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Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg

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„Systeme“ in der Gestalt von sozialen und psychischen Systemen stellen aus einem fast unendlichen<br />

Pool an Handlungs- und Erlebensmöglichkeiten eine Auswahl für einen spezifischen<br />

Bereich des Sozialen bzw. Psychischen bereit. Sie gehen dabei kontingent-selektiv vor<br />

und grenzen einen Möglichkeitsbereich dieses Pools aus, der als Option zwar im Moment<br />

nicht genutzt wird, jedoch weiterhin als Potenzial zur Verfügung steht. Dabei gilt: Das im<br />

System Eingeschlossene (d.h. die nicht ausgegrenzten Möglichkeiten) ist immer weniger als<br />

das Ausgeschlossene (= Umwelt), so dass die Komplexität des Systems geringer als das seiner<br />

Umwelt ist (vgl. Kneer/Nassehi 1994). 142 Das System greift komplexitätsreduzierend in seine<br />

Umwelt ein, wodurch die Komplexität aber gesteigert wird. Denn einerseits wird durch eine<br />

neue Auswahl die Zahl ausgeschlossener Möglichkeiten potenziert, andererseits gibt es innerhalb<br />

des Systems durch die Komplexitätsreduktion weniger und gleichzeitig mehr Optionen<br />

(vgl. Stichweh 1999, S. 210). 143<br />

Damit ein System auf seine Umwelt Bezug nehmen kann, muss es Kontakt aufnehmen. Dazu<br />

muss es geschlossen sein, um sich von seiner Umwelt überhaupt unterscheidbar zu machen,<br />

und gleichzeitig relativ offen sein, um in den Austausch mit der Umwelt treten und auf<br />

verändernde Umweltgegebenheiten reagieren zu können. Luhmann betont insbesondere die<br />

Geschlossenheit, da ein System nur im Rahmen eines Selbstkontakts auf der Basis seiner aktuell<br />

bestehenden Ereignisse (oder ereignishaften Elemente) mit der Umwelt in Verbindung<br />

treten kann (vgl. Krause 1999, S. 10). D.h,. es wählt diejenigen Möglichkeiten als Ereignisse<br />

aus, die es für die Stabilisierung und Optimierung bestimmter Eigenzustände benötigt. Dieser<br />

Akt der Reproduktion läuft selbstbezogen (selbstreferentiell) ab: die Reproduktion von Ereignissen<br />

erfolgt durch systemeigene Operationen. Diesen Vorgang kennzeichnet Luhmann mit<br />

dem Begriff der „Autopoiesis“. Damit wird auch die „Rekursivität“ eines Systems angesprochen:<br />

Die Reproduktion durch systemeigene Operationen kann nur ablaufen, wenn die aktuell<br />

produzierten ereignishaften Elemente Bezug zu früheren Ereignissen nehmen. Die Produkte<br />

142 Die Komplexität des sozialen und psychischen Systems zeichnet sich dadurch aus, dass im System zwar<br />

grundsätzlich sämtliches Handeln und Erleben möglich ist, jedoch nicht in einem bestimmten Moment tatsächlich<br />

umgesetzt werden kann. Eine hohe Komplexität ist gegeben, wenn die Menge der aktualisierten Möglichkeiten<br />

(= Ereignisse) weitaus geringer als die der potentiellen Möglichkeiten ist (vgl. ebd.).<br />

143 Anhand des Problemlösens dürfte dieser Vorgang relativ plausibel sein: Wenn ein möglicher Lösungsweg zur<br />

Behebung eines Problems gefunden wird, werden zwar sämtliche alternative Lösungswege ausgeschlossen,<br />

gleichzeitig eröffnen sich auf dem gewählten Lösungsweg neue Probleme. Folgendes Beispiel könnte eine Metapher<br />

darstellen: Um einen Berg zu besteigen, muss man einen Weg finden; wird ein Pfad nach Süd-Osten<br />

gewählt, dann muss man spätestens nach der ersten Gabelung entscheiden, ob man dem Pfad nach Süd-Ost-<br />

Ost oder Süd-Süd-Ost folgt. Der Pfad nach Süd-Osten wirkt zunächst komplexitätsreduzierend, im weiteren<br />

Schritt eröffnet sich bei jeder Wahl eines weiteren Pfades ein neues Bündel von Pfaden, unter denen wieder<br />

gewählt werden muss (Komplexitätssteigerung).<br />

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