Modelle in der Raumplanung I - Spiekermann & Wegener Stadt- und ...
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<strong>Modelle</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Raumplanung</strong> I<br />
Klaus <strong>Spiekermann</strong><br />
Michael <strong>Wegener</strong><br />
11<br />
Polyzentralität<br />
13. Januar 2009<br />
1<br />
Lehrveranstaltung "<strong>Modelle</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Raumplanung</strong>" WS 2008/2009<br />
Polyzentralität<br />
Das Ziel <strong>der</strong> ausgewogenen polyzentrischen Entwicklung<br />
des europäischen Städtesystems wurde zuerst im<br />
Europäischen Raumentwicklungskonzept (EUREK)<br />
formuliert.<br />
Das Interesse an polyzentrischer Entwicklung beruhte<br />
auf <strong>der</strong> im EUREK geäußerten Hypothese, dass polyzentrische<br />
Städtesysteme effizienter, gerechter <strong>und</strong><br />
nachhaltiger s<strong>in</strong>d als monozentrische <strong>Stadt</strong>systeme<br />
o<strong>der</strong> disperse Siedlungen.<br />
Das Ziel <strong>der</strong> polyzentrischen Entwicklung ist auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Territorialen Agenda <strong>der</strong> EU (2007) beibehalten.<br />
3<br />
Polyzentralität<br />
Bis heute ist das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Polyzentralität jedoch ohne<br />
e<strong>in</strong>e präzise operationale Def<strong>in</strong>ition geblieben.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e s<strong>in</strong>d folgende Fragen unbeantwortet:<br />
- Was ist polyzentrische Entwicklung?<br />
- Gibt es zur Zeit polyzentrische Entwicklung?<br />
- Warum gibt es polyzentrische Entwicklung?<br />
- Ist polyzentrische Entwicklung gut o<strong>der</strong> schlecht?<br />
- Trägt polyzentrische Entwicklung zu den EU-Zielen<br />
Wachstum, Kohäsion <strong>und</strong> Nachhaltigkeit bei?<br />
- Was sollte getan werden?<br />
-WelcheMaßnahmen stehen zur Verfügung?<br />
- Wie können sie umgesetzt werden?<br />
5<br />
7<br />
Theorie<br />
2<br />
Polyzentralität<br />
Europäische<br />
Traube<br />
(Kunzmann,<br />
1991)<br />
4<br />
6<br />
Fragestellung<br />
Polyzentralität<br />
Wie viel Polyzentralität ist ...<br />
- effizient? Große Zentren bieten economies of scale,<br />
aber leiden unter Überagglomeration. Streusiedlungen<br />
s<strong>in</strong>d zu kle<strong>in</strong>, Infrastruktur zu unterhalten.<br />
- gerecht? Räumliche Polarisierung führt zu sozialer<br />
<strong>und</strong> räumlicher Segregation. Dezentralisierung ist<br />
egalitär, aber verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t soziale Mobilität.<br />
- nachhaltig? Große Städte brauchen weniger Energie<br />
für Verkehr, aber mehr für Hochhäuser. Streusiedlungen<br />
verbrauchen mehr Energie für Mobilität.<br />
Zentrale-Orte-Theorie (Christaller, 1933)<br />
Fragestellung:<br />
Ableitung:<br />
(a) Es gibt Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen, die nur zentral<br />
erzeugt bzw. erbracht werden können.<br />
(b) Zentrale Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen haben e<strong>in</strong>e<br />
spezifische Reichweite (die Entfernung, bis zu <strong>der</strong><br />
sie nachgefragt werden).<br />
8<br />
"Wie f<strong>in</strong>den wir e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Erklärung für<br />
die Größe, Anzahl <strong>und</strong> Verteilung <strong>der</strong> Städte?"
