Sachaktenerschließung - Fachhochschule Potsdam

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erster Instanz Recht bekam, kann deshalb die Möglichkeiten der Aktenöffnung gemäß StUG für die Forschung teilweise hinter die der Archivgesetze zurückwerfen. 18 Für den Teilbestand SED-Kreisleitung im MfS wäre jede zusätzliche Restriktion besonders unangemessen, weil es sich bei den im Teilbestand enthaltenen Personen fast ausschließlich um die zur weniger schützenswerten Kategorie Mitarbeiter im Sinne von § 6 Abs. 4 StUG handelt. Hier kommt hinzu, dass Unterlagen der SED, soweit sie aus Bereichen außerhalb des MfS stammen, ohne Schutzfristen zugänglich sind. Die Landesgesetze von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg verzichten sogar generell auf Schutzfristen, d. h. auch im Hinblick auf Informationen zu Personen der Zeitgeschichte bzw. zu Amtsträgern in Ausübung ihres Amtes. Die Bundesbeauftragte hatte vorsorglich ein Gutachten anfertigen lassen, dass gegenüber dem Kreis der Personen der Zeitgeschichte, die Betroffene sind, die bisherige Verfahrensweise nach dem StUG stützt. 19 Im eigenen wie im Interesse der Forschung war es wichtig, eine einengende Beschlussfassung des Innenausschusses des Bundestages oder gar eine diesbezügliche Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes zu verhindern. Von daher suchte die Behörde den Bestrebungen zur weiteren Einschränkung des Zugangs bei den personenbezogenen Unterlagen mit einer Änderung der Richtlinie zu den §§ 32 ff StUG zu begegnen, wie folgt: Stärker als bislang wurde in die Öffentlichkeit hinein thematisiert, dass die BStU bei der internen rechtlichen Prüfung der Forschungsanträge streng darauf achtet, ob es sich um eine gesetzeskonforme Verwendung der Informationen handelt. Handelt es sich bei Antragstellungen um einen Versuch, mit Hilfe der Unterlagen das Privatleben Einzelner auszuforschen, ist der Antrag abzulehnen. Wie bei durchschnittlichen, nichtprominenten Betroffenen gibt es seither auch bei den Personen, die hinnehmen müssen, dass über sie in ihrer Eigenschaft als Funktionsträger oder Amtsperson öffentlich informiert wird, die Pflicht zur Benachrichtigung. In einer Zeitspanne von vier Wochen vor Veröffentlichung werden den Betroffenen seither die Informationen im Zustand der beabsichtigten Herausgabe zu einer Einsichtnahme vorbereitet. Vorgetragene Einwände und Argumente gehen in die Interessenabwägung über die Schutzwürdigkeit mit ein, ohne dass die Behörde sich daran gebunden sieht. Im Gegenzug steht den Betroffenen der Rechtsweg offen. 20 Mit dem Urteil vom 04.07.2001 zu Helmut Kohl und damit zur Rechtsnorm im § 32 StUG hat das Verwaltungsgericht Berlin eine zehnjährige Praxis der Vorlage und Herausgabe von Unterlagen durch die Behörde in erster Instanz verworfen. 21 Ein daran anknüpfendes Ultimatum 18 Siehe dazu die Regelungen in § 5 Abs. 5 BArchG, § 10 Abs. 8 BbgArchG, § 5 Abs. 1 Nr. 5 HmbArchG sowie § 10 Abs. 3 Nr. 2 LarchivG M-V. 19 Siehe dazu: Klaus Marxen. Gerhard Werle. Gutachten erstellt im Auftrag der BStU, 3. Teil: Zusammenfassung und Ergebnisse, in: (7/2001). 20 Siehe dazu: Sechste Ergänzungslieferung zum Ordner Richtlinien zum Stasi-Unterlagen-Gesetz. AU I.1 – 141121 vom 23.04.2001. 21 Siehe dazu: Robert Ide. Nach Akteneinsicht. Kohl und die Stasi – in erster Instanz, in: Der Tagesspiegel vom 05.07.2001, S. 2. 8

