Sachaktenerschließung - Fachhochschule Potsdam
Sachaktenerschließung - Fachhochschule Potsdam
Sachaktenerschließung - Fachhochschule Potsdam
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Fachhochschule</strong> <strong>Potsdam</strong><br />
Fachbereich Archiv-Bibliothek-Dokumentation<br />
„Projekt Fernstudium Archiv“<br />
„Postgraduale berufsbegleitende wissenschaftliche Weiterbildung zum Archivar“<br />
als distance learning Kurs<br />
Diplomarbeit<br />
Thema: Die <strong>Sachaktenerschließung</strong> der BStU<br />
am Beispiel des Teilbestandes<br />
„SED-Kreisleitung im MfS“<br />
Gutachter: Prof. Dr. Hartwig Walberg (Erstgutachter)<br />
Prof. Dr. Volker Schockenhoff (Zweitgutachter)<br />
Dipl.-Historiker Wolfgang Brunner<br />
September 2001
Inhaltsverzeichnis Seite<br />
1. Einleitung 3<br />
2. Die rechtlichen Grundlagen und die näheren Vorgaben zur Unterlagenerschließung 4<br />
2.1. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) als archivrelevantes Recht 4<br />
2.2. Der Erschließungs- und Bewertungsauftrag im Archivrecht und im StUG 10<br />
2.3. Die Archivwissenschaft und die Erschließungspraxis der BStU 14<br />
3. Die Erschließung des Teilbestandes „SED-Kreisleitung im MfS" 23<br />
3.1. Die Teilbestandsgeschichte und der Wert der Unterlagen für die Forschung 23<br />
3.2. Die Verzeichnung mit Aktentitel und Enthält-Vermerk 40<br />
3.3. Die weitere Erschließung mit Hilfe des <strong>Sachaktenerschließung</strong>sprogramms (SAE) 44<br />
3.3.1. Die Fachvorgabe zum elektronischen <strong>Sachaktenerschließung</strong>sprogramm 44<br />
3.3.2. Die Erarbeitung der teilbestandsbezogenen Klassifikation 49<br />
3.3.3. Die Verschlagwortung und die Pläne für den Thesaurus 52<br />
3.3.4. Die Möglichkeiten in der personen- und sachbezogenen Recherche 57<br />
3.3.5. Das Findbuchkonzept 63<br />
4. Anlagenverzeichnis und Anlagen 77<br />
5. Abkürzungsverzeichnis 107<br />
6. Personenregister 109<br />
7. Bibliografie 110<br />
Thesen 115<br />
Eidesstattliche Versicherung 116<br />
Text mit Abbildungen im Portable Document Format (PDF) auf CD-ROM 117<br />
2
1. Einleitung<br />
Das Neue soll sich kenntnisreich vom Alten ablösen. Diese Forderung gilt innerhalb der Archivtheorie<br />
wie für die Praxis der Informationsüberlieferer. Die Dokumente der Vergangenheit<br />
lassen jede Generation auf neue Art hinterfragen, warum die politisch Handelnden aus<br />
der Obrigkeit wie aus den Gruppen der Beherrschten bestehen konnten oder versagten. Es<br />
geht dabei nicht allein um Schuld und Legitimation, sondern auch um das Prinzip Hoffnung<br />
in der Gesellschaft, künftig heraufziehende Katastrophen sicherer abwenden zu können.<br />
Seit fast zehn Jahren erhalten Forscher und Medien aus dem Archivbestand des bzw. der<br />
Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen<br />
Demokratischen Republik (BStU) Informationen zur deutschen Geschichte. Die vorrangige<br />
Beschäftigung mit den Berichten der Inoffiziellen Mitarbeiter des Ministeriums für<br />
Staatssicherheit (MfS) hat dabei die Sichtweisen auf unsere jüngste Vergangenheit polarisiert.<br />
In den Darstellungen der Forscher erkennen viele Ostdeutsche ihr gelebtes Leben nicht<br />
wieder. Unter den Westdeutschen entstand der falsche Eindruck einer in Größenordnungen<br />
verkommenen Gesellschaft der ehemaligen DDR. Das Bild ist insofern falsch, als sich das<br />
Phänomen des Zuträgers über die vier Jahrzehnte der DDR auf eine Minderheit unter den<br />
Ostdeutschen beschränkte. Andererseits gab es die Tätigkeit des MfS als eine begrenzte<br />
Erscheinung auch in der Alt-Bundesrepublik. Unter den angeworbenen Westdeutschen lag<br />
die Schamgrenze für Informationslieferungen mitunter sogar deutlich niedriger.<br />
Gegenüber den personenbezogenen Unterlagen traten die umfangreichen Sachakten der<br />
Abteilung Archivbestände der Behörde in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung.<br />
Parallel verlor sich das Interesse daran, wie genau das Ausmaß und die Wirkung von Ausspähung<br />
und Zuträgerschaft von einem System zum anderen begründet sind. Der Erkenntnisgewinn<br />
aus Sachakten kann helfen, dieser Frage nachzugehen und den Diskurs um die<br />
Staatssicherheit jenseits personenbezogener Debatten neu zu beginnen.<br />
Die vorliegende Arbeit will die bisherigen Ergebnisse in der Ordnung und Erschließung der<br />
Sachakten am Beispiel des Teilbestandes „SED-Kreisleitung im MfS" nachzeichnen. Erörtert<br />
werden die Möglichkeiten eines eigens dafür geschaffenen elektronischen Programms, die<br />
Unterlagen über Personenbezüge hinaus intellektuell anspruchsvoll zu befragen.<br />
Ein Ausblick auf die Vorbereitungen zur Findbuchherausgabe und ein Blick auf die Vorbehalte<br />
gegenüber der Generierung von Online-Findbüchern beschließen die Arbeit.<br />
Mein Dank richtet sich an die gleichermaßen sachverständigen wie hilfsbereiten Archivarinnen<br />
Frau Karin Rother und Frau Waltraut Martin, die den Teilbestand derzeit bearbeiten.<br />
Frau Archivoberrätin Birgit Salamon danke ich für die wissenschaftliche Beratung.<br />
3
2. Die rechtlichen Grundlagen und die näheren Vorgaben zur Unterlagenerschließung<br />
2.1. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz als archivrelevantes Recht<br />
Am 7. Messidor des Jahres II (25. Juni 1794) des französischen Revolutionskalenders verabschiedete<br />
der Nationalkonvent in Paris ein Dekret, das jedem Bürger das Recht auf ungehinderte<br />
Benutzung der staatlichen Archive einräumen sollte. Das Ereignis gilt unter Archivaren<br />
und Historikern als die Proklamation der „archivischen Menschenrechte“.<br />
An diesem Anspruch gemessen ist Deutschland für private Antragsteller bis heute ein Staat<br />
mit beschränkter Aktenöffentlichkeit. 1 Erst im letzten Stadium des Lebenszyklus von Unterlagen<br />
der Verwaltung wird dieses Prinzip zu Gunsten des Einzelnen durchbrochen, nach Maßgabe<br />
der Archivgesetze. Aus jüngster Zeit gibt es einige hoffnungsvolle Ausnahmen, die den<br />
Wirkungen der revolutionären Veränderungen im Jahre 1989 im Osten Deutschlands und der<br />
Hinwendung zu einem geeinten Europa anzurechnen sind: Im Dezember 1991 kam es zur<br />
Aktenöffnung für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes nach dem archivrelevanten<br />
Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) 2 . Unter einem Verzicht auf die sonst üblichen Schutzfristen<br />
erfolgt seit März 1992 die Unterlagennutzung in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen<br />
der DDR im Bundesarchiv (SAPMO) nach dem Bundesarchivgesetz<br />
(BArchG) 3 . Außerhalb der Archivgesetzgebung hat das Land Brandenburg den Schritt in<br />
eine größere Informationsfreiheit gewagt, im Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz<br />
aus dem Jahre 1998. 4 Die Bundesregierung hat Pläne für ein entsprechendes Einsichts-<br />
recht. 5<br />
Beim Vergleich des Archivrechts mit dem Spezialgesetz StUG 6 zeigen sich Ähnlichkeiten vor<br />
allem in den grundsätzlichen Vorgaben zu einzelnen archivarischen Kernaufgaben. 7 Die für<br />
1 Siehe dazu: Jörg Schlachter. Mehr Öffentlichkeit wagen. Eine Kritik des geltenden deutschen Verwaltungstransparenzrechts<br />
mit Vorschlägen für eine Neuregelung unter Berücksichtigung rechtsvergleichender Gesichtspunkte<br />
(Schriftenreihe Verwaltungsinformatik 9), Heidelberg 1993, S. 51-86.<br />
Zur Rechtslage anderenorts siehe: Derselbe. Verwaltungsöffentlichkeit in Industriestaaten aus Europa und Übersee,<br />
VOP 12 (1990), S. 306-311, 401-405.<br />
2 Vgl.: Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen<br />
Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz - StUG) vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I 1991, S. 2272), geändert durch<br />
1. StUÄndG (Stasi-Unterlagen-Änderungsgesetz) vom 22. Februar 1994 (BGBl. I, S. 334), geändert durch 2.<br />
StUÄndG vom 26. Juli 1994 (BGBl. I, S. 1748), geändert durch Artikel 12 Abs. 22 des Gesetzes vom 14. September<br />
1994 (BGBl. I, S. 2325), geändert durch 3. StUÄndG vom 20. Dezember 1996 (BGBl. I, S. 2026), geändert<br />
durch Artikel 4 des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl. I, S. 164),<br />
geändert durch das 4. StUÄndG vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I, S. 3778).<br />
3 Es soll hier erwähnt werden, dass dies gemäß § 2a Abs. 4 BArchG geschieht. Andererseits können Unterlagen<br />
gemäß § 5 Abs. 2 StUG begrenzt gesperrt und gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 b - d StUG in gesonderte Verwahrung<br />
genommen werden, was sie dem Zugriff durch externe Forscher und durch die Medien längerfristig entzieht.<br />
4 Das Recht auf Einsichtnahme in laufende oder abgeschlossene Verwaltungsvorgänge gilt unter einer Reihe von<br />
Einschränkungen sowohl für Betroffene und Dritte als auch für Bürgerinitiativen, Verbände und die Presse.<br />
Siehe: Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) vom 10.03.1998, GVBl. I, S.46.<br />
5 Siehe dazu: Informationsfreiheit. Akteneinsicht für jedermann, in: Der Spiegel vom 05.03.2001, S. 18.<br />
6 Zum StUG als archivrelevantem Recht außerhalb der Archivgesetzgebung siehe: Hans Joachim Schreckenbach.<br />
Archivrecht. Lehrmaterialien für Fernstudienbrückenkurse am Fachbereich Archiv-Bibliothek-Dokumentation<br />
der FHP <strong>Potsdam</strong>, <strong>Potsdam</strong> 1994, S. 37f. Das zuerst genannte, mittlerweile viermal novellierte StUG bestimmt<br />
4
Archivgesetze typische Aufgabenverbindung von Materialienschutz und Datenschutz findet<br />
sich im StUG zuerst in den allgemeinen Vorgaben zur Zweckbestimmung des Gesetzes im<br />
§ 1 und im § 2 Abs. 1 StUG. In den Vorgaben in § 37 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StUG geht es<br />
dann expressis verbis um ein Erfassen sowie um ein Ordnen, Erschließen, Bewerten, Verwahren<br />
und Verwalten nach archivischen Grundsätzen. 8 Neben der Zuständigkeit regelt das<br />
StUG also auch die zulässige Verfügbarmachung der Unterlagen nach archivischen<br />
Grundsätzen. In § 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG wird ein thematisch eingeschränkter Auswertungsauftrag<br />
erteilt.<br />
Eingeschlossen von diesen Regelungen ist der Hauptteil des StUG, wo die Anspruchsgrundlagen<br />
und Verfahrensvorschriften zur Einsichtsgewährung und Auskunftserteilung an Privatpersonen<br />
und an öffentliche und nichtöffentliche Stellen mit der für den Datenschutz üblichen<br />
Akribie abgehandelt sind. Die Zulässigkeit der Unterlagenverwendung und die Vorgaben<br />
zum Umgang mit den Nutzern sind dadurch im StUG sehr viel klarer formuliert, als in dem<br />
einen oder anderen Archivgesetz. Als Folge davon ist auch die Terminologie stärker als im<br />
Text der Archivgesetze durch die Begrifflichkeit des Datenschutzes geprägt. Im Kern geht es<br />
wie in den Archivgesetzen um das Spannungsfeld zwischen der Freiheit der Information und<br />
Forschung und das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen und um die Lösung<br />
der daraus entstehenden Interessenkonflikte. 9 Durch die Vorschrift des § 43 Satz 1<br />
StUG verdrängt das Stasi-Unterlagen-Gesetz, soweit es um Daten aus den MfS-Unterlagen<br />
geht, als lex specialis alle anderen Gesetze, die Regelungen über die Übermittlung personenbezogener<br />
Informationen enthalten.<br />
Das StUG konzentriert sich in seinen Anspruchsgrundlagen wie auch in den Verfahrensvorschriften<br />
für die Benutzung und in den Vorgaben für die Erschließung nicht auf den Akt oder<br />
über das wenige Jahre zuvor geschaffene bundesdeutsche Archivrecht hinweg die Zusammenführung der Unterlagen<br />
eines Ministeriums der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in einer eigens dazu geschaffenen<br />
oberen Bundesbehörde. Als Spezialgesetz greift das Gesetz in die Archivgesetze des Bundes und der Länder ein,<br />
indem es die Zuständigkeit des Bundesarchivs für die zentralen Stellen sowie die Zuständigkeit der Landesarchive<br />
der fünf neuen Bundesländer und Berlins für die regionalen Stellen des Ministeriums für Staatssicherheit und<br />
bestimmter Akten aus dem Polizei- und Justizbereich auf die Bundesbeauftragte überträgt und die Unterlagen<br />
ohne Schutzfristen öffnet.<br />
7 Die Behörde ist an erster Stelle gehalten, die überkommenen Unterlagen verfügbar zu machen und sie für diesen<br />
Zweck zu ordnen und zu erschließen. § 1 StUG regelt die Erfassung und Erschließung, Verwaltung und<br />
Verwendung der Unterlagen, § 2 StUG annuliert ausdrücklich die nach Einigungsvertrag gesetzte Zuständigkeit<br />
des Bundesarchivs. § 37 StUG bestimmt die archivischen und archivarischen Aufgaben und Befugnisse des<br />
BStU, spricht aber an keiner Stelle von Archivgut, sondern stets nur von Unterlagen. Siehe: Dagmar Unverhau<br />
(Hrsg.). Archiv zur Staatssicherheit, Bd. 2. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz im Lichte von Datenschutz und Archivgesetzgebung.<br />
Referate der Tagung des BStU vom 26.–28.11.1997, Münster 1998, S. 173.<br />
8 Die BStU hat die Unterlagen nach archivischen Grundsätzen zu bewerten, zu ordnen, zu erschließen, zu verwahren<br />
und zu verwalten. Ihr kommt die Rolle eines Archivars zu. Vgl.: Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom<br />
23.11.1994 (VG 1 A 632.92).<br />
9 Die Verabschiedung spezieller Archivgesetze in Bund und Ländern war durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom 15. Dezember 1983 (Volkszählungsurteil) und die daraufhin folgende Datenschutzgesetzgebung<br />
notwendig geworden. Seither steht das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz<br />
(GG) abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung der in Art. 5 Abs. 1 u. 3 GG verbürgten Freiheit<br />
der Information und Wissenschaft mit den daraus abgeleiteten Nutzungsrechten konkurrierend gegenüber.<br />
5
das Dokument, sondern auf den Unterlagenbegriff, und es verknüpft diesen mit einer nach<br />
Personenkategorien abgestuften Hierarchie an Zugangsrechten der Stellen und des Einzelnen.<br />
Gemäß der Legaldefinition im § 6 StUG werden die privaten Nutzer gleich den auf sie<br />
bezogenen Informationen in Betroffene 10 und Dritte sowie in ehemalige hauptamtliche und<br />
inoffizielle Mitarbeiter 11 , Begünstige und Gleichgestellte eingeteilt. Entscheidend für die Zuordnung<br />
ist die Zielstellung, mit der das MfS die Informationen heimlich ansammelte oder<br />
erhob. Diese Teilung in Personenkategorien und die Auffassung, dass es sich bei den Informationen<br />
in den Unterlagen grundsätzlich um unrechtmäßig erhobene Daten handelt, bedingt<br />
einen sehr eingeschränkten Zugang und ein kompliziertes Prozedere der Trennung der<br />
Informationen, das sich bis in die Art und Weise der Verzeichnung und Findmittelbereitstellung<br />
auswirkt. Hier kommt hinzu, dass die zulässigen Forschungsinhalte nach dem StUG<br />
thematisch stark eingeengt sind. In einem allgemeinen, gesamtgesellschaftlichen Sinn stellt<br />
die gesetzlich zulässige Nutzung der MfS-Unterlagen auf Aufarbeitung der Tätigkeit des<br />
Staatssicherheitsdienstes ab. 12 Selbst die private Auskunft und Akteneinsicht gemäß § 15<br />
Abs. 1 Nr. 3 StUG zu Vermissten und Verstorbenen, im weitesten Sinne „Ahnenforschung",<br />
umfasst vom Zweck her nicht die Aufklärung des gesamten Lebensschicksals, sondern konform<br />
zur Vorgabe in § 1 Abs. 1 Nr. 1 StUG nur die Aufklärung der Einflussnahme des Staatssicherheitsdienstes<br />
auf das Schicksal der betreffenden Person. 13<br />
Ein innerhalb der Behörde der Bundesbeauftragten vergleichsweise selten herangezogener<br />
Kommentar zum StUG kritisiert im Hinblick auf die Anonymisierung den mangelhaften Interessenausgleich<br />
zwischen den Rechten Betroffener an ihren personenbezogenen Daten und<br />
den Interessen der Forschung an der Aufarbeitung der Geschichte des Staatssicherheitsdienstes.<br />
Das Ergebnis dieses mangelhaften Interessenausgleichs sei ein Forschungsmonopol<br />
14 der Behörde bei den Unterlagen mit personenbezogenen Informationen, eine faktische<br />
Benachteiligung aller externen Forscher bei Privilegierung einer kleinen Mitarbeitergruppe für<br />
Zwecke der Grundsatzforschung. Gemeint ist die für Archive unübliche Einrichtung einer<br />
archivinternen Abteilung für Forschungsaufgaben und Bildung. Die Kritik gipfelt in der<br />
Schlussfolgerung, die von der Behörde erarbeiteten Forschungsergebnisse seien wissenschaftlich<br />
wertlos, da sie mangels Zugang zu den Quellen nicht überprüft werden könnten.<br />
Aus der Berufsgruppe der Archivare kam der deutliche Hinweis, die Behörde verstoße gegen<br />
das Prinzip der Trennung von Archivierung und Forschung. Sie verletze, indem sie „hoheitli-<br />
10 Betroffene meint hier nicht den Begriffsinhalt des Datenschutzes, sondern nur die Teilmenge Stasi-<br />
Betroffener. Hinter dieser Aufspaltung steht die Rechtsidee, dass Vorschubleister einer defizitär legitimierten<br />
öffentlichen Gewalt im Gegensatz zu Opfern keinen vollen Datenschutz für sich reklamieren können.<br />
11 Der Begriff des Inoffiziellen Mitarbeiters ist im Sprachgebrauch des MfS enger als der des StUG. Vgl. dazu:<br />
Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 23.11.1994 (VG 1 A 632.92).<br />
12 Durch das 3. StUÄndG ist seit 1996 auch eine Nutzung zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus möglich.<br />
Siehe dazu den Wortlaut des nachträglich eingefügten Absatz vier in § 32 StUG.<br />
13 Siehe: Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 30.12.1998 (VG 1 A 336.96).<br />
14 Siehe: Johannes Weberling. Stasi-Unterlagen-Gesetz. Kommentar. Köln/Berlin/Bonn/München 1993, S. 104.<br />
6
che Geschichtsschreibung" betreibe, pflichtwidrig das Gebot zu wissenschaftlicher und politischer<br />
Neutralität. 15<br />
Gegenüber diesen Wünschen nach einer weitergehenden Öffnung der Unterlagen wird in der<br />
Öffentlichkeit seit kurzem wieder die Forderung erhoben, die Verfahrensweise in der Auskunftserteilung<br />
an Forschungsstellen sowie an die Medien sehr viel restriktiver zu handhaben.<br />
Ein Prominenter zog in dieser Sache vor Gericht, jenen Platz im Kreis von Advokaten,<br />
wo man selbst die Ergebnisse von Revolutionen nachverhandeln kann. Es ist der Altbundeskanzler<br />
Helmut Kohl, der die Regelung, über die er acht lange Jahre die Rechtsaufsicht ausübte,<br />
angreifen lässt, weil ihn die Inhalte von Abhörprotokollen des MfS bei der Aufdeckung<br />
der CDU-Spendenaffäre in Bedrängnis bringen könnten. 16 Seither ist der nach StUG mögliche,<br />
in § 46a StUG zitierte Eingriff in Grundrechte in der Öffentlichkeit wieder so strittig wie in<br />
den Tagen der Verabschiedung des Gesetzes. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte<br />
(BfD) sprach sich zwischenzeitlich für einen stärkeren Schutz im Umgang mit Betroffenendaten<br />
nach dem StUG aus. Im Kern des anhängigen Rechtsstreits geht es um die Frage, ob<br />
von Personen der Zeitgeschichte, soweit sie Betroffene im Sinne von § 6 Abs. 3 StUG sind,<br />
vorab einer Einsichtsgewährung und Herausgabe eine Einwilligung eingeholt werden muss<br />
oder nicht. Die strittige Frage war in der öffentlichen Wahrnehmung vermischt mit dem Vorwurf<br />
der unterschiedlichen Behandlung Westdeutscher gegenüber Ostdeutschen, Prominenter<br />
im Vergleich mit „normalen“ Bürgern sowie mit Befürchtungen, es käme zu einer Schließung<br />
der personenbezogenen Unterlagen. Diese Angst ist unbegründet, da andere Verwendungszwecke<br />
erhalten bleiben und es die zum Akt formierte Unterlage in der mit „meine Akte"<br />
benennbaren, auf eine Person bezogenen Form kaum gibt. Es trifft allerdings zu, dass<br />
bislang nahezu 80 % der Informationen für die Aufgabenerledigung der Behörde aus Personenakten<br />
gewonnen werden und erst 20 % aus Sachakten 17 . Auch Sachakten enthalten personenbezogene<br />
Daten. Der Ausgang des anhängigen Gerichtsverfahrens, in dem Dr. Kohl in<br />
15 Siehe: Reinhard Heydenreuter. Ist die Gauck-Behörde ein Archiv?, in: Dagmar Unverhau (Hrsg.). Archiv zur<br />
DDR-Staatssicherheit, Bd. 2. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz im Lichte von Datenschutz und Archivgesetzgebung.<br />
Referate der Tagung des BStU vom 26.-28.11.1997, a.a.O., S. 148.<br />
16 Eine Herausgabe solcher Informationen war von der BStU nicht beabsichtigt, da sie mit dem im StUG genannten<br />
Verwendungszweck nicht im Einklang steht. Zum Hintergrund siehe: Kohl warnt vor der Verwendung von<br />
Materialien des Staatssicherheitsdienstes der DDR. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts angeregt, in:<br />
Frankfurter Allgemeine vom 03.04.2000, sowie: Wolfgang Krach. Georg Mascolo. Die Bundesregierung will die<br />
Gauck-Behörde hindern, die abgehörten Telefonate von Prominenten wie Altkanzler Kohl heraus zu geben.<br />
Offenen Streit aber scheut sie, in: Der Spiegel, Nr. 32, 07.08.2000, sowie: Jost Müller-Neunhof. Der Rechtsstaat<br />
– und seine Ausnahmen, in: Der Tagesspiegel vom 18.01.2001. Zu den parteipolitischen Begründungen gegenüber<br />
einer Gleichbehandlung im Unrecht vgl.: Gerd E. Kolbe. Deutschland im Banne der Stasi-Protokolle, in:<br />
Zürcher Zeitung vom 29.12.2000.<br />
17 Unter Sachakten werden hier wie in der Theorie gemeinhin sach-, orts- oder personenbezogene Betreffakten<br />
verstanden, die im Einzelfall aus verschiedenen Vorgängen zu ein und demselben Betreff bestehen können. Das<br />
heißt, die Akten sind nicht nach Korrespondenzpartnern oder Schriftgutarten formiert, sondern primär auf denselben<br />
Betreff hin. Der jeweilige Betreff ist bestimmend für die Titelbildung, wobei sachliche Betreffs den orts-<br />
oder personenbezogenen übergeordnet sind. Die Ordnung der Vorgänge innerhalb des Akts und die Ordnung<br />
innerhalb der einzelnen Vorgänge sind chronologisch.<br />
7
erster Instanz Recht bekam, kann deshalb die Möglichkeiten der Aktenöffnung gemäß StUG<br />
für die Forschung teilweise hinter die der Archivgesetze zurückwerfen. 18<br />
Für den Teilbestand SED-Kreisleitung im MfS wäre jede zusätzliche Restriktion besonders<br />
unangemessen, weil es sich bei den im Teilbestand enthaltenen Personen fast ausschließlich<br />
um die zur weniger schützenswerten Kategorie Mitarbeiter im Sinne von § 6 Abs. 4 StUG<br />
handelt. Hier kommt hinzu, dass Unterlagen der SED, soweit sie aus Bereichen außerhalb<br />
des MfS stammen, ohne Schutzfristen zugänglich sind. Die Landesgesetze von Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Brandenburg verzichten sogar generell auf Schutzfristen, d. h. auch<br />
im Hinblick auf Informationen zu Personen der Zeitgeschichte bzw. zu Amtsträgern in Ausübung<br />
ihres Amtes.<br />
Die Bundesbeauftragte hatte vorsorglich ein Gutachten anfertigen lassen, dass gegenüber<br />
dem Kreis der Personen der Zeitgeschichte, die Betroffene sind, die bisherige Verfahrensweise<br />
nach dem StUG stützt. 19 Im eigenen wie im Interesse der Forschung war es wichtig,<br />
eine einengende Beschlussfassung des Innenausschusses des Bundestages oder gar eine<br />
diesbezügliche Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes zu verhindern. Von daher suchte<br />
die Behörde den Bestrebungen zur weiteren Einschränkung des Zugangs bei den personenbezogenen<br />
Unterlagen mit einer Änderung der Richtlinie zu den §§ 32 ff StUG zu begegnen,<br />
wie folgt: Stärker als bislang wurde in die Öffentlichkeit hinein thematisiert, dass die<br />
BStU bei der internen rechtlichen Prüfung der Forschungsanträge streng darauf achtet, ob<br />
es sich um eine gesetzeskonforme Verwendung der Informationen handelt. Handelt es sich<br />
bei Antragstellungen um einen Versuch, mit Hilfe der Unterlagen das Privatleben Einzelner<br />
auszuforschen, ist der Antrag abzulehnen. Wie bei durchschnittlichen, nichtprominenten Betroffenen<br />
gibt es seither auch bei den Personen, die hinnehmen müssen, dass über sie in<br />
ihrer Eigenschaft als Funktionsträger oder Amtsperson öffentlich informiert wird, die Pflicht<br />
zur Benachrichtigung. In einer Zeitspanne von vier Wochen vor Veröffentlichung werden den<br />
Betroffenen seither die Informationen im Zustand der beabsichtigten Herausgabe zu einer<br />
Einsichtnahme vorbereitet. Vorgetragene Einwände und Argumente gehen in die Interessenabwägung<br />
über die Schutzwürdigkeit mit ein, ohne dass die Behörde sich daran gebunden<br />
sieht. Im Gegenzug steht den Betroffenen der Rechtsweg offen. 20<br />
Mit dem Urteil vom 04.07.2001 zu Helmut Kohl und damit zur Rechtsnorm im § 32 StUG hat<br />
das Verwaltungsgericht Berlin eine zehnjährige Praxis der Vorlage und Herausgabe von Unterlagen<br />
durch die Behörde in erster Instanz verworfen. 21 Ein daran anknüpfendes Ultimatum<br />
18<br />
Siehe dazu die Regelungen in § 5 Abs. 5 BArchG, § 10 Abs. 8 BbgArchG, § 5 Abs. 1 Nr. 5 HmbArchG sowie<br />
§ 10 Abs. 3 Nr. 2 LarchivG M-V.<br />
19<br />
Siehe dazu: Klaus Marxen. Gerhard Werle. Gutachten erstellt im Auftrag der BStU, 3. Teil: Zusammenfassung<br />
und Ergebnisse, in: (7/2001).<br />
20<br />
Siehe dazu: Sechste Ergänzungslieferung zum Ordner Richtlinien zum Stasi-Unterlagen-Gesetz. AU I.1 –<br />
141121 vom 23.04.2001.<br />
21<br />
Siehe dazu: Robert Ide. Nach Akteneinsicht. Kohl und die Stasi – in erster Instanz, in: Der Tagesspiegel vom<br />
05.07.2001, S. 2.<br />
8
des Innenministers Otto Schily, das eine generell veränderte Verfahrensweise der Behörde<br />
erzwingen wollte, ging ins Leere. 22 Marianne Birthler strebt nun die Sprungrevision beim<br />
Bundesverwaltungsgericht an. 23<br />
Der Streit berührt auch die Ziele der Erschließung und das Bereitstellen von Repertorien.<br />
Rechtsgrundlage für Findbuchveröffentlichungen ist § 37 Abs. 1 Nr. 6 StUG. Jede personenbezogene<br />
Information im Aktentitel und Enthält-Vermerk ist gemäß § 32 Abs. 3 StUG sorgfältig<br />
und kritisch zu prüfen. Als personenbezogene Informationen gelten neben Namen auch<br />
Funktionen, Ämter, Dienststellen, Orts- und Jahrgangsangaben. Solchen Veröffentlichungen<br />
steht § 32 Abs. 3 Nr. 2 StUG entgegen, soweit die Personen Betroffene im Sinne des StUG<br />
sind. In der Behörde bestehen seit längerem grundsätzliche rechtliche Bedenken gegen die<br />
Verwendung personenbezogener Informationen in Findbüchern, vor allem in elektronischen.<br />
Personenbezogenen Informationen in elektronischen Veröffentlichungen steht § 41 Abs. 1<br />
StUG entgegen, der automatisierte Dateien nur als Hilfsmittel für die Erfüllung der eigenen<br />
Aufgaben gestattet, nicht aber für die Veröffentlichung. Personenbezogene Informationen<br />
dürfen nicht elektronisch selektierbar sein, was sich bis auf Registriernummern und Decknamenregister<br />
erstreckt.<br />
Aufgrund der datenschutzrechtlichen Bedenken werden derzeit aus einem bereits erstellten<br />
Findbuch zum Bestand Allgemeine Sachablage alle Daten zu Personen der Zeitgeschichte,<br />
soweit sie Betroffene sind, wieder entfernt. Von einer Veröffentlichung dieses Findbuches im<br />
Internet rät das Grundsatzreferat ab. 24<br />
Nun sind die Möglichkeiten der Veröffentlichung von personenbezogenen Daten bei den Unterlagen<br />
des Teilbestandes SED-Kreisleitung im MfS besonders günstig, denn es würde sich<br />
bei den darin genannten Personen fast ausschließlich um die weniger schützenswerten der<br />
Kategorie Mitarbeiter handeln. Man könnte in diesem Fall die Auflagen gemäß § 4 Abs. 4<br />
und § 32 Abs. 3 StUG vollauf einhalten und so externen Forschern die Wege zu den Akteninhalten<br />
ähnlich offen aufzeigen, wie den Mitarbeitern 25 der BStU-internen Forschungsabteilung.<br />
Man kann dies allerdings nicht im Wege einer elektronischen Publikation tun.<br />
22 Siehe: Stasi-Akten. Schily stellt Birthler ein Ultimatum. Innenminister will keine Herausgabe mehr ohne Zustimmung,<br />
in: (7/2001).<br />
23 Siehe: Knut Pries. Birthler will im Stasi-Streit Bundestag einschalten. Akten-Beauftragte wird weiter Unterlagen<br />
herausgeben, in: Frankfurter Rundschau vom 04.08.2001, S. 4.<br />
24 Siehe: BStU-Dienstregistratur. AR 1-Protokoll vom 17.05.01 zur Beratung mit AU I.1 am 16.05.01, sowie:<br />
AR 2–130005.21. Festlegungsprotokoll vom 14.06.2001. Beratung der Referatsleiter am 12.06.2001, Pkt. 2.9.<br />
25 Mit der traditionell männlichen Form sind in dieser Diplomarbeit selbstverständlich auch die Mitarbeiterinnen,<br />
die Frauen, gemeint, die im Personal der Behörde ja überwiegen.<br />
9
2.2. Der Erschließungs- und Bewertungsauftrag im Archivrecht und im StUG<br />
Beim StUG-Gesetzgeber gab es offensichtlich kein über befristete Aufgabenerledigungen<br />
hinausgehendes, langfristiges Archivierungsinteresse, und von daher wurde kein ausdrücklicher<br />
Auftrag zur Bestandsbildung erteilt. Wie die Archivgesetze enthält sich auch das StUG<br />
einer klaren Definition, was Archiv meint und ist. Anders als die Archivgesetze trifft das StUG<br />
nicht einmal eine Aussage zu Archivgut und Archivwürdigkeit. Der Begriff Archivgut wird<br />
vermieden, indem stets nur von Unterlagen 26 die Rede ist. Im Hinblick auf die Archivwürdigkeit<br />
und damit auf die Kassation verlangt § 37 Abs. 3 StUG lediglich eine Mitteilung, in welchem<br />
Umfang und in welchem Zeitraum Unterlagen für die Erfüllung der Aufgaben der BStU<br />
nicht mehr benötigt werden. Auch die Rechtsprechung lieferte zu diesem Punkt bislang wenig.<br />
Im Zusammenhang mit der Erledigung der zeitlich befristeten Aufgaben wurde z. B. der<br />
Bewertung der Unterlagen vor Gericht ein sehr viel anderer als der übliche Inhalt beigemessen,<br />
ein ausschließlich auf die Auskunftstätigkeit bezogener. So ist mit Bewertung vor allem<br />
eine formale Bewertung des Inhalts der Unterlagen und ihrer Zuordnung durch den Staatssicherheitsdienst<br />
gemeint. 27<br />
Hier stellt sich also zuerst einmal die Frage nach den zeitnahen und nach den längerfristigen<br />
Verwendungszwecken der Unterlagen. Nach wiederholter Verlängerung liegt der letzte Termin<br />
für Antragstellungen zu Zwecken von Rehabilitierung und Wiedergutmachung derzeit auf<br />
dem 31.12.2001, der für den Nachteilsausgleich zu politisch motivierten Verfolgungen in der<br />
Rentenversicherung auf dem 31.12.2006. Die Fristen für die Verfolgung von Straftaten aus<br />
der DDR verjähren gestaffelt nach Schwere und waren teilweise bereits zum 31. Dezember<br />
1997 abgelaufen. Lediglich Verbrechen, die den Tatbestand des Mordes (§ 211 des Strafgesetzbuches)<br />
erfüllen, verjähren, auch wenn sich die Strafe nach dem Recht der DDR bestimmt,<br />
nie. 28 Nach dem 30.12.2006 darf ehemaligen Mitarbeitern bei einer Überprüfung ihrer<br />
Eignung für eine Tätigkeit im Öffentlichen Dienst die frühere hauptamtliche oder inoffizielle<br />
Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst nicht mehr vorgehalten werden. 29 Damit entfällt<br />
auch diese Aufgabe. Mit den auslaufenden Tätigkeiten in den nächsten Jahren werden sich<br />
die Tätigkeitsmerkmale der Mitarbeiter nochmals spürbar ändern, weiter in Richtung der archivischen<br />
Normalität. Als eine der ständigen Aufgaben bleibt die Einsichtsgewährung an<br />
26 Unterlagen meint im Gesetz wie in dieser Arbeit sämtliche Informationsträger, soweit sie im MfS oder seinen<br />
Vorläufer- und Nachfolgeorganisationen entstanden, in deren Besitz gelangten oder ihnen überlassen wurden.<br />
Hierzu zählen neben Akten die Dateien, Schriftstücke, Karten, Pläne, Filme, Bild- und Tonaufzeichnungen und<br />
auch die zur Auswertung nötigen Hilfsmittel.<br />
27 Siehe dazu: Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 23.11.1994, Leitsatz (VG 1 A 632.92).<br />
28 Siehe: Gesetz zur Verjährung strafrechtlicher Verjährungsfristen (2. Verjährungsgesetz) vom 27.09.1993,<br />
BGBl. I S. 1657 in Verbindung mit dem Gesetz über das Ruhen der Verjährung bei SED-Unrechtstaten vom<br />
26.03.1993, BGBl. I S. 392.<br />
29 Die fünfzehnjährige Frist berechnet sich vom Tag nach Inkrafttreten des StUG. Die entsprechende Regelung<br />
für die Unterlagenverwendung findet sich in den §§ 20/21 Abs. 3 StUG. Das Verstreichen der Frist schließt nicht<br />
aus, dass nach diesem Zeitpunkt bislang noch unbekannte MfS-Belastungen im Rahmen eines Forschungsvorhabens<br />
weiter an die Öffentlichkeit gelangen können.<br />
10
Privatpersonen. Hier gibt es einen wichtigen Grund, bis ins Detail gehend über die künftige<br />
Praxis der Erschließung, Bewertung und damit auch über Kassation bei der BStU nachzudenken:<br />
Private Antragsteller können ab 2003 von ihrem in § 14 StUG bestimmten Recht auf<br />
Löschung der Betroffenendaten in den Originalunterlagen Gebrauch machen. 30 Zur Erledigung<br />
einer solchen Antragstellung müssen die Informationen zu den verschiedenen Betroffenen<br />
untereinander und von denen der Mitarbeiter im Sinne des StUG getrennt werden. In<br />
der Praxis der Behörde wird dies den Juristen und Archivaren noch einiges an Überlegung<br />
und an Kreativität abverlangen. 31<br />
Erschließung und Bewertung nach dem StUG haben sich aber nicht nur den zeitnahen Aufgaben,<br />
d. h. den momentanen Interessenkonflikten im Begehr von unterschiedlicher Seite<br />
und dem spezialgesetzlich eingeschränkten Forschungszweck zu stellen. Ein gewichtiger<br />
Umstand ist die wieder und wieder erhobene Frage nach dem Wahrheitsgehalt der Informationen<br />
in den MfS-Unterlagen, die mitbedacht werden sollte. Sie wurde von Gerichten dahingehend<br />
bestimmt, dass der Beweiswert der Informationen in Unterlagen des MfS denen von<br />
Tagebuchaufzeichnungen gleichkommt. Die undifferenzierte Feststellung bewegt sich eindeutig<br />
im unteren Bereich der möglichen Bemessung. Sie lässt die bisweilen akribischen<br />
Sachverhaltsermittlungen des Dienstes außer Acht. Auf die beim Staatssicherheitsdienst<br />
verwahrten, rechtsförmig entstandenen Justizakten kann sie ohnehin nicht übertragen werden.<br />
Die Rechtsprechung hat sich den Wahrheitsgehalt betreffend auch zur Außenwirkung<br />
der Behörde geäußert, und zwar dahingehend, dass die BStU nicht verpflichtet ist, nachzuprüfen,<br />
ob die Informationen in den Unterlagen wahr sind. Ihr komme nur die Rolle des Archivars<br />
zu. 32 Die eigentliche Überlieferungsbildung, d. h. das aus dem Archivierungsauftrag<br />
ableitbare spezielle Dokumentationsprofil und die mit der archivischen Bewertung einhergehende<br />
Kassation bleiben also sowohl in den Formulierungen des StUG wie auch in denen<br />
der Rechtsprechung völlig unscharf.<br />
Perspektivisch erfolgt die Erschließung bei der BStU wie in anderen Archiven auch für die<br />
zeitlich unbefristeten Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und für bestimmte Nachweiszwecke<br />
privater Antragsteller, wie z. B. denen für die Rentenversicherer. Hier kann man<br />
