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Die soziale Reorganisation steht bei Comte ganz im Mittelpunkt seines „Dreistadiengesetzes“. Nach dieser Theorie absolvieren der menschliche Geist, die Geschichte der Menschheit und die Entwicklung der Gesellschaft nacheinander drei Phasen: zunächst das theologische, dann das metaphysische und drittens definitiv das positive Stadium (vgl. Fuchs-Heinritz 1997, S. 136). Die Stadien charakterisieren sich durch die jeweils dominierenden Denk- und Erklärungsweisen. Diese sind jedoch nicht fix einem bestimmten Stadium zugeordnet, sondern können bereits bei simplen Sachverhalten in früheren Stadien angewendet und auch späteren Stadien als eine mögliche Form von Denk- und Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. Bock 1999, S. 44; Fuchs-Heinritz 1997, S. 136). Comte vertritt den Standpunkt, dass das theologische und metaphysische Stadium mehr oder weniger als „provisorisch“ (Comte 1966 [1844], S. 5) anzusehen sind. Erst im positiven Stadium „[…] als dem allein vollständig normalen (normgemäßen) [entsteht, d. Verf.] in jeder Beziehung die endgültige Herrschaft der menschlichen Vernunft.“ (ebd.) und stellt damit nachhaltig politische und sittliche Ordnung her. Methodik In Comtes Werken spielt die positive Methode eine herausragende Rolle. Erstens beansprucht er sie für die Analyse der Gesellschaft, zweitens bildet sie das Fundament seiner Soziologie (physique sociale) und drittens verspricht er sich von ihr indirekt auch gesellschaftliche Fortschritte. Nach dem Vorbild der Naturwissenschaften sammelt der Forscher Daten von beobachtbaren Phänomenen, die dann in sinnhafte, nachvollziehbare Zusammenhänge gesetzt werden. Nachdem bestimme Wechselwirkungen erkannt worden sind, schließt der Forscher unter Zuhilfenahme anderer Theorien daraus bestimmte Gesetzmäßigkeiten und konstante Beziehungen, die dann zu interpretieren sind (vgl. Comte 1966 [1844], S. 35ff.; Fuchs-Heinritz 1997, S. 132). Entscheidend ist nicht das Anhäufen von bloßen Fakten, sondern die rationale Voraussicht. „Es ist wichtig, recht zu verstehen, daß der echte positive Geist im Grund vom Empirismus ebensoweit entfernt ist wie vom Mystizismus; […]“ (Comte 1966 [1844], S. 33). Das bedeutet, dass Beobachtungen nur mittels Theorien möglich sind und dass die Entwicklung von Theorien auf Beobachtungen fußen muss (vgl. Fuchs-Heinritz 1997, S. 132) 35 . Maßgeblich für diese Methode ist, dass nur Gesetzmäßigkeiten erforscht werden, nicht jedoch die letzte Ursache von Phänomenen oder deren Sinn (vgl. ebd., S. 128). 35 Damit ist die positive Methode nicht als rein induktives Vorgehen, sondern vermutlich eher als ein streng theoriegeleitetes induktives Vorgehen zu verstehen. 79
Theoretische Positionen Die positive Methode enthält bereits im Kern die Vorstellungen, die Comte mit einer Wissenschaft vom Sozialen verbindet: Wie alles Natürliche, so verfügt auch das Soziale über bestimmte Gesetzmäßigkeiten, die es zu erforschen gilt. Eine wesentliche Aufgabe der Soziologie besteht darin, wie soziale Tatsachen miteinander verknüpft sind (vgl. Fuchs-Heinritz 1997, S. 130). Die Soziologie betrachtet, „[…] jede Erscheinung unter dem elementaren Doppelgesichtspunkte ihrer Harmonie mit dem gleichzeitigen Erscheinungen und ihrer Verkettung mit dem vorhergehenden und nachfolgenden Entwicklungszustande der Menschheit.