14.03.2013 Aufrufe

Artikel: Interview mit Ray Castellino

Artikel: Interview mit Ray Castellino

Artikel: Interview mit Ray Castellino

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

polarity energie post 2008 Sonderdruck<br />

<strong>Ray</strong> <strong>Castellino</strong> <strong>mit</strong> seinem Enkelkind Finbar<br />

<strong>Ray</strong> <strong>Castellino</strong> über seine Erfahrungen <strong>mit</strong> Randolf Stone und dessen<br />

Suche nach dem Mysterium des Lebens – <strong>Interview</strong>: Lily Merklin<br />

Wie war Dein erster Kontakt zu Dr. Stone<br />

bzw. Polarity?<br />

Von Stone habe ich 1969 durch Robert und<br />

Elisa Hall gehört. Bevor ich ihn persönlich<br />

kennen gelernt habe, habe ich mir sein Buch<br />

besorgt und es einen ganzen Sommer lang<br />

gelesen. Das Buch ist so intensiv und enthält<br />

so viele Informationen zwischen den Zeilen,<br />

dass ich immer nur eine Seite gelesen habe.<br />

Am nächsten Tag habe ich die Seite noch<br />

mal gelesen und dann zwei Stunden lang<br />

geschlafen.<br />

Stone hat ja Englisch gelernt, indem er die<br />

Bibel vom Deutschen ins Englische übersetzt<br />

hat. Das merkt man natürlich an der Art, wie<br />

er schreibt. Sein Stil transportiert all diese<br />

Informationen.<br />

www.polarity-verband.de<br />

Wie hast Du ihn dann persönlich kennen<br />

gelernt?<br />

1970/71 lernte ich Stone dann persönlich<br />

kennen. Ich hatte meine Kamera dabei und<br />

habe unter anderem das Foto gemacht, das<br />

Stone <strong>mit</strong> der Stimmgabel zeigt. Ich war damals<br />

Mitte zwanzig und tief beeindruckt von<br />

Stones Vitalität. Er war Mitte achtzig und<br />

sprühte dermaßen vor Energie, dass wir ihm<br />

kaum folgen konnten. Ich erinnere mich noch<br />

zu gut, wie ich damals gedacht habe: „Wenn<br />

ich je so alt werde, möchte ich so viel Energie<br />

haben.“ Ich saß also da und habe regelrecht<br />

diese Energie in mich aufgesogen. Es war<br />

gar nicht so wichtig, was er genau gesagt hat.<br />

Die Präsenz dieses Mannes war einfach unglaublich!<br />

1


polarity energie post 2008 Sonderdruck<br />

Einmal sprach er während des Unterrichts<br />

etwa zwanzig Minuten direkt zu mir. Ich weiß<br />

nicht mal mehr, was er genau gesagt hat, das<br />

ist auch nicht wichtig. Ich saß einfach nur da.<br />

Danach, das mag jetzt komisch klingen, war<br />

ich ein anderer Mensch.<br />

Was hat Dich am meisten an Stone und<br />

seiner Arbeit fasziniert?<br />

Dass er ganz er selbst war. Stone war so<br />

durch und durch er selbst, er hat niemandem<br />

etwas vorgegaukelt. Er war nur und ganz er<br />

selbst.<br />

Dazu gibt es eine schöne Geschichte, die Jim<br />

Feil und ich gerne erzählen. Wir saßen in<br />

einem Workshop <strong>mit</strong> Stone. Er erzählte gerade<br />

etwas, als ihm einfällt, dass dazu etwas in<br />

seinem Buch steht, was er uns vorlesen<br />

möchte. Er dreht sich also um und fängt an in<br />

dem Buch, das hinter ihm auf einem Tisch<br />

lag, danach zu suchen. Dabei verliert er sich<br />

komplett in dem Text, bis Pierre Pannetier zu<br />

ihm geht, ihn daran erinnert, dass er gerade<br />

unterrichtet, und wieder zur Klasse umdreht.<br />

Stone reagiert überrascht und erfreut, dass<br />

wir alle da sind. Er teilt seine Begeisterung<br />