sich in den Fragen der Bewertung ganz allgemein an der Praxis der Archive des Bundes und<br />
der einzelnen Länder orientieren, die solche Unterlagen als archivwürdig einstufen, die auf<br />
Grund ihrer Bedeutung dauernd aufbewahrt werden müssen. Die Kriterien der Archivwürdigkeit<br />
sind festgemacht an der Bedeutsamkeit für Wissenschaft und Forschung, dem Ver-<br />
30 Zurzeit besteht kein Anspruch auf Vernichtung, Tonbandmitschnitte von Telefonaten inbegriffen, da der Zeitpunkt<br />
eines Vernichtungsanspruchs in § 14 Abs. 1 Satz 2 StUG spezialgesetzlich geregelt ist. § 14 ist insofern<br />
Schrankengesetz entsprechend Art. 10 Abs. 2 Grundgesetz (GG), weshalb der Grundrechtsschutz aus Art. 10 GG<br />
dem nicht entgegen steht. Siehe: Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 29.04.1998, Leitsatz (VG 1 A 194.95).<br />
31 Es handelt sich bei diesem Anspruch auf Löschung unrechtmäßig erhobener Daten um ein Zugeständnis aus<br />
den Tagen der DDR-Bürgerrechtsbewegung, von dem man schlecht abgehen kann, nur weil mit dem heutigen<br />
zeitlichen Abstand die eine oder andere Information für die Forschung als unverzichtbar erscheint.<br />
32 Siehe dazu: Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 23.11.1994, Leitsatz (VG 1 A 632.92).<br />
11
ständnis für Geschichte und Gegenwart, den künftigen Zwecken der Gesetzgebung, Verwaltung<br />
und Rechtsprechung sowie an der Sicherung berechtigter Belange einzelner Bürger.<br />
Orientierung fehlt aber auch insofern, als es sich bei den Beständen der BStU um Registratur-<br />
und Archivgut handelt, für das es weder Akten- noch Abgabepläne in traditioneller Form<br />
gab. Blickt man aus den Unmengen an Ablagen des Archivbestands der BStU in die Archivlandschaft,<br />
so erscheint zur eigenen Vergewisserung am ehesten ein Vergleich mit dem<br />
Bundesarchiv oder dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes angebracht. Beim Bundesarchiv<br />
sind im Hinblick auf Archivwürdigkeit, Bewertung und Kassation die ministeriale<br />
Ebene und die Mengenverhältnisse der Überlieferung heranziehbar, im Auswärtigen Amt an<br />
erster Stelle das spezialarchivische Profil. In letzter Konsequenz aber bleiben die Archivare<br />
der Behörde im Umgang mit den speziellen Aktenkategorien und Vorgangsarten wie mit der<br />
geheimdienstlichen Schriftgutverwaltung auf sich selbst gestellt. Lediglich die Arbeiten der<br />
internen Forscher bieten, wo es um die Struktur und Arbeitsweise des Dienstes und den<br />
Wert und den Wahrheitsgehalt der MfS-Akten geht, eine Hilfe. 33<br />
Orientieren heißt zugleich zu bedenken, dass von den spezialgesetzlichen Festlegungen des<br />
StUG her unstrittig ist, dass die Struktur und Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes für die<br />
Forschung an erster Stelle steht. Die BStU-interne Lesart dieser Vorgabe reicht wie in anderen<br />
staatlichen oder kommunalen Archiven auch von einer eher nach Evidenzwerten hin<br />
ausgerichteten Auslegung bis zu einer sehr viel umfassenderen, vorzugsweise an Informationswerten<br />
interessierten Überlieferungsbildung. Der Grad an Ausrichtung auf das SOLL-IST-<br />
Verhältnis des „Verwaltungshandelns" ist im StUG expressis verbis nicht vorgegeben, was<br />
den Archivaren, die nach den speziellen Vorgaben in den Erschließungskonzeptionen und<br />
Richtlinien arbeiten, einigen Gestaltungsraum belässt. Die archivtheoretischen Kontroversen<br />
um die Bewertung wurden in letzter Zeit in zwei Beiträgen von Robert Kretzschmar zusammengefasst,<br />
bezogen auf vergleichbare Ansätze über das abgelaufene 20. Jahrhundert hinweg<br />
sowie unter dem Gesichtspunkt der Einbeziehung der Forscher über den Zeitraum der<br />
letzten zehn Jahre. 34 Anders als Zeithistoriker sind Archivare es gewohnt, im Hinblick auf die<br />
Bewertung in größeren Zeitspannen zu denken. Will man eine generelle Aussage zur Bewertung<br />
von MfS-Unterlagen unter den Bedingungen des StUG treffen, könnte man auf zwei<br />
Punkte aufmerksam machen: Angesichts solch aufwendiger und langfristiger Erschließungs-<br />
33 Siehe dazu: Roger Engelmann. Zu Struktur, Charakter und Bedeutung der Unterlagen des Ministeriums für<br />
Staatssicherheit, in: Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen<br />
DDR, (BF informiert Nr. 3) Berlin 1994, sowie: Derselbe. Die Unterlagen des MfS. Ihr Wert als historische<br />
Quelle, in: Die Akten und die Wahrheit. Fünf Jahre Stasi-Unterlagen-Gesetz, St. Augustin 1997.<br />
34 Robert Kretzschmar. Die neue archivische Bewertungsdiskussion und ihre Fußnoten, in: Archivalische Zeitschrift<br />
Band 82, 1999, S. 215ff, sowie: Derselbe. Spuren zukünftiger Vergangenheit. Archivische Überlieferungsbildung<br />
im Jahr 2000 und die Möglichkeiten einer Beteiligung der Forschung, in: Der Archivar 53, 2000.<br />
Die mittlerweile regelmäßig erfolgenden Wortmeldungen zum Thema kommen inhaltlich stets auf einige wenige<br />
Schlüsseltexte aus der Vergangenheit zurück. Das sind die in der Literaturliste genannten Texte von Hans<br />
Booms aus 1972, Bodo Uhl und Botho Brachmann sowie die 1990 durch Angelika Menne-Haritz erfolgte Neuübersetzung<br />
des ebenfalls angeführten Textes von Theodore R. Schellenberg aus dem Jahre 1956.<br />
12
arbeiten wie denen in den Archivbereichen der BStU darf nicht außer Acht gelassen werden,<br />
dass die Unterlagen der Forschung noch in Jahrzehnten zur Verfügung stehen müssen.<br />
Deshalb sollte die heutige Erschließungspraxis einem späteren unspezifischen Forschungsinteresse<br />
nicht völlig entgegenstehen. Zum anderen muss sich jeder Archivar bei der BStU,<br />
so er Informationen aus MfS-Unterlagen einer Bewertung unterzieht, darüber klar sein, dass<br />
es sich bei den Informationen in diesen Unterlagen um ein sehr ausschnitthaftes, bisweilen<br />
stark verzerrtes Bild der DDR-Gesellschaft handelt, gezeichnet aus dem Blickwinkel der politischen<br />
Geheimpolizei.<br />
Im folgenden Abschnitt wird gezeigt, dass die praktische Herangehensweise an die Verzeichnung<br />
und Verschlagwortung der Unterlagen der spezialgesetzlichen Vorgabe folgt, ohne<br />
dabei die Wege in die Überlieferung von Informationswerten im Sinne eines gesamtgesellschaftlichen<br />
Abbilds zu verstellen. Die Lösung des Zielkonflikts unter Nutzung der eingesetzten<br />
Erschließungssoftware wird auch im Abschnitt 3 erörtert. Die Anwendung archivischer<br />
und dokumentarischer Methoden liegt ganz im Interesse der Forschung späterer Generationen<br />
und fördert zugleich den beruflichen Anspruch der am Teilbestand eingesetzten<br />
Archivare.<br />
13
2.3. Die Archivwissenschaft und die Erschließungspraxis der BStU<br />
Der Zweck der Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten im Archiv ist die Nutzbarkeit des Archivguts,<br />
was neben dem Gesamtüberblick unter Vollständigkeitsgesichtspunkten und der<br />
Sicherheit im Auffinden vor allem die Transparenz des vonstatten gegangenen Verwaltungshandelns<br />
und die Wahrung der rechtlichen Kontinuität meint. Nur der vollständig verzeichnete<br />
Bestand kann all diese Aufgaben zur Zufriedenheit erfüllen.<br />
Schaut man in die Archivgeschichte, so hatte sich spätestens mit dem Aufkommen massenhafter<br />
Einzelfallakten die Ordnung durch das alte bibliographische System überlebt. Aus der<br />
praktischen Notwendigkeit heraus kam zur Pertinenz das Anordnen durch ein äußeres Akzeptieren<br />
der Verwaltungsstruktur als der ursprünglichen administrativen Ordnung. Dem folgte<br />
schrittweise das zusätzliche Respektieren der inneren „Heiligkeit“ des Bestandes. Über<br />
das Bewusstwerden sich ablösender Verwaltungskulturen mit ihrem jeweils andersartigen<br />
rechtlichen und sozialen Kontext entstand schließlich das Bemühen um die Darstellung von<br />
Sachgemeinschaften. Für deutsche Verhältnisse waren Pertinenz, Respect des fonds, herkomstbeginsel<br />
bzw. Provenienz und schließlich das freie Provenienzprinzip von Adolf Brennecke<br />
Stationen einer gleichermaßen subtilen wie fundamentalen Entwicklung archivischen<br />
Denkens. Seither gehen bei der Ordnung von Archivgut die archivischen Forderungen den<br />
antiquarischen voran, und allzu vordergründige zeitnahe Interessen der historischen Forschung<br />
stehen in der Überlieferungsbildung zurück.<br />
Beim Anlegen der Findmittel wie in der gesamten Bestandsbildung hatte sich in den achtziger<br />
Jahren des 19. Jahrhunderts das Provenienzprinzip durchgesetzt. Verstanden wurde<br />
darunter ein Vorgehen nach Entstehungszusammenhängen, ein Ursprungs- oder Herkunftsprinzip,<br />
für das der Registraturbildner maßgebend war. Archivische Findmittel enthalten seit<br />
dieser Zeit neben den erforderlichen inhaltlichen Angaben zu den Archivalien und Beständen<br />
auch die in technischer Hinsicht notwendigen. In jedem mehrzelligen Archiv entsprechen<br />
gängige Findmittel seither stets beiden Ebenen und bilden so die Schnittstelle zwischen den<br />
Nutzern und dem Magazin. Bei den Verzeichnungselementen wird seither zwischen solchen<br />
zur Identifikation, zum Kontext, zum Inhalt und der inneren Ordnung, zu den Zugangs- und<br />
Benutzungsbedingungen sowie zu den sachverwandten Unterlagen unterschieden. Der Identifikation<br />
dienen Signatur, Titel, Entstehung und Laufzeit, Verzeichnungsstufe sowie die Angaben<br />
zu Umfang nach Menge und Abmessung. Dem Kontext zugehörig sind der Name der<br />
Provenienzstelle, die verwaltungsgeschichtlichen und biografischen Angaben, der Zeitraum<br />
der Materialzusammenstellung, die Bestandsgeschichte und die Begleitumstände der Übernahme<br />
von der Provenienzstelle.<br />
Verzeichnungen erfolgen in einem hierarchischen Bezug zueinander, wobei vom Allgemeinen<br />
(Bestand) zum Besonderen (Teil) vorgegangen wird. Die Grundregel dient der Darstellung<br />
des Kontextes und der Gesamtstruktur und seiner Teile. Weiter sollen die Angaben zur<br />
14
Provenienz und die Inhaltsangaben zu den einzelnen Akten im Detaillierungsgrad der jeweiligen<br />
Verzeichungsstufe angemessen sein. Diese zweite Regel dient der genaueren Darstellung<br />
des Inhalts und des Kontextes innerhalb einer Verzeichnungseinheit. Es sollen also nur<br />
diejenigen Angaben mitgeteilt werden, die für die betreffende Verzeichnungsstufe wirklich<br />
relevant sind. Eine dritte Regel bestimmt die genaue Position der jeweiligen Verzeichnungseinheit<br />
innerhalb der Bestandshierarchie. Erwartet wird, dass jede Verzeichnung mit der<br />
nächst höheren Verzeichnungseinheit verknüpft und dabei die jeweilige Verzeichnungsstufe<br />
festgehalten wird. Zur Vermeidung von Redundanzen sind auf der höchsten Stufe diejenigen<br />
Angaben anzusiedeln, die allen Bestandteilen gemeinsam zugehörig sind. Anders gesagt<br />
dürfen Angaben, die bereits auf einer höheren Ebene gemacht wurden, auf nachgeordneter<br />
Stufe nicht wiederholt werden.<br />
Dem Blick ins Buch folgen nun mehrere ins Leben: Rückblickend gilt das Provenienzprinzip<br />
als ein nicht hoch genug zu bewertender Fortschritt gegenüber dem älteren der Pertinenz,<br />
die mittels Verzeichnung von Territorial-, Personal- u. Sachbetreffen die genetischen Zusammenhänge<br />
der Einzelschriftstücke auflöste. Aus dieser Überzeugung heraus erstellte<br />
und erstellt die traditionelle archivarische Verzeichnung provenienzbezogene Findmittel und<br />
wahrt so die Zusammenhänge um die Herkunft der Archivalien. Die praktischen Vorteile der<br />
Orientierung am Bestand für den Magazinbetrieb sind der genau lokalisierte räumliche Bezug,<br />
der damit einhergehende geringe Kontrollaufwand sowie die Möglichkeit, provenienzmäßig<br />
und sachlich zusammenhängende Archivalieneinheiten leicht ausheben zu können.<br />
Zudem lassen sich räumlich benachbarte und systematisch aufgestellte Archivalieneinheiten<br />
in ihren inhaltlichen Bezügen vom davor stehenden Archivar so leicht überschauen. Dieser<br />
Zustand aus der guten alten Zeit trifft auf die Unterlagen des TB „SED-Kreisleitung im MfS"<br />
allerdings nur noch äußerlich zu, insofern, als sich die Unterlagen dieser Provenienz heute in<br />
zwei großen benachbarten Wagen einer Hebelschubanlage befinden und man sich als Archivar<br />
dieses Anblicks im Magazin erfreuen kann.<br />
Die bestandsorientierte Erschließung nützt sowohl den Archivmitarbeitern als auch den Forschern,<br />
die das Provenienzprinzip verstanden haben und Fragepunkte formulieren, die zu<br />
Provenienzen in Beziehung gesetzt werden können. 35 Durch die Wandlungen der Verwaltungs-<br />
und Ablagekultur im 20. Jahrhundert hat die Provenienz als Verzeichnungsprinzip und<br />
als Suchkriterium für die Masse der Einzelfallakten und das Dokumentationsgut allerdings<br />
enorm an Bedeutung verloren. Der Professionalisierungsschub in der beruflichen Tätigkeit<br />
der Archivare ist über das preußische Regulativ aus dem Jahre 1881 in seiner Bedeutung als<br />
Ordnungs-, Organisations- und Forschungsprinzip weit hinausgegangen. Ausschließliche<br />
Verzeichnung nach Provenienzen ist selbst bei hinreichenden organisationsgeschichtlichen<br />
35 Die stark vereinfachte Sicht vernachlässigt so wichtige Funktionen wie die der Kontrolle und Sicherung des<br />
Archivgutes. Zwecks ausführlicher Unterweisung in der dahergebrachten archivischen Ordnungs- und Verzeichnungslehre<br />
siehe: Johannes Papritz. Archivwissenschaft, Bd. 3, Teil III.1, Marburg 1983, S. 185ff.<br />
15
Kenntnissen nur so lange sinnvoll, als der Benutzer über die Frage nach der Behördenkompetenz<br />
auf möglichst direktem Weg an das gesuchte Quellenmaterial kommt. Bei der Schriftgutverwaltung<br />
und dem archivierten Schriftgut des MfS lebte jenseits der Entstehungszusammenhänge<br />
das ältere Pertinenzprinzip wieder auf und wird beim Ordnen mittels Beifügung<br />
und Neueinstellung bis heute beibehalten. Der schriftliche Niederschlag der Tätigkeit<br />
des Ministeriums für Staatssicherheit in seiner Dreiteilung als Nachrichtendienst, politische<br />
Geheimpolizei und Ermittlungsorgan gemäß DDR-StPO hatte mit der Schriftgutproduktion<br />
aus einer legitimen, aktenmäßig und gesetzeskonform arbeitenden Verwaltung wenig gemein.<br />
Erfassung, Registrierung, Karteiführung, Ausleihe, Auskunftserteilung, sichere Aufbewahrung<br />
und selbst die Archivierung einschließlich Sicherheitsverfilmung und Restaurierung<br />
hatten sich stets unter Wahrung der Konspiration vollzogen. 36 Vorgänge waren vorrangig<br />
personenbezogen angelegt und Informationen vorrangig personenbezogen ausgewertet<br />
worden. Selbst die aus der Zeit vor 1945 angesammelten Akten waren systematisch nach<br />
personellen Gesichtspunkten durchforstet und teilweise nach Art von Personenpertinenzen<br />
zerlegt worden. Die wichtigsten Vorgangsarten des MfS und deren Archivierungsbezeichnungen<br />
finden sich u. a. im Abkürzungsverzeichnis in der Homepage der BStU. 37<br />
Ruft man sich das Ausmaß an Verunordnung in den Archiven bei Auflösung des Dienstes in<br />
Erinnerung, so wird klar, dass für theoretische Erwägungen von den Höhen der traditionellen<br />
Archivwissenschaft herab anfangs wenig Zeit blieb. Es war nicht einmal möglich, sich einen<br />
stimmigen Überblick über die im Zentralarchiv des MfS vorhanden gewesenen Bestände, die<br />
Tektonik des MfS-Archivs zu verschaffen. Einige Zeit war man der irrigen Auffassung, im<br />
ehemaligen MfS-Zentralarchiv habe es lediglich sechs und nicht, wie man heute weiß, neun<br />
Archivbestände gegeben. Insofern sind die Darstellungen im 1. Tätigkeitsbericht und in den<br />
Informationen der BStU-Abteilung für Bildung und Forschung (BF) 38 zu aktualisieren. 39<br />
Die archivischen Erschließungsarbeiten unter den Bedingungen der sofortigen Aktenöffnung<br />
und Bereitstellung für die private Akteneinsicht und die Auskunftserteilung mussten sich notgedrungen<br />
der vorgefundenen Mittel und Abläufe aus der Zeit des MfS bedienen. Sie vollzogen<br />
sich rein äußerlich ähnlich den Verfahrensweisen im Staatssicherheitsdienst. Alle vorhandenen<br />
personenbezogenen Karteien dienten dem schnellen Befriedigen aktueller Informationsbedürfnisse<br />
von vergleichsweise riesigen Nutzergruppen, ein nicht abreißen wollender<br />
Zustand seit dem ersten Tag der Stasi-Akten-Öffnung. Der effizienten Befriedigung so<br />
36<br />
Detaillierte Aussagen zur Schriftgutverwaltung des MfS und zur Bewertung aus archivwissenschaftlicher Sicht<br />
enthalten die in der Bibliografie genannten Veröffentlichungen von Dagmar Unverhau, der Leiterin der Abteilung<br />
Archivbestände der BStU. Ich verweise insbesondere auf die in der Archivalischen Zeitschrift erschienene<br />
Kommentierung eines Schulungsvortrages von Joachim Hinz, der ab 1980 das Zentralarchivs des MfS leitete.<br />
37<br />
Siehe: (8/2001).<br />
38<br />
Vgl.: Roger Engelmann. Zu Struktur, Charakter und Bedeutung der Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit,<br />
a.a.O., S. 35ff.<br />
39<br />
Siehe: BStU-Dienstregistratur. Hinweise zu den „Archivbeständen" der Abt. XII, gemäß Festlegung auf der<br />
Referatsleiterbesprechung am 28.05.01. AR 1-interner Vermerk vom 31.05.01.<br />
16
vieler aktueller personenbezogener Nutzerwünsche kam die MfS-Ablageorganisation mit<br />
ihren Personenpertinenzen also in starkem Maße entgegen. Auch die Herausgabe der Verfahrensakten<br />
der DDR-Justizbehörden gestaltete sich weitgehend primärzweckähnlich bzw.<br />
in der Art eines Magazindienstes im Zwischenarchiv. Andererseits kam es zu der für Archive<br />
typischen Umwidmung der Unterlagen, denn die neuerlichen Verwendungszwecke waren<br />
der Zielrichtung gegenüber, mit der diese Unterlagen ursprünglichen angelegt wurden, völlig<br />
verschieden.<br />
Die Ebenen, auf denen die Erschließung üblicherweise vorankommt, sind die der Abgabelisten,<br />
die des Dokuments bzw. der Akteneinheit und die der Klassifikation und des Findbuchs.<br />
Bei der BStU steht für die Abgabeliste die bei Auflösung der Staatssicherheit erstellte Grobsichtungsliste<br />
der aufgefundenen Unterlagen. Die Unterlage steht für das Dokument oder<br />
Einzelblatt oder auch für den einzelnen Akt. Im Interesse der zügigen Aufgabenerledigung<br />
war es anfangs äußerst wichtig, dass sehr bald eine Erschließungskonzeption erarbeitet und<br />
Richtlinien zur Tiefe und Methode der Erschließung vorgelegt wurden. Die Intensität und die<br />
Methode der Verzeichnung bei der BStU richten sich heute, so wie in anderen Archiven<br />
auch, nach dem inhaltlichen Gewicht des Bestandsteiles, nach der Struktur des zu erfassenden<br />
Registratur- bzw. Archivgutes und nach der zu erwartenden Benutzernachfrage. Eine<br />
Auflistung der Grundsatzmaterialien, die über die Jahre mit zahlreichen Anlagen ergänzt<br />
wurden, findet sich in der Anlage 2/1.<br />
Zum Verständnis soll nochmals betont werden, dass die Erschließung der BStU bislang vorrangig<br />
die verunordneten oder vorvernichtet aufgefundenen Unterlagen bzw. die Unterlagen<br />
aus den Zentralen Materialablagen und den Dienstzimmern der Mitarbeiter zum Gegenstand<br />
hatte, sich also nur ansatzweise auf die vom Staatssicherheitsdienst selbst archivierten Ablagen<br />
richtete. Die archivierten Ablagen 40 sind ja mit Hilfe des mehrstufigen Systems der<br />
Findkarteien des MfS über die Namen der Betroffenen bzw. die der ehemaligen Mitarbeiter,<br />
Decknamen und Registriernummern recherchierbar, wenn auch bis heute sachthematisch<br />
nicht direkt gesucht werden kann und jedes Thema stets in eine oder mehrere Personenrecherchen<br />
umgewandelt werden muss. Da es im Rahmen dieser Arbeit vorrangig um die vom<br />
MfS noch nicht archivierten Unterlagen aus ehemals laufender Bearbeitung geht, muss auf<br />
die speziellen Bestimmungen für die Verfahrensweise mit archivierten Ablagen nicht weiter<br />
eingegangen werden.<br />
Das Ordnen und Erschließen beim BStU hatte sehr bald zu tun mit der Abkehr von der Annahme,<br />
ein ausschließlich provenienzorientiertes System der Archivorganisation könne weiter<br />
wie bisher dem Information Retrieval der Nutzer zu Grunde gelegt werden. Die Behörde<br />
40 Unter archivierten Ablagen werden hier alle in der ehemaligen Abteilung XII (Zentrale Auskunft/Speicher)<br />
des MfS überlieferten sowie die in den Archivregistrierbüchern bzw. in den Zentralen Personenkarteien F 16 und<br />
F 22 und der Vorgangskartei der ehemaligen Hauptabteilung IX/11 mit Archivnummer nachgewiesenen registrierten<br />
und nicht registrierten Unterlagen gefasst. Die Unterlagen der SED-KL im MfS zählen nicht hierzu.<br />
17
hatte angesichts der hohen Antrags- und Ersuchenszahlen keine Alternative und musste sich<br />
für die Aufgabenerledigung verschiedene elektronische Dateien herrichten bzw. schaffen,<br />
wie die Datei der Hauptamtlichen Mitarbeiter (HVA-HIM-Oibe-Datenbank), den Automatischen<br />
Datenabgleich (ADA) und das Elektronische Personenregister (EPR). Es handelt sich<br />
bei diesen Dateien im Kern um Vorfilter für die Recherche und Erschließung und insofern<br />
gerade noch nicht um archivische Findmittel im Sinne des angestrebten „Brechens“ von kontextbezogenen<br />
Informationen. Angesichts der Massenausleihen erfolgte auch der Nachweis<br />
des Verbleibs der ausgehobenen Unterlagen ab 1993 über ein eigens dafür geschaffenes<br />
elektronisches Ausleihprogramm (AMAG), an das mittlerweile ein internes und externes<br />
Mahnverfahren angeschlossen ist.<br />
Parallel zur Nutzung der vom MfS übernommenen Karteien und der neuen Dateien entstanden<br />
in Form von Bündellisten und Steilkarteien die bis heute gebräuchlichen archivischen<br />
Findhilfsmittel. Um sachthematische Recherchen durchführen zu können und einen möglichst<br />
schnellen und möglichst umfassenden Bestandsüberblick zu erhalten, wurden zu den<br />
numerischen auch systematische Findkarteien angelegt. Für den Teilbestand SED-KL im<br />
MfS wurde zudem eine große Zahl an Verweiskarten in die systematische Kartei eingestellt.<br />
Die dem Teilbestand zugehörigen originalen Karteien der SED-KL des MfS wurden lediglich<br />
geordnet. Sie dürfen auf ausdrückliche Anordnung des Bundesdatenschutzbeauftragten hin<br />
nicht verändert werden. 41<br />
Nach der abschließenden Bearbeitung einzelner Bestände bzw. Teilbestände wurde bei<br />
mehreren Teilbeständen das Anlegen von Bestandsübersichten und eines ersten Findbuchs<br />
in Angriff genommen. Eine erste Bestandsübersicht ergänzt diese vorläufigen Findhilfsmittel.<br />
Die konkrete archivarische Vorgehensweise bei der Erschließung folgt den Ordnungs- und<br />
Verzeichnungsgrundsätzen für die staatlichen Archive der Deutschen Demokratischen Republik<br />
(OVG). 42 Darüber hinaus werden die archivspezifischen Dienstanweisungen und Ordnungen<br />
des MfS berücksichtigt. Sie sind der Schlüssel zum Verständnis der speziellen<br />
Schriftgutorganisation und der speziellen Schriftgutkategorien. 43<br />
Unterlagen, die in loser Form überliefert sind, werden nach Prüfung der Provenienz ihrem<br />
Überlieferungszusammenhang nach verzeichnet, sprich nach dem Bündel, zu dem die<br />
Unterlagen bei Auflösung des Dienstes zusammengefasst bzw. zusammengeschnürt<br />
wurden. Hier bildet die Struktur des MfS im Jahre 1989 die Arbeitsgrundlage. 44 Werden lose<br />
Unterlagen archivtechnisch formiert, so ist nachzuweisen, aus welchem Bündel heraus dies<br />
41 Siehe: BStU-Dienstregistratur. Vermerk vom 04.03.1993: Unveränderbarkeit der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes.<br />
Dezentrale Karteien der Diensteinheiten. Schreiben der Abteilungsleiterin AR vom 26.01.1993.<br />
42 Zu Vernachlässigen ist aus heutiger Sicht die Einleitung zu den OVG.<br />
43 Eine Auflistung der Dienstanweisungen und Durchführungsbestimmungen des MfS, die für das Verständnis<br />
der Schriftgutorganisation und der Schriftgutkategorien unabdingbar sind, findet sich in der Anlage 2.<br />
44 Siehe dazu: Klaus-Dietmar Henke u. a. (Hrsg.). Die Organisationsstruktur des Ministeriums für Staatssicherheit<br />
1989, in: Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR.<br />
Anatomie der Staatssicherheit, Geschichte, Struktur, Methoden, Teil V/1, Berlin 1995.<br />
18
gen archivtechnisch formiert, so ist nachzuweisen, aus welchem Bündel heraus dies erfolgte.<br />
Die in der Behörde erstellten Grobsichtungslisten erfüllen dabei bis heute die Funktion der<br />
Abgabelisten in den regulären Archiven. In jedem Fall wurde nachgewiesen, welche Akteneinheiten<br />
aus welchen Bündeln heraus formiert wurden. Über die Verzeichnungskarteikarten<br />
hinaus erfolgte dieser Nachweis durch den Vermerk der Konkordanz in den Grobsichtungslisten.<br />
Vom MfS archivierte Unterlagen, die sich bei Auflösung des Dienstes nicht im Archiv sondern<br />
in den Diensteinheiten anfanden, wurden nach ihrer Archivsignatur geprüft und nach Maßgabe<br />
des § 19 OVG im Archiv nachgestellt. Die zum Zeitpunkt der Auflösung registrierten,<br />
bis dato jedoch noch nicht archivierten Unterlagen wurden in der so genannten 91er Reihe<br />
eingestellt. Diese Reihe wurde geschaffen, um die registrierten Unterlagen schnell für die<br />
Auskunftserteilung nutzen zu können. Da die entsprechenden Personen bereits in den zentralen<br />
Personenkarteien nachgewiesen waren, wurde die Lagerungsnummer auf eine farblich<br />
unterschiedliche, curryfarbene Karteikarte aufgetragen und diese eingestellt. Die Ordnung<br />
der Gesamtheit aller Unterlagen einer Diensteinheit und die einer Unterabteilung oder einer<br />
noch kleineren Struktureinheit folgt den Vorgaben in den §§ 59 ff der OVG, orientiert sich<br />
also an der inneren bzw. Registraturordnung. Auch die innere Ordnung der gehefteten oder<br />
anderweitig fest formierten Unterlagen wird beibehalten, schon aus Gründen der Beweiserheblichkeit<br />
im Fall der Nutzung. Das entspricht den Vorgaben von § 79 OVG. Erkennbare<br />
weitere Prinzipien der früheren Ordnung, wie z. B. die der Materialablagen in den ehemaligen<br />
operativen Diensteinheiten, sind im Sinne von 101 ff OVG als die frühere Ordnung des<br />
„Registraturbildners" zu rekonstruieren. Gemäß § 111 OVG ist der alte Aktentitel die Grundlage<br />
für die Bildung des neuen. Berichtigungen erfolgen gemäß § 87 OVG über die erweiterte<br />
Verzeichnung mittels Enthält-Vermerk in all jenen Fällen, wo die in den §§ 116-118 genannten<br />
Voraussetzungen nicht vorliegen.<br />
Soweit zu den praktischen Anweisungen für die Ordnung und Verzeichnung, die zurückgehen<br />
auf die Vorgaben aus der Zeit, in der das Archivgut entstand. Provenienz ist somit ein<br />
wichtiges Ordnungsmerkmal für die Bestandsbildung im Erschließungsbereich der BStU.<br />
Aus arbeitsorganisatorischen Gründen und wegen der Beweiserheblichkeit von Unterlagen<br />
wurde anfangs auf eine Bewertung 45 im Sinne einer Entscheidung über die dauernde Aufbewahrung<br />
oder Kassation von Unterlagen verzichtet. Ab Mitte 1997 regelte eine erste Arbeitsanweisung<br />
die ordnungsgemäße Kassation von Mehrfachüberlieferungen. Mit Wirkung vom<br />
01.04.2001 trat ein umfassender Bewertungskatalog und damit eine generelle Arbeitsanwei-<br />
45 Die Geschichte der Bewertungsdiskussion mit Bilanz und Perspektiven, der zentrale Stellenwert fachgerechter<br />
Reduktion des Archivgutes, einzelne terminologische Unschärfen der Diskussion und Bewertung als Gegenstand<br />
der Aus- und Fortbildung waren Gegenstand eines archivwissenschaftlichen Kolloquiums an der Archivschule<br />
Marburg im Juni 1994. Siehe dazu: Andrea Wettmann (Hrsg.). Bilanz und Perspektiven archivischer Bewertung.<br />
Beiträge eines Archivwissenschaftlichen Kolloquiums, Marburg 1994.<br />
19
sung für die Bewertung und Kassation von Unterlagen in Kraft. 46 Hier sind die Archivwürdigkeitsentscheidungen<br />
noch verschränkt mit der laufenden Aufgabenerledigung, und die Kassation<br />
stellt vorerst nur eine negative Wertauslese dar. Kassiert werden Unterlagen, die die<br />
Eigenschaft, Träger von Information zu sein, nicht mehr besitzen. Dazu zählen u. a. leere<br />
Formulare und Vordrucke, nachdem Musterexemplare gesichert wurden, sowie nicht mehr<br />
rekonstruierbares Material. Eine zweite Gruppe stellen Unterlagen MfS-fremder Provenienz<br />
dar, die keine Bearbeitung durch die Staatssicherheit erkennen lassen, nicht vorgangsbildend<br />
waren und nicht an öffentliche bzw. nichtöffentliche Stellen herauszugeben sind.<br />
Drittens können jene Unterlagen der Inneren Verwaltung des MfS ausgesondert werden, die<br />
keine Rückschlüsse auf die spezifische Tätigkeit der Staatssicherheit gewähren. Dazu zählen<br />
u. a. Nachweise zu Bekleidung/Ausrüstung und zur Kantine, Laufzettel bei Entlassung,<br />
Geschenkabrechnungen und Saunabücher. Schließlich werden jene Unterlagen kassiert, die<br />
für die Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt werden und keine Archivwürdigkeit besitzen,<br />
wie Wandzeitungen und Schießkladden, nachdem Beispiele gesichert wurden.<br />
Die heutigen Auffassungen zur Überlieferungsbildung in der Behörde sind ein Abbild der allgemeinen<br />
Diskussion unter den Archivaren um den schlüssigen Bewertungsansatz. Hier<br />
wurden die beiden gegensätzlichsten theoretischen Grundsätze in einer Erwiderung Volker<br />
Schockenhoffs auf eine Veröffentlichung der Marburger Institutsleiterin Angelika Menne-<br />
Haritz erörtert. 47 Die vorgetragenen Positionen berühren die verschiedenen Sichtweisen auf<br />
das Berufsbild „Archivar“ und die entsprechenden Ansätze in der Ausbildung. Es geht darum,<br />
ob Evidenz von Verwaltungshandeln das oberste Ziel archivischer Bewertung sein soll oder<br />
ob mittels Informationswerten ein gesamtgesellschaftliches Abbild angestrebt werden sollte.<br />
Für die Entwicklung des Bewertungsansatzes und die künftige Wertauslese unter den Unterlagen<br />
des MfS erachte ich den Inhalt eines Aufsatzes von Hans Booms aus dem Jahr 1972<br />
als nach wie vor bedeutsam. Booms legte darin den Archivaren als Lösung des Überlieferungsproblems<br />
die Erstellung von „Dokumentationsplänen” nahe. 48 Für Booms waren die<br />
Pläne ein nützliches Hilfsmittel zur Schaffung einer „gesellschaftlich relevanten” Überliefe-<br />
46<br />
Siehe: BStU-Dienstregistratur. Arbeitsanweisung für die Bewertung und Kassation von Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
(Bewertungskatalog).<br />
47<br />
Die regelmäßig erfolgenden Wortmeldungen in der Fachliteratur kommen inhaltlich stets auf einige wenige<br />
Schlüsseltexte zurück. Siehe dazu: Robert Kretzschmar. Die neue archivische Bewertungsdiskussion und ihre<br />
Fußnoten, in: Archivalische Zeitschrift, Band 82, 1999. Derselbe. Spuren zukünftiger Vergangenheit. Archivische<br />
Überlieferungsbildung im Jahr 2000 und die Möglichkeiten einer Beteiligung der Forschung, in: Der Archivar<br />
53, 2000; Angelika Menne-Haritz. Das Provenienzprinzip - ein Bewertungssurrogat? Neue Fragen einer alten<br />
Diskussion, in: Der Archivar 47, 1994; Volker Schockenhoff: Nur „zölibatäre Vereinsamung?“ – Zur Situation<br />
der Archivwissenschaft in der Bundesrepublik 1946-1996, in: 50 Jahre Verein deutscher Archivare. Bilanz und<br />
Perspektiven des Archivwesens in Deutschland. Referate des 67. Deutschen Archivtags 1996 in Darmstadt, in:<br />
Der Archivar 49, Beiband 2, Siegburg 1997; Derselbe. Nur keine falsche Bescheidenheit. Tendenzen und Perspektiven<br />
der gegenwärtigen archivarischen Bewertungsdikussion in der BRD, in: Friedrich Beck, Wolfgang<br />
Hempel und Eckart Henning (Hrsg.). Archivistica docet, Beiträge zur Archivwissenschaft und ihres interdisziplinären<br />
Umfeldes, <strong>Potsdam</strong> 1999.<br />
48<br />
Hans Booms: Gesellschaftsordnung und Überlieferungsbildung - Zur Problematik archivischer Quellenbewertung,<br />
in: Archivalische Zeitschrift, 1972 S. 3-40.<br />
20
ung 49 , die räumlich noch aufhebbar ist und objektive Forschungsergebnisse ermöglicht. 50<br />
Booms Dokumentationspläne interessieren hier weniger als die dahinter stehende Logik und<br />
die damit verknüpften Überlegungen zur Praxis der Überlieferungsbildung. Der Boom’schen<br />
Auffassung nach soll der Archivar Unabhängigkeit von den wechselnden Forschungsrichtungen<br />
anstreben, indem er mittels „positiver Wertauslese“ ein gesamtgesellschaftliches Urbild<br />
der jeweiligen Zeit schafft. Es ging Booms um die Schaffung eines Instruments zur Bewertung<br />
von Schriftgut als einer potentiellen historischen Quelle, was einer Bewertung von<br />
Schriftgutkomplexen auf der Pertinenzbasis 51 entspricht und so dem MfS-Gebaren entgegenkommt.<br />
Eine solche Auswahl nach Pertinenzen kann an Hand der registrierten personenbezogenen<br />
Vorgänge des MfS ohne zusätzliche Trennung beliebig getroffen werden.<br />
Gemeinhin identifiziert Bewertung die erforderlichen Bestandteile des Schriftguts und verdichtet<br />
es auf die wesentlichen Aussagen, wobei schon 5% der Unterlagen als ausreichend<br />
gelten. Dass diese Vorgabe weder für die Bewertung bei der SAPMO noch für die bei der<br />
BStU ein durchgängiger Orientierungswert sein kann, ist völlig unstreitig. Nachdenklich<br />
stimmen dem gegenüber die aufwendigen Anstrengungen der Behörde, vom MfS vorvernichtete,<br />
zerrissene Akten durch eine Arbeitsgruppe der BStU beim Bundesamt für die Anerkennung<br />
ausländischer Flüchtlinge rekonstruieren zu lassen. Der Output dieser Tätigkeit erinnert<br />
an das Schicksal des armen dänischen Archivars Wegener aus dem vorletzten Jahrhundert,<br />
der mit seiner Art der Verzeichnung und Bewertung am Ende seines Lebens noch Arbeit für<br />
3500 „Mannjahre“ hinterließ. 52 Aus dem Teilbestand SED-Kreisleitung im MfS sind hiervon<br />
77 Säcke mit 2- bis 12fach zerrissenem Schriftgut betroffen. Hier stellt sich die Frage, ob die<br />
Wissenschaft durch die Kenntnis der letzten rekonstruierbaren Information um die<br />
Zusammenhänge und Mechanismen zwischen der Führung der SED und ihrer Gefolgschaft<br />
in der Geheimpolizei besser Bescheid wissen wird oder eben nur detaillierter in den bereits<br />
bekannten Punkten. Nach Unfehlbarkeits- und Vollständigkeitsprinzipien zu arbeiten ist für<br />
Archivare weder praktikabel noch effizient, und man sollte für den Teilbestand SED-KL im<br />
MfS auf diese Art der Rekonstruktion verzichten.<br />
Mit weniger Aufwand zu bewerkstelligen und der freien Forschung dienlich wäre demgegenüber<br />
eine Durchsicht der gesondert verwahrten, weggeschlossenen Unterlagen im Hinblick<br />
auf ihre weitere Einstufung in die Geheimhaltung gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 b-d StUG. Im Falle<br />
des TB SED-KL wurde dem Geheimschutzbeauftragten der BStU nur eine Unterlage angeboten,<br />
mit Informationen zu den westlichen Geheimdiensten. Von einer Einstufung in die<br />
49 Ebenda, S. 9.<br />
50 Ebenda, S. 38ff.<br />
51 Ebenda, S. 40.<br />
