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Gewerbeordnung 21 - IHK Neubrandenburg - Deutscher Industrie ...

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<strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong><br />

Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und<br />

zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts


Vorwort<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong>: schlank und effizient<br />

Die <strong>Gewerbeordnung</strong> besteht seit 1869. Lange Zeit galt sie international als vorbildliches<br />

Gesetz, als Verfassung der Gewerbetreibenden. Leider wurde sie durch zahlreiche,<br />

oft unsystematische Novellen unübersichtlich. Als besonders nachteilig hat<br />

sich erwiesen, dass über Jahrzehnte allgemeine und branchenspezifische Regelungen<br />

vermischt wurden. Viele Gewerbetreibende verstehen ihre „Verfassung“ heute nicht<br />

mehr. Ziel der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> (GewO <strong>21</strong>) ist es, die Akzeptanz der derzeitigen<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> durch Neustrukturierung und Entschlackung zu fördern und sie<br />

damit wieder zu einem vorzeigbaren Modellgesetz zu machen.<br />

Als erster Teil der Reformstufe soll der allgemeine Teil novelliert werden. Ziel dabei<br />

ist einerseits die Deregulierung, beispielsweise durch Streichen der im Zeitalter des<br />

Internets veralteten Vorschriften zum Reisegewerbe. Andererseits soll die Effizienz der<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> durch das Einbinden der Selbstverwaltung der Wirtschaft, ein zentrales<br />

internetbasiertes Gewerberegister und die Förderung des E-Government sowie<br />

schließlich die Einführung einer modernen Systematik gesteigert werden.<br />

Die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> basiert auf einem Entwurf von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Stober<br />

aus dem Jahr 2003/2004, der wiederum unter anderem auf die Reformvorschläge des<br />

damaligen DIHT aus dem Jahr 1982 zurückgeht. Die GewO <strong>21</strong> wurde von den zuständigen<br />

Gremien des D<strong>IHK</strong> überarbeitet und vom D<strong>IHK</strong>-Vorstand im November 2008<br />

einstimmig befürwortet. Sie befindet sich auf dem Stand September 2008. Zwischenzeitlich<br />

ergangene wesentliche Änderungen der <strong>Gewerbeordnung</strong> bis April 2009<br />

wurden berücksichtigt, soweit dies im Drucklegungsprozess noch möglich war.<br />

Die <strong>IHK</strong>-Organisation plädiert dafür, das Gewerberecht umfassend auf Basis der<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> zu reformieren.<br />

Berlin im Mai 2009<br />

RA Dr. Jürgen Möllering RA Dr. Mona Moraht<br />

Bereich Recht I D<strong>IHK</strong> Bereich Recht I D<strong>IHK</strong><br />

Bereichsleiter Leiterin des Referats Gewerberecht


A. Bestandsaufnahme und Kernpunkte des Diskussionsentwurfs<br />

I. Das geltende Gewerberecht stößt an seine Grenzen<br />

Die <strong>Gewerbeordnung</strong> beruht im Wesentlichen auf einem Regelungskonzept aus dem<br />

Jahre 1869 1 . Zwar avancierte die <strong>Gewerbeordnung</strong> im Deutschen Reich zum Grundgesetz<br />

des Gewerberechts. Und sie wurde zunehmend zum Referenzgebiet des werdenden<br />

Allgemeinen Verwaltungsrechts 2 . Diese Pionierrolle hat die <strong>Gewerbeordnung</strong> aber<br />

längst eingebüßt. Denn die seither erfolgten 253 Änderungen 3 hielten sich in engen<br />

innovatorischen Grenzen. Sie beschränkten sich vor allem auf<br />

· Bereinigungen,<br />

· Detailanpassungen,<br />

· Teilnovellen, 4<br />

· Titelüberarbeitungen,<br />

· Neubekanntmachungen 5 sowie die<br />

· Herausnahme von Gewerbezweigen und Gewerbeanlagen 6 .<br />

Gleichzeitig verschwanden die tragenden Leitideen immer mehr hinter der wachsenden<br />

Unübersichtlichkeit 7 und Rechtszersplitterung. Denn die alte <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

nimmt den fundamentalen Wandel der wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen,<br />

technischen, rechtlichen und verwaltungs wissenschaftlichen Rahmenbedingungen nur<br />

unzureichend wahr. So wird etwa am Beispiel der Internetversteigerung zutreffend<br />

moniert, dass das Gewerberecht an seine Grenzen stoße 8 .<br />

II. Die bisherigen Reforminitiativen waren erfolglos<br />

Deshalb verwundert es nicht, dass in jüngerer Zeit mehrere Reforminitiativen gestartet<br />

wurden. Sie firmierten unter Titeln wie<br />

· „Neufassung der <strong>Gewerbeordnung</strong> 9 “<br />

1 S. Stober, Quellen zur Geschichte des Wirtschaftsverwaltungsrechts, 1986,<br />

Nr. 38, S. 152 ff.<br />

2 Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl., Einl. Rn. 95; Sprenger-Richter, in: Robinski,<br />

Gewerberecht, 2. Aufl., S. 3 f.<br />

3 S. die Einzelnachweise bei Landmann/Rohmer, GewO Band 1, Einl. Rn. 23. (Stand: 2007)<br />

4 G. v. 24.8. 2002, BGBl. I, S. 3412.<br />

5 S. zuletzt i.d.F. v. 22.01.1999, BGBl. I, S. 203.<br />

6 S. etwa Stober, NJW 1992, <strong>21</strong>28; BR-Ds 634/97 v. 15.08.1997 und dazu das G v.<br />

16.06.1998, BGBl. I, S. 1291 ff. sowie G v. 24.08.2002, BGBl. I, S. 3412 ff. und im Anschluss<br />

daran Kahl, in. Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann (Hg.), Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz,<br />

2002, S. 67 ff., 108 f.<br />

7 S. auch H. Dreier, NVwZ 1988, 1073 ff.<br />

8 Sprenger-Richter, in: Robinski, a.a.O., o. Fn. 2, S. 8.<br />

9 BT-Ds 4491 v. 03.07.1953; s. näher Kempen, Gewerbegesetzbuch, in: Stober (Hg.), Lexikon<br />

des Rechts, Gewerberecht, 1999, S. 240 ff.; Thieme, ZRP 1970, 25 ff; Rother, GewArch<br />

1974, 357 ff.; Joly, GewArch 1975, 73 ff.; L. Müller, WiVerw 1982, <strong>21</strong>6, 223.<br />

· „Gewerberecht aus einem Guss“ 10 (Im Begründungsteil: „DIHT- Leitsätze 1981“)<br />

und<br />

· „Mehr Recht durch weniger Gesetze“ 11 (Im Begründungsteil: „DIHT 1991“).<br />

Diesen Modernisierungsvorstellungen war jedoch kein Erfolg beschieden. Dieses<br />

Schicksal ereilte auch das nach der Wende verabschiedete bemerkenswerte DDR-<br />

Gewerbegesetz, das lediglich aus 15 Paragraphen bestand 12 . Der für Weiterentwicklungen<br />

maßgebliche Bund-Länder-Ausschuss Gewerberecht hat zwar in der<br />

Vergangenheit verdienstvolle Arbeit geleistet und zahlreiche Modernisierungen und<br />

Rechtsbereinigungen angestoßen. Gegenüber Neukonzeptionen war der Ausschuss<br />

aber eher zurückhaltend. Symptomatisch ist eine Reaktion vom Oktober 1996. Damals<br />

wurde beschlossen, „die Reformvorschläge vorläufig nicht aufzugreifen und statt<br />

dessen einige besonders wichtige Punkte des Entwurfs ... umzusetzen“ 13 .<br />

Gesetzgebung, Verwaltung und Wirtschaft arrangierten sich mit dem geltenden<br />

Rechtszustand (s. aber III.) 14 . Der Gesetzgeber konzentrierte sich auf eine Reform der<br />

Handwerksordnung 15 , die aber nicht das Prädikat Verwaltungsvereinfachung verdient.<br />

Die Wirtschaftsverbände zeigten kein besonderes Interesse an einer Neuordnung. Der<br />

D<strong>IHK</strong> hat im Jahre 2000 unter der Überschrift „Novellierung der <strong>Gewerbeordnung</strong>“<br />

allerdings Vorschläge hinsichtlich des Mediums Internet unterbreitet 16 . Die wissenschaftliche<br />

Auseinandersetzung mit dem Gewerberecht tendierte gegen Null 17 . Und im<br />

Gegensatz zu vielen anderen Materien des Wirtschaftsrechts fehlte es im Gewerberecht<br />

bislang an einem prinzipiellen gemeinschaftsrechtlichen Novellierungsdruck.<br />

Allerdings wird sich dieser Zustand in Kürze grundlegend ändern. Denn am 28.12.2006<br />

ist die gewerberechtsrelevante Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im<br />

Binnenmarkt in Kraft getreten (Dienstleistungsrichtlinie – DLRL), die bis Ende 2009 in<br />

nationales Recht umzusetzen ist. Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich gegenüber<br />

dem D<strong>IHK</strong> auf einer Sitzung des D<strong>IHK</strong>-Arbeitskreises Gewerberecht am 17. Januar<br />

2007 nun auch dahingehend geäußert, dass sich eine grundlegende Überarbeitung der<br />

10 DIHT (Hg.), Gewerberecht aus einem Guss, WiVerw 1982, 189 ff. und dazu Strauch, WiVerw<br />

1982, 239 ff.<br />

11 DIHT-Vorschläge für einen neuen Teil I eines Gewerbegesetzbuches, abgedruckt in NVwZ<br />

1991, 1063 f. und dazu Sattler, GewArch 1991, 417 ff.<br />

12 G v. 06.03.1990, abgedruckt in DDR-Sartorius, Nr. 200.<br />

13 S. Fuchs/Demmer, GewArch 1997, 60 ff. Der genannte Arbeitskreis besteht aus den<br />

Gewerberechtsreferenten der Wirtschaftsministerien der Länder unter Federführung des<br />

Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi).<br />

14 S. auch Kahl, in: Hoffmann-Riem, a.a.O., S. 108.<br />

15 G v. 24.12.2003, BGBl. I S. 2934 ff.; BT-Ds 15/1206; R. Stober GewArch. 2003, 393 ff.;<br />

ders., Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, 14. Aufl. 2007, § 48; M. Müller, NVwZ<br />

2004, 403 ff.<br />

16 Schreiben des D<strong>IHK</strong> v. 15.08.2000 an das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie;<br />

s. dazu auch Graf/Paschke/Stober/ (Hg.), Das Wirtschaftsrecht vor den Herausforderungen<br />

des E-Commerce , 2001.<br />

17 Kritisch L. Müller, WiVerw 1982, <strong>21</strong>6; Peine, in: FS Rauschning 2001, 669 ff.<br />

2 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

3


A. Bestandsaufnahme und Kernpunkte des Diskussionsentwurfs<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> im Rahmen der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie (s. u. III.)<br />

anbietet.<br />

III. Die <strong>Gewerbeordnung</strong> unter dem Druck der EG-Dienstleistungsrichtlinie<br />

und des Bürokratieabbaus<br />

Die DLRL enthält ausweislich ihres Art. 1 Absatz 1 allgemeine Bestimmungen,<br />

die bei gleichzeitiger Gewährleistung einer hohen Qualität der Dienstleistungen<br />

die Wahrnehmung der Niederlassungsfreiheit durch Dienstleistungserbringer<br />

sowie den freien Dienstleistungsverkehr erleichtern sollen. Die Richtlinie<br />

ist für das deutsche Verwaltungsrecht und insbesondere für das Gewerberecht<br />

von richtungsweisender Bedeutung. Anlehnend an die Umsetzung der Versicherungsvermittlerrichtlinie<br />

2002/92/EG, werden im Rahmen der Umsetzung<br />

der DLRL in der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong>, auch die anderen Vertragsstaaten des<br />

Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums erfasst.<br />

Insoweit sind die wesentlichen „Schlaglichter“ der Dienstleistungsrichtlinie bei<br />

der Erstellung und Aktualisierung der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> berücksichtigt worden.<br />

Dabei ist allerdings zu beachten, dass nicht alle Richtlinienvorschriften<br />

für die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> von Relevanz sind. Denn zahlreiche Vorschriften der<br />

Richtlinie zielen auf eine Überprüfung verwaltungsverfahrensrechtlicher Regelungen,<br />

die sich im Wesentlichen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen befinden.<br />

Im Überblick sind folgende Vorgaben der Richtlinie in die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> eingeflossen:<br />

1. Gedanke der Verwaltungsvereinfachung<br />

Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren<br />

und Formalitäten bei der Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit<br />

(Art. 5 Absatz 1 DLRL). Dieser Grundsatz wurde in der <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

<strong>21</strong> durchgängig berücksichtigt. Dies gilt etwa für die obligatorische Einführung der<br />

elektronischen Verfahrensabwicklung (s. Art. 8 Absatz 1 DLRL).<br />

Die Mitgliedstaaten müssen darüber hinaus allgemeine Ansprechpartner einrichten, die<br />

als Mittler zwischen Behörden und Dienstleistungserbringern und als Anlaufstelle zur<br />

Verfügung stehen, über die mithin alle Verfahren und Formalitäten abgewickelt werden<br />

können. Sie sind außerdem mit Informationsaufgaben gegenüber Dienstleistungserbringern<br />

und -empfängern zu betrauen (Art. 6 ff. DLRL). Gerade die <strong>Industrie</strong>- und<br />

Handelskammern kommen als zuständige Stellen neben weiteren Kammern in Betracht.<br />

Denn die <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern sind für diese Aufgabe aufgrund ihres<br />

allgemeinen Wirtschaftsförderungsauftrages (§ 1 Absatz 1 <strong>IHK</strong>G), wegen des flächendeckenden<br />

Kammernetzwerkes, wegen ihrer Objektivitäts-, Sachlichkeits- und Neutralitätspflicht,<br />

sowie nicht zuletzt aufgrund ihrer Stellung als Mittler zwischen Staat<br />

und Wirtschaft besonders prädestiniert 18 . Systematisch bietet es sich allerdings an, die<br />

entsprechenden Normen zu diesem verfahrensrechtlichen Themenkomplex in den Verwaltungsverfahrensgesetzen<br />

zu fixieren. Auch der allgemeine Informationsanspruch,<br />

der über rein gewerberechtliche Inhalte hinausgeht, sollte in übergeordneten Gesetzen,<br />

etwa in den allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen, festgeschrieben werden.<br />

2. Niederlassungsfreiheit der Dienstleistungserbringer<br />

Darüber hinaus soll der Niederlassungsfreiheit der Dienstleistungserbringer zu größerer<br />

Wirksamkeit verholfen werden. Hier sind die mitgliedstaatlichen Genehmigungserfordernisse<br />

als solche im Hinblick auf ihre Rechtfertigung (Art. 9 DLRL) sowie die<br />

einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen eingehend zu überprüfen (Art. 10 ff., 14 ff.<br />

DLRL) 19 . Diese Regelungen betreffen zwar im Wesentlichen den Besonderen Teil der<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong>, in dem die Zulassungsvorschriften im Einzelnen zu regeln sind, d.h.<br />

sie zielen nicht auf die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> als „Allgemeinem Teil“ des Gewerberechts<br />

(s. dazu VI.). Gleichwohl enthält die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> allgemeine Vorschriften für<br />

die Zulassung. Insoweit konnten hier bereits Regelungen der Dienstleistungsrichtlinie<br />

u.a. zur Vermeidung einer Doppelprüfung von Genehmigungsvoraussetzungen (Art.<br />

10 Absatz 3 DLRL) und zur räumlichen Geltung (Art. 10 Absatz 4 DLRL) sowie zur<br />

Geltungsdauer der Genehmigung (Art. 11 DLRL) berücksichtigt werden.<br />

Die Anforderungen der Richtlinie sind im Hinblick auf die Genehmigungsverfahrensregeln<br />

(Art. 13 DLRL) in erster Linie zwar mit den Regelungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen<br />

abzugleichen. Soweit allerdings auch die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> fachspezifische<br />

verfahrensrechtliche Vorschriften beinhaltet, konnten einige Anforderungen<br />

bzw. Ideen implementiert werden (Fristen, Genehmigungsfiktion, Informationsaufgaben<br />

der Behörden, Art. 13 Absatz 3 bis 7 DLRL).<br />

3. Dienstleistungsfreiheit der Dienstleistungserbringer<br />

Die Richtlinie enthält darüber hinaus auch Vorschriften im Hinblick auf eine nur<br />

vorübergehende Dienstleistungstätigkeit von EU-ausländischen Unternehmen. Dazu<br />

zählt vor allem das Verbot eines Genehmigungserfordernisses (Art. 16 Absatz 2 lit.<br />

b DLRL). Da der Begriff der „nur vorübergehenden Dienstleistung“ durch den Europäischen<br />

Gerichtshof europarechtlich weit gefasst wird und auch deren „mehr oder<br />

weniger häufige oder regelmäßige Erbringung“ einschließen kann 20 , mithin Tätigkeiten<br />

im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit auch dem deutschen Gewerbebegriff unterliegen<br />

können, gilt – soweit ein „Gewerbe“ vorliegt – auch die GewO <strong>21</strong>, hier aber mit<br />

zahlreichen Ausnahmen (s. § 4 Absatz 2 S. 1 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong>).<br />

18 Eisenmenger, <strong>IHK</strong>s als einheitliche Ansprechpartner im Sinne der Dienstleistungsrichtlinie,<br />

in: Graf/Paschke/Stober (Hrsg.), Strategische Perspektiven des Kammerrechts, 2007, S. 101,<br />

111 ff.<br />

19 S. dazu Ziekow, GewArch 2007, <strong>21</strong>7, <strong>21</strong>8 und 223.<br />

20 EuGH, Rs. Schnitzer, GewArch 2004, 62 f.<br />

4 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

5


A. Bestandsaufnahme und Kernpunkte des Diskussionsentwurfs<br />

4. Sonstige Vorschriften<br />

Im Übrigen sind zahlreiche Richtlinienvorschriften zur Qualität der Dienstleistungen<br />

(Art. 22 f. DLRL) – soweit sachlich erforderlich und mit dem jeweiligen Regelungszusammenhang<br />

des Allgemeinen Teils der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> kompatibel – berücksichtigt<br />

worden. Die Vorgaben zur Verwaltungszusammenarbeit (Art. 28 ff. DLRL) sind<br />

unter systematischen Gesichtspunkten im Wesentlichen in den allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen<br />

zu fixieren, konnten teilweise aber auch in die <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

<strong>21</strong> integriert werden.<br />

IV. Nationale Perspektive<br />

Aber auch aus nationaler Perspektive besteht aufgrund der Föderalismusreform 2006<br />

gewerberechtsspezifischer Neuregelungsbedarf. Denn die bislang dem Bundesgesetzgeber<br />

zustehenden gewerbeordnungsbezogenen Materien der Gaststätten, der Spiel<br />

hallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte,<br />

fallen nunmehr in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (Art. 74 Absatz 1 Nr. 11 GG).<br />

Langfristig muss diese neue verfassungsrechtliche Kompetenzverlagerung auch im<br />

Rahmen des Bundesrechts, insbesondere in der <strong>Gewerbeordnung</strong>, Berücksichtigung<br />

finden. Die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> greift die neuen verfassungsrechtlichen Anforderungen<br />

auf und setzt sie um.<br />

V. Zur Kodifikation des Gewerberechts<br />

Unabhängig von dieser aktuellen europa- und verfassungsrechtlichen Entwicklung hat<br />

sich auch bei Gewerberechtsexperten immer mehr folgende Erkenntnis durchgesetzt:<br />

