Sept. 12 - Fachverband der Buch

BUCH- & MEDIENWIRTSCHAFT 9/12
40 Jahre Schulbuchaktion:
Ein Blick zurück
Interview mit Fachverbandsobmann
KR Prof. Michael Kernstock
Wie entstand die Schulbuchaktion?
Der damalige Unterrichtsminister Dr. Fred
Sinowatz teilte uns völlig überraschend mit, dass
Dr. Bruno Kreisky, neben anderen sozialen Transferleistungen
wie Heiratsprämie etc., eine gratis
Schulbuchaktion plane. Damals – wie heute –
galt es an die 6.000 Schulen in Österreich mit ca.
60.000 Klassen und über einer Million Schülern
zu versorgen. Unsere Branchenvertreter – allen
voran Dr. Herbert Borufka – meisterten diese
große logistische Herausforderung hervorragend.
Was war die ursprüngliche Intention die Schulbuchaktion einzuführen?
Die sozialdemokratische Alleinregierung unter Dr. Bruno Kreisky wollte eine Chancengleichheit
für alle Schüler in der Schule erreichen. Daher hat man erklärt, dass auch
die Unterrichtsmittel für jeden frei zugänglich sind und hier keine Eigenmittel aufgewendet
werden sollen, um höhere Bildung zu erreichen.
Wie viele Buchhandlungen waren daran beteiligt?
Fast 2.000 Vertragspartner, darunter auch Tankstellen, Bestattungsinstitute und Lebensmittelhändler,
halfen mit, die Schüler mit Büchern zu versorgen, da zum damaligen
Zeitpunkt Buchhandlungen alleine dieser Aufgabe nicht gewachsen waren. Darüber hinaus
war natürlich jede Gemeinde daran interessiert, dass die Schüler direkt in ihrem
Ort Schulbücher bekamen. Dadurch entstand diese Vielfalt von Handelsbetrieben.
Wie sah damals die Buchhandelslandschaft aus?
1973 hatte fast jeder größere Ort Österreichs eine gemischte Buch- und Papierhandlung.
Das alleine war aber zu wenig, denn die große Idee, Schüler in die Buchhandlung
zu schicken, um dort ihre Bücher abzuholen und Buchhandelsatmosphäre zu genießen
war nicht ganz so erfolgreich. Manche Kollegen werden sich noch an die Schlangen der
Kunden erinnern, die auf nicht lagernde Bücher warten mussten. Das ursprüngliche
System der Gratis-Schulbuchaktion – so wurde diese damals genannt – musste verbessert
werden. Heute beliefern ca. 680 Buchhandlungen weiterhin 6.000 Schulen direkt.
Die Anzahl der Vertragspartner hat sich auf ein Drittel verringert. Der Umsatz der so
genannten Branchenfremden beträgt heute 12,5 %, der Rest ist im traditionellen, stationären
Buchhandel verankert.
Warum wird die Schulbuchaktion nicht nur von Buchhandlungen durchgeführt?
In Österreich gibt es eine große Anzahl von Gemeinden mit ein bis zwei Schulen,
die nach wie vor vom örtlichen Handel betreut werden. Das funktioniert sehr gut.
9/12 sortimenter-brief – 21
Kreativität ist das
Salz in der Suppe des
Ehealltags
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Hjorth, Rosenfeldt
Die Frauen, die er kannte
ROWOHLT POLARIS
Elsberg: Blackout –
Morgen ist es zu spät
BLANVALET
Jagger, Richards, Watts, Wood
Die Rolling Stones: 50
PRESTEL
Reybrouck
Kongo
SUHRKAMP
Molcho
Nenis Feuerküche
AMALTHEA
Kohl
Mutter gesucht
ZSOLNAY
Ali
Die gläserne Frau
DROEMER
Dür
Unerhörter Mut
HAYMON
Kiefer, Ekmekcioglu
Essen entscheidet
BRAUMÜLLER
Nadolny
Weitlings Sommerfrische
PIPER
Pulkkinen
Wahr
LIST
Auffällige
Nennungen
Hier finden Sie jene Titel, die es
aufgrund der Auswertung knapp nicht
geschafft haben auf die Bestsellerlisten
zu kommen, jedoch erwähnenswert
sind.
