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In seinen erkenntnissoziologischen Schriften kritisiert Elias die wissenschaftstheoretische Tradition, die den einzelnen Menschen als Subjekt der Erkenntnis sieht. Diese Ansätze klammern die Tatsache aus, dass jeder Mensch als Kind das Wissens von anderen Menschen in einem Lernprozess erwirbt (vgl. Elias 2003 [1939], S. 268). „Das philosophische Menschenbild eines statischen Menschen, der als Erwachsener existiert, ohne je ein Kind gewesen zu sein, das Ausklammern des Prozesses, in dem sich jeder Mensch ständig befindet, ist einer der Gründe für die Sackgasse, in der sich die philosophischen Wissenstheorien immer von neuem verfangen.“ (ebd.). Es geht nicht um das Erkennen eines Subjekts und Objekts, wie z.B. bei R. Descartes, und es geht auch nicht um ein unveränderliches Gesetz der Erkenntnis. Der Klassiker spricht von einer soziologischen Theorie des Wissens und des Erkennens, die aus der Perspektive ungeplanter, langfristig-strukturierter sozialer Prozesse zu verstehen ist (vgl. Baumgart/Eichener 1991, S. 146). Die Menschen verfügen über eine eigene Welt der Symbole, die Wissen verkörpert, die generativ weitergegeben wird und grundsätzlich veränderlich ist (sog. „Symboltheorie“). Da einige Autoren betonen, dass der Klassiker mit seiner Erkenntnistheorie eine Verbindung zwischen der Wissenschaftstheorie und der Wissenssoziologie geschaffen hat, könnte er der Kategorie „modifiziert relativistisch“ zugeordnet werden So: Baumgart/Eichener 1991, S. 146; Wehrspaun 1994, S. 34. V11 - Methodologisch: V11.4* Elias´ Methodik ist an seinem Forschungsproblem ausgerichtet: dem Wandel auf individueller und gesamtgesellschaftlicher Ebene. Er wendet dabei Prozessmodelle an, die „Normalitätsannahmen“ über die Intentionen und Handlungsorientierungen von Individuen und die Strukturen von sozialen Gebilden enthalten. Die Modelle sind raum-zeitliche Synthesemodelle. Diese bilden ein Instrumentarium, durch das die Dynamik der menschlichen Entwicklung angemessen rekonstruiert werden kann (vgl. Meleghy/Niedenzu 2001, S. 192f.). Elias könnte möglicherweise der Kategorie „Rekonstruktiv/konstruktivistische Hermeneutik und Dialektik“ zugeordnet werden. V12 – Charakterisierung der Theorie: V12.4 173

In der Literatur über die Prozess- und Figurationstheorie wird nicht betont, dass der Theorie eine Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen innewohnt. Tabelle 26: Zusammenfassung zu Norbert Elias VARIABLE KATEGORIE V1: Perspektive u. Auffassung von Gesellschaft Vermittlung V2: Problematisierung der Ebenen Alle Ebenen V3: Verlauf des sozialen Wandels Diskontinuierlich-revolutorisch* V4: Gesetzmäßigkeiten des sozialen Wandels Relativ deterministisch* V5: Bewertung des sozialen Wandels Chance/Risiko V6: Muster u. Ordnung d. soz. Zusammenlebens Dynamisch-prozesshaft V7: Anthropologie Unautonom V8: Entdeckungszusammenhang Wissenschaftliche Vermittlung* V9: Ontologisch Modifiziert realistisch* V10: Epistemologisch Modifiziert relativistisch* V11: Methodologisch Rekonstruktiv/konstruktivist. M.* V12: Charakterisierung der Theorie Unkritisch 4.13 Michel Foucault (1926-1984) Zentrale Themengebiete, Hypothesen und Fragestellungen in der Forschung Zu den wichtigen Themengebieten bzw. Begriffen bei Foucault zählen vermutlich die „Macht“, der „Diskurs“ und das „Dispositiv“. 111 „Macht“ wird – zumindest nach der Repressionshypothese – im Sinne von ordnender Kontrolle, Unterwerfung und Repression gebraucht. Es kann als etwas Negatives verstanden werden, das jedoch irgendetwas Positives, das von ihm unterdrückt wird, voraussetzt (vgl. Fink- Eitel 1997, S. 70, 81). Macht ist ein repressives Ganzes, das aus der vorherrschenden wissenschaftlichen Rationalität und den sozialen und politischen „Praktiken“ 112 geformt wird und in erster Linie unterdrückt (vgl. ebd.). In einer späteren Schaffensphase beschreibt er „Macht“ als eine Art dynamische Kraft, die sich ständig verwandelt und neu organisiert und nicht an bestimmte Personen oder Institutionen gebunden ist. Sie geht vielmehr durch diese hindurch, bildet Kraftverhältnisse zwischen ihnen, wodurch diese in eine Beziehung zueinander gesetzt werden (vgl. Seier 2001, S. 98; Foucault 1977, S. 114). Eine Unterscheidung zwischen 111 Ein weiterer wichtiger Begriff ist die „Sexualität“, mit dem sich Foucault vor allem in seiner dritten Schaffensphase - im zweiten und dritten Band von „Sexualität und Wahrheit“ - beschäftigt. 112 „Praktiken“ könnte man als umfassenden Begriff für soziale Normen und den daraus folgenden Konsequenzen und Ergebnissen bezeichnen. Z.B. technische Einrichtungen in Gefängnissen; sprachliche Regeln kann man ebenfalls als einen Komplex von Sprachnormen sehen. 174

