Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
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2.8 Wechselbeziehungen in der soziologischen Theorienentwicklung<br />
Wie gezeigt wurde, trennt die propädeutische Literatur gelegentlich Darstellungen soziologischen<br />
Theorien von der Geschichte der Soziologie bzw. der Klassiker. Aus einer praktischen,<br />
wissenschaftssoziologischen Perspektive scheinen die Gesichtspunkte der Theorie, der<br />
Disziplin „Soziologie“ und der Klassiker in folgender Wechselbeziehung zu stehen:<br />
Eine Theorie wird von einem Forscher entwickelt. Er trifft auf der metatheoretischen Ebene<br />
wichtige Entscheidungen, die die Ausgestaltung der Theorie letztendlich beeinflussen: die<br />
Auswahl der Problemstellung, der Begriffe und Methoden (vgl. Albert 1984, S 204f.). Er richtet<br />
sich dabei nach wichtigen allgemeinen wissenschaftlichen Prinzipien und Gütekriterien<br />
und orientiert sich in der Regel an einer in seinem Fachgebiet (Disziplin) anerkannten Denkweise<br />
(Metaparadigma). Eine solche Denkweise wird jedoch, wie in der Erläuterung zu Thomas<br />
S. Kuhns Theorie noch gezeigt wird, von einzelnen Klassikern bzw. der scientific community<br />
hervorgebracht. Möglicherweise könnte ein Forscher so rekursiv auf sich selbst wirken.<br />
Wird anstelle von „Fachgebiet“ der weite, vielschichtige Begriff der „Disziplin“ verwendet,<br />
so werden weitere Zusammenhänge sichtbar: „Disciplina“ (lat.) bedeutet 1. Unterweisung,<br />
Unterricht, Lehre; 2. Bildung, Kenntnis, Fertigkeit; 3. Schule, Methode, System; 4. Wissenschaft,<br />
wissenschaftliches Fach; 5. strenge Erziehung; 6. Sitte, Gewohnheit, Einrichtung und<br />
7. Staatsverfassung, -ordnung (vgl. Hau/Kulf 1994, S. 299). Die Soziologie ist ein wissenschaftliches<br />
Fach (4.), das die Erhöhung des Wissens und Kenntnisstandes (2.) ihres Forschungsgegenstandes<br />
anstrebt. Soziologie wird in universitären Einrichtungen methodisch<br />
und im Hinblick auf ein Lehrziel gelehrt und unterrichtet (1., 3. und 5.). Die Lehrpläne an<br />
<strong>Universität</strong>en führen zu einer gewohnheitsgemäßen Lehrpraxis der Soziologie, die Methodologie<br />
zu einer beständigen Forschungspraxis (6.). Damit wäre eine bestimmte Ordnung im<br />
Hinblick auf den universitären Betrieb, der zumindest in Deutschland Forschung und Lehre<br />
verbindet, gegeben (7.).<br />
Eine wichtige Rolle spielt nach Meinung der Verfasserin das wissenschaftliche Personal an<br />
<strong>Universität</strong>en und Forschungsinstituten: Es ist für die Ausführung von Lehre und Forschung<br />
verantwortlich. Als Mitglieder von Forschergesellschaften tauscht es sich regelmäßig aus<br />
(z.B. in Tagungen) und verhandelt diskursiv über theoretische Positionen. Als Autoren und<br />
Dozenten trägt es dazu bei, dass bestimmte Fragestellungen (z.B. soziologische Klassiker)<br />
sowohl in Seminaren als auch in der Literatur an Aktualität gewinnen oder verlieren.<br />
Wie kommt es aber, dass eine Theorie „soziologisch“ ist? Zunächst müsste sie der Disziplin<br />
systematisch zuordenbar sein. Wesentliche Kriterien dafür bestehen bspw. in der Thematisie-<br />
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