Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
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modells, die einer empirischen Überprüfung zu unterziehen sind (vgl. Baumgart/Eichener<br />
1991, S. 10). Seine Erklärungsmodelle enthalten jedoch keine allgemein gültigen Gesetze,<br />
sondern sog. „Normalitätsannahmen“ über die Intentionen und Handlungsorientierungen von<br />
Individuen, die raumzeitlich - je nach Gesellschaftstyp - variieren können (vgl. Bogner 1989,<br />
S. 34f.). 107 Elias´ Methodik ist am Wandel der gesellschaftlichen Gepflogenheiten des Alltags<br />
und an den Veränderungen über die Vorstellung zu sozialen Regelmustern ausgerichtet. Die<br />
naturwissenschaftlichen Gesetze und Kausalverknüpfungen sind hingegen auf die spezifischen<br />
Struktureigentümlichkeiten des Sozialen bzw. des „Menschenwesens“ nicht zugeschnitten,<br />
weil sie grundsätzlich auf einer ahistorischen Logik basieren (vgl. Baumgart/Eichener<br />
1991, S. 11ff.).<br />
Der Klassiker wendet eine Art historisch-vergleichende Methode an, bei der er bestimmte<br />
soziale Phänomene und soziale Gebilde in verschiedenen Epochen mit Rückgriff auf historische<br />
Quellen miteinander vergleicht. Auf der Grundlage ihrer Beschreibung entwickelt er<br />
raum-zeitliche Synthesemodelle, die die langfristige und ungeplante Gesellschaftsentwicklung<br />
bestmöglich erklären. Sie dienen der Orientierung über ungeplante Entwicklungen, der Beobachtung<br />
und Feststellung von Trends und Entwicklungsrichtungen. In einem weiteren Schritt<br />
werden diese einer kritischen Prüfung unterzogen (vgl. ebd.; Ebers 1995, S. 181f.).<br />
Theoretische Positionen<br />
Den Ausgangspunkt der soziologischen Analysen bilden die Intentionen von Individuen<br />
und die nicht-intentionalen Zusammenhänge in Figurationen. Elias argumentiert jedoch, dass<br />
soziale Prozesse, wie der Zivilisationsprozess, nicht von den Intentionen einzelner Individuen<br />
aus zu rekonstruieren sind. Die menschliche Geschichte wird nicht von großen Persönlichkeiten<br />
(z.B. Häuptlinge, Staatsmänner oder Kirchenoberhäupter) bestimmt, da das „Eigengesetz<br />
des mächtigen Menschengeflechts“ 108 die Grenzen und den Spielraum des einzelnen Individuums<br />
vorgibt (vgl. Elias (2003) [1939], S. 79; Bogner 1989, S. 30).<br />
In seinem Modell der „Interdependenz von Soziogenese und Psychogenese“ formuliert Elias<br />
die Hypothese, dass jeder gesellschaftlichen Entwicklungsstufe eine bestimmte Persönlichkeitsstufe<br />
entspricht. Die Kausalität dieser Interdependenz setzt bei der Gesellschaft an, die<br />
die menschliche Persönlichkeit im sozialen Prozess formt bzw. hervorbringt. Das Individuum<br />
ist ein Produkt der jeweiligen Gesellschaft, die wiederum entscheidend dafür ist, inwieweit<br />
107<br />
Bspw. waren bestimmte Tischsitten, wie das Schnäuzen ins Tischtuch, im Mittelalter im Gegensatz zu heute<br />
durchaus üblich („normal“).<br />
108<br />
Damit meint er die „Gesellschaft“ (vgl. Elias (2003) [1939], S. 79).<br />
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