Dienstleistungen, Kultur <strong>und</strong> Sport ausüben können,<br />
das heißt, dass sie die Orte, an denen diese Aktivitäten ausgeübt werden, in angemessener Zeit<br />
erreichen können. Drittens schließlich hat Erreichbarkeit eine ökologische Dimension: Der zum<br />
Erreichen der Ziele erforderliche Aufwand an Energie <strong>und</strong> Umweltbelastung soll so niedrig wie<br />
möglich sein.<br />
5.1 Erreichbarkeit im ÖV<br />
Der öffentliche Personennahverkehr hat bei guter Auslastung gesamtgesellschaftliche Effizienz-<br />
<strong>und</strong> Kostenvorteile gegenüber dem Individualverkehr, verbraucht weniger Umweltressourcen <strong>und</strong><br />
dient der Versorgung von Bevölkerungsgruppen, wie Kindern <strong>und</strong> alten Menschen, Menschen mit<br />
Behinderungen <strong>und</strong> Menschen mit geringem Einkommen, denen individuelle motorisierte Mobilität<br />
nicht zur Verfügung steht. Angesichts der zu erwartenden Umweltveränderungen (Klimawandel<br />
<strong>und</strong> Energieverknappung) gewinnen die Umweltvorteile des öffentlichen Personennahverkehrs<br />
an Bedeutung.<br />
Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr ist ein Maß für die Bedienungsqualität<br />
eines öffentlichen Personennahverkehrssystems. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Bedienungsqualität<br />
im ÖV zu messen:<br />
− Reisezeit zu wichtigen Zielen<br />
− Erreichbare Ziele in x Minuten<br />
− Reisegeschwindigkeit<br />
Die beiden ersten Erreichbarkeitsindikatoren haben den Nachteil, dass sie nicht zwischen geografischer<br />
Lage <strong>und</strong> Bedienungsqualität unterscheiden. Der Indikator Reisegeschwindigkeit misst<br />
dagegen nur die Bedienungsqualität. Die Wahl des Erreichbarkeitsindikators Reisegeschwindigkeit<br />
beruht auf der Überlegung, dass es nicht Aufgabe der öffentlichen Planung sein kann, Unterschiede<br />
in der geografischen Lage von Standorten auszugleichen, sondern Unterschiede in der<br />
Bedienungsqualität.<br />
Ein faire Verteilung von ÖV-Bedienungsqualität ist deshalb nicht eine Verteilung, bei der alle<br />
Standorte die gleiche Erreichbarkeit im Sinne der beiden ersten Indikatoren haben, sondern eine,<br />
bei der von allen Standorten alle relevanten Ziele mit der gleichen Geschwindigkeit erreicht werden<br />
können. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die ÖV-Versorgung einer größeren Anzahl<br />
von Einwohnern größeres Gewicht hat als die nur weniger Einwohner.
5.2 Problemindex ÖV-Erreichbarkeit<br />
Erreichbarkeit<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser Überlegungen wird ein Problemindex ÖV-Erreichbarkeit vorgeschlagen, der folgende<br />
Eigenschaften hat:<br />
− Der Index misst die mittlere Luftliniengeschwindigkeit aller von einem Standort aus unternommenen<br />
Wege gewichtet mit der Einwohnerdichte des Standorts.<br />
− Der Index ist ein Problemindex, das heißt hohe Indexwerte bedeuten eine Unterversorgung in<br />
ÖV-Erreichbarkeit.<br />
− Der Index ist standardisiert. Das heißt, er ist nicht abhängig von der Größe der betrachteten<br />
Teilregion.<br />
− Der Index ist skalierbar, das heißt er lässt unterschiedliche Gewichtungen von mittlerer Luftliniengeschwindigkeit<br />
<strong>und</strong> Einwohnerdichte zu.<br />
Mathematisch hat der Problemindex qi des Gebiets i die Form:<br />
q ′ p′<br />
i = v i<br />
−1<br />
α<br />
I<br />
Dabei sind v'i die mittlere ÖV-Luftliniengeschwindigkeit aller Wege vom Standort i, standardisiert<br />
als Bruchteil der mittleren ÖV-Luftliniengeschwindigkeit aller Wege in der Untersuchungsregion<br />
<strong>und</strong> p'i die Einwohnerdichte am Standort i, standardisiert als Bruchteil der mittleren Einwohnerdichte<br />
in der Untersuchungsregion. Die Gewichtung mit der Einwohnerdichte erfolgt abgeschwächt<br />
durch den Exponenten α = 0,05.<br />
5.3 ÖV-Erreichbarkeit Nordrhein-Westfalen<br />
Zunächst wird die Erreichbarkeit im öffentlichen Personennahverkehr der Gemeinden in Nordrhein-Westfalen<br />
untersucht. Als Datenbasis für die Reisezeiten wurde von der Ingenieurgruppe<br />
IVV Aachen auf der Basis des von ihnen implementierten Online-Auskunftssystem des Verkehrsverb<strong>und</strong>es<br />
Rhein-Sieg (VRS, 2006) eine Matrix erstellt, welche die fahrplanmäßigen ÖV-<br />
Reisezeiten einschließlich Zugangs- <strong>und</strong> Umsteigezeiten zwischen den Zentren der 396 nordrhein-westfälischen<br />
Gemeinden enthält. Zur Generierung der Reisezeiten wurden die verfügbaren<br />
Bus-, Straßen-, <strong>Stadt</strong>bahn-, S-Bahn- <strong>und</strong> Regionalbahnlinien berücksichtigt, nicht jedoch die Angebote<br />
des Schienenfernverkehrs (EC/ IC/ ICE). Abbildung 5-1 zeigt mit dem Schienennetz in<br />
Nordrhein-Westfalen nur einen Ausschnitt aus dem ÖV-Netz des Landes, d.h. die Buslinien sind<br />
nicht dargestellt.<br />
Die Reisezeitmatrix des öffentlichen Nahverkehrs wurde dann in eine Matrix der ÖV-<br />
Luftliniengeschwindigkeiten zwischen den Gemeinden Nordrhein-Westfalens umgerechnet. Zur<br />
Berechnung der mittleren ÖV-Luftliniengeschwindigkeit einer Gemeinde wurden die einzelnen<br />
Beziehungen mit der Anzahl der Pendlerwege von der jeweiligen Ausgangsgemeinde in die 395<br />
anderen Gemeinden gewichtet. Hierzu wurden die Summen von Berufs- <strong>und</strong> Ausbildungsplatzpendlern<br />
für das Jahr 2000 aus der Pendlerrechnung NRW (LDS, 2002) benutzt.<br />
ÖV-Reisezeiten <strong>und</strong> Pendlerwege innerhalb der Gemeinden konnten aufgr<strong>und</strong> mangelnder Datenverfügbarkeit<br />
nicht berücksichtigt werden. Die berechnete ÖV-Erreichbarkeit für Nordrhein-<br />
Westfalen bildet so die interkommunale Erreichbarkeit ab. Aufgr<strong>und</strong> der quasi-öffentlichen Verfügbarkeit<br />
der benötigten Input-Daten, d.h. Reisezeiten aus den Online-Auskunftsdiensten der<br />
Verkehrsverbünde‚ Wege aus der regelmäßig vom LDS bereitgestellten Pendlerrechnung NRW<br />
<strong>und</strong> Bevölkerungsdaten ebenfalls vom LDS kann diese Form der ÖV-Erreichbarkeit in Nordrhein-<br />
Westfalen regelmäßig mit vertretbarem Aufwand berechnet werden.<br />
- 28 -<br />
(5.1)
Abbildung 5-1: Schienen-ÖV-Netz in Nordrhein-Westfalen<br />
Erreichbarkeit<br />
Abbildung 5-2 stellt die über die Pendlerwege gemittelten ÖV-Luftliniengeschwindigkeiten der<br />
Gemeinden des Landes dar. Die Spannweite reicht von unter 10 km/h bis über 25 km/h; der Mittelwert<br />
liegt bei 19,8 km/h. Niedrige Werte sind eher in den ländlichen Bereichen des Landes anzutreffen,<br />
vor allem konzentriert in den Bereichen Bergisches Land, Sauer- <strong>und</strong> Siegerland sowie<br />
im Rheinland <strong>und</strong> in Ostwestfalen. Die Großstädte weisen die höchsten Werte auf. Würden hier<br />
die innergemeindlichen Wege mit einbezogen, wären die Werte aber deutlich niedriger (siehe<br />
Abbildung 5-10). Hohe ÖV-Reisegeschwindigkeiten liegen auch entlang vieler Bahnlinien vor;<br />
sichtbar beispielsweise in der Eifel, am Niederrhein, im Münsterland oder entlang der Bahnlinie in<br />
Richtung Kassel. Bemerkenswert ist, dass viele Gemeinden am Rande der Großstädte vergleichbar<br />
geringe ÖV-Luftliniengeschwindigkeiten aufzuweisen haben. Dies tritt insbesondere dann auf,<br />
wenn die Umlandgemeinden nicht über einen Bahnanschluss verfügen; Beispiele hierfür finden<br />
sich im Osten von Köln oder in vielen Gemeinden des Kreises Unna um Dortm<strong>und</strong>.<br />
Abbildung 5-3 zeigt die Bevölkerungsdichte in Nordrhein-Westfalen standardisiert am Landesdurchschnitt,<br />
die zur Gewichtung beim Problemindex ÖV-Erreichbarkeit benutzt wird.<br />
Die Abbildungen 5-4 <strong>und</strong> 5-5 zeigen zwei unterschiedliche Formen des Problemindex ÖV-<br />
Erreichbarkeit. In den Karten wird eine Farbskala verwendet, die der einer Verkehrsampel gleicht:<br />
Rote Farbtöne bedeuten unterdurchschnittliche, gelbe durchschnittliche <strong>und</strong> grüne überdurchschnittliche<br />
ÖV-Luftliniengeschwindigkeiten. Abbildung 5-4 zeigt den ungewichteten Problemindex,<br />
das heißt den Kehrwert der am Landesdurchschnitt standardisierten mittleren Luftliniengeschwindigkeit<br />
im ÖV. Damit stellt diese Karte die Information der Abbildung 5-2 als Problemindex<br />
dar, d.h. niedrige Geschwindigkeiten werden durch hohe Indexwerte angezeigt. In Abbildung 5-5<br />
tritt die Gewichtung mit der Einwohnerdichte hinzu. Dadurch verringern sich die Indexwerte in<br />
dünner besiedelten Bereichen des Landes <strong>und</strong> erhöhen sich in Gemeinden höherer Bevölkerungsdichte,<br />
das heißt vor allem in den Großstädten <strong>und</strong> an deren Rändern.<br />
- 29 -
Abbildung 5-2: Luftliniengeschwindigkeit im ÖV (km/h) in Nordrhein-Westfalen<br />
Abbildung 5-3: Bevölkerungsdichte (NRW=100) in Nordrhein-Westfalen<br />
- 30 -<br />
Erreichbarkeit
Abbildung 5-4: Problemindex ÖV-Erreichbarkeit (ungewichtet) in Nordrhein-Westfalen<br />
Abbildung 5-5: Problemindex ÖV-Erreichbarkeit (gewichtet mit Einwohnerdichte) in -NRW<br />
- 31 -<br />
Erreichbarkeit
5.4 Erreichbarkeit im östlichen Ruhrgebiet<br />
Erreichbarkeit<br />
Neben der landesweiten Erreichbarkeitsanalyse im vorhergehenden Abschnitt wurde die Erreichbarkeit<br />
mit dem öffentlichen Personennahverkehr an einer <strong>Stadt</strong>region mit größerer räumlicher<br />
Auflösung untersucht.<br />
Hierzu wurde die räumliche Datenbasis des am Institut für Raumplanung der Universität Dortm<strong>und</strong><br />
entwickelten Simulationsmodells des östlichen Ruhrgebiets verwendet (siehe Kapitel 8).<br />
Diese Datenbasis enthält sozioökonomische Daten von 246 Teilgebieten ("Zonen") in der <strong>Stadt</strong>region<br />
Dortm<strong>und</strong> im östlichen Ruhrgebiet sowie detaillierte Verkehrsnetze. Das Netz des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs (siehe Abbildung 5-6) enthält sämtliche Regionalexpress-, Regionalbahn-,<br />
<strong>Stadt</strong>bahn-, Straßenbahn- <strong>und</strong> Buslinien des Untersuchungsgebiets <strong>und</strong> die wichtigsten<br />
Linien eines erweiterten Umlands (siehe Abbildung 8-2).<br />
Abbildung 5-6: ÖV-Netz im östlichen Ruhrgebiet<br />
Die folgenden Abbildungen 5-7 <strong>und</strong> 5-8 zeigen zwei Beispiele für traditionelle Erreichbarkeitsindikatoren,<br />
die Erreichbarkeit der Arbeitsplätze <strong>und</strong> die Erreichbarkeit der Dortm<strong>und</strong>er Innenstadt<br />
von den 246 Zonen des Untersuchungsgebiet auf einer Skala von 0 bis 100.<br />
Die verwendeten Indikatoren sind so genannte Potentialerreichbarkeiten, bei denen alle möglichen<br />
Ziele gewichtet mit einer negativen Funktion der Reisezeiten zu ihnen aufaddiert werden<br />
(<strong>Wegener</strong> u.a., 2001) <strong>und</strong> berücksichtigen die Wahl der Verkehrsteilnehmer zwischen den Verkehrsarten<br />
Fuß- <strong>und</strong> Radweg, ÖV <strong>und</strong> Pkw. Man sieht deutlich die Konzentration der höchsten<br />
Erreichbarkeitswerte in den Innenstädten Dortm<strong>und</strong>, Bochum, Herne <strong>und</strong> Hagen, den starken Abfall<br />
in den peripheren ländlichen Gebieten sowie die ringförmige Abnahme der Erreichbarkeit zur<br />
Dortm<strong>und</strong>er Innenstadt mit wachsender Entfernung.<br />
- 32 -
Abbildung 5-7: ÖV-Erreichbarkeit der Arbeitsplätze im östlichen Ruhrgebiet<br />
Abbildung 5-8: ÖV-Erreichbarkeit der Innenstadt Dortm<strong>und</strong> im östlichen Ruhrgebiet<br />
- 33 -<br />
Erreichbarkeit<br />
Dortm<strong>und</strong>er City<br />
Dortm<strong>und</strong>er City
- 34 -<br />
Erreichbarkeit<br />
Die nächsten beiden Abbildungen 5-9 <strong>und</strong> 5-10 zeigen die Komponenten des Problemindex ÖV-<br />
Erreichbarkeit.<br />
Abbildung 5-9 zeigt die räumliche Verteilung der Bevölkerung im Untersuchungsgebiet mit deutlich<br />
höheren Dichten in den Kernstädten des Ruhrgebiets <strong>und</strong> in Hagen.<br />
Abbildung 5-10 zeigt die im Durchschnitt aller Fahrten mit dem ÖV erzielten Reisegeschwindigkeiten<br />
einschließlich aller Zugangs- <strong>und</strong> Abgangs-, Warte- <strong>und</strong> Umsteigezeiten. Es handelt sich<br />
hierbei um Luftliniengeschwindigkeiten, das heißt, es wurden nicht die tatsächlichen Streckenlängen,<br />
sondern die Luftlinienentfernungen zwischen den Zonen zur Berechnung der Geschwindigkeiten<br />
verwendet. Man sieht, dass die am Rande des Untersuchungsgebiets gelegenen Zonen im<br />
Durchschnitt höhere Geschwindigkeiten im ÖV erzielen, weil die von ihnen ausgehenden Fahrten<br />
in der Regel länger sind <strong>und</strong> schnellere Verkehrsmittel wie Regionalexpress oder Regionalbahn<br />
benutzen. Auch lassen sich in der Karte die höheren Geschwindigkeiten der Zonen an den Bahnhöfen<br />
von Regionalexpress <strong>und</strong> Regionalbahn erkennen.<br />
Im Vergleich zu der überörtlichen Luftliniengeschwindigkeit im ÖV (Abbildung 5-2) ist die Geschwindigkeit<br />
mit einem Mittelwert von 14,4 km/h deutlich niedriger, was insbesondere durch<br />
deutlich geringere Geschwindigkeiten in den großen Städten bewirkt wird. Hier kommt zum Tragen,<br />
dass die innerörtlichen Wege in die Berechnung einbezogen werden, bei denen die Zugangs-,<br />
Umsteige- <strong>und</strong> Abgangszeiten im Vergleich zur reinen Fahrtzeit überproportional hoch<br />
sind, so dass die Geschwindigkeit auf kurzen Strecken sinkt. Das bedeutet, dass man bei der<br />
Diskussion von Erreichbarkeiten im öffentlichen Personenverkehr sorgfältig zwischen Naherreichbarkeit<br />
<strong>und</strong> großräumiger Erreichbarkeit unterscheiden muss.<br />
Die letzten beiden Abbildungen 5-11 <strong>und</strong> 5-12 zeigen zwei verschiedene Formen des Problemindex<br />
ÖV-Erreichbarkeit. Wie schon in den Abbildungen 5-4 <strong>und</strong> 5-5 wird eine Farbskala verwendet,<br />
die der einer Verkehrsampel gleicht: Rote Farbtöne bedeuten unterdurchschnittliche, gelbe<br />
durchschnittliche <strong>und</strong> grüne überdurchschnittliche ÖV-Reisegeschwindigkeiten.<br />
Abbildung 5-11 zeigt den ungewichteten Problemindex, das heißt den Kehrwert der am Regionsdurchschnitt<br />
standardisierten mittleren Luftliniengeschwindigkeit im ÖV (siehe Gleichung 5.1).<br />
Man sieht, dass die Bedienungsqualität nahezu überall in der Region durchschnittlich ist <strong>und</strong> dass<br />
die peripheren ländlichen Gemeinden, wenn man den Standard der gleichen Luftliniengeschwindigkeit<br />
zugr<strong>und</strong>e legt, keineswegs unterversorgt sind.<br />
Dieses Ergebnis wird noch deutlicher, wenn man zusätzlich die Gewichtung mit der Einwohnerdichte<br />
vornimmt wie in Abbildung 5-12. Nun sind noch mehr Teilgebiete im grünen Bereich,<br />
<strong>und</strong> die Problemgebiete konzentrieren sich auf wenige <strong>Stadt</strong>teile in den verstädterten Bereichen<br />
der Region. Diese <strong>Stadt</strong>teile wären näher zu untersuchen.<br />
Insgesamt lässt sich jedoch schließen, dass die ÖV-Versorgung im östlichen Ruhrgebiet ausgewogen<br />
ist, das heißt keine großen Unterschiede in der Bedienungsqualität der einzelnen Gemeinden<br />
<strong>und</strong> Ortsteile aufweist.
