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einer Operation werden dann selbst zur Grundlage für weitere Operationen (vgl. Kneer/Nassehi 1994, S. 50). Das Ereignis des sozialen Systems ist die „Kommunikation“. Diese wird als Verbindung von drei aufeinander bezogener Selektionen verstanden: Information, Mitteilung und Verstehen (Genaueres dazu, siehe unter „Methodik“). Das soziale System reproduziert sich, indem es fortlaufend Kommunikation produziert, d.h. neue Kommunikation an ältere Kommunikation anschließt (vgl. ebd., S. 65). Dieser Vorgang ist nur möglich, wenn mindestens zwei Systeme in einen Austausch miteinander treten, die bestimmte neuronale, organische und psychische Zustände ermöglichen (z.B. das Bewusstseinssystem). 144 Kommunikation ist damit nichts Lebendiges und Feststehendes, sondern lediglich ein vorübergehendes Ereignis (vgl. ebd.). Die relativ dauerhafte Komponente des Systems ist lediglich dessen Struktur. Diese ist bei den sozialen und psychischen Systemen auf „Sinn“ ausgelegt. Psychische und soziale Systeme reduzieren Komplexität auf der Grundlage von Sinn. Sinn ist das fortlaufende Aktualisieren von Ereignissen (z.B. Kommunikation), indem aus dem Pool der Möglichkeiten eine bestimmte Selektion getroffen wird. Immanent für Sinn ist die Unterscheidung von Aktualität und Möglichkeit (vgl. ebd., S. 75). Methodik Die kontingent-selektive Auswahl von Ereignissen aus einem Pool an Möglichkeiten läuft immer differenzgesteuert ab. D.h., der Auswahl liegt eine Unterscheidung zwischen zwei Seiten (gewähltes Ereignis – nicht gewählte Möglichkeiten) zugrunde. Luhmann streicht hier eine bestimmte Operation hervor: die „Beobachtung“. „Beobachtung heißt in diesem Zusammenhang, das heißt auf der Ebene der allgemeinen Systemtheorie, nichts weiter als: Handhabung von Unterscheidungen.“ (Luhmann 1994 [1984], S. 63). Diese Operation zeichnet sich dadurch aus, dass sie die zwei Seiten der Unterscheidung mitpräsentiert. So ist es möglich, dass sie Unterscheidungen verwendet, die jeweils zwei Seiten der Unterscheidung voneinander trennen: „Differenzen mit zwei Seiten“ (vgl. Stichweh 1999, S. 217). Nach dem Prinzip des „Bezeichnens und Unterscheidens“ 145 erfolgen eine Bezeichnung und die Unterscheidung zwischen zwei Seiten immer im gleichen Akt (vgl. ebd., S. 144 Gemeint ist, dass mindestens zwei Menschen sich austauschen. Luhmann akzeptiert aber die Kategorie „Mensch“ nicht, sondern spricht stattdessen von einer bestimmten Konstellation von Systemen (vgl. Luhmann 1994 [1984], S. 286). 145 G. Spencer Brown verdeutlicht dieses Prinzip anhand des Begriffs der „Form“, als „[…] Markierung einer Differenz, die dazu zwingt, klarzustellen, welche Seite man bezeichnet […]“ (Luhmann 1999a [1997], S. 60). 203
218). 146 Da die Beobachtung in der Unterscheidung involviert ist, kann im Akt der Unterscheidung und Bezeichnung nicht gleichzeitig beobachtet werden. Die Beobachtung ist in diesem Moment blind für die von ihr benützten Unterscheidungen; sie kann ihre Unterscheidung nicht beobachten. Luhmanns funktionale Methodik basiert auf der Beobachtung zweiter Ordnung: Die Systemtheorie als System beobachtet andere Systeme beim Beobachten, orientiert sich daran, was diese beobachtet haben, und schließt sich daran gegebenenfalls an („Kopplung“) (vgl. ebd.). So kann die Systemtheorie bspw. Kommunikation beobachten. 147 Sie sieht das Informationssystem als „[…] ein Ereignis, das eine Verknüpfung von Differenzen bewirkt […]“ (Luhmann 1994 [1984], S. 112), das Mitteilungssystem, mit dessen Hilfe die Information gleichsam transportiert wird und das System des Verstehens, das eine Anschlusskommunikation ermöglicht (vgl. Reese-Schäfer 1992, S. 39; Stichweh 1999, S. 213f.). Doch auch für die Beobachtung zweiter Ordnung gilt, dass die von ihr verwendete Unterscheidung nicht im Blickfeld sein kann; sie weist also einen „blinden Fleck“ auf (vgl. Reese-Schäfer 1992, S. 29). Theoretische Positionen Die theoretische Position Luhmanns zeichnet sich durch ein Denken in Differenzen aus: „Am Anfang steht also nicht Identität, sondern Differenz.“ (Luhmann 1994 [1984], S. 112). Mit der Grunddifferenz von Aktuellem und Möglichem wird die Zuordnung von Sinn zu verschiedenen Phänomenen möglich. Alles Erleben erhält so einen Informationswert 148 und es kann Ordnung aufgebaut werden (vgl. ebd.). Das Wesentliche des Denkens in Differenzen besteht darin, „[…] daß nicht mehr von Objekten die Rede ist, sondern von Unterscheidungen, und ferner: daß Unterscheidungen nicht als vorhandene Sachverhalte (Unterschiede) begriffen werden, sondern daß sie auf eine Aufforderung zurückgehen, sie zu vollziehen, weil man anderenfalls nichts bezeichnen könnte, also nichts zu beobachten bekäme, also nichts fortsetzen könnte.