Zentrale-Orte-Theorie (Christaller, 1933)<br />
(c) Aus (a) <strong>und</strong> (b) ergibt sich e<strong>in</strong> hierarchisches System<br />
von zentralen Orten (Orten, <strong>in</strong> denen zentrale Güter<br />
<strong>und</strong> Dienste erzeugt bzw. erbracht werden).<br />
(d) Zentrale Orte erfüllen zugleich die Funktionen aller<br />
rangniedrigeren zentralen Orte.<br />
(e) Rangniedrigere zentrale Orte s<strong>in</strong>d ranghöheren so<br />
zugeordnet, dass gleich große Versorgungsgebiete<br />
entstehen (Versorgungspr<strong>in</strong>zip).<br />
(f) Beim Versorgungspr<strong>in</strong>zip liegt e<strong>in</strong> rangniedrigerer<br />
zentraler Ort im Mittelpunkt e<strong>in</strong>es Dreiecks, das aus<br />
den drei nächsten ranghöheren Orten gebildet wird.<br />
(g) Abwandlungen des Versorgungspr<strong>in</strong>zips: Verkehrspr<strong>in</strong>zip<br />
<strong>und</strong> Verwaltungspr<strong>in</strong>zip.<br />
9<br />
Zentrale-Orte-<br />
Theorie<br />
(Christaller,<br />
1933)<br />
11<br />
Zentrale-Orte-<br />
Theorie<br />
(Christaller,<br />
1933)<br />
Hierarchisches<br />
Zentrale-Orte-<br />
System nach<br />
dem Versorgungspr<strong>in</strong>zip<br />
13<br />
Zentrale Orte-Theorie (Lösch 1940)<br />
Gleichgewichtsstandorte von Produktion <strong>und</strong> Versorgung:<br />
(1) Das Territorium ist <strong>in</strong> kreisförmige Marktgebiete um<br />
zentrale Märkte geglie<strong>der</strong>t.<br />
(2) Der Durchmesser <strong>der</strong> Marktgebiete ist durch Transportkosten<br />
<strong>und</strong> Häufigkeit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>käufe bestimmt.<br />
(3) Verschiedene Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen haben<br />
Marktgebiete unterschiedlicher Größe.<br />
(4) Die Marktgebiete unterschiedlicher Größe bilden e<strong>in</strong><br />
hierarchisches System zentraler Orte.<br />
(5) Um das Territorium vollständig auszufüllen, s<strong>in</strong>d die<br />
Marktgebiete sechseckig.<br />
15<br />
Zentrale-Orte-Theorie (Christaller, 1933)<br />
(h) Zentrale Orte gleichen Ranges s<strong>in</strong>d gleichmäßig im<br />
Raum verteilt,<br />
<strong>und</strong> zwar nicht so: • • • • •<br />
• • • • •<br />
• • • • •<br />
• • • • •<br />
• • • • •<br />
10<br />
12<br />
son<strong>der</strong>n so: • • •<br />
• • • •<br />
• • • • •<br />
• • • •<br />
• • •<br />
Zentrale-Orte-<br />
Theorie<br />
(Christaller,<br />
1933)<br />
Zentrale Orte-Theorie (Lösch 1940)<br />
Fragestellung:<br />
Annahmen:<br />
- Unbegrenzte homogene Fläche<br />
- Ke<strong>in</strong>e topographischen Barrieren<br />
- Transportkosten proportional zu Entfernung<br />
- Bevölkerung mit gleichem E<strong>in</strong>kommen <strong>und</strong> gleichen<br />
Bedürfnissen <strong>in</strong> gleichförmiger Dichte<br />
- Produzenten <strong>und</strong> Konsumenten haben vollkommene<br />
Information <strong>und</strong> maximieren ihren Nutzen<br />
14<br />
Zentrale-<br />
Orte-<br />
Theorie<br />
(Lösch,<br />
1940)<br />
Ableitung des<br />
Zentrale-Orte-<br />
Systems nach<br />
Lösch<br />
16<br />
"Wo s<strong>in</strong>d die optimalen Standorte für<br />
Produktion <strong>und</strong> Versorgung?"