„...der schiere Umfang des deutschen Normbestandes mit seinem im Laufe der Jahre<br />

gewachsenen Verfeinerungen erschwert selbst Fachleuten den Durchblick, ganz zu<br />

schweigen von den betroffenen Bürgern oder den mit dem Wirtschaftsrecht vor allem<br />

angesprochenen Unternehmen. Die Kompliziertheit des deutschen Rechts erweist sich<br />

zunehmend als schwerwiegendes Hindernis für die unter beschäftigungspolitischen<br />

Aspekten notwendigen Neugründungen. Insbesondere das Wirtschafts- und Steuerrecht<br />

ist nur noch für etablierte Firmen handhabbar und kann in seinen Feinheiten<br />

fast ausschließlich nicht ohne (kostenträchtige) Rechtsberatung genutzt werden“ <strong>21</strong> .<br />

Gleichzeitig erlebt die Idee einer Vereinheitlichung und Vereinfachung von Rechtsgebieten<br />

in Deutschland gegenwärtig eine Renaissance. Das zeigen die Kodifikationsbeispiele<br />

· Baugesetzbuch<br />

· Sozialgesetzbuch und<br />

· Zollkodex.<br />

<strong>21</strong> Schönleiter/Viethen, GewArch 2003, 129.<br />

Dafür spricht insbesondere das Bedürfnis nach Deregulierung und Entbürokratisierung,<br />

nach mehr Rechtsklarheit und Wirtschaftsnähe 22 . Allerdings gibt es auch wichtige<br />

Gegenbeispiele. Man denke nur an die bislang nicht realisierten Projekte<br />

· Umweltgesetzbuch,<br />

· Steuergesetzbuch und<br />

· Arbeitsgesetzbuch, dessen Kernelemente systemwidrig in der <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

versteckt wurden (§ 6 Absatz 2 GewO 23 ).<br />

Zwar belegt ein Blick nach Österreich 24 und nach Mitteleuropa 25 , dass materielle<br />

Gewerberechtskodifikationen möglich sind. Es ist aber zweifelhaft, ob ein derartiges<br />

Vorhaben auch in Deutschland durchgesetzt werden kann. Immerhin hat der damalige<br />

DIHT – nunmehr D<strong>IHK</strong> – schon bei der Vorstellung seiner Leitsätze im Jahre<br />

1981 eingeräumt, dass sich die angestrebte Gewerberechtsreform nicht auf einmal<br />

verwirklichen lasse. Sie müsse vielmehr in mehreren Abschnitten erfolgen. 26 An dieser<br />

Einschätzung hat sich nichts geändert. Das Hauptproblem einer umfassenden Gewerberechtskodifikation<br />

besteht darin, dass sich viele Gewerberechtszweige inzwischen<br />

verselbständigt haben. Die Spezialisierung ist soweit fortgeschritten, dass mit erheblichen<br />

Integrationswiderständen der Betroffenen zu rechnen ist. 27<br />

VI. Die Kodifikation des Allgemeinen Teiles als erste Reformstufe<br />

Vor diesem rechtstatsächlichen, rechtspolitischen, europa- und verfassungsrechtlichen<br />

Hintergrund, konzentriert sich der Entwurf der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> auf die erste<br />

Reformstufe. Er zielt auf eine Erneuerung der <strong>Gewerbeordnung</strong>, die wieder in ihren<br />

ursprünglichen Bedeutungsrang eingesetzt werden soll. Dabei soll die <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

<strong>21</strong> als Allgemeiner Teil den Rahmen für das gesamte Gewerberecht abstecken<br />

und eine ordnungspolitische Richtschnur für ein modernes, schlankes und effizientes<br />

Gewerberecht des <strong>21</strong>. Jahrhunderts liefern 28 . Diese Generalisierungs konzeption lässt<br />

gewerberechtliche Sondergesetze prinzipiell unberührt und zielt letztlich auf die<br />

Schaffung eines oder mehrerer ergänzenden/r Besonderen/r Teils/e in einer weiteren<br />

Stufe, in der auch die einzelnen Zulassungstatbestände mit weiteren Einzelheiten<br />

festgelegt werden. Aufgrund dieser aus sich selbst heraus transparenten Systematik,<br />

22 S. näher Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, 15. Aufl., § 3 III 2; Peine, a.a.O.,<br />

oben Fn. 16, S. 669, 677; Kahl, in: Hoffmann-Riem, a.a.O., S. 108.<br />

23 S. näher Bär, NWB 4/2003, S. <strong>21</strong>9 ff.<br />

24 Oberndorfer, GewArch 1974, 319; M. Benda, Gewerberecht und Kodifikation, 1999, S. 38<br />

ff.; Peine, a.a.O., oben Fn. 16, S. 669 ff.<br />

25 S. etwa das tschechische und kroatische Gewerbegesetz sowie das polnische Gesetz über<br />

die Wirtschaftstätigkeit; abgedruckt in: Breidenbach (Hg.), Handbuch Wirtschaft und<br />

Recht in Osteuropa, Loseblattsammlung.<br />

26 DIHT (Hg.), Gewerberecht aus einem Guss, WiVerw 1982, 190.<br />

27 S. auch L. Müller, WiVerw 1982, <strong>21</strong>6, 228; Kempen, a.a.O., o. Fn. 9, S. 242 m.w.N.<br />

28 Ähnlich M. Benda, a.a.O., o. Fn. <strong>21</strong>, S. 191 f.<br />

6 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

7


A. Bestandsaufnahme und Kernpunkte des Diskussionsentwurfs<br />

ist im Rahmen des Allgemeinen Teils kein besonderer Verweis auf die Sondergesetze<br />

notwendig. Die nachfolgend präsentierte Neuordnung beschränkt sich auf gewerberelevante<br />

Sektoren. Sie klammert deshalb sachfremde Materien wie etwa die vollzogene<br />

und abzulehnende Implantierung allgemeiner arbeitsrechtlicher Grundsätze<br />

in die <strong>Gewerbeordnung</strong> aus 29 . Dabei handelt es sich nämlich rechtssystematisch um<br />

einen Regelungsrückschritt, weil das Arbeitszeit- und das Arbeitsschutzrecht aus der<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> entfernt wurden 30 .<br />

Konzeptionell versucht der Entwurf, bewährte klassische Elemente mit neuen Regelungsbedürfnissen<br />

unter Berücksichtigung vorhandener Novellierungsbestrebungen<br />

zu harmonisieren. Staatswissenschaftlich greift er insbesondere die Vorstellungen des<br />

präventiven und kooperativen, des gewährleistenden und vergemeinschafteten, des<br />

verfahrensgeleiteten und verwaltungselektronisierten 31 , des technisierten und ökonomisierten<br />

Staates auf. Rechtlich setzt er die Anforderungen der Dienstleistungsrichtlinie<br />

um und entspricht der neueren Verfassungsrechtslage.<br />

Für den Zeitraum nach Inkrafttreten des Allgemeinen Teils bis zum Wirksamwerden<br />

eines oder mehrerer Besonderer(n) Teils/e der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong>, müsste im Wege<br />

von Übergangsregelungen festgelegt werden, welche bestehenden und auf einzelne<br />

Gewerbe bezogenen speziellen Vorschriften – insbesondere Zulassungsvorschriften<br />

– weiterhin ergänzend gelten sollen. Denn der Allgemeine Teil knüpft an die spezialgesetzlich<br />

normierten Zulassungspflichten an. In den Übergangsvorschriften müsste also<br />

fixiert werden, welche Vorschriften der aktuell geltenden <strong>Gewerbeordnung</strong>, des Personenbeförderungsgesetzes<br />

usw. weiterhin Anwendung finden und welche Vorschriften<br />

außer Kraft treten können, weil sie Gegenstand des Allgemeinen Teils der GewO <strong>21</strong><br />

sind. In dieser Übergangsphase könnte dann ein oder mehrere Besondere(r) Teil(e) konzipiert<br />

werden, der bzw. die auch den Vorschriften der Dienstleistungsrichtlinie gerecht<br />

würde(n). Zu berücksichtigen ist im Rahmen der besonderen und auf bestimmte Gewerbe<br />

bezogenen Vorschriften dann auch die Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/<br />

EG in der aktuellen Fassung, die spezielle Anforderungen für berufliche Tätigkeiten mit<br />

Befähigungsnachweis stellt (Art. 3 Abs. 1 lit. a, b, Art. 11 lit. a der Richtlinie).<br />

29 S. Gesetz v. 24.08.2002, BGBl. I, S. 3412 ff.; BT-Drs. 14/8796 und dazu Bauer/Opolony, BB<br />

2002, 1590 ff.; Bär, NWB 4/2003, S. <strong>21</strong>9 ff.; Schönleiter/Viethen, GewArch 2003, 129 ff.<br />

sowie aus historischer Perspektive Thieme, ZRP 1970, 25 ff.; L. Müller, WiVerw 1982, <strong>21</strong>6,<br />

226.<br />

30 S. auch Schönleiter/Viethen, GewArch 2003, 129, 130.<br />

31 Gesetz v. <strong>21</strong>.08.2002, BGBl. I, S. 3322 ff. und dazu Schmitz, NVwZ 2002, 1281 ff.; Schlatmann,<br />

LKV 2002, 489 ff.<br />

VII. Deregulierung als Leitbild<br />

Besonders zu betonen ist der Deregulierungsgedanke der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong>.<br />

Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung ist die Abschaffung der Regelungen zum<br />

