Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
auend erfolgt die Konstruktion objektiver Relationen und Strukturen der Gesellschaft („opus operatum“). Diese verbindet er dann mit den Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata der Akteure, um von da aus die inkorporierte typische Art des Vollzugs von Praxis, den Habitus, zu rekonstruieren („opus operandi“) (vgl. Fuchs-Heinritz/König 2003, S. 222). Praxeologisch ist diese Methode insofern, als sowohl sämtliche Restriktionen der Praxis als auch das praktische Wissen der Individuen, d.h. vorwissenschaftliches, unreflektiertes Wissen, und ihre Strategien in den sozialen Feldern nachvollzogen werden. Was ein Forscher als abgeschlossene Handlung registriert, ist vom praktischen Standpunkt her ein sequentieller Vorgang der Wahrnehmung, des Denkens und des Handelns (vgl. Bohn/Hahn 1999, S. 255). Neben dieser zeitlichen Beschränkung gilt es auch die sozialen und ökonomischen Hintergründe (Zwänge) bzw. Bedingungen, unter denen sich die Praxis vollzieht, einzubeziehen (vgl. Schwingel 2000, S. 53f.). Die praxeologische Methode verbindet die Hermeneutik, die sich auf den subjektiven Sinn bezieht, und den Funktionalismus, der die objektiven Funktionen analysiert (vgl. ebd., S. 55). 138 Dabei nimmt der Forscher auch Kontakt mit den sozialen Feldern auf. D.h., eine soziologische Analyse der internen und externen Strukturen erfolgt nicht anhand eines theoretisch vorkonstruierten kategorialen Modells, das gleichsam den Individuen und sozialen Gebilden übergestülpt und dadurch deren bestimmendes Moment wird. Die Vorgehensweise des Forschers ist vielmehr explorativ (vgl. Schwingel 2000, S. 51). Theoretische Positionen Bourdieu verortet seine theoretische Position im Spannungsfeld zwischen „Objektivismus“ und „Subjektivismus“. Der Objektivismus der Strukturalisten (z.B. C. Lévi-Strauss, E. Durkheim und M. Foucault) berücksichtigt, so der Klassiker, nur die externen gesellschaftlichen Strukturen. Im Vordergrund stehen gesellschaftliche und kulturelle Phänomene wie bspw. die Sprache, Kunst und Verwandtschaftsbeziehungen. Das Individuum wird als Träger der objektiven Strukturen gesehen und rückt daher, so Bourdieu, in den Hintergrund (vgl. Schwingel 2000, S. 33, 67). Der Subjektivismus der phänomenologischen, interaktionistischen, ethnomethodologischen und RC-Theorien 139 (z.B. G. H. Mead, H. Garfinkel, A. Schütz) fokussiert 138 Der Forscher könnte durch ein Interview das praktische Wissen des Interviewten erforschen, indem er die Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsweisen anhand der Erfahrungen des Interviewten analysiert und dabei Rekurs auf dessen materielle und kulturelle Existenzbedingungen (d.h. die Lebensbedingungen der Herkunftsfamilie) nimmt (vgl. Schwingel 2000, S. 64). 139 Wenn Bourdieu von „Subjektivismus“ spricht, bezieht er sich in erster Linie auf die Existenzphilosophie von J. P. Sartre. Da Sartres Philosophie jedoch nicht unter dem Bereich „Soziologie“ firmiert, sollen zur Vereinfa- 195
die Wahrnehmungsmuster, Motive und Intentionen von Individuen. Da die natürliche Einstellung zur Lebenswelt, das Alltagswissen und –handeln von Individuen eine wesentliche Rolle spielen, werden hier die internen, subjektiven Strukturen hervorgehoben. Bourdieu kritisiert, dass die subjektivistischen Theorien das Hinterfragen der sog. „Doxa“ – „[…] jener gewohnheitsmäßigen Verwurzelung mit der alltäglichen Ordnung des Ungefragten und Selbstverständlichen […]“ (Bourdieu 1997 [1979], S. 668) – unterlassen. Damit werde unterstellt, dass die natürliche Einstellung zur Lebenswelt so und nicht anders sein kann (vgl. Bohn/Hahn 1999, S. 257). Die theoretische Konzeptualisierung des Habitus, des sozialen Feldes bzw. Raums und des Kapitals erfolgt bei Bourdieu thematisch vor dem Hintergrund der Erforschung von sozialen Ungleichverhältnissen. 