Sachaktenerschließung - Fachhochschule Potsdam
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3.3.2. Die Erarbeitung der teilbestandsbezogenen Klassifikation<br />
Für die Nutzer des Archivs ist die Klassifikation der Ariadnefaden durch die Bestände und als<br />
solcher die eigentliche Leistung aus der ordnenden Hand des Archivars. Wie das Garnknäuel<br />
der minoischen Königstochter führt die Klassifikation durch das Labyrinth der Unterlagen,<br />
indem sie die Struktur des Registraturbildners (des MfS) mit den Sachinhalten seiner wechselnden<br />
Tätigkeiten verbindet. Klassifikationen zählen zu den ältesten Dokumentationssprachen<br />
und von daher zu den traditionellen Verfahren der Inhaltserschließung. 93 Wegen der<br />
vorrangigen Bestimmtheit durch hierarchische Beziehungen gelten sie jedoch als ausdrucksschwach.<br />
Starke Hierarchien liegen vor, wenn zu jedem Begriff mehrere Unterbegriffe existieren,<br />
jeder Artbegriff nur einen Oberbegriff hat. Schwache, so genannte Polyhierarchien<br />
liegen vor, wenn ein und derselbe Begriff auf Grund der Berücksichtigung mehrerer unterschiedlicher<br />
Merkmale zwei oder noch mehr Oberbegriffen zugeordnet wird.<br />
Holt man sich Rat in der Archivtheorie der DDR und somit aus der Zeit, als die hier in Rede<br />
stehenden Unterlagen entstanden, so sind Klassifikationen Ordnungshilfsmittel mit Notationen<br />
und Sachbetreffen, die einer äußeren Abgrenzung der Lagerungseinheiten dienen. Sie<br />
können aufgabenbezogen präkoordiniert, also vorausschauend oder postkoordiniert, im<br />
Nachhinein auf der Grundlage bekannter Aufgabenbereiche ausgearbeitet werden. Auch die<br />
Idee der Klassifikation aus der Zeit der DDR fordert also eine über die Ordnung der Dokumentenarten<br />
hinausgehende logisch-systematische Ablage des Schriftgutes. Anders als bei<br />
den Registraturplänen des 18. u. 19. Jahrhunderts, die zwei- oder dreistufig aufgebaut waren,<br />
sollten die Systematiken in der DDR möglichst vierstufig sein. Sie sollten hierarchisch<br />
gegliedert werden und den Speicherplatz über Signatur und Betreff zuverlässig angeben. 94<br />
Die heute in Deutschland gültigen Regeln zur Erarbeitung von Klassifikationssystemen sind<br />
in der DIN 32705 festgelegt. 95 Die Regeln zeigen, wie Begriffe, Arten von Beziehungen sowie<br />
Merkmale identifiziert, geordnet, zusammengestellt und ausgedrückt werden und wie man<br />
den Bezeichnungen Notationen zuordnet. Besonderer Wert wird auf eine eindeutige Zuweisung<br />
jedes Eintrags zu einer bestimmten Stelle in der Über- und Unterordnung der Elemente<br />
des Klassifikationssystems gelegt.<br />
Ist man in heutiger Zeit gezwungen, mächtige Schriftgutkomplexe zu erschließen, so greift<br />
man auf moderne Informationssysteme und Repräsentationstechniken zurück. Durch den<br />
verstärkten Rechnereinsatz kann bei der Erarbeitung, Pflege und Anwendung von<br />
Klassifikationen in Richtung flexibler Strukturen gearbeitet werden. So spielt es heute kaum<br />
noch eine Rolle, ob im Zuge der rechnergestützten Erschließung Klassifikationen oder<br />
Thesauri 93 herangezogen werden. Beim rechnergestützten Klassifizieren handelt es sich nur<br />
Der Werdegang der Registraturkunde lässt sich beginnend bei Jacob von Rammlingen d. J. nachlesen. Siehe<br />
dazu: Adolf Brennecke. Archivkunde. Ein Beitrag zur Theorie und Geschichte des europäischen Archivwesens.<br />
Bearbeitung von W. Leesch. Leipzig 1953, S. 45f.<br />
94<br />
Siehe: Botho Brachmann (Hrsg.). Archivwesen der DDR. Berlin1984, S. 101 u. 120. Das Lehrbuch aus der<br />
DDR liefert Beispiele für die hierarchische Gliederung in Hauptgruppe, Gruppe, Untergruppe und Aktentitel.<br />
95<br />
DIN 32705. Klassifikationssysteme. Erstellen und Weiterentwickeln von Klassifikationssystemen.<br />
Berlin, Januar 1987.<br />
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