Reisegewerbe. Die heute nicht mehr zeitgemäßen Vorschriften können aufgrund des<br />

ausreichenden zivilrechtlichen Verbraucherschutzes aufgehoben werden. Die <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

wird damit um 17 Paragrafen entlastet. Im Standardkommentar zur<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> von Landmann / Rohmer können rund 200 Seiten entfallen.<br />

Die Vorschriften des Titels IV („Messen, Ausstellungen, Märkte“), die bislang 15 Paragrafen<br />

beinhalteten, entfallen im Allgemeinen Teil der <strong>Gewerbeordnung</strong> aufgrund der<br />

verfassungsrechtlichen Kompetenzverlagerung auf die Bundesländer.<br />

Die Vorschrift zur öffentlichen Bestellung von Sachverständigen (§ 36 GewO) soll in<br />

einen Besonderen Teil integriert werden, weil es sich um eine Spezialregelung für<br />

bestimmte, besonders qualifizierte Personenkreise handelt.<br />

Darüber hinaus werden die umfangreichen Vorschriften zum gewerberechtlichen<br />

Datenschutz ausgegliedert (§§ 11, 14 Absatz 5 ff. GewO). Die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong><br />

beinhaltet nunmehr eine Ermächtigungsgrundlage für die Bundesregierung, die<br />

konkretisierenden Details in einer Rechtsverordnung zu regeln (§ 9 des Entwurfs). Im<br />

Übrigen kann der Verordnungsgeber wesentlich flexibler auf Neuregelungsbedürfnisse<br />

reagieren als der Gesetzgeber.<br />

Von den 38 Paragrafen der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> beziehen sich 13 (§§ 14 bis 26) auf<br />

gemeinsame Verfahrensregeln für die zulassungspflichtigen Gewerbe. Deren Anteil an<br />

den Gewerbeanmeldungen liegt z.B. in Hamburg bei ca. 10 %, was bundesweit ähnlich<br />

sein dürfte. Für ca. 90% aller Gewerbetreibenden reduziert sich damit der relevante<br />

Inhalt der GewO <strong>21</strong> im Wesentlichen auf 24 Paragrafen.<br />

VIII. Effiziente Verwaltungsstrukturen<br />

Neben dem Deregulierungsgedanken wurde auch unter Berücksichtigung der Dienstleistungsrichtlinie<br />

sowie der kompetenzrechtlichen Ausgangslage (Art. 84 GG),<br />

besonderer Wert auf die Einführung effizienter Verwaltungsstrukturen gelegt (s.<br />

auch o. III. 1.). Dazu zählen die an der Generalnorm des § 3a VwVfG anknüpfenden<br />

Instrumente des Electronic Government (vgl. z.B. § 26 des Entwurfs). Hierhin gehört<br />

auch der Vorschlag eines zentralen – internetbasierten – Gewerberegisters, in das die<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden die ihnen zur Verfügung stehenden Registerdaten mithilfe<br />

eines Internetportals regelmäßig einstellen, und das an das bereits bestehende Unternehmensregister<br />

im Sinne des § 8 b HGB angedockt werden kann. Die Abfrage erfolgt<br />

durch Interessierte ohne besondere Zugangsbarrieren via Internet (§ 13 Absatz 3).<br />

Insoweit trägt die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> auch dem u.a. durch das sog. Zweite Mittelstandsentlastungsgesetz<br />

novellierten § 14 GewO Rechnung, nach dessen Absatz 6<br />

8 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

9


A. Bestandsaufnahme und Kernpunkte des Diskussionsentwurfs<br />

Satz 2 der Name, die betriebliche Anschrift und die angezeigte Tätigkeit des Gewerbetreibenden<br />

öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen (s. BGBl. 2007, Teil I, Nr. 47,<br />

S. 2245 ff.).<br />

Ein Mehr an Effizienz wird auch dadurch gewährleistet, dass die Länder den <strong>Industrie</strong>-<br />

und Handelskammern und den Handwerkskammern gewerberechtliche Aufgaben<br />

übertragen können (vgl. § 38 Absatz 2). Mit der Einbindung der Kammern wird die<br />

unmittelbare Staatsverwaltung erheblich entlastet. Der Effizienzgewinn wird dadurch<br />

maximiert, dass durch das hier vorgesehene Modell einer Aufgabenübertragung in<br />

die klassische funktionale Selbstverwaltung lediglich eine Rechtsaufsicht beim Staat<br />

verbleibt. Damit kann auf den Aufbau von fachlichen Parallelstrukturen bei den staatlichen<br />

Behörden zur operativen Überwachung der Selbstverwaltungsträger verzichtet<br />

werden.<br />

Darüber hinaus können die zuständigen Behörden bzw. Kammern Private insbesondere<br />

mit den Aufgaben des Zulassungsverfahrens betrauen (§ 16 Absatz 3 des Entwurfs).<br />

Der Entwurf bezieht damit auch den Gedanken der Privatisierung ein.<br />

Weiterhin wird das Konzentrationsprinzip in der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> angewendet (§<br />

16 Absatz 1). Es handelt sich um ein Instrument der Verwaltungsvereinfachung, das<br />

in modernen <strong>Gewerbeordnung</strong>en nicht fehlen darf (s. auch den Grundgedanken des §<br />

356 b Öster. GewO). Da die Gewerbezulassung nach der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> andere<br />

ordnungsrechtliche Entscheidungen einschließt, geht das Konzept sogar über die<br />

Anforderungen der Dienstleistungsrichtlinie hinaus.<br />

Installiert wurden schließlich die verfahrensrechtlichen Instrumente Teilzulassung,<br />

Vorbescheid, vorläufige Zulassung und Zulassungszusage. Denn es handelt sich um<br />

Rechtsinstrumente, die darauf zielen, die Gewerbeaufnahme rechtzeitig zu ermöglichen<br />

oder/und Rechtssicherheit in angemessener Zeit zu schaffen. Auch wenn<br />

Teilzulassung, Vorbescheid und vorläufige Zulassung prinzipiell auch ohne ausdrückliche<br />

Ermächtigung zulässig sind, 32 empfiehlt sich eine Normierung der Instrumente mit<br />

klaren Voraussetzungen und Kriterien, an die sich die Behörde – u.a. auch im Interesse<br />

des Gewerbetreibenden – zu halten hat. Insoweit sind diese Instrumente auch derzeit<br />

spezialgesetzlich – etwa im Bundesimmissionsschutzgesetz – geregelt. Der Umfang<br />

der Vorschriften hält sich demgegenüber auf vertretbarem Niveau.<br />

32 S. dazu Pünder, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, S. 437 f.<br />

IX. Synoptische Hinweise zur bisherigen <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

Die geltenden Paragrafen der <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> ersetzen die Allgemeinen Bestimmungen<br />

und die Allgemeinen Erfordernisse im Hinblick auf das stehende Gewerbe der<br />

geltenden <strong>Gewerbeordnung</strong> (§§ 1-15 GewO) sowie § 29 GewO (Auskunft und Nachschau),<br />

§ 35 (Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit), § 42 (Gewerbliche Niederlassung),<br />

§ 45 (Stellvertretung), § 46 (Fortführung des Gewerbes), § 49 (Erlöschen<br />

von Erlaubnissen), § 144 Absatz 1 Nr. 2, Absatz 4 (teilweise), § 146 Absatz 1 Nr. 1 a<br />

und b, Absatz 2 Nr. 1, 4, Absatz 3, §§ 147 a, b, 148 b (Straf- und Bußgeldvorschriften)<br />

und § 155 (Landesrecht, Zuständigkeiten). Die Regelungsinhalte dieser Normen werden<br />

systematisiert und modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen<br />

Bedürfnissen angepasst.<br />

Ersatzlos gestrichen werden die folgenden Vorschriften : § 38 GewO (Überwachungsbedürftige<br />

Gewerbe), §§ 55-61a („Reisegewerbe“) sowie §§ 47, 48, 51, 52 und 145,<br />

§ 146 Absatz 1 Nr. 1a und Nr. 2 GewO.<br />

Folgende Normenkomplexe wurden in den Entwurf nicht eingearbeitet, weil sie zum<br />

Teil in einem Besonderen Teil oder teilweise im Landesrecht zu regeln sind: §§ 30-<br />

34e einschließlich § 11a und § 156 GewO (Genehmigungspflichtige Gewerbe), § 36<br />

(Öffentliche Bestellung von Sachverständigen), §§ 64-71b (Messen, Ausstellungen,<br />

Märkte) § 144 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2-4, § 146 Absatz 2 Nr. 5-12, §§ 147 und 148a<br />

(besondere Straf- und Bußgeldvorschriften). Die Vorschriften zur Beschäftigung von<br />

Arbeitnehmern (§§ 41, 105-110 GewO) sind in arbeitsrechtlichen Spezialgesetzen<br />

zu integrieren. Ähnliches gilt für die Vorschriften zur Führung des Baumeistertitels<br />

(§ 133 GewO) sowie zur Gewerbeaufsichtsbehörde (§ 139 b GewO).<br />

Ausgegliedert wurden auch die umfangreichen Vorschriften zum Gewerbezentralregister<br />

(§§ 149-153 b, s. auch § 155 a GewO). Dieses Register wird gem. § 149 Absatz 1<br />

GewO vom Bundesamt für Justiz geführt, das auch für das Bundeszentralregister<br />

zuständig ist. Insoweit ist es sinnvoll, diese Vorschriften in das Bundeszentralregistergesetz<br />

(BZRG) zu integrieren. Die Stellung des BZRG als „Registergesetz“ würde<br />

gestärkt und der Allgemeine Teil der <strong>Gewerbeordnung</strong> um umfangreiche und für die<br />

Gewerbeaufnahme sowie –ausübung nur mittelbar relevante Vorschriften entlastet.<br />