“ [!] (Comte 1923 [1842], S. 297). Mit diesem Zitat spricht Comte gleich zwei wichtige Prinzipien soziologischer Perspektiven an: den statischen und den dynamischen Aspekt. Die soziale Statik betrachtet die aufeinander bezogenen Elemente in einem sozialen Ganzen. Sie untersucht die zeitlosen Bedingungen des menschlichen Zusammenlebens und dessen soziale Ordnung. Sie ermittelt die einzelnen „Organe“ (soziale Gebilde), die aus kleineren Einheiten (einzelne Individuen, die Familie und soziale Institutionen) ein Ganzes bzw. Kollektiv schaffen. Bei der sozialen Dynamik werden soziale Phänomene als durch Vergangenheit und Gegenwart in die Zukunft verkettet geprüft und in Sequenzen geordnet untersucht. Die Gesellschaft wird nicht bezüglich zeitloser Bedingungen, sondern in Bezug auf den Wandel der Bedingungen analysiert (vgl. Fuchs- Heinritz 1997, S. 214; Bock 1999, S. 48). Charakterisierung der theoretischen Positionen Gesellschaft (I) V1 – Perspektive und Auffassung von Gesellschaft: V1.2 Die soziale Statik unterscheidet zwischen kleineren aufeinander bezogenen Elementen (z.B. Individuen) und einem großen sozialen Ganzen. Comte entlehnt den Organismusbegriff der Biologie (vgl. Hillmann 1994, S. 132). Soziale Gebilde fasst er als Kollektivorganismen auf, die aus kleineren Elementen ein Ganzes schaffen. Die Autoren der zugrunde liegenden Sekundärliteratur weisen mehrheitlich darauf hin, dass Comte dem sozialen Ganzen vor seinen Teilen den Vorrang gibt, so dass die Handlungen einzelner Individuen dementsprechend als von Makro-Strukturen abgeleitete Ereignisse gedeutet werden können. So auch: Bock 1999, S. 46; Hillmann 1994, S. 132. V2 – Problematisierung der Ebenen: V2.2* 80
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Die positive Methode enthält bereits im Kern die Vorstellungen, die Comte mit einer Wissenschaft<br />
vom Sozialen verbindet: Wie alles Natürliche, so verfügt auch das Soziale über bestimmte<br />
Gesetzmäßigkeiten, die es zu erforschen gilt. Eine wesentliche Aufgabe der Soziologie<br />
besteht darin, wie soziale Tatsachen miteinander verknüpft sind (vgl. Fuchs-Heinritz 1997,<br />
S. 130). Die Soziologie betrachtet, „[…] jede Erscheinung unter dem elementaren Doppelgesichtspunkte<br />
ihrer Harmonie mit dem gleichzeitigen Erscheinungen und ihrer Verkettung mit<br />
dem vorhergehenden und nachfolgenden Entwicklungszustande der Menschheit.“ [!] (Comte<br />
1923 [1842], S. 297).<br />
Mit diesem Zitat spricht Comte gleich zwei wichtige Prinzipien soziologischer Perspektiven<br />
an: den statischen und den dynamischen Aspekt. Die soziale Statik betrachtet die aufeinander<br />
bezogenen Elemente in einem sozialen Ganzen. Sie untersucht die zeitlosen Bedingungen<br />
des menschlichen Zusammenlebens und dessen soziale Ordnung. Sie ermittelt die einzelnen<br />
„Organe“ (soziale Gebilde), die aus kleineren Einheiten (einzelne Individuen, die Familie<br />
und soziale Institutionen) ein Ganzes bzw. Kollektiv schaffen. Bei der sozialen Dynamik werden<br />
soziale Phänomene als durch Vergangenheit und Gegenwart in die Zukunft verkettet geprüft<br />
und in Sequenzen geordnet untersucht. Die Gesellschaft wird nicht bezüglich zeitloser<br />
Bedingungen, sondern in Bezug auf den Wandel der Bedingungen analysiert (vgl. Fuchs-<br />
Heinritz 1997, S. 214; Bock 1999, S. 48).<br />
Charakterisierung der theoretischen Positionen<br />
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V1 – Perspektive und Auffassung von Gesellschaft: V1.2<br />
Die soziale Statik unterscheidet zwischen kleineren aufeinander bezogenen Elementen (z.B.<br />
Individuen) und einem großen sozialen Ganzen. Comte entlehnt den Organismusbegriff der<br />
Biologie (vgl. Hillmann 1994, S. 132). Soziale Gebilde fasst er als Kollektivorganismen auf,<br />
die aus kleineren Elementen ein Ganzes schaffen.<br />
Die Autoren der zugrunde liegenden Sekundärliteratur weisen mehrheitlich darauf hin, dass<br />
Comte dem sozialen Ganzen vor seinen Teilen den Vorrang gibt, so dass die Handlungen einzelner<br />
Individuen dementsprechend als von Makro-Strukturen abgeleitete Ereignisse gedeutet<br />
werden können. So auch: Bock 1999, S. 46; Hillmann 1994, S. 132.<br />
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