über das, was er gerade gefunden hat, <strong>mit</strong><br />

uns. Grinsend meint er: „Ich würde wirklich<br />

gerne einmal diesen Menschen kennen lernen,<br />

der das geschrieben hat.“<br />

Was ist das Wichtigste, das Du von ihm<br />

gelernt hast?<br />

Die wahren Lektionen lehrt das Leben. Eine<br />

ist nicht wichtiger als die anderen. Stone war<br />

für mich ein lebendiges Beispiel für jemanden,<br />

der nach dem Mysterium des Lebens<br />

gesucht hat. Selbst im hohen Alter war er<br />

immer noch neugierig und forschend. Er war<br />

solch eine Inspiration für uns alle!<br />

Wie kamst Du von Polarity zu dem, was<br />

Du heute unterrichtest?<br />

Ich habe das weiterverfolgt, was man überall<br />

in seinen Büchern findet: die Frage nach der<br />

Seele. Das ist doch im Grunde genommen<br />

die einzige Frage. Was macht die Seele, um<br />

ins Leben zu kommen, und was macht sie,<br />

um es zu verlassen, um den Körper zu verlassen?<br />

Was müssen wir <strong>mit</strong> der Seele machen,<br />

da<strong>mit</strong> wir die Vitalität erhalten oder för-<br />

www.polarity-verband.de<br />

dern? Wie können wir die Lebenskraft in<br />

Fluss bringen und ausgleichen?<br />

In wie fern hat das, was Du von Stone gelernt<br />

hast, Dein Leben und Deine Arbeit<br />

geprägt?<br />

Was ich heute mache, ist eine direkte Anwendung<br />

des Polarity-Prinzips: Wie hält die<br />

Energie uns am Leben, wie kann man <strong>mit</strong> der<br />

Balance des Lebens arbeiten?<br />

Oft begegne ich dabei der Geometrie des<br />

fünf- und sechsstrahligen Sterns. Wenn ich<br />

zum Beispiel bei einer Geburt dabei bin und<br />

Mutter und Kind stecken bleiben, frage ich<br />

nur: „Was brauchen sie jetzt?“<br />

Oft ist es nicht die Technik, sondern die<br />

Wahrnehmung. Es gibt da einen wunderbaren<br />

Spruch: What the doctor / therapist can<br />

perceive, nature can relieve (Was der Arzt /<br />

Therapeut wahrnimmt, kann die Natur lösen.)<br />

Wir sind auf die Natur angewiesen.<br />

Was ist Deiner Meinung nach das Wichtigste<br />

am Polarity-Modell?<br />

Das Polaritäts – Prinzip! Das Modell basiert<br />

ganz und gar auf diesem Prinzip. Energie<br />

muss fließen – von einem Ort zum anderen.<br />

In einer gesunden, ausgeglichenen Bewegung.<br />

Das wende ich auf Babys und Familien<br />

an. Die Art und Weise, wie ich arbeite, hat<br />

den Fokus von einem einzelnen Klienten zu<br />

einer Familie oder zu Mutter und Kind verlagert.<br />

Was muss ich tun, da<strong>mit</strong> die Energie in<br />

der Familie fließen kann?<br />

Hat Stone auch <strong>mit</strong> Kindern oder Babys<br />

gearbeitet?<br />

Ja, er hat auch <strong>mit</strong> Kindern gearbeitet. Und<br />

ich weiß von Müttern, die ihre Babys zu ihm<br />

gebracht haben. Ich selber habe immer nur<br />

erwachsene Patienten zu ihm gebracht.<br />

Haben prä- und perinatale Erfahrungen<br />

eine Rolle für Stone gespielt?<br />

Auf jeden Fall. In seinen Büchern nimmt er<br />

darauf immer wieder Bezug. Meine Schrift<br />

„The Polarity Therapy Paradigm regarding<br />

Pre-Conception, Prenatal and Birth Imprinting“<br />

zielt genau darauf ab. Dazu gehört auch<br />

ein Anhang, in dem ich alle Referenzen auf-<br />

2


polarity energie post 2008 Sonderdruck<br />

gelistet habe, die Stone in Bezug auf den<br />