Zentrale-<br />
Orte-<br />
Theorie<br />
(Lösch,<br />
1940)<br />
Zentrale-Orte-<br />
System nach<br />
Lösch mit<br />
städtereichen<br />
<strong>und</strong> städtearmen<br />
Zonen durch<br />
Überlagerung<br />
<strong>der</strong> Marktgebiete<br />
von drei Gütern<br />
mit Rotation<br />
(nach Isard,<br />
1956).<br />
17<br />
Polyzentralität o<strong>der</strong> Polarisierung? (Krugman, 1991)<br />
Programm<br />
<br />
19<br />
Agglomerationsvorteile<br />
Raumüberw<strong>in</strong>dungskosten<br />
Programm : Beispiele<br />
α = 1.2<br />
β = 4.0<br />
21<br />
α = 2.0<br />
β = 4.0<br />
α = 1.5<br />
β = 2.0<br />
Programm : Anzahl Zentren<br />
23<br />
α<br />
Polyzentrische<br />
Raumstruktur<br />
Politik?<br />
Raumüberw<strong>in</strong>dungskosten β<br />
hoch niedrig<br />
Polyzentrische<br />
Raumstruktur<br />
Monozentrische<br />
Raumstruktur<br />
4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5<br />
1.2 221 205 201 177 89 81 57 9<br />
1.4 125 89 81 81 49 49 25 1<br />
1.6 97 81 81 81 49 25 9 1<br />
1.8 81 81 81 49 49 25 9 1<br />
2.0 81 81 81 49 29 25 9 1<br />
2.2 81 81 61 49 29 13 1 1<br />
Zentrale-<br />
Orte-<br />
Theorie<br />
(Lösch,<br />
1940)<br />
Zentrale-Orte-<br />
System nach<br />
Lösch mit<br />
Modifikation<br />
durch Agglomeration<br />
<strong>der</strong><br />
Bevölkerung<br />
(nach Isard,<br />
1956)<br />
18<br />
Programm : Rechengang<br />
Das Programm berechnet die Größe e<strong>in</strong>es<br />
Zentrums j als die Summe <strong>der</strong> Nachfrage aus an<strong>der</strong>en<br />
Zentren i (siehe "Räumliche Interaktionsmodelle" im<br />
Sommersemester):<br />
Der Ausgleichsfaktor A i bewirkt, dass die E<strong>in</strong>wohner <strong>in</strong> i<br />
ihre Kaufkraft P i q i ausgeben:<br />
20<br />
22<br />
Nachfrage <strong>in</strong> j<br />
E<strong>in</strong>wohner <strong>in</strong> i<br />
mit Kaufkraft q i<br />
∑<br />
A = 1 W exp( −β<br />
c )<br />
i<br />
∑<br />
D A P q W exp( −β<br />
c )<br />
j =<br />
i<br />
j<br />
i<br />
i<br />
i<br />
α<br />
j<br />
Angebot <strong>in</strong> j<br />
mit Exponent α<br />
α<br />
j<br />
Programm : Beispiele<br />
α = 1.8<br />
β = 1.5<br />
24<br />
α = 1.8<br />
β = 1.0<br />
α = 2.0<br />
β = 0.5<br />
ij<br />
ij<br />
Raumüberw<strong>in</strong>dungskosten<br />
ij<br />
Rank-Size Rule (Auerbach, 1913; Zipf, 1949)<br />
In vielen Län<strong>der</strong>n weist die Größenverteilung <strong>der</strong> Städte<br />
e<strong>in</strong>e Regelmäßigkeit auf:<br />
- Es gibt viele kle<strong>in</strong>e <strong>und</strong> nur wenige größere Städte.<br />
- Die Größenunterschiede zwischen den Städten nehmen<br />
mit abnehmen<strong>der</strong> Größe ab.<br />
- "Zipf's Law": Wenn alle Städte e<strong>in</strong>es Landes nach Größe<br />
sortiert werden, s<strong>in</strong>d ihre Größen umgekehrt proportional<br />
zu ihrem Rang. Die zweitgrößte <strong>Stadt</strong> ist halb so groß wie<br />
die größte <strong>Stadt</strong>, die drittgrößte <strong>Stadt</strong> e<strong>in</strong> Drittel so groß,<br />
die viertgrößte e<strong>in</strong> Viertel so groß usw.<br />
- In e<strong>in</strong>igen Län<strong>der</strong>n ist die Verteilung jedoch flacher o<strong>der</strong><br />
steiler. Deshalb wird Zipf's Law verallgeme<strong>in</strong>ert:
Rank-Size Rule (Auerbach, 1913; Zipf, 1949)<br />
- Verallgeme<strong>in</strong>erung von Zipf's Law: Das Größenverhältnis<br />