Abbildung 5-9: Bevölkerungsdichte (E/ha) im östlichen Ruhrgebiet<br />
Abbildung 5-10: ÖV-Luftliniengeschwindigkeit (km/h) im östlichen Ruhrgebiet<br />
- 35 -<br />
Erreichbarkeit<br />
Dortm<strong>und</strong>er City<br />
Dortm<strong>und</strong>er City
Abbildung 5-11: Problemindex ÖV-Erreichbarkeit (ungewichtet) im östlichen Ruhrgebiet<br />
- 36 -<br />
Erreichbarkeit<br />
Dortm<strong>und</strong>er City<br />
Dortm<strong>und</strong>er City<br />
Abbildung 5-12: Problemindex ÖV-Erreichbarkeit (gewichtet mit Einwohnerdichte) im östlichen Ruhrgebiet.
5.5 Fazit<br />
Erreichbarkeit<br />
Die Analyse der Erreichbarkeit im öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong><br />
im östlichen Ruhrgebiet hat ergeben, dass man sorgfältig zwischen überörtlicher Erreichbarkeit<br />
<strong>und</strong> Naherreichbarkeit unterscheiden muss. Fahrten mit dem ÖV zwischen Gemeinden sind in<br />
der Regel länger <strong>und</strong> schneller als kurze innerörtliche Wege, da bei innerörtlichen Wegen in der<br />
Regel Zugangs- <strong>und</strong> Abgangs-, Warte- <strong>und</strong> Umsteigezeiten einen überproportionalen Anteil an<br />
der gesamten Reisezeit ausmachen. Defizite in der ÖV-Bedienungsqualität zeigen sich daher bei<br />
überörtlichen Fahrten am ehesten in den ländlichen Gemeinden, während Verbesserungen im innerörtlichen<br />
Verkehr am ehesten in den Städten nötig sind.<br />
Ein weiteres Ergebnis ist, dass konventionelle Erreichbarkeitsmaße nicht zwischen geografischer<br />
Lage <strong>und</strong> Bedienungsqualität unterscheiden. Daher sind diese Erreichbarkeitsmaße nicht als Kriterien<br />
für die Verteilung der öffentlichen Mittel für den öffentlichen Personennahverkehr geeignet.<br />
Es kann nicht die Aufgabe der öffentlichen Planung sein, Unterschiede in der geografischen Lage<br />
von Standorten auszugleichen, sehr wohl aber Unterschiede in der Bedienungsqualität.<br />
Deshalb wird die mittlere Luftliniengeschwindigkeit mit dem ÖV als ein Kriterium für die Messung<br />
von Bedienungsqualität im ÖV vorgeschlagen. Das Ziel der ÖV-Planung sollte es sein, dass von<br />
allen Standorten alle relevanten Ziele mit dem ÖV mit der gleichen Geschwindigkeit erreicht werden<br />
können. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die ÖV-Versorgung einer größeren Zahl von<br />
Einwohnern größeres Gewicht hat als die nur weniger Einwohner. Auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser Überlegungen<br />
wird ein Problemindex ÖV-Erreichbarkeit vorgeschlagen, der zur Identifizierung von<br />
Defiziten in der ÖV-Bedienungsqualität herangezogen werden kann.<br />
Die Berechnung des Problemindex ÖV-Erreichbarkeit für Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> das östliche<br />
Ruhrgebiet hat gezeigt, dass die Ungleichheiten in der Bedienungsqualität bei überörtlichen Wegen<br />
größer sind als bei Wegen innerhalb einer <strong>Stadt</strong>region.<br />
- 37 -
6 Zusammenhänge<br />
- 38 -<br />
Zusammenhänge<br />
In den Kapiteln 2 bis 5 dieses Berichts wurden unterschiedliche Indikatoren zur Beschreibung der<br />
Verkehrsnachfrage (Kapitel 2), des Verkehrsangebots (Kapitel 3) <strong>und</strong> der Finanzierung (Kapitel 4)<br />
des öffentlichen Personennahverkehrs in Nordrhein-Westfalen dargestellt. In Kapitel 5 wurde versucht,<br />
mit Hilfe verschiedener Erreichbarkeitsmaße die Bedienungsqualität im öffentlichen Personennahverkehr<br />
auf Landesebene <strong>und</strong> am Beispiel einer <strong>Stadt</strong>region zu messen.<br />
Zur Ableitung von Kriterien für eine sozial- <strong>und</strong> umweltverträgliche Verteilung der für den öffentlichen<br />
Personennahverkehr zur Verfügung gestellten Landesmittel ist es erforderlich, diejenigen<br />
Indikatoren herauszufinden, die die Bedienungsqualität im öffentlichen Personennahverkehr am<br />
besten beschreiben. Aus praktischen Gründen sollten die Indikatoren zudem ohnehin regelmäßig<br />
anfallen oder mit vertretbarem Aufwand erhoben werden können.<br />
Diese zweite Bedingung trifft jedoch für traditionelle Erreichbarkeitsindikatoren nicht zu. Ihre Berechnung<br />
erfordert die kontinuierliche Fortschreibung einer detaillierten räumlichen Datenbasis<br />
einschließlich einer stets aktuellen Netzdarstellung des öffentlichen Personennahverkehrs sowie<br />
die wiederholte Anwendung eines komplexen Verkehrssimulationsmodells.<br />
In diesem Kapitel wird deshalb versucht, unter den verfügbaren, regelmäßig ohnehin erhobenen<br />
Indikatoren solche herauszufinden, die mit Indikatoren der Bedienungsqualität im öffentlichen<br />
Personennahverkehr, aber auch mit weiteren sozialen <strong>und</strong> ökologischen Zielindikatoren so hoch<br />
korreliert sind, dass mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass eine<br />
Verbesserung der Werte dieser Indikatoren auch eine Verbesserung der Bedienungsqualität <strong>und</strong><br />
der anderen sozialen <strong>und</strong> ökologischen Ziele zur Folge haben würde.<br />
Natürlich ist bei der Interpretation der Ergebnisse von Korrelationsanalysen Vorsicht geboten: Eine<br />
hohe Korrelation kann auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Input- <strong>und</strong> Output-<br />
Indikatoren hinweisen. Eine hohe Korrelation kann aber auch bedeuten, dass beide Indikatoren<br />
durch eine gemeinsame Ursache bestimmt werden, dass also zwischen ihnen selbst keine kausale<br />
Beziehung besteht. In einem solchen Falle wäre der Indikator als Kriterium für die Bemessung<br />
von Fördermitteln ungeeignet.<br />
In den folgenden Abschnitten werden die Ergebnisse einer Auswahl der durchgeführten Korrelationsanalysen<br />
dargestellt.<br />
6.1 Zusammenhänge in Nordrhein-Westfalen<br />
Für die Analyse der Zusammenhänge in Nordrhein-Westfalen werden die 54 Kreise des Landes,<br />
d.h. die räumliche Ebene der Aufgabenträger des ÖV, als Bezugseinheit gewählt. Die Analyse hat<br />
zum Ziel, die Korrelation von Indikatoren verschiedener Aspekte der Bedienungsqualität des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs mit Indikatoren, welche seine tatsächliche Nutzung <strong>und</strong> ökologische<br />
Aspekte beschreiben zu identifizieren <strong>und</strong> zu beschreiben. Hierzu werden die Indikatoren<br />
(Input-Indikatoren):<br />
− Abdeckung bewohnter Flächen mit Haltestellen höherer Frequenz (siehe Abschnitt 3.1)<br />
− Abfahrten je Haltestelle je Tag (siehe Abschnitt 3.1)<br />
− Interkommunale ÖV-Luftliniengeschwindigkeit (siehe Abschnitt 5.3)<br />
− Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr (siehe Abschnitt 4.1)<br />
auf ihren statistischen Zusammenhang mit Indikatoren der ÖV-Nutzung überprüft (Output-<br />
Indikatoren):<br />
− Anteil Wege mit dem ÖV (Modellergebnisse des IGVP NRW, 2004)<br />
− ÖV-Fahrten je Einwohner (siehe Abschnitt 2.1)
Zusammenhänge<br />
In den Abbildungen 6-1 bis 6-4 werden die Zusammenhänge zwischen den vier Input- <strong>und</strong> den<br />
zwei Output-Indikatoren dargestellt. Der statistische Zusammenhang ist bei allen Korrelationen<br />
relativ hoch. Insbesondere ist der Zusammenhang zwischen der Haltestellenabdeckung (Abbildung<br />
6-1), den Abfahrten je Haltestelle (Abbildung 6-2) <strong>und</strong> etwas geringer den Nutzwagenkilometern<br />
(Abbildung 6-4) sowie der Nutzung des ÖV besonders ausgeprägt. Die interkommunale<br />
ÖV-Luftliniengeschwindigkeit beeinflusst die ÖV-Nutzung in geringerem Maße (Abbildung 6-3).<br />
Abbildung 6-1 ÖV-Anteil an den motorisierten Wegen (links) <strong>und</strong> ÖV-Fahrten je Einwohner (rechts)<br />
v. Abdeckung bewohnter Flächen mit Haltestellen mit höherer Bedienungsfrequenz<br />
Abbildung 6-2 ÖV-Anteil an den motorisierten Wegen (links) <strong>und</strong> ÖV-Fahrten je Einwohner (rechts)<br />
v. Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />
- 39 -
Zusammenhänge<br />
Abbildung 6-3 ÖV-Anteil an den motorisierten Wegen (links) <strong>und</strong> ÖV-Fahrten je Einwohner (rechts)<br />
v. mittlere ÖV-Luftliniengeschwindigkeit<br />
Abbildung 6-4 ÖV-Anteil an den motorisierten Wegen (links) <strong>und</strong> ÖV-Fahrten je Einwohner (rechts)<br />
v. Nutzwagenkilometer je Einwohner<br />
Bei allen Indikatoren, sowohl auf der Input- als auch auf der Outputseite, zeigt sich, dass bei einer<br />
raumstrukturellen Differenzierung der Kreise (BBR, 2007) die großen Kernstädte des Landes,<br />
insbesondere Bonn, Köln, Düsseldorf, Oberhausen, Essen, Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Wuppertal, höhere<br />
Werte aufweisen als die Umlandkreise <strong>und</strong> die ländlichen Kreise.<br />
- 40 -
6.2 Zusammenhänge im östlichen Ruhrgebiet<br />
- 41 -<br />
Zusammenhänge<br />
In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse von Korrelationsanalysen ausgewählter Indikatoren<br />
für die 246 Zonen des Modells des östlichen Ruhrgebiets sowie für 36 Gemeinden/Dortm<strong>und</strong>er<br />
<strong>Stadt</strong>bezirke dargestellt. Zwei Gruppen von Indikatoren wurden untersucht: Indikatoren der Daseinsvorsorge<br />
<strong>und</strong> Indikatoren der ökologischen Nachhaltigkeit.<br />
Indikatoren der Daseinsvorsorge<br />
Daseinsvorsorge im öffentlichen Personennahverkehr bedeutet, sicherzustellen, dass auch Personen<br />
ohne Autozugang die zum Führen eines "durchschnittlichen" Lebens gehörenden Aktivitäten<br />
ausüben können, das heißt, dass sie die Orte, an denen diese Aktivitäten ausgeübt werden,<br />
in angemessener Zeit mit dem ÖV erreichen können:<br />
− Ausbildung (Kindergarten, Schule, Volkshochschule, ...)<br />
− Arbeit (niedrig entlohnte Tätigkeiten, ...)<br />
− Einkaufen, Dienstleistungen (Lebensmittelladen, Friseur, Arzt, Bank, ...)<br />
− Kultur, Sport, Freizeit (Theater, Sportplatz, Disco, ...)<br />
Hierzu werden die Indikatoren (Input-Indikatoren):<br />
− Anzahl Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />
− Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr<br />
auf ihren statistischen Zusammenhang mit im Modell des östlichen Ruhrgebiets berechneten Indikatoren<br />
der Daseinsvorsorge überprüft (Output-Indikatoren):<br />
− ÖV-Erreichbarkeit<br />
− ÖV-Reisezeit zu Zielen im Nahbereich<br />
Als Erreichbarkeitsindikator wurde ein Mittelwert aus Potentialerreichbarkeiten des Modells der<br />
<strong>Stadt</strong>region Dortm<strong>und</strong> (siehe Abbildungen 5-7 <strong>und</strong> 5-8) in Bezug auf die Ziele Arbeitsplätze, Einzelhandelseinrichtungen,<br />
Dienstleistungen, Sek<strong>und</strong>arschulen <strong>und</strong> Innenstadt unter Berücksichtigung<br />
der Verkehrsmittelwahl verwendet. Als Nahbereich wurden die nächsten erreichbaren<br />
250.000 Einwohner <strong>und</strong> Arbeitsplätze definiert.<br />
Zusätzlich wurde geprüft, inwieweit die beiden Input-Indikatoren Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong><br />
Nutzwagenkilometer mit einem Raumstrukturindikator wie Einwohnerdichte korreliert sind, das<br />
heißt, inwieweit sie lediglich den trivialen Zusammenhang zum Ausdruck bringen, dass wo viele<br />
Menschen wohnen, auch viele Busse <strong>und</strong> Bahnen fahren. Wie bereits erwähnt, kann eine hohe<br />
Korrelation auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Input- <strong>und</strong> Output-Indikatoren hinweisen.<br />
Eine hohe Korrelation kann aber auch bedeuten, dass beide Indikatoren durch eine gemeinsame<br />
Ursache bestimmt werden.<br />
Die Abbildungen 6-5 bis 6-7 zeigen die Ergebnisse der Korrelationsanalysen für den Indikator Abfahrten<br />
je Haltestelle je Tag, die Abbildungen 6-8 bis 6-10 die Ergebnisse für den Indikator Nutzwagenkilometer.<br />
Alle verwendeten Indikatoren wurden aus der räumlichen Datenbasis des Modells<br />
des östlichen Ruhrgebiets ermittelt, mit Ausnahme des Indikators Abfahrten je Haltestele je<br />
Tag, der gesondert empirisch ermittelt wurde (siehe Abschnitt 3.1) <strong>und</strong> für die 246 Zonen des<br />
Modells aufbereitet wurde.<br />
Beim Indikator Nutzwagenkilometer wurden auch Fahrten von Regionalexpress <strong>und</strong> Regionalbahn<br />
einbezogen, da die Korrelationen so höher waren, als wenn nur <strong>Stadt</strong>bahn-, Straßenbahn-<br />
<strong>und</strong> Busfahrten berücksichtigt wurden. In den Streudiagrammen für 246 Zonen der Abbildungen<br />
6-8 bis 6-10 liegen deshalb die Zonen der Hauptbahnhöfe Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Bochum außerhalb des<br />
sichtbaren Bereichs der Diagramme.
Abbildung 6-5 Abfahrten je Haltestelle v. Einwohnerdichte<br />
Abbildung 6-6 ÖV-Erreichbarkeit v. Abfahrten je Haltestelle<br />
Abbildung 6-7 ÖV-Reisezeit zum Nahbereich v. Abfahrten je Haltestelle<br />
- 42 -<br />
Zusammenhänge
Abbildung 6-8 Nutzwagenkilometer v. Einwohnerdichte<br />
Abbildung 6-9 ÖV-Erreichbarkeit v. Nutzwagenkilometer<br />
Abbildung 6-10 ÖV-Reisezeit zum Nahbereich v. Nutzwagenkilometer<br />
- 43 -<br />
Zusammenhänge
- 44 -<br />
Zusammenhänge<br />
Im Vergleich zeigt sich, dass der Indikator Anzahl Abfahrten je Haltestelle weitaus höher mit den<br />
Bedienungsqualitätsindikatoren ÖV-Erreichbarkeit <strong>und</strong> ÖV-Reisezeit zum Nahbereich korreliert<br />
als der Indikator Nutzwagenkilometer. Das ist auch plausibel, da die Anzahl Abfahrten, also die<br />
Bedienungsfrequenz, die durchschnittliche Warte- <strong>und</strong> Umsteigezeit <strong>und</strong> damit die Gesamtreisezeit<br />
beeinflusst <strong>und</strong> so wesentlich zur Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs beiträgt.<br />
Die Anzahl der Nutzwagenkilometer dagegen ist auch eine Funktion der Entfernung <strong>und</strong> tendenziell<br />
im ländlichen Umland bei gleicher Taktfrequenz höher als in der <strong>Stadt</strong>.<br />
Die Korrelationen für die größeren 36 Zonen sind erwartungsgemäß höher als für die kleineren<br />
246 Zonen. Das ist nicht nur ein statistisches Phänomen, sondern es zeigt auch, dass die<br />
zugr<strong>und</strong>e liegenden Zusammenhänge nur für Gebiete ab einer gewissen Größe gelten. Ganz<br />
deutlich wird das beim Indikator Nutzwagenkilometer, bei dem die Korrelation zwischen Einwohnerdichte<br />
<strong>und</strong> Nutzwagenkilometern auf der Ebene der 246 Zonen sogar schwach negativ ist,<br />
was sich in der nach unten geneigten Regressionsgeraden ausdrückt (Abbildung 6-8 links), während<br />
auf der Ebene der 36 Zonen ein nicht sehr starker, aber eindeutig positiver Zusammenhang<br />
zu erkennen ist (Abbildung 6-8 rechts)<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wenn ein aussagekräftiger <strong>und</strong> leicht zu ermittelnder<br />
Indikator für Bedienungsqualität im öffentlichen Personennahverkehr gesucht wird, die Anzahl<br />
Abfahrten je Haltestelle ein deutlich besserer Indikator ist, als die Anzahl Nutzwagenkilometer.<br />
Indikatoren der ökologischen Nachhaltigkeit<br />
Ökologische Nachhaltigkeit eines Verkehrssystems bedeutet, dass so viel Verkehr wie möglich<br />
vermieden wird <strong>und</strong> der verbleibende Verkehr so umweltverträglich wie möglich ist. Bei der gegenwärtigen<br />
Dominanz des Autoverkehrs bedeutet das, dass so wenig Auto-km wie möglich gefahren<br />
werden. Es ist zu vermuten, dass das größte Potential für Vermeidung von Auto-km in den<br />
Großstädten besteht – was für eine Konzentration der Förderung des öffentlichen Personenverkehrs<br />
in den Großstädten sprechen würde.<br />
Diese Vermutung kann nur durch Experimentieren mit einem detaillierten Modell des Gesamtpersonenverkehrs<br />
überprüft werden. Ersatzweise können die Indikatoren des Verkehrsangebots als<br />
Indikatoren für die ökologische Nachhaltigkeit gewählt werden. Diese Hypothese wird im folgenden<br />
überprüft. Dazu wurden die Indikatoren (Input-Indikatoren):<br />
− Anzahl Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />
− Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr<br />
auf ihren statistischen Zusammenhang mit im Modell des östlichen Ruhrgebiets berechneten Indikatoren<br />
der ökologischen Nachhaltigkeit überprüft (Output-Indikatoren):<br />
− Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege<br />
− Anteil Wege mit dem ÖV<br />
− Anteil Wege mit dem Pkw<br />
Die Überprüfung erfolgt wie bei den Indikatoren der Daseinsvorsorge durch Berechnung <strong>und</strong> Visualisierung<br />
der Einfachkorrelation zwischen Input- <strong>und</strong> Output-Indikatoren für die 246 Zonen des<br />
Modells des östlichen Ruhrgebiets sowie für 36 Gemeinden/Dortm<strong>und</strong>er <strong>Stadt</strong>bezirke. Wie bereits<br />
erwähnt, kann eine hohe Korrelation auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Input<strong>und</strong><br />
Output-Indikatoren hinweisen. Eine hohe Korrelation kann aber auch bedeuten, dass beide<br />
Indikatoren durch eine gemeinsame Ursache bestimmt werden.<br />
Die Abbildungen 6-11 bis 6-13 zeigen die Ergebnisse für Anzahl Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong> die<br />
Abbildungen 6-14 bis 6-16 für die Anzahl Nutzwagenkilometer.