Die <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> ist vor diesem Hintergrund kein Novellierungsansatz, der sich<br />

auf einzelne Normen beschränkt. Es handelt sich vielmehr um einen grundlegenden,<br />

systematischen Neuregelungsvorschlag<br />

10 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

11


A. Bestandsaufnahme und Kernpunkte des Diskussionsentwurfs<br />

X. Entwurfsgenese<br />

Der hier vorliegende Entwurf basiert in wesentlichen Teilen auf einer von Prof. Dr.<br />

Dr. h.c. mult. Rolf Stober, Universität Hamburg, konzipierten Ausgangsfassung, die<br />

Gegenstand des 6. Hamburger Wirtschaftsrechtstages am 16.06.2003 mit dem Thema<br />

„Gewerberecht im Umbruch“ 33 war und Anfang 2004 in einem Arbeitskreis aus den<br />

Referenten dieses Wirtschaftsrechtstages und Gewerberechtsexperten der <strong>Industrie</strong>-<br />

und Handelskammern detailliert diskutiert wurde. Fortentwickelt wurde das Werk<br />

durch die <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern und den Deutschen <strong>Industrie</strong>- und Handelskammertag,<br />

insbesondere durch dessen Arbeitskreis Gewerberecht unter der Leitung<br />

von Dr. jur. Mona Moraht und unter Federführung der Handelskammer Hamburg,<br />

Herrn Geschäftsführer Christian Graf, in Kooperation mit Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Rolf<br />

Stober. Die vorliegende Fassung vom September 2008 wurde mit wissenschaftlicher<br />

Begleitung von Dr. jur. Sven Eisenmenger erarbeitet. Sie wurde vom D<strong>IHK</strong>-Vorstand im<br />

November 2008 beschlossen. Zwischenzeitlich ergangene wesentliche Änderungen der<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> bis April 2009 wurden berücksichtigt, soweit dies im Drucklegungsprozess<br />

noch möglich war.<br />

33 S. Graf/Paschke/Stober (Hg.), Gewerberecht im Umbruch, 2004 sowie Stober, NVwZ 2003,<br />

1349 ff.; s. ferner den Bericht von Eisenmenger/Nünke, NVwZ 2003, 1222 f. und Ernst/<br />

Geissen, NVwZ 2003, 1223 ff.<br />

12 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

13


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

Inhaltsübersicht<br />

Titel I Allgemeine Bestimmungen<br />

Titel II Gewerbeüberwachung<br />

1. Kapitel Gewerbeanzeigepflicht und Gewerbeanzeigeverfahren<br />

2. Kapitel Gewerbezulassungspflicht und Gewerbezulassungsverfahren<br />

3. Kapitel Gewerbeuntersagung<br />

4. Kapitel Allgemeine Gewerbeüberwachungsmaßnahmen<br />

Titel III Straf- und Bußgeldvorschriften<br />

Titel IV Zuständigkeiten und Übertragung von Aufgaben auf die<br />

<strong>Industrie</strong>- und Handelskammern sowie Handwerkskammern<br />

Titel I Allgemeine Bestimmungen<br />

§ 1 Grundsatz der Gewerbefreiheit<br />

§ 2 Begriffsbestimmungen<br />

§ 3 Sachlicher Anwendungsbereich<br />

§ 4 Persönlicher Anwendungsbereich<br />

§ 5 Gewerbliche Niederlassung<br />

§ 6 Stellvertretung<br />

§ 7 Fortführung des Gewerbes bei Tod und Insolvenz<br />

§ 8 Gewerbeinformationspflichten im geschäftlichen Verkehr<br />

§ 9 Gewerberechtlicher Datenschutz<br />

§ 10 Experimentierklausel<br />

Titel II Gewerbeüberwachung<br />

1. Kapitel Gewerbeanzeigepflicht und Gewerbeanzeigeverfahren<br />

§ 11 Gewerbeanzeigepflicht<br />

§ 12 Gewerbeanzeigeverfahren und Gewerbekarte<br />

§ 13 Elektronisches Gewerberegister und zentrales Unternehmensregister<br />

2. Kapitel Gewerbezulassungspflicht und Gewerbezulassungsverfahren<br />

§ 14 Gewerbezulassungspflicht<br />

§ 15 Gewerbezulassungsantrag und Entscheidungsfrist<br />

§ 16 Konzentrationsprinzip und Verfahrensprivatisierung<br />

§ 17 Zulassungsanspruch und Zulassungsbescheid<br />

§ 18 Teilzulassung und Vorbescheid<br />

§ 19 Vorläufige Zulassung und Zulassungszusage<br />

§ 20 Nebenbestimmungen zur Zulassung<br />

§ <strong>21</strong> Änderung zulassungsbedürftiger Gewerbe- und Gewerbeanlagen<br />

§ 22 Nachträgliche Anordnungen<br />

§ 23 Erlöschen der Zulassung<br />

§ 24 Widerruf und Rücknahme der Zulassung<br />

§ 25 Betrieb ohne Zulassung; Verstoß gegen Auflagen,<br />

nachträgliche Anordnungen oder Pflichten<br />

§ 26 Schriftform und elektronisches Verwaltungshandeln<br />

3. Kapitel Gewerbeuntersagung<br />

§ 27 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit<br />

§ 28 Gewerbeuntersagungsverfahren<br />

§ 29 Gewerbeuntersagungsverfahren und Insolvenzverfahren<br />

§ 30 Gewerbefortführung durch Vertreter und Wiedergestattung<br />

4. Kapitel Allgemeine Gewerbeüberwachungsmaßnahmen<br />

§ 31 Auskunft, Nachschau und Probenahme<br />

§ 32 Vorlage der Gewerbekarte<br />

§ 33 Überwachungserleichterungen für auditierte Gewerbebetriebsstandorte<br />

§ 34 Selbstverpflichtungen<br />

Titel III Straf- und Bußgeldvorschriften<br />

§ 35 Verletzung von Vorschriften der <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

§ 36 Verbote<br />

§ 37 Strafbare Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften<br />

Titel IV Zuständigkeiten und Übertragung von Aufgaben auf die<br />

<strong>Industrie</strong>- und Handelskammern sowie Handwerkskammern<br />

§ 38 Zuständigkeiten und Übertragung von Aufgaben auf die <strong>Industrie</strong>- und<br />

Handelskammern<br />

14 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

15


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

Gesetzestext<br />

Titel I Allgemeine Bestimmungen<br />

§ 1 Grundsatz der Gewerbefreiheit<br />

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, die durch das Grundgesetz für die Bundesrepublik<br />

Deutschland geschützte Gewerbefreiheit zu gewährleisten. Der Betrieb eines Gewerbes<br />

ist jedermann gestattet.<br />

(2) Ausnahmen oder Beschränkungen erfolgen durch oder aufgrund eines Gesetzes und<br />

können nur durch wichtige Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt werden.<br />

§ 2 Begriffsbestimmungen<br />

(1) Gewerbe ist jede gesetzlich nicht verbotene, auf Gewinnerzielung gerichtete,<br />

selbstständige und fortge setzt ausgeübte Tätigkeit. Gewinnerzielung ist jeder wirtschaftliche<br />

Vorteil, der für die Tätigkeit erlangt oder er strebt wird. Fortgesetzt ist<br />

jede ununterbrochene oder planmäßig wiederholte Tätigkeit; eine einmalige Tätigkeit<br />

gilt ausnahmsweise dann als fortgesetzt, wenn es sich um einen Einzelakt größeren<br />

Umfangs handelt.<br />

(2) Gewerbetreibender ist jede natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft,<br />

die in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit handelt.<br />

(3) <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde ist jede Stelle, die nach Landesrecht Aufgaben der<br />

Gewerbeverwaltung und insbesondere der Gewerbeüberwachung wahrnimmt.<br />

(4) Gewerbeaufsicht ist die Stelle, die nach Landesrecht Aufgaben in den Bereichen<br />

Arbeits- und Umweltschutz sowie Produktsicherheit wahrnimmt.<br />

(5) Gewerbezulassung ist jede Erlaubnis, Genehmigung, Konzession, Lizenz, Bewilligung<br />

oder sonstige Regelung des Gewerbezugangs, welche die Erfüllung bestimmter<br />

subjektiver oder objektiver Voraussetzungen verlangt.<br />

(6) Stellvertreter ist, wer ein Gewerbe in fremdem Namen und für Rechnung des<br />

Gewerbetreibenden, im übrigen aber selbstverantwortlich, ausübt.<br />

(7) Zuverlässigkeit ist gegeben, wenn der Gewerbetreibende, seine gesetzlichen<br />

Vertreter und die mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Personen die<br />

Gewähr dafür bieten, dass der Gewerbebetrieb den gesetzlichen Bestimmungen<br />

entsprechend geführt wird und die Allgemeinheit bei dem Betrieb vor Schäden und<br />

Gefahren bewahrt bleibt. Die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden wird vermutet,<br />

solange der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde keine gegenteiligen Hinweise bekannt sind.<br />

(8) Fachliche Eignung ist gegeben, wenn der Gewerbetreibende, seine gesetzlichen<br />

Vertreter oder die mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Personen über<br />

die zur Führung des Gewerbebetriebes erforderlichen Sach- und Fachkenntnisse verfügen.<br />

Die erforderliche fachliche Eignung kann durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes<br />

konkretisiert werden.<br />

(9) Betriebsstätten sind mobile oder ortsfeste Anlagen und Einrichtungen einschließlich<br />

Automaten, die der Ausübung des Gewerbes dienen.<br />

(10) Automaten sind Waren-, Leistungs- und Unterhaltungsautomaten jeder Art.<br />

§ 3 Sachlicher Anwendungsbereich<br />

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für sämtliche Gewerbe, soweit nicht<br />

gemeinschaftsrechtliche, bundesrechtliche oder landesrechtliche Spezialregelungen<br />

Abweichendes regeln.<br />

(2) Die <strong>Gewerbeordnung</strong> ist nicht anzuwenden auf die Urproduktion im Sinne des<br />

