Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
gewisse Sinn- und Regelmuster hervortreten können, die ein reibungsloses und rasches Alltagshandeln<br />
ermöglichen – dieses sogar überhaupt erst erzeugen („opus operandi“) (vgl.<br />
Bohn/Hahn 1999, S. 258).<br />
Seinen Habitus erwirbt ein Individuum in einem Lern- und Konditionierungsprozess in der<br />
Auseinandersetzung mit seiner sozialen Umwelt. Bourdieu spricht hierbei sogar von einer<br />
„Inkorporation“ von sozialen Strukturen im Sinne von Einverleibung; d.h., im Laufe der Sozialisation<br />
wird dem Körper des Individuums die für einen bestimmten „sozialen Raum“ typische<br />
Art des Vollzugs von Praxis gleichsam „eingeschrieben“ (vgl. Fuchs-Heinritz/König<br />
2003, S. 129). Der „Habitus“ einer Person ist gesellschaftlich und historisch geprägt („Inkorporationsprinzip<br />
des Habitus“). Er ist abhängig von der sozialen Position in der Sozialstruktur<br />
und von der sozialen „Laufbahn“ 133 , die ein Individuum eingeschlagen hat (vgl. ebd., S. 118).<br />
Während der Habitus die subjektiven Strukturen eines Individuums abbildet, stehen die<br />
„sozialen Felder“ für die objektiven Strukturen der Gesellschaft. Diese umfassen sämtliche<br />
sozialen Phänomene, die gegenüber den subjektiven Strukturen der Individuen relativ eigenständig<br />
sind. D.h., die subjektiven Strukturen aggregieren sich nicht zu den objektiven Strukturen<br />
der Gesellschaft. Die sozialen Felder bilden gewissermaßen den „Raum“ („sozialer<br />
Raum“), in dem sich die soziale Praxis von Individuen vollzieht, und geben damit bestimmte<br />
Regelmuster vor, nach denen der Praxisvollzug erfolgt. Die Felder denkt Bourdieu nicht substantiell,<br />
sondern in objektiven Relationen, d.h. als Relationsnetz. Soziale Gebilde werden<br />
danach nicht aus sich heraus, sondern aus den ständigen und vielfältigen Formen der Wechselbeziehungen<br />
(Kampf, Konkurrenz etc.) begriffen (vgl. Fuchs-Heinritz 2003, S. 134).<br />
Bourdieu spricht auch von „Spielfelder[n]“, die ihre jeweils eigenen Regelmuster aufweisen.<br />
Diese geben vor, was im Spielfeld denkbar und undenkbar ist. 134 Innerhalb der sozialen<br />
Felder können die Individuen aber durchaus strategisch agieren; d.h., die Regelmuster sind<br />
nicht determinierend, sondern bilden lediglich einen Rahmen (vgl. Schwingel 2000, S. 80f.).<br />
Andererseits sind soziale Felder durch eine Knappheit von Ressourcen 135 , die für den Vollzug<br />
von Praxis maßgeblich sind, gekennzeichnet. Die „Spieler“ (= Individuen) verfügen je nach<br />
133 Mit sozialer „Laufbahn“ soll der Aspekt der sozialen „Bewegung“ gemeint sein, die ein Individuum im Laufe<br />
seines Werdegangs von der sozialen Position der Herkunftsfamilie zu einer anderen vollzieht.<br />
134 Z.B. könnte für ein Individuum aus dem sozialen Feld der ausführenden Industriearbeit das Essen von Currywürsten<br />
denkbar, vertraut und nahe liegend sein. Das Verspeisen eines Hummers wäre aber eher undenkbar,<br />
unvertraut und fern liegend.<br />
135 Die Verfügungsgewalt über Ressourcen nennt Bourdieu „Kapital“. Er differenziert zwischen verschiedenen<br />
Kapitalsorten: ökonomisches, kulturelles, soziales, symbolisches Kapital (vgl. Schwingel 2000, S. 83). Ein Individuum<br />
mit einem hohen kulturellen Kapital verfügt z.B. über ein ausgeprägtes Wissen über Kunstgemälde.<br />
Die „Ressource“ könnte sich dann auf den Umfang der Kapitalausstattung beziehen.<br />
193