52 Siehe dazu: V.A. Secher, ´Om Proveniens-H(Hjemmelhors) Principer´, Meddelelser fra det Dankse Rigsarckivc<br />
I (1906) 191-240. Cited in: Land van Herkomst 48. Nach: Peter Horsman. Taming the Elephant. An orthodox<br />
approach to the Principle of Provenance in: ARCHIEVEN, ORDENINGSPRINCIPES EN ORDENINGS-<br />
STELSELS; ´s-Gravenhage, augustus 1996, in: <strong>Fachhochschule</strong> <strong>Potsdam</strong>. Fachbereich Archiv-Bibliothek-<br />
Dokumentation. Projekt Fernstudium Archiv. Reader für Modul M1, Mai 1999, S. 75-83.<br />
21
gesonderte Verwahrung sah er ab. 53 So ist der Teilbestand SED-KL im MfS von Sperrungen<br />
frei und für die Forschung vollständig zugänglich, was im Vergleich mit anderen Teilbeständen<br />
nicht die Regel darstellt. Einstufungen in die gesonderte Verwahrung bedeuten keine<br />
Herausnahme aus der Zuständigkeit des Archivbereichs, sind aber mit der Verlängerung der<br />
Sperrfristen für die Nutzer in regulären Archiven vergleichbar. Es ist völlig unstrittig, dass es<br />
in den Archivbeständen Informationen gibt, die nicht frei zugänglich sein sollten, wie z. B.<br />
Informationen zu gefährlichen technischen Verfahren und gefährlichen Stoffen oder zur Verwendung<br />
von sensiblen Nachrichten durch fremde Staaten. Mit fast 12 Jahren Abstand zur<br />
Wende in der DDR darf man allerdings fragen, wie es sich mit den über dreißig Jahre alten<br />
und den noch älteren weggeschlossenen Unterlagen zur Tätigkeit von Nachrichtenstellen der<br />
Alt-Bundesrepublik verhält, was die Geheimniskrämerei hier heute noch soll. Um mehr als<br />
die Namen berenteter Mitarbeiter der Dienste kann es dabei vom Personenbezug her kaum<br />
gehen. Der Personenkreis wäre nach dem StUG ohnehin geschützt, würde bei Auskünften<br />
dem Betroffenen gleichgestellt, geschwärzt. Problematischer für die Offenlegung erscheinen<br />
die mutmaßlichen und tatsächlichen Aktionen der „Agenten" der „Geheimdienstschuppen“<br />
(Herbert Wehner) der fünfziger Jahre. Auch die ehrenrührige billigende Inkaufnahme des<br />
Menschenversuchs hinter Mauer und Stacheldraht sowie aktenkundig gewordene Fälle fehlender<br />
Distanz zu den Funktionären der DDR seitens einzelner Politikern des Westens in<br />
Ausübung ihres Amtes gehören aufgearbeitet. Die alsbaldige Durchsicht der seit längerem<br />
eingestuften Unterlagen und die Freigabe solcher Informationen für die Forschung ist wünschenswert.<br />
Dies würde den Blick dafür schärfen, dass die Staatssicherheit nicht allein ein<br />
Phänomen der DDR und der Biografien ihrer Bewohner war, sondern auch eines in der Geschichte<br />
der Alt-Bundesrepublik, ein Teil der deutschen Nachkriegsgeschichte. Auch insofern<br />
geht es um die gesamtgesellschaftliche Überlieferungsbildung. Ein „Schluss, Roma locuta,<br />
causa finita" 54 zu Gunsten einer solchen Durchsicht wäre willkommen, im Interesse der Aufarbeitung<br />
wie der Glaubwürdigkeit der Politik.<br />
53 Siehe: BStU-Dienstregistratur. Az. AR 4/13411240. Schreiben von AR 4 an ZV 7 vom 26.09.97.<br />
54 Zu dieser Äußerung Otto Schilys siehe: Peter Fahrenholz. Philip Grassmann. Schily bleibt im Streit um Stasi-<br />
Akten unnachgiebig, in: Süddeutsche Zeitung vom 11. Juli 2001, S. 6.<br />
22
3. Die Erschließung des Teilbestandes „SED-Kreisleitung im MfS"<br />
3.1. Die Bestandsgeschichte und der Wert der Unterlagen für die Forschung<br />
Die überlieferten Unterlagen der SED-Kreisleitung im MfS hatten bei Auflösung des Dienstes<br />
einen Umfang von 166,5 lfm und lagerten im Zentralarchiv. 55 Sie wurden ab 1990/91 von<br />
Archivaren und archivarischen Hilfskräften grobgesichtet.<br />
Mit Beginn der Tätigkeit des BStU musste über den Verbleib der Unterlagen im Archiv der<br />
Zentralstelle und über die Erfassung von Unterlagen mit MfS-Bezug in anderen Archiven<br />
entschieden werden. Diesen Fragen wurde von April bis September 1992 nachgegangen.<br />
Dabei wurde für Zwecke der Rückführung von MfS-Unterlagen eine Kopie des Bestandsnachweises<br />
der Unterlagen und der Findhilfsmittel im Archiv der Partei des demokratischen<br />
Sozialismus (PDS) erstellt. 56<br />
In der Folgezeit wurden die Unterlagen des Teilbestandes SED-KL im MfS sehr intensiv<br />
durch die Forschungsabteilung des BStU angefordert und im Zusammenhang mit der Aushebung<br />
schrittweise verzeichnet. 1994 verfügte die Leitung der Abteilung Archivbestände die<br />
Bearbeitung des Teilbestandes in die alleinige Zuständigkeit eines Erschließungsreferates.<br />
Die Grobsichtungslisten wurden ausgewertet und es kam zu einer Prioritätensetzung im Hinblick<br />
auf die weitere inhaltliche Erschließung. Die Erschließungsergebnisse der nachfolgenden<br />
Jahre bildeten den Ausgangspunkt für eine Beratung zwischen der Abteilung Archiv,<br />
dem Grundsatzreferat und dem Leitungsbüro der Behörde. Am 22.9.98 wurde abschließend<br />
darüber befunden, ob der Teilbestand weiterhin bei den Unterlagen des MfS und damit beim<br />
BStU verbleibt oder an die Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen im Bundesarchiv<br />
zu übergeben ist.<br />
Im Ergebnis der Rücksprachen wurde verfügt, dass der TB SED-KL bei dem BStU verbleibt.<br />
Die Entscheidung stellte darauf ab, dass eindeutige inhaltliche Bezüge zur Tätigkeit des MfS<br />
hergestellt werden können und es sich von daher um Unterlagen des MfS handelt. Ein sehr<br />
wichtiger Gesichtspunkt für die Entscheidungsfindung war der zu veranschlagende unverhältnismäßig<br />
hohe Aufwand für die Trennung der Informationen und Dokumente zur Parteiarbeit<br />
von den Informationen zur Tätigkeit des Ministeriums. Über inhaltliche Gesichtspunkte<br />
hinaus wurde die enge personelle Verflechtung innerhalb der Struktur des MfS und der in der<br />
SED-Kreisleitung im MfS als Begründung genannt. So war der 1. Sekretär der Kreisleitung<br />
der SED zugleich Mitglied des Kollegiums des MfS. Andererseits fanden Disziplinierungen<br />
innerhalb der Parteiorganisation selbst bei einfachen SED-Mitgliedern aus den unteren Rängen<br />
des Dienstes nie außerhalb des MfS statt. Schließlich wurde zu Gunsten des Verbleibs<br />
55<br />
Siehe: Büro des Sekretariats. Zuarbeit zur Konzeption zur organisierten Einstellung der Arbeit des Apparates<br />
der ehemaligen SED-Kreisleitung vom 13.12.1989. MfS SED-KL Nr. 1228, S. 2, BStU 000 898.<br />
56<br />
Siehe: BStU-Dienstregistratur. AR 1. Aktenvermerk vom 17.09.1992 betreffend die Unterlagen der SED nach<br />
StUG § 10, Anlage.<br />
23
noch das Argument ins Feld geführt, der Teilbestand sei eine wichtige Grundlage für die weitere<br />
interne Forschung. 57<br />
Die Verzeichnung oblag von diesem Zeitpunkt an der kurz zuvor aus Archivaren und Sachbearbeitern<br />
des Auskunftsbereiches geschaffenen Projektgruppe „Erschließung der Teilbestände",<br />
die den Teilbestand bis Dezember 2000 vollständig verzeichnete. Der Teilbestand<br />
befindet sich heute im Magazin in der Ruschestraße 104, Haus 8, Raum B 001. 58<br />
Die aktuellen Teilbestandsangaben enthält die Anlage 6. 59<br />
Bis in das Jahr 2000 blieb offen, wie mit den im Teilbestand SED-KL enthaltenen Unterlagen<br />
der Massenorganisationen im MfS verfahren werden sollte. Dazu ist zu sagen, dass das<br />
Schriftgut zur SED-Kreisleitung zusammen mit dem der Kreisleitung der FDJ, des Kreisvorstands<br />
der DSF und dem des FDGB überliefert wurde. Aus den Unterlagen des TB SED-KL<br />
geht hervor, dass es sich bei der FDJ-Kreisleitung wie beim Kreisvorstand der DSF und des<br />
FDGB formal um organisatorisch selbständige Organisationseinheiten im MfS handelte. Eine<br />
Trennung der Unterlagen und Schaffung von Unterprovenienzen erschien auch hier wegen<br />
der starken gegenseitigen personellen und inhaltlichen Verflechtungen schwer möglich. Für<br />
die am 13.04.2000 getroffene Entscheidung 60 zu Gunsten einer Zusammenführung der Unterlagen<br />
in einer Provenienz war maßgebend, dass sich nur bei einem geringen Teil des<br />
Schriftgutes die genaue Herkunft FDJ-Kreisleitung bzw. Kreisvorstand des FDGB und Kreisvorstand<br />
der DSF feststellen ließ. Für die Entscheidung sprach auch die organisatorische<br />
Zusammenfassung der Mitarbeiter der Apparate der Massenorganisationen im MfS als Abteilungsparteiorganisation<br />
4 innerhalb der SED-Grundorganisation „Apparat der SED-<br />
Kreisleitung". Die Pflicht zur Bestätigung der Stellen- und Strukturpläne der FDJ-Kreisleitung<br />
durch die SED-Kreisleitung reichte bis in einzelne Kaderentscheidungen hinein. Die Funktion<br />
des 1. Sekretärs der FDJ-Kreisleitung war obligatorisch an eine Mitgliedschaft in der SED-<br />
Kreisleitung gebunden. Auch die Anleitungs- und Unterstellungsverhältnisse, d. h. die politische<br />
Anleitung der FDJ-Kreisleitung durch die SED im MfS und die Berichterstattungspflicht<br />
der „Tschekisten im Blauhemd" vor dem Sekretariat der SED-Kreisleitung im MfS wurden<br />
dabei berücksichtigt.<br />
57<br />
Siehe: BStU-Dienstregistratur. Teilbestand „SED-Kreisleitung". Schreiben von AR 4 an den Direktor der Behörde<br />
vom 23.09.98, Az.: AR 4/13411121.<br />
58<br />
Es handelt sich um den ehemals als „Kupferkessel" bezeichneten Raum für die geplante abhörsichere Rechenanlage<br />
des MfS. Dort lagerten bis zum März 2000 ca. 6800 Säcke mit vorvernichteten, zerrissenen Unterlagen.<br />
In der Ausbauphase bis November 2000 wurden eine neue Klimaanlage und Technik für den Brandschutz wie<br />
Brandmelder und eine Entrauchungs- und Sprinkleranlage eingebaut. Die moderne Gleitregalanlage fasst rd.<br />
8200 lfm Unterlagen. Der Teilbestand lagert dort zusammen mit den erschlossenen und den grobgesichteten<br />
Unterlagen einer ganzen Reihe von ehemaligen Diensteinheiten des MfS, darunter die AGM, das BdL, die HA<br />
KuSch, die HA PS, Abt. Finanzen, HA I, II, III, VII, IX, XVIII, XIX, XX und die ZAIG. Zur Struktur des MfS<br />
und den Abkürzungen siehe: (8/2001).<br />
59<br />
Durch die Formierung von Akten und das Einlegen in Jurismappen und Archivschachteln im Zuge der Erschließung<br />
in den Jahren 1998 bis 2000 nahm der Umfang zu.<br />
60<br />
Siehe: BStU-Dienstregistratur. AR 4-interner Vermerk vom 18.04.2000. Beratung zur Klärung einer möglichen<br />
Bestandsabgrenzung Teilbestand SED-Kreisleitung / Teilbestand FDJ-Kreisleitung am 13.04.2000.<br />
24
Die Entscheidung der BStU, im Zuge der Teilbestandsabgrenzung von der Bildung zusätzlicher<br />
Unterprovenienzen für die einzelnen Massenorganisationen abzusehen, wird durch die<br />
nachfolgend zitierten Textstellen gestützt. Das Prinzip der Verquickung der Verbandsarbeit<br />
der FDJ mit den Zielen der Parteiarbeit der SED und die Botmäßigkeit der FDJ-Leitung gegenüber<br />
der Leitung des Ministeriums wird an Hand eines internen Grundsatzpapiers zu den<br />
Aufgaben, zur Struktur und zur Arbeitsweise des Sekretariats der FDJ-Kreisleitung vom<br />
16.05.1978 ersichtlich. Dort heißt es in der Einleitung unter Pkt. 1 im zweiten Satz:<br />
„Das Sekretariat führt seine Tätigkeit auf der Grundlage der Be-<br />
schlüsse der Partei, des ZR der FDJ und des Arbeitsplanes der FDJ-<br />
Kreisleitung durch. Die Tätigkeit des Sekretariats der Kreisleitung<br />
steht im Einklang mit den Befehlen und Weisungen des Ministeriums<br />
für Staatssicherheit." 61<br />
Die entsprechende Textstelle in der zugehörigen Arbeitsordnung des Apparates der FDJ-<br />
Kreisleitung 18/1 (Beschluß) des Sekretariats der FDJ-Kreisleitung vom 16.05.1978, Punkt 1,<br />
zweiter Absatz formuliert ähnlich:<br />
„Die Tätigkeit der FDJ-Kreisleitung im MfS steht im Einklang mit den<br />
Beschlüssen der Kreisparteiorganisation im MfS sowie den Befehlen<br />
und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit." 62<br />
Als Grundsatz der Umsetzung nennt Nr. 6 der Arbeitsordnung die „Erarbeitung aussagekräftiger<br />
Informationen für das Sekretariat der SED-Kreisleitung, die Sekretäre bzw. die Abteilungen<br />
der SED-Kreisleitung über den Stand bzw. die Probleme der FDJ-Arbeit in der Kreis-<br />
parteiorganisation.“ 63<br />
Der 1. Sekretär der FDJ war zugleich Mitglied der SED-Kreisleitung. Über ihn und seinen<br />
Stellvertreter beaufsichtigte die SED-Kreisleitung im MfS die Tätigkeit ihrer „Kampfreserve"<br />
bis in die Planung der Dienste und des Urlaubs hinein. Die im Allgemeinen eher unscharf<br />
umrissenen Befugnisse waren für diese Zwecke punktuell sehr klar formuliert. So heißt es<br />
unter Nr. 8 der Arbeitsordnung zu den auf den 1. und den 2. Sekretär verteilten Planungsund<br />
Kontrollaufgaben:<br />
61 Siehe: Aufgaben, Arbeitsweise und Struktur des Sekretariats der FDJ-Kreisleitung 18/1. Beschluß des Sekretariats<br />
der FDJ-Kreisleitung vom 16.5.1978, in: MfS SED-KL/FDJ-KL Nr. 4147.<br />
62 Siehe: Arbeitsordnung des Apparates der FDJ-Kreisleitung 18/1 (Beschluß) des Sekretariats der FDJ-<br />
Kreisleitung vom 16.05.1978, in: MfS SED-KL/FDJ-KL Nr. 4147.<br />
63 Ebenda.<br />
25
„Die Dienst-, Bereitschafts- und Urlaubsplanung für die Mitarbei-<br />
ter des Apparates erfolgt durch den 2. Sekretär der FDJ-<br />
Kreisleitung, auf der Grundlage der im Apparat der SED-<br />
Kreisleitung gültigen dienstlichen Regelungen. Notwendige Änderun-<br />
gen geplanter Regelungen sind rechtzeitig mit dem 2. Sekretär ab-<br />
zustimmen und werden nur berücksichtigt, wenn der Dienstablauf<br />
nicht gestört wird.<br />
Urlaubsanträge werden entsprechend den Festlegungen des Jahresur-<br />
laubsplanes rechtzeitig vom betreffenden Mitarbeiter gestellt. Sie<br />
bedürfen der Unterschrift des 1. Sekretärs der FDJ-<br />
Kreisleitung". 64<br />
Zu den bestimmt formulierten Punkten gehörten auch die Zuteilung und der Einsatz der verfügbaren<br />
PKW, wozu es in Nr. 11 der Arbeitsordnung heißt:<br />
„Anträge für die private Nutzung von Dienst-KfZ sind entsprechend<br />
den in der SED-Kreisleitung geltenden Grundsätzen beim 1. Sekretär<br />
der Kreisleitung einzureichen und mündlich zu begründen." 65<br />
Das Handbuch für die Funktionäre der SED-Parteiorganisation aus den letzten Jahren des<br />
Dienstes formuliert die Einverleibung der Tätigkeit der Massenorganisation in die der Partei<br />
unter der Aufsicht der Kreisleitung der SED sehr viel selbstverständlicher, wie folgt:<br />
„Die Mitgliedschaft des FDJ-Sekretärs in der PO/GO-Leitung sowie<br />
die regelmäßige Beratung beim Parteisekretär sichern die Abstim-<br />
mung zum einheitlichen Herangehen an die Verwirklichung der Be-<br />
schlüsse der Partei (Anleitung auf Linie) ... ." 66<br />
Linie meint hier die Struktur der Diensteinheiten bzw. die Aufgabenteilung im MfS.<br />
Die detaillierten Vorgaben im Handbuch reichen bis zu konkreten Kontrollmechanismen der<br />
SED-KL gegenüber der Maßnahmeplanung der FDJ-Kreisleitung in der ideologischen Schulung,<br />
den Erwerb des Abzeichens „Für gutes Wissen" betreffend:<br />
64 Ebenda<br />
65 Ebenda.<br />
66 Handbuch für die Funktionäre in den GO und APO in der Kreisparteiorganisation im MfS (Entwurf, Ex.-Nr.<br />
10), in: MfS SED-KL Nr. 2268, BStU 001 109.<br />
26
„Die Parteileitung nimmt in Auswertung der Abzeichenbewegung den<br />
Bericht über Ergebnisse, Erfahrungen und Schlußfolgerungen durch<br />
den FDJ-Sekretär entgegen und wertet die Wirksamkeit der Unter-<br />
stützung durch die PO/GO aus." 67<br />
Die Festlegungen zu den "Beziehungen" der SED-Parteileitung gegenüber der DSF und dem<br />
FDGB im MfS schließen sich im Handbuch unmittelbar an die zur FDJ an. Zu ihrer Gleichschaltung<br />
bedurfte es allerdings nur jeweils einer halben DIN-A-4-Seite an Festlegungen,<br />
was im Vergleich zur FDJ auf eine sehr viel geringere Beachtung der Tätigkeit dieser Organisationen<br />
durch die SED-Kreisleitung schließen lässt.<br />
Das Handbuch für Funktionäre enthält noch zwei für die Erschließung nützliche Instruktionen<br />
zur Schriftgutverwaltung in der SED-Grundorganisation im MfS. Es handelt sich um die Auflistung<br />
der zum Parteihaushalt gehörigen Dokumente mit den zugehörigen Aufbewahrungsfristen<br />
aller in den Grundorganisationen befindlichen Unterlagen und die Vorgaben zur<br />
Nachweisführung und Aufbewahrung des Schriftgutes in der Kreisparteiorganisation (Anlagen<br />
2/2 u. 2/3). Sie können für Entscheidungen in der Erschließung herangezogen werden<br />
und auch in Einzelfällen der Auskunftserteilung hilfreich sein.<br />
Was die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit und seiner Vorläufer angeht, so<br />
gibt es in der Geschichte der Deutschen nichts Vergleichbares. Besonderen Wert für die<br />
Forschung haben zweifellos die vom MfS bzw. SfS archivierten Ablagen, die angesichts des<br />
derzeitigen Umfangs von 25 000 lfm perspektivisch noch bewertet und reduziert werden<br />
müssen. Dem historischen Wert dieser Unterlagen steht der Wert des Teilbestandes SED-KL<br />
im MfS in jedem Fall nach. Andererseits bieten einzelne Sachakten des Teilbestandes Einblicke<br />
in das Zusammenspiel von Staatspartei und Geheimpolizei, die auch eine größere<br />
Zahl personenbezogener Ablagen in so unvermittelter Klarheit nicht gewähren. Vielfacher<br />
Nutzer der Unterlagen des Teilbestandes waren deshalb einzelne Mitarbeiter der behördeninternen<br />
Forschungsabteilung, u. a. zu Zwecken der Erstellung von Zuarbeiten für die Enquete-Kommission<br />
des Deutschen Bundestages, für Recherchen im Zuge der Erarbeitung<br />
des "MfS-Handbuches" und auch für einzelne spezielle Arbeiten zum Verhältnis von MfS und<br />
SED und zur Lebenswelt der Hauptamtlichen Mitarbeiter. 68<br />
67 Ebenda, BStU 001 110.<br />
68 Vgl. dazu: Walter Süß. Das Verhältnis von SED und Staatssicherheit. Eine Skizze seiner Entwicklung, in: BF<br />
informiert, Bd. 17, 1997, sowie: Silke Schumann. Die Parteiorganisation der SED im MfS, in: Siegfried Suckut<br />
u. a. (Hrsg.). Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur, Methoden (MfS-Handbuch), Teil III/20, Berlin<br />
1998, und: Dieselbe. Parteierziehung in der Geheimpolizei. Zur Rolle der SED im MfS der fünfziger Jahre, in:<br />
Analysen und Dokumente. Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten, Bd. 9, Berlin 1997.<br />
27
Nun entsteht aus Archivalien und aus Grundlagenforschung allein noch kein zutreffendes<br />
Geschichtsbild. Zur Schieflage in der Aktenöffnung kommt die Gefahr der vorschnellen Deutung<br />
im Zuge der zeitnahen Aktenverwertung. Die Informationen zum Leben der Parteiorganisation<br />
im MfS bewegen sich wie die aus anderen MfS-Struktureinheiten auch in der Bandbreite<br />
von Schrecken bis Banalität, die für MfS-Unterlagen typisch ist. Sie wirken deshalb auf<br />
den Forscher wie auf den Leser nicht selten äußerst bestürzend. Bleiben die Umstände der<br />
Überlieferung ungenügend berücksichtigt, kann es zu Überinterpretationen einzelner Unterlagen<br />
oder Informationen kommen. Über den Forschungsgegenstand MfS oder auch SED im<br />
MfS hinaus bieten die Unterlagen des Teilbestandes SED-KL im MfS den Vertretern der renommierten<br />
DDR-Forschung heute kaum noch Neues. Vielmehr stellt sich angesichts des<br />
Teilbestandes SED-KL im MfS die Frage, ob wir uns nach der zehnjährigen Flut an<br />
Veröffentlichungen aus Unterlagen des MfS heute in der Geschichte der Deutschen besser<br />
auskennen als vor der Aktenöffnung, oder ob wir nur sehr viel genauer Bescheid wissen um<br />
die in der geschlossenen Gesellschaft geheim gebliebenen Details?<br />
Die Frage kann nicht uneingeschränkt mit Ja beantwortet werden. Klar ist, dass für die meisten<br />
DDR-Forscher die Staatssicherheit erst zum Thema wurde, als sie sich auflöste. Es gibt<br />
heute durch die spezielle Publizistik zur Staatssicherheit viel Dokumentation, viel Präzisierung<br />
und viele Fakten, die früher gehegte Vermutungen bestätigen. Herrmann Weber warnte<br />
1997 sehr eindringlich vor einer einseitigen, asymmetrischen Aufarbeitung der Geschichte<br />
der DDR. 69 Erst die Aufarbeitung diverser Dokumente aus unterschiedlichen historisch relevanten<br />
Quellen lässt gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zu. Bleiben den Forschern<br />
einzelne Quellenbereiche verschlossen, so schadet dies der Verifizierung oder Falsifizierung<br />
bestimmter Aussagen und damit der Wahrheitsfindung. Der Trend, überraschende Funde zu<br />
publizieren, kann den bisherigen Forschungsstand unterminieren. Es handelt sich hierbei<br />
nicht allein um einen Reflex aus der schnellen Aktenöffnung, sondern auch um ein um sich<br />
greifendes neues Moment in der Informationsgesellschaft. Unsere heutige Gesellschaft neigt<br />
dazu, weniger auf die fundierte quellenkritische Kärrnerarbeit zu setzen als auf den schnellen<br />
Abgleich der leicht zugänglichen Information von beliebiger Herkunft. In Vergessenheit gerät<br />
dabei auch die Gepflogenheit, für andere Forscher und den geneigten Leser stets deutlich<br />
anzumerken, wann man sich vom bislang gesicherten Erkenntnisstand löst und darüber hinausgeht<br />
oder warum man widerspricht.<br />
Die quellenkritische Sicht verlangt, unbedingt die Rahmenbedingungen der Überlieferung<br />
des Teilbestandes zu beachten. Diese Umstände sind beim Teilbestand SED-KL im MfS<br />
durchaus noch nicht bis ins Letzte geklärt, was sich u. a. in der fehlenden Anbindung des<br />
Apparates der Kreisleitung im Organigramm in der BStU-Homepage zeigt (Anlage 3).<br />
69 Hermann Weber. „Asymmetrie" bei der Erforschung des Kommunismus und der DDR-Geschichte? Probleme<br />
mit Archivalien, dem Forschungsstand und bei den Wertungen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur<br />
Wochenzeitung Das Parlament, B 26/97, S. 3-14.<br />
28
Parteiarbeit gab es im MfS nicht nur in der Kreisleitung, sondern in jeder Diensteinheit. Über<br />
grobe strukturelle Anbindungen hinaus sind die Entscheidungswege unterhalb der oberen<br />
Ebene weiter heraus zu arbeiten. Auf Grund des hohen Grades an Durchmischung dienstlicher<br />
Kompetenzen mit Parteifunktionen und auf Grund der Vielfalt der Aufgabenverknüpfungen<br />
innerhalb der Hierarchien bleibt dieser Klärungsprozess schwierig. Das beginnt mit der<br />
Frage, wie lange die Weisungskompetenz gegenüber dem MfS noch bei der SMAD lag und<br />
ab wann sie nahezu vollständig an das Politbüro überging und was von dort wann der nachgeordneten<br />
Abteilung Sicherheitsfragen des ZK der SED überantwortet wurde. Selbst die<br />
Verhältnisse zwischen dem Kollegium des MfS und dem Sektor MfS der Abteilung Sicherheitsfragen<br />
sind nur durch übergreifende Quellenstudien hinterfragbar. Anhand der Quellen<br />
aus unterschiedlicher Provenienz muss noch genauer herausgearbeitet werden, wie sich die<br />
Abstimmung der staatlichen Ebene mit der im kleineren Kreis der Entscheidungsträger in der<br />
SED im MfS vollzog und wie sich die zentralen parteilichen Vorgaben über die Befehlsstrukturen<br />
innerhalb der Stellvertreterbereiche bis hinab auf die unterste Ebene des MfS umsetzten.<br />
Für diese Forschung stehen den mittlerweile 211 lfm erschlossener Unterlagen der SED-KL<br />
im MfS erst einmal die weitaus umfangreicheren rd. 2850 lfm Schriftgut gegenüber, die das<br />
Zentralkomitee der SED im Dezember 1989 hinterließ. Hier zählt die vollständig erschlossene<br />
Überlieferung zur Abteilung Sicherheitsfragen mit ihrem Sektor MfS nur 27 lfm. 70 Daneben<br />
gibt es in den Landesarchiven der neuen Länder und Berlins die Quellen zur SED auf regionaler<br />
Ebene, aus den Bezirksleitungen der SED. Nach beiden Seiten hin enthält der TB<br />
SED-KL im MfS parallele Überlieferungen, wie die Beschlüsse des Sekretariats des Zentralkomitees<br />
oder die Protokolle der Beratungen mit den 1. Sekretären der Kreisleitungen der<br />
SED und andere "graue" Literatur. Der Teilbestand SED-KL im MfS und die Bestände zur<br />
SED in den anderen Archiven ergänzen einander durch die konkreten Nachweise über die<br />
Umsetzung der zentralen politischen Vorgaben im jeweils nachgeordneten Bereich, MfSseitig<br />
vor allem im Hinblick auf die Strategie und Taktik des nackten Machterhalts im Innern.<br />
Hier können die Unterlagen des Teilbestandes offen legen, wie die Vorgaben der Parteiführung<br />
innerhalb der Geheimpolizei über alle Ebenen bis zum konkreten Einsatz vor Ort methodisch<br />
und praktisch umgesetzt wurden. Aus diesem übergreifenden Blickwinkel heraus<br />
können sich Analysen zu den speziellen Entscheidungsprozessen in der SED-Führung auf<br />
die Dokumentenbasis in Form der Unterlagen des Teilbestandes SED-KL im MfS gründen.<br />
Nur so ist an Hand der Unterlagen des MfS eine solide Abrundung der bereits vorliegenden<br />
Forschungsergebnisse zum Sicherheitsdenken im ZK der SED und auch zu der einen oder<br />
anderen Entscheidungen im Politbüro möglich. Der Forschung kann dabei zu Gute kommen,<br />
70 Siehe: Die Bestände der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv.<br />
Kurzübersicht. Edition Colloquium, Berlin 1996, S. 36.<br />
29
dass die Berichte der SED im MfS, da sie auf eine operative Auswertung hin formuliert wurden,<br />
sachlicher und genauer sind, als die sonst üblichen Berichterstattungen in der SED.<br />
Über vergleichende Recherchen hinaus sind die Unterlagen des Teilbestands SED-KL im<br />
MfS natürlich unabdingbar für die Forschung zum MfS selbst. Die Entwicklung der Struktur<br />
der Parteiorganisation und der Massenorganisationen im MfS verlief parallel zu der des<br />
Dienstes. Die Kreisleitung der SED im MfS hat über die Jahrzehnte der Tätigkeit des MfS<br />
alle Strukturveränderungen innerhalb des Dienstes mit vorbereitet und begleitet und dabei<br />
auch die Struktur der eigenen Parteiorganisation stets mit verändert. Insofern gibt es auch<br />
auf Linie, d. h. nach jeder Provenienz von MfS-Unterlagen, Ablagen und Informationen zur<br />
SED-Parteiorganisation. Sie sind je nach Themenstellung und Interesse mit heranzuziehen,<br />
bei Forschungen zur Opposition und Kirche anders als bei Forschungen zum Reise- und<br />
Transitverkehr, zur Außenpolitik und zur Terrorismusabwehr oder zum Themenkreis Sexualität,<br />
Jugend und Familie.<br />
Über den Evidenzwert hinaus bemisst sich der Wert von Unterlagen für die Forschung nach<br />
den darin enthaltenen Informationswerten. Unter beiden Gesichtspunkten geht es um die<br />
Anzahl der konkreten Fragen, die sich an Hand der Informationen des Teilbestandes erschöpfend<br />
beantworten lassen. Nicht unerheblich ist dabei das Gewicht der einzelnen Fragestellung,<br />
die Aussicht, dass man gerade diese Fragen auf lange Zeit hin immer wieder auf<br />
neue Art stellen wird. Eine solche gewichtige und zukunftsträchtige Frage ist die nach dem<br />
Verhältnis von SED und MfS, wer wem wie diente und ob das MfS der Staat im Staate war<br />
oder nachweislich "nur" das Schild und Schwert der Partei. Dieser Frage sind sowohl die<br />
BStU-internen als auch zahlreiche externe Forscher sehr eingehend und mit großem Erfolg<br />
an Hand der Unterlagen des Teilbestandes nachgegangen. 71 Für diese Fragestellung legt<br />
der Teilbestand "SED-Kreisleitung im MfS" die Verzahnung der Strukturen der SED mit den<br />
Mechanismen des Überwachungsapparates wie kaum ein anderer Teilbestand an MfS-<br />
Unterlagen bloß. Zudem darf, was die Ernsthaftigkeit des ersichtlichen Planens und Handelns<br />
angeht, bei den Unterlagen aus den Führungsbereichen des Apparates der Kreisleitung<br />
von einem hohen Wahrheitsgehalt ausgegangen werden. Die Quellen lassen keinen<br />
Zweifel darüber, dass das MfS zu jedem Zeitpunkt und in jeder Hinsicht als das bedingungslos<br />
agierende bewaffnete Organ im Dienste der Führung der SED tätig wurde.<br />
Hier bieten die Unterlagen des Teilbestandes auch sehr intime Innenansichten zu den Ängsten<br />
und Wahnvorstellungen der Minderheit, die nach dem Trauma eigener politischer Verfolgung<br />
im Nationalsozialismus und nach Krieg und Befreiung mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht<br />
die Herrschaft im Osten Deutschlands übernahm. Die Blendung mit dem Antifaschismus,<br />
die Vorstellung, von Feinden im eigenen Land bedroht und von äußeren umstellt<br />
zu sein und die ideologische Verhaftung in der eigenen, nach vorn geschlossenen Weltan-<br />
71 Zu den Arbeiten der Forschungsabteilung der Behörde siehe die Literatur in Anmerkung 68.<br />
30
schauung führten über die militärische Disziplin im MfS geradezu zwanghaft zum Mundtotmachen<br />
jeder andersartigen Meinung. Ersichtlich wird, wie das Leugnen von politischen und<br />
ökonomischen Tatsachen zu einem schleichenden Wirklichkeitsverlust führte und sich<br />
schließlich in die fixe Idee hinein steigerte, dass große Gruppen von Einzelnen irren, die kollektive<br />
Führung an der Parteispitze aber nie. Aus den Quellen heraus werden diese Vorstellungen<br />
greifbar als die verschiedenen Seiten ein und derselben Neurose der Macht.<br />
Der Teilbestand hält hierzu für die Forschung auch wertvolle Informationen zu einzelnen Betroffenen<br />
bereit. Darunter finden sich die nichtstalinistischen ehemaligen SED-Mitglieder Robert<br />
Havemann, Walter Janka, Wolfgang Harich oder Rudolf Bahro, um den Anfang einer<br />
längeren Reihe zu benennen. Anzumerken ist, dass der Teilbestand hier kaum Fakten enthält,<br />
die über die Informationen in den großen personenbezogenen Ablagen zu diesen Personen<br />
hinausreichen. Der Wert der Sachakten besteht aber gerade darin, dass ihr Inhalt über<br />
den Einzelfall hinausweist und ein Abstrahieren ermöglicht. Gegenüber der 57bändigen<br />
personenbezogenen Ablage zu Robert Havemann enthält der Sachakt mit der parteiinternen<br />
Begründung zur Verfahrensweise in seinem Fall in äußerst knapper Form die Sicht der Parteiführung<br />
auf die gesamte Auseinandersetzung um die Wirtschafts- und Kulturpolitik der<br />
SED seit 1956. 72 Der Wortlaut der 9 DIN-A-4-seitigen Ausfertigung der Begründung des Büros<br />
des Politbüros mit den darin zitierten Positionen Havemanns erhellt das Gewicht dieser<br />
Auseinandersetzung, das angesichts der offenen Situation im Jahre 1956 in Ungarn weit<br />
über die engen Verhältnisse der DDR hinausreichte. Der Schriftsatz ist geeignet, selbst dem<br />
letzten noch lebenden Stalinisten die historische Dimension der Fehlentscheidungen der<br />
Parteiführung vor Augen zu führen. Das erste Zitat Havemanns im Anhang der Begründung<br />
des ZK in der für parteiinterne Abrechnungen üblichen indirekten Rede lautet:<br />
„Die Ereignisse in Ungarn und Polen würden lehren, dass die Volks-<br />
massen nach Demokratisierung drängen. Sollte die Partei das zu<br />
bremsen versuchen, wird sie von den Massen getrieben und über die-<br />
se Bremser (die Partei) wird die Geschichte hinweggehen. Er for-<br />
derte, daß man alle Kanäle öffnen müsse. Wenn man sie nicht öff-<br />
net, wird es zum Stau kommen. Dann aber würde man möglicherweise<br />
wieder sagen, das waren Agenten, wie das im Zusammenhang mit dem<br />
17. Juni 1953 behauptet wird. Es sei jedoch bekannt, dass in der<br />
Partei und bei der Bevölkerung eine große Mißstimmung und Unzu-<br />
friedenheit vorhanden ist, an der die Partei die Schuld trage; sie<br />
liefere den Zündstoff." 73<br />
72 Siehe dazu: Rundschreiben des ZK der SED an die 1. Sekretäre der Bezirks- und Kreisleitungen betreffs<br />
Bestätigung des Beschlusses der ZPKK vom 24.06.1964 über den Ausschluß von Prof. Dr. Havemann aus der<br />
Partei. Maschinenschriftlicher Durchschlag des parteiinternen Beschlusses des Sekretariats des ZK vom<br />
16. Juli 1964. Vertrauliche Verschlußsache (ZK 02 56/64 – 809), in: MfS SED-KL Nr. 1179.<br />
73 Ebenda, Anhang S. 3.<br />
31
Im Gegensatz zu anderen Teilbeständen lässt der Teilbestand wenig Raum zur Erforschung<br />
des durchschnittlichen, normalen Lebens in der DDR. Fast alles dreht sich um die Erhaltung<br />
der Herrschaftsstrukturen, um die Organisation des Dienstes und um den damit verbundenen<br />
Alltag und die Lebenswelt der Tschekisten. Gelegentlich vom Büro des Politbüros zur<br />
Kenntnis gegebene Beschlüsse wie der zur Produktion von Mischkaffe aus 51 % Röstkaffee<br />
und 49 % Surrogaten aus dem Jahre 1977 ändern an dieser Einschätzung nichts. 74<br />
Es finden sich hingegen aussagekräftige Belege vom Alltag in der Geheimpolizei. Wer sich<br />
mit diesem „Schmutz“ an Information befasst, blickt immer wieder in tiefe Abgründe, denn die<br />
Alltagsbewältigung der Genossen Tschekisten war so doppelbödig wie die dahinter stehenden<br />
Lebensentwürfe, Verhaltensmuster und Charaktere. Die überlieferten Eingeständnisse<br />
betreffen die als Diktatur begriffene und im Kreis der Führung wie im Parteilehrjahr ganz<br />
selbstverständlich so bezeichnete Herrschaft und deren festungsartige Verbarrikadierung<br />
entlang der Staatsgrenze. Sie zeigen die in der großen Ost-West-Auseinandersetzung mit<br />
den Jahren immer einfältiger daherkommende Antwort auf die Frage von Krieg und Frieden<br />
und ihre Instrumentalisierung als dem stets verfügbaren Argument in der Wahrheitsfindung<br />
wie gegenüber Mängeln in der Wirtschaft und Versorgung.<br />
Zur irrsinnigen Verstiegenheit im Anspruch auf Wahrheit kam die kalt berechnete Handhabung<br />
der Mechanismen der Macht. Beides bedingte die für das MfS typische, bis in die untersten<br />
Chargen der Mitarbeiter reichende Arroganz gegenüber dem eigenen Volk, von dessen<br />
Arbeit sie als sozial Bessergestellte lebten. So tritt aus den Unterlagen zur SED in den<br />
Reihen der Geheimpolizei das Scheitern der damaligen Obrigkeit auch sehr gewöhnlich zutage,<br />
in Gestalt einer weit verbreiteten menschlichen Unzulänglichkeit bei gleichzeitig überzogenem<br />
Anspruchsdenken. Die Jahrtausendfrage nach dem Fortschritt in der Geschichte<br />
beantwortet sich aus den Unterlagen des Teilbestandes heraus als die immer neue Wiederkehr<br />
des Gleichen. Traurige Gewissheit liefert bereits das Hinterfragen der Aufrichtigkeit, wo<br />
es um den Umgang der Tschekisten mit der Meinung der Genossen an ihrer Seite geht. Dem<br />
Protokoll zu den Parteiwahlen im MfS im Jahre 1950 nach vollzog sich die in der DDR vielbeschworene<br />
Durchsetzung der leninschen Prinzipien auf dem Weg der SED zu einer Partei<br />
neuen Typus als reine Farce. Die Unaufrichtigkeit in der Frage des demokratischen Zentralismus<br />
zeigt sich hier in der Umgehung der direkten Wahl des 1. Sekretärs und der von den<br />
Mitgliedern abverlangten Duldung der späteren Einsetzung Isolde Sobecks durch das Zentralkomitee<br />
der SED. In der Diktion eines routinemäßig nach oben berichtenden Funktionärs<br />
vermerkt das Protokoll des frisch gewählten Kreisleitungsmitgliedes Hauck zu den ersten<br />
Wahlen in der Parteiorganisation VII/c 1 im Juni 1952:<br />
74 Siehe: Schreibens des Büros des Politbüros vom 29.06.1977 an die Leiter der Abteilungen des ZK. Beschluß<br />