zweier Städte ist e<strong>in</strong>e Funktion ihres Rangunterschieds:<br />
o<strong>der</strong>:<br />
logarithmiert:<br />
25<br />
Ranggrößenverteilung<br />
E<strong>in</strong>wohner<br />
<strong>der</strong> Städte<br />
Frankreich<br />
1831-1975<br />
Quelle:<br />
Puma<strong>in</strong> (1982)<br />
27<br />
29<br />
Bevölkerung <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong> mit Rang r<br />
Bevölkerung <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong> mit Rang r<br />
Bevölkerung <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong> mit Rang q Rang q<br />
log = −α<br />
logr<br />
+ logP<br />
P r<br />
Pr q<br />
Bevölkerung <strong>der</strong><br />
größten <strong>Stadt</strong><br />
/ P =<br />
Pr = P1<br />
Raumordnungskonzepte <strong>und</strong><br />
Ranggrößenverteilung <strong>der</strong><br />
Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> Deutschland<br />
(Blotevogel, 1984)<br />
(a) Situation <strong>und</strong> Status-quo-<br />
Prognose bis zum Beg<strong>in</strong>n<br />
<strong>der</strong> siebziger Jahre<br />
(b) Dezentralisierungskonzept<br />
mit Hilfe e<strong>in</strong>er Zentrale-Orte-<br />
Strategie<br />
(c) Konzept <strong>der</strong> ausgeglichenen<br />
Funktionsräume<br />
31<br />
( ) α<br />
q / r<br />
α<br />
r<br />
1<br />
Rang r<br />
Rang r<br />
E<strong>in</strong>e Gerade!<br />
Raumordnung im im Nationalsozialismus<br />
Generalgouvernement Gdańsk<br />
H.-J. Nationalsozialismus<br />
H.-J. Zentralörtliche Schepers Glie<strong>der</strong>ung (1942) im Generalgouvernement<br />
Koszal<strong>in</strong><br />
W. Christaller (1941)<br />
Die endgültige Beherrschung des Generalgouvernements<br />
wird ihren Ansatzpunkt <strong>in</strong> den Schlüsselstellungen e<strong>in</strong>es<br />
regelmäßigen Netzes zentraler Orte f<strong>in</strong>den müssen.<br />
Dem zentralen Ort im Generalgouvernement als dem<br />
Mittelpunkt <strong>und</strong> dem Leitorgan e<strong>in</strong>er ihm zugehörigen<br />
Bydgoszcz<br />
Raumlandschaft <strong>und</strong> als <strong>der</strong> deutschen Kultur-, Macht<strong>und</strong><br />
Wirtschaftszentrale werden alle diejenigen Elemente<br />
zuzuteilen se<strong>in</strong>, die ihm als dem unmittelbaren Ausdruck<br />
Poznań<br />
<strong>der</strong> deutschen Herrschaft gebühren.<br />
Quelle: W. Christaller (1941): Die<br />
zentralen Orte <strong>in</strong> den Ostgebieten<br />
(a)<br />
(b)<br />
(c)<br />
Łódź<br />
Ranggrößenverteilung<br />
E<strong>in</strong>wohner<br />
<strong>der</strong> Städte<br />
USA<br />
1790-1930<br />
Quelle:<br />
Zipf (1949)<br />
26<br />
Ranggrößenverteilung<br />
E<strong>in</strong>wohner<br />
<strong>der</strong> Städte<br />
Deutschland<br />
1815-1970<br />
Quelle:<br />
Blotevogel (1982)<br />
28<br />
Raumordnung im Nationalsozialismus<br />
"Die endgültige Beherrschung des Generalgouvernements<br />
wird ihren Ansatzpunkt <strong>in</strong> den Schlüsselstellungen e<strong>in</strong>es<br />
regelmäßigen Netzes zentraler Orte f<strong>in</strong>den müssen.<br />
Dem zentralen Ort im Generalgouvernement als dem<br />
Mittelpunkt <strong>und</strong> dem Leitorgan e<strong>in</strong>er ihm zugehörigen<br />
Raumlandschaft <strong>und</strong> als <strong>der</strong> deutschen Kultur-, Macht<strong>und</strong><br />
Wirtschaftszentrale werden alle diejenigen Elemente<br />
zuzuteilen se<strong>in</strong>, die ihm als dem unmittelbaren Ausdruck<br />