Fötus und den Zodiak gemacht hat.<br />

Hat er darüber nachgedacht und gesprochen?<br />

Stone hat nicht die Worte gebraucht, die wir<br />

heute verwenden, wenn wir <strong>mit</strong> prä- und perinatalem<br />

Erleben arbeiten. Aber es gibt eine<br />

Geschichte, die ich von seiner Nichte Luise<br />

kenne.<br />

Stone schien eine Totgeburt zu sein. Er hat<br />

nicht geatmet. Sie haben ihn in eine Krippe<br />

gelegt und Kerzen angezündet, weil sie dachten,<br />

dass er tot ist. Da begann er zu atmen.<br />

Er ist sehr langsam in diese Welt gekommen.<br />

Er hat sich vollkommen dem Mysterium des<br />

Lebens verschrieben. Das wurde für ihn zu<br />

einer spirituellen Suche.<br />

Bezüglich der Polarity-Therapie – gemäß den<br />

vier Säulen: Übungen, Ernährung, Körperarbeit<br />

und Innere Haltung – verwies er dauernd<br />

auf diese Dinge. Um diese spirituelle Reise<br />

zu unterstützen, muss man in seinem physischen<br />

Körper leben und den spirituellen unterstützen.<br />

Wie habt Ihr als seine Schüler das weiter<br />

in die Welt getragen?<br />

Eine Gruppe von seinen Schülern hat deshalb<br />

den ersten Polarity-Verband gegründet.<br />

Es war uns ein Bedürfnis, einen Korpus von<br />

Leuten und von Wissen zu haben, um dem<br />

Ganzen Präsenz und Gewicht in unserer Kultur<br />

zu geben.<br />

Stone hat das alles nicht gebraucht. Er hat<br />

Polarity an Therapeuten weitergegeben, die<br />

schon Chiropraktiker, Osteopathen und Naturheilpraktiker<br />

waren.<br />

Er selber war ja auch Naturheilpraktiker, Chiropraktiker,<br />

Osteopath und Craniosacral-<br />

Therapeut. Er hat all diese Dinge sehr gründlich<br />

und tiefgreifend studiert.<br />

Ich erinnere mich noch gut, wie wir zusammen<br />

saßen, Jim und Pierre waren auch dabei.<br />

Er saß an der Bank und hatte meinen<br />

Kopf in seinen riesigen Händen, die bestimmt<br />

ein Drittel größer waren als meine. Aber der<br />

Griff war nicht das Entscheidende. Es war die<br />

Art, wie er in Kontakt ging, wie er eine Beziehung<br />

zu uns herstellte – von seinem innersten<br />

Kern aus, von Mensch zu Mensch, von<br />

Seele zu Seele.<br />

www.polarity-verband.de<br />

Seine Präsenz war unglaublich. Und auch<br />

das erklärt wieder, wie inspirierend er war. Er<br />

wollte, dass man genau das lernt und tut.<br />

Was ist Deiner Meinung nach das Besondere,<br />

das Polarity der Welt zu bieten hat –<br />

über den therapeutischen Kontext hinausgehend?<br />

Um das zu beantworten, möchte ich mich<br />

gerne der Worte eines spirituellen Lehrers<br />

bedienen: Wissen ist einfach nur Wissen – ist<br />

nichts, so lange es nicht zu Verständnis wird.<br />

Und Verstehen kann man nur durch Üben<br />

und durch Erfahrung. Lest die Bücher – und<br />

dann übt.<br />

Indem wir ein Buch lesen, lernen wir nicht<br />

Polarity. Der Schlüssel liegt darin, das Prinzip<br />

des Lebens zu verstehen. Das Schöne an<br />

Polarity ist, dass wir, ganz egal, was wir tun,<br />

uns immer auf die Prinzipien verlassen können.<br />

Das hat sich in meiner fast vierzigjährigen<br />

Erfahrung immer und immer wieder bewahrheitet.<br />

Egal, was wir tun, egal, welche Heilmethode<br />

wir anwenden, im Kern finden wir<br />

immer wieder die Polarity-Prinzipien.<br />

Stone hat uns beigebracht, wie das Leben<br />

