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Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg

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Forscher eines Fachbereichs eine wissenschaftliche Theorie als ihr gemeinsames Paradigma<br />

akzeptiert haben und damit eine einheitliche wissenschaftliche Gemeinschaft existiert (vgl.<br />

Kuhn 1979, S. 51ff.; Bayertz 1981, S. 36). Da eine Theorie jedoch niemals alle Fragen zum<br />

Forschungsgegenstand beantwortet, muss die Interpretationsgemeinschaft diese präzisieren<br />

und erweitern sowie an der Praxis prüfen (sog. „normale Wissenschaft“). Die Gemeinschaft<br />

forscht so lange gemeinsam, bis sich für manche Mitglieder eine Differenz zwischen Paradigma<br />

und Realität eröffnet (sog. „Anomalie“). D.h., dass einige Forscher die Relevanz und<br />

den Nutzen des Paradigmas ernsthaft anzweifeln und nach alternativen Denkweisen suchen.<br />

Dies kann die normale Wissenschaft in eine tiefe Krise stürzen (vgl. Kuhn 1979, S. 92ff.;<br />

Bayertz 1981, S. 52f.).<br />

Diese sog. „außerordentliche Forschung“, die sich kritisch gegen das alte Paradigma wendet,<br />

geht von einer neuen Sichtweise („Weltbild“ und in diesem Sinne „Glaubenselement“)<br />

aus, die die Qualität eines neuen Paradigmas erlangen kann. Die normale Wissenschaft beginnt<br />

sich daraufhin allmählich aufzulösen. An diesem Punkt bildet sich eine neue normale<br />

Wissenschaft. Wissenschaftliche Entwicklung ist, laut Kuhn, ein relativ abrupter, „revolutionärer“<br />

Wandel des theoretischen Gefüges einer Wissenschaft, der sich in Paradigmenwechseln<br />

manifestiert (vgl. Kuhn 1979, S. 104; Bayertz 1981, S. 62). Der Wissenschaftshistoriker<br />

unterstellt damit – im Gegensatz zu Karl R. Popper - einen nicht-linearen Prozess von abwechselnden<br />

Paradigmen. Wissenschaftlicher Forschritt wird explizit nicht als fortschreitende<br />

Kumulation von Erkenntnissen begriffen (vgl. Wenturis et al. 1992, S. 247f.).<br />

Eine kontinuierliche Ablösung der Paradigmen ist in der Soziologie nicht festzustellen. Die<br />

Paradigmen existieren parallel und in Abgrenzung voneinander (vgl. Morel 2001, S. 308).<br />

Dadurch lässt sich auch das bereits erwähnte Konkurrenzverhältnis zwischen den soziologischen<br />

Theorien erklären sowie das Fehlen einer einheitlichen soziologischen Terminologie<br />

und Schwerpunktsetzung („Inkommensurabilitätsproblem“, siehe S. 21). Die „wissenschaftliche<br />

Revolution“ in der Soziologie gestaltet sich damit eher als ein Hervorbringen von „Parallelwelten“.<br />

Von einer bestimmten „normalen Wissenschaft“ kann in der Soziologie nicht gesprochen<br />

werden. Es kommt vielmehr ein zeitgleicher Paradigmenpluralismus zum Ausdruck.<br />

Nach Klinkmann (1981) sollte dieser Pluralismus die Soziologie veranlassen, „Soziologen<br />

heranzubilden, die über die Internalisation eines ‚pluralistischen Paradigmas’ alle heute vorhandenen<br />

Theorien als gleichberechtigt zum Gebrauch bereit[hält]“ (Klinkmann 1981, S.<br />

255). Der Autor schließt sich der „anarchistischen“ Position Feyerabends (1977) an, die in der<br />

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