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Dokument_1.pdf (3044 KB) - OPUS Augsburg - Universität Augsburg

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Der Begriff der „Vergesellschaftung“ hat in Simmels Werken gegenüber demjenigen der<br />

„Gesellschaft“ eine größere Bedeutung. Dahinter steht ein Perspektivenwechsel in Simmels<br />

Soziologie: von der Beobachtung von Strukturen in Richtung Erforschung der Beziehungen<br />

zwischen Individuen und sozialen Gebilden („Wechselwirkungen“) (vgl. Dahme 1983, S. 25).<br />

„Gesellschaft ist dann nur der Name für einen Umkreis von Individuen, die durch derartig sich auswirkende<br />

Wechselbeziehungen aneinander gebunden sind und die man deshalb als eine Einheit bezeichnet, gerade wie<br />

man ein System körperlicher Massen, die sich in ihrem Verhalten durch ihre gegenseitigen Einwirkungen vollständig<br />

bestimmen, als Einheit ansieht.“ (Simmel 1983 [1917], S. 39).<br />

Wenn sich Gesellschaft nur durch „materielle Stücke“ (ebd.) konstituiert, so Simmel, dann<br />

muss man daraus folgen, dass zwischen diesen Stücken lediglich leerer Raum angenommen<br />

wird. Es muss also auch „die Dynamik des Wirkens und Leidens, mit der diese Individuen<br />

sich gegenseitig modifizieren, als etwas ‚Wirkliches’ und Erforschbares stehen […]“ (ebd.).<br />

Für Simmel ist es also sinnvoller, anstelle der „Gesellschaft“ von „Vergesellschaftung“ bzw.<br />

von einem „Vergesellschaftungsgeschehen“ zu sprechen. In „Das Problem der Soziologie“<br />

kennzeichnet Simmel „Vergesellschaftung“ folgendermaßen:<br />

„Die Vergesellschaftung ist also die, in unzähligen verschiedenen Arten sich verwirklichende Form, in der die<br />

Individuen auf Grund jener – sinnlichen oder idealen, momentanen oder dauernden, bewußten oder unbewußten,<br />

kausal treibenden oder teleologisch ziehenden – Interessen zu einer Einheit zusammenwachsen und innerhalb<br />

deren diese Interessen sich verwirklichen.“ (Simmel 1968 [1908], S. 5).<br />

Die Vergesellschaftung ist für Simmel eine „Form“, den Inhalt beschreibt er folgendermaßen:<br />

„Ich bezeichne nun alles das, was in den Individuen, den unmittelbar konkreten Orten aller historischen Wirklichkeit,<br />

als Trieb, Interesse, Zweck, Neigung, psychische Zuständlichkeit und Bewegung derart vorhanden ist,<br />

daß daraus oder daran die Wirkung auf andre und das Empfangen ihrer Wirkungen entsteht – dieses bezeichne<br />

ich als den Inhalt, gleichsam die Materie der Vergesellschaftung.“ (ebd.).<br />

Methodik<br />

„Das Problem der Soziologie“ ist bei Simmel insbesondere ein methodisches Problem. Es<br />

geht um die Erforschung der Qualität und Quantität von Wechselwirkungen zwischen Individuen<br />

und sozialen Gebilden; d.h. um die Analyse sozialer Mikro-Prozesse, durch die soziale<br />

Gebilde zustande kommen und getragen werden (vgl. Dahme 1983, S. 25). Ein besonderes<br />

Ziel besteht für Simmel dabei im Aufspüren von Dualismen und Ambivalenzen innerhalb<br />

dieser Wechselwirkungen.<br />

Um der Dynamik innerhalb der Wechselwirkungen Rechnung zu tragen, entwickelt Simmel<br />

eine Prozessanalyse, die er auf die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen sozialen Phänomenen,<br />

wie z.B. Liebe und Treue, Rhythmik und Tempo des sozialen Lebens, anwendet<br />

(vgl. Nedelmann 1984, S. 97ff.). Simmel rekonstruiert jeweils die Genese des einen Phänomens<br />

aus dem anderen, bestimmt daraus die Relevanz dieser Phänomene für den Vergesell-<br />

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