Abbildung 6-11 Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege v. Abfahrten je Haltestelle<br />
Abbildung 6-12 Anteil Wege mit dem ÖV v. Abfahrten je Haltestelle<br />
Abbildung 6-13 Anteil Wege mit dem Auto v. Abfahrten je Haltestelle<br />
- 45 -<br />
Zusammenhänge
Abbildung 6-14 Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege v. Nutzwagenkilometer<br />
Abbildung 6-15 Anteil Wege mit dem ÖV v. Nutzwagenkilometer<br />
Abbildung 6-16 Anteil Wege mit dem Auto v. Nutzwagenkilometer<br />
- 46 -<br />
Zusammenhänge
- 47 -<br />
Zusammenhänge<br />
Das Ergebnis der Korrelationsanalysen scheint zunächst verblüffend: Es besteht ein positiver Zusammenhang<br />
zwischen beiden Indikatoren, Anzahl Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong> Anzahl Nutzwagenkilometer<br />
<strong>und</strong> dem Anteil der Fuß- <strong>und</strong> Radwege an allen Wegen <strong>und</strong> ein negativer Zusammenhang<br />
zwischen beiden Indikatoren <strong>und</strong> dem Anteil der Autofahrten an allen Wegen, während<br />
fast kein Zusammenhang zwischen den beiden Indikatoren <strong>und</strong> dem Anteil der Fahrten im öffentlichen<br />
Personennahverkehr besteht. Weniger technisch ausgedrückt: Wo viele Busse <strong>und</strong> Bahnen<br />
fahren, wird mehr zu Fuß gelaufen <strong>und</strong> mit dem Fahrrad gefahren <strong>und</strong> weniger mit dem Auto,<br />
während der Anteil Wege mit dem ÖV davon wenig beeinflusst wird.<br />
Sollte es nicht so sein: dass dort, wo viele Busse <strong>und</strong> Bahnen fahren, mehr Menschen mit ihnen<br />
fahren <strong>und</strong> weniger zu Fuß gehen oder mit dem Rad oder dem Auto fahren?<br />
Die Antwort auf das scheinbare Paradox liegt in den Abbildungen 6-5 <strong>und</strong> 6-8, aus denen hervorgeht,<br />
dass beide Angebotsindikatoren positiv mit der Einwohnerdichte korreliert sind. Was die<br />
Abbildungen 6-11 bis 6-16 ausdrücken, ist die einfache Tatsache, dass in den Städten mehr gelaufen<br />
<strong>und</strong> Fahrrad gefahren <strong>und</strong> weniger Auto gefahren wird als auf dem Land. Ein Vergleich der<br />
vertikalen Skalen der sechs Diagramme zeigt zudem, dass der Anteil der Wege mit dem ÖV weit<br />
weniger streut als die der Fuß- <strong>und</strong> Radwege <strong>und</strong> Wege mit dem Auto, was darauf hinweist, dass<br />
der Anteil Wege mit dem ÖV vergleichsweise unelastisch ist <strong>und</strong> mit Angebotsverbesserungen<br />
nur geringfügig beeinflusst werden kann – darauf wird in Kapitel 8 noch näher eingegangen werden.<br />
Im übrigen bestätigen die Korrelationsanalysen der Indikatoren der ökologischen Nachhaltigkeit<br />
die bereits bei den Indikatoren der Daseinsvorsorge gemachte Beobachtung, dass der Indikator<br />
Anzahl Abfahrten je Haltestelle ein besserer Indikator ist als der Indikator Anzahl Nutzwagenkilometer.<br />
6.3 Fazit<br />
Die Überprüfung der zur Messung der Bedienungsqualität im öffentlichen Personennahverkehr<br />
herangezogenen Indikatoren führt zu folgenden Ergebnissen:<br />
In Nordrhein-Westfalen besteht auf der Ebene von Kreisen ein deutlicher positiver statistischer<br />
Zusammenhang zwischen der Haltestellenabdeckung, den Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong> dem Grad<br />
der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Anzahl Nutzwagenkilometer <strong>und</strong> die interkommunale<br />
Luftliniengeschwindigkeit haben etwas geringere Bedeutung für die ÖV-Nutzung.<br />
Bei allen Indikatoren der Bedienungsqualität als auch der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs<br />
zeigt sich, dass die großen Kernstädte des Landes, insbesondere Bonn, Köln, Düsseldorf,<br />
Oberhausen, Essen, Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Wuppertal, höhere Werte aufweisen als die Umlandkreise<br />
<strong>und</strong> die ländlichen Kreise.<br />
Auch im östlichen Ruhrgebiet konnte bei einer vielfach höheren räumlichen Auflösung der Datengr<strong>und</strong>lagen<br />
gezeigt werden, dass ein starker positiver statistischer Zusammenhang zwischen der<br />
Anzahl Abfahrten je Haltestelle <strong>und</strong> der stadtregionalen ÖV-Erreichbarkeit <strong>und</strong> der ÖV-Reisezeit<br />
zu Zielen im Nahbereich besteht. Die Anzahl Nutzwagenkilometer hat geringere Bedeutung für<br />
die großräumige Erreichbarkeit <strong>und</strong> die ÖV-Reisezeit zu Zielen im Nahbereich. Die Bedeutung<br />
beider Indikatoren für das Ziel „Reduzierung des Pkw-Verkehrs“ ist schwach.<br />
Damit können die Indikatoren Anzahl Haltestellenabdeckung bewohnter Gebiete, Abfahrten je<br />
Haltestelle, Nutzwagenkilometer <strong>und</strong> ÖV-Geschwindigkeit mit Vorbehalt zur Messung der Bedienungsqualität<br />
im öffentlichen Personenverkehr herangezogen werden.
7 Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Die Landesregierung definiert die Leitvorstellungen einer „angemessenen Bedienung“ im ÖV als<br />
strategische Mindestvorgabe <strong>und</strong> unterstützt deren Ausgestaltung durch eine klare Förderstruktur.<br />
Bestandteile eines Leitbildes sind beispielsweise ÖV-Strukturen mit:<br />
− leistungsstarken Fernverkehrsverbindungen der Bahn auf den bedeutenden Relationen<br />
− gebündelten schnellen städteverbindenden Regionalverkehren im Linienbandbetrieb (RRX,<br />
SPNV <strong>und</strong> Bus) <strong>und</strong> einer Erschließung von Siedlungseinheiten am Linienband<br />
− flächenerschließenden <strong>Stadt</strong>verkehren (<strong>Stadt</strong>-/U-Bahn, Bus)<br />
− differenzierter Bedienung in der Fläche durch Förderung innovativer Bedienformen in einwohnerschwachen<br />
Bereichen, ohne ausreichender Gr<strong>und</strong>auslastung für <strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> Linienverkehre<br />
− ein gleicher Gr<strong>und</strong>takt (15 Min) für „Schiene“ <strong>und</strong> „Straße“, <strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> städteverbindenden Verkehren<br />
als Gr<strong>und</strong>lage für integrale Taktfahrpläne <strong>und</strong> zur Anschlusssicherung.<br />
Abbildung 7-1 Struktur der zukünftigen ÖV-Finanzierung<br />
Zuständigkeiten<br />
Für die Bedienung der regional bedeutsamen Linienbänder liegt die Aufgabenträgerschaft bei den<br />
Zweckverbänden (interurbane Ebene). Aufgabenträger für die flächenhafte Bedienung der Ortslagen<br />
sind die Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte (urbane Ebene).<br />
Die Regieführung bei der planerischen Ausgestaltung <strong>und</strong> Realisierung der „angemessenen Bedienung“<br />
durch die Ausschreibung definierter Verkehrsleistungen übernehmen die Aufgabenträger.<br />
Sie gestalten im Verkehrsmarkt nach den politischen Maßgaben vor Ort das über eine Mindestbedienung<br />
hinausgehende Angebot im ÖV.<br />
Die Landeszuständigkeit für herausragende Einzelinvestitionen bleibt erhalten.<br />
Auf dieser Basis werden im Folgenden drei Verteilschlüssel vorgestellt, wobei den Leitvorstellungen<br />
unterschiedlich starke Bedeutung zukommt:<br />
Der erste Verteilschlüssel, der auf den Eingangsdaten Einwohnerzahl <strong>und</strong> Fläche basiert, zielt<br />
darauf ab, neben Städten mit hoher Einwohnerdichte, auch inländliche Gemeinden mit geringer<br />
Einwohnerdichte noch relativ flächendeckend ÖV zu realisieren.<br />
- 48 -
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Der zweite, nutzwertanalytische Verteilschlüssels berücksichtigt ebenfalls eine Gr<strong>und</strong>förderung,<br />
beinhaltet aber zusätzlich ein Anreizsystem durch die Förderung von Aufgabenträgern, die einen<br />
überdurchschnittlichen ÖV umsetzen. Dazu ist ein Kontroll- <strong>und</strong> Messsystem der erbrachten Leistungen<br />
im ÖV erforderlich, dass in diesem Fall über die Auswertung der Fahrpläne erfolgt.<br />
Klare Vorgaben für die Ausgestaltung des ÖV sind die Gr<strong>und</strong>lage für den dritten Verteilschlüssel.<br />
Hier wird zunächst in Abhängigkeit vom Nutzerpotenzial ein angemessenes Mindestangebot definiert,<br />
aus dem die Förderung abgeleitet wird.<br />
Zur Vergleichbarkeit werden alle Verteilschlüssel nach Punkten je Einwohner <strong>und</strong> Gemeinde<br />
normiert.<br />
7.1 Verteilungsschlüssel „Ist“<br />
Bei der aktuellen Landesmittelverteilung (Abbildung 7-2) zeigt sich eine Konzentration der Mittel<br />
auf die Großstädte im Rhein-Ruhr-Raum. Bei den ländlichen Kreisen lässt sich ein Nord-Süd-<br />
Gefälle beobachten. Generell bedeutet dies eine Abhängigkeit der Mittel vom vorhandenen Angebot<br />
<strong>und</strong> den vorhandenen Strukturen. Hochwertiger ÖV mit <strong>Stadt</strong>- <strong>und</strong> Straßenbahnen in den<br />
Städten erfordert den größten Mitteleinsatz. Ländliche Kreise mit kleinteiligen Siedlungsstrukturen<br />
im Norden von NRW erhalten die geringste Förderung.<br />
Abbildung 7-2 Landesmittelverteilung nach Punkten je Einwohner<br />
- 49 -
7.2 Verteilungsschlüssel nach „Einwohner <strong>und</strong> Fläche“<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Datengr<strong>und</strong>lage für die Verteilung der Fördermittel sind die Zahl der Einwohner <strong>und</strong> die Flächen<br />
der Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte. Diese Werte werden von den statistischen Landesämtern aktuell<br />
<strong>und</strong> sicher zur Verfügung gestellt.<br />
Mit diesen Daten ist das Verfahren sehr einfach <strong>und</strong> schnell umzusetzen. Sowohl die zu bedienende<br />
Fläche, als auch die Einwohnerzahl beeinflussen den Aufwand für den ÖV, wobei beide<br />
Werte unterschiedlich wirken. Der Aufwand für die Flächenerschließung dient der Gewährleistung<br />
eines Gr<strong>und</strong>angebots, während bei großen Einwohnerdichten, die Bereitstellung eines attraktiven<br />
Angebots angesichts des großen Nutzerpotentials im Vordergr<strong>und</strong> steht.<br />
Zunächst erhalten alle Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte abhängig von ihrer Fläche eine Gr<strong>und</strong>förderung,<br />
durch die der Aufwand für die Flächenerschließung abgedeckt werden soll.<br />
Die Förderpunkte Pges werden nach folgenden Formeln ermittelt, die sich aus einer Standardeinwohnerzahl<br />
EWF in Abhängigkeit von der Gemeindefläche F, einem Metropolenzuschlag EWMZ<br />
für Gemeinden mit mehr als 200.000 Einwohnern (EW) <strong>und</strong> einem Einwohnerausgleich EW∆, der<br />
von der Einwohnerdichte abhängig ist, zusammensetzen:<br />
P ges = ( EWF<br />
+ EW∆<br />
+ EWMZ<br />
)<br />
(7.1)<br />
0,<br />
8<br />
EWF = 1000 × F<br />
(7.2)<br />
EWMZ = 0, 75 × ( EW − 200.<br />
000)<br />
(7.3)<br />
EW∆ = α × ( EW − EWF<br />
)<br />
(7.4)<br />
Im Verfahren werden die Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte in vier Kategorien A-D unterteilt:<br />
A: Kreise <strong>und</strong> kreisfreie Städte durchschnittlicher Besiedelungsdichte erhalten nur eine Förderung<br />
auf der Basis Ihrer Fläche.<br />
B: Städtische Bereiche höherer Dichte (EW-Dichte > 250 EW/qkm) erhalten eine zusätzliche Förderung<br />
für ihre städtisch geprägten Gebietsanteile, um eine dichtere <strong>und</strong> attraktivere Erschließung<br />
zu sichern. Derjenige Teil der EW-Anzahl, der nicht bereits durch die Flächenförderung<br />
„abgedeckt“ ist, wird mit dem Gewichtungsfaktor α = 1,5 bewertet. Damit wird der Tatsache<br />
Rechnung getragen, dass bei höherer (funktionaler) Verdichtung der Siedlungsflächen die Wahrscheinlichkeit<br />
steigt, dass Wege mit dem ÖV zurückgelegt werden, weil sich dadurch per ÖV<br />
mehr Ziele erreichen lassen <strong>und</strong> der ÖV – auch im Vergleich zum MIV – attraktiver wird.<br />
C: Metropolen <strong>und</strong> größere kreisfreie Städte mit mehr als 200.000 EW erhalten einen zusätzlichen<br />
einwohnerabhängigen Zuschlag, um die besonderen Anforderungen aus oberzentralen, regional<br />
„ausstrahlenden“ Funktionen zu erfüllen <strong>und</strong> überproportional hohen Systemaufwand auszugleichen.<br />
Die EW-Anzahl „jenseits“ der Marke 200.000 wird mit dem Faktor α = 0,75 gewichtet.<br />
D: Kreise besonders geringer Besiedelungsdichte erhalten – je Einwohner – einen Zuschlag für<br />
die besondere Erschwernis, die Flächenerschließung zu gewährleisten. Einwohner, die zu einer<br />
bestimmten Einwohnerdichte fehlen werden dazu mit dem Faktor α = 0,3 belegt.<br />
Im NRW-Vergleich (Abbildung 7-3) erhalten Großstädte mit U-Bahnsystemen je Einwohner die<br />
meisten Förderpunkte. Ausnahmen bilden Krefeld, Mülheim <strong>und</strong> Oberhausen, die gegenüber den<br />
Städten Aachen <strong>und</strong> Mönchengladbach, die keine U-Bahn unterhalten, weniger Förderpunkte erhalten.<br />
Im Übrigen werden die Kreise im Ballungsraum Rhein-Ruhr in gleicher Weise gefördert<br />
wie die kreisfreien Städte.<br />
- 50 -
Olpe<br />
Höxter<br />
Euskirchen<br />
Coesfeld<br />
Remscheid<br />
Warendorf<br />
Bottrop<br />
Paderborn<br />
Leverkusen<br />
Soest<br />
Solingen<br />
Hochsauerland<br />
Mülheim<br />
Düren<br />
Hamm<br />
Heinsberg<br />
Herne<br />
Siegen-Wittgenstein<br />
Hagen<br />
Kleve<br />
Oberhausen<br />
Herford<br />
Krefeld<br />
Oberbergischer<br />
Münster<br />
Minden-Lübbecke<br />
Aachen<br />
Rhein-Berg<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Viersen<br />
Borken<br />
Metropolenzuschlag<br />
Einw ohnerausgleich<br />
Flächenerschließung<br />
Schlüssel<br />
Abbildung 7-3 Zusammensetzung der Förderpunkte <strong>und</strong> resultierender Schlüssel je Einwohner<br />
Mönchengladbach<br />
- 51 -<br />
Gelsenkirchen<br />
Bonn<br />
Aachen Kreis<br />
Bielefeld<br />
Lippe<br />
Wuppertal<br />
Gütersloh<br />
Bochum<br />
Ennepe-Ruhr<br />
Duisburg<br />
Steinfurt<br />
Düsseldorf<br />
Märkischer<br />
Dortm<strong>und</strong><br />
Unna<br />
Essen<br />
Wesel<br />
Köln<br />
RKNeuss<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
