Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
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„Unter ‚Person’ ist dann nicht ein besonderes Objekt zu verstehen, auch nicht eine Art von Objekten oder eine<br />
Eigenschaft von Objekten (und seien es in diesem Fall „Subjekte“), sondern eine besondere Art von Unterscheidung,<br />
die als Form mit zwei Seiten das Beobachten leitet.“ (ebd., S. 170)<br />
Genauer handelt es sich bei einer „Person“ um die Lösung von doppelter Kontingenz (vgl.<br />
ebd., S. 171). In der Literatur ist man sich weitgehend einig, dass das „Individuum“ aus der<br />
Betrachtungsweise Luhmanns ausgeschlossen bleibt. So: Kneer/Nassehi 1994, S. 65; Haferkamp/Schmid<br />
1987, S. 12.<br />
Wissenschaftsforschung (III)<br />
V8 – Entdeckungszusammenhang: V8.3<br />
Im Vorwort zu „Soziale Systeme“ (1994) [1984] schreibt Luhmann:<br />
Die Soziologie steckt in einer Theorienkrise. Eine im ganzen recht erfolgreiche empirische Forschung hat unser<br />
Wissen vermehrt, hat aber nicht zur Bildung einer facheinheitlichen Theorie geführt. Als empirische Wissenschaft<br />
kann die Soziologie den Anspruch nicht aufgeben, ihre Aussagen an Hand von Daten zu überprüfen, die<br />
der Realität abgewonnen sind, wie immer alt oder neu die Schläuche sein mögen, in die man das Gewonnene<br />
abfüllt. Sie kann gerade mit diesem Prinzip jedoch die Besonderheit ihres Gegenstandsbereiches und ihre eigene<br />
Einheit als wissenschaftliche Disziplin nicht begründen. Die Resignation geht soweit, daß man es gar nicht mehr<br />
versucht.“ (Luhmann 1994 [1984], S. 7).<br />
Anhand dieses Zitats gewinnt man als Leser den Eindruck, dass ein wesentliches Forschungsmotiv<br />
Luhmanns im Auswechseln der bisherigen Theorien („Schläuche“) mit einer<br />
neuartigen Theorie besteht, die den Gegenstand der Soziologie begründen kann. So auch:<br />
Stichweh 1999, S. 207; Kneer/Nassehi 1994, S. 9.<br />
V9 – Ontologisch: V9.4<br />
„Jedes selbstreferentielle System hat nur den Umweltkontakt, den es sich selbst ermöglicht, und keine Umwelt<br />
‚an sich’“. (Luhmann 1994 [1984], S.<br />
Das System konstruiert sich „seine“ Umwelt damit fortlaufend selbst. Wenn ein System<br />
beobachtet, dann trifft es immer eine Unterscheidung, die sich von der Unterscheidung, die<br />
ein anderes System trifft, unterscheiden muss (Reese-Schäfer 1992, S. 30). Luhmann passt<br />
daher in die Kategorie „relativistisch“.<br />
V10 - Epistemologisch: V10.4<br />
Wenn Luhmann soziale und psychische Systeme als autopoietisch charakterisiert, dann<br />
heißt das, dass die Beobachtung der Umwelt selbstreferentiell erfolgt. Wissenschaft ist für<br />
Luhmann ein Teil sozialer Systembildung, dessen Status sich aus dem Code oder der „Leitdifferenz“:<br />
wahr/unwahr ergibt. Gemäß der autopoietischen Konstitutionstheorie von Systemen<br />
liefert die Wissenschaft keine objektiven Erkenntnisse, sondern intern anschließende Operationen<br />
(vgl. Schülein 2002, S. 239). Da auch die Systemtheorie ihren blinden Fleck hat, nimmt<br />
sie gegenüber den Beobachtungen durch andere Systeme keine privilegierte Stellung ein.<br />
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