<strong>der</strong> deutschen Herrschaft gebühren".<br />
H.-J. Schepers (1942)<br />
30<br />
Kritik <strong>der</strong> Zentrale-Orte-Theorie<br />
Die Zentrale-Orte-Theorie erklärt Regelmäßigkeiten <strong>der</strong><br />
Siedlungsentwicklung aufgr<strong>und</strong> rationaler Entscheidungen<br />
öffentlicher <strong>und</strong> privater Akteure.<br />
E<strong>in</strong> Zentrale-Orte-Konzept als Raumordnungsstrategie<br />
muss mit folgenden Schwierigkeiten fertig werden:<br />
- Konflikt zwischen Versorgungs-, Verkehrs- <strong>und</strong> Verwaltungspr<strong>in</strong>zip.<br />
- Konflikt zwischen den langsamen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
Siedlungsstruktur <strong>und</strong> den schnellen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
von Raumüberw<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> economies of scale.<br />
- Trotzdem ist e<strong>in</strong>e polyzentrische Siedlungsstruktur aus<br />
Gründen <strong>der</strong> Effizienz, Raumgerechtigkeit <strong>und</strong> Nachhaltigkeit<br />
unabd<strong>in</strong>gbar.<br />
32
33<br />
Messung <strong>der</strong> Polyzentralität<br />
Polyzentralität<br />
Die drei Dimensionen wurden quantifiziert <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>em<br />
Gesamt<strong>in</strong>dex zusammengefasst:<br />
Index Indikator Teil<strong>in</strong>dikator<br />
E<strong>in</strong>wohner (50%) Ranggrößenverteilung (20%)<br />
Primacy rate (80%) 1<br />
Größe (33%)<br />
BIP (50%) Ranggrößenverteilung (20%)<br />
Primacy rate (80%) 1<br />
Lage (33%) Versorgungsgebiete 2 G<strong>in</strong>i-Koeffizient 3<br />
Vernetzung (33%) Erreichbarkeit Korrelation E<strong>in</strong>wohner (50%)<br />
G<strong>in</strong>i-Koeffizient (50%) 3<br />
1 Verhältnis <strong>der</strong> größten <strong>Stadt</strong> zum Erwartungswert <strong>der</strong> Ranggrößenverteilung.<br />
2 Thiessen-Polygone teilen e<strong>in</strong> Gebiet so auf, dass je<strong>der</strong> Punkt dem nächsten<br />
Zentrum zugeordnet ist.<br />
3 Der G<strong>in</strong>i-Koeffizient misst die (Un)gleichheit e<strong>in</strong>er Verteilung (0 = vollkommene<br />
Gleichheit, 100 = vollkommene Ungleichheit).<br />
35<br />
Europäische Polyzentralität<br />
Ranggrößenverteilung<br />
E<strong>in</strong>wohner<br />
(MEGAs)<br />
37<br />
E<strong>in</strong>wohner (1000)<br />
ESPON<br />
Europäische Polyzentralität<br />
G<strong>in</strong>i = 21.3<br />
Versorgungsgebiete MEGAs<br />
Europa<br />
39<br />
G<strong>in</strong>i = 21.3<br />
Rang<br />
Europa<br />
Steigung = -1.19<br />
Primacy = 0.39<br />
Polyzentralität<br />
Im ESPON-Projekt 1.1.1 wurde e<strong>in</strong> Polyzentralitäts<strong>in</strong>dex<br />
vorgeschlagen, <strong>der</strong> drei Dimensionen <strong>der</strong> Polyzentralität<br />
erfasst:<br />
Größe<br />
- E<strong>in</strong>wohner: ke<strong>in</strong>e zu dom<strong>in</strong>ante <strong>Stadt</strong><br />
- BIP: ke<strong>in</strong> zu dom<strong>in</strong>antes Wirtschaftszentrum<br />
Lage<br />
- Städte nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Teil des Landes konzentriert<br />
- Versorgungsgebiete: möglichst gleich groß<br />
Vernetzung<br />
- Funktionale Arbeitsteilung zwischen Zentren<br />
- Erreichbarkeit: auch für mittlere <strong>und</strong> kle<strong>in</strong>e Städte<br />
34<br />
36<br />
38<br />
Europäische Polyzentralität<br />
Europäische Polyzentralität<br />
Ranggrößenverteilung<br />
BIP<br />
(MEGAs)<br />