In seinen erkenntnissoziologischen Schriften kritisiert Elias die wissenschaftstheoretische<br />

Tradition, die den einzelnen Menschen als Subjekt der Erkenntnis sieht. Diese Ansätze klammern<br />

die Tatsache aus, dass jeder Mensch als Kind das Wissens von anderen Menschen in<br />

einem Lernprozess erwirbt (vgl. Elias 2003 [1939], S. 268).<br />

„Das philosophische Menschenbild eines statischen Menschen, der als Erwachsener existiert, ohne je ein Kind<br />

gewesen zu sein, das Ausklammern des Prozesses, in dem sich jeder Mensch ständig befindet, ist einer der<br />

Gründe für die Sackgasse, in der sich die philosophischen Wissenstheorien immer von neuem verfangen.“ (ebd.).<br />

Es geht nicht um das Erkennen eines Subjekts und Objekts, wie z.B. bei R. Descartes, und<br />

es geht auch nicht um ein unveränderliches Gesetz der Erkenntnis. Der Klassiker spricht von<br />

einer soziologischen Theorie des Wissens und des Erkennens, die aus der Perspektive ungeplanter,<br />

langfristig-strukturierter sozialer Prozesse zu verstehen ist (vgl. Baumgart/Eichener<br />

1991, S. 146). Die Menschen verfügen über eine eigene Welt der Symbole, die Wissen verkörpert,<br />

die generativ weitergegeben wird und grundsätzlich veränderlich ist (sog. „Symboltheorie“).<br />

Da einige Autoren betonen, dass der Klassiker mit seiner Erkenntnistheorie eine Verbindung<br />

zwischen der Wissenschaftstheorie und der Wissenssoziologie geschaffen hat, könnte er<br />

der Kategorie „modifiziert relativistisch“ zugeordnet werden So: Baumgart/Eichener 1991, S.<br />

146; Wehrspaun 1994, S. 34.<br />

V11 - Methodologisch: V11.4*<br />

Elias´ Methodik ist an seinem Forschungsproblem ausgerichtet: dem Wandel auf individueller<br />

und gesamtgesellschaftlicher Ebene. Er wendet dabei Prozessmodelle an, die „Normalitätsannahmen“<br />

über die Intentionen und Handlungsorientierungen von Individuen und die<br />

Strukturen von sozialen Gebilden enthalten. Die Modelle sind raum-zeitliche Synthesemodelle.<br />

Diese bilden ein Instrumentarium, durch das die Dynamik der menschlichen Entwicklung<br />

angemessen rekonstruiert werden kann (vgl. Meleghy/Niedenzu 2001, S. 192f.). Elias könnte<br />

möglicherweise der Kategorie „Rekonstruktiv/konstruktivistische Hermeneutik und Dialektik“<br />

zugeordnet werden.<br />

V12 – Charakterisierung der Theorie: V12.4<br />

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