140 Damit setzt der Klassiker die Tradition der Klassen- und Schichtenforschung von K. Marx und M. Weber fort und ergänzt sie um eine „subjektive“ Komponente: den Habitus. Im Sinne einer „selbstreflexiven“ Soziologie fordert Bourdieu, dass in die Theorie die Reflexion über die Erzeugungsbedingungen der eigenen Theorieentstehung einbezogen wird (vgl. Fuchs-Heinritz/König 2003, S. 26). Der Forscher muss sich bewusst sein, dass wissenschaftliche Erkenntnis nur unter den besonderen Bedingungen der Wissenschaft (Reversibilität) möglich ist und dadurch eine Differenz zwischen Theorie und Praxis entstehen muss. Die Theorie ist damit durch Selbstbezüglichkeit charakterisiert (vgl. Bohn/Hahn 1999, S. 257). Charakterisierung der theoretischen Positionen Gesellschaft (I) V1 – Perspektive und Auffassung von Gesellschaft: V1.3 Der Klassiker versucht den Dualismus von Subjektivismus und Objektivismus aufzuheben. Gemeint ist hier die Vermittlung zwischen einer individualistischen und kollektivistischen Methodologie. Mit dem Konzept des Habitus und des soziales Feldes bzw. Raums vermittelt er zwischen diesen Perspektiven: die subjektiven Strukturen eines Individuums (Habitus) und die objektiven Strukturen der sozialen Felder können nicht ohne einander gedacht werden. Denn in den subjektiven Strukturen sind die objektiven „eingeschrieben“ und die Existenz von sozialen Feldern ist von einer Praxis der Individuen abhängig. Soziale Gebilde werden chung die Theorien von soziologischen Klassikern, die das Subjekt in den Mittelpunkt rücken, genannt werden. Dies tun auch Autoren, wie Bohn/Hahn 1999, S. 256. 140 Im Rahmen seiner empirischen Untersuchungen sammelte der Klassiker Daten, anhand derer er mit Hilfe von explorativen Verfahren ein mehrdimensionales „Modell des sozialen Raums“ rekonstruierte. Zum Einsatz kam auch die multiple Korrespondenzanalyse. 196
- Seite 151 und 152: te die Situationsbedingungen als Ha
- Seite 153 und 154: zit. nach Münch 1999, S. 41). Nach
- Seite 155 und 156: V10 - Epistemologisch: V10.2 Die st
- Seite 157 und 158: Es werden keine Aussagen über die
- Seite 159 und 160: Der Klassiker schließt aus dem beo
- Seite 161 und 162: der Sozialstruktur innehat (vgl. eb
- Seite 163 und 164: ie stellt, nach Auffassung der Verf
- Seite 165 und 166: auf, unterstützt sie und wird dami
- Seite 167 und 168: der Hermeneutik), sondern eher als
- Seite 169 und 170: wahr ist, weil es auch bereit ist,
- Seite 171 und 172: V6 - Muster und Ordnung des soziale
- Seite 173 und 174: Tabelle 25: Zusammenfassung zur Fra
- Seite 175 und 176: modells, die einer empirischen Übe
- Seite 177 und 178: von Elias genommen: Eine Machtbalan
- Seite 179 und 180: Vom „Menschen“ spricht der Sozi
- Seite 181 und 182: In der Literatur über die Prozess-
- Seite 183 und 184: Abbildung 5: Das Foucaultsche Dispo
- Seite 185 und 186: tanziert sich Foucault im Hinblick
- Seite 187 und 188: zur Machtausübung besteht in der A
- Seite 189 und 190: einem Phänomen. Gemäß seiner gen
- Seite 191 und 192: „kommunikativen Rationalität“
- Seite 193 und 194: ialer Ausdrucksform explizit gemach
- Seite 195 und 196: Autoren unter dem Stichwort „sozi
- Seite 197 und 198: Wissenschaftsforschung (III) V8 - E
- Seite 199 und 200: Tabelle 28: Zusammenfassung zu Jür
- Seite 201: Ressourcensorte und -ausstattung (
- Seite 205 und 206: darauf hin, dass Bourdieus Position
- Seite 207 und 208: V9 - Ontologisch: V9.4 Die Differen
- Seite 209 und 210: „Systeme“ in der Gestalt von so
- Seite 211 und 212: 218). 146 Da die Beobachtung in der
- Seite 213 und 214: Sinn und an der Kommunikation an. D
- Seite 215 und 216: Was für die Zukunft der Gesellscha
- Seite 217 und 218: Luhmann kennzeichnet seine Position
- Seite 219 und 220: 5 Auswertung der theoretischen Posi
