Sachaktenerschließung - Fachhochschule Potsdam
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stehen. Die erstrebenswert erachteten demokratischen Verhältnisse sind in der globalisierten<br />
Welt von Morgen nur noch allgemein vorstellbar, als unteilbares Gut einer einheitlichen, aus<br />
sich heraus verfassten Zivilisation. Hier trägt die BStU eine große Verantwortung, und hier<br />
klafft die größte Lücke in ihrem Angebot, nicht nur auf der Homepage im Internet, auch in<br />
den dahinter stehenden Strukturen. Die BStU als politisch beauftragte Informationsdienstleisterin<br />
ist künftig vor allem die Archivarin der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes.<br />
Über die Erledigung der zeitlich befristeten Aufgaben hinaus hat sie nicht nur Grundlagenforschung<br />
zu betreiben und die Vergangenheit aus dem Blickwinkel der ehemals Verfolgten<br />
nachzuzeichnen. Sie hat das angesammelte Herrschaftswissen der ehemaligen Obrigkeit<br />
als Quelle bereitzustellen, für jedermann. Ich möchte in diesem Punkt nicht falsch verstanden<br />
werden: Die vielbeachteten Ergebnisse der Offenlegung und Aufklärung der Behörde<br />
sprechen für sich und finden auch nach zehn Jahren noch ihr aufgeschlossenes Publikum.<br />
Allein die Wanderausstellung hat seit Jahren einen überdurchschnittlich hohen Zulauf und<br />
viel achtungsvoll angetragene Anerkennung. Was die Lehrerschaft im Osten angeht, so<br />
müssen künftige Ausstellungen mehr bieten als den Gesprächsstoff für eine weitere Meinungspolarisation.<br />
115 Das widerständige Verhalten derjenigen, die die Wende vorbereiteten,<br />
war über die Jahrzehnte der DDR wenig vorteilhaft und auch nur eine unter mehreren Möglichkeiten<br />
des anständigen Verhaltens in der Diktatur. Bislang finden die Angehörigen der<br />
Minderheit, die 1989 die Geschichte der DDR entschied, bei den ehemaligen Mitläufern und<br />
Vorschubleistern des Systems, aber auch bei der ehemals schweigenden Mehrheit viel zu<br />
wenig Akzeptanz. Das Vermögen vieler ehemaliger Oppositioneller, die eigene Erfahrungswelt<br />
in einem allgemeineren sozialen und auch zeitlichen Kontext zu verorten, scheint begrenzt.<br />
Wenn Christoph Kleßmann darauf hingewiesen hat, dass die gesamtdeutsche Neukonstituierung<br />
der deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte noch aussteht, so gilt das m .E.<br />
auch in diesem Punkt. 116 Bei aller Durchschnittlichkeit sind für viele ehemalige DDR-Bürger<br />
die von ihnen gelebten, bisweilen sehr eigensinnigen Formen des Umgangs mit den Zumutungen<br />
der Diktatur das eigentlich Interessante an der untergegangenen DDR.<br />
Angesichts des leichten Abschwungs in der Beschäftigung mit der DDR-Geschichte muss<br />
man weiter gehen und neben Ausstellungen mit themenbezogenen Zusammenstellungen,<br />
Vorträgen und eigenen Publikationen in Papierform oder auf der Homepage auch auf Angebote<br />
rein archivischer Information im Netz setzen. Ähnlich wichtig wie die Aufarbeitung der<br />
Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes und die Geschichte der Opposition und des Aufbruchs<br />
im Herbst 1989 ist für die Nachgeborenen, wie sich ihre Nächsten - Vater, Mutter und<br />
115 Siehe dazu: Streit um Demokratie und Vergangenheitsbewältigung in Lehrer- und Klassenzimmern, in: Leipziger<br />
Volkszeitung vom 06.10.1999, S. 3, sowie: Uwe Müller. Ein Haus der Geschichte als Bastion gegen DDR-<br />
Nostalgie, in: Die Welt vom 09.10.1999, S. 6., sowie: Mothes sieht Defizite in Lehrplänen der Schulen. Landesbeauftragter<br />
für Stasi-Unterlagen kündigt Seminare für Lehrer an, in: Nordkurier vom 13.07.2001, S. 4.<br />
116 Christoph Kleßmann. Der schwierige gesamtdeutsche Umgang mit der DDR-Geschichte, in: Aus Politik und<br />
Zeitgeschichte. Beiträge zur Wochenzeitung Das Parlament, B 30-31/2001, S. 5.<br />
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