zur Durchführung der Produktion und der Versorgung mit Kaffee- und Kakaoerzeugnissen, in: MfS SED-KL Nr.<br />
811.<br />
32
„Die Diskussion erstreckte sich lediglich dahingehend, dass von<br />
einigen Genossen die Anfrage gerichtet wurde, ob es in unserem Mi-<br />
nisterium möglich ist, dass die Funktion des 1. Sekretärs der<br />
Kreisleitung von einem Genossen bekleidet wird, der nicht als Mit-<br />
glied der Kreisleitung gewählt worden ist.<br />
Hierauf gab die Genossin Sobeck die Auskunft, dass diese Möglich-<br />
keit innerhalb unseres Landesverbandes besteht, da es nach dem<br />
bisherigen Überblick kaum möglich sein wird, dass ein Genosse der<br />
gewählten Kreisleitung von der operativen Arbeit entbunden und als<br />
Kreissekretär vorgeschlagen wird." 75<br />
Der große Mangel an moralischer Integrität beim Führungspersonal soll noch durch eine<br />
zweite Textstelle belegt werden, wo es kurz nach dem 17. Juni 1953 um die Verständigung<br />
über ein Minimum an Bildung und menschlicher Reife beim rekrutierten Personal geht:<br />
„Ich möchte noch besonders zum Genossen Mielke Stellung nehmen.<br />
Der Genosse Mielke hat auf der Kreisparteiaktivtagung im Februar<br />
ungefähr folgendes gesagt: Einmal sprach er davon, dass die fach-<br />
liche Arbeit mehr in den Vordergrund gestellt werden muß ... Als<br />
in der Diskussion zum Ausdruck gebracht wurde, dass wir Mitarbei-<br />
ter haben, die weder schreiben noch lesen können, hat der Genosse<br />
Mielke gesagt: 'Hauptsache, sie können festnehmen.'<br />
Wie kann ein Staatssekreär, Mitglied des ZK sich bei einer Kreis-<br />
parteiaktivtagung sich derartige Schnitzer erlauben ..." 76<br />
Die Parteiorganisation im MfS war demnach zu keinem Zeitpunkt die ersehnte glückliche<br />
Gemeinschaft der Mitglieder, sondern Mittel zur Disziplinierung der militärisch organisierten<br />
und bewaffneten Männerdomäne. Diese Disziplinierung erfolgte, so wie anderenorts auch,<br />
mittels Kaderpolitik und Nachwuchsförderung, Bevormundung und Gängelei und den Exzessen<br />
der parteiinternen Säuberung. Dazu eine Protokollstelle aus den Tagen der MfS-internen<br />
Abrechnung mit dem verstoßenen ersten Minister des MfS Wilhelm Zaisser:<br />
„Ich möchte meine Stellungnahme mit der Frage Zaisser beginnen.<br />
Zaisser wurde vom KL als Parteifeind entlarvt. Während der bisher<br />
schwierigsten Periode unserer Partei hat Zaisser den Feinden di-<br />
rekt in die Hände gearbeitet. Er hat versucht, die proletarische<br />
Parteiführung zu entfernen und die Errungenschaften der Werktäti-<br />
gen in der Deutschen Demokratischen Republik zu vernichten." 77<br />
75<br />
Protokoll über die konstituierende Sitzung der Kreisleitung VII c/ 1 am 25.06.1952, in: MfS SED-KL Nr.<br />
1378, BStU 000 329.<br />
76<br />
Protokoll über die am 19.08.1953 stattgefundene erweiterte Kreisleitungssitzung. Diskussion und Abstimmung<br />
über die Entschließung, in: MfS SED-KL Nr. 236, BStU 000 002. Auszug mit Wiedergabe der Fehler.<br />
77<br />
Protokoll über die am 19.08.1953 stattgefundene erweiterte Kreisleitungssitzung. Diskussion und Abstimmung<br />
über die Entschließung, in: MfS SED-KL Nr. 236, BStU 000 001.<br />
33
Auch insofern liefern die Unterlagen des Teilbestandes für die Forschung nichts grundsätzlich<br />
Neues. Sie zeigen, wie selbstverständlich sich das Wüten in den eigenen Reihen auch<br />
im Staatssicherheitsdienst unter den Augen und mit der Billigung der Parteimitglieder vollzog.<br />
Das vorhandene Bild von der Gesellschaft dieser Zeit lässt sich so auf die Zustände im<br />
Staatssicherheitsdienst erweitern und nach dort zurückführen.<br />
Recherchiert man zur SED im MfS übergreifend und damit auch nach anderer Provenienz,<br />
wird man auf die eine oder andere Unterlage des Personalaktenbestandes nicht verzichten.<br />
Im Fall des Mitarbeiters und späteren langjährigen 1. Sekretärs der Parteiorganisation Gerhard<br />
Heidenreich geht aus den personenbezogenen Unterlagen ein für Arbeiter aus einem<br />
kommunistischen Milieu eher durchschnittlicher Lebensbeginn hervor: Zugehörigkeit zum<br />
Spartakusbund und zum Kommunistischen Jugendverband, keine Lehrstelle, zweijährige<br />
Haft wegen illegaler Tätigkeit nach 1933. Von 1937 bis 1944 fand er Arbeit als Transportarbeiter<br />
in einer Ofenbaufirma, keine politische Betätigung bis Anfang 1944, wegen Kurzsichtigkeit<br />
kein Dienst in der Wehrmacht, Volkssturm viertes Aufgebot. Im März 1945 war Heidenreich<br />
an der Sprengung des Kellers der Ortsgruppenleitung der NSDAP in Breslau-<br />
Gneisenau beteiligt. Die Textstelle im handschriftlichen Lebenslauf Heidenreichs vom<br />
29.11.1953 lautet:<br />
„Vier Nazifunktionäre wurden getötet und 17 verletzt. Nach der Ein-<br />
nahme der Stadt durch die Sowjet Armee half ich dieser bei der Ver-<br />
haftung von aktiven Nazis und SS Leuten." 78<br />
Nach kurzzeitiger Inhaftierung, weil er als 28jähriger in Zivil Verdacht erregte, ging es im Juli<br />
1945 in einem Treck aus 200 "Genossen" unter sowjetischem Begleitschutz nach Dresden.<br />
Es folgte eine Zeit als FDJ-Funktionär in Plauen, dann beim Zentralrat in Berlin, eine begeistert<br />
erlebte Reise in die Sowjetunion, während der 1. Parteikonferenz die Sprungkarriere ins<br />
ZK der SED, ab August 1951 Arbeit im Außenpolitischen Nachrichtendienst der Deutschen<br />
Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften, im Institut für wirtschaftswissenschaftliche<br />
Forschung, nach dem 17. Juni 1953 der Einsatz als Instrukteur in der operativen Arbeit. In<br />
dieser Phase seiner Parteiarbeit war für Heidenreich kurzzeitig bedeutsam, dass er vor dem<br />
Wohnhaus in der Wolfshagener Straße 79 in Pankow im Gespräch mit einem Genossen seine<br />
Aktentasche stehen ließ, darin ein Situationsbericht über die Stimmung der Bevölkerung<br />
im Bezirk Karl-Marx-Stadt (Chemnitz). Das brachte ihm eine Rüge und einen Umzug ein, in<br />
die Roedernstraße in Hohenschönhausen. Danach geht der unaufhaltsame Aufstieg weiter,<br />
ohne Hemmung, was für die familiären Bindungen bedeutete, dass er im September 1955<br />
die Gesinnung seiner nach Westdeutschland verzogenen Verwandtschaft durchleuchten<br />
ließ. 79 Der Teilbestand enthält ausreichend vom MfS als streng geheim eingestufte Vermerke<br />
78 Siehe: Lebenslauf vom 29.11.1953, in: MfS KS 22 829/90, BStU 000 045.<br />
79 Siehe: Schreiben vom 04.09.1955 an Genossen Generalmajor Wolf, in: Ebenda, BStU 000 036.<br />
34
der KL an die Disziplinarabteilung der Hauptabteilung Kader und Schulung, wo sich Heidenreich<br />
mit dem Vorsitzenden der Kreisparteikontrollkommission und dem zuständigen Kaderinstrukteur<br />
über Maßnahmen zur Gewährleistung der Wachsamkeit und Reinheit in der Mitgliedschaft<br />
berät und das Vorgehen in Einzelfällen mitentscheidet. So wird der Wechsel aus<br />
immer neuen Hoffnungen und Enttäuschungen mit dem Überwachungsstaat, der das Leben<br />
in der DDR prägte, bis in die Zustände in der Parteiorganisation der SED im MfS nachzeichenbar.<br />
Im Teilbestand finden sich dazu auch die halbjährlich abverlangten statistischen<br />
Zusammenfassungen. 80<br />
Zweifellos gibt die Tätigkeit der SED-Kreisleitung auch einen ganz eigenständigen Forschungsgegenstand<br />
ab, für den die Überlieferung des Teilbestandes bestens geeignet ist.<br />
Auf dem Gebiet der Finanzen reicht die inhaltliche Breite z. B. von der Einrichtung einer eigenen<br />
Sparkasse im MfS über die Erörterungen der ersten Mittelkürzungen Anfang der achtziger<br />
Jahre bis zu den Nachweisen der Beitragszahlungen Ende der achtziger Jahre. Stichprobenhochrechnungen<br />
und EDV-Auswertungen an Hand von Quittungslisten kommen auf<br />
83–87% Parteimitglieder im MfS allgemein bei weniger als 50% im Wachregiment. Diese<br />
Zahlen sind allerdings nicht ganz stimmig, da die Zählweise der SED-KL nachweislich von<br />
den wirklichen Mitarbeiterzahlen abweicht. Jens Gieseke geht in diesem Punkt davon aus,<br />
dass einzelne Bereiche ausgespart wurden. 81<br />
Trotz dieser Ungenauigkeit können die Unterlagen des Teilbestandes für Forschungen zur<br />
Personalstruktur im Apparat der KL herangezogen werden, so z. B. zur Untersuchung der<br />
Rekrutierungs- und Kaderpolitik und der Förderung der Nomenklatura. Die Informationen<br />
ergänzen die Daten in den Unterlagen des Teilbestandes mit denen in der Personalablage<br />
zu den hauptamtlichen Mitarbeitern. Die anlässlich des Parteieintritts gefertigten Lebensläufe<br />
legen die Eingangsgrößen und Motive der Altkadergeneration offen und lassen sich mit den<br />
Angaben zu jenem Nachwuchs vergleichen, der ausschließlich während der DDR sozialisiert<br />
wurde.<br />
Blickt man auf die innere Verfassung der Parteiorganisation, so fällt aus heutiger Sicht die<br />
starke Einmütigkeit in der Meinungsbildung ins Auge. Untersuchungen hierzu setzten bei der<br />
psychologischen Situation im Sicherheitsmilieu der militärischen Organisation und bei der<br />
äußerst unkritischen Aneignung des Marxismus-Leninismus und seiner bedingungslosen<br />
Akzeptanz als Weltanschauung an. Wie in der DDR allgemein üblich wurde der Grad an Verinnerlichung<br />
an der Motivation zur "fachlichen" Leistung, d. h. an der Befehlsausführung des<br />
einzelnen Mitglieds, bemessen. Wer sich dem Studium der langatmigen und ermüdenden<br />
Berichterstattungen der Parteigruppenleitungen an die übergeordneten Instanzen unterzieht,<br />
80 Siehe: MfS SED-KL Nr. 1115, 3049, 4149 und 4153.<br />
81 Siehe dazu: Jens Gieseke. Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit. Personalstruktur und Lebenswelt<br />
1950-1989/90, in: Analysen und Dokumente. Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten, Bd. 20,<br />
Berlin 2000, S. 423.<br />
35
kann zu differenzierteren Erkenntnissen im Hinblick auf die Akzeptanz der marxistischleninistischen<br />
Lehre, Agitation und Propaganda gelangen. Für allgemeinere Untersuchungen<br />
zum Bildungsstand der Mitarbeiter eignen sich die Unterlagen nur bedingt, da es ausnahmslos<br />
um rein parteiinterne politisch-ideologische Schulungen, um die staatlich organisierte<br />
politische und ideologische Weiterbildung und um die ideologisch umkränzte fachliche Ausbildung,<br />
die politisch-operative Arbeit, geht.<br />
Die Unterlagen lassen erkennen, wie die im MfS hoch gehaltene Traditionspflege die Beibehaltung<br />
proletarischer Verhaltensmuster förderte und zum Beharren auf dem Denken in<br />
Klassengegensätzen führte. Auffällig ist nicht nur die in der SED weit verbreitete Abneigung<br />
gegen alles Intellektuelle, sondern auch der stete Hang zur Drohgebärde und zur Anwendung<br />
von Gewalt. Direkte Bezüge zu den Saalschlachten und den "proletarischen Abreibungen"<br />
der Weimarer Republik drängen sich auf. Was die Tätigkeit der Mitarbeiter des Apparates<br />
der Kreisleitung der SED im MfS angeht, so wechselten Gedankenarmut, Gleichgültigkeit<br />
und Abgebrühtheit einander ab mit Berechnung, Schlauheit und Niedertracht. Die zahlreichen<br />
Selbstzeugnisse weithin fehlenden Unrechtsbewusstseins unter den Funktionären finden<br />
sich im Teilbestand recht übergangslos neben den nachgeplapperten Bekenntnissen<br />
einfacherer Genossen oder der grotesk anmutenden tschekistischen Kunst. Bei einem der<br />
führenden Lyriker der Arbeitsgemeinschaft "Schreibende Tschekisten" der SED-KL lassen<br />
sich die Irrwege dieses Daseins in pathetisch überhöhtem Stil nachlesen, wie folgt:<br />
Rückkehr des Kundschafters<br />
Die Jahre<br />
ins Gesicht eingemeißelt<br />
Wie Jahrzehnte.<br />
Damals<br />
Bruch mit allen und jedem.<br />
Der Auftrag.<br />
Danach<br />
Lernen.<br />
Lernen reden wie SIE,<br />
lernen aussehen wie SIE,<br />
lernen denken wie SIE,<br />
lernen sich zeigen wie SIE<br />
und immer sein<br />
wie WIR.<br />
Die Arbeit:<br />
verstellen,<br />
verstecken,<br />
36
erkunden,<br />
übermitteln,<br />
täuschen,<br />
und schweigen.<br />
Der Lohn:<br />
Jahre Frieden. 82<br />
Neben den Mechanismen von militärischer Führung und Gefolgschaft zeigen die Unterlagen<br />
den hoch entwickelten Grad an Fürsorge, die der Staat den von ihm korrumpierten Trägern<br />
angedeihen ließ. Das reicht von der vergleichsweise besseren Bezahlung, wo mehr als 120.-<br />
Mark monatlicher Parteibeitrag keine Ausnahme mehr waren, über die Zuweisung von Wohnungen<br />
in bester Lage und die Verteilung von Wochenendgrundstücken bis zur Vermittlung<br />
von Urlaubsplätzen im In- und Ausland. Hier lassen die Unterlagen die generell vorhandene<br />
überdurchschnittliche Privilegierung der MfS-Angehörigen deutlich werden und auch die fein<br />
abgestuften Möglichkeiten der Erlangung zusätzlicher Freiräume in Abhängigkeit von der<br />
individuellen Stellung. Nachvollziehbar wird die mit den Jahren zunehmende familiäre<br />
Verflechtung der Beziehungen der Mitarbeiter des MfS untereinander, die Kriterien der<br />
sozialen Herkunft und politischen Gesinnung standhalten mussten, und die Abschottung<br />
dieses Geflechts an Bindungen gegenüber der Gesellschaft außerhalb des Dienstes. Die<br />
Unterlagen des Teilbestandes liefern hier den Rohstoff für spezifische Untersuchungen über<br />
Zwang und Konsens im MfS, gegenseitige Zuwendung und Überwachung, über das<br />
schweigende Dulden und Zustimmen wie auch über die Marotten des Lebens in der Nische,<br />
die für die späte DDR so kennzeichnend waren.<br />
Der Teilbestand enthält reichlich Information für ein äußerst beschämendes Kapitel zu den<br />
disziplinarisch geahndeten moralischen Entgleisungen von MfS-Angehörigen. Bei den zusammenfassenden<br />
Berichten oder Vorlagen hierzu handelt es sich allerdings in der Regel<br />
nur um die Ausfertigungen von Meldungen, deren Original zeitnah zum Vorkommnis dem<br />
Sekretariat des Ministers, dem Büro der Leitung oder der Auswertungs- und Kontrollgruppe<br />
der Hauptabteilung Kader und Schulung übergeben wurde. So lässt sich in Unterlagen anderer<br />
Provenienz, auf der staatlichen Leitungsebene, oftmals eine noch aussagekräftigere Information<br />
finden. Für Milieustudien lohnt sich der Blick auf den unter den Geheimdienstlern<br />
weit verbreiteten Alkoholmissbrauch und die in der Parteiorganisation viel diskutierten Fälle<br />
außerehelicher Beziehungen, die Vergleichsstudien zu anderen Bereichen in der Gesellschaft<br />
nahe legen. Es stellt sich ganz allgemein die Frage, wie sehr darin ein Ausgleich für<br />
die ständig erforderliche Selbstkontrolle der Mitarbeiter gesehen werden kann, welche<br />
Persönlichkeitsverluste die Anpassung intern hervorrief. Es finden sich die für Dienste<br />
üblichen Zeugnisse der Nachsorge gegenüber Ausgeschiedenen und Entlassenen und<br />
82 Arndt Beger. Rückkehr des Kundschafters, in: MfS SED-KL Nr. 4955.<br />
37
Zeugnisse der Nachsorge gegenüber Ausgeschiedenen und Entlassenen und deren Familienangehörigen.<br />
Wichtiger als die Zeugnisse vom individuellen Versagen der Funktionäre und SED-Mitglieder<br />
im MfS sind die Mechanismen des hemmungslosen Vortriebs der Macht bis in den letzten<br />
Winkel des öffentlichen und privaten Raums. Am Beispiel der Verhältnisse im MfS wird aus<br />
den Unterlagen heraus das innere Bedingungsgefüge erkennbar, das über den Kreis der<br />
SED-Mitglieder im MfS hinaus zum Grundverständnis des untergegangenen Herrschaftssystems<br />
gehört. Die Mechanismen der ideologischen Ausrichtung und die damit einhergehende<br />
Disziplinierung der „Genossen Tschekisten" reichten von der Anhörung im Kreis der Parteigruppe<br />
über eine ganze Reihe diskret abgestufter Methoden bis hinauf zur Allmacht der Parteikontrollkommission.<br />
Blatt 3 der Begleitkarte für Vorgang zum Parteiverfahren hält dazu<br />
eine Auflistung von Gründen des Parteiverfahrens bereit, wo sich für jedes Mitglied in jeder<br />
Situation ein passendes Delikt fand und lediglich noch angekreuzt werden brauchte, und sei<br />
es der für die SED wie das MfS gleichermaßen hanebüchene Punkt „Mißachtung und Unterdrückung<br />
der Kritik" 83 . Angesichts drohender Bestrafung blieb dem Einzelnen in der Regel<br />
nur der Weg der reuigen Einkehr vor der Parteigruppe. Nur selten bestand die Chance, sich<br />
mit einer Eingabe erfolgreich an die übergeordnete Leitungsebene zu wenden.<br />
Die schrittweise Abrichtung der „Parteisoldaten" gelang über den Reigen aus der Indoktrination<br />
mit formelhaften Erklärungen, ihrem gebetsmühlenartigen Wiederkäuen im Kreis der<br />
militärisch organisierten Gruppe und der anschließenden Einschätzung der Stimmung und<br />
des Denkens der Truppe vor der jeweils übergeordnete Parteiinstanz. Lehrpläne, Konzeptionen,<br />
Studien, Unterweisungen, Einschätzungen, persönliche Aussprachen und das leidige<br />
Berichtswesen sorgten als Ausgangspunkte eines immer währenden Stroms an parteiinterner<br />
Information dafür, dass die Beeinflussung und Vereinnahmung des einzelnen Tschekisten<br />
zu keinem Zeitpunkt und an keinem Ort abriss.<br />
Der Zustand einer weitgehenden Überwachung der Gesellschaft war zuerst innerhalb des<br />
Ministeriums für Staatssicherheit selbst hergestellt und schürte dort von Beginn an die Angst<br />
des Einzelnen, er könne auffällig werden und in Ungnade fallen. Neben dem fanatischen<br />
Verfolgen hehrer Ziele durch die wenigen wirklich Überzeugten und dem vorrangigen Handeln<br />
aus egoistischen, niederen Beweggründen bei der Masse der Mitarbeiter sprechen aus<br />
den Akten auch Dummheit, Feigheit und Angst als die Ursachen, die dem einzelnen Genossen<br />
den Blick auf die Realitäten des Lebens verstellten. Erst in der Wende und damit gleichsam<br />
„fünf nach zwölf“ kamen zarte Versuche und auch bisweilen heftigere Ansätze zu deutlichem<br />
Widerspruch auf, nicht seitens der Altstalinisten, sondern bei den jungen Wehrdienstlern<br />
im Wachregiment. Dort griff noch einmal eine naive Hoffnung auf Reformfähigkeit des<br />
Systems um sich, während die Führungskader schon begannen, die Vorzüge der freien<br />
83 Siehe: Begleitkarte für Vorgang zum Parteiverfahren, in: MfS SED-KL Nr. 4153, BStU 000 008.<br />
38
Marktwirtschaft für sich zu erkunden.<br />
Eine stärkere Aufarbeitung der genannten Zusammenhänge wäre wünschenswert, schon um<br />
den bisweilen hochgestochenen Mutmaßungen über ein vermeintliches Renegatentum oder<br />
gar eine versprengte Opposition innerhalb des MfS mit Nachdruck zu begegnen. Über die<br />
Jahrzehnte bis 1989 lagen die Gründe für einen Ausschluss aus der SED und die damit einhergehende<br />
Entlassung aus dem MfS in der Regel in moralischen oder in disziplinarischen<br />
Verfehlungen diesseits oder jenseits der Grenze zur gewöhnlichen Kriminalität. Nur in einer<br />
sehr geringen Zahl von Ausnahmefällen waren Austritte durch einen inneren Gewissenskonflikt,<br />
eine willentliche Abkehr oder einen konsequenten Bruch mit dem System bedingt. Eine<br />
der wenigen, angesichts der Mängel in der Grammatik und Rechtschreibung besonders<br />
tröstlichen Erklärungen zu solch einem Schritt lautet:<br />
Austrittserklärung<br />
„2.7.1980<br />
Hiermit erkläre ich meinen Austritt aus der Partei der SED, mit<br />
folgender Begründung<br />
- Ich habe nicht das politische Bewußtsein wies ein Parteigenosse<br />
an tag legen sollte<br />
- Ich meine auch ich kann nicht einsehen warum ich jeden Monat<br />
soviel Parteigeld bezahlen muß.<br />
- Desweiteren sehe ich nicht ein fast jeden Montag an Versammlun-<br />
gen teilzunehmen wenn ich in dieser Zeit anderen Dingen nach<br />
gehen kann.<br />
- Ich habe jetzt auch erst die Entscheidung da ich immer noch<br />
dachte das ich doch noch eine andere Entscheidung treffen werde<br />
und mein Bewußtsein weiter entwickelt, aber leider habe ich<br />
keine Lust dazu, zu dieser Entscheidung bin ich eben erst jetzt<br />
gekommen." 84<br />
84 Abschrift. Austrittserklärung vom 2.7.1980, ohne Nennung des Unterzeichneten, in: MfS SED-KL Nr. 833.<br />
39
3.2. Die Verzeichnung durch Aktentitel und Enthält-Vermerk<br />
Innerhalb der deutschen Archivwissenschaft erreichte das Bemühen um die Erhaltung bzw.<br />
Wiederherstellung der vorarchivischen Ordnung mit der bis in unsere Tage nachwirkenden<br />
Lehre von Johannes Papritz einen letzten Höhepunkt. An den heutigen Verhältnissen des<br />
Informationsaufkommens und den Möglichkeiten moderner Erschließungs- und Retrievaltechniken<br />
gemessen wirken die aus der Mitte des letzten Jahrhunderts stammenden Anleitungen<br />
allerdings reichlich antiquiert. 85 Selbstverständlich trifft es zu, dass Schriftgutermittlung<br />
eine hinreichende Kompetenzkenntnis der Behörde voraussetzt, damit keine kompetenzwidrigen<br />
Gruppen gebildet werden. Weiter ist es richtig, dass es vom Wert des Bestandes<br />
und der Arbeitsökonomie des Archivs abhängt, ob und wenn ja, was genau wie und in<br />
welcher Reihenfolge erschlossen wird. Natürlich kommen auf unterschiedliche Aktenstrukturen<br />
unterschiedliche Prinzipien der Formierung und der Titelaufnahme zur Anwendung.<br />
Auch bei den Unterlagen der SED-Kreisleitung ist es die Aufgabe jedes Archivars, die ursprünglichen<br />
Beziehungen zwischen den administrativen Strukturen, die die Akten schufen<br />
und den Informationen, die die Akten enthalten, sichtbar werden zu lassen, was mit der Aktentitelbildung<br />
und dem ggf. nötigen Enthält-Vermerk beginnt. Die ausdrücklich auf die Titelaufnahme<br />
bei Sachakten verfassten Vorgaben von Papritz (Einzelfallprinzip oder Betreffprinzip)<br />
sind für die <strong>Sachaktenerschließung</strong> der MfS-Unterlagen jedoch nicht 1:1 anwendbar. Ein<br />
wichtiger Grund dafür ist die weitgehend zusammenhanglose Überlieferung von Schriftgut in<br />
Form von Bündeln. Abweichend von der traditionellen Herangehensweise erfolgt die Formierung<br />
und Titelbildung durch eine größere Zahl unabhängig voneinander verzeichnender Mitarbeiter<br />
und nicht durch ein im Detail aufeinander abgestimmtes Vorgehen des Fachpersonals.<br />
Der Umstand, dass die „Ablieferungsprovenienzen" der Bündel aus den ehemaligen<br />
Diensteinheiten mit den Entstehungsprovenienzen der darin enthaltenen Unterlagen vielfach<br />
nicht identisch sind, ist Teil der archivischen Normalität der BStU. Leider war für ein geordnetes<br />
Vorgehen im Zuge der Nutzung der Unterlagen in den ersten Jahren wenig Zeit, und<br />
durch das wiederholte Herauslösen einzelner Unterlagen für Zwecke der Strafverfolgung und<br />
der Grundlagenforschung wurden im Ausnahmefall einzelne der anfänglich noch ersichtlichen<br />
Herkunftszusammenhänge für immer zerstört. Auch waren zusätzliche Umsortierungen<br />
im Zuge der Bestandsbildung gelegentlich unumgänglich. So finden sich heute im Teilbestand<br />
SED-Kreisleitung einige wenige Fälle der durch Gerichte oder Forscher herangezogenen<br />
Unterlagen, auf denen die erste Paginierung doppelt oder gar dreifach überklebt wurde.<br />
Anders als bei den Vorgängen aus der politisch-operativen Arbeit des MfS handelt es sich<br />
bei den Unterlagen des TB SED-KL im MfS um sehr unterschiedliches, inhomogenes<br />
85 Die umfänglichen Handlungsanleitungen führen das Für und Wider unter Berücksichtigung aller möglichen<br />
Eventualitäten an archivisch Vorfindbarem und im Zuge der Erschließung zu Bedenkendem minutiös auf. Selbst<br />
die jeweils ansetzbaren Gebrauchseigenschaften alter Hadernpapiere bleiben dabei nicht außer Acht. Siehe: Johannes<br />
Papritz. Archivwissenschaft Bd. 3, Teil III, 1. Archivische Ordnungslehre, Marburg 1983, S. 238f.<br />
40
Schriftgut mit großer inhaltlicher Breite, die von parteiinternem Argumentationsmaterial in<br />
großer Anzahl über Sitzungsprotokolle, Berichte, Referate, Vorträge, Beurteilungen, Eingaben<br />
bis zu Aufnahmeanträgen, Formularen, Wahlberichtsbögen und Karteikarten aus den<br />
Jahren 1948 bis 1989 reicht.<br />
Andere der Papritzschen Prinzipien erweisen sich als uneingeschränkt gültig, finden in der<br />
archivischen Praxis der BStU jedoch mitunter zu wenig Beachtung. Hierzu zählt die Forderung,<br />
dass die Verzeichnung archivintern kein Inhaltsverzeichnis darstellt, sondern lediglich<br />
als Wegweiser durch die Bestände dienen soll. Diese Forderung leuchtet gerade Seiteneinsteigern<br />
und ehemaligen Mitarbeitern aus dem bibliothekarischen Bereich nur schwer ein.<br />
Andererseits sollen Dokumentationswerte, die für die historische Forschung interessant und<br />
durch den Titel nicht genannt sind, durch Intus-Vermerk ersichtlich werden. Archivare sollen<br />
der Forschung das Schriftgut mit ungewöhnlichem Dokumentationswert durch eine detaillierte<br />
Angabe der Inhalte vorhalten und die Forscher durch Angebote vorhandener, noch unbekannter<br />
Möglichkeiten zum Weg ins Archiv anregen. Papritz weicht hier bewusst und für seine<br />
Zeit sehr vorwärtsweisend von den diesbezüglich anderslautenden Vorgaben seiner Vorgänger<br />
Muller, Feith und Frujn ab. 86 Liest man bei Eckhart G. Franz nach, dann sollen sich<br />
die Art und Intensität der Verzeichnung sowohl nach der Struktur des zu erfassenden Archivguts<br />
und dem inhaltlichen Gewicht des Bestandsteils als auch nach der zu erwartenden<br />
Benutzernachfrage richten. Nach Franz genügt vielfach eine kursorische Titelaufnahme, eventuell<br />
sogar als vereinfachte Gruppenverzeichnung. Auch bei gleichförmigen Sachakten<br />
(Parallelakten) kann, wie im Fall der SED-KL im MfS geschehen, durchaus eine zusammenfassende<br />
Gruppenverzeichnung erfolgen (siehe dazu die Abbildung auf S. 42).<br />
Einzelfallakten oder nicht zu weit gefasste Betreffakten sieht Franz durch die übliche Titelbildung<br />
als ausreichend beschrieben, wenn bei Erfordernis durch einen beigefügten Darin-<br />
Vermerk auf nicht erwartete Dokumentationswerte hingewiesen wird. Die Inhaltsanalyse<br />
kann noch weiter ins Einzelne gehen, indem alle vorkommenden Orts- und Personennamen<br />
oder einzelne Sachvorgänge zusätzlich erfasst werden. 87<br />
Den Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätzen (OVG) nach ist der Nutzer durch die Verzeichnung<br />
an die Akte lediglich heranzuführen. BStU-intern sollen Aktentitel und Enthält-<br />
Vermerk den Unterlageninhalt unter dem Gesichtspunkt der Aufgabenerledigung im MfS so<br />
vollständig und knapp wie möglich wiedergeben. Im Vordergrund der Überlegungen zur Titelbildung<br />
soll also das Spezifische des MfS stehen und weniger die einzelne Begebenheit<br />
bzw. das zufällig mit dem repressiven Wirken des Dienstes verbundene Ereignis aus der<br />
Geschichte der DDR. Es gehört zu den dringlichsten Aufgaben in der Behörde, den Archivaren,<br />
Sachbearbeitern und Bürosachbearbeitern die verschiedenen und z. T. widersprüchlich<br />
86 Siehe: Johannes Papritz, a.a.O., S 187.<br />
87 Siehe.:Eckhart G. Franz. Einführung in die Archivkunde, Darmstadt 1977, S. 77ff.<br />
41
erscheinenden Überlegungen immer wieder nahe zu bringen und eine einheitliche Praxis<br />
abzuverlangen. Es besteht derzeit keine Einigkeit unter den Archivaren im Archiv der Zentralstelle<br />
der BStU, ob nicht teilweise zu detailliert und mit zuviel Aufwand verzeichnet wird.<br />
Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern, die über keine vollwertige Archivausbildung verfügen<br />
und die durch vorausgegangene Tätigkeiten in anderen Bereichen oder Behörden geprägt<br />
wurden, fällt es mitunter schwer, von den bislang gewohnten Vollständigkeitsprinzipien<br />
in der Arbeit Abstand zu gewinnen. Bei einzelnen Mitarbeitern besteht eine ausgeprägte Neigung,<br />
möglichst viele Fundstellen zu Personen ins elektronische Personenregister (EPR)<br />
einzugeben. Beim EPR handelt es sich um einen Vorfilter zu den eigentlichen Unterlagen,<br />
der sowohl dem Abgleich bestehender Erfassungsverhältnisse für Zwecke der weiteren Erschließung<br />
als auch der Anzeige von Fundstellen für die Zwecke der Forschung und der persönlichen<br />
Akteneinsicht dient. Personendaten aus Unterlagen der Teilbestände finden dort<br />
Aufnahme in der Quelle 2, Fundstellen zu Informationswerten in den vom MfS archivierten<br />
Ablagen in der Quelle 8.<br />
Die Grundform der archivarischen Verzeichnung des Teilbestandes ist die nach verhältnismäßig<br />
gleichartigen Regeln durchgeführte Titelbildung. Sie liefert heute für einen Sach- oder<br />
Betreffaktenband neben dem Sachtitel die Laufzeit, die Provenienzstelle sowie die vorläufig<br />
gültige Archivsignatur und die frühere Bündelnummer. Verzeichnungseinheit bei Serienakten<br />
ist der einzelne Band, bei gleichbleibendem Inhalt auch die gesamte Serie, wie auch bei Parallelakten<br />
eine zusammenfassende Gruppenverzeichnung möglich ist.<br />
42
Zur weitergehenden Erschließung wird die Form des Enthält-Vermerks gewählt. Bei einer ins<br />
Einzelne gehenden Inhaltsanalyse kann der Sachvorgang mit allen vorkommenden Orts- u.<br />
Personennamen gewählt werden. Serienakten und Protokollreihen gelten der Lehre nach<br />
mittels Namens- u. Sachindices als ausreichend erschlossen. Besonders hochwertige Einzelschriftstücke,<br />
Urkunden und Bücher, die der verkürzten stichwortartigen Wiedergabe des<br />
Inhalts oder einer regestenmäßigen Verzeichnung bedürfen, gibt es im Teilbestand SED-KL<br />
im MfS nicht.<br />
Im Zuge der Erschließung des Teilbestandes SED-KL im MfS kam es nur zu einigen wenigen<br />
Beifügungen oder Neueinstellungen von personenbezogenen Ablagen in die Teilbestände<br />
nach anderer Provenienz. Hingegen war das Abgleichen der im Teilbestand aufgefundenen<br />
Dienstanweisungen, Befehle, Richtlinien und anderweitigen Dokumente mit den bereits<br />
in die Dokumentensammlung (DOSA) eingestellten Unterlagen vergleichsweise oft erforderlich<br />
(Beispiel einer solchen Einstellung in DOSA siehe Abbildung).<br />
Es handelt sich bei DOSA um eine Sammlung aller zentralen dienstlichen Schriften mit Weisungscharakter,<br />
eingeschlossen Plandokumente, Informationen und Referate. Die Sammlung<br />
wurde auf der Grundlage eines im MfS erstellten Thesaurus DV-technisch erfasst, was<br />
heute eine automatisierte Sachrecherche bis in die Anlagenaufzählung ermöglicht.<br />
43
3.3. Die weitere Erschließung mit Hilfe des <strong>Sachaktenerschließung</strong>sprogramms (SAE)<br />
3.3.1. Die Fachvorgabe zum elektronischen <strong>Sachaktenerschließung</strong>sprogramm<br />
In seinem ungedruckten Manuskript „Neue Wege archivischer Erschließung“ hatte Volker<br />
Schockenhoff im Jahre 1999 den Stand der damaligen Fachdiskussion punktuell beleuchtet.<br />
88 Schockenhoff verwies auf die alten Forderungen Heinz Boberachs aus dem Jahr 1975<br />
nach neuen Verfahren der Erschließung unter Beibehaltung der Provenienz und in Ausrichtung<br />
am Benutzer mit seinen unzureichenden organisationsgeschichtlichen Kenntnissen.<br />
Ähnlich den Äußerungen von Eric Ketelaar auf dem deutsch-niederländischen Archivsymposium<br />
in Bochholt sprach sich Volker Schockenhoff in Richtung eines weiteren Wandels des<br />
Archivarsberufes aus. Der Archivar müsse künftig mehr sein als nur ein „information broker“,<br />
der sich auf Kontext und Provenienz konzentriert, um die Authentizität und Integrität der Archive<br />
dauerhaft zu sichern. Der heutige Archivar müsse mit der Fehlkonzeption der Vergangenheit<br />
brechen, die in der Annahme bestehe, das ein und dasselbe System (Archive nach<br />
Provenienz zu organisieren) auch für den Benutzer, der Informationen zu finden sucht,<br />
handhabbar sei. Er griff dann einzelne Beiträge vom Archivtag im Jahre 1997 in Ulm auf und<br />
setzte sich mit den Auffassungen deutscher Archivare zur angeblichen Unvereinbarkeit neuer<br />
Speichermedien mit den archivfachlichen Anforderungen auseinander. Er lenkte die Aufmerksamkeit<br />
u. a. auf die einschränkenden Hinweise im Vorwort der Marburger Übersetzung<br />
der Internationalen Grundsätze für die archivische Verzeichnung ISAD(G), wo die Chancen<br />
einer direkten Übertragungsmöglichkeit der Norm auf hiesige Arbeitsmethoden als sehr gering<br />
eingeschätzt werden. Der 1994 veröffentlichten Ansicht von Angelika Menne-Haritz nach<br />
stellt die Internationale Norm, die im Ergebnis mehrjähriger Diskussion um die Anwendbarkeit<br />
des maschine-readable cataloguing (MARC-AMC-) Formats auf Archivgut entstand, eine<br />
endgültige Abkehr von Ansätzen dar, bibliographische Formate auf archivische Bedürfnisse<br />
anzupassen. Frau Menne-Haritz sucht ihre Sichtweise mit dem Hinweis auf die OVG der<br />
DDR und auf Johannes Papritz und dessen Karteikarte als dem Rohmodell vieler Datensatzstrukturen<br />
zu stützen. Der Normtext sei wichtig für die Fachdiskussion zur mehrstufigen archivischen<br />
Verzeichnung und gebe Anregungen. Eine direkte Übertragungsmöglichkeit auf<br />
hiesige Arbeitsmethoden sei jedoch wenig wahrscheinlich. 89<br />
Symptomatisch, so Volker Schockenhoff dazu, sei jenes Erkenntnisinteresse, das nicht auf<br />
Integration und Kooperation sondern vielmehr auf Abgrenzung ziele. Chancen einer künftigen<br />
zusätzlichen Nutzung würden zu sehr davon abhängig gemacht, inwieweit es gelänge,<br />
schlagwort- oder indexorientierte Retrievalsoftware durch archivspezifische Software zu ersetzen.<br />
Der Auffassung der Skeptiker nach könne die heute verfügbare Software lediglich<br />
88 Volker Schockenhoff. Neue Wege archivischer Erschließung (Manuskript-Auszug), in: Material der FHS<br />
<strong>Potsdam</strong>, Bereich ABD, Fernstudium, Modul M5, Teil 2, 1999.<br />
89 Vgl.: Angelika Menne-Haritz. Internationale Grundsätze für die archivische Verzeichnung. Veröffentlichungen<br />
der Archivschule Marburg, Nr. 23, Marburg 1994, S. 9-15.<br />
44
das Blättern im Repertorium auf den Bildschirm verlagern und den Weg aus dem Magazin in<br />
den Lesesaal verkürzen. Eine archivfachliche Dokumentation oder Rekonstruktion von Prozessen<br />
im Sinne von Entscheidungen sei über Schlagworte und Indices, mit den bislang üblichen<br />
Zugriffsystemen also, nicht möglich. Archivare bräuchten nicht über neue, komfortablere,<br />
benutzerfreundlichere und schnellere Erschließungsmöglichkeiten zu reflektieren, weil<br />
die Programme nicht die intellektuelle Leistung auf fachlicher Grundlage ersetzen könnten.<br />
Archivbenutzer suchten nicht das bereits bekannte, sondern eben gerade das bislang unbekannte<br />
Dokument.<br />
Vergleicht man den archivwissenschaftlichen Diskurs mit den informationstechnischen Entwicklungen<br />
bei der BStU so wird deutlich, dass sich diese Art Rückwärtsgewandtheit im Erschließungsbereich<br />
des Archivs der Zentralstelle gerade nicht findet. Es sollen in diesem<br />
Zusammenhang nicht die Schwierigkeiten ausgebreitet werden, die sich angesichts der konspirativen<br />
Schriftgutverwaltung und der vielfältigen Strukturveränderungen und Kompetenzverlagerung<br />
im MfS für die Nutzer der Unterlagen ergeben. Ab 1994 suchte der BStU den<br />