0<br />
Rhein-Erft<br />
Mettmann<br />
Rhein-Sieg<br />
Recklinghausen
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Tabelle 7-1: Förderpunkte nach Einwohner <strong>und</strong> Fläche für ausgewählte Gemeinden<br />
Siedlungskategorie Beispiel Förderpunkte / EW ca.<br />
Sonderfall: Kreis, sehr dünn besiedelt Höxter 1,27<br />
Kreis, dünn besiedelt Paderborn, Kleve 1<br />
Kreis, durchschnittlich* bes. (Kreise) Oberbergischer Kreis 1,1<br />
durchschnittliche Förderung Kreise 1,2<br />
Kreis, durchschn. bes. (NRW) Viersen, Herford 1,25<br />
Kreis, städtisch geprägt Mettmann, Recklinghausen 1,35<br />
Kreisfreie <strong>Stadt</strong>, klein / Ballungsrand Remscheid, Bottrop 1,35<br />
durchschnittliche Förderung NRW 1,4<br />
Kreisfreie <strong>Stadt</strong>, größer <strong>und</strong> dichter Solingen, Leverkusen 1,4<br />
Kleineres Oberzentrum Gelsenkirchen 1,6<br />
durchschnittliche Förderung Kreisfreie Städte 1,7<br />
Mittleres Oberzentrum Bochum 1,8<br />
Metropole Köln 2<br />
*) Durchschnitt bezieht sich hier auf die Kreise; mittlere Dichte: ca. 320 EW/qkm<br />
Abbildung 7-4 Verteilungsschlüssel "A Einwohner <strong>und</strong> Fläche" relativ zum Landesdurchschnitt<br />
Mit abnehmender Einwohnerdichte vom Ballungsrand hin zu den ländlichen Kreisen nimmt auch<br />
die Förderung je Einwohner ab. Die Kreise Wesel, Aachen, Viersen <strong>und</strong> Märkischer Kreis profitieren<br />
beispielsweise gegenüber dem Münsterland <strong>und</strong> dem Siegerland durch ihre größeren Einwohnerdichten.<br />
Eine Ausnahme bilden der Kreis Höxter <strong>und</strong> der Hochsauerlandkreis, die über die<br />
Förderung für Kreise mit besonders geringer Dichte zusätzliche Förderpunkte je Einwohner erhalten.<br />
(Abbildung 7-4)<br />
Gegenüber der aktuellen Mittelverteilung verlieren mit Ausnahme von Duisburg die Großstädte<br />
mit U-Bahnsystemen Fördermittel. Hier ist besonders Bonn betroffen. Abgesehen von wenigen<br />
- 52 -
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Ausnahmen wie z. B. den Kreisen Wesel <strong>und</strong> Bergheim zeichnet sich für die kreisfreien Städte<br />
<strong>und</strong> Kreise im Ballungsraum Rhein-Ruhr eine Zunahme bzw. Konsolidierung der Mittel ab. Deutliche<br />
Verluste an Fördermitteln treffen besonders die topografisch bewegten ländlichen Kreise in<br />
der südlichen Hälfte von NRW. Lediglich der Hochsauerlandkreis kann spürbar mehr Fördermittel<br />
als in der Vergangenheit erwarten. Günstig schneidet im Vergleich zur bisherigen Mittelverteilung<br />
auch Ostwestfalen ab. (Abbildung 7-5)<br />
Abbildung 7-5 Verteilungsschlüssel "A Einwohner <strong>und</strong> Fläche":<br />
Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />
In Abbildung 7-6 sind die Wirkungen einer Mittelsteigerung um 20% dargestellt. Das Nord-Süd-<br />
Gefälle zwischen den Kreisen bleibt weitgehend erhalten, allerdings wird die Abnahme der Mittel<br />
durch den neuen Verteilungsschlüssel für die Kreise im Süden <strong>und</strong> die Großstädte kompensiert.<br />
Einige Großstädte wie Bochum <strong>und</strong> Aachen sowie Kreise am westlichen Ballungsrand (z.B. Wesel,<br />
Düren) müssen dennoch mit weniger Mitteln als in der Vergangenheit rechnen. Auffällig ist,<br />
dass neben dem Hochsauerlandkreis die Kreise zwischen Minden <strong>und</strong> Gütersloh bis zu 50%<br />
mehr Mittel als bisher erwarten könnten, obwohl sie einwohnerbezogen nicht mehr Mittel bekommen,<br />
als vergleichbare Kreise am Rand des Ruhgebiets.<br />
Im direkten Vergleich (Abbildung 7-7) bestätigt sich, dass dieser Verteilschlüssel eine durchaus<br />
beabsichtigte Verlagerung der Mittel von den dicht besiedelten Regionen des Rhein-Ruhr-Raums<br />
hin zu den ländlichen, flächengroßen Kreisen bewirkt. Insbesondere für die Kreise, die bezogen<br />
auf ihre Einwohner bisher die geringsten Landesmittel erhalten haben, erfolgt ein Ausgleich.<br />
Generell lässt dieser Verteilschlüssel über eine veränderte Gewichtung von Metropolenzuschlag,<br />
Einwohnerausgleich <strong>und</strong> Flächenerschließung noch Variationen des Verteilschlüssels zu. Dabei<br />
wäre zu diskutieren, ob beispielsweise eine stärkere Gewichtung des Metropolenzuschlags der<br />
Verteilungsgerechtigkeit nutzt, bzw. welche Ziele die Landesverkehrspolitik verfolgen sollte.<br />
- 53 -
Abbildung 7-6 Verteilungsschlüssel "A Einwohner <strong>und</strong> Fläche" +20 %:<br />
Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Abbildung 7-7 Vergleich des Verteilungsschlüssels "A Einwohner <strong>und</strong> Fläche" mit dem aktuellen Verteilungsschlüssel<br />
der ÖPNV-Landesmittel<br />
- 54 -
7.3 Verteilungsschlüssel „Ausgleich <strong>und</strong> Leistung“<br />
- 55 -<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Der öffentliche Personennahverkehr hat bei guter Auslastung gesamtgesellschaftliche Effizienz-<br />
<strong>und</strong> Kostenvorteile gegenüber dem Individualverkehr, verbraucht weniger Umweltressourcen <strong>und</strong><br />
dient der Versorgung von Bevölkerungsgruppen, denen individuelle motorisierte Mobilität nicht<br />
zur Verfügung steht. Angesichts zu erwartender Umweltveränderungen (Klimawandel, Energieverknappung)<br />
gewinnen die Umweltvorteile des öffentlichen Personennahverkehrs an Bedeutung.<br />
Wo öffentlicher Personennahverkehr nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, ist seine Förderung<br />
aus Steuermitteln daher aus Gründen der Daseinsvorsorge <strong>und</strong> der ökologischen Nachhaltigkeit<br />
notwendig <strong>und</strong> gerechtfertigt.<br />
Die Fördergründe Daseinsvorsorge <strong>und</strong> Nachhaltigkeit haben unterschiedliche Ziele: Daseinsvorsorge<br />
hat die Aufgabe, die Erfüllung von Mindeststandards der ÖV-Versorgung für alle Bevölkerungsgruppen<br />
zu sichern. Ökologische Nachhaltigkeit erfordert die Minimierung von Treibhausgasemissionen<br />
<strong>und</strong> Energieverbrauch. Die Ziele Daseinsvorsorge <strong>und</strong> ökologische Nachhaltigkeit<br />
führen deshalb zu unterschiedlichen Verteilungsschlüsseln der Fördermittel.<br />
Der Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" zielt auf eine rationale Lösung dieses Zielkonflikts<br />
ab. Er sichert einerseits eine ausreichende Minimalversorgung im Sinne der Daseinsvorsorge<br />
<strong>und</strong> belohnt andererseits Aufgabenträger, die eine gute Bedienungsqualität anbieten, weil damit<br />
die größten Wirkungen für die Nachhaltigkeit des Verkehrs erzielt werden.<br />
Methodisch wird ein nutzwertanalytischer Ansatz zur Ableitung des Verteilungsschlüssels aus der<br />
tatsächlich erzielten Bedienungsqualität verwendet:<br />
− Kreise mit unterdurchschnittlicher Bedienungsqualität erhalten eine Mindestförderung (Ausgleichsprinzip).<br />
− Kreise mit überdurchschnittlicher Bedienungsqualität erhalten eine Förderung für weitere Verbesserungen<br />
(Leistungsprinzip).<br />
Tabelle 7-2 zeigt die dabei verwendeten Indikatoren <strong>und</strong> ihre Gewichtung. Die ersten beiden Indikatoren,<br />
die Haltestellenabdeckung <strong>und</strong> die Anzahl Abfahrten je Haltestelle je Tag (siehe Kapitel<br />
3), beschreiben die örtliche Bedienungsqualität. Die überörtliche Bedienungsqualität wird durch<br />
die über alle Fahrten gemittelte Luftliniengeschwindigkeit im ÖV gemessen. Die Anzahl Nutzwagenkilometer<br />
je Einwohner je Jahr wird als Indikator für die ökologische Nachhaltigkeit verwendet;<br />
dabei wird davon ausgegangen, dass mehr angebotene ÖV-Fahrten mehr Pkw-Fahrer zum Umsteigen<br />
auf den Busse <strong>und</strong> Bahnen verleiten (siehe Kapitel 6).<br />
Tabelle 7-2. Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung": Indikatoren<br />
Indikator Gewicht<br />
A Örtliche Bedienungsqualität<br />
A1 Haltestellenabdeckung (%)<br />
A2 Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />
B Überörtliche Bedienungsqualität<br />
ÖV-Luftliniengeschwindigkeit (km/h)<br />
C Ökologische Nachhaltigkeit<br />
Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr<br />
16.7 %<br />
16.7 %<br />
33 %<br />
33 %<br />
33 %
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Abbildung 7-8 zeigt die verwendeten Wertfunktionen. Der waagerechte Teil der Wertfunktionen<br />
bezeichnet jeweils die in allen Kreisen mindestens zu gewährleistende Gr<strong>und</strong>versorgung. Aufgabenträger,<br />
die diese Gr<strong>und</strong>versorgung nicht erbringen können – etwa wegen geringer Siedlungsdichte<br />
des Kreises – werden soweit unterstützt, dass dies möglich wird.. Darüber hinausgehende<br />
Leistungen der Aufgabenträger werden – bis zu einem Niveau der Vollversorgung – mit einem<br />
leistungsabhängigen Zusatzbeitrag gefördert.<br />
A1 Haltestellenabdeckung A2 Abfahrten je Haltestelle<br />
B ÖV-Luftliniengeschwindigkeit C Nutzwagenkilometer<br />
Abbildung 7-8 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung": Wertfunktionen<br />
Die Karten in den Abbildungen 7-9 <strong>und</strong> 7-10 zeigen die Ausprägungen der vier Teilindikatoren in<br />
den 54 Kreisen Nordrhein-Westfalens. Man sieht, dass die beiden Teilindikatoren der örtlichen<br />
Bedienungsqualität, die Haltestellenabdeckung <strong>und</strong> –bedienung, vor allem in den <strong>Stadt</strong>regionen<br />
eine hohe Ausprägung haben, während fast alle ländlichen Kreise unterversorgt sind. Der <strong>Stadt</strong>-<br />
Land-Gegensatz bei der Luftliniengeschwindigkeit ist noch stärker, obwohl einige ländliche Kreise<br />
von ihrer Nähe zu großen Schienenachsen profitieren. Die Verteilung der Nutzwagenkilometer je<br />
Einwohner <strong>und</strong> Jahr ist ausgeglichener, was auf den erhöhten Fahrtenaufwand des öffentlichen<br />
Verkehrs im ländlichen Raum hinweist.<br />
Abbildung 7-11 zeigt das Ergebnis des Verteilungsschlüssels "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" für die 54<br />
Kreise NRWs. Nur wenige ländlich geprägte Kreise weisen in allen Teilindikatoren so niedrige<br />
Werte auf, dass sie ausschließlich über das Ausgleichsprinzip gefördert werden. Diese, in der<br />
Karte rot dargestellten Landkreise liegen insbesondere im Münsterland, im Sauer- <strong>und</strong> Siegerland<br />
<strong>und</strong> bei Aachen. Viele andere ländlich geprägte Kreise sowie die meisten Kreise in den Randlagen<br />
der Ballungsräume erhalten zusätzlich auch leistungsbezogene Förderung. Diese ist am<br />
höchsten in den Kernstädten der Ballungsräume.<br />
- 56 -
A1 Haltestellenabdeckung<br />
- 57 -<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
A2 Abfahrten je Haltestelle je Tag<br />
Abbildung 7-9 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung": Ausprägung der Teilindikatoren A1<br />
(Haltestellenabdeckung) <strong>und</strong> A2 (Fahrten je Haltestelle je Einwohner je Tag)<br />
B ÖV-Luftliniengeschwindigkeit C Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr<br />
Abbildung 7-10 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung": Ausprägung der Teilindikatoren B<br />
(ÖV-Luftliniengeschwindigkeit) <strong>und</strong> C (Nutzwagenkilometer je Einwohner je Jahr)
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Abbildung 7-11 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung". Ausprägung des Gesamtindikators.<br />
Die Verteilung der Fördermittel auf die Kreise berechnet sich wie folgt. Die Bedienungsqualität Qi<br />
in Kreis i ist nach dem nutzwertanalytischen Ansatz:<br />
Qi i i<br />
= α A + β B + γ C<br />
(7.5)<br />
Dabei sind Ai, Bi <strong>und</strong> Ci die Teilnutzen der drei Teilindikatoren A, B <strong>und</strong> C, <strong>und</strong> α, β <strong>und</strong> γ sind<br />
Gewichte, die hier zunächst mit einheitlich einem Drittel angenommen wurden. Die Fördermittel Fi<br />
für den Kreis i in Euro sind dann<br />
F<br />
Qi<br />
Pi<br />
= F<br />
(7.6)<br />
Q P<br />
i<br />
∑<br />
i<br />
i<br />
i<br />
wobei Pi die Bevölkerung im Kreis i <strong>und</strong> F die Fördermittel des Landes für den ÖV insgesamt<br />
sind.<br />
Abbildung 7-12 zeigt das Ergebnis des Verteilungsschlüssels "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" für die 54<br />
Kreise des Landes Nordrhein-Westfalens relativ zum Landesdurchschnitt je Einwohner. Man<br />
sieht, dass aufgr<strong>und</strong> des Leistungsanteils die bevorzugte Förderung der Städte weiterhin richtig<br />
ist, dass jedoch kein Landkreis weniger als 83 Prozent des Landesmittels je Einwohner erhält.<br />
- 58 -
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Abbildung 7-12 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" relativ zum Landesmittel<br />
Abbildung 7-13 zeigt die Veränderungen der Förderung je Einwohner der Kreise gegenüber dem<br />
gegenwärtigen Verteilungsschlüssel in Prozent. Man sieht, dass vor allem die ländlichen Kreise<br />
im Norden des Landes besser versorgt würden, während die <strong>Stadt</strong>regionen geringfügige Abstriche<br />
in Kauf nehmen würden. Abbildung 7-14 zeigt, wie sich die Situation ändern würde, wenn die<br />
Gesamtfördersumme um 20 Prozent erhöht würde. Nun können bis auf wenige Ausnahmen alle<br />
Kreise Gewinne verzeichnen.<br />
Abbildung 7-15 zeigt, dass der Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" aufgr<strong>und</strong> der Betonung<br />
des Ausgleichsprinzips durch die hoch angesetzten Mindeststandards in den Wertfunktionen<br />
(Abbildung 7-8) zu einer Umverteilung der ÖV-Mittel des Landes zugunsten der ländlichen<br />
Kreise auf Kosten der kreisfreien Städte <strong>und</strong> Kreise in den Verdichtungsräumen führt.<br />
Darüber hinaus zeigt der Verteilungsschlüssel einige signifikante Abweichungen einzelner Kreise<br />
gegenüber dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel. So erhalten die Oberzentren Münster, Hagen,<br />