Erhebungszeitraum: 16.07.–15.08.2012
Laqueur
Europa nach dem Fall
HERBIG
BUCH- & MEDIENWIRTSCHAFT 9/12
Trotzdem wird daran gedacht, von branchenfremden Betrieben auf den tatsächlichen
Buchhandel umzustellen.
Ist es auch heute noch relevant, dass diese Schulbücher Eigentum der Kinder sind?
Der Sinn dahinter ist, dass das Unterrichtsmittel – in diesem Fall das Schulbuch – Eigentum
des Kindes ist und auch nach dem Schuljahr bei ihm zuhause zu seiner Verfügung
stehen soll.
Manche Pädagogen sammeln die Schulbücher zum Jahresende ein.
Das geschieht auf freiwilliger Basis der Schüler und dient der so genannten Wiederverwendung,
z. B. bei einem Liederbuch oder einem Lesebuch. Diese können weiter
verwendet werden, allerdings muss der Schüler seine Zustimmung geben. Diese Idee
stammt vom ehemaligen Minister Michael Bartenstein.
Was hat es mit der Schulbuchanhangliste auf sich?
Im Gegensatz zur Schulbuchliste erfordert die Schulbuchanhangliste keine gesetzlich
vorgeschriebene Approbation – ein Verfahren, das mitunter länger dauert und bei dem
Kommissionen prüfen, ob das Schulbuch pädagogisch für den Unterricht und für die
Lehrpläne geeignet ist. Bücher in der Anhangliste haben ein vereinfachtes Approbationsverfahren,
bei dem festgestellt wird, ob sie sich für den Unterricht eignen. Sie müssen
aber nicht dem Lehrplan folgen.
Gibt es auch Jahre nach der Approbation noch eine Kontrolle, ob die Inhalte aktuell und
für den Unterricht geeignet sind?
Von Seiten des Ministeriums wird angedacht, die Approbation zu befristen. An sich
eine gute Idee, um die Aktualisierung der Bücher zu gewährleisten. Die Verlage werden
aufgerufen, Inhalte, die nicht mehr zu unserer Zeit passen, freiwillig aus der Liste herauszunehmen
bzw. den aktuellen Stoff zu adaptieren oder ein neues Buch zu kreieren –
was derzeit von vielen Verlagen auf freiwilliger Basis gemacht wird.
Was geschieht, wenn das Schulbuch nicht mehr dem Lehrplan entspricht?
Wir haben derzeit ca. 8.000 Titel in der Schulbuchaktion. Bücher, die nicht mehr dem
Lehrplan entsprechen, werden vom Ministerium automatisch aus der Schulbuchliste
herausgenommen. Der Titel wandert dann möglicherweise in die Anhangliste. In Österreich
wird großer Wert darauf gelegt, dass die Schulbücher aktuell sind und immer
zum Lehrplan passen.
Der Fachverband arbeitet sowohl mit dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst
und Kultur als auch mit dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend
zusammen. Wie läuft diese Zusammenarbeit ab?
Wir haben ein sehr gutes sachliches Verhältnis sowohl zum Familienministerium mit
Minister Dr. Reinhold Mitterlehner als auch zum Unterrichtsministerium mit Ministerin
Dr. Claudia Schmied, wofür ich mich herzlich bedanke! Wenn es ein Problem
gibt, dann stehen wir selbstverständlich immer zur Verfügung. Neben den sachlichen,
manchmal auch sehr harten Verhandlungen, möchte ich besonders herausstreichen,
dass immer ein Verständnis für die andere Seite vorhanden war. Verlage, Buchhändler
und das zuständige Ministerium setzen sich beim so genannten Schulbuch-Jour-Fixe an
22 – sortimenter-brief 9/12

BUCH- & MEDIENWIRTSCHAFT 9/12
einen Tisch, z. B. bei finanziellen Belangen – in diesem Fall ist das Familienministerium
unter Führung von Dr. Reinhold Mitterlehner zuständig, da die Schulbuchaktion aus
dem Familienlastenausgleichfonds bezahlt wird. Bei pädagogischen Aspekten ist das
Unterrichtsministerium unser Ansprechpartner. Dort gibt es eine eigene Schulbuch-
abteilung, die für die Approbation zuständig ist. Sie stellt die Voraussetzungen fest und
teilt den Verlegern mit, wie die Lehrpläne umzusetzen sind.