riesigen Mengen an noch unerschlossenen Sachakten mit einem eigens dafür entwickelten<br />
elektronischen Programm, dem <strong>Sachaktenerschließung</strong>sprogramm gerecht zu werden. Seit<br />
1999 werden bei der BStU das Schriftgut und die speziellen Informationsträger wie Fotos,<br />
Videos, Kinefilme, Tondokumente und maschinenlesbare Datenträger mit Hilfe des SAE verzeichnet<br />
und auch ausgewertet. Nach modernen Standards besehen handelt es sich beim<br />
SAE um eine überdurchschnittlich leistungsfähige Erschließungssoftware, die zudem ein<br />
äußerst bedien- und nutzerfreundliches Information-Retrieval-Programm darstellt. Das Programm<br />
führt im Zuge der Recherche zu einer Vernetzung der einzeln verzeichneten Akteneinheiten<br />
und damit auch zur Auffindung kontextbezogener Information im klassischen archivischen<br />
Sinn. Es ist von der Anlage her sowohl auf die gegenwärtigen archivischen Zwecke<br />
als auch auf die künftig absehbaren ausgerichtet, die Kassation und die später nötigen konservativen<br />
Maßnahmen eingeschlossen. Im SAE hat die BStU auch die Möglichkeiten für die<br />
Nutzung dokumentationswissenschaftlicher Methoden weit vorangetrieben. Die stichwort-,<br />
index- und klassifikationsorientierte Erschließungssoftware lässt ein Wiederfinden nach den<br />
heutigen, sehr spezifischen wie nach künftig möglichen unspezifischen Gesichtspunkten zu.<br />
Der Umstand, dass das StUG nur eine sehr eingegrenzte Thematik für die Forschung zulässt,<br />
ist eine rechtliche, eine politische Frage. Natürlich könnte in den erschlossenen Unterlagen<br />
jenseits konkreter Personenbezüge auch zu Themen recherchiert werden, bei denen<br />
der Staatssicherheitsdienst überhaupt nicht interessiert.<br />
Die Fachvorgabe 90 des Organisationsreferates für die Entwicklung des elektronischen Hilfsmittels<br />
durch das IT-Referat konnte von der gesetzlichen Verpflichtung ausgehen, dass privaten<br />
Antragstellern wie auch den Forschern neben den Inhalten aus personenbezogenen<br />
90 Siehe: Projektgruppe SAE. IT-Verfahren zur Unterstützung der <strong>Sachaktenerschließung</strong>. Ergänzung und Überarbeitung<br />
der Fachvorgabe Teil I sowie Fachvorgabe Teil II. BStU-internes Material vom 17.12.1997.<br />
45
Unterlagen auch die Informationen aus Sachakten bereitzustellen sind. Mit Einführung des<br />
Verfahrens sollten folgende Effekte erzielt werden:<br />
• Die Verzeichnung sollte an Bildschirmarbeitsplätzen erfolgen.<br />
• Es sollten sowohl die vom MfS archivierten Ablagen als auch die Unterlagen aus den<br />
Diensteinheiten Aufnahme finden.<br />
• Das Verfahren sollte zudem einheitlich für alle Informationsträger ausgelegt sein.<br />
• Ein problemloser Wechsel vom Verzeichnen und Modifizieren von Datensätzen zum<br />
Recherchieren sollte möglich sein.<br />
• Recherchen sollten sowohl teilbestandsbezogen als auch parallel in mehreren oder<br />
allen Teilbeständen und wahlweise in allen Informationsträgern durchführbar sein.<br />
• Der Zeitaufwand für thematische Recherchen sollte sich spürbar reduzieren.<br />
• Die automatische Erstellung von Findbüchern sollte möglich werden. 91<br />
Von Beginn an waren also die Funktionen Verzeichnung mit Klassifizierung und Verschlagwortung,<br />
Recherche und auch der Druck von Findbüchern das Ziel der Programmierung. Im<br />
Zuge der Entwicklung wurde eine Überarbeitung der Fachvorgabe Teil I 92 und deren Ergänzung<br />
durch einen Teil II erforderlich. In Teil II wurden die Anforderungen an den Menüpunkt<br />
Recherche, den Druck von Rechercheergebnissen, die Rechte für Lese- und Schreibzugriff,<br />
die Freigabe von Datensätzen und Schlagworten und das Modifizieren festgelegt.<br />
Die derzeitige Programmversion gliedert sich in die vier großen Teilbereiche (Module) Erfassung,<br />
Recherche, Bearbeitung der Klassifikation und Bearbeitung der Schlagworte.<br />
91 Zur Online-Fähigkeit siehe unter Pkt. 3.3.5. (Findbuchkonzept). Es ist momentan nicht daran gedacht, mit den<br />
künftig entstehenden Findbüchern ins Web zu gehen, und es ist deshalb bislang auch kein Zugriff auf Findbücher<br />
vom Internet aus konzipiert.<br />
92 Siehe: Projektgruppe SAE. IT-Verfahren zur Unterstützung der <strong>Sachaktenerschließung</strong>. Ergänzung und Überarbeitung<br />
der Fachvorgabe Teil I sowie Fachvorgabe Teil II. BStU-internes Material vom 17.12.1997.<br />
46
Die einzelnen Funktionen kann man durch Betätigen der entsprechenden Schaltflächen in<br />
der Einstiegsseite aufrufen. Alle sichtbar werdenden Fenster weisen die typische Windows-<br />
Struktur auf. Wie unter Windows funktionieren auch die üblichen Tastenkombinationen für<br />
Markieren ( A), Kopieren ( C), Ausschneiden ( X) oder Wiedereinfügen<br />
( V) über die Zwischenablage. Ähnlich wie bei den Office-Produkten Word und Excel<br />
gibt es eine Titelleiste, eine Menüleiste, eine Symbolleiste, den eigentlichen Arbeitsbereich<br />
und eine Statusleiste. Die einzelnen Elemente finden sich aber nicht immer alle zusammen<br />
in jedem Fenster.<br />
Das Bewegen in den verschiedenen Erfassungsseiten erfolgt über den Menüpunkt Fenster,<br />
über die Tasten der Toolbar oder über Tastenkürzel, die sogenannten Short-Cuts. Innerhalb<br />
der Eingabemasken bewegt man sich von einem Eingabefeld zum anderen mit der TAB-<br />
Taste vorwärts und mit + rückwärts oder mit der Mouse.<br />
In den Feldern „Aktentitel“ und „Enthält-Vermerk“ besteht die Möglichkeit zu sehr umfangreichen<br />
Eingaben. Nachdem Eintragungen vorgenommen wurden, sind diese, um sie in die<br />
jeweilige Liste aufzunehmen, mit zu bestätigen. Bei fachlich-organisatorischen<br />
und programmtechnischen Problemen gibt es für die Anwender eine Hilfe-Hot-Line im Haus.<br />
Die Abbildung zeigt die Erläuterungen zur Toolbar für die Recherche in der programminternen<br />
Offline-Hilfe. Ein Inhaltsverzeichnis aller Hilfefunktionen findet sich in der Anlage 7.<br />
Die Erschließung als der stete Engpass archivischer Arbeit konnte durch den Einsatz des<br />
SAE deutlich beschleunigt werden. Das Programm ist von der Anlage her auf jede Art Infor-<br />
47
mationsnachfrage eingestellt. Von daher zeigt die Erfolgsgeschichte des SAE das beachtliche<br />
Vermögen der mit der Projektierung und Programmierung befassten Mitarbeiter im IT-<br />
Referat. Indes werden die im Programmeinsatz liegenden Möglichkeiten durchaus nicht vollauf<br />
genutzt. Die geplante Zahl der zugriffsberechtigten Mitarbeiter liegt derzeit bei rd. 150,<br />
eingeschlossen die Arbeitsgruppe der Leiterin des Archivs und verschiedene Mitarbeiter der<br />
Forschungsabteilung der BStU, die eingeschränkte Zugriffsrechte erhalten. Alle Rechercheure<br />
im Auskunftsbereich und damit auch die für die Erledigung externer Forscher tätigen Mitarbeiter<br />
in den Auskunftsreferaten bleiben aus datenschutzrechtlichen Erwägungen heraus<br />
vom Zugriff ausgenommen. Um in diesem Punkt Veränderungen herbeiführen zu können,<br />
wäre ein Umdenken im aufbau- und ablauftechnischen Bereich erforderlich, wodurch allerdings<br />
die dahinter stehenden Tätigkeitsmerkmale und damit die Eingruppierung der Mitarbeiter<br />
berührt wären. Das gilt für den Einsatz von Bürosachbearbeitern, die inhaltlich einzelne<br />
Tätigkeiten der besser bezahlten Archivare übernehmen müssten. Es gilt aber auch für die<br />
vergleichsweise gut bezahlten Sachbearbeiter aus dem Auskunftsbereich, auf die niedriger<br />
vergütete Tätigkeiten nach dem Spezialtarif zukämen.<br />
Das Verzeichnen der Teilbestände und die Sacherschließung der vom MfS archivierten Ablagen<br />
ist eine Aufgabe für viele Jahre. In kleinen kommunalen Archiven kommt es in der Regel<br />
erst durch die gezielte Nachfrage zu einer punktuell tieferen Erschließung und damit<br />
auch zu mehr Sicherheit bei der Bewertung und Kassation. Perspektivisch erscheint bei der<br />
BStU eine Ausweitung der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit in Richtung einer<br />
gleichzeitigen Wahrnehmung verschiedener Aufgaben und Inhalte des Archivarsberufes<br />
wünschenswert. Die bestehende Trennung und Verteilung der Arbeitsschritte auf viele Mitarbeiter<br />
in unterschiedlichen Abteilungen hatte in der Anfangszeit, wo es um die Zerschlagung<br />
des Staatssicherheitsdienstes, die zügige Eignungsüberberprüfung im Öffentlichen Dienst<br />
und die Aufdeckung der Regierungs- und Vereinigungskriminalität aus der DDR und der<br />
Wendezeit ging, ihre Berechtigung. Die aus dieser Zeit stammende Aufbau- u. Ablauforganisation<br />
ist der schnellen Abarbeitung von massenhaften Eingängen förderlich, für die damit<br />
befassten Mitarbeiter aber wegen ihrer Einseitigkeiten nicht befriedigend. Auch angesichts<br />
des zu erwartenden Personalrückgangs in den kommenden Jahren wäre eine Zusammenlegung<br />
von Aufgaben aus den Bereichen Archivbestände und Auskunft angeraten. Durch eine<br />
veränderte Aufbau- und Ablauforganisation bei der BStU könnten sich die Erschließung wie<br />
die Aufgabenerledigung insgesamt effizienter und benutzerorientierter vollziehen, als unter<br />
Beibehaltung der heutigen Arbeitsteilung. Dies anzugehen wäre eine anspruchsvolle Aufgabe<br />
unter Beteiligung aller Bereiche bis hin zu den Datenschützern, lösbar im Zuge einer<br />
Verwaltungsmodernisierung.<br />
48
3.3.2. Die Erarbeitung der teilbestandsbezogenen Klassifikation<br />
Für die Nutzer des Archivs ist die Klassifikation der Ariadnefaden durch die Bestände und als<br />
solcher die eigentliche Leistung aus der ordnenden Hand des Archivars. Wie das Garnknäuel<br />
der minoischen Königstochter führt die Klassifikation durch das Labyrinth der Unterlagen,<br />
indem sie die Struktur des Registraturbildners (des MfS) mit den Sachinhalten seiner wechselnden<br />
Tätigkeiten verbindet. Klassifikationen zählen zu den ältesten Dokumentationssprachen<br />
und von daher zu den traditionellen Verfahren der Inhaltserschließung. 93 Wegen der<br />
vorrangigen Bestimmtheit durch hierarchische Beziehungen gelten sie jedoch als ausdrucksschwach.<br />
Starke Hierarchien liegen vor, wenn zu jedem Begriff mehrere Unterbegriffe existieren,<br />
jeder Artbegriff nur einen Oberbegriff hat. Schwache, so genannte Polyhierarchien<br />
liegen vor, wenn ein und derselbe Begriff auf Grund der Berücksichtigung mehrerer unterschiedlicher<br />
Merkmale zwei oder noch mehr Oberbegriffen zugeordnet wird.<br />
Holt man sich Rat in der Archivtheorie der DDR und somit aus der Zeit, als die hier in Rede<br />
stehenden Unterlagen entstanden, so sind Klassifikationen Ordnungshilfsmittel mit Notationen<br />
und Sachbetreffen, die einer äußeren Abgrenzung der Lagerungseinheiten dienen. Sie<br />
können aufgabenbezogen präkoordiniert, also vorausschauend oder postkoordiniert, im<br />
Nachhinein auf der Grundlage bekannter Aufgabenbereiche ausgearbeitet werden. Auch die<br />
Idee der Klassifikation aus der Zeit der DDR fordert also eine über die Ordnung der Dokumentenarten<br />
hinausgehende logisch-systematische Ablage des Schriftgutes. Anders als bei<br />
den Registraturplänen des 18. u. 19. Jahrhunderts, die zwei- oder dreistufig aufgebaut waren,<br />
sollten die Systematiken in der DDR möglichst vierstufig sein. Sie sollten hierarchisch<br />
gegliedert werden und den Speicherplatz über Signatur und Betreff zuverlässig angeben. 94<br />
Die heute in Deutschland gültigen Regeln zur Erarbeitung von Klassifikationssystemen sind<br />
in der DIN 32705 festgelegt. 95 Die Regeln zeigen, wie Begriffe, Arten von Beziehungen sowie<br />
Merkmale identifiziert, geordnet, zusammengestellt und ausgedrückt werden und wie man<br />
den Bezeichnungen Notationen zuordnet. Besonderer Wert wird auf eine eindeutige Zuweisung<br />
jedes Eintrags zu einer bestimmten Stelle in der Über- und Unterordnung der Elemente<br />
des Klassifikationssystems gelegt.<br />
Ist man in heutiger Zeit gezwungen, mächtige Schriftgutkomplexe zu erschließen, so greift<br />
man auf moderne Informationssysteme und Repräsentationstechniken zurück. Durch den<br />
verstärkten Rechnereinsatz kann bei der Erarbeitung, Pflege und Anwendung von<br />
Klassifikationen in Richtung flexibler Strukturen gearbeitet werden. So spielt es heute kaum<br />
noch eine Rolle, ob im Zuge der rechnergestützten Erschließung Klassifikationen oder<br />
Thesauri 93 herangezogen werden. Beim rechnergestützten Klassifizieren handelt es sich nur<br />
Der Werdegang der Registraturkunde lässt sich beginnend bei Jacob von Rammlingen d. J. nachlesen. Siehe<br />
dazu: Adolf Brennecke. Archivkunde. Ein Beitrag zur Theorie und Geschichte des europäischen Archivwesens.<br />
Bearbeitung von W. Leesch. Leipzig 1953, S. 45f.<br />
94<br />
Siehe: Botho Brachmann (Hrsg.). Archivwesen der DDR. Berlin1984, S. 101 u. 120. Das Lehrbuch aus der<br />
DDR liefert Beispiele für die hierarchische Gliederung in Hauptgruppe, Gruppe, Untergruppe und Aktentitel.<br />
95<br />
DIN 32705. Klassifikationssysteme. Erstellen und Weiterentwickeln von Klassifikationssystemen.<br />
Berlin, Januar 1987.<br />
49
gezogen werden. Beim rechnergestützten Klassifizieren handelt es sich nur noch um eine<br />
spezielle Variante des Indexierens, das sogenannte additive Indexieren. Die Notationen gemeinsamer<br />
Oberbegriffe ermöglichen Gruppenbildungen, mittels derer neben einem Suchbegriff<br />
auch alle zugehörigen Unterbegriffe als Wissensquellen aufgefunden werden können,<br />
was sich positiv auf die Leistungsfähigkeit des Retrievalsystems auswirkt. Andererseits sind<br />
unter den Notationen auch Beschreibungen von Sachverhalten mittels erläuternder Ausführungen<br />
(Paraphrasen) hinterlegbar. Eine Hybriderschließung, d. h. die Verknüpfung von<br />
Klassifizierung und Indexierung führt zu einer weiteren Verbesserung der Retrievalergebnisse<br />
(Precision). Seit längerem liegt der Schwerpunkt bei Wissensrepräsentationsformalismen<br />
auf logikbasierter Wissensdarbietung und auf semantischen Netzen und Rahmen (Frames). 96<br />
Immer geht es darum, große Mengen an Dokumenten und Informationen für Nutzer nach<br />
erkennbaren Gesichtspunkten zu ordnen und die Leistungsfähigkeit des Retrievalsystems zu<br />
verbessern. Um bei der Erschließung über eine möglichst vollständige Begriffssystematik<br />
verfügen zu können, werden möglichst viele Begriffskombinationen von vornherein festgelegt.<br />
Will man widerspruchsfrei klassifizieren, muss die Einordnung der Begriffe in das Hierarchiegefüge<br />
unter Beachtung der Grundregeln der formalen Logik erfolgen. Nützlichkeitserwägungen<br />
stehen jedoch den idealen Untergliederungsformalismen gegenüber oft im Vordergrund.<br />
Die Beschreibung der Praxis des Klassifizierens bei der BStU soll mit dem Blick auf die Karteien<br />
beginnen. Die gute alte Steilkartei, wie sie in Form manueller Bibliothekskataloge noch<br />
immer weit verbreitet ist, findet sich im Bestand gleich in über 360 Exemplaren von Karteien<br />
des MfS. In Form von Hilfskarteien war die Steilkartei darüber hinaus der Ausgangspunkt für<br />
die sich entwickelnden Informationssysteme der BStU und von daher in der Erschließung<br />
unverzichtbar. Der Nachteil der Steilkarteien ist bekannt – jede Karte kann stellvertretend für<br />
ein Dokument nur unter einem einzigen Sachverhalt abgestellt werden. Der Vorteil bei systematischer<br />
oder alphabetischer Aufstellung liegt im unbegrenzten Zusortieren.<br />
Im Zuge des anfänglichen Erschließens des Teilbestands SED-KL im MfS und der vorläufigen<br />
Klassifizierung der Systematischen Kartei war das Anfertigen und Einstellen zahlreicher<br />
Verweiskarten unabdingbar. Die Kartei nahm dadurch im Umfang auf das Doppelte der ursprünglichen<br />
Größe zu. Dieser Aufwand war erforderlich, da sonst nicht ausreichend schnell<br />
hätte recherchiert werden können.<br />
Die Rahmenklassifikation für den Archivbestand in seiner Gesamtheit entstand im Wissen<br />
um die Strukturgeschichte des Registraturbildners, beginnend bei den Vorläufern und Nachfolgern<br />
über die Formierung der einzelnen Struktureinheiten, ihre späteren Teilungen, Zu-<br />
96 Michael R. Genesereth; Nils J. Nilson: Logical Foundation of Artifical Intelligence. Paolo Alto/Cal.: Morgan<br />
Kaufmann, 1987 (deutsche Übersetzung im Vieweg-Verlag, 1989), sowie:<br />
Ulrich Reimer. Einführung in die Wissensrepräsentation. Netzartige und schema-basierte Repräsentationsformate.<br />
Stuttgart 1991.<br />
50
sammenlegungen, Verästelungen und Umbenennungen. Die Klassifikation im <strong>Sachaktenerschließung</strong>sprogramm<br />
der BStU war von daher von Anfang an grob vorgegeben und ist heute<br />
nur noch teilbestandsbezogen auszuformen. Die Präkoordination stellt für die Arbeit mit<br />
den abgeschlossenen Beständen des nicht mehr arbeitenden Registraturbildners kein Problem<br />
dar. Die Gliederung geht von der Organisationsstruktur aus und wird vom Archivar teilbestandsbezogen<br />
durch die Struktur von Aufgaben und Sachkomplexen in ihrer Rangfolge<br />
(Über- und Unterordnung) ergänzt. Im Blick auf die Aufgabenverteilung und die ersichtlichen<br />
Informationsflüsse wird die Klassifikation immer weiter vervollkommnet und auf ihre Zweckmäßigkeit<br />
hin überprüft. Umklassifizierungen sind bis zu Abschluss der Eingaben aller Datensätze<br />
unausweichlich.<br />
Eckhart G. Franz rät in seiner „Einführung in die Archivkunde", ein neues Klassifikationsschema<br />
induktiv anhand der erstellten Titelaufnahmen zu entwickeln 97 , was auf den Teilbestand<br />
SED-KL im MfS bezogen auch so erfolgt. Ersichtlich wird, dass die Tätigkeit der SED-<br />
Parteiorganisation wie auch die der Massenorganisationen im MfS in allen Diensteinheiten<br />
einen schriftlichen Niederschlag fand, ausnahmslos auch in den Unterlagen nach jeder anderen<br />
Provenienz überliefert ist. Dopplungen und Mehrfachaufnahmen von Dokumenten lassen<br />
sich nicht völlig vermeiden. Der aktuelle Aufbau der Klassifikation des Teilbestandes SED-KL<br />
im MfS findet sich auszugsweise in der Anlage 4. Die weitgehend eingeklappte Bildschirmanzeige<br />
und die Eingabemaske haben folgendes Aussehen:<br />
97 Eckhardt G. Franz. Einführung in die Archivkunde, a.a.O., S. 78.<br />
51
3.3.3. Die Verschlagwortung<br />
Das Klassieren der Datensätze im SAE geht einher mit der gleichzeitigen Verschlagwortung.<br />
Es hängt mit der Struktur des überlieferten Schriftgutes zusammen, dass sich der interne<br />
Diskurs um die Schlagwortbildung und die Pflege der Schlagworte im Archiv der Zentralstelle<br />
noch aufwändiger gestaltete als die voraus gegangenen Erörterungen um die Klassifikation.<br />
Die rein fachliche Diskussion um die Verschlagwortung berührte den Archivierungsauftrag,<br />
damit das Dokumentationsprofil der entstehenden Überlieferung und nicht zuletzt auch die<br />
Vorgaben zur Kassation. Über die heutigen Nutzerwünsche hinaus wurden die möglichen<br />
Interessen der künftigen Forschung thematisiert und auch die Art der Wiederfindung von<br />
Information im Zeitalter des Internet. Es ging um die Frage, ob sich künftige Forschungsinteressen<br />
eher an den Aufgaben der jeweiligen MfS-Hauptabteilung und damit an der Evidenz<br />
orientieren werden oder ob sich das Interesse eher auf die vielen kleinen Geschehnisse und<br />
damit auf die Informationswerte richtet. Für eine rein strukturbezogene Forschung wäre die<br />
ausschließliche Vergabe spezieller Deskriptoren zur MfS-Tätigkeit zweifellos am sinnvollsten.<br />
Im Grundsatzreferat der Abteilung Archivbestände geht man davon aus, dass die BStU mittelfristig<br />
ein Spezialarchiv wird, wo man in vollständig erschlossenen Beständen und Teilbeständen<br />
zur Struktur und Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR forschen<br />
kann. Eine solche vom Gesetzgeber gewollte Spezifik in der Überlieferungsbildung<br />
stand auch im Vordergrund der Überlegungen zur Ausformulierung der Richtlinie zur<br />
Verschlagwortung, die nach wiederholter Diskussion zum 21.11.2000 in Kraft gesetzt wurde.<br />
98 Grundanliegen der Richtlinie war die Gewährleistung einer für die Zentralstelle und die<br />
Außenstellen der BStU einheitlichen Verschlagwortung auf möglichst hohem intellektuellem<br />
Niveau. Wurden die darin ausformulierten Grundpositionen weithin geteilt, so gingen die Auffassungen<br />
in der Frage der konkreten Umsetzung der Kettenbildung auseinander. Teilweise<br />
herrschte die Überzeugung vor, den künftigen Nutzern müsse für ihren Einstieg in die Recherche<br />
ein besonderes Verständnis abverlangt und ihr Blick im Sinne des angestrebten<br />
Dokumentationsprofils gelenkt werden. Als das geeignete Mittel dazu betrachteten die Befürworter<br />
dieser Herangehensweise die Bildung von vertikalen Syntaxketten. Es handelte<br />
sich bei den so zu bildenden Schlagwörtern in der Regel um Dreierketten aus Haupt- oder<br />
Nebenbegriffen, wobei die Begriffe innerhalb der Kette bereits durch ihre Stellung einen Bedeutungswert<br />
im Sinne des Bestandsbildungsauftrages vermitteln sollten. In der Praxis sollte<br />
die Kettenbildung dann unter Verwendung so genannter Top-Deskriptoren erfolgen, die der<br />
Schlüssigkeit halber verschiedenen Fundamentalkategorien zu entnehmen waren. Bei den<br />
voranstehenden Begriffen aus dem Deskriptorenpool der Fundamentalkategorien I und II<br />
98 Siehe: Richtlinie zur Verschlagwortung bei der rechnergestützten Erschließung (RL Verschlagwortung) vom<br />
21.11.2000 als Anlage 9 der Ordnungs- und Verzeichnungsrichtlinie für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in den Archiven der BStU.<br />
52
handelte es sich um die Tätigkeiten und Methoden des Staatssicherheitsdienstes. Der Kategorie<br />
III waren ausschließlich Objekte und Ereignisse zugehörig, auf die sich die Tätigkeit<br />
und die Methoden des Dienstes richteten. Die Entwicklung der Begrifflichkeit innerhalb der<br />
Objektebene blieb dem erschließenden Personal weitgehend freigestellt, eine Art letztes Reservat<br />
für die Erprobung der Kreativität jedes engagiert tätigen Archivars.<br />
Die Bildung von Schlagwortketten in dieser Art wurde in den ersten Monaten des Jahres<br />
2001 in einem Praxisversuch getestet, einmal in Bezug auf das Vermögen und die Akzeptanz<br />
seitens der damit umgehenden Mitarbeiter, dann hinsichtlich der Praktikabilität für die<br />
spätere Recherche und schließlich im Hinblick auf die Möglichkeiten der Datenbank und auf<br />
das Verhältnis von Aufwand und Ergebnis insgesamt. In zwei Beratungen wurden die Erkenntnisse<br />
vorgetragen und ausdiskutiert. Ein wichtiger Punkt der Aussprachen war die Forderung,<br />
nicht die in den Unterlagen genannten Objekte und Begebenheiten herauszuarbeiten<br />
und zu verschlagworten, sondern die dahinter stehende Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes.<br />
Diese Herangehensweise orientierte sich ausschließlich an dem im StUG formulierten<br />
Auftrag zur Herausarbeitung der Struktur und Wirkungsweise des Staatssicherheitsdienstes.<br />
Vorteil der Kettenbildung in vertikaler Form wäre der stets abverlangte, übergeordnete<br />
Blick von der Ebene des Gesamtbestandes aus auf die des einzelnen Dokuments. Er ginge<br />
allerdings einher mit dem Zwang zur strikten Ausrichtung der Schlagworte auf den gesetzlich<br />
formulierten Auswertungsauftrag und die Interessen der zeitnahen Nutzungen.<br />
Die Argumente der Gegner der vertikalen Schlagwortketten mit vorangestelltem Deskriptor<br />
zur MfS-Tätigkeit lassen sich wie folgt zusammenfassen: Titel, Enthält-Vermerk und Klassifikation<br />
und eben gerade nicht die Schlagworte müssen die Entstehungszusammenhänge<br />
vermitteln. Es bedarf weder für die zeitnahe wie für mögliche künftige Aufgabenerledigungen<br />
einer Ausrichtung der Verschlagwortung im Sinne der einengenden Vorgaben des StUG. Die<br />
Datenbank SAE ist nicht präkoordiniert angelegt und bietet komfortable Möglichkeiten der<br />
Wiederfindung von Informationen unter ganz verschiedenen Gesichtspunkten. Sie gestattet<br />
es hingegen nicht, einzelne Ebenen in Schlagwortketten auszublenden. Die regelmäßige<br />
Kettenbildung führt bei der Anzeige der Fundstellen im Zuge der Recherche zu großen Problemen.<br />
In der ersten und zweiten Ebene kommt es zu seitenlangen, unübersichtlichen Wiederholungen,<br />
denen die Nutzer nachsuchen müssen. Die Bildung von Syntaxketten unter<br />
Voranstellung von Deskriptoren, die die Aufgaben und Methoden des MfS (Fundamentalkategorien<br />
I und II) repräsentieren, würde eine programmtechnische Anpassung des SAE erfordern.<br />
Eine entsprechende Veränderung der Programmierung wäre aber völlig unsinnig,<br />
weil mit dem SAE ohnehin unter jedem möglichen Gesichtspunkt recherchiert werden kann.<br />
Man einigte sich, von der Bildung von Syntaxketten in vertikaler Form Abstand zu nehmen.<br />
Hingegen können im Bedarfsfall Ketten in horizontaler Form zur näheren Erläuterung des<br />
53
voranstehenden Schlagwortes gebildet werden. Die nachfolgende obere Abbildung zeigt den<br />
früheren und die untere den jetzigen Zustand.<br />
Die Pflege der Schlagworte im SAE ist den Mitarbeitern mit Freigaberecht vorbehalten. Nur<br />
sie dürfen die Schlagworte, für die sie zuständig sind, bearbeiten, löschen oder in einen anderen<br />
Index verschieben. Die schnelle Verschlagwortung verleitet zur Entlehnung von Stichworten,<br />
und die vielen Indices erschweren die Schlagwortbildung zusätzlich. Zur Verbesserung<br />
der Qualität der Verschlagwortung wurde auf der Ebene der einzelnen Teilbestände mit<br />
54
der Bereinigung der bereits vergebenen Begriffe begonnen. Es bedarf der anschließenden<br />
Einigung über die Deskriptoren, Synonyme und Nichtdeskriptoren, die übergreifend verwendet<br />
werden sollen. Darüber hinaus gibt es seitens der Schriftguterschließung einen Abstimmungsbedarf<br />
mit dem für die Erschließung spezieller Informationsträger zuständigen Referat.<br />
An eine hierarchische Struktur ist erst im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines Thesaurus<br />
gedacht. Er soll Teil des SAE werden und Sätze aus Dekriptoren, Nichtdeskriptoren<br />
und Synonymen, in Tabellen hinterlegt, aufrufbar halten. Das geht von der Anlage des Programms<br />
her nur im Wege der Erfassung bereits vergebener Deskriptoren und nicht über direkte<br />
Eingaben. Eine Übernahme von Begriffen aus der bereits erarbeiteten Klassifikation für<br />
den künftigen Thesaurus ist demzufolge nicht möglich. Die Begriffstabellen im SAE sind allerdings<br />
alphabetisch geordnet. Man kann alle bereits vorhandenen Begriffe in andere Tabellen<br />
verschieben und erspart sich so zumindest die Eingabe.<br />
Durchgesetzt haben sich in der Auseinandersetzung um das Für und Wider von Schlagwortketten<br />
in der Zentralstelle der BStU die pragmatisch veranlagten Archivare und damit jene,<br />
die auf konkret messbaren Gewinn für das eingesetzte Personal und die Nutzer hin denken.<br />
Der Ausgang der Entscheidungsfindung berührte auch einen wichtigen Punkt im beruflichen<br />
Selbstverständnis, den Grad an Zufriedenheit mit der Arbeit, den jeder aus seiner spezifischen<br />
Tätigkeit zu ziehen vermag.<br />
Die eindeutige Abkehr von der ursprünglich angestrebten Verschlagwortung mittels vertikaler<br />
Syntaxketten erscheint vielversprechend für das Umdenken im Erschließungsbereich der<br />
BStU. Der vor sich gehende Wandel im Umgang mit Information wird vor allem von den jüngeren<br />
Mitarbeitern getragen. Die absehbaren künftigen Retrievalgewohnheiten werden von<br />
ihnen vor dem Hintergrund ihrer praktischen Erfahrungen mit der Internettechnologie thematisiert.<br />
In 20, 50 oder gar 100 Jahren werden die Fragestellungen der Forschung anders lauten<br />
als heute. Die heutige Geschichtsforschung unterscheidet zwischen Ereignis- und Strukturgeschichte.<br />
An konkreten Informationswerten werden beide Richtungen interessiert sein.<br />
Während erstere auch späterhin noch dem nachgehen wird, was unser heutiges Interesse<br />
weckt, wird die Strukturgeschichte dann Fragen stellen, die uns heute noch nicht in den Sinn<br />
kommen. Einige wenige, eher theoretisch argumentierende Archivare meinen dem gegenüber,<br />
die Fragestellungen würden sich der Spezifik des Auftrags zur Überlieferungsbildung<br />
wesentlich annähern. Die praxisorientierten, in der Nutzerberatung erfahrenen Mitarbeiter<br />
gehen davon aus, dass man in einigen Jahren viele wichtige Zusammenhänge kennen und<br />
vorrangig nach dem noch unbekannten Dokument suchen wird. Das Verhältnis aus Soll und<br />
Ist im Handeln des Registraturbildners, das bei der Vermischung von Ermittlungsorgan nach<br />
DDR-StPO, politischer Geheimpolizei und Auslandsnachrichtendienst ohnehin schwer auszumachen<br />
ist, wird kaum mehr interessieren. Erforschenswert bleiben auf längere Sicht die<br />
55
typischen Geschichten und Details, mit denen sich die grundlegenden Erkenntnisse für den<br />
konkreten Bereiche vor Ort belegen lassen.<br />
Technisch besehen kann die Verschlagwortung im Programm sowohl vom 1. Erfassungsfenster<br />
(Cursor steht im Feld „Aktentitel“) als auch vom Fenster „Enthält-Vermerk“ vorgenommen<br />
werden. Für die schnelle Verschlagwortung ist die rechte Maustaste zu benutzten.<br />
Das markierte Wort wird mittels Betätigung eines Buttons (P/F/ ...) in den entsprechenden<br />
Index aufgenommen. Der Anfangsbuchstabe des Wortes wird dabei automatisch in einen<br />
Großbuchstaben umgewandelt. In der Statuszeile erscheint eine Meldung zur Kontrolle, die<br />
Aufschrift der Taste ändert kurzzeitig den Schriftschnitt in kursiv, und sofern die Taste 18 der<br />
Toolbar gedrückt ist, kommt zusätzlich ein akustisches Signal. Die Bildschirmausdrucke veranschaulichen<br />
das Prinzip:<br />
56
3.3.4. Die Recherchemöglichkeiten<br />
Seit Beginn der Tätigkeit der Behörde muss parallel zur Erschließung für die verschiedensten<br />
Zwecke in den Unterlagen recherchiert werden, sowohl für Zwecke der Erschließung als<br />
auch für die interne Forschungsabteilung und für die Auskunftserteilung mit Außenwirkung.<br />
Trotz des erstinstanzlichen Urteils im Streit mit Helmut Kohl und der leicht veränderten Richtlinie<br />
für die Auskunftserteilung an Forscher ist der Themenkreis noch immer weit und das<br />
Forschungsinteresse kann sich nach wie vor unterschiedslos auf alle Medienarten richten. 99<br />
Der Teilbestand SED-KL im MfS bietet hierfür sehr interessante Ansatzpunkte. Sie reichen<br />
von der Spezifik der Parteiarbeit im Apparat der ehemaligen Kreisleitung als einer Diensteinheit<br />
des MfS und der Einbeziehung der SED-KL in wichtige Leitungsentscheidungen des<br />
Kollegiums des MfS über die umfangreiche Arbeit der Abteilung Parteiorgane innerhalb der<br />
Parteiorganisation und die Anleitung der Massenorganisationen bis zu den Beziehungen zu<br />
anderen Ostblockdiensten und der Spionageabwehr und Aufklärung westlicher Dienste.<br />
Welche Suchmöglichkeiten für eine Personen- oder Sachrecherche genutzt werden, liegt im<br />
Ermessen des Rechercheurs im Auskunftsbereich und wird dort in jedem Einzelfall festgelegt.<br />
Die als angemessen erachtete Recherche wird im Archivbereich durchgeführt und, ggf.<br />
mit immer neuen Erkenntnissen angereichert, wiederholt. Der Rechercheur erhält bereits mit<br />
Übergabe des Verwaltungsvorgangs aus der Zentralregistratur die Ergebnisse des automatischen<br />
Datenabgleichs zu den Inhalten mehrerer wichtiger Datenbanken, eingeschlossen<br />
auch den Abgleich mit den gespeicherten Daten im EPR. Mit den Rechercheergebnissen<br />
aus den großen Personenkarteien und weiteren dezentralen Karteien kann der Rechercheur<br />
die angezeigten Unterlagen anfordern und sich nach deren Durchsicht für zusätzliche personenbezogene<br />
Recherchen oder für Recherchen in Sachakten entscheiden. Rechercheure<br />
können also Querverweisen in den angezeigten personenenbezogenen Unterlagen nachgehen,<br />
sich für zusätzliche Recherchen zu den in Betracht kommenden Personen im Umfeld<br />
der Auskunftsperson entscheiden oder dem angefragten Sachverhalt direkt nachrecherchieren.<br />
100 In dieser Art suchte die BStU-eigene Forschungsabteilung von Beginn der Tätigkeit<br />
an ihren Fragestellungen auch im Teilbestand SED-KL im MfS nach. Von Interesse waren<br />
die Struktur und Wirkungsweise des MfS in den unterschiedlichen Perioden des Dienstes<br />
und auch spezielle Themen, wie die verdeckte Arbeit im so genannten Operationsgebiet, in<br />
der Alt-Bundesrepublik. Etwas abseits von den Zwängen des täglichen Behördenbetriebs<br />
99 So analysieren derzeit Linguisten des Sprachwissenschaftlichen Seminars der Universität Göttingen in einer<br />
Diskursanalyse zur Funktion von Sprache in der Diktatur das älteste bislang aufgefundene Tondokument. Es<br />
geht u. a. um die Auflösung der Verschleierungen von Gesagtem und Gewolltem in Geheimreden Erich Mielkes.<br />
Siehe: Presseinformation Nr. 113. Göttinger Linguisten analysieren ältestes Tonddokument der Stasi, in:<br />
(5/2001).<br />
100 DDR-Staatsapparat/deutsch-deutsche Beziehungen/Parteien Ost; Opposition/ Religionsgemeinschaften;<br />
Militär/Grenze/Republikflucht/Bildung-Jugend-Familie; Judentum/NS sind solche Einteilungen in Sachgebiete,<br />
die die spezifische, thematische Erschließung im Zuge der Unterlagendurchsicht im Auskunftsbereich befördern<br />
sollen.<br />
57
erzeugt die Arbeitsgruppe der Archivleiterin den archivwissenschaftlichen Output 101 der BStU<br />
und recherchiert u. a., welche Unterlagen während der Wende in welchen Mengen wohin<br />
verbracht und verkollert wurden.<br />
Die MfS-Unterlagen werden heute, so wie anderweitig überlieferte Dokumente auch, für sehr<br />
andersartige Zwecke genutzt, als jene es waren, für die sie ursprünglich einmal angelegt<br />
wurden. Die Akten jedweder Art und Kategorie sind aber keineswegs so angelegt, dass sich<br />
die heute interessierenden Fragestellungen ohne weiteres erschließen ließen. Vielmehr<br />
kommt das heute Gesuchte meist nur am Rande vor, ist nebenbei erwähnt oder muss erst<br />
über Querverweise in anderen, bisweilen noch unerschlossenen Unterlagen zeit- und personalaufwendig<br />
recherchiert werden. Während sich in der privaten Akteneinsicht mit der Vorstellung<br />
„meine Akte“ in der Regel noch eine personenbezogene Unterlage verbinden lässt,<br />
ist dies bei Sachverhaltsrecherchen für Zwecke der Forschung eher die Ausnahme. So ist es<br />
erforderlich, bei Sachrecherchen in den vom MfS-archivierten Ablagen, die bislang noch<br />
nicht sachliche erschlossen sind, die Sachthemen dem MfS-Pertinenzprinzip folgend in personenbezogene<br />
Anfragen umzuwandeln. Sachthematische Recherchen in erschlossenen<br />
Sachakten des MfS haben indes mit pertinenzorientierter Suche nur wenig zu tun. Anlage<br />