Herne <strong>und</strong> Oberhausen deutlich mehr ÖV-Landesmittel als gegenwärtig, während der Kreis<br />
Wesel, aber auch Großstädte wie Düsseldorf, Köln, Bochum <strong>und</strong> Dortm<strong>und</strong> deutlich weniger erhalten.<br />
Bei einigen Abweichungen, insbesondere im Falle Oberhausen, dürfte die Ursache hierfür<br />
in Datenfehlern liegen. In anderen Fällen scheinen die Angaben des gegenwärtigen Verteilungsschlüssels<br />
diskussionswürdig. In diesen Fällen wäre eine mehr ins Einzelne gehende Untersuchung<br />
angebracht.<br />
Abschließend ist zu beachten, dass die hier beispielhaft vorgestellte Implementierung des nutzwertanalytischen<br />
Ansatzes zur Generierung eines Verteilungsschlüssels nur eine mögliche Ausprägung<br />
unter vielen ist. Gerade an dieser Stelle der normativen Festlegung des Verhältnisses<br />
von Ausgleich <strong>und</strong> Leistung sind politische Entscheidungen über Ziele <strong>und</strong> ÖV-Mindeststandards<br />
gefragt, die sich dann in der Methodik dieses Verteilungsschlüssels, insbesondere in der Festlegung<br />
der Wertfunktionen, umsetzen lassen.<br />
- 59 -
Abbildung 7-13 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung":<br />
Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />
Abbildung 7-14 Verteilungsschlüssel "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" +20%:<br />
Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />
- 60 -<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Abbildung 7-15 Vergleich des Verteilungsschlüssels "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung" mit dem aktuellen Verteilungsschlüssel<br />
der Landesmittel<br />
Unter methodischen Gesichtspunkten bleibt weiterhin festzustellen, dass sich der vorgestellte<br />
nutzwertanalytische Ansatz zur Generierung von Verteilungsschlüsseln für die ÖV-Mittel des<br />
Landes nur mäßige Datenanforderungen hat <strong>und</strong> keine Modellierungsschritte erforderlich sind.<br />
Die Daten zur Haltestellenabdeckung, zur Häufigkeit der Haltestellenbedienung <strong>und</strong> die Nutzwagenkilometer<br />
können routinemäßig von den Aufgabenträgern des öffentlichen Personennahverkehrs<br />
bereit gestellt werden, die Daten der Pendlerverflechtungen werden regelmäßig vom Landesamt<br />
für Datenverarbeitung <strong>und</strong> Statistik herausgegeben, die ÖV-Reisezeiten lassen sich<br />
durch entsprechende Verfahren aus den digitalen Fahrplänen der Verkehrsverbünde ermitteln.<br />
- 61 -
7.4 Verteilungsschlüssel C „Angemessene Bedienung“<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Verteilschlüssels ist das Leitbild eines angemessenen ÖV in NRW.<br />
Der interurbane Verkehr beinhaltet den Erhalt <strong>und</strong> Ausbau eines interurbanen Gr<strong>und</strong>netzes, das<br />
sich auf den bedeutenden <strong>und</strong> nachfragestarken Relationen durch leistungsfähige, schnelle,<br />
schienengeb<strong>und</strong>ene Verkehre auszeichnet. Darüber hinaus ist die Identifikation von relevanten<br />
Verkehrsströmen Voraussetzung für die Förderung des schienengeb<strong>und</strong>enen ÖV <strong>und</strong> den Betrieb<br />
auf bestehenden Netzteilen. Nachfragestarke Relationen, die bisher nicht über die Schiene<br />
versorgt werden, sind durch gebündelte, schnelle, städteverbindende Regionalverkehre im Linienbandbetrieb<br />
mit Regionalbussen zu bedienen. Kleinere Siedlungseinheiten, die sich im Einzugsbereich<br />
dieser Linienbänder befinden, sollten auf diesem Wege ebenfalls versorgt werden.<br />
Einwohnerschwache ländliche Siedlungseinheiten ohne ausreichende Gr<strong>und</strong>auslastung für <strong>Stadt</strong>-<br />
<strong>und</strong> Linienverkehre, die nicht an Linienbändern liegen, sind über eine differenzierte Bedienung<br />
(Bedarfsverkehre) zu erschließen.<br />
Die urbane Bedienungsqualität (<strong>Stadt</strong>-/U-Bahn, Bus) orientiert sich an der Einwohnerdichte der<br />
jeweiligen <strong>Stadt</strong>teile. Voraussetzung für die Verbesserung der Anschlüsse, sowohl auf der Straße<br />
als auch auf der Schiene, ist ein einheitlicher Gr<strong>und</strong>takt von 7,5- <strong>und</strong> 15-Minuten in zentralen Bereichen,<br />
30-Minutentakt in der Peripherie bzw. 60-Minutentakt im Standard-Regionalverkehr.<br />
Die Ableitung des Vorschlags zu einer „angemessenen Bedienung“ (Wertgerüst) aus Literatur,<br />
geübter Praxis, Fachwissen <strong>und</strong> die Akzeptanz eines derartigen Leitbildes ist letztendlich eine politische<br />
Entscheidung.<br />
Ebene<br />
Bezug<br />
Mengengerüst<br />
Wertgerüst<br />
Fernverkehr<br />
Ergebnisgröße/<br />
Verteilungsschlüssel<br />
Interurbaner<br />
(Regional-) Verkehr<br />
Linienbänder<br />
Pendlerbeziehungen<br />
ÖV - Produktkategorien<br />
Fahrgastpotential<br />
Abbildung 7-16 Strukturkomponenten einer angemessenen Bedienung<br />
Verfahren - Urbaner Verkehr<br />
Urbaner<br />
(<strong>Stadt</strong>-) Verkehr<br />
Siedlungsflächen<br />
Einwohner (-dichten)<br />
ÖV - Bedienungskategorien<br />
Bedienungsaufwand<br />
Für die Identifikation der Einwohnerdichten im urbanen Verkehr bilden die ATKIS-Daten die<br />
Gr<strong>und</strong>lage. Neben der Lage der Wohnstandorte ist die Einwohnerdichte in den Siedlungsteilen für<br />
die Zuordnung eines angemessenen ÖV-Angebots entscheidend. Zurzeit laufen Forschungsprojekte<br />
(Meinel, 2006-2008), deren Ziel es ist, auf Luftbildern Bebauungstypen z. B. Einfamilienhausgebiete,<br />
Blockrandbebauung usw. zu identifizieren, die Rückschlüsse auf Einwohnerdichten<br />
erlauben, so dass flächendeckend einheitliche Datengr<strong>und</strong>lagen entstehen. Bis diese Ergebnisse<br />
verfügbar sind, wurde ein vereinfachtes Verfahren entwickelt, das die Einwohner einer Gemeinde<br />
in Abhängigkeit von der Flächengröße auf die Wohnbauflächen der Gemeinden verteilt. Großen<br />
- 62 -
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
innerstädtischen Flächen wird so eine höhere Einwohnerdichte zugeordnet, als kleinen peripheren<br />
Wohnstandorten.<br />
Je nach Einwohnerdichteklasse erfolgt dann die Zuordnung von Betriebstypen (z.B. Standardlinienbus,<br />
Bedarfsverkehr), Taktdichten <strong>und</strong> Bediendauern im Sinne einer angemessenen Bedienung<br />
(Abbildung 7-17+18).<br />
Um die Zahl der benötigten Nutzwagenkilometer zu bestimmen, bedarf es außerdem einer Abschätzung<br />
der Liniennetzlängen. Das Verfahren stützt sich hierbei auf eine virtuelle Liniennetzlänge,<br />
die sich aus den Flächengrößen mit den unterschiedlichen Einwohnerdichten <strong>und</strong> den Abständen<br />
zwischen den einzelnen Flächen einer Gemeinde ableitet. Dabei wird ein Haltestellenradius<br />
von 300 m zugr<strong>und</strong>e gelegt. Im Straßen- <strong>und</strong> U-Bahnverkehr ist das bestehende Schienennetz<br />
die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage.<br />
Durch die Differenzierung nach Einwohnerdichteklassen kann eine <strong>Stadt</strong>-/ Landunterscheidung<br />
unterbleiben. <strong>Stadt</strong>busverkehr wird überall da angeboten, wo Einwohnerpotenziale eine vertretbare<br />
Gr<strong>und</strong>auslastung erwarten lassen. Einwohnerschwache Bereiche werden über flexible Bedienformen<br />
angeb<strong>und</strong>en (Ausnahme: Siedlungen am Linienband werden mit Regionalbussen<br />
erschlossen).<br />
Abbildung 7-17 Beispiel: Einwohnerdichtekategorien (schematisch) <strong>und</strong> urbanes Liniennetz<br />
7,5<br />
15<br />
30<br />
60<br />
Gebietstyp<br />
Takt min<br />
Wo<br />
Sa/So<br />
Wo<br />
Sa/So<br />
Wo<br />
Sa/So<br />
Wo<br />
Sa/So<br />
Einfamilienhausgebiete<br />
>40 EW/ha<br />
Bus<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
14<br />
-<br />
18<br />
18<br />
U/Stra<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
18<br />
18<br />
18<br />
18<br />
- 63 -<br />
Mehrfamilienhausgebiete<br />
>100 EW/ha<br />
Bus<br />
-<br />
-<br />
14<br />
-<br />
18<br />
10<br />
18<br />
18<br />
U/Stra<br />
-<br />
-<br />
18<br />
-<br />
18<br />
18<br />
18<br />
18<br />
Zentrum<br />
> 200EW/ha<br />
Bus<br />
14<br />
-<br />
14<br />
10<br />
18<br />
14<br />
18<br />
18<br />
U/Stra<br />
Abbildung 7-18 urbaner ÖV: Betriebsdauer (in St<strong>und</strong>en) <strong>und</strong> Bedientakt in Abhängigkeit von der Einwohnerdichte<br />
18<br />
-<br />
18<br />
18<br />
18<br />
18<br />
18<br />
18
Verfahren - Interurbaner Verkehr<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Basis für die Bestimmung des interurbanen Verkehrs sind die Pendlerströme, die in der Regel<br />
über die reale Nachfrage in den Spitzenst<strong>und</strong>en bemessungsbestimmend für eine ÖV-<br />
Verbindung sind. Liegen zwischen Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsort eines Pendlerstroms weitere Gemeinden,<br />
so sind direkte Pendlerströme <strong>und</strong> Transferströme zusammenzufassen. Mit dem Dijkstra-<br />
Algorithmus wird deshalb für jede Pendlerbeziehung ein Routing auf möglichst kurzen Wegen errechnet.<br />
Das Ergebnis ist ein ÖV-Gr<strong>und</strong>netz für NRW, für das die Größe der Verkehrsnachfrage<br />
durch Berufspendler bekannt ist (Abbildung 7-19). Beim Routing sind qualifizierte Schienenverbindungen<br />
bevorzugt zu berücksichtigen, um Parallelverkehre mit dem Bus <strong>und</strong> damit eine „Kanibalisierung“<br />
des Bestands zu vermeiden. Auf dieser Basis können nun die bestehenden Produktgruppen<br />
Regionalexpress, S-Bahn, Regionalbahn, Regionalschnellbus <strong>und</strong> Regionalbus mit ihren<br />
definierten Takten <strong>und</strong> Bediendauern dem Gr<strong>und</strong>netz zugeordnet werden. Da die Basis für das<br />
Routing die Luftlinienentfernungen sind, ist für die Bestimmung von Nutzwagenkilometern über<br />
einen Umwegfaktor eine Umrechnung erforderlich. Alternativ steht über das Straßennetz die tatsächliche<br />
Wegelänge zwischen benachbarten Gemeinden zur Verfügung.<br />
Abbildung 7-19 Beispiel: Gr<strong>und</strong>netz auf Basis der Berufspendler<br />
Takt Min<br />
15<br />
30<br />
60<br />
Produkt<br />
Wo<br />
Sa/So<br />
Wo<br />
Sa/So<br />
Wo<br />
Sa/So<br />
Qualitätsstufe A<br />
>P1<br />
Pendler<br />
14<br />
-<br />
18<br />
14<br />
20<br />
24<br />
>P2<br />
Pendler<br />
-<br />
-<br />
18<br />
14<br />
20<br />
22<br />
Qualitätsstufe B<br />
>P3<br />
Pendler<br />
-<br />
-<br />
18<br />
14<br />
20<br />
2<br />
>P4<br />
Pendler<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
18<br />
20<br />
Qualitätsstufe C<br />
>P5<br />
Pendler<br />
-<br />
-<br />
16<br />
14<br />
16<br />
18<br />
>P6<br />
Pendler<br />
Abbildung 7-20 interurbaner Verkehr: Betriebsdauer <strong>und</strong> Taktdichte in Abhängigkeit vom Pendlerstrom<br />
- 64 -<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
16<br />
14
Ableitung des Verteilschlüssels<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Aus Liniennetzlänge, Taktdichte <strong>und</strong> Betriebsdauer für die einzelnen Produktgruppen (i), lassen<br />
sich die jeweiligen erforderlichen Nutzwagenkilometer(xij), eines Aufgabenträgers (j) ermitteln.<br />
Ordnet man diesen die mittleren Kosten (bij) zu, so erhält man einen Kennwert für den Kostenaufwand.<br />
3<br />
∑b<br />
1ji<br />
1ji<br />
j = 1<br />
α = a ⋅ i 1<br />
(7.7)<br />
1<br />
n 3<br />
∑∑b<br />
k= 1 j=<br />
1<br />
2<br />
∑b<br />
x<br />
1jk<br />
∑∑b<br />
k= 1 j=<br />
1<br />
x<br />
x<br />
1jk<br />
2 ji 2 ji<br />
j = 1<br />
α = a ⋅ i 2<br />
(7.8)<br />
2<br />
n 2<br />
2 jk<br />
x<br />
2 jk<br />
Urbaner <strong>und</strong> interurbaner Verkehr können darüber hinaus noch unterschiedlich gewichtet werden<br />
(ai). Der Verteilschlüssel (α) für jeden Aufgabenträger entspricht dem Anteil, den der eigene Kostenaufwand<br />
am Gesamtaufwand für den ÖV in NRW hat.<br />
Gesamtaufwand<br />
a 1<br />
a 2<br />
Verbindungstyp<br />
Urbaner<br />
Verkehr<br />
α 1i<br />
Inter<br />
urbaner<br />
verkehr<br />
α 2i<br />
b 11<br />
b 13<br />
b 22<br />
Indikator (virtuelle Netzlänge)<br />
X 11<br />
x 13<br />
x 22<br />
<strong>Stadt</strong>-/ Straßenbahn<br />
<strong>Stadt</strong>bus<br />
Flex. Bedienung<br />
Bahn<br />
Bus<br />
Abbildung 7-21 Berechnungsgr<strong>und</strong>lage des Verteilschlüssels<br />
Straßenbahn 15 Min<br />
U Bahn 15 Min<br />
<strong>Stadt</strong>netz 7,5 Min<br />
<strong>Stadt</strong>netz 15 Min<br />
<strong>Stadt</strong>netz 30 Min<br />
Regionalbus 15 Min<br />
Regionalbus (verstädt.) 30 Min<br />
Regionalbus (ländl.) 30 Min<br />
Regionalbus 60 Min<br />
Landesmittel ist<br />
Abbildung 7-22 Relativer Aufwand nach Bedientyp <strong>und</strong> Gemeinde<br />
b 12<br />
b 21<br />
X 12<br />
x 21<br />
- 65 -<br />
Faktor (Nachfrage)<br />
EW-Dichte<br />
Pendler
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Der Vergleich (Abbildung 7-22) zeigt, dass sich der Aufwand in den ländlichen Kreisen von NRW<br />
vorwiegend aus interurbanem Verkehr zusammensetzt, während in den größeren Städten der urbane<br />
Verkehr dominiert. Den größten ÖV-Bedarf verzeichnet Köln, gefolgt von Düsseldorf <strong>und</strong><br />
Dortm<strong>und</strong>, wobei der Straßen- <strong>und</strong> U-Bahnverkehr hier einen hohen Anteil hat. Hier noch nicht<br />
berücksichtigt ist der Kostenanteil der für angemessene Bedienformen bereitgestellt werden sollte<br />
<strong>und</strong> für dessen Abschätzung noch kein gesichertes Verfahren existiert.<br />
Im einwohnerbezogenen Landesvergleich liegen Mülheim <strong>und</strong> Bonn an der Spitze, auf Gr<strong>und</strong> eines<br />
relativ hohen U-Bahn-Anteils je Einwohner.<br />
Die prägenden Ruhrgebietsstädte mit Straßen- oder U-Bahn erhalten vergleichbare Mittelzuweisungen<br />
je Einwohner. Am wenigsten Mittel je Einwohner dürfen die kreisfreien Städte ohne U-/<br />