BIP (Mio Euro)<br />
Europäische Polyzentralität<br />
Erreichbarkeit<br />
v. E<strong>in</strong>wohner<br />
(MEGAs)<br />
40<br />
Erreichbarkeit (Mio)<br />
Rang<br />
E<strong>in</strong>wohner (1000)<br />
Europa<br />
Steigung = -1.44<br />
Primacy = 0.37<br />
Europa<br />
Steigung = 11.1<br />
Primacy = 8.0
Europäische Polyzentralität 1981-2031<br />
41<br />
Nationale Polyzentralität<br />
Ranggrößenverteilung E<strong>in</strong>wohner (FUAs)<br />
E<strong>in</strong>wohner (1000)<br />
43<br />
Rang<br />
Deutschland<br />
Steigung = -1.11<br />
Primacy = 0.29<br />
Nationale Polyzentralität<br />
Ranggrößenverteilung BIP (FUAs)<br />
BIP (Mio Euro)<br />
45<br />
Rang<br />
Deutschland<br />
Steigung = -1.33<br />
Primacy = 0.14<br />
Nationale Polyzentralität<br />
Versorgungsgebiete FUAs<br />
Großbritannien<br />
G<strong>in</strong>i = 36.7<br />
Belgien<br />
G<strong>in</strong>i = 33.7<br />
Frankreich<br />
47<br />
G<strong>in</strong>i = 23.6<br />
Nie<strong>der</strong>lande<br />
G<strong>in</strong>i = 33.9<br />
Dänemark<br />
G<strong>in</strong>i = 15.4<br />
200<br />
Deutschland<br />
G<strong>in</strong>i = 36.3<br />
Schweden<br />
G<strong>in</strong>i = 47.6<br />
Österreich<br />
G<strong>in</strong>i = 46.4<br />
Tschechien<br />
G<strong>in</strong>i = 39.0<br />
Rang<br />
Frankreich<br />
Steigung = -1.03<br />
Primacy = 1.44<br />
Rang<br />
Frankreich<br />
Steigung = -1.06<br />
Primacy = 4.30<br />
Lettland<br />
G<strong>in</strong>i = 11.8<br />
Litauen<br />
G<strong>in</strong>i = 19.9<br />
Polen<br />
G<strong>in</strong>i = 20.2<br />
Ungarn<br />
G<strong>in</strong>i = 35.4<br />
Slowakei<br />
G<strong>in</strong>i = 23.8<br />
42<br />
44<br />
Nationale Polyzentralität<br />
Nationale Polyzentralität<br />
Ranggrößenverteilung E<strong>in</strong>wohner (FUAs)<br />
E<strong>in</strong>wohner (1000)<br />
46<br />
Rang<br />
Ungarn<br />
Steigung = -.67<br />
Primacy = 2.58<br />
Nationale Polyzentralität<br />
Ranggrößenverteilung BIP (FUAs)<br />
BIP (Mio Euro)<br />
Rang<br />
Ungarn<br />
Steigung = -0.72<br />
Primacy = 5.39<br />
100<br />
Nationale Polyzentralität<br />
Erreichbarkeit v. E<strong>in</strong>wohner (FUAs)<br />
Erreichbarkeit (Mio)<br />
48<br />
Deutschland<br />
Steigung = 5.2<br />
G<strong>in</strong>i = 10.6<br />
Rang<br />
Rang<br />
Polen<br />
Steigung = 0.95<br />
Primacy = 0.59<br />
Polen<br />
Steigung = -1.23<br />
Primacy = 0.83<br />
Frankreich<br />
Steigung = 3.5<br />
G<strong>in</strong>i = 18.4<br />
E<strong>in</strong>wohner (1000) E<strong>in</strong>wohner (1000)
Nationale Polyzentralität<br />
Erreichbarkeit v. E<strong>in</strong>wohner (FUAs)<br />
Erreichbarkeit (Mio)<br />
49<br />
51<br />
Ungarn<br />
Steigung =14.8<br />
G<strong>in</strong>i = 19.9<br />
E<strong>in</strong>wohner (1000) E<strong>in</strong>wohner (1000)<br />
Regionale Polyzentralität<br />
Ranggrößenverteilung E<strong>in</strong>wohner <strong>und</strong> BIP (FUAs)<br />
E<strong>in</strong>wohner (1000)<br />
Regionale<br />
Polyzentralität<br />
Regionaler<br />
Polyzentralitäts<strong>in</strong>dex<br />
(NUTS-1)<br />
2006 (FUAs)<br />
53<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen<br />
Steigung = -1.19<br />
Primacy = 0.39<br />
Ist Polyzentralität gut?<br />
55<br />
Räumliche Kohäsion 1<br />
1 100 -G<strong>in</strong>ikoeffizient<br />
BIP je E<strong>in</strong>wohner<br />
BIP (Mio Euro)<br />
Rang Rang<br />
Polyzentralitäts<strong>in</strong>dex<br />