und Führung dieser Akten folgten nicht den MfS-internen Vorgaben für das Führen von Vorgängen<br />
zu eigenen Mitarbeitern oder zur operativen Bearbeitung von Betroffenen. Andererseits<br />
enthalten die formierten Sachakten auch personenbezogene Informationen, die über<br />
das EPR und den Personenindex im SAE recherchierbar sind. Durch den Einsatz des SAE<br />
werden diese Unterschiede weitgehend überbrückt, die Übergänge durch die verknüpfte Suche<br />
fließend. Provenienz und Unterprovenienz als unabdingbares Ordnungsmerkmal für die<br />
Quellenkritik bleiben dabei als Suchkriterium für themenbezogene Fragen der Benutzer erhalten.<br />
Zu den archivischen Prinzipien der Wahrung des Kontextes kommen die dokumentarischen<br />
Methoden der Informationsaufbereitung und Wiederfindung. In der Sachaktenrecherche<br />
mit Hilfe des SAE gibt es drei verschiedene, entsprechend der Struktur der Anfrage<br />
kombinierbare Wege,<br />
• den teilbestandsbezogenen über die Klassifikation,<br />
• den der Volltextsuche in Aktentitel und Enthält-Vermerk mittels Stichworten und<br />
• den intellektuell anspruchsvolleren über die Schlagworte.<br />
Die Recherchen kann man in einem Teilbestand oder parallel in allen bereits erschlossenen<br />
Teilbeständen führen, und es gibt auch auf eine weniger gut durchdachte Anfrage meist einen<br />
Recall. Hier interessiert nur der Teilbestand SED-Kreisleitung im MfS und, weil dieser<br />
erst ansatzweise klassifiziert und verschlagwortet ist, nur der über die Volltextsuche in Aktentitel<br />
und Enthält-Vermerk im Bereich der speziellen Informationsträger.<br />
101 Siehe dazu als Auswahl die in der Bibliografie genannten Veröffentlichungen von Dagmar Unverhau.<br />
58
Die Recherchemaske hält dazu für die verschiedenen Indices die Operatoren bereit. Es sind<br />
Links- und Rechtstrunkierungen möglich. Auch das textliche Umfeld kann durchsucht werden.<br />
Die Option "Wörter in textlicher Nähe" führt allerdings nicht zwangsläufig in das semantische<br />
Umfeld dieser Begriffe.<br />
In der Volltextsuche im Aktentitel und im Enthält-Vermerk liegen bislang die wichtigsten<br />
Suchmöglichkeiten. Die Volltextsuche in Aktentitel und Enthält-Vermerk lässt jede beliebige<br />
Herangehensweise zu und verläuft bei sachkundiger Handhabung mit optimaler Precision.<br />
Man kann außerhalb der eigentlichen Suche über einen Schalter in die Anzeige der Klassifikation<br />
wechseln. Auch der Einstieg über die Klassifikation und die Möglichkeiten der verknüpften<br />
Suche über die Indices bieten eine vollständige Wiederfindgarantie. Die Suche über<br />
Schlagworte gibt, solange frei verschlagwortet wird, noch keine höhere Sicherheit im Wiederfinden<br />
als die Volltextsuche unter Verwendung von Trunkierungen. Mit der fortschreitenden<br />
Pflege der Schlagworte wird aber ein präziseres Abfragen möglich werden, und auch die<br />
Relevanz innerhalb der Ergebnismengen wird sich erhöhen. Was für die geplanten künftigen<br />
Register an Verknüpfungen angedacht ist, kann schon jetzt bei der Suche zusammengeführt<br />
werden. Es gibt die für moderne Retrievalprogramme übliche Ergebnis- und Auswahlliste.<br />
Die derzeitigen Möglichkeiten für die Recherche in Sachakten sollen im Zusammenhang mit<br />
zwei Personen der Zeitgeschichte aufgezeigt werden, personenbezogen also. Es handelt<br />
sich um die ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeiter Horst Felber und Gerhard Heidenreich in<br />
ihrer Eigenschaft als 1. Sekretäre der SED-Kreisleitung im MfS. Die folgenden Bildschirmausdrucke<br />
zeigen die Möglichkeiten des Einstiegs und der schrittweisen Einschränkung der<br />
59
Suchergebnisse von der 35. Stelle unter 41 Fundstellen herunter bis auf die erste von vier.<br />
Der Einstieg erfolgt über den Klassifikationspunkt 'Medien', eingeschränkt auf den Teilbestand<br />
SED-KL im MfS und dann im dritten Beispiel zusätzlich auf die Person.<br />
60
Mit der Volltextsuche im Aktentitel werden ähnliche Ergebnisse erreicht, wie über die Klassifikation.<br />
Zusatzinformationen sind einholbar, wie die zur Bewertung (untere Abbildung).<br />
61
Ein Ergebnis mittels Volltextrecherche zur Person des mittlerweile verstorbenen Generalmajors<br />
a. D. Gerhard Heidenreich zeigt, wie eine Verschlagwortung im Personen-, Sach-, und<br />
Körperschaftsindex erfolgt. Entsprechend kann über die Schlagworte recherchiert werden.<br />
62
3.3.5. Das Findbuchkonzept<br />
Auf ihrem Weg vom Einzelblatt und der Formierung der Akteneinheit über die Verzeichnung,<br />
die Klassifizierung und die Verschlagwortung gelangt die Erschließung im Findbuch zur Präsentation<br />
sinnvoll zusammengefasster Einheiten. Bislang wurde erörtert, wie man bei der<br />
BStU den vorhandenen wie auch den absehbaren künftigen Nutzerbedürfnissen entgegen<br />
kommen kann, indem man die tradierte Archivorganisation nach Provenienz nachfrageorientiert<br />
und ohne Rücksicht auf Teilbestände durch sach-, orts-, personenbezogene und weitere<br />
Findhilfen ergänzt. Nachfolgend geht es ausschließlich darum, wie man Findhilfsmittel, die<br />
quer zur Ordnung des Archivgutes Antworten auf die nach StUG zulässigen Nutzerfragen<br />
geben können, über zeitgemäße Informationsmöglichkeiten, online-research eingeschlossen,<br />
extern zur Verfügung stellen kann.<br />
Die traditionellen Findhilfen zu den Archivalien reichen vom Findbuch über Inventare bis zur<br />
Quellenedition. Dank der neuen informationstechnischen Möglichkeiten ist man bemüht,<br />
Findhilfsmittel zu schaffen, die den abgebenden Stellen, der Magazinverwaltung und den<br />
Nutzern gleichermaßen gerecht werden, Provenienz- und Befristungsnachweis und Beständeübersicht<br />
in einem sind. Die dazu nötigen Informationen werden mittels Datenbanken bereitgestellt,<br />
in denen der Nutzer bei der Beständeübersicht beginnend über die Findbücher<br />
bis hin zu dem noch unbekannten Dokument geleitet wird oder mittels Suchmaske benutzerdefiniert<br />
suchen kann.<br />
Die momentane Phase einschneidender Veränderungen in der Nutzung elektronischer Medien<br />
wird historisch gern verglichen mit der Ablösung der Handschrift durch den Druck mit<br />
beweglichen Lettern. 102 Auch in Zukunft wird nicht alle Information in elektronischer Form<br />
oder gar in Datenbanken vorliegen, aber ein Großteil an archivischer Information, die mit den<br />
Unmengen weiterer Information z. T. weltweit konkurrieren muss. Denkbar sind heute für<br />
Archive elektronische Findbücher und ein Service, der den Gang ins Archiv zugunsten einer<br />
Online-Recherche mit anschließender Übermittlung des Dokuments und aller dazu erlangbaren<br />
Zusatzinformationen erübrigt, eingeschlossen ein Echtheitszertifikat gegen Entrichtung<br />
einer vergleichsweise geringen Gebühr. Probleme rechtlicher und technischer Art, die noch<br />
vor kurzem von der Erweiterung der Gebührenordnung über das Urheberrecht bis zur Handhabung<br />
der digitalen Signatur und eines elektronischen Zahlungssystems reichten, scheinen<br />
mittlerweile gelöst. Eine solch neuartige Archivnutzung über das Internet ist bislang wenig<br />
erprobt, und es ist offen, welche der damit auslösbaren Entwicklungen für Archivare wünschenswert<br />
sind und welche gerade nicht. Auch die Wirkungen auf die Organisation des<br />
Wissenschafts- und Verwaltungsbetriebes und die neuerlichen Folgen für die Tätigkeit der<br />
Archivare sind noch nicht bis ins Letzte absehbar. Trotz erhöhter Arbeitsintensität tritt im Internet<br />
auch der Archivar deutlich hinter die von ihm geschaffene Präsentation zurück.<br />
102 Unter wird dieser Vergleich mehrsprachig aufbereitet nachvollziehbar.<br />
63
Staatlichen Archiven, die ins Internet gehen, wird seitens des EDV-Unterausschusses der<br />
Archivreferentenkonferenz des Bundes und der Länder ein mehrstufiges Schichtenmodell<br />
empfohlen, von der Beständeübersicht in Kurzform über ein ausführliches Angebot, die Einbeziehung<br />
von Findbüchern und Inventaren und schließlich die Quelleneditionen und die<br />
Abbildungen von Archivalien als digitalisierte Faksimiles 103 .<br />
Ob sich ein Auftritt im Internet lohnt, wird von verschiedenen Faktoren abhängig gemacht:<br />
Zunächst sollte Klarheit darüber bestehen, welche Ziele man mit dem Auftritt im Internet verbindet.<br />
Ohne überzeugende monetäre oder qualitative Vorteile ist der nötige Aufwand für<br />
eine Online-Präsenz problematisch. Langfristig geht es immer um die<br />
• Erschließung neuer Nutzerkreise und die<br />
• Reduzierung des Beratungs- und Kommunikationsaufwandes.<br />
Durch den Einsatz der Internettechnologie ändern sich das Berufsbild und das Selbstverständnis<br />
des Archivars. Archivare müssen sich auf die Gewohnheiten der Informationsgesellschaft<br />
einstellen. Das beginnt bei der Nutzerwerbung und –betreuung und setzt sich fort<br />
in der inneren Verwaltung und im Auskunfts- und im Magazinbereich. Dazu gehören auch<br />
virtuelle Ausstellungen und Diskussionsforen und die elektronischen Editionen. Anmeldung,<br />
Lesesaalreservierung, virtuelle Ausstellung, ins Informationsangebot integrierte Findmittel<br />
und kostenpflichtige Übermittlung von Dokumenten in digitalisierter Form auf Verlangen sind<br />
ein zusammengehöriges Paket, das nutzer- und zielgruppenorientiert ausgerichtet werden<br />
kann. Das bloße Bereitstellen einiger weniger Informationsseiten läuft an den heutigen Möglichkeiten<br />
vorbei und geht in der Informationsvielfalt des Internet unter.<br />
Im Erschließungsbereich der BStU geht man davon aus, dass sich die Archive als Teil der<br />
heraufziehenden Informations- und Wissensgesellschaft in einer Übergangsphase befinden.<br />
Die IT-Ausstattung reicht von der Zentralstelle bis in die Arbeitsbereiche der Archivare in den<br />
Außenstellen. Die unter Archivaren bis Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts aufgeworfene<br />
rhetorische Frage nach dem Computer als zeitgemäßer Arbeitshilfe oder modischer<br />
Spielerei ist hier entschieden. Für die modernen Rechner macht es keinen Unterschied, um<br />
welche Art Information es sich handelt, welches Bitmuster an Text, Grafik, Bild oder Filmund<br />
Tonsequenz gerade verarbeitet wird. Das Internet bietet eindeutige zusätzliche Vorzüge<br />
in der Weiterverarbeitung: Die Kommunikationsvorgänge sind zeitlich und räumlich entkoppelt.<br />
Jugendliche Nutzerkreise und Forscher erhalten dadurch einen bequemen und kostenarmen<br />
Informationszugang zu jeder Zeit und von jedem Ort, beliebig oft und bei weitgehender<br />
Vermeidung von Medienbrüchen und zusätzlichen Fehlerquellen. Mit den neuen Medien<br />
und den Formen digitaler Edition wachsen die Möglichkeiten der umfassenden Verbreitung<br />
und der schnellen Aktualisierung. Über die kommunikativen Vorteile hinaus hat das Internet<br />
103 Vgl. dazu: Paul Flamme - Udo Herkert - Volker Viergutz. Hinweise zur Darstellung staatlicher Archive und<br />
Archivverwaltungen im World Wide Web des Internet, in: Der Archivar, Jg. 51, 1998, H. 2, Sp. 217-228.<br />
64
auch strukturelle. Das HTML-Format gestattet durch seine nonlineare Informationsdarstellung<br />
nicht nur einen individuell-selektiven Zugang und eine stichwortorientierte und assoziative<br />
Recherche- u. Wissensorganisation. Die HTML-Technik lässt auch für Verzeichnungsangaben<br />
neuartige Lösungen zu. Sie liegen in der Möglichkeit der Verlinkung, dem Springen<br />
von einer Textstelle zur anderen, von einer textlichen zur bildlichen Wiedergabe des Dokuments<br />
und von der Fundstelle zur Zusatzinformation und zurück. Informationsdarstellungen<br />
in Form einer HTML-Datei sind deshalb sehr viel leistungsfähiger und auch eleganter als<br />
herkömmliche lineare Präsentationen auf Papier. Die technischen Möglichkeiten kann man<br />
sich bereits beim Übertragen herkömmlich gearbeiteter Findbücher zunutze machen, indem<br />
man die Hauptbegriffe der thematischen Gliederung durch Links mit den zugehörigen Kapiteln<br />
des Findbuches verbindet. Auch die für Findbücher üblichen Personenregister können<br />
so programmiert werden, dass vom Namen aus all jene Stellen aufrufbar werden, an denen<br />
die jeweilige Person Erwähnung findet.<br />
Archivische Informationen im Netz müssen hinreichend detailliert sein. Sie sollen das Interesse<br />
des Nutzers nicht nur wecken, sondern auch geeignet sein, es vollauf befriedigen zu<br />
können. Sonst besteht die Gefahr, dass es statt Bestellungen vorrangig Rückfragen per<br />
e-mail gibt. Zudem sind Übergangsbereiche von den Eingangsseiten in Englisch und Französisch<br />
und ggf. weiteren Sprachen zum Deutschen bis dicht an die Archivalien einzurichten.<br />
Die inhaltliche Aufbereitung sollte auf regionale Bedürfnisse ausgelegt sein und in ihrer Abfrage<br />
offen für die vernetzten Einwahlmöglichkeiten in künftige Archivverbünde. Die Erfahrungen<br />
vom erstmals bundesweit durchgeführten Tag der Archive lassen hier die kommende<br />
Entwicklung erahnen.<br />
Seit dem 68. Dt. Archivtag in Ulm sind die Vorteile von Online-Repertorien unter Archivaren<br />
völlig unstrittig. 104 Kritisch gesehen wird lediglich die Online-Zugänglichkeit von Dokumenten,<br />
ein Punkt, der auf die Verhältnisse bei der BStU schon wegen der nötigen Schwärzungen<br />
zutrifft. Bärbel Förster vom schweizerischen Bundesarchiv hatte in ihrem Vortrag in Ulm unter<br />
dem Titel „Vom Findmittel zum Findsystem“ u. a. den verbreiteten perfektionistischen<br />
Qualitätsanspruch an das einzelne Findmittel kritisiert, eine Vorgehensweise, die zu großen<br />
Rückständen führe. Andererseits zeige die Erfahrung, dass die Möglichkeit zur selbständigen<br />
Recherche bei den Benutzern die größte Zufriedenheit erzeuge. Erstrebenswert sei daher<br />
die weitgehend nach internationalen Grundsätzen normierte Erschließung bei vollständiger<br />
Digitalisierung aller vorhandenen Findmittel als Teil eines übergreifenden Findsystems. Vol-<br />
104 Siehe: Vom Findbuch zum Internet: Erschließung von Archivgut vor neuen Herausforderungen. Referate des<br />
68. Deutschen Archivtags, 23.-26. September 1997, Siegburg 1998 (Der Archivar, Beiband 3).<br />
Das Archivportal der UNESCO verzeichnet derzeit rd. 430 Websites deutscher Archive. Aktuelle Konzepte<br />
formulieren die Anforderungen an Aufbau, Inhalt und Darstellung. Es werden Hinweise zur Bildschirmeinteilung<br />
und zur Fenster- und Fließtextgestaltung gegeben. Im Mittelpunkt jeder Präsentation steht der Zugang zu<br />
den Beständen über die Klassifikation und einen Index und die Möglichkeit der feld- und wertorientierten Abfrage.<br />
Siehe dazu: Mario Glauert. Anforderungen an eine Online-Beständeübersicht und eine archivische Homepage,<br />
in: (8/2001).<br />
65
ker Trugenberger vom Stadtarchiv Sigmaringen hatte in Ulm auf die weitaus vielfältigeren<br />
Sortier- und Zugriffsmöglichkeiten digitaler Findsysteme gegenüber denen des Papiers hingewiesen.<br />
Aus seiner Sicht erlaube gerade die deutsche Version der Internationalen Norm<br />
für die archivische Verzeichnung ISDA(G) unterschiedliche Ebenen der Erschließung und<br />
Erschließungstiefe. In diese Richtung gehend finden sich unter den Veröffentlichungen der<br />
vergangenen vier Jahre mehrere Artikel, die sehr unterschiedliche und sehr bemerkenswerte<br />
Lösungen aus der Praxis heraus vorstellen und bewerten. Folgt man den Darlegungen von<br />
Mechthild Black-Veldtrup aus dem Jahr 1998, so ist Erschließung in der deutschen Archivwelt<br />
seit der Verbreitung des Internet wieder ein erstrangiges Thema und der so eingeleitete<br />
Umbruch nimmt Gestalt an und trägt erste Früchte. 105 Angeführt werden von ihr dazu die<br />
Kurzformübersichten zu den Beständen des Bundesarchivs, des Landesarchivs Berlin, des<br />
Generallandesarchivs Karlsruhe und auf kommunaler Ebene natürlich des Stadtarchivs Duderstadt.<br />
Duderstadt präsentiert seit längerem alle Ebenen, über die Beständeübersicht hinaus<br />
die Findbücher und seine digitalisierten Amtsbücher und Urkunden. 106 Dabei gehen die<br />
Ziele des Duderstadt-Projektes über die übliche Verfügbarmachung von Informationen über<br />
Archivalien und auch über deren bloße bildliche Wiedergabe noch hinaus. Die als Bilddatei<br />
präsentierten Annalen, die Kämmereirechnungsbücher als der Kern der Duderstädter Amtsbuchüberlieferung,<br />
sind inhaltlich zusätzlich erschlossen und bis auf die einzelnen Einnahme-<br />
und Ausgaberubren in eine Datenbank eingegeben. 107 Am Staatsarchiv Münster konnte<br />
bereits 1998 das Projekt „Digitale Erschließung von Archivbeständen“ erfolgreich abgeschlossen<br />
werden, welches erprobte, wie Erschließung und Darstellung eines Archivs im<br />
Netz von der Datenbankrecherche und der Präsentation der Beständeübersicht bis hin zu<br />
einzelnen Dokumenten funktionieren kann. Danach scheint ein vertretbarer Arbeits- u. Kostenaufwand<br />
bei der Konvertierung bereits vorhandener Findmittel in ein HTML-fähiges Format<br />
für die einzelnen Archive in Sicht. Die Landesarchivdirektion Baden-Württemberg hat in<br />
dem Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft „Neue Möglichkeiten und Qualitäten<br />
der Zugänglichkeit zu digitalen Konversionsformen“ digitale Abbilder gefährdeter Archivalien<br />
und Bücher sowohl im Hinblick auf archivfachliche Anforderungen als auch auf Benutzerinteressen<br />
untersuchen lassen. Neue Konzepte sehen eine mehrdimensionale Textstruktur vor,<br />
die keinen durch Register, Fußnoten oder Inhaltsverzeichnis erschlossenen Haupttext mehr<br />
kennt. Die einzelnen Informationsgruppen werden in Listen niedergelegt, die miteinander<br />
105 Siehe dazu: Mechthild Black-Veldtrup. Erschließung im Umbruch, in: Der Archivar, Jg. 51, 1998, Sp. 607ff.<br />
Sie schreibt: „Zum ersten Mal wird wahr, so sieht es jedenfalls aus, was lange der Traum aller Benutzer und<br />
auch der Archivare war: Die gezielte beständeübergreifende oder sogar archivübergreifende Recherche nach<br />
einzelnen Namen und Begriffen mit Hilfe einer Datenbankabfrage. Man glaubt die Ruinen der alten, abgebrochenen<br />
Generalkarteien endlich aufgemauert ...“. Vgl.: Ebenda, Sp. 609.<br />
106 Vgl. dazu insbesondere unter dem Blickwinkel des kostengünstigen und schonenden Scannens großer Mengen<br />
archivischer Quellen: Stefan Aumann - Hans-Heinrich Ebeling - Hans-Reinhard Fricke - Manfred Thaller.<br />
Innovative Forschung in Duderstadt. Das Digitale Archiv. Begleitheft zur Ausstellung in der Sparkasse Duderstadt<br />
05.-16. Mai 1997, Duderstadt 1997, in: (8/2001).<br />
107 Siehe dazu: Ebenda, , S. 2 (8/2001).<br />
66
verbunden, verlinkt sind. Man kann sich entweder innerhalb einer Liste auf und ab bewegen<br />
oder beliebig beginnend den assoziativen Verbindungen folgen.<br />
Der EDV-Ausschuss der Archivkonferenz in <strong>Potsdam</strong> diskutierte auf seiner Tagung Ende<br />
April 1999 in einem breiten Erfahrungsaustausch über archivische EDV-Anwendungen, darunter<br />
auch erneut zur Encoded Archival Description (EAD), dem von der Universität California<br />
entwickelten Standard für die Umsetzung archivischer Findmittel in maschinenlesbare<br />
Form. Der Einsatz dieser auf Standard Generalized Markup Language (SGML) basierenden<br />
Übereinkunft wäre danach zumindest für Bestände von überregionalem oder internationalem<br />
Interesse denkbar. Man will die diesbezügliche Entwicklung beobachten. 108<br />
Bei der Nutzung der neuen Medien bleibt die Strukturierung der Information und die Orientierung<br />
innerhalb der Beständehierarchie das eigentliche Problem des Archivars. Dieses Problem<br />
ist erst in wenigen Projekten zufriedenstellend gelöst. An der Archivschule Marburg wurde<br />
über mehrere Jahre darüber nachgedacht, inwieweit ein einzelnes Findbuch im Internet<br />
oder auch offline am PC im Lesesaal leistungsfähiger sein kann als auf dem Papier. In diesem<br />
Zusammenhang wurde ein Verfahren entwickelt, um die Findbücher aus einem Datenbankformat<br />
heraus automatisch zu generieren und in HTML-Format umzusetzen. 109 Die<br />
Struktur der Web-Seiten wurde um der Orientierung willen flach gehalten, nicht tiefer strukturiert.<br />
Die Bildschirmoberfläche ist in vier aufeinander bezogene Rahmen (Frames) gegliedert.<br />
Der rechte untere Frame, die stabile Navigationsleiste mit ihren sieben anklickbaren roten<br />
Auswahlknöpfen (Button) verändert sich beim „Blättern“ im Findbuch niemals und erlaubt so<br />
von jeder Position aus den Übergang in die jeweils andere Übersicht. So kann während des<br />
Navigierens aus jeder Position die Einleitung mit Hilfefunktion angesteuert und mit den Orientierungselementen<br />
im linken Frame verglichen werden, von wo aus man durch Anklicken<br />
einer Überschrift von der Gliederung in die Titelaufnahme gelangt. Die einzelnen Titelaufnahmen<br />
erscheinen im Hauptrahmen, in dem beim Anfang der Titelgruppe beginnend vor<br />
und zurück gescrollt werden kann. Über das Abbild der Papierform und die Datenbankanwendungen<br />
hinaus lassen sich allgemeine oder auch spezielle Zusatzinformationen zur Bewertung<br />
und Erschließung zuweisen und abrufen.<br />
Es handelt sich bei dem MIDOSA genannten Marburger Online-Findbuch um eine dBase-<br />
Datenbank mit Sortier- und Druckmöglichkeiten, entwickelt in der Archivschule Marburg in<br />
Zusammenarbeit mit der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg. Die DOS-Version gibt<br />
es seit 1995, die Windowsversion seit März 2000. Im Mittelpunkt der Informationsverarbeitung<br />
steht das XML-Austauschformat. Daraus können CSV-, RTF- oder EAD-Dateien für die<br />
108<br />
Vgl. dazu: Ursula Matz. 26. Sitzung des EDV-Ausschusses der Archivreferentenkonferenz in <strong>Potsdam</strong>, in:<br />
Der Archivar, Jg. 53, 2000, H. 1, S. 49.<br />
109<br />
Vgl. dazu: Angelika Menne-Haritz. Das Online-Findbuch - Archivische Erschließung mit Internettechnologie,<br />
in: Archivische Erschließung - Methodische Aspekte einer Fachkompetenz. Beiträge des 3. Archivwissenschaftlichen<br />
Kolloquiums der Archivschule Marburg, a.a.O., S 109-121; siehe auch unter:<br />
(7/2001)<br />
67
Weiterverarbeitung mit anderer Software erstellt werden. Durch Generierung entstehen stabile<br />
HTML-Komplexe mit den entsprechenden Verzeichnissen, d. h. den zugehörigen Gliederungspunkten<br />
und Zusatzinformationen aus den Arbeitsprotokollen. MIDOSA erfüllt folgende<br />
Funktionen:<br />
• Navigieren durch den Bestand mit Hilfe der Gliederung<br />
• Ständige Präsenz des Kontextes in der Gliederung als Roter Faden<br />
• Möglichkeit des Einholens von Zusatzinformationen<br />
• Ansteuern von Titeln über die Signatur, einen Indexbegriff oder<br />
die Beständeübersicht und die Gliederung der Findbücher<br />
• Vorauswahl von Archivgut für die Benutzung.<br />
Wo man dies wünscht, können auch Faksimiles generiert werden. MIDOSA-Online ist also<br />
eine Paketlösung für die Archivverwaltung, Erschließung, Benutzung und Präsentation im<br />
Archivverbund. Die EAD-konforme Ausgabe der Daten kann in ausländische Suchmaschinen<br />
integriert werden. 110<br />
Die Präsentation der Ergebnisse der Erschließung des Teilbestandes „SED-Kreisleitung im<br />
MfS“ steht angesichts der sehr eingeschränkten Kassation vor einem ähnlichen Massenproblem,<br />
wie es Archive ganz allgemein im Hinblick auf die Fallakten und das Dokumentationsgut<br />
haben, das die Verwaltungs- und Ablagekultur des 20. Jahrhunderts hervorgebracht hat. Bei<br />
der Überlieferung zur SED kommt das Moment der Allgegenwärtigkeit und Vielschichtigkeit<br />
des Einflusses der ehemals führenden Partei hinzu. Über alle Haupt- und Staatsaktionen im<br />
Leben der DDR und die Strukturveränderungen innerhalb des MfS hinaus gab es kaum eine<br />
Begebenheit oder ein Anliegen im Leben der SED und der Massenorganisationen, die nicht<br />
aufgegriffen oder zur Kenntnis genommen wurde. Dass in den Archiven des MfS das Pertinenzprinzip<br />
vorherrschte und dass die genetischen Zusammenhänge der Einzelschriftstücke<br />
teilweise schon während der Tätigkeit des Dienstes aufgelöst wurden, macht diese Aufgabe<br />
nicht leichter. In der Endphase der Tätigkeit des MfS/AfNS kam es zu einer weitgehenden<br />
Verunordnung, und mit den anfänglichen und späteren Sichtungs- und Ordnungsarbeiten<br />
kam es zu mehrfachen Umlagerungen des aufgefundenen Registratur- und Archivguts. Einzelne<br />
Zusammenhänge sind heute mitunter nur noch sehr mühsam zurückverfolgbar. Auf<br />
Grund der Verunordnung, wegen der vielen Mehrfachbezüge inhaltlicher Art und durch die<br />
Praxis der parallelen Verzeichnung verschiedener Bündel durch voneinander unabhängig<br />
arbeitende Mitarbeiter kann der Herkunftszusammenhang teilweise erst im Nachhinein wieder<br />
rekonstruiert werden, im Zuge einer Recherche am Computer, postkoordiniert mittels<br />
Verknüpfung in der Datenbank. Erst im Ergebnis der vollständigen Klassifizierung und<br />
110 Siehe: XML-Austauschformat für Online-Findbücher mit Schnittstelle zu EAD. Bericht über den 1. u. 2.<br />
Workshop an der Archivschule Marburg, in: <br />
(12/2000).<br />
68
Verschlagwortung kann daher mit der Findbucherstellung begonnen werden. Beim Teilbestand<br />
SED-KL im MfS steht der Abschluss dieser Vorarbeiten noch aus. Von daher kann hier<br />
nur angesprochen werden, welche Möglichkeiten es im Hinblick auf die Erstellung und Herausgabe<br />
eines Findbuches zum Teilbestand SED-KL im MfS gibt. Bei aller Anlehnung an<br />
bewährte Standards ist es im Fall der Überlieferung zur SED-Kreisleitung im MfS nicht einfach,<br />
den traditionellen Vorgaben und den Anforderungen der modernen Zeit gleichermaßen<br />
nachzukommen. Die Schwierigkeiten liegen weniger auf intellektueller Ebene oder auf technischem<br />
oder finanziellem Gebiet. In den behördeninternen Diskussionen zur Findbuchherausgabe<br />
überwog lange Zeit das Bestreben nach Befriedigung traditioneller Erwartungen,<br />
ohne dass sich die maßgeblichen Entscheidungsträger den Vorstellungen über die Welt von<br />
morgen und denen über eine zeitgemäße Präsentation von Arbeitsergebnissen des Archivs<br />
verschließen wollten. Bei den Debatten ging es sowohl um das künftig zu veranschlagende<br />
Nutzerinteresse als auch um das nachdrückliche Einfordern von Unterstützung bei anderen<br />
Bereiche im eigenen Haus. Klar war, dass der Druck von Verzeichnissen eine langwierige<br />
und kostspielige Angelegenheit ist, wo angesichts der geringen Zahl von potentiellen Käufern<br />
von Wirtschaftlichkeit keine Rede sein kann. Aktualisierungen sind bei der Schwerfälligkeit<br />
des Mediums oft erst nach Jahren möglich.<br />
Nach längerer Entscheidungsfindung wurde im Dezember 2000 verfügt, das bereits erarbeitete<br />
Findbuch zur Allgemeinen Sachablage demnächst in Papierform in der Reihe „Archiv zur<br />
DDR-Staatssicherheit" erscheinen zu lassen. Herausgeberin der Reihe ist Frau Archivpräsidentin<br />
Dr. Dagmar Änne Unverhau, Verfasser sind die jeweiligen Bearbeiter der Abteilung<br />
Archivbestände. Die Herausgeberin ist federführend in allen Fragen der äußeren Gestaltung,<br />
während die inhaltliche Verantwortung grundsätzlich bei den Verfassern liegt. Die verbindlichen<br />
BStU-internen Vorgaben für den Aufbau von Findbüchern stimmen mit denen in einschlägigen<br />
archivwissenschaftlichen Vorgaben zu diesem Arbeitsinstrument überein, betreffen<br />
jedoch ausschließlich die Papierform. 111 Das Vorwort beschreibt die Behörden- und Bestandsgeschichte<br />
und gibt die notwendigen Hinweise für die Ermittlung von Unterlagen. Die<br />
Gliederung legt die Strukturen der Überlieferung offen, ohne dabei die Veränderungen des<br />
Aufgabenbestandes zu vernachlässigen. Es folgen die einzelnen Verzeichnungseinheiten mit<br />
ihrer Signatur und Laufzeit. Im Anhang des Findbuchs stehen die auf die Verzeichnungsangaben<br />
bezogenen Indices, die Konkordanzen und die Literaturhinweise (siehe Anlage 8).<br />
111 Vgl. dazu: BStU-Dienstregistratur. Erwiderung des Direktors der Behörde auf die Anfrage der Referatsleiterin<br />
AR 4 vom 24.11.2000 zur Veröffentlichung der Findbücher der Abteilung AR (AR 4/1378) vom 21.12.2000,<br />
sowie: Angelika Menne-Haritz. Schlüsselbegriffe der Archivterminologie. Lehrmaterialien für das Fach Archivwissenschaft<br />
Nr. 20, in: Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, 1992, S. 72f.<br />
69
Die Bemühungen um eine zeitgemäßere Form des Zugriffs auf archivische Information dauern<br />
indes an. Die Vorteile der neuen Medien leuchten all jenen Mitarbeitern ein, die sich damit<br />
in der beruflichen Praxis oder privat im Alltag selbst erproben. Neben Findbucheditionen<br />
in Papierform bleiben die CD-ROM und die Online-Version gleichermaßen erstrebenswerte<br />
Ausgaben. Bei einer Einstellung der Daten aus der Erschließung in die Homepage könnte<br />
die Veröffentlichung stets auf dem aktuellsten Stand gehalten werden. Es bedürfte eines<br />
sehr viel geringeren Aufwands für die Bearbeitung und Zusammenfassung der Verzeichnungen,<br />
als beim traditionellen Findbuch in Papierform. Im Fall der SED-KL im MfS ließe sich<br />
der Inhalt der systematischen Kartei ohne die personenbezogenen Angaben aus der SAE-<br />
Datenbank heraus weitgehend übernehmen.<br />
Technisch kann bei der BStU auf einem Vorlauf in der IT-Ausstattung aufgebaut werden. Die<br />
Homepage ist seit Jahren fester Bestandteil der Kommunikation mit der Umwelt. 112 Volltextrecherchen<br />
wären wegen der Engpässe bei Überlastungen in den Netzen momentan noch<br />
nicht zumutbar. Behördenintern werden aber bereits leistungsfähige Breitbandkabel verlegt.<br />
Die Archivbereiche der BStU sind an die Strukturen für elektronische Informationsdienstleistungen<br />
angeschlossen und etwa jeder zweite Mitarbeiter hat die Möglichkeit, von speziellen<br />
Endgeräten aus ins Netz zu gehen. Einzelne Voraussetzungen, die beim Online-Angebot<br />
unabdingbar sind oder perspektivisch hinzu kommen, sind also bereits erfüllt. Die bestehenden<br />
Voraussetzungen lassen es zu, selbst aus Datenbanken generierte Findbücher binnen<br />
weniger Tage in die Homepage einzustellen. Um den Öffentlichen Glauben an der übermittelten<br />
Information gewährleisten und Beantragungs- und Zahlungsvorgänge problemlos abwickeln<br />
zu können, müsste man sich mit den Möglichkeiten der Verschlüsselung und mit den<br />
technischen Voraussetzungen der digitalen Signatur beschäftigen. Technische Sicherheitsstandards<br />
wären einzuhalten und „Trittbrettfahrer", die private Angebote an die Homepage<br />
anhängen, zu kontrollieren. Das wird ohnehin bereits von den zuständigen Bereichen im IT-<br />
Referat und der Pressestelle erledigt.<br />
Durch Vermittlung einer Absolventin der Archivschule Marburg gelangte bei der BStU die<br />
Software MIDOSA-Online für die künftige Generierung von Online-Findbüchern in die nähere<br />
Wahl. Die BStU würde hier nicht alle Funktionen benötigen, weil einiges bereits von anderen<br />
Programmen abgedeckt wird. Die Protokollfunktion (Benutzerhistorie) fehlte dem Marburger<br />
Online-Findbuch namens MIDOSA bislang, und der häufigste Einwand gegen das Findbuch<br />
war das nicht vorhandene Angebot einer Recherchemöglichkeit nach benutzerdefinierten<br />
Begriffen. 113 Beides ist bei der BStU programmtechnisch im SAE bereits angelegt, einmal<br />
wegen der Möglichkeit der Volltextrecherche über alle Aktentitel und Enthält-Vermerke und<br />
zum anderen wegen der vom StUG geforderten Protokollierung jedes Zugriffs.<br />
112 Siehe: <br />
113 Vgl.: Detlef Heiden und Mechthild Black-Veldtrup. Das Marburger Online-Findbuch. Konsequenzen für die<br />
Erschließung und Präsentation von Archivgut, in: (3/1999).<br />
70
Die IT-Abteilung der BStU besah sich vor einigen Monaten in Abstimmung mit der Archivschule<br />
Marburg die Möglichkeiten der Zusammenführung des SAE mit MIDOSA. Probleme<br />
bereitete der Umstand, dass die Informix-Daten des SAE nicht kompatibel sind mit der Datenstruktur<br />
von MIDOSA. Hier wurde eine Anpassung erwogen, und es sollten Testdaten<br />
bereitgestellt werden. Bis zur Programmeinführung war eine vorübergehende Veröffentlichung<br />
der bereits erarbeiteten Findbücher in einer Kleinstdatenbank erwogen worden oder<br />
eine schlichte HTML-Lösung oder eine im Portable Document Format (PDF). Die PDF-Datei<br />
wäre die am wenigsten attraktive, datenschutzrechtlich aber sehr gelegene Variante gewesen,<br />
da sie nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten einer elektronischen Weiterverarbeitung,<br />
wie das Springen zwischen den Informationen in der Art von Hypertext und das Suchen von<br />
Textstellen zuließe (siehe die Demonstration in der Anlage 9/1). Wie die Benutzeroberfläche<br />
einer auf Datenbanken basierenden Lösung aussehen könnte, zeigen mehrere Beispiele<br />
eines Entwurfs in den Anlagen 9/4-9/8.<br />
Vor Ort im Alltag einer großen Behörde wie der BStU, wo die neuen Möglichkeiten der EDVgestützten<br />
Erschließung als vorteilhaft erkannt werden, stellen sich auf dem Weg in die virtuellen<br />
Welten eine Reihe besonderer Probleme. Angesichts des laufenden Verfahrens gegen<br />
Dr. Kohl hat das Grundsatzreferat kürzlich eine schriftliche Stellungnahme zur Findbucherarbeitung<br />
abgegeben, die Namensnennungen von Betroffenen regelt, die Personen der Zeitgeschichte<br />
sind. Gehört wurde in diesem Zusammenhang selbstverständlich auch die Datenschutzbeauftragte.<br />
Die Regelung ist eindeutig: Betroffenendaten dürfen, da sie unrechtmäßig<br />
erhoben wurden, in Findmitteln, die öffentlich zugänglich sind, nicht genannt werden.<br />
Die Nutzung entsprechender Angaben ist auf den archivinternen Gebrauch zu beschränken.<br />
Bislang erstellte Findbücher einschließlich der bereits druckfertig vorgelegten sind für die<br />
Außenwirkung entsprechend zu überarbeiten. Die betrübliche Zusatzbotschaft zu dieser Regelung<br />
kam wenig später und lautet: Alle Vorhaben der IT-gestützten Veröffentlichung von<br />
Findbüchern sind, beginnend bei der angedachten eher linearen Form als PDF-Datei über<br />
eine Ausgabe auf CD-ROM bis zum Konzept eines Online-Zugriffs mit Generierung der Daten<br />
aus einer Datenbank vorerst abgewiesen.<br />
Aufbau und äußere Gestaltung aller künftig zu erarbeitenden Findbücher, auch das zum<br />
Teilbestand SED-Kreisleitung im MfS angedachte, erfolgen deshalb in der Art und Weise,<br />
wie sie die Anlage 8 ausweist. Datenschutzrechtlich zulässig ist es, neben Angaben zu den<br />
hauptamtlichen Mitarbeitern auch einzelne Angaben zu Personen der Zeitgeschichte ins papierne<br />
Findbuch zu übernehmen. Hier kommt also der grundsätzliche datenschutzrechtliche<br />
Unterschied, ob dies in einer Ausgabe in Papier geschieht oder online, generiert aus einer<br />
Datenbank, voll zum Tragen.<br />