- Seite 221 und 222: Abbildung 6: V1_V2 (CA: Symmetrisch
- Seite 223 und 224: Tabelle 33: V3_V4_V5 (MCA) - Objekt
- Seite 225 und 226: die Dimension 1 für alle Variablen
- Seite 227 und 228: 5.2.2 Gesellschaft (I) und Anthropo
- Seite 229 und 230: inhaltlich angemessen zu interpreti
- Seite 231 und 232: V9_V10_V11 (Kategoriale Hauptkompon
- Seite 233 und 234: Variablen festgestellt werden. Die
- Seite 235 und 236: Philosophisch-wissenschaftstheoreti
- Seite 237 und 238: 5.4 Resümee Eine Zusammenfassung d
- Seite 239 und 240: 6 Literaturverzeichnis Abels, Heinz
- Seite 241 und 242: Bonß, Wolfgang (1983): Empirie und
- Seite 243 und 244: Foucault, Michel (1973): Archäolog
- Seite 245 und 246: Hummell, Hans J. (1972): Probleme d
- Seite 247 und 248: Luhmann, Niklas (1996): Arbeitsteil
- Seite 249 und 250: Münch, Richard (2002a): Soziologis
- Seite 251 und 252: Roth, Guenther (1989): Vergangenhei
die Wahrnehmungsmuster, Motive und Intentionen von Individuen. Da die natürliche Einstellung<br />
zur Lebenswelt, das Alltagswissen und –handeln von Individuen eine wesentliche Rolle<br />
spielen, werden hier die internen, subjektiven Strukturen hervorgehoben. Bourdieu kritisiert,<br />
dass die subjektivistischen Theorien das Hinterfragen der sog. „Doxa“ – „[…] jener gewohnheitsmäßigen<br />
Verwurzelung mit der alltäglichen Ordnung des Ungefragten und Selbstverständlichen<br />
[…]“ (Bourdieu 1997 [1979], S. 668) – unterlassen. Damit werde unterstellt, dass<br />
die natürliche Einstellung zur Lebenswelt so und nicht anders sein kann (vgl. Bohn/Hahn<br />
1999, S. 257).<br />
Die theoretische Konzeptualisierung des Habitus, des sozialen Feldes bzw. Raums und des<br />
Kapitals erfolgt bei Bourdieu thematisch vor dem Hintergrund der Erforschung von sozialen<br />
Ungleichverhältnissen. 140 Damit setzt der Klassiker die Tradition der Klassen- und Schichtenforschung<br />
von K. Marx und M. Weber fort und ergänzt sie um eine „subjektive“ Komponente:<br />
den Habitus.<br />
Im Sinne einer „selbstreflexiven“ Soziologie fordert Bourdieu, dass in die Theorie die Reflexion<br />
über die Erzeugungsbedingungen der eigenen Theorieentstehung einbezogen wird<br />
(vgl. Fuchs-Heinritz/König 2003, S. 26). Der Forscher muss sich bewusst sein, dass wissenschaftliche<br />
Erkenntnis nur unter den besonderen Bedingungen der Wissenschaft (Reversibilität)<br />
möglich ist und dadurch eine Differenz zwischen Theorie und Praxis entstehen muss. Die<br />
Theorie ist damit durch Selbstbezüglichkeit charakterisiert (vgl. Bohn/Hahn 1999, S. 257).<br />
Charakterisierung der theoretischen Positionen<br />
Gesellschaft (I)<br />
V1 – Perspektive und Auffassung von Gesellschaft: V1.3<br />
Der Klassiker versucht den Dualismus von Subjektivismus und Objektivismus aufzuheben.<br />
Gemeint ist hier die Vermittlung zwischen einer individualistischen und kollektivistischen<br />
Methodologie. Mit dem Konzept des Habitus und des soziales Feldes bzw. Raums vermittelt<br />
er zwischen diesen Perspektiven: die subjektiven Strukturen eines Individuums (Habitus) und<br />
die objektiven Strukturen der sozialen Felder können nicht ohne einander gedacht werden.<br />
Denn in den subjektiven Strukturen sind die objektiven „eingeschrieben“ und die Existenz<br />
von sozialen Feldern ist von einer Praxis der Individuen abhängig. Soziale Gebilde werden<br />
chung die Theorien von soziologischen Klassikern, die das Subjekt in den Mittelpunkt rücken, genannt werden.<br />
Dies tun auch Autoren, wie Bohn/Hahn 1999, S. 256.<br />
140 Im Rahmen seiner empirischen Untersuchungen sammelte der Klassiker Daten, anhand derer er mit Hilfe von<br />
explorativen Verfahren ein mehrdimensionales „Modell des sozialen Raums“ rekonstruierte. Zum Einsatz kam<br />
auch die multiple Korrespondenzanalyse.<br />
196