Nummer 5 (04.02.11) - Die Jüdische Zeitung
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<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
<strong>Die</strong> strategische Bedeutung des Friedens mit<br />
Ägypten hat sich während verschiedenen Krisen<br />
im letzten Jahrzehnt gezeigt. Ohne diesen<br />
Frieden hätten die zweite, palästinensische<br />
Intifada (2000-2005), der Zweite Libanonkrieg<br />
(2006) und der Gaza-Krieg (2008-2009)<br />
leicht grössere, regionale Feindseligkeiten<br />
auslösen können. In allen Fällen lehnte der<br />
ägyptische Präsident Hosni Mubarak trotz<br />
der landesweiten anti-israelischen Stimmung<br />
entschieden die Aufrufe ab, ägyptische Soldaten<br />
einzusetzen. Im Gegenteil, Mubarak<br />
kritisierte die Hizbolla im Libanon und die<br />
Hamas in Gaza wegen des sinnlosen Tötens,<br />
und er spielte eine bedeutende Rolle bei den<br />
Waffenstillstandsvereinbarungen.<br />
„Nicht alles, was Mubarak tat, war richtig“,<br />
erklärte Schimon Peres am Montag. „Er tat<br />
jedoch Eines, für das wir ihm alle Dankbarkeit<br />
schulden. Er hielt den Frieden im Nahen<br />
Osten aufrecht.“<br />
Weil Mubarak als Schutzwehr gegen regionales<br />
Chaos fungierte und seit Jahrzehnten<br />
eine zentrale Säule der amerikanischen<br />
<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />
Herausgeber: Verein <strong>Die</strong> <strong>Jüdische</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
Brandschenkesteig 14, 8002 Zürich<br />
Administration: Telefon 044 201 4617, Fax 044 201 4626<br />
E-mail: djz.bloch@gmail.com<br />
www.diejuedischezeitung.ch / www.d-j-z.ch<br />
Redaktion: Josua Bloch, Nosson Rothschild<br />
Jahresabonnement: Schweiz Fr. 148.--, Ausland Fr. 209.-- inkl.LP<br />
Einzelnummer: Fr. 3.50<br />
Postcheck 80 - 53 342-3<br />
Inserate: Tarif auf Anfrage erhältlich<br />
Druck/Expedition: Ropress, 8048 Zürich<br />
<strong>Die</strong> <strong>Jüdische</strong> <strong>Zeitung</strong> übernimmt keine Verantwortung für das Kaschrus von<br />
Produkten und <strong>Die</strong>nstleistungen, für welche in der <strong>Zeitung</strong> inseriert wird.<br />
2<br />
Strategie gegen die radikalen Kräfte, die vom<br />
Iran angeführt wurden, darstellte, finden die<br />
Israelis es sehr verwirrend, dass Präsident<br />
Obama dem bedrängten, ägyptischen Führer<br />
so schnell den Rücken zuwandte. Experten<br />
argumentieren, dass Obamas Haltung den<br />
gemässigten Verbündeten Amerikas in der<br />
gesamten Region, von Saudiarabien bis Marokko,<br />
die beunruhigende Botschaft sandte,<br />
dass auch sie in einer Notlage so plötzlich im<br />
Stich gelassen werden könnten.<br />
<strong>Die</strong>se Botschaft könnte all jene despotischen<br />
Führer anderswohin treiben, um sich Unterstützung<br />
zu sichern, möglicherweise sogar zu<br />
Amerikas regionalem Feind, dem Iran.<br />
Zweitens beharren die Experten darauf, dass<br />
Obama die revolutionäre Opposition in Ägypten<br />
ermutige, ihre Agenda weiterzuverfolgen,<br />
indem er sich von Mubarak distanzierte, was<br />
sich für die amerikanischen und westlichen<br />
Interessen als kontraproduktiv erweisen<br />
könnte. Offensichtlich wünscht sich der<br />
amerikanische Präsident eine Demokratie<br />
in Ägypten und eine gleichzeitige Erhöhung<br />