Es trifft zu, dass Datenbankenlösungen für die Recherche im Online-Findbuch auch Verknüpfungsmöglichkeiten<br />
böten, deren Ergebnisse nicht mehr einzeln absehbar wären und<br />
71
vorab nicht geprüft werden könnten. Der Recall ginge mit großer Wahrscheinlichkeit über die<br />
gesetzlich eingeengte Thematik (Struktur und Wirkungsweise, Einfluss der Tätigkeit des<br />
Staatssicherheitsdienstes) hinaus.<br />
Auf Grund der Unzulässigkeit einer elektronischen Bereitstellung von Findbüchern mit Personenregistern<br />
im Internet wurden alle diesbezüglichen Vorarbeiten inzwischen eingestellt.<br />
Durch diese Entscheidung bleiben die im Zuge der Erschließung im SAE indizierten Personen<br />
auf Dauer nur im Intranet zugriffsfähig, und hier nur für die Archivare und die Mitarbeiter<br />
der behördeninternen Forschungsabteilung. Dieses Privilegium der eigenen Forscher erinnert<br />
an die historisch gebildeten Archivare des 19. Jahrhunderts, die zu Zeiten, als es noch<br />
keinen allgemeinen Benutzungsanspruch gab, das Archivgut als bevorrechtete Benutzer<br />
auswerteten.<br />
Momentan ist der Medienwechsel bei der BStU also an deutliche Grenzen gestoßen, an datenschutzrechtliche.<br />
Wo Einwände der Datenschützer berechtigt sind, muss man ihnen<br />
nachkommen. Dort, wo sie überzogen sind, muss man sie zurückweisen. Als Tim Berners-<br />
Lee 1989 das World Wide Web im Internet erfand, war er von der Idee erfüllt, dass jede Information<br />
eine eigene Daseinsberechtigung hat und so alle elektronischen Dokumente<br />
gleichberechtigt sind. 114 Wir sehen, wenn wir an Kinderpornografie, Extremismus oder Anleitungen<br />
für die Herstellung von Massenvernichtungsmittel im Internet denken, dass dieses<br />
Prinzip ohne Abstriche nicht akzeptabel ist. Ich betone diese Zusammenhänge ausdrücklich,<br />
weil es beim Internetauftritt der Archive neben der finanziellen, der technischen und der datenschutzrechtlichen<br />
Seite immer auch um die konzeptionelle Seite geht, und weil man gegenüber<br />
der Forschungsfreiheit als Hinderungsgrund leicht datenschutzrechtliche und auch<br />
sicherheitspolitische Argumente anführen kann.<br />
Das große Thema der BStU ist das Starkmachen demokratischer Überzeugungen und Einstellungen<br />
und die Anteilnahme am Aufbau demokratischer Strukturen im Osten Deutschlands.<br />
Die Bemühung um die res publica wendet sich gegen die weitverbreitete Anfälligkeit<br />
für ein sequentielles Wahrnehmen von Vergangenheit, ein Phänomen mit Zukunft. Aus den<br />
genannten Gründen richten sich die Anstrengungen der Behörde an erster Stelle auf jugendliche<br />
Nutzergruppen. Woran es der Homepage der BStU dabei inhaltlich fehlt, sind nicht so<br />
sehr die virtuellen Ausstellungen und Informationen zu immer neuen Funden aus der Erschließung,<br />
sondern Repertorien für die StUG-gemäßen Forschungsinteressen von jedermann.<br />
Forscher und auch Schüler wollen und müssen selbst suchen, danach, was sie speziell<br />
interessiert, um am Ende dieses Weges eine Auflistung der relevanten Quellen zu erhalten,<br />
darunter möglichst auch ein bislang noch unbekanntes Dokument. Sie wünschen und<br />
benötigen mehr als Angebotspaletten, deren Inhalte im Verdacht veröffentlichter Meinung<br />
114 Wer Müll findet, hat selbst Schuld. Internet-Pionier Tim Berners-Lee über die Zukunft des Datennetzes, das<br />
Verschwinden räumlicher Entfernungen und den Einfluss der Digitalisierung auf die Gesellschaft, in: Der Spiegel,<br />
Heft 30/ 1998, S. 138.<br />
72
stehen. Die erstrebenswert erachteten demokratischen Verhältnisse sind in der globalisierten<br />
Welt von Morgen nur noch allgemein vorstellbar, als unteilbares Gut einer einheitlichen, aus<br />
sich heraus verfassten Zivilisation. Hier trägt die BStU eine große Verantwortung, und hier<br />
klafft die größte Lücke in ihrem Angebot, nicht nur auf der Homepage im Internet, auch in<br />
den dahinter stehenden Strukturen. Die BStU als politisch beauftragte Informationsdienstleisterin<br />
ist künftig vor allem die Archivarin der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes.<br />
Über die Erledigung der zeitlich befristeten Aufgaben hinaus hat sie nicht nur Grundlagenforschung<br />
zu betreiben und die Vergangenheit aus dem Blickwinkel der ehemals Verfolgten<br />
nachzuzeichnen. Sie hat das angesammelte Herrschaftswissen der ehemaligen Obrigkeit<br />
als Quelle bereitzustellen, für jedermann. Ich möchte in diesem Punkt nicht falsch verstanden<br />
werden: Die vielbeachteten Ergebnisse der Offenlegung und Aufklärung der Behörde<br />
sprechen für sich und finden auch nach zehn Jahren noch ihr aufgeschlossenes Publikum.<br />
Allein die Wanderausstellung hat seit Jahren einen überdurchschnittlich hohen Zulauf und<br />
viel achtungsvoll angetragene Anerkennung. Was die Lehrerschaft im Osten angeht, so<br />
müssen künftige Ausstellungen mehr bieten als den Gesprächsstoff für eine weitere Meinungspolarisation.<br />
115 Das widerständige Verhalten derjenigen, die die Wende vorbereiteten,<br />
war über die Jahrzehnte der DDR wenig vorteilhaft und auch nur eine unter mehreren Möglichkeiten<br />
des anständigen Verhaltens in der Diktatur. Bislang finden die Angehörigen der<br />
Minderheit, die 1989 die Geschichte der DDR entschied, bei den ehemaligen Mitläufern und<br />
Vorschubleistern des Systems, aber auch bei der ehemals schweigenden Mehrheit viel zu<br />
wenig Akzeptanz. Das Vermögen vieler ehemaliger Oppositioneller, die eigene Erfahrungswelt<br />
in einem allgemeineren sozialen und auch zeitlichen Kontext zu verorten, scheint begrenzt.<br />
Wenn Christoph Kleßmann darauf hingewiesen hat, dass die gesamtdeutsche Neukonstituierung<br />
der deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte noch aussteht, so gilt das m .E.<br />
auch in diesem Punkt. 116 Bei aller Durchschnittlichkeit sind für viele ehemalige DDR-Bürger<br />
die von ihnen gelebten, bisweilen sehr eigensinnigen Formen des Umgangs mit den Zumutungen<br />
der Diktatur das eigentlich Interessante an der untergegangenen DDR.<br />
Angesichts des leichten Abschwungs in der Beschäftigung mit der DDR-Geschichte muss<br />
man weiter gehen und neben Ausstellungen mit themenbezogenen Zusammenstellungen,<br />
Vorträgen und eigenen Publikationen in Papierform oder auf der Homepage auch auf Angebote<br />
rein archivischer Information im Netz setzen. Ähnlich wichtig wie die Aufarbeitung der<br />
Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes und die Geschichte der Opposition und des Aufbruchs<br />
im Herbst 1989 ist für die Nachgeborenen, wie sich ihre Nächsten - Vater, Mutter und<br />
115 Siehe dazu: Streit um Demokratie und Vergangenheitsbewältigung in Lehrer- und Klassenzimmern, in: Leipziger<br />
Volkszeitung vom 06.10.1999, S. 3, sowie: Uwe Müller. Ein Haus der Geschichte als Bastion gegen DDR-<br />
Nostalgie, in: Die Welt vom 09.10.1999, S. 6., sowie: Mothes sieht Defizite in Lehrplänen der Schulen. Landesbeauftragter<br />
für Stasi-Unterlagen kündigt Seminare für Lehrer an, in: Nordkurier vom 13.07.2001, S. 4.<br />
116 Christoph Kleßmann. Der schwierige gesamtdeutsche Umgang mit der DDR-Geschichte, in: Aus Politik und<br />
Zeitgeschichte. Beiträge zur Wochenzeitung Das Parlament, B 30-31/2001, S. 5.<br />
73
Großeltern - in einem durchschnittlichen, angepassten Leben der Staatssicherheit gegenüber<br />
guten Gewissens verhielten und wie sie sich daran gemessen selbst verhalten hätten.<br />
Das lässt sich nicht allein in verordneten Pflichtstunden und Vorträgen an Schulen klären.<br />
Wo sich junge Menschen gern der Geschichten aus ihrer Umgebung annehmen, scheuen<br />
ältere und gehen unliebsamen Erinnerungen besser aus dem Weg. Hier bedarf es der Gespräche<br />
in intakten Familien, die eher im Ergebnis individuellen Suchens in Quellen mit regionalem<br />
Bezug durch daran Interessierte in Gang kommen als auf dem Wege des Konsums<br />
fertiger Vorlagen. Für diesen Zweck sind die Unterlagen möglichst schnell in Gänze zu erschließen<br />
und die Wege durchs Archiv bis zur einzelnen Unterlage aufzuzeigen. Die zeitgemäße<br />
Form dafür ist online von der Bestandsübersicht bis zum Aktentitel und, wo das sinnvoll<br />
erscheint, auch mittels bildlicher Wiedergabe des einzelnen Dokuments. Vorhaben zur<br />
Einstellung allgemeiner archivischer Informationen in elektronischer Form, wie die Bestandsübersicht<br />
mit der Beschreibung der Teilbestände in formaler, historischer und inhaltlicher<br />
Hinsicht, werden bei der BStU fortgeführt. Die Browseransicht einer Teilbestandsinformation<br />
zum TB SED-KL im MfS in Deutsch und Englisch findet sich als Entwurf in der Anlage 9/8.<br />
Die Tätigkeit der SED im MfS erfolgte strukturübergreifend, und die Kreisleitung war eine<br />
herausgehobene Stelle. Datenschutzrechtlich sind die Inhalte vieler Dokumente weitgehend<br />
unbedenklich. Unter archivpädagogischen Gesichtspunkten als auch unter den momentanen<br />
datenschutzrechtlichen Restriktionen wäre der Teilbestand somit für den Beginn der Einstellung<br />
archivischer Information ins Internet sehr geeignet. Die folgenden Informationen zur<br />
Tätigkeit der SED-KL im MfS zeigen, dass es darüber hinaus auch in der o. g. Sammlung der<br />
Dokumente (DOSA) die Möglichkeit gibt, rein archivische Information von personenbezogenen<br />
Angaben bereinigt ins Internet einzustellen. Bei Anonymisierung aller personenbezogenen<br />
Daten würden die Angaben zu den Dokumenteninhalten gerade noch keine Gefahr im<br />
Sinne der gefürchteten beliebigen Verknüpfungsmöglichkeit darstellen, die sich bei den aus<br />
Datenbanken generierten personenbezogenen Informationen erzielen ließe und die das<br />
StUG ausdrücklich untersagt:<br />
74
Im Archivbereich der BStU wird an der Einstellung der Bestandsinformationen in die Homepage<br />
und an der Online-Bereitstellung der Informationen zu den nach Tausenden zählenden<br />
Dokumenten des SfS, MfS und AfNS ins Internet sehr intensiv gearbeitet. Hierbei gilt, was<br />
Peter Honigmann vom Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland<br />
den Archivaren auf dem Archivtag in Ulm mit auf den Weg gab, um ihnen Mut zu machen:<br />
„Im Prinzip ermöglicht Internet eine weltweite Kommunikation in Sekundenschnelle. Auf dem<br />
Weg dorthin ist man jedoch mit Denk- und Verwaltungsstrukturen der unmittelbaren Umgebung<br />
konfrontiert, die nicht von vornherein mit der neuen Technik kompatibel sind. Viel Kraft<br />
wird deshalb für die Überwindung der ersten fünfzig Meter gebraucht." 117<br />
117 Siehe: Peter Honigmann. Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland. Erfahrungen<br />
mit der Veröffentlichung von Verzeichnissen im Internet, in: Ebenda, Vom Findbuch zum Internet. Erschließung<br />
von Archivgut vor neuen Herausforderungen. Referate des 68. Deutschen Archivtags vom 23.–26.<br />
September 1997 in Ulm, in: Der Archivar, Beiband 3, Siegburg 1998, S. 105.<br />
76
Anhang<br />
Anlagenübersicht Seite<br />
Anlage 1<br />
Auflistung von Bestimmungen und Dienstanweisungen, die die Grundlage der Ordnung 79<br />
und Verzeichnung bei der BStU bilden<br />
Anlage 2/1<br />
Auflistung von Dienstanweisungen u. Durchführungsbestimmungen des MfS, die zum 80<br />
Verständnis der Schriftgutorganisation u. der Schriftgutkategorien unabdingbar sind<br />
Anlage 2/2.<br />
[Abschrift] Die Nachweisführung und Aufbewahrung des Schriftgutes der Partei in der 81<br />
Kreisparteiorganisation<br />
Anlage 2/3<br />
[Abschrift] . Aufbewahrungsfristen der in den GO befindlichen Unterlagen 82<br />
Anlage 3<br />
Aktuell eingestellte Information zur SED-KL im MfS auf der Homepage der BStU 83<br />
Anlage 4<br />
Auszug aus der Klassifikation zum Teilbestand SED-Kreisleitung im MfS 84<br />
Anlage 5/1<br />
Hierarchieschema zur Grundorganisation der SED im MfS im Jahre 1953 86<br />
Anlage 5/2<br />
Unterstellungsverhältnisse der SED-Parteiorganisation im MfS gegenüber dem 87<br />
Zentralkomitee und den territorialen Leitungen der SED im Jahre 1989<br />
Anlage 5/3<br />
Organigramm der Kreisparteiorganisation und des Apparates der Kreisleitung 88<br />
der SED im MfS im Jahre 1989<br />
Anlage 6<br />
Angaben zum Teilbestand „SED-Kreisleitung im MfS". Stand: Juni 2001 89<br />
Anlage 7<br />
Hilfe zum <strong>Sachaktenerschließung</strong>sprogramm. Inhaltsverzeichnis 90<br />
Anlage 8/1<br />
Veranschaulichung der Vorgaben zur äußeren Gestaltung des Findbuchs 92<br />
Anlage 8/2<br />
Prinzip der Gestaltung der Innenseite des Findbuchs 93<br />
Anlage 8/3<br />
Aufbau des Inhaltsverzeichnisses des Findbuchs 94<br />
Anlage 8/4<br />
Gliederung des Aktenverzeichnisses 95<br />
Abfolge der Verzeichnungseinheiten zu einem Unterpunkt<br />
77
Anlage 9/1<br />
Prinzip des Findbuchzugriffs und der Suche mittels PDF mit zugehöriger Suchmaske 96<br />
und eingeblendeter Zusatzinformation<br />
Anlage 9/2<br />
Beispiel für die HTML-Seiten-Erstellung mit zugehörigem Quelltext 97<br />
Anlage 9/3<br />
Aktuelle Ansicht der Übersichtsseite auf der Homepage der BStU 101<br />
Entwurf zur Einstellung archivischer Information in die aktuelle Homepage<br />
Anlage 9/4<br />
Entwurf zur Erstellung einer Seite mit links zu den Bestandsinformationen 102<br />
Entwurf zu einem Suchformular für die Recherche in Sachakten<br />
Anlage 9/5<br />
Ansicht eines Online-Findbuchs zum Teilbestand SED-KL im MfS 103<br />
Ansicht einer Benutzeroberfläche mit Zugriff auf Findmittel und Dokumente<br />
Anlage 9/6<br />
Beispiel zur Erstellung von Seiten mit Bestandsinformationen 104<br />
Anlage 9/7<br />
Beispiele für das Einscannen und die bildliche Wiedergabe von Dokumenten 105<br />
Ansicht einer Seite mit Blätterfunktion und Zoom für die Recherche in Dokumenten<br />
Anlage 9/8<br />
Browseransichten einer Teilbestandsinformation in Deutsch und Englisch 106<br />
78
79<br />
Anlage 1<br />
Auflistung von Bestimmungen und Dienstanweisungen, die die Grundlage der Ordnung<br />
und Verzeichnung bei der BStU bilden<br />
Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für die staatlichen Archive der Deutschen Demokratischen<br />
Republik (OVG). Herausgegeben von der Staatlichen Archivverwaltung im Ministerium<br />
des Innern der DDR, 1964.<br />
Ordnungs- und Verzeichnungsrichtlinie für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der<br />
ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in den Archiven des Bundesbeauftragten<br />
für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Teil I – IV vom<br />
20.03.1993.<br />
DIN 31 623, Teil 1 – 3. Indexierung zur inhaltlichen Erschließung von Dokumenten, herausgegeben<br />
vom Normenausschuss Bibliotheks- und Dokumentationswesen (NABD) im Deutschen<br />
Institut für Normung e. V., September 1988<br />
Richtlinie für die Verschlagwortung bei der rechnergestützten Erschließung als Anlage 9 zur<br />
Ordnungs- und Verzeichnungsrichtlinie des BStU (RL Verschlagwortung) vom 21.11.2000.<br />
Arbeitsanweisung für die Bewertung und Kassation von Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
(Bewertungskatalog) mit Anlagen (Bewertungskatalog Teil I, kassable Unterlagen)<br />
vom 03.01.2001.
80<br />
Anlage 2/1<br />
Auflistung von Dienstanweisungen u. Durchführungsbestimmungen des MfS, die zum<br />
Verständnis der Schriftgutorganisation u. der Schriftgutkategorien unabdingbar sind<br />
Dienstanweisung Nr. 1/80 vom 20.05.1980 über die Grundsätze der Aufbereitung, Erfassung<br />
und Speicherung operativ bedeutsamer Informationen durch die operativen Diensteinheiten<br />
des MfS – VVS MfS 00008-28/80.<br />
1. Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung Nr. 1/80 vom 20.05.1980<br />
Organisation, Bereitstellung, Aufbereitung, Indexierung, Erfassung, Speicherung und Änderung<br />
operativ bedeutsamer Informationen zu Personen, Sachverhalten, Hinweisen und<br />
Merkmalen für die Zentrale Personendatenbank des MfS (ZPDB) – VVS MfS 0008-28/80.<br />
Dienstanweisung Nr. 2/81 vom 01.07.1981 zur einheitlichen Gestaltung der Erfassung und<br />
Überprüfung von Personen und Objekten, der Registrierung von Vorgängen und Akten sowie<br />
der Archivierung politisch-operativen Schriftgutes in den Abteilungen XII, GVS – 0008-8/81.<br />
1. Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung Nr. 2/81 vom 01.07.1981.<br />
Die Erfassung und Überprüfung von Personen und Objekten und die Registrierung von Vorgängen<br />
und Akten zu Personen und Objekten in den Abteilungen XII sowie die Aufgaben zur<br />
Durchsetzung einer einheitlichen Aktenführung.<br />
2. Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung Nr. 2/81 vom 01.07.1981.<br />
Die Überprüfung von Personen und Objekten in der Abt. XII des MfS und die Auskunftserteilung<br />
nach Überprüfungen – GVS MfS 0008 Nr. 8/81.<br />
3. Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung Nr. 2/81.<br />
Die Archivierung politisch-operativen Schriftgutes in den Abteilungen XII und die Bereitstellung<br />
von und Auskunftserteilung aus Archivmaterialen – GVS MfS 0008-8/81.<br />
Prinzipien der Speicherführung in den Abteilungen XII und der Gestaltung dazu erforderlicher<br />
Informationsprozesse – Speicherführungsprinzipien XII – GVS MfS 0021-510/83.<br />
Änderungen bzw. Ergänzungen der „Speicherführungsprinzipien XII" vom 10.01.1986.<br />
Ordnung Nr. 3/90 zur Nutzung ausgewählter Informationsspeicher des MfS durch die operativen<br />
Diensteinheiten des MfS – Speichernutzungsordnung des MfS – GVS MfS 0008-3/89.<br />
Arbeitsorganisatorische Festlegungen zur Archivordnung XII, Ministerium für Staatssicherheit,<br />
Abteilung XII [von 1989].
[Abschrift] 118<br />
81<br />
Anlage 2/2<br />
Die Nachweisführung und Aufbewahrung des Schriftgutes der Partei in der Kreisparteiorganisation<br />
------------------------------------------------------------------------------------------<br />
Die Nachweisführung des Schriftgutes erfolgt in der Kreisleitung auf der Grundlage<br />
- der "Richtlinie für den Umgang mit Schriftgut der GO der SED"<br />
(Beschluß des Sekretariats des ZK vom 7.7.1980) und der<br />
- "Ordnung über die Organisierung der VS-Arbeit im MfS" vom 1. Januar 1975.<br />
Die ein- und ausgehende Post wird in der Poststelle der Kreisleitung nachgewiesen. Für<br />
die Nachweisführung in den PO/GO gelten folgende Grundsätze<br />
- Alle Postein- und –ausgänge der PO/GO sind in Postbüchern (Posteingangs- und<br />
-ausgangsbuch) einzutragen und vom Empfänger zu quittieren.<br />
- Aus der Nachweisführung muß namentlich der gesamte Personenkreis, der<br />
dieses Material zur Kenntnis erhalten hat, hervorgehoben werden.<br />
- Parteiinternes Material ist getrennt von allgemeinem Schriftgut aufzubewahren<br />
und jederzeit lückenlos nachzuweisen. Es ist in Stahlschränken, Stahlkassetten oder in<br />
versiegelten Schränken aufzubewahren.<br />
- Allgemeines Schriftgut der Partei ist nach jeder Wahlperiode in den PO/GO selb-<br />
ständig zu prüfen und zu vernichten, wenn keine Rücksendetermine festgelegt sind.<br />
- Dokumente der PO/GO, die die Entwicklung und Geschichte des Parteikollektivs<br />
beinhalten, sind mindestens 5 Jahre aufzubewahren. Darüber entscheidet die Leitung<br />
der jeweiligen PO/GO.<br />
- Für die Durchführung und Kontrolle der ordnungsgemäßen Nachweisführung<br />
aller Parteimaterialien ist in den PO/GO der 2. Sekretär bzw. stellvertretende Sekretär<br />
verantwortlich.<br />
- Bei Funktionärswechsel ist entsprechend der "Richtlinie für org.-technische<br />
Arbeit der Partei" zu verfahren. (Beschluß des Sekretariats des ZK vom 15.9.1972). Es<br />
hat eine ordnungsgemäße Übergabe aller gültigen Parteiunterlagen zu erfolgen.<br />
- Darüber hinaus ist in den PO/GO ein Protokoll zu fertigen und eine Abschrift<br />
an die Poststelle der Kreisleitung zu senden.<br />
- Analoge Verfahrensweisen gelten auch für die GO/APO, wobei die Abschriften<br />
jeweils nur der nächsthöheren Leitung zu übergeben sind.<br />
Für den Schriftverkehr der Leitungen bzw. Vorstände der Massenorganisatio-<br />
nen gelten die Grundsätze analog.<br />
118 MfS SED-KL Nr. 2268, BStU 001130f. Handbuch für die Funktionäre in den GO und APO in der Kreisparteiorganisation<br />
im MfS (Entwurf ohne Datum aus dem Jahre 1986 oder später). Auszug.
[Abschrift] 119<br />
Aufbewahrungsfristen der in den GO befindlichen Unterlagen:<br />
--------------------------------------------------------------------<br />
- Duplikate der Beitragsquittungslisten 1/2 Jahr<br />
- alle Einnahme- und Ausgabebelege,<br />
die namentlichen Aufstellungen und<br />
Zusammenstellungen der Spendenlisten,<br />
die Beitragsjournale,<br />
die Nachweiskarten für die Partei-<br />
beiträge (blaue Strichelkarten) 5 Jahre<br />
- die Nachweiskarten für ausgegebene<br />
Beitragsquittungslisten und GO-Nr.-Stempel dauernd<br />
82<br />
Anlage 2/3<br />
Nach Ablauf dieser Aufbewahrungsfristen sind diese Unterlagen mit einem Übergabeprotokoll<br />
an den Sektor Parteifinanzen der Kreisleitung zurückzugeben.<br />
Die in den GO/APO befindlichen Nachweiskarten "Mittel GO" sind nach Jahres-<br />
abschluß von der Leitung der PO/GO einzuziehen und in eigener Zuständigkeit zu vernichten.<br />
Analog trifft dies auch für die monatlichen Meldungen "Mittelverbrauch" und für die in<br />
der PO/GO geführte Nachweiskarte "Mittel PO/GO" zu.<br />
Beschlüsse, Protokolle, Analysen und Berichte der Parteikollektive bzw. ihrer Leitungen<br />
sind 3 Wahlperioden aufzubewahren.<br />
Alle anderen zum Parteihaushalt gehörenden Unterlagen werden in den PO/GO/APO bis<br />
auf Abruf durch die Abteilung Parteiorgane der SED-Kreisleitung aufbewahrt.<br />
(siehe auch Punkt 5.19. Aufbewahrung von Schriftgut)<br />
119 MfS SED-KL Nr. 2268, BStU 001114. Handbuch für die Funktionäre in den GO und APO in der Kreisparteiorganisation<br />
im MfS (Entwurf ohne Datum aus dem Jahre 1986 oder später). Auszug
Aktuell eingestellte Information zur SED-KL im MfS auf der BStU-Homepage<br />
83<br />
Anlage 3
Auszug aus der Klassifikation des Teilbestandes SED-KL im MfS<br />
44 SED-Kreisleitung<br />
44 01 Führung und Leitung<br />
44 01 01 Wahl der Kreisleitung und ihrer Organe<br />
44 01 02 Arbeitsplanung, Struktur, Auflösung<br />
44 01 03 Sitzungen und Beschlüsse des Sekretariats bzw. des Büros der KL<br />
44 01 04 Referate und Vorträge von Funktionären und KL-Mitgliedern<br />
44 01 05 Leitungsinformationen<br />
44 01 06 Parteiinterne Informationen<br />
44 01 07 Rechtsfragen<br />
44 01 08 Handakten von Mitarbeitern der KL und des Apparates der KL<br />
44 02 Anleitung der KL und Zusammenarbeit der KL mit anderen Stellen<br />
44 02 01 Anleitung durch das ZK und Zusammenarbeit mit dem ZK der SED<br />
44 02 01 01 Parteitage der SED; Grundsatzfragen der SED<br />
44 02 01 02 Beschlüsse des Politbüros und des Sekretariats des ZK<br />
44 02 01 03 Direktiven und Rundschreiben des ZK<br />
44 02 01 04 Protokolle von Tagungen des ZK<br />
44 02 01 05 Arbeitspläne des ZK<br />
44 02 01 06 Informationen des ZK<br />
44 02 01 07 Reden von ZK-Mitgliedern und anderen Parteifunktionären<br />
44 02 01 08 Beratungen des ZK mit den 1. Sekretären der BL und KL<br />
44 02 01 09 Zusammenarbeit verschiedener ZK-Abteilungen mit der KL<br />
44 02 02 Zusammenarbeit der KL mit dem MfS<br />
44 02 02 01 Befehle und Ordnungen des MfS<br />
44 02 02 02 Organisatorische Regelungen des MfS<br />
44 02 02 03 Schreiben verschiedener Diensteinheiten des MfS<br />
44 02 02 04 Veränderungen im MfS/AfNS ab November 1989<br />
44 02 03 Zusammenarbeit der SED-KL mit den Massenorganisation im MfS<br />
44 02 04 Kontakte zu staatlichen und anderen Stellen<br />
44 02 05 Internationale Kontakte<br />
44 03 Kaderarbeit, Nomenklatura, Disziplinierung, Schulung u. Bildung<br />
44 03 01 Kaderarbeit und Nomenklaturkader<br />
44 03 02 Tätigkeit der Parteikontrollkommission<br />
44 03 02 01 Allgemeines<br />
44 03 02 02 Untersuchungen in den Partei- und Grundorganisationen<br />
44 03 02 03 Durchführung von Parteiverfahren<br />
44 03 02 04 Parteistrafen<br />
44 03 02 05 Bearbeitung von Eingaben<br />
44 03 03 Politische und fachliche Schulung, Aus- und Weiterbildung<br />
44 03 03 01 Allgemeines<br />
44 03 03 02 Schulungs- und Lehrmaterialien<br />
44 03 03 03 Kreisparteischule und Bezirksparteischule<br />
44 03 03 04 Parteihochschule des ZK<br />
44 03 03 05 Hochschule des MfS<br />
44 03 03 06 Militärische Ausbildung<br />
44 03 03 07 Dissertationen, Diplom- und Belegarbeiten<br />
84<br />
Anlage 4/1
44 04 Organisation und innere Verwaltung<br />
44 04 01 Haushalt und Finanzen<br />
44 04 02 Schriftgutverwaltung<br />
44 04 03 Anwendung der elektronischen Datenverarbeitung<br />
44 04 04 Dienst- und Urlaubsplanung<br />
44 04 05 Fernsprechverzeichnisse<br />
44 04 06 Organisationstechnik<br />
44 04 07 Fahrzeugbenutzung<br />
85<br />
Anlage 4/2<br />
44 05 Parteiarbeit der KL in den PO und GO der SED im MfS<br />
44 05 01 Allgemeines<br />
44 05 02 Parteiwahlen in den Partei- und Grundorganisationen<br />
44 05 03 Strukturveränderungen in den Partei und Grundorgansationen<br />
44 05 04 Kreisparteiaktivtagungen<br />
44 05 05 Anleitung und Betreuung der Partei- und Grundorganisationen<br />
44 05 05 01 Arbeitsordnung und Jahresabschlusseinschätzungen des Apparates der KL<br />
44 05 05 02 Tätigkeit der Abteilung Parteiorgane des Apparates der KL<br />
44 05 05 02 01 Arbeitsplanung; Berichterstattung; Informationen<br />
44 05 05 02 02 Instrukteursarbeit in den Partei- und Grundorganisationen<br />
44 05 06 Parteiarbeit der einzelnen Partei- und Grundorganisationen<br />
44 05 07 Politisch-ideologische Arbeit; Agitation u. Propaganda; Parteilehrjahr<br />
44 05 07 01 Tätigkeit der Abteilung Agitation u. Propaganda des Apparates der KL<br />
44 05 07 02 Tätigkeit der Bildungsstätte der Abteilung Agitation und Propaganda<br />
44 05 07 03 Politisch-ideologische Arbeit der Partei- und Grundorganisationen<br />
44 05 07 04 Parteilehrjahr<br />
44 05 07 05 Politische Informationen zur Innen- und Außenpolitik<br />
44 05 07 06 Informations- und Agitationsmaterial<br />
44 05 07 07 Informationsmaterial für die Öffentlichkeits- u. politische Massenarbeit<br />
44 05 08 Gestaltung von Jahrestagen und Veranstaltungen<br />
44 05 09 Auszeichnungen und Ehrungen von Kollektiven<br />
44 05 10 Veteranen- und Traditionsarbeit<br />
44 05 11 Soziale Betreuung<br />
44 05 12 Kultur- und Sport<br />
44 05 13 Neuererarbeit<br />
44 05 14 Mitgliederbewegung; Statistik<br />
44 05 15 Umtausch und Verlust von Parteidokumenten<br />
44 05 16 Beitragskassierung<br />
44 06 Arbeit der Massenorganistionen im MfS<br />
44 06 01 FDJ-Kreisleitung<br />
44 06 01 01 Wahl der FDJ-Kreisleitung<br />
44 06 01 02 Beschlüsse und Sitzungen der FDJ-Kreisleitung<br />
44 06 01 03 Beschlüsse und Sitzungen des Sekretariats der FDJ-KL<br />
44 06 01 04 Struktur; Aufgaben; Programme; Arbeitspläne<br />
44 06 01 05 Referate von FDJ- und Parteifunktionären<br />
44 06 01 07 Handakten von FDJ-Funktionären<br />
44 06 01 08 Anleitung durch den Zentralrat der FDJ<br />
44 06 01 09 Zusammenarbeit mit der SED-KL<br />
44 06 01 10 Kontakte zu anderen Stellen<br />
44 06 01 11 Kaderarbeit, Nomenklaturkader, Studium und Weiterbildung<br />
44 06 01 12 Verbandsverfahren und Verbandsstrafen<br />
44 06 01 13 Organisation und Verwaltung<br />
44 06 01 14 Finanzen; Beitragskassierung; Spenden<br />
44 06 01 15 Mitgliederbewegung; Statistik<br />
44 06 01 16 FDJ-Arbeit und Berichterstattungen der Grundorganisationen<br />
44 06 01 18 Politisch-ideologische Arbeit; Agitation und Propaganda; FDJ-Lehrjahr<br />
44 06 01 19 Kultur und Sport<br />
44 06 01 20 Veranstaltungen und Jahrestage<br />
44 06 01 21 FDJ-Bataillone; Studentenbrigaden; FDJ-Aufgebote und -Einsätze<br />
44 06 01 22 Neuererwesen; Forschung
Hierarchieschema zur Grundorganisation der SED im MfS im Jahre 1953<br />
ZK der SED<br />
Bezirksparteiorganisation der SED im MfS<br />
86<br />
Anlage 5/1<br />
Kreisparteiorganisation in der MfS-Zentrale in Berlin<br />
Grundorganisationen in der MfS-Zentrale in Berlin<br />
Kreisparteiorganisation in der Verwaltung Groß-Berlin<br />
Grundorganisationen in den noch bestehenden Landesverwaltungen<br />
Kreisparteiorganisationen in den 14 Bezirksverwaltungen<br />
Grundorganisationen in den Kreisdienststellen
87<br />
Anlage 5/2<br />
Unterstellungsverhältnisse der SED-Parteiorganisation im MfS gegenüber dem<br />
Zentralkomitee und den territorialen Leitungen der SED im Jahre 1989<br />
Parteigruppe Parteigruppe<br />
Parteigruppe<br />
Kreisparteiorganisation in der<br />
Zentrale des MfS in Berlin<br />
GO in der<br />
Zentrale<br />
BPO in der<br />
Zentrale<br />
Parteigruppe Parteigruppe<br />
Parteigruppe Parteigruppe<br />
Parteigruppe Parteigruppe<br />
Parteigruppe<br />
GO in der<br />
BV<br />
Abkürzungen:<br />
APO Abteilungsparteiorganisation<br />
BV Bezirksverwaltung<br />
BPO Betriebsparteiorganisation<br />
GO Grundorganisation<br />
Zentralkomitee der SED<br />
APO<br />
in der Zentrale<br />
Parteigruppe Parteigruppe<br />
Parteigruppe Parteigruppe<br />
GO in der<br />
Zentrale<br />
territoriale Bezirksleitungen der SED<br />
Parteiorganisationen in den<br />
MfS-Bezirksverwaltungen<br />
Parteigruppe Parteigruppe<br />
Parteigruppe<br />
territoriale Kreis- und Stadtleitungen<br />
Grundorganisationen in den<br />
MfS-Kreisdienststellen<br />
Parteigruppe Parteigruppe<br />
APO in der<br />
BV<br />
APO<br />
in der Zentrale<br />
Parteigruppe Parteigruppe
Sektor für<br />
organisations- u.<br />
finanztechnische<br />
Aufgaben<br />
Sektor<br />
für die<br />
Kaderarbeit<br />
Sektor<br />
Veteranen- und<br />
Traditionsarbeit<br />
Organigramm<br />
der Kreisparteiorganisation und<br />
des Apparates der Kreisleitung der SED im MfS im Jahre 1989<br />
Kreisrevisionskommission<br />
zur Überwachung<br />
des Finanzwesens<br />
Abteilung<br />
Parteiorgane<br />
Kreisdelegiertenkonferenz<br />
Sektor für die<br />
Anleitung der<br />
Partei- und<br />
Grundorganisationen<br />
Sektor<br />
Parteiinformation<br />
Kommission<br />
für<br />
Traditionsarbeit<br />
Kommission zur<br />
Betreuung alter<br />
verdienter<br />
Parteimitglieder<br />
Kulturkommission Frauenkommission<br />
Arbeitsgruppe<br />
für<br />
politische<br />
Massenarbeit<br />
Kreisleitung<br />
als gewähltes<br />
exekutives Organ<br />
Sektor<br />
Agitation und<br />
Propaganda<br />
Sektor<br />
Kultur<br />
Abteilung<br />
Agitation und<br />
Propaganda<br />
Kreisschule<br />
des<br />
Marxismus-<br />
Leninismus<br />
Bildungsstätte<br />
der<br />
Kreisleitung<br />
Kreispartei-<br />
Kontrollkommission<br />
Parteischule<br />
"Robert Mühlpforte"<br />
88<br />
Anlage 5/3<br />
Sekretariat<br />
als ranghöchstes<br />
Parteigremium<br />
Büro<br />
des Sekretariats
Angaben zum Teilbestand „SED-Kreisleitung im MfS“ - Stand: Juni 2001<br />
Teilbestandsumfang<br />
gesamt 211,10 lfm<br />
davon Schriftgut 192,50 lfm<br />
Karteien 18,60 lfm<br />
davon erschlossen 211,10 lfm<br />
= 9418 Akteneinheiten<br />
Umfang dezentrale Karteien<br />
gesamt 18,60 lfm<br />
davon im Teilbestand verzeichnet 7,40 lfm<br />
an AR 2 Karteien abgegeben 11,20 lfm<br />
Auflistung der dezentralen Karteien<br />
Bezeichnung Format Umfang<br />
Kartei zu Auszeichnungen von SED-Migliedern A 4 2,10 lfm<br />
Kartei zu SED-Mitgliedern A 5 7,60 lfm<br />
Kartei zu Parteistrafen von SED-Mitgliedern<br />
und Parteieingaben A 5/6 1,20 lfm<br />
Personenkartei zu SED-Mitgliedern der KL A 5 0,30 lfm<br />
Nachweiskartei über gezahlte Mitgliedsbeiträge A 4 0,50 lfm<br />
Nachweiskarte über archivierte Vorgänge der KL A 6 0,20 lfm<br />
Nachweiskartei über GVS und VVS A 6 0,20 lfm<br />
Nachweiskartei über Urlaubsgesuche von<br />
Mitarbeitern, Petschafte, Panzerschränke,<br />
Stempel und Siegel A 6 0,10 lfm<br />
Sichtlochkartei zu Mitgliedern der SED-KL 2,70 lfm<br />
Suchkartei zu Mitgliedern der SED-KL A 6 3,70 lfm<br />
Unterlagen, die im Teilbestand nicht enthalten sind:<br />
Spezielle Datenträger, abgegeben an das zuständige Erschließungsreferat<br />
Art Umfang<br />
Fotopositive 4 180 Stück<br />
Fotonegative 196 Stück<br />
Dias 68 VE<br />
Tonträger 4 Stück<br />
Säcke mit vorvernichtetem Material,<br />
Lagerungsort derzeit Außenstelle Magdeburg 77 Stück<br />
Gesondert verwahrte Unterlagen keine.<br />
89<br />
Anlage 6
Was ist SAE?<br />
Wie arbeitet man mit SAE?<br />
Zugriffsrechte<br />
Fehlermeldungen<br />
Hilfe zum <strong>Sachaktenerschließung</strong>sprogramm<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Erfassung der Teilbestände und MfS-Ablagen<br />
Allgemeine Menüs<br />
Menü Eingabe<br />
Menü Bearbeiten<br />
Menü Daten<br />
Menü Fenster<br />
Menü Hilfe<br />
Verschlagwortung<br />
Erfassung der Teilbestände Seite 1<br />
Erfassungsmaske<br />
Spezielle Menüs Seite 1<br />
Menü Daten<br />
Menü Schlagworte<br />
Menü Bündelnummer<br />
Menü Extras<br />
Erfassungsfelder<br />
Erfassung Seite 2<br />
Erfassungsmaske<br />
Spezielle Menüs Seite 2<br />
Menü Verbleib<br />
Menü Personendaten, Altsignatur, Rückführung<br />
Erfassungsfelder/-liste<br />
Verschlagwortung des Datensatzes<br />
Erfassungsmaske<br />
Spezielle Menüs<br />
Menü Schlagwort<br />
Menü Fenster<br />
Erfassungsfelder/-listen<br />
Erfassung Enthält-Vermerk<br />
Erfassungsmaske<br />
Spezielle Menüs<br />
Menü Schlagwort<br />
Erfassungsfelder<br />
Erfassung Altsignatur BStU<br />
Erfassungsmaske<br />
Spezielle Menüs<br />
Menü Signatur<br />
Erfassungsfelder<br />
Klassifizierung der Datensätze<br />
Klassifizierungsmaske<br />
Toolbar Klassifizierung<br />
Spezielle Menüs der Klassifizierung<br />
Menü Daten<br />
Menü Ansicht<br />
90<br />
Anlage 7/1
Schlagwortpflege<br />
Bearbeitungsmaske<br />
Toolbar<br />
Menüs der Schlagwortpflege<br />
Eingabe<br />
Ansicht<br />
Daten<br />
Schlagworte Drucken<br />
Fenster<br />
Hilfe<br />
Druckliste<br />
Detailansicht<br />
Verschieben, Löschen, Modifizieren<br />
Bearbeitung Klassifikation<br />
Toolbar der Klassifikation<br />
Spezielle Menüs der klassifikation<br />
Klassifikation Modifizieren<br />
Neu<br />
Modifizieren<br />
Löschen<br />
Lücke öffnen<br />
Lücke schließen<br />
Umklassifizierung<br />
Toolbar der Umklassifizierung<br />
Umklassifizieren<br />
Recherche<br />
Freie Recherche<br />
Toolbar der Recherche<br />
Spezielle Menüs der Recherche<br />
Menü Abfrage<br />
Menü Resultat<br />
Menü Extra<br />
Menü Optionen<br />
Erstellen von Abfragen<br />
Einfache Abfragen<br />
Komplexe Abfragen<br />
Besonderheiten<br />
Volltextrecherche<br />
Speichern und Wiederverwenden von Abfragen<br />
Speichern<br />
Öffnen<br />
Löschen<br />
Darstellung der Ergebnismenge<br />
Ergebnisliste<br />
Übersichtsliste<br />
Maskendarstellung<br />
Markieren und Drucken<br />
Klassifikationsauswahl<br />
Volltextpflege<br />
Hilfe-Hotline bei fachlichen, organisatorischen und programmtechnischen Fragen<br />