Art. 32 EG-Vertrag mit Ausnahme der gewerbemäßigen Produktion von Gütern und<br />

Dienst leistungen, auf die Verwaltung eigenen Vermögens und auf freiberufliche Tätigkeiten<br />

im Sinne des § 18 des Einkommensteuergesetzes.<br />

§ 4 Persönlicher Anwendungsbereich<br />

(1) Das Gesetz erfasst inländische Gewerbetreibende und ausländische Gewerbetreibende<br />

aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie aus den anderen<br />

Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), die<br />

in dessen Geltungsbereich ein Gewerbe entweder unter Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit<br />

oder der Dienstleistungsfreiheit aufnehmen und ausüben wollen.<br />

(2) Soweit ein ausländischer Gewerbetreibender aus den Mitgliedstaaten der Europäischen<br />

Union oder aus den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den EWR,<br />

der in einem anderen Mitgliedstaat oder EWR-Vertragsstaat niedergelassen ist, ein<br />

Gewerbe unter Inanspruchnahme der Dienstleistungsfreiheit in der Bundesrepublik<br />

Deutschland aufnehmen und ausüben will, besteht abweichend von Absatz 1 keine<br />

Gewerbeanzeige- und -zulassungspflicht sowie keine Gewerbe- und Unternehmensregistereintragungspflicht.<br />

Ausgenommen von Satz 1 sind die in Art. 2 Absatz 2 und<br />

Art. 17 der Richtlinie 2006/123/EG (ABl. EU Nr. L 376 v. 27.12.2006, S. 36 ff.) bezeichneten<br />

gewerberechtlich relevanten Tätigkeiten.<br />

(3) Darüber hinaus findet das Gesetz auf ausländische Gewerbetreibende Anwendung,<br />

die nicht unter Absatz 1 fallen. Diese können ein Gewerbe wie Inländer ausüben,<br />

wenn dies in zwischenstaatlichen Vereinbarungen vorgesehen ist, nach dem Prinzip<br />

16 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

17


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

der Gegenseitigkeit praktiziert wird und sofern nichts anderes gesetzlich bestimmt ist.<br />

Die Einreise, der Aufenthalt und die Ausreise von Ausländern zum Zwecke der Gewerbeausübung<br />

richtet sich nach dem Ausländerrecht.<br />

§ 5 Gewerbliche Niederlassung<br />

(1) Eine gewerbliche Niederlassung ist vorhanden, wenn der Gewerbetreibende im<br />

Geltungsbereich dieses Gesetzes eine zum dauernden Gebrauch bestimmte ortsfeste<br />

Betriebsstätte ständig oder in regelmäßiger Wiederkehr für den Betrieb seines Gewerbes<br />

benutzt. Verfügt der Gewerbetreibende über keine gewerbliche Niederlassung, so<br />

gilt sein Wohnsitz als solche.<br />

(2) Das Gewerbe darf auch in mehreren gewerblichen Niederlassungen, außerhalb der<br />

Niederlassung oder ohne eine solche zu haben, ausgeübt werden.<br />

§ 6 Stellvertretung<br />

(1) Ein Gewerbe kann ganz oder teilweise auch durch Stellvertreter ausgeübt werden,<br />

sofern dies nicht aus besonderen Gründen gesetzlich ausgeschlossen ist. Die Stellvertreter<br />

müssen den für das betreffende Gewerbe vorgeschriebenen Erfordernissen<br />

genügen. Bei zulassungsbedürftigen Gewerben benötigt der Gewerbetreibende eine<br />

Stellvertretungszulassung.<br />

(2) Die Bestellung und Abberufung eines Stellvertreters ist der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde<br />

vom Gewerbetreibenden zu melden.<br />

§ 7 Fortführung des Gewerbes bei Tod und Insolvenz<br />

(1) Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde kann auf schriftlichen Antrag gestatten, dass das<br />

Gewerbe durch Erben bis zur Dauer von drei Jahren nach dem Tod des Gewerbetreibenden,<br />

im Falle minderjähriger Erben bis zum Eintritt der Volljährigkeit, fortgeführt<br />

wird. Die Beendigung der Fortführung ist der zuständigen Behörde zu melden.<br />

(2) Bei Insolvenz des Gewerbebetriebes darf der Insolvenzverwalter das Gewerbe für<br />

die Dauer des Insolvenzverfahrens fortführen.<br />

(3) Die nach Absatz 1 und 2 Berechtigten können mit der Fortführung des Gewerbes<br />

auch einen Stellvertreter beauftragen. § 6 findet entsprechende Anwendung.<br />

§ 8 Gewerbeinformationspflichten im geschäftlichen Verkehr<br />

(1) Auf allen Geschäftsbriefen haben Gewerbetreibende, für die keine Firma im<br />

Handelsregister eingetragen ist, ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen<br />

Vornamen, eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme per Telekommunikation<br />

sowie eine ladungsfähige Anschrift mit Straße, Hausnummer und Ort anzugeben.<br />

Bei Personengesellschaften, für die keine Firma im Handelsregister oder in einem<br />

anderen Register eingetragen ist, genügt es als Namensangabe, wenn die Vor- und<br />

Familiennamen von zwei Beteiligten mit einem das Vorhandensein weiterer Beteiligter<br />

hinweisenden Zusatz aufgenommen werden. Spezialgesetzliche Vorschriften bleiben<br />

unberührt.<br />

(2) Ausländische juristische Personen müssen auf allen Geschäftsbriefen, die von<br />

einer gewerblichen Niederlassung im Inland ausgehen, den Ort und den Staat ihres<br />

satzungsgemäßen Sitzes, ihre gesetzlichen Vertreter mit dem Familiennamen und<br />

mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen sowie eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme<br />

per Telekommunikation und eine ladungsfähige Anschrift mit Straße,<br />

Hausnummer und Ort angeben. Spezialgesetzliche Vorschriften bleiben unberührt.<br />

(3) Soweit die Tätigkeit des Gewerbetreibenden einer Zulassungspflicht unterliegt, hat<br />

der Gewerbetreibende dem Dienstleistungsempfänger am Ort der Leistungserbringung,<br />

am Ort des Vertragsabschlusses, in den zur Verfügung stehenden Informationsunterlagen<br />

über die angebotene Leistung oder elektronisch über eine vom Gewerbetreibenden<br />

angegebene Adresse Angaben zur zuständigen Behörde oder zum einheitlichen<br />

Ansprechpartner des Gewerbetreibenden zur Verfügung zu stellen.<br />

(4) Es ist sicherzustellen, dass die Gewerbeinformationen nach den Absätzen 1 bis 3<br />

spätestens vor Abschluss des Vertrages oder, wenn kein schriftlicher Vertrag geschlossen<br />

wurde, vor Erbringung der Dienstleistung bereitgestellt werden. Die Informationen<br />

nach den Absätzen 1 und 2 können auch über die Informationswege des Absatz 3 zur<br />

Verfügung gestellt werden.<br />

(5) An gewerblichen Niederlassungen und sonstigen Betriebsstätten haben alle<br />

Gewerbetreibenden ihren Namen nach Absatz 1 und – soweit vorhanden – eine im<br />

Handelsregister eingetragene Firma an der Außenseite oder am Eingang in deutlich<br />

lesbarer Schrift anzubringen. Ist aus einer Firma der Name des Gewerbetreibenden mit<br />

mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen ersichtlich, genügt die Anbringung<br />

der Firma. Dies gilt entsprechend für Automaten, die außerhalb einer gewerblichen<br />

Niederlassung des Aufstellers aufgestellt werden.<br />

18 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

19


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

§ 9 Gewerberechtlicher Datenschutz<br />

(1) Die Bundesregierung legt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates<br />

die Befugnis der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden zur Erhebung, Speicherung, Nutzung,<br />

Veränderung, Übermittlung, Sperrung und Löschung personenbezogener Daten des<br />

Gewerbetreibenden und solcher Personen, auf die es bei der Entscheidung ankommt,<br />

ebenso wie die Einrichtung von automatisierten Abrufverfahren fest.<br />

(2) § 13 bleibt unberührt.<br />

§ 10 Experimentierklausel<br />

Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Erprobung<br />

vereinfachender Maßnahmen, insbesondere zur Erleichterung von Existenzgründungen<br />

und Betriebsübernahmen, für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren Ausnahmen<br />

von Berufsausübungsregelungen nach diesem Gesetz und den darauf beruhenden<br />

Rechtsverordnungen zuzulassen, soweit diese Berufsausübungsregelungen nicht auf<br />

bindenden Vorgaben des Europäischen Gemeinschaftsrechts beruhen und sich die<br />

Auswirkungen der Ausnahmen auf das Gebiet des jeweiligen Landes beschränken.<br />

Titel II Gewerbeüberwachung<br />

1. Kapitel Gewerbeanzeigepflicht und Gewerbeanzeigeverfahren<br />

§ 11 Gewerbeanzeigepflicht<br />

(1) Jedes Gewerbe, gleich ob zulassungsfrei oder zulassungspflichtig, ist der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde<br />

anzuzeigen. Anzuzeigen ist ferner jede gewerbliche Niederlassung.<br />

Die Anzeige dient dem Zweck, der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde die wirksame Überwachung<br />

der Gewerbeausübung zu ermöglichen, andere gewerberelevanten Stellen zu<br />

informieren und ein elektronisches Gewerberegister anzulegen, das auch für statistische<br />

Zwecke genutzt werden kann.<br />

(2) Anzeigepflichtig sind folgende Tatbestände:<br />

· Beginn des Gewerbes und Einrichtung einer ortsfesten Betriebsstätte,<br />

· Änderungen von sonstigen im elektronischen Gewerberegister gemäß<br />

§ 13 Absatz 1 aufzunehmenden Sachverhalten,<br />

· teilweise oder gänzliche Gewerbebeendigung.<br />

Die Gewerbeanzeigepflicht gilt im Rahmen der Aufstellung von Automaten als<br />

selbstständiges Gewerbe nur für die Hauptniederlassung des Gewerbetreibenden. Die<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde kann Angaben über die Aufstellungsorte der einzelnen<br />