Straßenbahn erwarten. Hier wirkt sich bezogen auf den Einwohner, das relativ kleine Regionalverkehrsnetz<br />
aus.<br />
Bei den Kreisen finden sich deutliche Unterschiede. Gegenüber den ländlichen Kreisen in den<br />
Randlagen von NRW, dürfen die Kreise mit Verdichtungsräumen <strong>und</strong> größeren Städten wie die<br />
Kreise Siegen, Bergheim, Warendorf <strong>und</strong> Gütersloh mehr Mittel je Einwohner erwarten.<br />
Abbildung 7-23 Verteilungsschlüssel C Angemessene Bedienung relativ zum Landesdurchschnitt<br />
Wird dieser Verteilschlüssel mit dem Ist-Verteilschlüssel verglichen, zeigt sich ein sehr heterogenes<br />
Ergebnis (Abbildung 7-24). Kreise am Ballungsrand müssen mit weniger, ländliche Kreise mit<br />
mehr Mitteln rechnen. Kleinere Städte im Rhein-Ruhrraum erhalten zu lasten der größeren Städte,<br />
wie Köln, Bochum <strong>und</strong> Dortm<strong>und</strong> mehr Mittel. Allerdings sind dies auch die Städte die (vgl.<br />
Abbildung 7-26) bisher die meisten Mittel je Einwohner bekommen. Abgesehen von Aachen wirkt<br />
sich dieser Verteilschlüssel auch günstig auf monozentrale Städte wie Münster <strong>und</strong> Bonn aus.<br />
Eine zwanzigprozentige Zunahme der Mittel begünstigt den Großteil der Kreise, kann allerdings<br />
nicht alle Mittelkürzungen durch den neuen Verteilschlüssel kompensieren (Abbildung 7-25) Insbesondere<br />
die Städte Aachen, Mönchengladbach <strong>und</strong> Solingen sind hiervon betroffen.<br />
- 66 -
Abbildung 7-24 Verteilungsschlüssel C Angemessene Bedienung:<br />
Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />
Abbildung 7-25 Verteilungsschlüssel C Angemessene Bedienung +20 %:<br />
Differenz zum Ist-Verteilungsschlüssel (%)<br />
- 67 -<br />
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel
Maßstäbe der Mittelvergabe - Verteilschlüssel<br />
Auch dieser Verteilschlüssel bewirkt eine Umlagerung der Mittel (Abbildung 7-26). Aufgabenträger,<br />
die bisher wenig Mittel je Einwohner erhalten haben, bekommen nun tendenziell mehr. Bei<br />
denen, die bisher relativ viel Mittel je Einwohner erwarten durften sind es eher weniger. Allerdings<br />
schwanken die Mittel je Einwohner zum Teil sehr stark. Dies lässt sich über eine Parametervariation<br />
des Verteilschlüssels auch nur wenig steuern. Hier sind weitere Untersuchungen erforderlich,<br />
zum Beispiel zur unterschiedlichen Gewichtung von urbanem <strong>und</strong> interurbanem Verkehr oder zu<br />
flexiblen Bedienformen. Auch übereine Variation der Kostensätze für den Nutzwagenkilometer ist<br />
eine Änderung der Verteilung denkbar.<br />
Abbildung 7-26 Vergleich des Verteilungsschlüssels C Angemessene Bedienung mit dem aktuellen<br />
Verteilungsschlüssel der ÖPNV-Landesmittel<br />
- 68 -
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
8 Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
In einem weiteren Untersuchungsteil wurden die Auswirkungen der drei Verteilungsschlüssel auf<br />
Erreichbarkeit, Mobilitätsverhalten <strong>und</strong> Umwelt im östlichen Ruhrgebiet untersucht. Hierzu wurde<br />
das am Institut für Raumplanung der Universität Dortm<strong>und</strong> entwickelte Simulationsmodell von<br />
Flächennutzung, Verkehr <strong>und</strong> Umwelt im östlichen Ruhrgebiet verwendet.<br />
8.1 Das Modell des östlichen Ruhrgebiets<br />
Das Modell des östlichen Ruhrgebiets ist ein Simulationsmodell intraregionaler Standortwahl- <strong>und</strong><br />
Mobilitätsentscheidungen in einer <strong>Stadt</strong>region (<strong>Wegener</strong>, 1998). Das Modell wurde u.a. in den<br />
EU-Projekten PROPOLIS (Planning and Research of Policies for Land Use and Transport for Increasing<br />
Urban Sustainability) <strong>und</strong> STEPs (Scenarios for the Transport System and Energy Supply<br />
and their Potential Effects) sowie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Landes- <strong>und</strong> <strong>Stadt</strong>entwicklungsforschung<br />
<strong>und</strong> Bauwesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW) im Rahmen des<br />
im Auftrag des Ministeriums für Verkehr, Energie <strong>und</strong> Landesplanung des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen (MVEL) durchgeführte Forschungsprojekt "Untersuchung zentraler Rahmenbedingungen,<br />
Instrumente <strong>und</strong> Zielkriterien der Landesverkehrsplanung Nordrhein-Westfalen" zur Abschätzung<br />
der langfristigen Auswirkungen von Maßnahmenszenarien <strong>und</strong> deren Bewertung unter<br />
Nachhaltigkeitskriterien angewendet (Lautso u.a., 2004; Fiorello u.a., 2006; <strong>Spiekermann</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Wegener</strong>, 2004; 2005).<br />
Untersuchungsgebiet des Modells ist das östliche Ruhrgebiet mit der <strong>Stadt</strong> Dortm<strong>und</strong> im Zentrum.<br />
Dortm<strong>und</strong> (ca. 590.000 Einwohner) ist die östlichste der großen Städte des Ruhrgebiets. Die<br />
<strong>Stadt</strong> war früher ein bedeutendes Zentrum des Bergbaus <strong>und</strong> der Stahlerzeugung. Seit dem Niedergang<br />
von Kohle <strong>und</strong> Stahl ist Dortm<strong>und</strong> heute das Verwaltungs-, Dienstleistungs- <strong>und</strong> Einkaufszentrum<br />
für eine große Einzugsregion mit teilweise suburbanem <strong>und</strong> ländlichem Charakter.<br />
Die Untersuchungsregion ist der Pendlereinzugsbereich Dortm<strong>und</strong>s mit Dortm<strong>und</strong> selbst <strong>und</strong> 25<br />
Umlandgemeinden. Die <strong>Stadt</strong>region ist ziemlich kompakt; die meisten ihrer Siedlungsbereiche<br />
liegen weniger als dreißig Minuten mit dem Auto von der Innenstadt Dortm<strong>und</strong>s entfernt. Die Gesamtregion<br />
hat ungefähr 2,6 Millionen Einwohner. Für die Anwendung des Modells wurde die<br />
<strong>Stadt</strong>region in 246 Zonen unterteilt.<br />
Abbildung 8-1 zeigt das Untersuchungsgebiet des Modells mit den im Modell berücksichtigten Linien<br />
des öffentlichen Personennahverkehrs. Außerdem (nicht gezeigt) enthält die Netzdatenbasis<br />
des Modells die wichtigsten Straßenverbindungen einschließlich Fußweg- <strong>und</strong> Radfahrverbindungen.<br />
Die Netzdatenbasis des Modells enthält alle Netzänderungen der Vergangenheit seit<br />
1970 <strong>und</strong> einige wenige voraussehbare zukünftige Änderungen bis 2030. Abbildung 8-2 zeigt die<br />
externen Zonen, d.h. die Quellen <strong>und</strong> Ziele von die Grenzen des Untersuchungsgebiets überschreitenden<br />
Wegen.<br />
Das Modell des östlichen Ruhrgebiets prognostiziert für jede Simulationsperiode intraregionale<br />
Standortentscheidungen von Unternehmen, Wohnungsbauinvestoren <strong>und</strong> Haushalten, die aus<br />
ihnen resultierenden Wanderungen <strong>und</strong> Verkehrsströme <strong>und</strong> Umweltauswirkungen des Verkehrs,<br />
die Entwicklung der Bautätigkeit <strong>und</strong> Flächennutzung <strong>und</strong> die Wirkung öffentlicher Planungseingriffe<br />
in den Bereichen Wirtschaftsförderung, Wohnen, Infrastruktur <strong>und</strong> Verkehr.<br />
Abbildung 8-3 ist eine schematische Darstellung der wichtigsten im Modell abgebildeten Teilsysteme<br />
<strong>und</strong> Wechselwirkungen zwischen ihnen <strong>und</strong> den wichtigsten Planungsmaßnahmen, deren<br />
Wirkung mit dem Modell untersucht werden kann.<br />
- 69 -
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Abbildung 8-1: Das Untersuchungsgebiet des Modells des östlichen Ruhrgebiets<br />
Abbildung 8-2: Interne <strong>und</strong> externe Zonen des Modells des östlichen Ruhrgebiets<br />
- 70 -
Abbildung 8-3: Das Modell des östlichen Ruhrgebiets<br />
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Die vier Quadrate in den Ecken des Diagramms zeigen die hauptsächlichen Bestandsgrößen des<br />
Modells: Bevölkerung, Arbeitsplätze, Wohnungen <strong>und</strong> Nichtwohngebäude (Industrie-, Gewerbegebäude<br />
<strong>und</strong> öffentliche Einrichtungen). Die Akteure, die diesen Bestandsgrößen entsprechen,<br />
sind Individuen, Haushalte, Beschäftigte, Unternehmen <strong>und</strong> Bauinvestoren. Diese Akteure interagieren<br />
auf fünf Teilmärkten der <strong>Stadt</strong>entwicklung. Die fünf Teilmärkte <strong>und</strong> die auf ihnen ablaufenden<br />
Transaktionen sind:<br />
− der Arbeitsmarkt: Einstellungen <strong>und</strong> Entlassungen,<br />
− der Markt für Nichtwohngebäude: Betriebsansiedlungen, -verlagerungen <strong>und</strong> -schließungen,<br />
− der Wohnungsmarkt: Zuwanderung, Abwanderung, Einzüge <strong>und</strong> Umzüge,<br />
− der Bau- <strong>und</strong> Bodenmarkt: Neubau, Modernisierung <strong>und</strong> Abriss,<br />
− der Verkehrsmarkt: Ortsveränderungen <strong>und</strong> ihre Folgen Erreichbarkeit, Staus, Unfälle, Lärm<br />
<strong>und</strong> Energieverbrauch.<br />
Für jeden Teilmarkt zeigt das Diagramm Angebot <strong>und</strong> Nachfrage <strong>und</strong> die sich daraus ergebenden<br />
Markttransaktionen. Das Angebot in den Teilmärkten ist eine Funktion der Nachfrage; die Nachfrage<br />
in der Gesamtregion eine Funktion exogener Vorgaben. Die Nachfrage in den Teilräumen<br />
der <strong>Stadt</strong>region ist eine Funktion der Gesamtnachfrage; ihre räumliche Verteilung wird durch das<br />
Angebot an Arbeitsplätzen, Gebäuden <strong>und</strong> Flächen in den Teilräumen <strong>und</strong> dessen Attraktivität<br />
bestimmt. Die Attraktivität des Angebots ist allgemein eine benutzergruppenspezifische Funktion<br />
- 71 -
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
von Lage (Erreichbarkeit), Qualität <strong>und</strong> Preis. Die großen Pfeile in der Abbildung bezeichnen exogene<br />
Vorgaben: entweder Prognosen der Wirtschafts- <strong>und</strong> Bevölkerungsentwicklung der Gesamtregion<br />
auf der Gr<strong>und</strong>lage langfristiger ökonomischer <strong>und</strong> demographischer Trends oder Politikmaßnahmen<br />
in den Bereichen Wirtschaftsförderung, Wohnungsbau, öffentliche Einrichtungen<br />
<strong>und</strong> Verkehr. Im Teilmodell Verkehr werden Berufs-, Einkaufs-, Dienstleistungs- <strong>und</strong> Ausbildungswege<br />
für vier sozioökonomische Gruppen <strong>und</strong> drei Verkehrsarten (Fahrrad/Fuß, ÖV, Pkw)<br />
berechnet. Das Modell ermittelt eine Lösung, bei der Pkw-Besitz, Wegezahl, Ziel-, Verkehrsmittel-<br />
<strong>und</strong> Routenwahl sowie Stauzeiten im Verkehrsnetz im Gleichgewicht sind.<br />
8.2 Verteilungsschlüssel<br />
Tabelle 8-1 zeigt die gegenwärtige Verteilung der Landesmittel für den öffentlichen Personennahverkehr<br />
auf die Aufgabenträger, d.h. die 54 Kreise in Nordrhein-Westfalen sowie die drei untersuchten<br />
alternativen Verteilungsschlüssel (siehe Kapitel 7):<br />
− Einwohner <strong>und</strong> Fläche: Gr<strong>und</strong>förderung proportional zur Kreisfläche. Zusatzförderung für städtisch-geprägte<br />
Gebietsteile mit höherer Siedlungsdichte sowie für die größeren kreisfreien Städte<br />
<strong>und</strong> Ballungskerne mit mehr als 200.000 EW, die besondere Anforderungen aus oberzentralen,<br />
regional „ausstrahlenden“ Funktionen zu erfüllen haben sowie für Kreise besonders geringer Besiedelungsdichte.<br />
− Ausgleich <strong>und</strong> Leistung: Ableitung des Schlüssels für die Verteilung der Fördermittel aus der<br />
tatsächlich erzielten Bedienungsqualität: Kreise mit überdurchschnittlicher Bedienungsqualität erhalten<br />
eine Förderung für weitere Verbesserungen (Leistungsprinzip). Kreise mit unterdurchschnittlicher<br />
Bedienungsqualität erhalten eine Mindestförderung (Ausgleichsprinzip).<br />
− Angemessene Bedienung: Definition einer angemessenen Bedienung (definiert als Betriebsdauer<br />
<strong>und</strong> Taktdichte) für Einwohnerdichteklassen. Ermittlung des potentiellen aufgabenträgerspezifischen<br />
Bedienungsaufwandes in virtuellen Nutzwagenkilometern. Förderung einwohnerschwacher<br />
Bereiche über flexible Bedienformen. Ableitung der interurbanen Bedienungsqualität<br />
aus tatsächlichen Pendlerströmen auf Linienbändern.<br />
Die Werte in der Tabelle sind Förderbeträge je Einwohner relativ zu einem landesweiten mittleren<br />
Förderbetrag je Einwohner von 1,0. Werte über 1,0 bedeuten demnach eine überdurchschnittliche,<br />
Werte unter 1,0 eine unterdurchschnittliche Förderung je Einwohner.<br />
Im folgenden werden vier mögliche Szenarien untersucht, in denen unterstellt wird dass die Gesamtfördersumme<br />
gleich bleibt:<br />
− Referenzszenario (Szenario 00): Beibehaltung des gegenwärtigen Verteilungsschlüssels<br />
− Szenario A1: Verwendung des Verteilungsschlüssels "Einwohner <strong>und</strong> Fläche"<br />
− Szenario B1: Verwendung des Verteilungsschlüssels "Ausgleich <strong>und</strong> Leistung"<br />
− Szenario C1: Verwendung des Verteilungsschlüssels "Angemessene Bedienung"<br />
Außerdem werden drei zusätzliche Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2 untersucht, in denen angenommen<br />
wird, dass die Fördersumme insgesamt um 20 Prozent erhöht wird.<br />
In allen sechs Szenarien wird angenommen, dass die Aufgabenträger zusätzliche Mittel dazu<br />
verwenden, mehr <strong>Stadt</strong>bahnen, Straßenbahnen oder Busse fahren zu lassen, während Mittelkürzungen<br />
zur Ausdünnung der Taktfolgen führen. Diese Veränderungen der Taktfolgen wurden<br />
pauschal auf alle Linien eines Kreises angewendet – eine Vereinfachung, da in der Praxis wohl<br />
eher einzelne Linien ausgewählt würden. Die Taktdichte des Schienenverkehrs (Regionalexpress,<br />
Regionalbahn <strong>und</strong> S-Bahn) bleibt in allen Szenarien unverändert.<br />
- 72 -
Tabelle 8-1: Verteilungsschlüssel<br />
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Aufgabenträger Verteilungsschlüssel<br />
Nr. RB Kreis<br />
Landesmittel<br />
Ist-Zustand<br />
00<br />
Einwohner <strong>und</strong><br />
Fläche<br />
A1<br />