der Volksunterstützung für Amerika in der<br />
gesamten Region.<br />
In seiner Rede in Kairo im Juni 2009 bot<br />
Obama den islamischen Völkern des Nahen<br />
Ostens einen Neubeginn an. Jetzt scheint er<br />
die ägyptische Krise dazu zu nützen, jenen<br />
Appell an die islamischen Massen zu betonen.<br />
Israelische Experten warnen jedoch, dass dies<br />
kaum funktionieren wird. Sie betonen, dass<br />
es statt einer Demokratie in Ägypten einen<br />
revolutionären Prozess in zwei Phasen geben<br />
könnte – eine anfängliche Quasi-Demokratie,<br />
Nr. 5, 30. Schwat 5771 / 4. Februar 2011<br />
die innert Monaten von einer autokratischen,<br />
islamischen Republik unter der Dominanz<br />
der Islamischen Bruderschaft übernommen<br />
würde. Es könnte somit zur gleichen Entwicklung<br />
kommen wie seinerzeit, als die USA die<br />
pro-demokratischen Kräfte gegen den Schah<br />
im Iran in den 1970er Jahren unterstützten,<br />
was jedoch zum Aufkommen der fundamentalistischen<br />
Ayatollahs führte.<br />
Ausserdem wäre im Fall eines möglichen<br />
Siegs der Islamischen Bruderschaft der grosse,<br />
regionale Gewinner der fundamentalistische<br />
Iran.<br />
Israelische Diplomaten in der<br />
ganzen Welt sind instruiert worden,<br />
still für die Wichtigkeit einer<br />
stabilen Lösung in Ägypten zu<br />
plädieren. Vorsichtig bedacht, eine<br />
schon delikate Situation nicht mit<br />
Worten zu verschärfen, die als<br />
Unterstützung für die eine oder<br />
andere Seite interpretiert werden<br />
könnten, hat Premierminister<br />
Benjamin Netanjahu nur Israels<br />
Wunsch bekräftigt, die regionale<br />
Stabilität zu erhalten.<br />
Man kann jedoch mit Sicherheit<br />
annehmen, dass seine Regierung<br />
erleichtert wäre, wenn die Macht<br />
in den Händen der gegenwärtigen,<br />
regierenden Elite Ägyptens<br />
bleiben würde – zum Beispiel<br />
durch eine friedliche Übergabe der<br />
Macht an Mubaraks vor kurzem<br />
ernannten Vizepräsidenten, Omar<br />
Suleiman.<br />
Israel hofft, dass Suleiman, der<br />
frühere Leiter von Ägyptens Geheimdiensten<br />
und ein wichtiger<br />
Unterhändler in allen ägyptischisraelischen<br />
Verhandlungen, fähig<br />
sein würde, Ägyptens pro-westliche Ausrichtung<br />
und dessen Unterstützung für den<br />
Friedensvertrag mit Israel weiterzuführen,<br />
während er ein grösseres Mass an Demokratie<br />
erlauben und die Entstehung einer islamischen<br />
Republik verhindern könnte.<br />
Es ist jedoch unklar, wie viel Unterstützung<br />
des Volkes er angesichts seiner engen Beziehungen<br />
zu Mubarak erhalten wird, der über<br />
Nacht scheinbar zum verhasstesten Mann in<br />
Ägypten geworden ist.<br />
Wie immer sich die Ereignisse in Ägypten<br />
entwickeln werden, sie werden Auswirkungen<br />
auf den israelisch-palästinensischen Friedensprozess<br />
haben. Der eigentliche Gedanke einer<br />
Bedrohung des Friedens mit Ägypten wird fast<br />
mit Sicherheit die Bereitschaft der Regierung<br />
Netanjahu, Risiken für einen Frieden einzugehen,<br />
weiter reduzieren.<br />
An einer Pressekonferenz mit der deutschen<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel in Jerusalem<br />
am Montag betonte Netanjahu erneut die<br />
Wichtigkeit, die er dem Sicherheitselement<br />
in jedem Friedenspaket beimesse – „für den