Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
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V9 – Ontologisch: V9.4<br />
Die Differenzierung zwischen Wissenschaft und gesellschaftlicher Praxis begründet Bourdieu<br />
mit der Unterschiedlichkeit der wissenschaftlichen und praktischen Logik. Was in der<br />
Wissenschaft eindeutig als wahr oder falsch bzw. augenfällig als widersprüchlich gilt, kann<br />
nicht ohne weiteres auf die Praxis übertragen werden. Die Praxis weist eine Logik auf, die nur<br />
bis zu einem gewissen Grad schlüssig ist; d.h., sie ist nur insoweit logisch, als dies praktisch<br />
ist (vgl. Bohn/Hahn 1999, S. 254f.). Es gibt damit eine wesentliche Differenz zwischen der<br />
wissenschaftlichen und praktischen „Wirklichkeit“ oder radikaler ausgedrückt: die eine gemeinsame<br />
Wirklichkeit kann es nicht geben, da jedes soziale Feld seine eigene Logik besitzt.<br />
Seine Position könnte daher relativistisch sein.<br />
V10 –Epistemologisch: V10.4<br />
Im Gliederungspunkt „Methodik“ wurde bereits auf die von Bourdieu unterstellte Differenz<br />
zwischen wissenschaftlicher und praktischer Erkenntnis hingewiesen. In der Wissenschaft<br />
werden nicht nur andere Einsichten als in der Praxis gewonnen. Die Wissenschaft wirft implizit<br />
auch einen völlig anderen Blick auf die übrige Welt. D.h., die Perspektiven zwischen Praxis<br />
und Wissenschaft sind grundsätzlich verschieden (vgl. Bohn/Hahn 1999, S. 256f.). Dies<br />
würde auf eine konstruktivistische Position hindeuten. Bourdieu bezeichnet seine wissenschaftstheoretische<br />
Position als konstruktivistisch-strukturalistisch. Oder genauer gesagt:<br />
„strukturalistischer Konstruktivismus“ oder „konstruktivistischer Strukturalismus“ (Bourdieu<br />
1987 [1992], S. 135, zit. nach Fuchs-Heinritz/König 2003, S. 223).<br />
V11 – Methodologisch: V11.4*<br />
In der „praxeologischen Methode“ bricht der Forscher die selbstverständlichen Annahmen<br />
über die Beschaffenheit der Lebenswelt. Darauf aufbauend erfolgt die Konstruktion objektiver<br />
Relationen und Strukturen der Gesellschaft („opus operatum“). Diese verbindet er dann mit<br />
den Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata der Akteure, um von da aus die inkorporierte<br />
typische Art des Vollzugs von Praxis, den Habitus, zu rekonstruieren („opus operandi“).<br />
Das würde für die Kategorie „Rekonstruktiv/konstruktivistische Hermeneutik und Dialektik“<br />
sprechen. So ähnlich: Fuchs-Heinritz/König 2003, S. 222.<br />
V12 – Charakterisierung der Theorie: V12.3*<br />
Bourdieus Forschungsinteresse bezieht sich nicht nur auf Themen der sozialen Ungleichheit<br />
und Herrschaftsverhältnisse. Nach einer Reihe von empirischen Untersuchungen über die So-<br />
Gesellschaft explizit nicht kritisiert, sondern mit groß angelegten empirischen Studien wissenschaftliche<br />
„Sachlichkeit“ demonstriert (vgl. Pinto 2000, S. 89; Schwingel 2000, S. 7ff.).<br />
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