Automaten verlangen.<br />

(3) Weitere Anzeigen dürfen nur vorgeschrieben werden, sofern dies aus besonderen<br />

Gründen gesetzlich angeordnet ist.<br />

(4) Die mit der Führung des Handelsregisters betrauten Stellen teilen den <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden<br />

unverzüglich das Erlöschen einer Firma oder die Löschung einer im<br />

Handelsregister eingetragenen juristischen Person mit. Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde<br />

kann bei nicht im Handelsregister eingetragenen Gewerbetreibenden nach dem Ablauf<br />

von drei Jahren seit der letzten Anzeige eines Tatbestands gemäß Absatz 2 Alternativen<br />

1 bis 2 vom Gewerbetreibenden eine Auskunft zum aktuellen Status einholen.<br />

§ 12 Gewerbeanzeigeverfahren und Gewerbekarte<br />

(1) Für die Entgegennahme der Gewerbeanzeige ist die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde<br />

örtlich zuständig, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung<br />

im Sinne des § 5 unterhält oder unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen<br />

Niederlassung ist die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde zuständig, in deren Bezirk der Gewerbetreibende<br />

seinen Wohnsitz hat. Hat der Gewerbetreibende im Geltungsbereich<br />

dieses Gesetzes keinen Wohnsitz, ist die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde zuständig, in deren<br />

Bezirk das Gewerbe ausgeübt werden soll.<br />

20 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

<strong>21</strong>


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

(2) Für die Anzeigen sind Vordrucke nach dem Muster der Anlage 1 (Gewerbeanmeldung<br />

– GewA 1), der Anlage 2 (Gewerbeummeldung – GewA 2) und der Anlage 3<br />

(Gewer beabmeldung – GewA 3) zu verwenden. Die Vordrucke sind von der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde<br />

auch in elektronischer Form bereitzustellen. Die Anzeige kann auch<br />

in elektronischer Form im Sinne des § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes<br />

(VwVfG) mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz<br />

oder auf sonstige funktionsäquivalente Weise abgegeben werden. Durch Landesrecht<br />

kann bestimmt werden, dass weitere Daten bei dem Gewerbetreibenden erhoben werden<br />

können, wenn sie mit der gewerblichen Tätigkeit in einem Zusammenhang stehen.<br />

(3) Erfolgt die Anzeige nicht unverzüglich, kann die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde sie<br />

selbst von Amts wegen vornehmen.<br />

(4) Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde stellt binnen drei Tagen eine Gewerbekarte mit Vor-<br />

und Zunamen des Gewerbetreibenden, Ort und Nummer der Eintragung in das elektronische<br />

Gewerberegister sowie Anschrift der gewerblichen Niederlassung aus. Ist der<br />

Gewerbetreibende in das Handelsregister eingetragen, wird zusätzlich die Firmierung<br />

aufgeführt. Der Gewerbetreibende hat einen Anspruch auf die Gewerbekarte, bei<br />

Bedarf auch auf Mehrfertigungen, die fortlaufend zu nummerieren sind. Bei Personengesellschaften<br />

kann jeder persönlich haftende Gesellschafter eine auf seinen Namen<br />

lautende Gewerbekarte beantragen. Gleiches gilt für gesetzliche Vertreter juristischer<br />

Personen.<br />

(5) Den Empfang der Gewerbeabmeldung bestätigt die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde auf<br />

dem Anzeigenvordruck GewA 3. Die Gewerbekarte ist mit allen Mehrfertigungen mit<br />

der Gewerbeabmeldung zurückzugeben.<br />

(6) Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde leitet die Gewerbeanzeige an die Stellen weiter, die<br />

durch die aufgrund von § 9 erlassene Rechtsverordnung bestimmt werden.<br />

§ 13 Elektronisches Gewerberegister und zentrales Unternehmensregister<br />

(1) Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde führt im Interesse einer wirksamen<br />

Gewerbeüberwa chung ein elektronisches Verzeichnis, in das alle Gewerbebetriebe und<br />

Gewerbetreibenden ihres Zu ständigkeitsbereiches mit den nach § 12 Absatz 2 erhobenen<br />

Daten sowie sämtliche Änderungen eingetragen werden (elektronisches Gewerberegister).<br />

(2) Die folgenden, regelmäßig zu aktualisierenden Daten sind in das Unternehmensregister<br />

(§ 8 b HGB) aufzunehmen, soweit dort nicht bereits aufgrund spezialgesetzlicher<br />

Vorschriften erfasst:<br />

a) Bei natürlichen Personen Vor- und Zuname, eine ladungsfähige Anschrift des Gewerbetreibenden<br />

sowie die für den Stellvertreter und Betriebsleiter erforderlichen<br />

Angaben, bei Personengesellschaften der Sitz der Gesellschaft, die geschäfts-<br />

führenden Gesellschafter mit Vor- und Zuname und Wohnsitz sowie – soweit<br />

vorhanden – die Firma der Gesellschaft, bei juristischen Personen die Firma, der<br />

Sitz und die für die gesetzliche Vertretung erforderlichen Angaben,<br />

b) Gegenstand und Ort der gewerblichen Tätigkeit,<br />

c) gewerbliche Niederlassungen,<br />

d) bestandskräftige Entscheidungen über die Zulassung und ihre Aufhebung sowie<br />

zu einer bestandskräftigen Untersagung des Gewerbes.<br />

Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde ist zur Übermittlung der Daten an die das Unternehmensregister<br />

führende Stelle befugt und verpflichtet.<br />

(3) Die unter Absatz 2 genannten Daten sind für jedermann über die Internetseite des<br />

Unternehmensregisters gebührenfrei zugänglich.<br />

2. Kapitel Gewerbezulassungspflicht und Gewerbezulassungsverfahren<br />

§ 14 Gewerbezulassungspflicht<br />

(1) Die Gewerbezulassungspflicht dient dem Zweck, der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde<br />

eine präventive Überwachung des beabsichtigten Gewerbes zu er möglichen. Die Gewerbezulassungspflicht<br />

besteht nur durch Gesetz.<br />

(2) Soweit der Gewerbetreibende in der Bundesrepublik Deutschland, in einem anderen<br />

Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des<br />

Abkommens über den EWR bereits gleichwertigen oder aufgrund ihrer Zielsetzung<br />

im Wesentlichen vergleichbaren Anforderungen und Kontrollen unterworfen ist, sind<br />

diese bei der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen in der Bundesrepublik Deutschland,<br />

soweit vorgesehen, anzuerkennen. Eine Doppelprüfung ist in diesem Umfang<br />

ausgeschlossen.<br />

(3) Die Zulassung darf vorbehaltlich spezialgesetzlicher Vorschriften nicht befristet<br />

werden. § 23 Absatz 1 bleibt unberührt.<br />

§ 15 Gewerbezulassungsantrag und Entscheidungsfrist<br />

(1) Der Zulassungsantrag ist schriftlich bei der gemäß § 12 Absatz 1 zuständigen<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde zu stellen. Die Beantragung kann auch in elektronischer<br />

Form nach Maßgabe des § 26 S. 2 erfolgen. Der Zulassungsantrag ersetzt nicht die<br />

Gewerbeanzeige nach § 11.<br />

(2) Für jeden Zulassungsantrag wird unverzüglich eine Empfangsbestätigung übermittelt,<br />

die Angaben zu der in Absatz 3 Satz 1 genannten Frist, zu den verfügbaren<br />

22 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

23


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

Rechtsbehelfen und zur Zulassungsfiktion nach Absatz 3 Satz 3 enthält. Im Falle<br />

eines unvollständigen Antrags wird der Antragssteller unverzüglich darauf hingewiesen,<br />

dass Unterlagen nachzureichen sind und welche Auswirkungen dies auf die<br />

in Absatz 3 Satz 1 genannte Frist hat. Wird ein Antrag wegen Nichtbeachtung der<br />

erforderlichen Verfahren oder Formalitäten abgelehnt, so ist der Antragssteller hiervon<br />

unverzüglich in Kenntnis zu setzen.<br />

(3) Über den Zulassungsantrag ist innerhalb einer Frist von einem Monat zu entscheiden.<br />

Die Frist läuft erst, wenn alle Unterlagen vollständig eingereicht wurden. Wird<br />

über den Antrag nicht innerhalb der Frist nach Satz 1 entschieden, gilt die Gewerbezulassung<br />

als erteilt. Die Entscheidung ist zu begründen, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung<br />

zu versehen und dem Adressaten zuzusenden. Die elektronische Übermittlung<br />

der Entscheidung ist bei Einverständnis des Antragstellers und nach Maßgabe<br />

des § 26 S. 2 gestattet.<br />

(4) Die zuständige <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde kann die Frist nach Absatz 3 Satz 1<br />

einmal um in der Regel bis zu einem Monat verlängern, wenn dies durch die Komplexität<br />

der Angelegenheit oder durch sonstige wichtige Gründe gerechtfertigt ist. Die<br />