Polen<br />
Steigung = 9.6<br />
G<strong>in</strong>i = 17.5<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen<br />
Steigung = -1.44<br />
Primacy = 0.37<br />
Nationale<br />
Polyzentralität<br />
Nationaler<br />
Polyzentralitäts<strong>in</strong>dex<br />
2006<br />
(FUAs)<br />
50<br />
Regionale Polyzentralität<br />
Ranggrößenverteilung Versorgungsgebiete <strong>und</strong> E<strong>in</strong>wohner Erreichbarkeit <strong>und</strong> BIP (FUAs) (FUAs)<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen<br />
G<strong>in</strong>i = 21.3<br />
52<br />
54<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen<br />
Steigung = -1.19<br />
Primacy = 0.39<br />
Ist Polyzentralität gut?<br />
Wachstum 1<br />
1 BIP je E<strong>in</strong>wohner<br />
Ist Polyzentralität gut?<br />
Nachhaltigkeit 1<br />
1 Erdölverbrauch des<br />
Verkehrssektors je<br />
E<strong>in</strong>heit BIP<br />
56<br />
Erreichbarkeit (Mio)<br />
Polyzentralitäts<strong>in</strong>dex<br />
Polyzentralitäts<strong>in</strong>dex<br />
E<strong>in</strong>wohner (1000)<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen<br />
Steigung = -1.44<br />
Primacy = 0.37<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen<br />
Steigung = 11.1<br />
G<strong>in</strong>i = 8.0
Nationale Polyzentralität 1981-2031<br />
57<br />
Zielkonflikte <strong>der</strong> EU<br />
Die Ziele <strong>der</strong> EU Wettbewerbsfähigkeit, Kohäsion <strong>und</strong><br />
Nachhaltigkeit stehen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> im Konflikt:<br />
Wenn es zum Beispiel das Ziel ist, die großen Städte<br />
außerhalb des 'Pentagon' zu för<strong>der</strong>n, verstärkt dies die<br />
räumlichen Disparitäten <strong>in</strong> den neuen Mitgliedslän<strong>der</strong>n.<br />
Wenn dagegen ausgewogene polyzentrische Städtesysteme<br />
<strong>in</strong> den neuen Mitgliedlän<strong>der</strong>n das Ziel s<strong>in</strong>d,<br />
müssen mehr Strukturfondmittel <strong>und</strong> Verkehrs<strong>in</strong>vestitionen<br />
mittelgroßen Städten <strong>in</strong> den neuen Mitgliedslän<strong>der</strong>n<br />
zugute kommen.<br />
59<br />
Phasenmodell <strong>der</strong> Raumentwicklung<br />
Die Akademie für Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung<br />
hat im Jahr 2004 e<strong>in</strong>en Vorschlag für die rationale Lösung<br />
dieser Zielkonflikte im Rahmen e<strong>in</strong>er durch die Erweiterung<br />
<strong>der</strong> Europäischen Union notwendigen Fortschreibung des<br />
Europäischen Raumentwicklungskonzepts (EUREK)<br />
gemacht.<br />
Der Vorschlag geht von e<strong>in</strong>em Phasenmodell <strong>der</strong> Raumentwicklung<br />
aus, nach dem <strong>in</strong> frühen Stadien <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>es Landes die För<strong>der</strong>ung von<br />
Wachstumspolen angemessen ist, <strong>in</strong> späteren Stadien<br />
jedoch e<strong>in</strong>e polyzentrische Raumstruktur angestrebt<br />
werden sollte.<br />
61<br />
Was aber passiert heute tatsächlich?<br />
Die durch die EU-Erweiterung notwendige Fortschreibung<br />
des Europäischen Raumentwicklungskonzepts (EUREK)<br />
ist bisher nicht erfolgt.<br />
Stattdessen ist 2007 die Territoriale Agenda <strong>der</strong> EU verabschiedet<br />
worden, e<strong>in</strong>e unverb<strong>in</strong>dliche Absichtserklärung,<br />
die erst noch zu konkretisieren ist. Die Territoriale Agenda<br />
