Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4 Datenerhebung: Darstellung der Theorien der soziologischen<br />
Klassiker<br />
4.1 Auguste Comte (1798-1857)<br />
Zentrale Themengebiete, Hypothesen und Fragestellungen in der Forschung<br />
Seit dem Zwist mit Claude Saint-Simon (ca. 1820) zählen die „physique sociale“ (Soziologie)<br />
und die „soziale Reorganisation“ zu den wahrscheinlich wichtigsten Themengebieten von<br />
Auguste Comte:<br />
Der Begriff „physique sociale“ ist gleichbedeutend mit „politique“, „science politique“,<br />
„politique positiv“, „science sociale“ und wird erst in Comtes späteren Schriften durch „Soziologie“<br />
ersetzt. Die „physique sociale“ ist für Comte die allgemeine Lehre vom menschlichen<br />
Zusammenleben und bildet das letzte und bedeutendste Glied in der Kette der Naturwissenschaften<br />
(vgl. Waetig 1923, S. VIII). Damit wird ein wichtiges Fundament von Comtes<br />
Theorie angesprochen: das enzyklopädische Gesetz. Dieses Gesetz macht eine Aussage über<br />
die Entwicklung der Hierarchie der naturwissenschaftlichen Grundwissenschaften entsprechend<br />
ihrer Gegenstände und ihrer Methoden. Die allgemeinste und abstrakteste Wissenschaft<br />
(= Mathematik) bildet den untersten Teil, die subjektivste und konkreteste (= Soziologie) bildet<br />
die Spitze dieser Hierarchie (vgl. Fetscher 1966, S. XXIX). Die Soziologie ist für Comte<br />
insofern eine Art Königsdisziplin, als sie auf den Erkenntnissen aller anderen naturwissenschaftlichen<br />
Disziplinen beruht. D.h., sie basiert auf der Logik der Mathematik, der Beobachtung<br />
der Astronomie, dem Experiment der Physik, der Klassifikation der Chemie, dem Vergleichen<br />
der Biologie und wendet zusätzlich historische Methoden an (vgl. Fetscher 1966, S.<br />
XXX). Comte begründet die Notwendigkeit einer physique sociale 34 mit dem „[…] stets zunehmenden<br />
Verfall der theologisch-metaphysischen Philosophie, die in unseren Tagen bei<br />
einer ohnmächtigen Altersschwäche angelangt ist […]“ (Comte 1923 [1842], S. 6), die sittliche<br />
und politische Verwirrung hervorgebracht und zu einem Meinungsstreit geführt hat (vgl.<br />
ebd.; Fuchs-Heinritz 1997, S. 120). Die physique sociale soll zu einem Fundament einer im<br />
Vergleich zur theologischen Philosophie fortschrittlichen wie beständigen sozialen Ordnung<br />
werden.<br />
34 Dieser Begriff ist gleichbedeutend mit „politique“, „science politique“, „politique positiv“, „science sociale“<br />
und wird erst in seinen späteren Schriften durch „Soziologie“ ersetzt, da „physique sociale“ seit 1835 als Titel<br />
von Adolphe-Lambert S. J. Quételet, der zeitweise Anhänger von Saint-Simon war, benutzt worden ist (vgl.<br />
Fuchs-Heinritz 1997, S. 212f.).<br />
78