Wie würden Sie die Stellung des Fachverbands
definieren?
Zum Zeitpunkt der Einführung der
Schulbuchaktion suchte die Republik
Österreich einen verlässlichen Vertragspartner,
und wie das in der Sozialpartnerschaft
üblich ist, hat man sich hier
an die Wirtschaftskammer gewandt.
Der Fachverband – damals noch Bundesgremium
für den Buch-, Kunst- und
Musikalienhandel – hat sich selbstverständlich
zur Verfügung gestellt, die
Schulbuchaktion mit ihren Mitgliedern
zu organisieren. Diese 40 Jahre währende
Partnerschaft wird alle fünf Jahre
erneuert und einer Prüfung sowie Evaluierung
unterzogen, ob die Vertragsbedingungen
noch stimmen. Wir haben
bereits den zehnten Schulbuchvertrag
unterschrieben (siehe Foto) und obwohl
die Republik Österreich keine Verträge über längere Zeit vergibt, sondern maximal
Vereinbarungen, sind wir stolz darauf, dass der Schulbuchvertrag das einzige Vertragswerk
ist, das über fünf Jahre hinaus läuft und dessen Bedingungen für alle – wie ich
glaube – sehr gut sind. Die Republik Österreich hat die Sicherheit, dass für die Bücher
nicht zu viel verlangt wird. Die Buchwirtschaft sprich die Verlage wissen, dass sie
innerhalb von vier Jahren Bücher entwickeln können, die auch bezahlt werden. Und
die Buchhändler als Distributoren führen Dienstleistungen aus, die durch gerecht-
fertigte Prämien abgegolten werden.
Der Fachverband ist somit Garant in drei Richtungen: einerseits als Vertragspartner gegenüber
der Republik Österreich, andererseits als Interessenswahrer seinen Mitgliedern,
also den Verlagen und den Buchhandlungen, gegenüber.
Es geht um die Pädagogik, um die Erziehung, die Förderung der Familienleistungen
und auf der anderen Seite steht das Angebot, bei dem die Verlage ein Risiko eingehen,
Entwicklungsarbeit leisten, Autoren bezahlen. Wir haben hier eine Symbiose, die in
Europa ihresgleichen sucht. Um dieses geregelte Werk der Schulbuchaktion, bei dem
alle an einem Strang ziehen – die Republik Österreich, die Wirtschaft und die Pädagogen
– werden wir von vielen Ländern beneidet.
Bemerkenswert ist auch der Wille von ministerieller Seite, die österreichische Buchlandschaft
zu stärken und zu erhalten.
Die Finanzierung der Schulbuchaktion hilft sehr vielen Kollegen ihre Existenz aufrechtzuerhalten.
Gerade in kleineren Ortschaften sind viele darauf angewiesen. Der
9/12 sortimenter-brief – 23
Auffällige
Regionalia
Hier finden Sie jene Titel, die
vom regionalen Buchhandel als
besonders gut verkauft gemeldet
wurden.
Erhebungszeitraum: 16.07.–15.08.2012
Adler, Erben
Wien for Women only
BRANDSTÄTTER
Baumann
Zauberflötenrache
GMEINER
Bloch u. a.
Das g‘stohlene Dachl
KYRENE
Dutzler
Letzter Gipfel
HAYMON
Fehringer u. a.