bestätigt die Ziele des EUREK, suggeriert aber e<strong>in</strong>e Zielkonformität<br />
zwischen den Zielen Wachstum, räumliche<br />
Kohäsion <strong>und</strong> Nachhaltigkeit <strong>und</strong> legitimiert somit die<br />
vorrangige För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> europäischen Metropolregionen<br />
zu Lasten <strong>der</strong> polyzentrischen Raumstruktur.<br />
63<br />
58<br />
Wachstum<br />
('Lissabon')<br />
60<br />
Phasenmodell <strong>der</strong> Raumentwicklung<br />
Zielkonflikte <strong>der</strong> EU<br />
Ziele Maßnahmen Zielkonflikte<br />
Europäische<br />
Polyzentralität<br />
Nationale<br />
Polyzentralität<br />
Nachhaltigkeit<br />
('Göteborg')<br />
ARL (2004)<br />
62<br />
Stärkung <strong>der</strong> global<br />
cities<br />
Stärkung <strong>der</strong> großen<br />
Städte <strong>in</strong> den neuen<br />
Mitgliedslän<strong>der</strong>n<br />
Stärkung mittlerer<br />
Städte <strong>in</strong> den neuen<br />
Mitgliedslän<strong>der</strong>n<br />
Stärkung kle<strong>in</strong>erer<br />
Städte <strong>in</strong> den neuen<br />
Mitgliedslän<strong>der</strong>n<br />
Polarisierung zwischen<br />
den alten <strong>und</strong> neuen<br />
Mitgliedslän<strong>der</strong>n<br />
Polarisierung zwischen<br />
den Städten <strong>in</strong> den<br />
neuen Mitgliedslän<strong>der</strong>n<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> neuen Mitgliedslän<strong>der</strong><br />
geschwächt.<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> neuem Mitgliedslän<strong>der</strong><br />
geschwächt.<br />
Phasenmodell <strong>der</strong> Raumentwicklung<br />
Dies erlaubt es, unterschiedliche Prioritäten <strong>in</strong> den<br />
neuen <strong>und</strong> alten Mitgliedslän<strong>der</strong>n zu setzen:<br />
- In den neuen Mitgliedslän<strong>der</strong>n dürfen für e<strong>in</strong>e begrenzte<br />
Übergangsperiode die Hauptstädte <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e große<br />
Städte geför<strong>der</strong>t werden, um den wirtschaftlichen Aufschwung<br />
dieser Län<strong>der</strong> zu beschleunigen. Später aber<br />
müssen auch <strong>in</strong> den neuen Mitgliedlän<strong>der</strong>n polyzentrische<br />
Raumstrukturen entwickelt werden.<br />
- In den alten Mitgliedslän<strong>der</strong>n müssen von vornhere<strong>in</strong><br />
polyzentrische Raumstrukturen geför<strong>der</strong>t werden, um<br />
schrumpfende Städte <strong>und</strong> zurückgebliebene ländliche<br />
Regionen zu för<strong>der</strong>n.<br />
Weitere Literatur<br />
Akademie für Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung (2004): Notwendigkeit<br />
e<strong>in</strong>er Europäischen Raumentwicklungspolitik. Positionspapier<br />
60. Hannover: ARL. http://www.arl-net.org/pdf/pospapier/PosPaper_<br />
60.pdf.<br />
ESPON 1.1.1 (2005): Potentials for Polycentric Development <strong>in</strong><br />
Europe. Stockholm: Nordregio - Nordic Centre for Spatial Development.<br />
http://www.espon.eu/mmp/onl<strong>in</strong>e/website/content/projects/<br />
259/648/file_1174/fr-1.1.1_revised-full.pdf.<br />
ESPON 1.1.3 (2006): Enlargement of the European Union and the<br />
Wi<strong>der</strong> European Perspective as regards its Polycentric Spatial<br />
Structure. Stockholm: Royal Institute of Technology. http://www.<br />
espon.eu/mmp/onl<strong>in</strong>e/website/content/projects/259/650/file_1190/<br />
full_revised_version_113.pdf.<br />
64