des Innenministers Otto Schily, das eine generell veränderte Verfahrensweise der Behörde erzwingen wollte, ging ins Leere. 22 Marianne Birthler strebt nun die Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht an. 23 Der Streit berührt auch die Ziele der Erschließung und das Bereitstellen von Repertorien. Rechtsgrundlage für Findbuchveröffentlichungen ist § 37 Abs. 1 Nr. 6 StUG. Jede personenbezogene Information im Aktentitel und Enthält-Vermerk ist gemäß § 32 Abs. 3 StUG sorgfältig und kritisch zu prüfen. Als personenbezogene Informationen gelten neben Namen auch Funktionen, Ämter, Dienststellen, Orts- und Jahrgangsangaben. Solchen Veröffentlichungen steht § 32 Abs. 3 Nr. 2 StUG entgegen, soweit die Personen Betroffene im Sinne des StUG sind. In der Behörde bestehen seit längerem grundsätzliche rechtliche Bedenken gegen die Verwendung personenbezogener Informationen in Findbüchern, vor allem in elektronischen. Personenbezogenen Informationen in elektronischen Veröffentlichungen steht § 41 Abs. 1 StUG entgegen, der automatisierte Dateien nur als Hilfsmittel für die Erfüllung der eigenen Aufgaben gestattet, nicht aber für die Veröffentlichung. Personenbezogene Informationen dürfen nicht elektronisch selektierbar sein, was sich bis auf Registriernummern und Decknamenregister erstreckt. Aufgrund der datenschutzrechtlichen Bedenken werden derzeit aus einem bereits erstellten Findbuch zum Bestand Allgemeine Sachablage alle Daten zu Personen der Zeitgeschichte, soweit sie Betroffene sind, wieder entfernt. Von einer Veröffentlichung dieses Findbuches im Internet rät das Grundsatzreferat ab. 24 Nun sind die Möglichkeiten der Veröffentlichung von personenbezogenen Daten bei den Unterlagen des Teilbestandes SED-Kreisleitung im MfS besonders günstig, denn es würde sich bei den darin genannten Personen fast ausschließlich um die weniger schützenswerten der Kategorie Mitarbeiter handeln. Man könnte in diesem Fall die Auflagen gemäß § 4 Abs. 4 und § 32 Abs. 3 StUG vollauf einhalten und so externen Forschern die Wege zu den Akteninhalten ähnlich offen aufzeigen, wie den Mitarbeitern 25 der BStU-internen Forschungsabteilung. Man kann dies allerdings nicht im Wege einer elektronischen Publikation tun. 22 Siehe: Stasi-Akten. Schily stellt Birthler ein Ultimatum. Innenminister will keine Herausgabe mehr ohne Zustimmung, in: (7/2001). 23 Siehe: Knut Pries. Birthler will im Stasi-Streit Bundestag einschalten. Akten-Beauftragte wird weiter Unterlagen herausgeben, in: Frankfurter Rundschau vom 04.08.2001, S. 4. 24 Siehe: BStU-Dienstregistratur. AR 1-Protokoll vom 17.05.01 zur Beratung mit AU I.1 am 16.05.01, sowie: AR 2–130005.21. Festlegungsprotokoll vom 14.06.2001. Beratung der Referatsleiter am 12.06.2001, Pkt. 2.9. 25 Mit der traditionell männlichen Form sind in dieser Diplomarbeit selbstverständlich auch die Mitarbeiterinnen, die Frauen, gemeint, die im Personal der Behörde ja überwiegen. 9

des Innenministers Otto Schily, das eine generell veränderte Verfahrensweise der Behörde<br />

erzwingen wollte, ging ins Leere. 22 Marianne Birthler strebt nun die Sprungrevision beim<br />

Bundesverwaltungsgericht an. 23<br />

Der Streit berührt auch die Ziele der Erschließung und das Bereitstellen von Repertorien.<br />

Rechtsgrundlage für Findbuchveröffentlichungen ist § 37 Abs. 1 Nr. 6 StUG. Jede personenbezogene<br />

Information im Aktentitel und Enthält-Vermerk ist gemäß § 32 Abs. 3 StUG sorgfältig<br />

und kritisch zu prüfen. Als personenbezogene Informationen gelten neben Namen auch<br />

Funktionen, Ämter, Dienststellen, Orts- und Jahrgangsangaben. Solchen Veröffentlichungen<br />

steht § 32 Abs. 3 Nr. 2 StUG entgegen, soweit die Personen Betroffene im Sinne des StUG<br />

sind. In der Behörde bestehen seit längerem grundsätzliche rechtliche Bedenken gegen die<br />

Verwendung personenbezogener Informationen in Findbüchern, vor allem in elektronischen.<br />

Personenbezogenen Informationen in elektronischen Veröffentlichungen steht § 41 Abs. 1<br />

StUG entgegen, der automatisierte Dateien nur als Hilfsmittel für die Erfüllung der eigenen<br />

Aufgaben gestattet, nicht aber für die Veröffentlichung. Personenbezogene Informationen<br />

dürfen nicht elektronisch selektierbar sein, was sich bis auf Registriernummern und Decknamenregister<br />

erstreckt.<br />

Aufgrund der datenschutzrechtlichen Bedenken werden derzeit aus einem bereits erstellten<br />

Findbuch zum Bestand Allgemeine Sachablage alle Daten zu Personen der Zeitgeschichte,<br />

soweit sie Betroffene sind, wieder entfernt. Von einer Veröffentlichung dieses Findbuches im<br />

Internet rät das Grundsatzreferat ab. 24<br />

Nun sind die Möglichkeiten der Veröffentlichung von personenbezogenen Daten bei den Unterlagen<br />

des Teilbestandes SED-Kreisleitung im MfS besonders günstig, denn es würde sich<br />

bei den darin genannten Personen fast ausschließlich um die weniger schützenswerten der<br />

Kategorie Mitarbeiter handeln. Man könnte in diesem Fall die Auflagen gemäß § 4 Abs. 4<br />

und § 32 Abs. 3 StUG vollauf einhalten und so externen Forschern die Wege zu den Akteninhalten<br />

ähnlich offen aufzeigen, wie den Mitarbeitern 25 der BStU-internen Forschungsabteilung.<br />

Man kann dies allerdings nicht im Wege einer elektronischen Publikation tun.<br />

22 Siehe: Stasi-Akten. Schily stellt Birthler ein Ultimatum. Innenminister will keine Herausgabe mehr ohne Zustimmung,<br />

in: (7/2001).<br />

23 Siehe: Knut Pries. Birthler will im Stasi-Streit Bundestag einschalten. Akten-Beauftragte wird weiter Unterlagen<br />

herausgeben, in: Frankfurter Rundschau vom 04.08.2001, S. 4.<br />

24 Siehe: BStU-Dienstregistratur. AR 1-Protokoll vom 17.05.01 zur Beratung mit AU I.1 am 16.05.01, sowie:<br />

AR 2–130005.21. Festlegungsprotokoll vom 14.06.2001. Beratung der Referatsleiter am 12.06.2001, Pkt. 2.9.<br />

25 Mit der traditionell männlichen Form sind in dieser Diplomarbeit selbstverständlich auch die Mitarbeiterinnen,<br />

die Frauen, gemeint, die im Personal der Behörde ja überwiegen.<br />

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