funktioniert. Das ist zeitlos. Stone hat die alten<br />

ayurvedischen Lehren studiert, er hat<br />

versucht, die Prinzipien der Akupunktur zu<br />

verstehen und das Tao. Er war fasziniert von<br />

Gesundheit und wie sie das Leben beeinflusst.<br />

Von der Anstrengung ohne Anstrengung.<br />

Davon, wie man die Lebenskraft findet,<br />

um auf ihrer Welle zu reiten.<br />

Für diejenigen von uns, die Stone nie persönlich<br />

kennen lernen durften – wie würdest<br />

Du ihn beschreiben?<br />

Er war ein sehr menschlicher Mann und<br />

gleichzeitig unglaublich spirituell. Das mag<br />

ich so sehr: diese spirituelle Liebe für das<br />

Göttliche und für das Leben.<br />

Ich habe immer wieder Patienten von mir zu<br />

seinen Workshops gebracht. Er kam meist<br />

einen Tag vorher, um die Leute zu behandeln<br />

und hat abends nach dem Workshop weiterbehandelt.<br />

Jim Feil, Cindy Rawlinson und andere aus<br />

unserer Gruppe waren dabei und durften so<br />

von ihm lernen. Es war ein Geschenk, ihm<br />

einfach nur zuzuschauen, wie er <strong>mit</strong> den Leu-<br />

3


polarity energie post 2008 Sonderdruck<br />

ten umgegangen ist. Er hat sie angeschaut,<br />

ist direkt an die blockierten Stellen gegangen,<br />

hat die Energie bewegt und das innewohnende<br />

Wissen seine Arbeit machen lassen.<br />

Du hast vorhin seine Nichte erwähnt. Was<br />

für ein Mensch war Luise?<br />

Seine Nichte Luise ist <strong>mit</strong> ihm nach Indien<br />

gezogen, als Stone sich zur Ruhe gesetzt<br />

hat. Beide sind dort gestorben, sehr friedlich<br />

und in hohem Alter. Ich wage sogar zu sagen,<br />

dass im Tod die Früchte seiner Arbeit<br />

und Suche zur Vollendung kamen.<br />

Ich war nach seinem Tod noch oft da und<br />

hatte einen sehr engen und liebevollen Kon-<br />

www.polarity-verband.de<br />

takt <strong>mit</strong> Luise. Ich durfte sie mehrmals behandeln<br />

und erinnere mich noch genau, wie<br />

ich einmal den Nordpolzug gemacht habe<br />

und sie sagte: „Das tut so gut. Das fühlt sich<br />

genau an wie bei meinem Onkel!“<br />

Luise war für Stone und seine Arbeit sehr<br />

wichtig.<br />

Ohne sie gäbe es Polarity vielleicht gar nicht.<br />

Sie war seine Vertraute und seine Sekretärin.<br />

Sie konnte stenographieren und kannte sich<br />

<strong>mit</strong> dem Veröffentlichen aus. Dass es die<br />

Bücher gibt, ist ihr zu verdanken.<br />

<strong>Ray</strong>mond <strong>Castellino</strong> kann auf fast vierzig Jahre Arbeit als Berater, Lehrer und naturheilkundlich<br />

Tätiger zurückblicken. Der Fokus seiner Arbeit liegt auf dem Lösen von pränatalen,<br />

<strong>mit</strong> der Geburt in Verbindung stehenden oder anderen frühen Traumata.<br />

Dazu setzt er Polarity-Therapie, Craniosacral-Therapie, Spieltherapie, Techniken zur Trauma-Auflösung,<br />

das Nachstellen von Geburtssequenzen sowie prä- und perinatale Psychologie<br />

ein.<br />

Seine Schüler schwärmen besonders von seiner superfeinen Wahrnehmung, dem äußerst<br />

liebevollen Hinschauen, seiner Achtsamkeit und Akzeptanz.<br />

Seine Schrift „The Polarity Therapy Paradigm regarding Pre-Conception, Prenatal and Birth<br />

Imprinting“ ist über die APTA zu beziehen.<br />

Weitere Infos zu <strong>Ray</strong>’s Arbeit unter: www.castellinotraining.com<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!