Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg
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2 Soziologische Theorien im Problemkreis der Wissenschaftsfor-<br />
schung<br />
2.1 Besondere Kennzeichen und Brennpunkte soziologischer Theorien<br />
„Wissenschaft kann als eine erkenntnisbezogene geistige Tätigkeit und im apragmatischen<br />
Sinne als ein entsprechendes sprachliches System definiert werden.“ (Wenturs et al. 1992, S.<br />
68). Ersteres bezieht sich auf den Prozess der Erweiterung bzw. Umstrukturierung des vorhandenen<br />
Informations- und Wissensbestandes. Dazu gehört insbesondere die Entwicklung<br />
von Theorien. Zweiteres betrifft die Wissenschaft als den Bestand der in wissenschaftlichen<br />
Arbeiten veröffentlichten Theorien (vgl. ebd.).<br />
Soziologische Theorien spielen in der Soziologie folglich eine zentrale Rolle. Über die<br />
Funktionen von Theorien gibt es entsprechend der verschiedenen Standpunkte, was die Soziologie<br />
oder allgemein die Sozialwissenschaft überhaupt leisten soll, unterschiedliche Ansichten<br />
(vgl. ebd.). Richtet man sich nach der Habermas´schen Konzeption der „erkenntnisleitenden<br />
Interessen“ 5 (Habermas 1977, S. 234), dann lassen sich drei Positionen ausfindig machen:<br />
Die empirisch-analytische Wissenschaft erfasst die Wirklichkeit hinsichtlich einer immer<br />
und überall möglichen technischen Verfügbarkeit (technisches Erkenntnisinteresse) (vgl.<br />
ebd., S. 241). Die Aufgaben der Sozialwissenschaft bestehen in der Erklärung und Voraussage<br />
von sozialen Phänomenen bzw. Ereignissen mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns. Eine<br />
Theorie ist hier ein Aussagensystem, das einen (Ursachen- Wirkungs-) Zusammenhang zwischen<br />
mindestens zwei messbaren Eigenschaften (oder Variablen) postuliert. Dieser Zusammenhang<br />
muss unter Berücksichtigung der Kriterien der Objektivität, Validität und Reliabilität<br />
an der Erfahrung (empirisch) überprüft werden (vgl. Wenturs et al. 1992, S. 68.). Diese<br />
Auffassung von Wissenschaft ist insbesondere in den Naturwissenschaften wie auch in den an<br />
den Naturwissenschaften orientierten Sozialwissenschaften zu finden: z.B. im (Neo) Positivismus<br />
oder im Kritischen Rationalismus. 6<br />
5<br />
Erkenntnisleitende Interessen sind „[...] Grundorientierungen, die an bestimmten fundamentalen Bedingungen<br />
der möglichen Reproduktion und Selbstkonstituierung der Menschengattung, nämlich an Arbeit und Interaktion,<br />
haften. [...] [Diese Grundorientierungen, d. Verf.] zielen auf die Lösung von Systemproblemen überhaupt<br />
[ab, d. Verf.].“ [Hervorheb. i. Orig.] (Habermas 1977, S. 242).<br />
6<br />
Diese beiden wissenschaftstheoretischen Strömungen in einem Atemzug zu nennen, ist nicht ganz unproblematisch.<br />
Der kritische Rationalismus setzt sich vom Positivismus und Empirismus ab, da er das Verifizieren von<br />
Theorien ausschließt und jegliches Verallgemeinern von einzelnen Beobachtungen (Induktionsprinzip) ablehnt.<br />
Stattdessen wird eine deduktiv-nomologische Vorgehensweise gefordert, wonach eine logische Ableitung<br />
des Explanandums (das zu erklärende Phänomen) aus dem Explanans (nomologisches Gesetz und Randbedingung)<br />
zu erfolgen hat (vgl. Opp 1995, S. 131ff.).<br />
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