Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
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der Hermeneutik), sondern eher als „theoretische Strukturbildung zum Zweck der Dechiffrierung<br />
des Erscheinenden gefasst [wird, d. Verf.]“ (Bonß 1983, S. 204). Es wird ein induktives<br />
und einzelfallbezogenes Vorgehen gewählt, bei dem der Forscher in einem besonderen Fall<br />
eines sozialen Sachverhalts das Allgemeine entdeckt. Dieses könnte man als eine verstehende<br />
Methode beschreiben, die eine „historisch gerichtete Erkenntnis [erfordert, d. Verf.], die einen<br />
subjektbezogenen Modus der Erfahrung voraussetzt (ebd., S. 209). Besonders wird auf das<br />
Erleben der Individuen, konkreter das subjektive Leiden an der Geschichte vor dem Hintergrund<br />
von Entfremdung und Verdinglichung (vgl. ebd.) eingegangen. Die Erkenntnis dieses<br />
Leidens, und damit auch die Methoden, sind historisch, weil diese in jenem historischgesellschaftlichen<br />
Kontext verhaftet sind, in dem der Forscher lebt. Das könnte bedeuten, dass<br />
es die Methoden der Forschung immer wieder neu zu entwickeln gilt.<br />
Die Deutung wird dann im Rahmen einer negativen Dialektik zu einer sachhaltigen Erklärung<br />
(Synthese) verdichtet (vgl. Van Reijen 1984, S. 25; Müller-Doohm 1999, S. 57). Das<br />
Spezifische dieser negativen Dialektik ist, dass sie prinzipiell nicht teleologisch ausgerichtet<br />
ist 104 , keine positive Abgeschlossenheit aufweist und damit ad absurdum geführt werden kann<br />
(vgl. Bubner 1983, S. 39). Die Konsequenz einer „ontischen Negativität des Nichtsollenseins“<br />
(siehe Fußnote 100) ist, dass im Grunde kein kritisches Urteil über gesellschaftliche Details<br />
gefällt wird, sondern dass der gesamte bestehende gesellschaftliche Zustand als falsch charakterisiert<br />
wird. Da die negative Dialektik aber Bestandteil dieses Zustands ist, muss sie logischerweise<br />
auch falsch sein (vgl. Bubner 1983, S. 38f.; Müller-Doohm 1999, S. 66). Damit<br />
wäre auch jede sachhaltige Erklärung (Synthese) immer in der Negativität der Gesellschaft<br />
„gefangen“ und jede synthetisierte Theorienbildung müsste immer als Ausdruck der bestehenden<br />
gesellschaftlichen Verhältnisse zu verstehen sein (vgl. Müller-Doohm 1999, S. 57).<br />
Theoretische Positionen<br />
Die Kritik Adornos an den empirischen Sozialwissenschaften enthält folgende Kernpunkte:<br />
Erstens kritisiert der Klassiker, dass die Zielsetzungen der Wissenschaft immer mehr von moralischen<br />
Vorstellungen losgelöst sind. Die Wissenschaft konzentriert sich immer mehr auf<br />
die wissenschaftlichen Methoden, die im Forschungsprozess eingesetzt werden, sowie auf die<br />
logische Begründung von Aussagen. Ihr Fokus liegt also im Begründungszusammenhang der<br />
Forschung. Die Rechtfertigung der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnis und die damit<br />
104 Eine teleologisch ausgerichtete Dialektik, wie die bei F. Hegel, impliziert eine Entwicklung im Sinne einer<br />
Verbesserung von einer „primitiven Stufe“ zu einer „höher entwickelten Stufe“. Alle Schritte steuern auf die<br />
vollständige Vermittlung des Ganzen zu.<br />
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