Sachaktenerschließung - Fachhochschule Potsdam
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das Dokument, sondern auf den Unterlagenbegriff, und es verknüpft diesen mit einer nach<br />
Personenkategorien abgestuften Hierarchie an Zugangsrechten der Stellen und des Einzelnen.<br />
Gemäß der Legaldefinition im § 6 StUG werden die privaten Nutzer gleich den auf sie<br />
bezogenen Informationen in Betroffene 10 und Dritte sowie in ehemalige hauptamtliche und<br />
inoffizielle Mitarbeiter 11 , Begünstige und Gleichgestellte eingeteilt. Entscheidend für die Zuordnung<br />
ist die Zielstellung, mit der das MfS die Informationen heimlich ansammelte oder<br />
erhob. Diese Teilung in Personenkategorien und die Auffassung, dass es sich bei den Informationen<br />
in den Unterlagen grundsätzlich um unrechtmäßig erhobene Daten handelt, bedingt<br />
einen sehr eingeschränkten Zugang und ein kompliziertes Prozedere der Trennung der<br />
Informationen, das sich bis in die Art und Weise der Verzeichnung und Findmittelbereitstellung<br />
auswirkt. Hier kommt hinzu, dass die zulässigen Forschungsinhalte nach dem StUG<br />
thematisch stark eingeengt sind. In einem allgemeinen, gesamtgesellschaftlichen Sinn stellt<br />
die gesetzlich zulässige Nutzung der MfS-Unterlagen auf Aufarbeitung der Tätigkeit des<br />
Staatssicherheitsdienstes ab. 12 Selbst die private Auskunft und Akteneinsicht gemäß § 15<br />
Abs. 1 Nr. 3 StUG zu Vermissten und Verstorbenen, im weitesten Sinne „Ahnenforschung",<br />
umfasst vom Zweck her nicht die Aufklärung des gesamten Lebensschicksals, sondern konform<br />
zur Vorgabe in § 1 Abs. 1 Nr. 1 StUG nur die Aufklärung der Einflussnahme des Staatssicherheitsdienstes<br />
auf das Schicksal der betreffenden Person. 13<br />
Ein innerhalb der Behörde der Bundesbeauftragten vergleichsweise selten herangezogener<br />
Kommentar zum StUG kritisiert im Hinblick auf die Anonymisierung den mangelhaften Interessenausgleich<br />
zwischen den Rechten Betroffener an ihren personenbezogenen Daten und<br />
den Interessen der Forschung an der Aufarbeitung der Geschichte des Staatssicherheitsdienstes.<br />
Das Ergebnis dieses mangelhaften Interessenausgleichs sei ein Forschungsmonopol<br />
14 der Behörde bei den Unterlagen mit personenbezogenen Informationen, eine faktische<br />
Benachteiligung aller externen Forscher bei Privilegierung einer kleinen Mitarbeitergruppe für<br />
Zwecke der Grundsatzforschung. Gemeint ist die für Archive unübliche Einrichtung einer<br />
archivinternen Abteilung für Forschungsaufgaben und Bildung. Die Kritik gipfelt in der<br />
Schlussfolgerung, die von der Behörde erarbeiteten Forschungsergebnisse seien wissenschaftlich<br />
wertlos, da sie mangels Zugang zu den Quellen nicht überprüft werden könnten.<br />
Aus der Berufsgruppe der Archivare kam der deutliche Hinweis, die Behörde verstoße gegen<br />
das Prinzip der Trennung von Archivierung und Forschung. Sie verletze, indem sie „hoheitli-<br />
10 Betroffene meint hier nicht den Begriffsinhalt des Datenschutzes, sondern nur die Teilmenge Stasi-<br />
Betroffener. Hinter dieser Aufspaltung steht die Rechtsidee, dass Vorschubleister einer defizitär legitimierten<br />
öffentlichen Gewalt im Gegensatz zu Opfern keinen vollen Datenschutz für sich reklamieren können.<br />
11 Der Begriff des Inoffiziellen Mitarbeiters ist im Sprachgebrauch des MfS enger als der des StUG. Vgl. dazu:<br />
Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 23.11.1994 (VG 1 A 632.92).<br />
12 Durch das 3. StUÄndG ist seit 1996 auch eine Nutzung zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus möglich.<br />
Siehe dazu den Wortlaut des nachträglich eingefügten Absatz vier in § 32 StUG.<br />
13 Siehe: Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 30.12.1998 (VG 1 A 336.96).<br />
14 Siehe: Johannes Weberling. Stasi-Unterlagen-Gesetz. Kommentar. Köln/Berlin/Bonn/München 1993, S. 104.<br />
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