Ausgleich <strong>und</strong><br />
Leistung<br />
B1<br />
Angemessene<br />
Bedienung<br />
C1<br />
1 Düsseldorf 1.58 1.37 1.39 1.57<br />
2 Duisburg 1.09 1.33 1.14 1.22<br />
3 Essen 1.41 1.37 1.32 1.21<br />
4 Krefeld 1.23 1.07 1.00 1.34<br />
5 Mönchengladbach 1.41 1.11 1.16 0.67<br />
6 Mülheim an der Ruhr 1.06 0.99 1.08 1.85<br />
7 Oberhausen 1.06 1.06 1.46 0.85<br />
8 Remscheid 0.88 0.97 0.90 0.67<br />
9 Solingen 1.06 0.99 0.91 0.57<br />
RB Düsseldorf<br />
10 Wuppertal 1.06 1.24 1.06 0.84<br />
11 Kleve, Kreis 0.70 0.72 0.84 0.76<br />
12 Mettmann, Kreis 0.88 0.98 0.91 0.93<br />
13 Rhein-Kreis Neuss 0.88 0.94 0.86 1.02<br />
14 Viersen, Kreis 0.70 0.88 0.84 0.95<br />
15 Wesel, Kreis 1.23 0.87 0.84 0.88<br />
16 Aachen 1.41 1.11 1.17 0.74<br />
17 Bonn 1.41 1.20 1.59 1.53<br />
18 Köln 1.58 1.45 1.40 1.34<br />
19 Leverkusen 1.23 0.99 0.99 0.88<br />
20 Aachen, Kreis 1.06 0.89 0.83 0.87<br />
21 Düren, Kreis 0.95 0.75 0.84 0.82<br />
RB Köln<br />
22 Rhein-Erft-Kreis 1.06 0.92 0.83 1.26<br />
23 Euskirchen, Kreis 1.06 0.83 0.89 0.85<br />
24 Heinsberg, Kreis 1.06 0.83 0.83 0.86<br />
25 Oberbergischer Kreis 1.06 0.78 0.84 0.90<br />
26 Rheinisch-Bergischer Kreis 1.06 0.90 0.84 0.95<br />
27 Rhein-Sieg-Kreis 0.88 0.90 0.84 1.07<br />
28 Bottrop 0.88 0.95 0.90 0.86<br />
29 Gelsenkirchen 1.06 1.15 1.15 1.44<br />
30 Münster 0.88 1.08 1.12 0.99<br />
31 Borken, Kreis 0.70 0.74 0.83 0.83<br />
32 Coesfeld, Kreis 0.70 0.76 0.83 1.21<br />
33 Recklinghausen, Kreis 0.88 0.96 0.86 0.84<br />
34 Steinfurt, Kreis 0.70 0.74 0.86 0.86<br />
35 Warendorf, Kreis 0.70 0.73 0.83 1.14<br />
36 Bielefeld 0.99 1.18 0.95 1.15<br />
37 Gütersloh, Kreis 0.70 0.82 0.83 1.13<br />
38 Herford, Kreis 0.53 0.88 0.84 0.86<br />
39 Höxter, Kreis 1.06 0.90 0.84 0.89<br />
40 Lippe, Kreis 0.70 0.77 0.84 0.90<br />
41 Minden-Lübbecke, Kreis 0.53 0.76 0.84 0.76<br />
42 Paderborn, Kreis 0.95 0.71 0.85 0.99<br />
43 Bochum 1.58 1.27 1.16 1.25<br />
44 Dortm<strong>und</strong> 1.58 1.36 1.23 1.29<br />
45 Hagen 0.88 0.96 1.18 0.64<br />
46 Hamm 1.06 0.92 1.11 0.63<br />
47 Herne 0.88 1.02 1.05 1.11<br />
48 Ennepe-Ruhr-Kreis 0.88 0.94 0.84 1.02<br />
49 Hochsauerlandkreis 0.70 0.83 0.90 0.84<br />
RB Münster<br />
RB Bielefeld<br />
RB Arnsberg<br />
50 Märkischer Kreis 1.02 0.86 0.84 0.82<br />
51 Olpe, Kreis 0.88 0.78 0.83 0.87<br />
52 Siegen-Wittgenstein, Kreis 0.99 0.73 0.83 1.03<br />
53 Soest, Kreis 0.70 0.71 0.90 0.95<br />
54 Unna, Kreis 0.88 0.94 0.83 0.87<br />
Erweitertes Untersuchungsgebiet<br />
- 73 -
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Abweichend von früheren Anwendungen des Modells (<strong>Spiekermann</strong> <strong>und</strong> <strong>Wegener</strong>, 2005) wird in<br />
allen Szenarien angenommen, dass sich die Tankstellenpreise für Benzin <strong>und</strong> Diesel um 2% real<br />
jährlich verteuern (anstatt wie bisher 1%). Hierdurch soll der Preisentwicklung der letzten Jahre<br />
<strong>und</strong> der absehbaren zukünftigen Entwicklung Rechnung getragen werden.<br />
Abbildung 8-4 zeigt die gegenwärtige Verteilung der Fördermittel im Untersuchungsgebiet im Referenzszenario.<br />
Oer-Erken-<br />
schwick<br />
Datteln<br />
Olfen<br />
Waltrop<br />
Selm<br />
Werne<br />
Bergkamen<br />
Hamm<br />
Lünen<br />
Recklinghausen Kamen Bönen<br />
Castrop-<br />
Rauxel<br />
Herne<br />
Bochum<br />
Witten<br />
Dortm<strong>und</strong><br />
Herdecke<br />
Wetter<br />
Hagen<br />
Schwerte<br />
Iserlohn<br />
Unna<br />
Fröndenberg<br />
Menden<br />
Abbildung 8-4: Gegenwärtige Verteilung der ÖV-Landesmittel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Man sieht, in welchem Maße der gegenwärtige Verteilungsschlüssel die großen Städte bevorzugt:<br />
Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Bochum erhalten derzeit fast sechzig Prozent mehr Landesmittel je Einwohner<br />
für den öffentlichen Personennahverkehr als der Landesdurchschnitt von 45 € je Einwohner<br />
im Jahre 2006, während die Landkreise im Dortm<strong>und</strong>er Umland weniger als neunzig Prozent des<br />
Durchschnitts erhalten. Auffällig ist, dass das Oberzentrum Hagen wie ein Landkreis behandelt<br />
wird, während Hamm <strong>und</strong> der Märkische Kreis etwa den Landesdurchschnitt erhalten. Insgesamt<br />
ist das Untersuchungsgebiet jedoch überdurchschnittlich versorgt; im Durchschnitt erhielt jeder<br />
seiner Einwohner im Jahr 2006 52,30 €, r<strong>und</strong> 18 Prozent mehr als der Landesdurchschnitt.<br />
Abbildung 8-5 zeigt die drei alternativen Verteilungsschlüssel A1, B1 <strong>und</strong> C1 sowie die drei Szenarien<br />
A2, B2 <strong>und</strong> C3 mit erhöhten Landesmitteln, <strong>und</strong> Abbildung 8-6 zeigt die prozentuale Differenz<br />
zwischen den sechs Verteilungsschlüsseln <strong>und</strong> dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel im<br />
Referenzszenario 00.<br />
In Abbildung 8-6 weisen rote Farbtöne Kreise aus, die mehr, <strong>und</strong> blaue Kreise, die weniger Landesmittel<br />
je Einwohner erhalten als nach dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel. Man kann gut<br />
erkennen, dass das Untersuchungsgebiet insgesamt in allen drei Verteilungsschlüsseln schlechter<br />
abschneidet als heute, <strong>und</strong> zwar in absteigender Reihenfolge A1, B1, C1. Selbst wenn die<br />
ÖV-Landesmittel insgesamt um 20 Prozent erhöht würden, erhielten einige Kreise weniger Mittel<br />
je Einwohner vom Land als nach dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel im Referenzszenario.<br />
Auffällig ist, dass in den Verteilungsschlüsseln B1 <strong>und</strong> B2 das Oberzentrum Hagen deutlich bes-<br />
- 74 -
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
ser abschneidet als heute, während es in den Verteilungsschlüsseln C1 <strong>und</strong> C2 noch stärker benachteiligt<br />
wird.<br />
A1<br />
A2<br />
B1 B2<br />
C1 C2<br />
Abbildung 8-5: Verteilungsschlüssel der ÖV-Landesmittel im östlichen Ruhrgebiet<br />
- 75 -
A1<br />
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
A2<br />
B1 B2<br />
C1 C2<br />
Abbildung 8-6: Verteilungsschlüssel der ÖV-Landesmittel im östlichen Ruhrgebiet: Veränderung gegenüber<br />
dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel (%)<br />
- 76 -
8.3 Modellergebnisse östliches Ruhrgebiet<br />
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
In diesem Abschnitt werden zunächst die Ergebnisse der Simulationen der sechs Szenarien mit<br />
unterschiedlichen Verteilungsschlüsseln der ÖV-Landesmittel für das gesamte Untersuchungsgebiet<br />
des östlichen Ruhrgebiets vorgestellt. In allen Fällen wurde unterstellt, dass die alternativen<br />
Verteilungsschlüssel nicht nur für die Aufgabenträger des engeren Untersuchungsgebiets,<br />
die sogenannten internen Zonen (siehe Abbildung 8-1), sondern für auch für die Aufgabenträger<br />
der sogenannten externen Zonen im erweiterten Untersuchungsgebiet (siehe Abbildung 8-2) angewendet<br />
werden.<br />
Tabelle 8-2 zeigt die bei der Verwirklichung der Szenarien A1, B1 <strong>und</strong> C1, bei denen die Gesamtsumme<br />
der Fördermittel gleich bleibt, wahrscheinlich zu erwartenden Wirkungen. Tabelle 8-3<br />
zeigt die entsprechenden Ergebnisse für die Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2, in denen die Fördermittel<br />
um 20 Prozent steigen. Die Zeilen der beiden Tabellen zeigen ausgewählte Indikatoren der Daseinsvorsorge<br />
<strong>und</strong> ökologischen Nachhaltigkeit. Für jeden Indikator werden der Ausgangswert im<br />
Jahr 2006 <strong>und</strong> die im Referenzszenario 00 <strong>und</strong> den drei alternativen Szenarien im Simulationsmodell<br />
errechneten Indikatorwerte im Zieljahr 2030 angegeben. Die kursiv gesetzten Prozentwerte<br />
darunter sind prozentuale Differenzen zwischen dem Indikatorwert des Szenarios <strong>und</strong> dem<br />
entsprechenden Wert des Referenzszenarios im Zieljahr 2030.<br />
Die Abbildungen 8-7 bis 8-10 zeigen die Ergebnisse der Tabellen 8-2 <strong>und</strong> 8-3 im Zeitablauf zwischen<br />
2000 <strong>und</strong> 2030. Die dickere schwarze Linie in den Diagrammen gibt die Entwicklung des<br />
dargestellten Indikators im Referenzszenario 00 wieder, in dem der gegenwärtige Verteilungsschlüssel<br />
der ÖV-Landesmittel weiter angewendet wird. Die farbigen Linien zeigen die Entwicklung<br />
des Indikators in den sechs alternativen Szenarien A1 bis C2, wobei die Szenarien A1 <strong>und</strong><br />
A2 blau, B1 <strong>und</strong> B2 rot <strong>und</strong> C1 <strong>und</strong> C2 grün dargestellt sind.<br />
Die erste Zeile der beiden Tabellen <strong>und</strong> Abbildung 8-7 oben zeigen die insgesamt nach den verschiedenen<br />
Verteilungsschlüsseln auf die Untersuchungsregion entfallenden ÖV-Landesmittel.<br />
Wie bereits weiter oben erwähnt, erhält jeder Einwohner des Untersuchungsgebiets nach dem<br />
gegenwärtigen Verteilungsschlüssel im Jahr 52,30 € oder r<strong>und</strong> 18 Prozent mehr als der Landesdurchschnitt<br />
von 45 €. Für die Zukunft wird angenommen, dass die ÖV-Fördermittel parallel zur<br />
Entwicklung der Haushaltseinkommen steigen. Aufgr<strong>und</strong> dieser Annahme wird dieser Betrag bis<br />
zum Jahr 2030 auf 91,41 € (inflationsbereinigt, d.h. in Euro von 2006) angestiegen sein. Im Vergleich<br />
dazu erhalten die Einwohner des Untersuchungsgebiets nach den drei alternativen Verteilungsschlüsseln<br />
der Tabelle 8-2 nur 85,83 €, 81,84 € <strong>und</strong> 79,20 € je Einwohner, das heißt 6,1,<br />
10,5 oder 13,4 Prozent weniger. Bei Erhöhung der Gesamtfördersumme in den Szenarien der<br />
Tabelle 8-3 erhalten sie 12,7, 7,4 oder 3,9 Prozent mehr als der Landesdurchschnitt, also im<br />
Szenario C2 kaum mehr als im Referenzszenario.<br />
Die zweite Zeile der beiden Tabellen <strong>und</strong> Abbildung 8-7 Mitte zeigen im Vergleich dazu die ÖV-<br />
Ausgaben je Einwohner je Jahr, ebenfalls inflationsbereinigt, d.h. in Euro von 2006. Es wird deutlich,<br />
dass die Aufgabenträger in den Szenarien A1, B1 <strong>und</strong> C1, in denen sie weniger ÖV-<br />
Landesmittel erhalten zusätzliche Einnahmenverluste durch die Abwanderung von Fahrgästen erleiden,<br />
während sie in den Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2, in denen die Landesmittel um 20 Prozent<br />
aufgestockt werden, zusätzliche Fahrgäste anlocken <strong>und</strong> zusätzliche Einnahmen erzielen können.<br />
Die Verluste bzw. Gewinne bei den Fahrgeldeinnahmen sind etwa halb so groß (in Euro je<br />
Einwohner) wie die auslösenden Veränderungen der ÖV-Landesmittel.<br />
Die wichtigste Information aus den Tabellen 8-2 <strong>und</strong> 8-3 <strong>und</strong> den Zeitreihendiagrammen in den<br />
Abbildungen 8-7 bis 8-10 ist, dass die Auswirkungen der alternativen Verteilungsschlüssel gering<br />
sind im Vergleich zu den weitaus bedeutenderen Auswirkungen langfristiger Trends wie etwa der<br />
fortschreitenden Suburbanisierung <strong>und</strong> der weiter ansteigenden Motorisierung.<br />
- 77 -
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Tabelle 8-2: Auswirkungen der Szenarien A1, B1 <strong>und</strong> C1 im östlichen Ruhrgebiet<br />
ÖV-Fördermittel je Einwohner<br />
je Jahr (€ von 2006)<br />
ÖV-Ausgaben je Einwohner<br />
je Jahr (€ von 2006)<br />
Personenkilometer ÖV<br />
je Einwohner je Tag<br />
2006<br />
- 78 -<br />
Szenario<br />
00<br />
2030<br />
Szenario<br />
A1<br />
2030<br />
52,30 91,41 85,83<br />
-6,1%<br />
150,40 166,99 164,80<br />
-1,3%<br />
5,24 6,24 6,16<br />
-1,3%<br />
Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege (%) 28,56 26,15 26,24<br />
+0,3%<br />
Anteil Wege im ÖV (%) 11,84 12,00 11,81<br />
-1,6%<br />
Anteil Wege mit dem Auto (%) 59,60 61,86 61,96<br />
+0,2%<br />
Gini-Koeffizient ÖV-Erreichbarkeit<br />
(0-100)<br />
ÖV-Erreichbarkeit Arbeits-<br />
plätze (0-100)<br />
ÖV-Erreichbarkeit Dortmun-<br />
der Innenstadt (0-100)<br />
CO2-Emissionen ÖV<br />
(kg/E/Tag)<br />
CO2-Emissionen Pkw<br />
(kg/E/Tag)<br />
CO2-Emissionen Verkehr<br />
(kg/E/Tag)<br />
10,76 12,51 12,27<br />
-1,9%<br />
25,59 24,21 23,99<br />
-0,9%<br />
28,86 27,33 27,13<br />
-0,8%<br />
0,208 0,224 0,217<br />
-3,0%<br />
3,090 3,130 3,135<br />
+0,1%<br />
3,298 3,354 3,352<br />
-0,1%<br />
Szenario<br />
B1<br />
2030<br />
81,84<br />
-10,5%<br />
162,79<br />
-2,5%<br />
6,12<br />
-2,0%<br />
26,32<br />
+0,7%<br />
11,65<br />
-2,9%<br />
62,03<br />
+0,3%<br />
12,21<br />
-2,4%<br />
23,86<br />
-1,4%<br />
26,87<br />
-1,7%<br />
0,214<br />
-4,2%<br />
3,141<br />
+0,3%<br />
3,356<br />
+0,0%<br />
Szenario<br />
C1<br />
2030<br />
79.20<br />
-13,4%<br />
160,34<br />
-4,0%<br />
6,01<br />
-3,6%<br />
26,39<br />
+0,9%<br />
11,49<br />
-4,2%<br />
62,12<br />
+0,4%<br />
12,50<br />
-0,0%<br />
23,76<br />
-1.9%<br />
26,86<br />
-1,7%<br />
0,210<br />
-6,2%<br />
3,151<br />
+0,6%<br />
3,361<br />
+0,2%<br />
Aufgr<strong>und</strong> des wachsenden Wohlstands, zunehmender Verkehrsbudgets der Haushalte, immer<br />
längerer Pendlerfahrten, aber auch steigender Treibstoffkosten für Autofahrer, nimmt die Zahl der<br />
Personenkilometer im ÖV tendenziell zu (Abbildung 8-7 unten). Die drei Alternativszenarien A1,<br />
B1 <strong>und</strong> C1, in denen die Gesamtförderung des öffentlichen Personennahverkehrs unverändert<br />
bleibt, führen zu einer Verringerung der Personenkilometer im ÖV im Untersuchungsgebiet <strong>und</strong><br />
zwar proportional zur Reduzierung der ÖV-Förderung je Einwohner am wenigsten im Szenario A1<br />
<strong>und</strong> am stärksten im Szenario C1. In den drei Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2, in denen die Gesamtförderung<br />
des ÖV erhöht wird, nimmt die Zahl der Personenkilometer im ÖV zu, ebenfalls proportional<br />
zu den Änderungen der Fördermittel.