“ (Luhmann 1999a [1997], S. 60). Die Systemtheorie Luhmanns hinterlässt den Eindruck, dass es sich um eine Art „Beobachtungsspiel“ (vgl. Reese-Schäfer 1992, S. 30) handelt, an dem jedes System teilnimmt. Daraus folgt, dass kein System eine Außenposition einnehmen und daher kein privilegierter Beobachtungspunkt existieren kann. Jede Beobachtung, auch zweiter oder dritter Ordnung und die 146 Eine Ausnahme bildet der „Sinn“, der als Einheit der Differenz von Aktualität und Möglichkeit charakterisiert ist. Sinn ist Voraussetzung, um überhaupt von Sinn sprechen zu können, damit ist Sinn grundsätzlich „differenzlos“ (vgl. Krause 1999, S. 10 f). Dies gilt ebenso für die „Welt“ (vgl. Luhmann 1994 [1984], S. 105). 147 Damit die Systemtheorie die Kommunikation überhaupt beobachten kann, muss sie mittels einer weiteren Differenzierung die Unterscheidung von Kommunikation und Nicht-Kommunikation unterscheiden können (vgl. Luhmann 1999a [1997], S. 63). 148 D.h., es wird eine Verknüpfung von bereits bestehenden Differenzen gebildet, die gewissermaßen eine Konstellation aufweist, die neuartig ist. 204
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einer Operation werden dann selbst zur Grundlage für weitere Operationen (vgl.<br />
Kneer/Nassehi 1994, S. 50).<br />
Das Ereignis des sozialen Systems ist die „Kommunikation“. Diese wird als Verbindung<br />
von drei aufeinander bezogener Selektionen verstanden: Information, Mitteilung und Verstehen<br />
(Genaueres dazu, siehe unter „Methodik“). Das soziale System reproduziert sich, indem<br />
es fortlaufend Kommunikation produziert, d.h. neue Kommunikation an ältere Kommunikation<br />
anschließt (vgl. ebd., S. 65). Dieser Vorgang ist nur möglich, wenn mindestens zwei Systeme<br />
in einen Austausch miteinander treten, die bestimmte neuronale, organische und psychische<br />
Zustände ermöglichen (z.B. das Bewusstseinssystem). 144 Kommunikation ist damit<br />
nichts Lebendiges und Feststehendes, sondern lediglich ein vorübergehendes Ereignis (vgl.<br />
ebd.). Die relativ dauerhafte Komponente des Systems ist lediglich dessen Struktur. Diese ist<br />
bei den sozialen und psychischen Systemen auf „Sinn“ ausgelegt. Psychische und soziale<br />
Systeme reduzieren Komplexität auf der Grundlage von Sinn. Sinn ist das fortlaufende Aktualisieren<br />
von Ereignissen (z.B. Kommunikation), indem aus dem Pool der Möglichkeiten eine<br />
bestimmte Selektion getroffen wird. Immanent für Sinn ist die Unterscheidung von Aktualität<br />
und Möglichkeit (vgl. ebd., S. 75).<br />
Methodik<br />
Die kontingent-selektive Auswahl von Ereignissen aus einem Pool an Möglichkeiten läuft<br />
immer differenzgesteuert ab. D.h., der Auswahl liegt eine Unterscheidung zwischen zwei Seiten<br />
(gewähltes Ereignis – nicht gewählte Möglichkeiten) zugrunde. Luhmann streicht hier<br />
eine bestimmte Operation hervor: die „Beobachtung“.<br />
„Beobachtung heißt in diesem Zusammenhang, das heißt auf der Ebene der allgemeinen Systemtheorie, nichts<br />
weiter als: Handhabung von Unterscheidungen.“ (Luhmann 1994 [1984], S. 63).<br />
Diese Operation zeichnet sich dadurch aus, dass sie die zwei Seiten der Unterscheidung<br />
mitpräsentiert. So ist es möglich, dass sie Unterscheidungen verwendet, die jeweils zwei Seiten<br />
der Unterscheidung voneinander trennen: „Differenzen mit zwei Seiten“ (vgl. Stichweh<br />
1999, S. 217). Nach dem Prinzip des „Bezeichnens und Unterscheidens“ 145 erfolgen eine Bezeichnung<br />
und die Unterscheidung zwischen zwei Seiten immer im gleichen Akt (vgl. ebd., S.<br />
144 Gemeint ist, dass mindestens zwei Menschen sich austauschen. Luhmann akzeptiert aber die Kategorie<br />
„Mensch“ nicht, sondern spricht stattdessen von einer bestimmten Konstellation von Systemen (vgl. Luhmann<br />
1994 [1984], S. 286).<br />
145 G. Spencer Brown verdeutlicht dieses Prinzip anhand des Begriffs der „Form“, als „[…] Markierung einer<br />
Differenz, die dazu zwingt, klarzustellen, welche Seite man bezeichnet […]“ (Luhmann 1999a [1997], S. 60).<br />
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