Der Johannesweg
AMALTHEA
Hofmann
Das Weinviertel
FALTER
Kaps
Wein-Wander-Wege
STYRIA
Meissner
Niederösterreichisch
für Anfänger | RESIDENZ
Mühlleitner
Innviertel
EDITION PANOPTIKUM
Simader, Schimmel
Der Almanach OÖ
KRAL
Strasser
... oder mach was aus dir
FREYA
Wallner
Die besten Rezepte vom
Wörthersee | PICHLER

1
2
3
4
5
6
7
8
9
Longseller
Titel, die in den letzten Monaten am
häufigsten auf einem der ersten
10 Plätze der Schwarzer-Bestseller-listen
vertreten waren und
deren letzte Platzierung nicht
länger als 3 Monate zurückliegt.
11 x 8/2011–7/2012
Haderlap
Engel des Vergessens
WALLSTEIN
10 x 10/2011–8/2012
Jonasson | Der Hundertjährige,
der aus dem Fenster stieg ...
CARL‘S BOOKS
8 x 10/2011–8/2012
de Waal | Der Hase mit den
Bernsteinaugen
ZSOLNAY
7 x 1/2012–7/2012
Coelho
Aleph
DIOGENES
6 x 3/2012–8/2012
Glattauer
Ewig Dein
DEUTICKE
6 x 2/2011–7/2012
Hengstschläger
Die Durchschnittsfalle
ECOWIN
6 x 11/2011–5/2012
Portisch
Was jetzt
ECOWIN
5 x 4/2012–8/2012
Grimm
Vom Verzehr wird abgeraten
DROEMER
4 x 5/2012–8/2012
Walker
Delikatessen
DIOGENES
4 x 3/2012–6/2012
Raab
Der Metzger bricht das Eis
PIPER
BUCH- & MEDIENWIRTSCHAFT 9/12
Vertrag beinhaltet aber auch, dass der Schulbuchhändler Veranstaltungen zur Lese-
förderung an Schulen durchführt. Schulbuchhändler müssen an Schulen Leseveranstaltungen
anbieten, die wiederum durch die Wirtschaftskammer gefördert werden. Als
weiterer kultureller Auftrag werden so Autoren an die Schulen gebracht und Leseförderung
betrieben.
Hier steuert auch das Service Center für Leseförderung einen beachtlichen Teil bei.
Das Service Center Leseförderung ist österreichweit tätig und in Graz angesiedelt, da
es in der Steiermark die größte traditionelle Hinwendung zur Leseförderung gibt. Das
Angebot wird von den Buchhandlungen sehr gerne genutzt, die Lehrer sind sehr zufrieden
über diese Möglichkeit einer Zusammenarbeit und die Kinder begeistert, wenn sie
einen Autor persönlich kennen lernen.
Und wie sieht die Zukunft der Schulbuchaktion aus?
Auch Digitale Medien haben in die Schulbuchaktion Eingang gefunden. Seit vielen
Jahren gibt es zu den Büchern neben CD-ROMs auch Internetergänzungen. Der Fachverband
der Buch- und Medienwirtschaft hat eine Arbeitsgemeinschaft für das Digitale
Schulbuch gegründet, in der mit allen Vertragspartnern – Verlagen, Buchhandlungen
und Auslieferungen – Gespräche geführt werden, um an der Zukunft der Schulbuchaktion
zu arbeiten.
Ihr Schlussstatement zur Schulbuchaktion?
Wir wollen weiterhin unserem Motto „Die besten Bücher, zu den günstigsten Preisen
für unsere Kinder!“ treu bleiben.
Vielen Dank für das Gespräch!
10 Walter Kettner, Inhaber von Bücher am Spitz in
Weitere Preisübergaben
an die Buchhandels-Kunden
Und wieder freuen wir uns, zwei Fotos von teilnehmenden Buchhandlungen am Lesemonat
April-Gewinnspiel veröffentlichen zu dürfen.
1210 Wien, überreicht seiner Kundin Ursula Hoys
einen Flugdrachen
24 – sortimenter-brief 9/12
Judith Gratzer (re) darf sich über ein Schmankerl-Paket aus Bad Aussee
freuen, das sie sich bei Almut-Klara Nestelbacher (li) in der Buchhandlung
Heyn in Klagenfurt abgeholt hat.