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Abbildung 8-7: ÖV-Landesmittel (oben), ÖV-Ausgaben (Mitte) <strong>und</strong> Personenkilometer ÖV je Einwohner<br />
je Tag (unten), 2000-2030<br />
- 79 -
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Die folgenden drei Zeilen der Tabellen <strong>und</strong> Abbildung 8-8 zeigen die Auswirkungen der alternativen<br />
Verteilungsschlüssel auf die Verkehrsmittelwahl. Im allgemeinen entsprechen die Wirkungen<br />
den theoretischen Erwartungen: Wenn die Mittel für den öffentlichen Personenverkehr gekürzt<br />
werden wie in den Szenarien A1, B1 <strong>und</strong> C1, gehen mehr Menschen zu Fuß oder fahren mit dem<br />
Fahrrad oder dem Auto, so dass der Anteil der Wege mit dem ÖV abnimmt, <strong>und</strong> entsprechend<br />
dem Grad der Reduzierung ist diese Abnahme in Szenario A1 am geringsten <strong>und</strong> in Szenario C1<br />
am größten. Umgekehrt fahren mehr Menschen mit dem ÖV, wenn mehr Busse <strong>und</strong> Bahnen fahren,<br />
wie in den Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2. Allerdings handelt es sich dabei überwiegend um bisherige<br />
Fußgänger oder Radfahrer, während die Zahl der Umsteiger vom Auto sehr gering bleibt.<br />
Tabelle 8.-3: Auswirkungen der Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2 im östlichen Ruhrgebiet<br />
ÖV-Fördermittel je Einwohner<br />
je Jahr (€ von 2006)<br />
ÖV-Ausgaben je Einwohner<br />
je Jahr (€ von 2006)<br />
Personenkilometer ÖV<br />
je Einwohner je Tag<br />
2006<br />
- 80 -<br />
Szenario<br />
00<br />
2030<br />
Szenario<br />
A2<br />
2030<br />
52,30 91,41 103,01<br />
+12,7%<br />
150,40 166,99 172,51<br />
+3.3%<br />
5,24 6,24 6,40<br />
+2,6%<br />
Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege (%) 28,56 26,15 25,94<br />
-0,8%<br />
Anteil Wege im ÖV (%) 11,84 12,00 12,45<br />
+3,8%<br />
Anteil Wege mit dem Auto (%) 59,60 61,86 61,61<br />
-0,4%<br />
Gini-Koeffizient ÖV-Erreichbarkeit<br />
(0-100)<br />
ÖV-Erreichbarkeit Arbeits-<br />
plätze (0-100)<br />
ÖV-Erreichbarkeit Dortmun-<br />
der Innenstadt (0-100)<br />
CO2-Emissionen ÖV<br />
(kg/E/Tag)<br />
CO2-Emissionen Pkw<br />
(kg/E/Tag)<br />
CO2-Emissionen Verkehr<br />
(kg/E/Tag)<br />
10,76 12,51 12,15<br />
-2,9%<br />
25,59 24,21 24,59<br />
+1,6%<br />
28,86 27,33 27,62<br />
+1,1%<br />
0,208 0,224 0,236<br />
+5,2%<br />
3,090 3,130 3,113<br />
-0,5%<br />
3,298 3,354 3,349<br />
-0,2%<br />
Szenario<br />
B2<br />
2030<br />
98,21<br />
+7,4%<br />
170,42<br />
+2.1%<br />
6,35<br />
+1,8%<br />
26,02<br />
-0,5%<br />
12,28<br />
+2,4%<br />
61,70<br />
-0,3%<br />
12,03<br />
-3,8%<br />
24,41<br />
+0,8%<br />
27,42<br />
+0,3%<br />
0,232<br />
+3,7%<br />
3,115<br />
-0,5%<br />
3,347<br />
-0,2%<br />
Szenario<br />
C2<br />
2030<br />
94,97<br />
+3,9%<br />
168,21<br />
+0.7%<br />
6,25<br />
+0,2%<br />
26,10<br />
-0,2%<br />
12,12<br />
+1,0%<br />
61,78<br />
-0,1%<br />
12,39<br />
-0,9%<br />
24,32<br />
+0,5%<br />
27,41<br />
+0,3%<br />
0,227<br />
+1,3%<br />
3,126<br />
-0,1%<br />
3,353<br />
-0,0%
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Abbildung 8-8: Anteil Fuß- <strong>und</strong> Radwege (oben), Wege im ÖV (Mitte) <strong>und</strong><br />
Wege mit dem Pkw (unten), 2000-2030<br />
- 81 -
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Abbildung 8-9 zeigt die Auswirkungen der alternativen Verteilungsschlüssel auf die Erreichbarkeit<br />
mit dem ÖV. Der Gini-Koeffizient (Abbildung 8-9 oben) ist ein Maß für die Ausgewogenheit der<br />
Verteilung der Erreichbarkeit in der Region: je höher der Indexwert, desto ungleicher ist die Verteilung.<br />
Das Diagramm zeigt, dass alle alternativen Verteilungsschlüssel im Vergleich zum gegenwärtigen<br />
Verteilungsschlüssel eine ausgleichende Wirkung haben. Das ist auch zu erwarten,<br />
da alle sechs Schlüssel in unterschiedlichem Maß die ländlichen Gebiete begünstigen.<br />
Dieser Effekt steht im Einklang mit den beiden anderen Diagrammen der Abbildung 8-9, die die<br />
Entwicklung der Erreichbarkeit der Arbeitsplätze <strong>und</strong> der Dortm<strong>und</strong>er Innenstadt mit dem ÖV im<br />
Simulationszeitraum zeigen (vergleiche Abbildungen 5-7 <strong>und</strong> 5-8). Die verwendeten Erreichbarkeitsindikatoren<br />
sind Potentialerreichbarkeiten. Potentialerreichbarkeiten geben die Summe aller<br />
– hier mit dem ÖV – erreichbaren Ziele an, wobei die Ziele mit einer negativen Exponentialfunktion<br />
von Reisezeit <strong>und</strong> Fahrtkosten gewichtet werden. Beide Erreichbarkeitsindikatoren zeigen eine<br />
sinkende Tendenz – eine Folge der fortschreitenden Suburbanisierung der Einwohner. Wie zu<br />
erwarten, wirken sich alle alternativen Verteilungsschlüssel A1, B1 <strong>und</strong> C2, in denen die ÖV-<br />
Landesmittel gekürzt werden, negativ auf die ÖV-Erreichbarkeit aus, während die Verteilungsschlüsse<br />
A2, B2 <strong>und</strong> C2, in denen die Landesmittel erhöht werden, sich günstig auf die ÖV-<br />
Erreichbarkeit auswirken.<br />
Abbildung 8-10 schließlich zeigt als einen Aspekt der ökologischen Auswirkungen der Verteilungsschlüssel<br />
die Entwicklung der CO2-Emissionen, getrennt nach ÖV <strong>und</strong> Pkw <strong>und</strong> insgesamt.<br />
Das obere Diagramm zeigt, dass, wie zu erwarten, weniger Fahrten von Bussen <strong>und</strong> Bahnen zu<br />
weniger CO2-Emissionen des ÖV <strong>und</strong> mehr Fahrten zu mehr Emissionen des ÖV führen.<br />
Diesen Einsparungen bzw. Mehremissionen stehen jedoch Veränderungen bei den Emissionen<br />
des Pkw-Verkehrs gegenüber. Das mittlere Diagramm zeigt, wie schon Abbildung 8-8 unten, dass<br />
Mittelkürzungen im ÖV zu mehr <strong>und</strong> längeren Fahrten <strong>und</strong> damit mehr Emissionen im Autoverkehr<br />
führen, die in der Regel größer sind als die Einsparungen im ÖV. Umgekehrt sind die Einsparungen<br />
bei den Emissionen im Straßenverkehr in den Szenarien A2, B2 <strong>und</strong> C2 größer als die<br />
Mehremissionen im ÖV. Das untere Diagramm in Abbildung 8-10 zeigt den Saldo der Einsparungen<br />
<strong>und</strong> Mehremissionen im gesamten Personenverkehr: Es zeigt sich, dass angesichts der unterschiedlichen<br />
ÖV-Verteilungsschlüssel die Auswirkungen im Vergleich zu den viel größeren Emissionen<br />
der Pkw nur geringfügig sind.<br />
- 82 -
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Abbildung 8-9: Gini-Koeffizient ÖV-Erreichbarkeit (oben), ÖV-Erreichbarkeit Arbeitsplätze (Mitte)<br />
<strong>und</strong> ÖV-Erreichbarkeit Dortm<strong>und</strong>er Innenstadt (unten), 2000-2030<br />
- 83 -
Abbildung 8-10: CO2-Emissionen ÖV (oben), Pkw (Mitte) <strong>und</strong><br />
Personennahverkehr insgesamt (unten), 2000-2030<br />
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
- 84 -
8.4 Bewertung der Modellergebnisse<br />
Auswirkungen der Verteilungsschlüssel im östlichen Ruhrgebiet<br />
Das wichtigste Ergebnis der Untersuchung der Auswirkungen der alternativen Schlüssel für die<br />
Verteilung der ÖV-Landesmittel in Nordrhein-Westfalen am Beispiel des östlichen Ruhrgebiets ist,<br />
dass die Auswirkungen der alternativen Verteilungsschlüssel gering sind im Vergleich zu den<br />
weitaus bedeutenderen Auswirkungen langfristiger Trends wie etwa der fortschreitenden Suburbanisierung<br />
<strong>und</strong> der weiter ansteigenden Motorisierung.<br />
Die drei alternativen Verteilungsschlüssel erreichen zwar eine Verringerungen der Unterschiede<br />
in ÖV-Bedienungsqualität <strong>und</strong> damit der Erreichbarkeit zwischen <strong>Stadt</strong> <strong>und</strong> Land, bringen aber im<br />
Hinblick auf andere Ziele wie Erhöhung des Anteils der mit dem ÖV zurückgelegten Wege, Verringerung<br />
der Autofahrten <strong>und</strong> damit Verringerung der CO2-Emissionen kaum Fortschritte oder<br />
sogar Verschlechterungen gegenüber dem gegenwärtigen Verteilungsschlüssel. Diese Nachteile<br />
können nur durch eine erhebliche Erhöhung der Fördermittel ausgeglichen werden.<br />
Damit bestätigen die Ergebnisse die bereits weitgehend in der Fachwelt akzeptierte Auffassung,<br />
dass isolierte Maßnahmen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs ohne flankierende<br />
Maßnahmen sowohl in anderen Bereichen des Verkehrs als auch in der Siedlungs- <strong>und</strong> Umweltplanung<br />
nur geringe Wirkungen haben. Insbesondere kann als gesichert gelten, dass Angebotsverbesserungen<br />
im ÖV (Pull-Maßnahmen) ohne gleichzeitige Maßnahmen, den Pkw-Verkehr<br />
weniger attraktiv, das heißt langsamer oder teurer zu machen (Push-Maßnahmen) nicht ausreichen,<br />
genügend Autofahrer zum Umsteigen auf den öffentlichen Personennahverkehr zu bewegen.<br />
Eine solche Verhaltensänderung ist jedoch, ungeachtet aller Fortschritte in Fahrzeug- <strong>und</strong><br />
Treibstofftechnik erforderlich, wenn die von Wissenschaft <strong>und</strong> Politik als notwendig angesehenen<br />
Klimaschutz- <strong>und</strong> Energiereinsparungsziele erreicht werden sollen.<br />
Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Ziele Daseinsvorsorge <strong>und</strong> ökologische<br />
Nachhaltigkeit nicht unbedingt zu gleichen Lösungen führen müssen, sondern in einem gewissen<br />
Zielkonflikt zueinander stehen. Wenn das Hauptziel der Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs<br />
die Reduzierung von Disparitäten in der Bedienungsqualität <strong>und</strong> die Sicherheit<br />
von anspruchsvollen Mindeststandards im Sinne der Daseinsvorsorge ist, wird wahrscheinlich<br />
das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit vernachlässigt, weil – bei gleich bleibenden Mitteln – der<br />
öffentliche Personenverkehr nicht in den Städten gefördert wird, wo er die größten Einsparungen<br />
an Umweltressourcen bringt. Wenn andererseits das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit die<br />
höchste Priorität besitzt, würde wahrscheinlich eine Förderung des öffentlichen Personnahverkehrs<br />
in den großen Städten die größten Einsparungseffekte bringen, <strong>und</strong> dies würde zu Lasten<br />
der Versorgung der ländlichen Gebiete mit ÖV-Leistungen gehen.<br />
- 85 -
9 Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />
- 86 -<br />
Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />
Die Analyse des ÖV in NRW zeigt, dass Angebot <strong>und</strong> Nachfrage im öffentlichen Verkehr sehr heterogen<br />
sind. Dies liegt zum Teil an unterschiedlichen Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> -dichten, insbesondere<br />
aber auch an unterschiedlichen politischen Entscheidungen <strong>und</strong> Zielsetzungen zur Angebotsgestaltung<br />
im ÖV, die in der Vergangenheit getroffen wurden.<br />
Zum ÖV gibt es eine Vielzahl von Daten, deren Qualitätsspektrum sich zwischen hochwertig <strong>und</strong><br />
lückenhaft bewegt. Hier ist eine sorgfältige Prüfung <strong>und</strong> Abwägung der Daten erforderlich <strong>und</strong> eine<br />
Verbesserung <strong>und</strong> Vereinheitlichung der flächendeckenden Datenqualität wichtig. Wünschenswert<br />
wäre vor allem, dass bei der Vergabe von Aufträgen an private Betreiber durch eine<br />
gesetzlich gesicherte Berichtspflicht planungsrelevante Gr<strong>und</strong>lagendaten für das Ministerium verfügbar<br />
sein müssen.<br />
Eine Landesfinanzierung durch den ÖV kann Anreize setzen, den ÖV in bestimmte Richtungen<br />
zu lenken. Dies ist in der Vergangenheit intensiv erfolgt, um allen Nachfragegruppen gerecht zu<br />
werden, was zu einer komplexen <strong>und</strong> unübersichtlichen Struktur der ÖV-Finanzierung geführt hat.<br />
Neben der Förderung von Ausbildungs- <strong>und</strong> Behindertenverkehren wurden beispielsweise so unterschiedliche<br />
Bereiche wie <strong>Stadt</strong>bahnsysteme, spezifische Ausstattungsmerkmale von Haltestellen<br />
<strong>und</strong> Fahrzeugen (Informationssysteme) <strong>und</strong> vieles mehr zielorientiert gefördert. Die Kleinteiligkeit<br />
dieser Förderung verhindert unter Umständen Synergieeffekte oder führt zu Zielkonflikten.<br />
Insbesondere eine gezielte, gerechte Verteilung knapper werdender Finanzressourcen zur Gewährleistung<br />
einer flächendeckenden Gr<strong>und</strong>versorgung im ÖV ist damit schwierig.<br />
Einen neuen Ansatz der Landesverkehrspolitik stellt die Aufgabengliederung zwischen Landesverkehrsplanung<br />
<strong>und</strong> Aufgabenträger dar. Die Landesverkehrsplanung setzt den Rahmen, hier<br />
zum Beispiel den einer angemessenen Bedienung <strong>und</strong> die Aufgabenträger gestalten diesen im<br />
Wettbewerb aus. Auch einem solchen Ansatz steht ein kleinteiliges <strong>und</strong> unübersichtliches Fördersystem<br />
entgegen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> werden in dieser Arbeit Vorschläge zu einer Vereinfachung<br />
der Förderstruktur gegeben, indem verschiedene Verteilschlüssel aufgezeigt werden.<br />
9.1 Vergleich der Verteilschlüssel<br />
Die vorgeschlagenen Methoden für ein neues System der Mittelverteilung unterliegen unterschiedlichen<br />
Zielvorstellungen:<br />
Beim ersten System „Einwohner <strong>und</strong> Fläche“ steht die „Verteilungsgerechtigkeit“ im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Historisch bedingte Strukturen im ÖV werden nicht berücksichtigt <strong>und</strong> damit durch vergangene<br />
politische Entscheidungen entstandene Disparitäten nicht weiter gefördert. Das System sieht nur<br />
wenige Stellgrößen zur Variation der Mittelverteilung vor. Neben der Metropolenförderung kann<br />
im System noch hinsichtlich Einwohnerzahlen <strong>und</strong> Flächengröße optimiert werden.<br />
Das zweite vorgeschlagene System setzt sich aus den zwei Komponenten „Ausgleich <strong>und</strong> Leistung“<br />
zusammen, wobei die Komponente Ausgleich einer Basisförderung entspricht <strong>und</strong> die Leistungskomponente<br />
in Abhängigkeit von der erbrachten Bedienqualität erlangt wird. Dies hat zum<br />
Ziel, Anreize zur Verbesserung der Bedienqualitäten im ÖV zu setzen <strong>und</strong> gute Angebote zu honorieren.<br />
Auf der anderen Seite stellt der Ausgleich sicher, dass ein Gr<strong>und</strong>angebot im ÖV erhalten<br />
bleibt. Voraussetzung hierfür ist die regelmäßige Messung <strong>und</strong> Bewertung der erbrachten<br />
ÖV-Leistungen. Im aktuellen Vorschlag werden sowohl relativ statische Messgrößen, wie die Haltestellenabdeckung,<br />
als auch dynamische Messgrößen wie Nutzwagenkilometer berücksichtigt.<br />
Das System lässt sich sowohl über die Messgrößen, als auch über eine Anpassung der zugr<strong>und</strong>e<br />
liegenden Nutzenfunktionen steuern.
Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />
Ziel des dritten Systems ist eine Finanzierung einer „angemessenen Bedienung“ in Abhängigkeit<br />
von der zu erwartenden Nachfrage. Diese wird aus den Berufspendlerzahlen <strong>und</strong> den bewohnten<br />
Flächen abgeleitet, denen ein politisch zu setzender Standard einer angemessenen Bedienung<br />
zugeordnet <strong>und</strong> monetär bewertet wird, so dass eine Verteilung der Finanzmittel erfolgen kann.<br />
Ebenso wie im ersten System handelt es sich bei den Datengr<strong>und</strong>lagen um relativ langfristige<br />
<strong>und</strong> damit statische Werte. Variablen im System sind die Definition der angemessenen Bedienung<br />
<strong>und</strong> die monetäre Bewertung. Über die Definition der angemessenen Bedienung wird den<br />
Aufgabenträger <strong>und</strong> Leistungserbringern implizit eine politisch vorgesetzte Vorgabe gemacht,<br />
welcher ÖV für ihre Region aus Sicht der Landesverkehrspolitik wünschenswert ist.<br />
Abbildung 9-1 Vergleich der Verteilschlüssel<br />
Ein Vergleich der neuen Verteilschlüssel mit der bisherigen Mittelvergabe zeigt, dass alle Verteilschlüssel<br />
erheblich in die Verteilung der Mittel eingreifen (Abbildung 9-1). Während die Systeme<br />
„Einwohner <strong>und</strong> Fläche“ <strong>und</strong> „Ausgleich <strong>und</strong> Leistung“ gr<strong>und</strong>sätzlich eine Umverteilung zulasten<br />
der Städte <strong>und</strong> zugunsten der ländlichen Regionen bewirken, ist bei der „angemessenen Bedie-<br />
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Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />
nung“ kein vergleichbar eindeutiger Trend zu beobachten. Bei letzterem sind die Schwankungen<br />
deutlich ausgeprägter als bei ersteren.<br />
Für alle Verteilschlüssel gilt, dass in einer weiteren vertieften Sensitivitätsanalyse <strong>und</strong> Bewertung<br />
die Wirkungen der verschiedenen Stellgrößen weiter zu untersuchen wären. Dies könnte zu einer<br />
Strategie führen, die eine schrittweise Anpassung hin zu einem neuen Verteilschlüssel auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage eines der drei vorgeschlagenen Verteilschlüssel ermöglicht.<br />
Welcher Verteilschlüssel letztendlich gewählt wird, hängt dann letztendlich von den verkehrspolitischen<br />
Zielsetzungen des Landes NRW ab.<br />
9.2 Weiterer Forschungsbedarf <strong>und</strong> Handlungsempfehlungen<br />
Das Projekt hat eine Reihe weiterer Fragestellungen aufgeworfen <strong>und</strong> zusätzlichen Handlungsbedarf<br />
aufgezeigt. Die Verkehrsplanung des Landes NRW benötigt qualifizierte Daten als Gr<strong>und</strong>lage<br />
für ihre Planungen. Dies sind zum einen kleinteilige Einwohnerdichtedaten <strong>und</strong> zum anderen<br />
Netz-, Linien- <strong>und</strong> Haltestellendaten in einheitlicher Flächendeckung <strong>und</strong> Aussagequalität. Die<br />
Daten sind für die Evaluation der Wirkung eines neuen Verteilschlüssels <strong>und</strong> einer Angemessenheit<br />
der resultierenden Bedienung notwendig. Die Aussagequalität ließe sich mit ergänzenden<br />
Angaben zu Arbeitsplatzdichte, Freizeitgelegenheiten, Bildungs- <strong>und</strong> Handelseinrichtungen weiter<br />
steigern.<br />
Will man die Verteilungsgerechtigkeit der Mittel verbessern, wäre eine empirische Hinterlegung<br />
des Einflusses der Topografie auf die Kosten im ÖV durchzuführen. Auch zu den Kosten flexibler<br />
Bedienformen ist aktuell noch wenig bekannt. Hierzu sind die aktuellen Forschungsergebnisse,<br />
beispielsweise des Wuppertal-Instituts oder der Forschungsgesellschaft FGSV (AK 15.3) auszuwerten.<br />
Wenn das Land NRW Aussagequalitäten zu den Wirkungen von Maßnahmen <strong>und</strong> Strategien flächendeckend<br />
für das ganze Land erreichen möchte, <strong>und</strong> dies wäre für ein mobilitäts- <strong>und</strong> innovationsorientiertes<br />
B<strong>und</strong>esland von der Größe <strong>und</strong> Bedeutung Nordrhein-Westfalens durchaus angemessen,<br />
dann sollte ein Netzmodell aufgebaut <strong>und</strong> vorgehalten werden, das in seiner Qualität<br />
dem des Modells „östliches Ruhrgebiet“ entspricht.
10 Literaturverzeichnis<br />
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