91<br />
Anlage 7/2
Veranschaulichung der Vorgaben zur äußeren Gestaltung des Findbuchs<br />
Archiv zur DDR-Staatssicherheit<br />
im Auftrag der Bundesbeauftragten<br />
für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik<br />
herausgegeben von<br />
Dagmar Unverhau<br />
Band ?<br />
_________________<br />
LIT<br />
92<br />
Anlage 8/1
Prinzip der Gestaltung der Innenseite des Findbuchs<br />
93<br />
Anlage 8/2<br />
Findbuch<br />
des Teilbestandes<br />
SED-Kreisleitung<br />
im Ministerium für Staatssicherheit der DDR<br />
Erarbeitet von einer Arbeitsgruppe der Abteilung Archivbestände unter<br />
Mitwirkung von<br />
Konzeption, Erläuterungen und Redaktion der Verzeichnungsangaben<br />
von ?<br />
Schreibtechnische Umsetzung und Mitarbeit an der Registerbildung<br />
durch ?<br />
_________________<br />
LIT
Aufbau des Inhaltsverzeichnis des Findbuchs<br />
94<br />
Anlage 8/3<br />
Inhalt Seite<br />
1. Allgemeine Erläuterungen und Hinweise III<br />
1.1. Klassifikation des Bestandes IV<br />
1.2. Stellung und Bedeutung des Teilbestandes V<br />
1.3. Geschichte und Provenienz der überlieferten Unterlagen VII<br />
1.4. Bemerkungen zu vergleichbaren Unterlagen in anderen Beständen IX<br />
1.5. Bemerkungen zu den einzelnen Bearbeitungsschritten X<br />
1.6. Hinweise zum Erhaltungszustand und zu den Signaturen XI<br />
2. Gliederung des Aktenverzeichnisses XII<br />
3. Aktenverzeichnis 1<br />
4. Register ???<br />
5. Abkürzungsverzeichnis ???<br />
8. Publikationsliste ???
Gliederung des Aktenverzeichnisses<br />
95<br />
Anlage 8/4<br />
Kapitel Inhalt Seite<br />
1. Führung und Leitung ?<br />
2. Anleitung der Kreisleitung und Zusammenarbeit<br />
der Kreisleitung mit anderden Stellen<br />
3. Kaderarbeit, Nomenklaturkader, Disziplinierung, Schulung<br />
4. Organisation und innere Verwaltung<br />
5. Parteiarbeit der Kreisleitung in den Parteiorganisationen<br />
Abfolge der Verzeichnungseinheiten zu einem Unterpunkt<br />
Archivsignatur Titel Laufzeit<br />
MfS Gedichte von „Schreibenden Tschekisten" des MfS und o. D.<br />
SED-KL Schriftstellern zur Thematik „Partei"<br />
1195<br />
MfS Filmkatalog der Abteilung Agitation des MfS o. D.<br />
SED-KL<br />
491 Enthält: Titel, Herstellungs- und Inhaltsangaben von Spiel- und<br />
Dokumentarfilmen, die im MfS gezeigt werden konnten<br />
MfS Gedichte und Ansprachen von Kulturschaffenden zum 1974-1975<br />
SED-KL 25. Jahrestag der Bildung des MfS<br />
274<br />
Enthält: Gedichte von Helmut Baierl. – Benito Wogatzki.-<br />
Bertolt Brecht.-Hans-Peter Minetti.<br />
MfS Programmhefte der Konzerte des Orchesters des Wachregiments 1981-1989<br />
SED-KL „F.Dzierzynski" anläßlich von Jubiläen<br />
1167<br />
MfS Kabarett-Texte einer Laiengruppe der SED-Kreisleitung Dez. 1989<br />
SED-KL<br />
260 Enthält: Texte mit kritischen Anmerkungen zu Problemen<br />
des Soldatenlebens der 5. Schützenkompanie des Wachregiments
Prinzip des Findbuchzugriffs und der Suche mittels PDF<br />
zugehöriges Suchmaske<br />
Prinzip des Einblendens von Zusatzinformationen<br />
96<br />
Anlage 9/1
Beispiel für die HTML-Seiten-Erstellung mit zugehörigem Quelltext<br />
97<br />
Anlage 9/2<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der<br />
DDR<br />
<br />
<br />
<br />
Bestandsübersicht <br />
<br />
&nbs<br />
p; <br />
&nb<br />
sp; <br />
Besuchen sie auch unsere Ausstellungseiten<br />
<br />
<br />
<br />
Archivierte Ablagen des<br />
MfS  <br />
; &<br />
nbsp; &nb<br />
sp; <br />
Teilbestände<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
&n<br />
bsp; &nbs<br />
p; <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
&nbs<br />
p; <br />
 <br />
; <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
&nb<br />
sp;  <br />
; &<br />
nbsp; &nb<br />
sp;<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
98
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
 <br />
; <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
&nbs<br />
p; <br />
&n<br />
bsp; <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
&n<br />
bsp; <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
99
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
&<br />
nbsp; <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
&nbs<br />
p; <br />
&n<br />
bsp; <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
100
Aktuelle Ansicht der Übersichtsseite auf der Homepage der BStU<br />
Entwurf zur Einstellung archivischer Information in der aktuellen Homepage<br />
101<br />
Anlage 9/3
Anlage 9/4<br />
Entwurf zur Erstellung einer Seite mit links zu den Bestandsinformationen<br />
Entwurf eines Suchformulars für die Recherche in Sachakten<br />
102
Anlage 9/5<br />
Ansicht eines Online-Findbuchs zum Teilbestand SED-Kreisleitung im MfS<br />
Ansicht einer Benutzeroberfläche mit Zugriff auf Findmittel und Dokumente<br />
103
Beispiel zur Erstellung von Seiten mit Bestandsinformationen<br />
104<br />
Anlage 9/6
Beispiele für das Einscannen und die Wiedergabe von Dokumenten 120<br />
105<br />
Anlage 9/7<br />
Seite für die bildliche Wiedergabe von Findmitteln mit Blätterfunktion und Zoom<br />
120 Da hierfür keine Originale von MfS-Unterlagen verfügbar waren, wurde eine Verzeichnungskarte gescannt.
Anlage 9/8<br />
Browseransichten einer Teilbestandsinformation in Deutsch und Englisch<br />
106
5. Abkürzungsverzeichnis<br />
AACR Anglo-American-Cataloging Rules<br />
Abs. Absatz<br />
ADA Automatischer Datenabgleich<br />
AE Akteneinheit<br />
AfNS Amt für Nationale Sicherheit (Nachfolger des MfS)<br />
AIG Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (des Landes Brandenburg)<br />
AMAG Ausleihe Magazin<br />
AMC Archival and Manuscripts Control (Standard für Navigation und Suche)<br />
AR Abteilung Archivbestände der BStU<br />
ASCII American Standard Code for Information Interchange<br />
(numerischer Code zur Darstellung alphanumerischer Zeichen)<br />
AU Abteilung Auskunft der BStU<br />
BArchG Bundesarchivgesetz<br />
BbGArchG Brandenburger Archivgesetz<br />
Bd. Band<br />
BGBl. Bundesgesetzblatt<br />
BfD Bundesdatenschutzbeauftragter<br />
BStU Bundesbeauftragte(r) für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der<br />
ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik<br />
BV Bezirksverwaltung des MfS<br />
bzw. beziehungsweise<br />
CD Compact-Disc<br />
CD-ROM Compact-Disc Read Only Memory<br />
CSV Character Seperated Values (Format)<br />
DM Deutsche Mark<br />
DDR Deutsche Demokratische Republik<br />
DIN Deutsche Industrienorm<br />
DOS Disk Operating System<br />
DSF Deutsch-Sowjetische Freundschaft (Massenorganisation)<br />
DTD Description Document Type Definition<br />
EAD Encoded Archival Description (Standard für maschinenlesbare Findmittel)<br />
EDV Elektronische Datenverarbeitung<br />
EPR Elektronisches Personenregister<br />
f / ff folgende<br />
FDJ Freie Deutsche Jugend (Massenorganistion)<br />
FDGB Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (Massenorganisation)<br />
FHP <strong>Fachhochschule</strong> <strong>Potsdam</strong><br />
GVBl Gesetz- und Verordnungsblatt<br />
GG Grundgesetz<br />
ggf. gegebenenfalls<br />
GO Grundorganisation<br />
H. Heft<br />
HA Hauptabteilung (Struktureinheit des MfS)<br />
HIM Hauptamtlicher Inoffizieller Mitarbeiter<br />
HmbArchG Hamburger Archivgesetz<br />
HTML Hypertext Markup Language<br />
HTTP Hyper Text Transfer Protocol<br />
HVA Hauptverwaltung Aufklärung<br />
ISAD(G) General International Standard Archival Description (German)<br />
IT Informationstechnik<br />
Jg. Jahrgang<br />
KD Kreisdienststelle (Struktureinheit des MfS)<br />
KL Kreisleitung<br />
KPKK Kreisparteikontrollkommission<br />
LarchivG M-V Landesarchivgesetz Mecklenburg-Vorpommern<br />
107
lt. laut<br />
MARC Machine-readable cataloging (Darstellungs- u. Kommunikationsstandard)<br />
MfS Ministerium für Staatssicherheit<br />
o. g. oben genannte(r)<br />
Oibe Offizier im besonderen Einsatz<br />
OVG Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze<br />
PC Personal Computer<br />
PDF Portable Document Format (Austauschformat für formatierte Dokumente)<br />
PG Etb Projektgruppe Erschließung der Teilbestände der BStU<br />
Pkt. Punkt<br />
PO Parteiorganistion<br />
PSAL Personendaten aus dem Aktenlesen<br />
PSE Personendaten aus der <strong>Sachaktenerschließung</strong><br />
rd. rund<br />
RTF Rich Text Format<br />
S. Seite<br />
SAE <strong>Sachaktenerschließung</strong>sprogramm<br />
SAPMO Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im<br />
Bundesarchiv<br />
SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands<br />
SG Sachgebiet<br />
SGML Standard Generalized Markup Language<br />
SMAD Sowjetische Militäradministration in Deutschland<br />
Sp. Spalte<br />
SfS Staatssekretariat für Staatssicherheit (zeitweilige Bezeichnung für das MfS)<br />
StUÄndG Stasi-Unterlagen-Änderungsgesetz<br />
StUG Stasi-Unterlagen-Gesetz<br />
TEI Text Encoding Initiative (Austauschnorm für wissenschaftliche Studientexte)<br />
VE Verzeichnungseinheit<br />
VG Verwaltungsgericht<br />
Vgl. vergleiche<br />
XML Extensible Markup Language (eine „inhaltsbewusste" Sprache)<br />
z. B. zum Beispiel<br />
ZAIG Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe<br />
ZR Zentralrat<br />
ZK Zentralkomitee<br />
ZMA Zentrale Materialablage (Ablage in einer operativen Abteilung des MfS)<br />
ZPKK Zentrale Parteikontrollkommission<br />
ZV Zentralvorstand, Zentralverwaltung<br />
WWW World Wide Web<br />
108
6. Personenregister<br />
Name, Vorname Seite<br />
Bahro, Rudolf 31<br />
Beger, Arndt 37<br />
Berners-Lee, Tim 73<br />
Birthler, Marianne 9<br />
Felber, Horst 59-61<br />
Gaida, Wilhelm 75<br />
Harich, Wolfgang 31<br />
Hauck, Joachim 32<br />
Havemann, Robert 31, 56<br />
Heidenreich, Gerhard 34, 35, 59, 62<br />
Janka, Walter 31<br />
Kohl, Helmut 7-9, 57, 71<br />
Martin, Waltraud 2<br />
Rother, Karin 2<br />
Salamon, Birgit 2<br />
Schily, Otto 8, 9, 22<br />
Sobeck, Isolde 32, 33, 96<br />
Unverhau, Dagmar 65, 93<br />
Wehner, Herbert 22<br />
Wolf, Markus 34<br />
109
7. Bibliografie<br />
Lehrbücher, Darstellungen, Zeitschriftenartikel<br />
Booms, Hans: Gesellschaftsordnung und Überlieferungsbildung - Zur Problematik archivischer<br />
Quellenbewertung, in: Archivalische Zeitschrift, 1972.<br />
Black-Veldtrup, Mechthild. Erschließung im Umbruch, in: Der Archivar, Jg. 51, 1998, H. 4.<br />
Brachmann, Botho (Hrsg.). Archivwesen der DDR. Berlin1984.<br />
Brennecke, Adolf. Archivkunde. Ein Beitrag zur Theorie und Geschichte des europäischen<br />
Archivwesens. Bearbeitung von W. Leesch. Leipzig 1953.<br />
Fahrenholz, Peter. Grassmann, Philip. Schily bleibt im Streit um Stasi-Akten unnachgiebig,<br />
in: Süddeutsche Zeitung vom 11 .Juli 2001.<br />
Genesereth, M.R.; Nilson, N. J.: Logical Foundation of Artifical Intelligence. Paolo Alto/Cal.:<br />
Morgan Kaufmann, 1987 (deutsche Übersetzung im Vieweg-Verlag, 1989).<br />
Gieseke, Jens. Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit. Personalstruktur und<br />
Lebenswelt 1950-1989/90, in: Analysen und Dokumente. Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten,<br />
Bd. 20, Berlin 2000.<br />
Engelmann, Roger. Zu Struktur, Charakter und Bedeutung der Unterlagen des Ministeriums<br />
für Staatssicherheit, in: Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
der ehemaligen DDR (BF informiert Nr. 3), Berlin 1994.<br />
Derselbe. Die Unterlagen des MfS. Ihr Wert als historische Quelle, in: Die Akten und die<br />
Wahrheit. Fünf Jahre Stasi-Unterlagen-Gesetz, St. Augustin 1997.<br />
Henning, Eckart (Hrsg.). Archivistica docet, Beiträge zur Archivwissenschaft und ihres<br />
interdisziplinären Umfeldes, <strong>Potsdam</strong> 1999.<br />
Honigmann, Peter. Erfahrungen mit der Veröffentlichung von Verzeichnissen im Internet, in:<br />
Vom Findbuch zum Internet. Erschließung von Archivgut vor neuen Herausforderungen. Referate<br />
des 68. Deutschen Archivtags vom 23. – 26. September 1997 in Ulm, in: Der Archivar,<br />
Beiband 3, Siegburg 1998.<br />
Ide, Robert. Nach Akteneinsicht. Kohl und die Stasi – in erster Instanz, in: Der Tagesspiegel<br />
vom 05.07.2001.<br />
Kluge, Arndt: Stichprobenverfahren zur archivischen Auswahl massenhaft gleichförmiger<br />
Einzelfallakten, in: Der Archivar 46, 1993.<br />
Kreikamp, Hans-Dieter: Das Bewertungsmodell des Bundesarchivs - Federführung als Bewertungskriterium,<br />
in: Bilanz und Perspektiven archivischer Bewertung. Beiträge eines archivwissenschaftlichen<br />
Kolloquiums, hrsg. von Andrea Wettmann, Marburg 1994.<br />
Kretzschmar, Robert. Die „neue archivische Bewertungsdiskussion und ihre Fußnoten“, in:<br />
Archivalische Zeitschrift Band 82, 1999.<br />
Derselbe. Spuren zukünftiger Vergangenheit. Archivische Überlieferungsbildung im Jahr<br />
2000 und die Möglichkeiten einer Beteiligung der Forschung, in: Der Archivar 53, 2000.<br />
110
Matz, Ursula. 26. Sitzung des EDV-Ausschusses der Archivreferentenkonferenz in <strong>Potsdam</strong>,<br />
in: Der Archivar, Jg. 53, 2000, H. 1.<br />
Menne-Haritz, Angelika. Schlüsselbegriffe der Archivterminologie. Lehrmaterialien für<br />
das Fach Archivwissenschaft Nr. 20. Marburg 1992.<br />
Dieselbe: Das Provenienzprinzip - ein Bewertungssurrogat? Neue Fragen einer alten Diskussion,<br />
in: Der Archivar 47, 1994.<br />
Dieselbe: Das Online-Findbuch - Archivische Erschließung mit Internettechnologie, in:<br />
Archivische Erschließung - Methodische Aspekte einer Fachkompetenz. Beiträge des 3. Archivwissenschaftlichen<br />
Kolloquiums der Archivschule Marburg, hrsg. von Angelika Menne-<br />
Haritz, Marburg 1999 (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg Nr. 30).<br />
Müller, Uwe. Ein Haus der Geschichte als Bastion gegen DDR-Nostalgie, in:<br />
Die Welt vom 09.10.1999.<br />
Mothes sieht Defizite in Lehrplänen der Schulen. Landesbeauftragter für Stasi-Unterlagen<br />
kündigt Seminare für Lehrer an, in: Nordkurier vom 13.07.2001.<br />
Papritz, Johannes. Archivwissenschaft, Bd. 3, Teil III.1, Marburg 1976.<br />
Derselbe. Die archivische Titelaufnahme bei Sachakten. Marburg 1993.<br />
Pries, Knut. Birthler will im Stasi-Streit Bundestag einschalten. Akten-Beauftragte wird weiter<br />
Unterlagen herausgeben, in: Frankfurter Rundschau vom 04.08.2001.<br />
Reimer, U. Einführung in die Wissensrepräsentation. Netzartige und schemabasierte Repräsentationsformate.<br />
Stuttgart 1991.<br />
Schellenberg, Theodore R. The Appraisal of Modern Records. Bulletins of the National Archives<br />
8, National Archives Publication 57-5, Washington 1956.<br />
Schlachter, Jörg. Mehr Öffentlichkeit wagen. Eine Kritik des geltenden deutschen Verwaltungstransparenzrechts<br />
mit Vorschlägen für eine Neuregelung unter Berücksichtigung<br />
rechtsvergleichender Gesichtspunkte (Schriftenreihe Verwaltungsinformatik 9), Heidelberg<br />
1993.<br />
Derselbe. Verwaltungsöffentlichkeit in Industriestaaten aus Europa und Übersee, VOP 12,<br />
1990.<br />
Schreckenbach, Hans Joachim. Archivrecht. Lehrmaterialien für Fernstudienbrückenkurse<br />
am Fachbereich Archiv-Bibliothek-Dokumentation der FHP <strong>Potsdam</strong>, <strong>Potsdam</strong> 1994.<br />
Schockenhoff, Volker: Nur „zölibatäre Vereinsamung?“ – Zur Situation der Archivwissenschaft<br />
in der Bundesrepublik 1946-1996, in: 50 Jahre Verein deutscher Archivare. Bilanz und<br />
Perspektive des Archivwesens in Deutschland. Referate des 67. Deutschen Archivtags 1996<br />
in Darmstadt, in: Der Archivar 49, Beiband 2, Siegburg 1997.<br />
Derselbe. Nur keine falsche Bescheidenheit. Tendenzen und Perspektiven der gegenwärtigen<br />
archivarischen Bewertungsdikussion in der BRD, in: Friedrich Beck, Wolfgang Hempel<br />
und Eckart Henning (Hrsg.). Archivistica docet, Beiträge zur Archivwissenschaft und ihres<br />
interdisziplinären Umfeldes, <strong>Potsdam</strong> 1999.<br />
111
Schumann, Silke. Die Parteiorganisation der SED im MfS, in: Siegfried Suckut u. a. (Hrsg.).<br />
Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur, Methoden (MfS-Handbuch), Teil III/20,<br />
Berlin 1998.<br />
Dieselbe. Parteierziehung in der Geheimpolizei. Zur Rolle der SED im MfS der fünfziger Jahre,<br />
in: Analysen und Dokumente. Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten, Bd. 9,<br />
Berlin 1997.<br />
Secher, V.A. ´Om Proveniens-H(Hjemmelhors) Principer´, Meddelelser fra det Dankse Rigsarckivc<br />
I (1906) 191-240. Cited in: Land van Herkomst 48. Nach: Peter Horsman. Taming<br />
the Elephant. An orthodox approach to the Principle of Provenance in: ARCHIEVEN, OR-<br />
DENINGSPRINCIPES EN ORDENINGS-STELSELS; ´s-Gravenhage, augustus 1996.<br />
Süß, Walter. Das Verhältnis von SED und Staatssicherheit. Eine Skizze seiner Entwicklung,<br />
in: BF informiert, Bd. 17, 1997.<br />
Unverhau, Dagmar. Archivarbeit unter den Erfordernissen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes<br />
und des Datenschutzes, in: Dieselbe (Hrsg.). Das Stasi-Unterlagengesetz im Lichte von<br />
Datenschutz und Archivgesetzgebung. Referate der Tagung des BStU vom 26.-28.11.1997.<br />
Archiv zur Staatssicherheit, Bd. 2, Münster 1998.<br />
Dieselbe (Hrsg.). Vom Lob der politisch-operativen Archivarbeit. Schulungsvortrag eines Offiziers<br />
der Abteilung XII (Zentrale Auskunft/Speicher) des MfS von 1975, in: Archivalische<br />
Zeitschrift, Bd. 81, Köln, Weimar, Wien 1998.<br />
Walberg, Hartwig. Die Rolle der Archive im Netzwerk der Informationssysteme, in:<br />
Vom Findbuch zum Internet. Erschließung von Archivgut vor neuen Herausforderungen. Referate<br />
des 68. Deutschen Archivtags vom 23. – 26. September 1997 in Ulm, in: Der Archivar,<br />
Beiband 3, Siegburg 1998, S. 21-40.<br />
Informationsfreiheit. Akteneinsicht für jedermann, in: Der Spiegel vom 05.03.2001.<br />
Streit um Demokratie und Vergangenheitsbewältigung in Lehrer- und Klassenzimmern,<br />
in: Leipziger Volkszeitung vom 06.10.1999.<br />
Die Bestände der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv.<br />
Kurzübersicht. Edition Colloquium, Berlin 1996.<br />
Gesetze, Kommentare, Urteile, Normen<br />
Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen<br />
Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz - StUG) vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I<br />
1991, S. 2272), geändert durch 1. StUÄndG (Stasi-Unterlagen-Änderungsgesetz) vom 22.<br />
Februar 1994 (BGBl. I, S. 334), geändert durch 2. StUÄndG vom 26. Juli 1994 (BGBl. I, S.<br />
1748), geändert durch Artikel 12 Abs. 22 des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl. I, S.<br />
2325), geändert durch 3. StUÄndG vom 20. Dezember 1996 (BGBl. I, S. 2026), geändert<br />
durch Artikel 4 des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998<br />
(BGBl. I, S. 164), geändert durch das 4. StUÄndG vom 19.Dezember 1998 (BGBl. I., S.<br />
3778).<br />
Geiger, Hansjörg. Klinghardt, Heinz. Stasi-Unterlagen-Gesetz. Kommentar. Köln 1993.<br />
Stoltenberg, Klaus. Stasi-Unterlagen-Gesetz. Kommentar. Baden-Baden 1992.<br />
Weberling, Johannes. Stasi-Unterlagen-Gesetz. Kommentar. Köln/Berlin/Bonn/München<br />
1993.<br />
112
Gesetz zur Verjährung strafrechtlicher Verjährungsfristen (2. Verjährungsgesetz) vom<br />
27.09.1993, BGBl. I S. 1657 in Verbindung mit dem Gesetz über das Ruhen der Verjährung<br />
bei SED-Unrechtstaten vom 26.03.1993, BGBl. I S.392.<br />
Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 29.04.1998 (VG 1 A 194.95).<br />
Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 13.11.1994 (VG 1 A 365.92).<br />
Verwaltungsgericht Berlin. Urteil vom 23.11.1994 (VG 1 A 632.92).<br />
DIN 31 623, Teil 1 – 3. Indexierung zur inhaltlichen Erschließung von Dokumenten, herausgegeben<br />
vom Normenausschuss Bibliotheks- und Dokumentationswesen (NABD) im Deutschen<br />
Institut für Normung e. V., Berlin, September 1988.<br />
DIN 32705. Klassifikationssysteme. Erstellen und Weiterentwickeln von Klassifikationssystemen.<br />
Berlin, Januar 1987.<br />
Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für die staatlichen Archive der Deutschen Demokratischen<br />
Republik (OVG). Herausgegeben von der Staatlichen Archivverwaltung im Ministerium<br />
des Innern der DDR, 1964.<br />
Internetadressen<br />
Aumann, Stefan; Ebeling, Hans-Heinrich; Fricke, Hans-Reinhard, Thaller, Manfred. Innovative<br />
Forschung in Duderstadt. Das Digitale Archiv. Begleitheft zur Ausstellung in der Sparkasse<br />
Duderstadt 05.-16. Mai 1997, Duderstadt 1997;<br />
(7/2001).<br />
Glauer, Mario. Anforderungen an eine Online-Beständeübersicht und eine archivische Homepage,<br />
in: (8/2001).<br />
Heiden, Detlef. Black-Veldtrup, Mechthild. Das Marburger Online-Findbuch. Konsequenzen<br />
für die Erschließung und Präsentation von Archivgut, in:<br />
(3/1999).<br />
Stasi-Akten. Schily stellt Birthler ein Ultimatum. Innenminister will keine Herausgabe mehr<br />
ohne Zustimmung, in: (7/2001).<br />
Anker, Georg. Hinweise zur Verschlagwortung. Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, in:<br />
(7/2001).<br />
XML-Austauschformat für Online-Findbücher mit Schnittstelle zu EAD.<br />
Bericht über den 1. u. 2. Workshop an der Archivschule Marburg, in:<br />
(12/2000).<br />
(7/2001).<br />
(8/2001).<br />
BStU-interne Materialien<br />
Ordnungs- und Verzeichnungsrichtlinie für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der<br />
ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in den Archiven des Bundesbeauftragten<br />
für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Teil I – IV<br />
vom 20.03.1993.<br />
Richtlinie für die Verschlagwortung bei der rechnergestützten Erschließung als Anlage 9 zur<br />
Ordnungs- und Verzeichnungsrichtlinie des BStU (RL Verschlagwortung) vom 21.11.2000.<br />
113
Arbeitsanweisung für die Bewertung und Kassation von Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
(Bewertungskatalog) mit Anlagen (Bewertungskatalog Teil I, kassable Unterlagen)<br />
vom 03.01.2001.<br />
Projektgruppe SAE. IT-Verfahren zur Unterstützung der <strong>Sachaktenerschließung</strong>. Ergänzung<br />
und Überarbeitung der Fachvorgabe Teil I sowie Fachvorgabe Teil II, BStU-internes Material<br />
vom 25.02.1997.<br />
Sechste Ergänzungslieferung zum Ordner Richtlinien zum Stasi-Unterlagen-Gesetz.<br />
AU I.1 – 141121 vom 23.04.2001<br />
BStU-Dienstregistratur, Az. AR 4/1378 vom 21.12.2000. Erwiderung des Direktors der Behörde<br />
auf die Anfrage der Referatsleiterin AR 4 vom 24.11.2000 zur Veröffentlichung der<br />
Findbücher der Abteilung AR.<br />
Homepage-Konzept. BStU-Dienstregistratur. Pressestelle. INTkoordinierung01-03.<br />
Quellen aus den Archivbeständen<br />
Dienstanweisung Nr. 1/80 vom 20.05.1980 über die Grundsätze der Aufbereitung, Erfassung<br />
und Speicherung operativ bedeutsamer Informationen durch die operativen Diensteinheiten<br />
des MfS – VVS MfS 00008-28/80.<br />
1. Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung Nr. 1/80 vom 20.05.1980<br />
Organisation, Bereitstellung, Aufbereitung, Indexierung, Erfassung, Speicherung und Änderung<br />
operativ bedeutsamer Informationen zu Personen, Sachverhalten, Hinweisen und<br />
Merkmalen für die Zentrale Personendatenbank des MfS (ZPDB) – VVS MfS 0008-28/80.<br />
Dienstanweisung Nr. 2/81 vom 01.07.1981 zur einheitlichen Gestaltung der Erfassung und<br />
Überprüfung von Personen und Objekten, der Registrierung von Vorgängen und Akten sowie<br />
der Archivierung politisch-operativen Schriftgutes in den Abteilungen XII, GVS – 0008-8/81.<br />
1. Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung Nr. 2/81 vom 01. Juli 1981.<br />
Die Erfassung und Überprüfung von Personen und Objekten und die Registrierung von Vorgängen<br />
und Akten zu Personen und Objekten in den Abteilungen XII sowie die Aufgaben zur<br />
Durchsetzung einer einheitlichen Aktenführung.<br />
2. Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung Nr. 2/81 vom 01. Juli 1981.<br />
Die Überprüfung von Personen und Objekten in der Abt. XII des MfS und die Auskunftserteilung<br />
nach Überprüfungen – GVS MfS 0008 Nr. 8/81.<br />
3. Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung Nr. 2/81.<br />
Die Archivierung politisch-operativen Schriftgutes in den Abteilungen XII und die Bereitstellung<br />
von und Auskunftserteilung aus Archivmaterialen – GVS MfS 0008-8/81.<br />
Prinzipien der Speicherführung in den Abteilungen XII und der Gestaltung dazu erforderlicher<br />
Informationsprozesse – Speicherführungsprinzipien XII – GVS MfS 0021-510/83.<br />
Änderungen bzw. Ergänzungen der „Speicherführungsprinzipien XII" vom 10.01.1986.<br />
Ordnung Nr. 3/90 zur Nutzung ausgewählter Informationsspeicher des MfS durch die operativen<br />
Diensteinheiten des MfS – Speichernutzungsordnung des MfS – GVS MfS 0008-3/89.<br />
Arbeitsorganisatorische Festlegungen zur Archivordnung XII, Ministerium für Staatssicherheit,<br />
Abteilung XII [von 1989].<br />
Unterlagen des Teilbestands SED-Kreisleitung im MfS.<br />
114
Thesen<br />
1. Die Öffnung der MfS-Akten war eine vorrangig politische Entscheidung, vorbei an den für<br />
Verwaltungsschriftgut üblichen Sperrfristen und unter Modifizierung anerkannter Grundprinzipien<br />
des Datenschutzes. Die errungenen Rechte werden derzeit wieder eingeengt,<br />
und die Forschungsfreiheit nach dem archivrelevanten StUG läuft Gefahr, teilweise unter<br />
das Niveau der Archivgesetze gedrückt zu werden.<br />
2. Die BStU ist Informationsdienstleitsterin und Archivarin der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
der ehemaligen DDR. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz als archivrelevantes<br />
Recht beschränkt die archivarische Kompetenz auf ein Erfassen, Ordnen, Erschließen,<br />
Bewerten, Verwahren und Verwalten nach archivischen Grundsätzen. Die archivischen<br />
Tätigkeiten richten sich an der Aufgabenvielfalt und –breite des Archivarsberufes aus.<br />
3. Die Erschließung der BStU dient sowohl der Erledigung zeitlich befristeter Aufgaben als<br />
auch den möglichen Verwendungsinteressen späterer Generationen. Die Aufarbeitung der<br />
Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes zum Zwecke der Unterrichtung der Öffentlichkeit<br />
über dessen Strukturen, Aufgaben und Methoden steht derzeit eindeutig im Vordergrund.<br />
4. Mit dem Auslaufen zeitlich befristeter Aufgaben in den nächsten fünf Jahren werden sich<br />
die Tätigkeitsschwerpunkte der BStU weiter in Richtung der inhaltlichen Erschließung und<br />
der Auskunftserteilung an Forschungsstellen verlagern. Archivische und archivarische<br />
Fachaufgaben werden stärker in den Mittelpunkt der Tätigkeit der Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter treten. Im Interesse der inhaltlichen Erschließung und der qualifizierten Nutzerberatung<br />
wäre eine engere Verknüpfung bzw. Zusammenführung von Tätigkeiten des<br />
Auskunftsbereiches mit denen der Abteilung Archivbestände wünschenswert.<br />
6. Die BStU setzt den Erkenntnisgewinn der Archiv- und Informationswissenschaften um und<br />
nutzt als Archivarin auch dokumentarische Methoden. Die Unterlagen lassen sich ggf. mit<br />
sehr umfangreichen Enthält-Vermerken verzeichnen, und die Verzeichnung kann über die<br />
Klassifikation, die Indices und im Volltext nahezu beliebig durchsucht werden.<br />
7. Die Ausstattung der Arbeitsplätze der Behörde mit Informationstechnik entspricht dem<br />
neuesten Stand. Ein Zugriff der eigenen Forscher auf Findhilfsmittel ist technisch und datenschutzrechtlich<br />
möglich und wird vorbereitet. Dem gegenüber werden die vorhandenen<br />
Voraussetzungen und Möglichkeiten für eine Präsentation rein archivischer Information im<br />
Internet noch zu wenig genutzt. Geplante Findbuchausgaben in Papierform sind unzeitgemäß<br />
und bieten externen Nutzern keinen vollwertigen Ersatz.<br />
115
Eidesstattliche Versicherung<br />
Hiermit versichere ich, die vorliegende Diplomarbeit ausschließlich mit den angegebenen<br />
Quellen und ohne fremde Hilfe erstellt zu haben.<br />
Berlin, den 24.09.2001<br />
© 2002 Copyright beim Autor wobru@t-online.de<br />
116