Fristverlängerung und deren Ende sind ausreichend zu begründen und dem Antragssteller<br />

vor Ablauf der ursprünglichen Frist mitzuteilen.<br />

§ 16 Konzentrationsprinzip und Verfahrensprivatisierung<br />

(1) Die Gewerbezulassung schließt die Gewerbeaufnahme betreffende andere<br />

ordnungsrechtliche Entscheidungen wie die Erteilung straßenrechtlicher, straßenverkehrsrechtlicher<br />

und bauordnungsrechtlicher Genehmigungen im bezeichneten<br />

Umfang ein.<br />

(2) Die für die Entgegennahme des Zulassungsantrages zuständige <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde<br />

ist für die Erteilung oder Versagung der beantragten Zulassung im Rahmen<br />

des Absatz 1 ausschließlich zuständig.<br />

(3) Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde kann einzelne Verfahrensschritte (Verwaltungshelferprinzip)<br />

oder den gesamten Zulassungsvorgang (Beleihung) auf Dritte übertragen,<br />

wenn sichergestellt ist, dass die Dritten zuverlässig und fachkundig sind und<br />

keine öffentliche Interessen entgegenstehen.<br />

(4) Zur Beschleunigung gewerberechtlicher Zulassungsverfahren finden die §§ 71 b<br />

bis 71 e VwVfG Anwendung (Zügigkeit, Beratung und Auskunft, Sternverfahren, Antragskonferenz).<br />

§ 17 Zulassungsanspruch und Zulassungsbescheid<br />

(1) Auf die Erteilung der Zulassung besteht ein Anspruch, wenn die in den<br />

Zulassungstat beständen aufgestellten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind.<br />

(2) In besonderen Fällen kann die Befreiung von Zulassungsvoraussetzungen für den<br />

Einzel fall durch oder aufgrund Gesetzes vorgesehen werden.<br />

(3) Die Zulassungsurkunde muss enthalten:<br />

1. Name, Wohn- und Betriebssitz des Unternehmers,<br />

2. Bezeichnung der Gewerbeart, für die die Zulassung erteilt wird,<br />

3. Geltungsdauer der Zulassung,<br />

4. etwaige Bedingungen und Auflagen,<br />

5. Bezeichnung der Aufsichtsbehörde.<br />

(4) Jede Zulassung, die einer bestimmten Person erteilt wird und allein an persönlichen<br />

Merkmalen des Gewerbetreibenden anknüpft, gilt bundesweit und ist nicht<br />

übertragbar. Betrifft die Zulassung zusätzlich sachliche Merkmale, ist sie insoweit auf<br />

Dritte übertragbar.<br />

§ 18 Teilzulassung und Vorbescheid<br />

(1) Auf schriftlichen Antrag ist eine Teilzulassung zu erteilen, wenn<br />

1. ein berechtigtes Interesse an der Erteilung einer Teilzulassung besteht,<br />

2. die Genehmigungsvoraussetzungen für den beantragten Teil der Zulassung<br />

vorliegen und<br />

3. eine vorläufige Beurteilung ergibt, dass der Gesamtzulassung keine von<br />

vorneherein unüberwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Zulassungs-<br />

voraussetzungen entgegenstehen.<br />

Die Bindungswirkung der vorläufigen Gesamtbeurteilung entfällt, wenn eine Änderung<br />

der Sach- und Rechtslage oder Einzelprüfungen im Rahmen späterer Teilzulassungen<br />

zu einer von der vorläufigen Gesamtbeurteilung abweichenden Beurteilung führen.<br />

(2) Auf schriftlichen Antrag kann durch Vorbescheid über einzelne Zulassungsvoraussetzungen<br />

entschieden werden, sofern die Auswirkungen des geplanten Vorhabens<br />

ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung<br />

eines Vorbescheids besteht.<br />

(3) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei<br />

Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Zulassung beantragt.<br />

24 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

25


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

§ 19 Vorläufige Zulassung und Zulassungszusage<br />

(1) In einem Zulassungsverfahren kann die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde in jederzeit<br />

widerruflicher Weise zulassen, dass bereits vor der Erteilung der Zulassung mit dem<br />

Gewerbe begonnen wird, wenn<br />

1. mit einer Entscheidung zugunsten des Gewerbetreibenden gerechnet werden kann,<br />

2. an der vorläufigen Zulassung ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes<br />

Interesse des Gewerbetreibenden besteht und<br />

3. der Gewerbetreibende sich verpflichtet, alle bis zur Entscheidung durch das<br />

Unternehmen verursachten Schäden zu ersetzen, und falls das Gewerbe nicht<br />

zugelassen wird, den früheren Zustand wieder herzustellen.<br />

(2) Die vorläufige Zulassung kann befristet, mit Bedingungen erteilt und mit Auflagen<br />

verbunden werden.<br />

(3) Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde kann eine Gewerbezulassung verbindlich zusagen,<br />

wenn hierfür ein besonderes Bedürfnis besteht und die Voraussetzungen des § 38<br />

VwVfG gegeben sind.<br />

§ 20 Nebenbestimmungen zur Zulassung<br />

(1) Die Zulassung kann Nebenbestimmungen im Sinne des § 36 Absatz 1 VwVfG<br />

enthalten, wenn sie durch Rechtsvorschriften gestattet sind oder sicherstellen sollen,<br />

dass die gesetz lichen Voraussetzungen der Zulassung erfüllt werden.<br />

(2) Auflagen dürfen auch nachträglich erteilt werden, wenn dies nicht unverhältnismäßig<br />

ist. § 22 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 findet entsprechende Anwendung.<br />

§ <strong>21</strong> Änderung zulassungspflichtiger Gewerbe<br />

(1) Soweit die Zulassung sachbezogen ist, sind beabsichtigte Änderungen der tatsächlichen<br />

Verhältnisse, insbesondere die Änderung der Anlage oder der Räumlichkeiten,<br />

der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde mindestens einen Monat, bevor mit der Änderung<br />

begonnen werden soll, schriftlich anzuzeigen. Der Anzeige sind die für eine Prüfung erforderlichen<br />

Unterlagen beizufügen. § 15 Absatz 1 und Absatz 2 gelten entsprechend.<br />

(2) Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde hat unverzüglich, spätestens aber bis zum Ablauf<br />

der nach § 15 Absatz 3 Satz 1 und 2 zu bestimmenden Monatsfrist zu prüfen, ob die<br />

Änderung einer erweiterten oder neuen Zulassung bedarf. Der Gewerbetreibende darf<br />

die beabsichtigte Änderung erst vornehmen, wenn die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde ihm<br />

mitgeteilt hat, dass diese keiner erweiterten oder neuen Zulassung bedarf oder sich<br />

innerhalb der in Satz 1 bestimmten Frist nicht geäußert hat. § 15 Absatz 3 S. 4 und 5<br />

sowie Absatz 4 gelten entsprechend.<br />

§ 22 Nachträgliche Anordnungen<br />

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz ergebenden Pflichten können nach<br />

Erteilung der Zulassung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der<br />

Zulassung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die im Betrieb Beschäftigten nicht<br />

ausreichend vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt<br />

sind, soll die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde nachträgliche Anordnungen treffen.<br />

(2) Die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen,<br />

wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung<br />

verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg<br />

steht. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen<br />

werden, soll die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen<br />

des § 24 ganz oder teilweise widerrufen.<br />

§ 23 Erlöschen der Zulassung<br />

(1) Die Zulassung erlischt, soweit sie sachliche Merkmale betrifft, wenn der Zulassungsinhaber<br />

innerhalb eines Jahres nach deren Erteilung das Gewerbe nicht begonnen<br />

oder während eines Zeitraumes von einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat. Die<br />

Fristen können aus wichtigem Grund verlängert werden.<br />

(2) Die Zulassung im Sinne des Absatz 1 sowie Zulassungen, soweit sie an persönlichen<br />

Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhältnissen des Antragsstellers anknüpfen,<br />

erlöschen durch Tod des Zulassungsinhabers mit Ausnahme der in § 7 Absatz 1<br />

genannten Fälle, bei Erlöschen der juristischen Person, bei einem Zulassungsverzicht<br />

sowie nach Zeitablauf.<br />

(3) Durch Gesetz kann bestimmt werden, dass eine Zulassung auch dann erlischt,<br />

wenn eine andere für ihre Erteilung erforderliche Berechtigung entfällt.<br />

§ 24 Widerruf und Rücknahme der Zulassung<br />

(1) Vor einem Widerruf oder einer Rücknahme der Zulassung gibt die <strong>Gewerbeordnung</strong>s<br />

behörde der zuständigen <strong>Industrie</strong>- und Handelskammer oder Handwerkskammer<br />

Gelegenheit zur Stellung nahme.<br />

(2) In einem Verfahren nach Absatz 1 und in einem Gewerbeuntersagungsverfahren<br />

nach §§ 27 bis 30 dürfen die Finanzbehörden die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden davon<br />

in Kenntnis setzen, ob und inwieweit der Gewerbetreibende seine ihm obliegenden<br />

steuerlichen Pflichten erfüllt hat. Gleiches gilt für die Sozialversicherungsträger im<br />

Hinblick auf die sozialversicherungsrechtlichen Pflichten.<br />

26 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

27


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

§ 25 Betrieb ohne Zulassung; Verstoß gegen Auflagen, nachträgliche<br />

Anordnungen oder Pflichten<br />

(1) Wird ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Zulassung erforderlich ist, ohne<br />

diese Zulassung betrieben, so kann die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde die Fortsetzung des<br />

Betriebes untersagen. Dasselbe gilt, wenn ein Gewerbe entgegen einem gesetzlichen<br />

Verbot begonnen wurde.<br />

(2) Kommt ein Gewerbetreibender einer Auflage, einer vollziehbaren nachträglichen<br />

Anordnung im Sinne des § 20 und des § 22 oder einer abschließend bestimmten<br />

Pflicht nicht nach, so kann die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde das Gewerbe ganz oder<br />

teilweise untersagen, bis die Auflage, die Anordnung oder die Pflicht erfüllt ist.<br />

§ 26 Schriftform und Elektronisches Verwaltungshandeln<br />

Zulassungen, Teilzulassungen, Vorbescheide, vorläufige Zulassungen, Bescheini gungen,<br />

Widerrufs- und Rücknahmeentscheidungen sowie Untersagungen nach diesem Gesetz<br />

oder nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung sind schriftlich<br />

zu erteilen und zu begründen. Die zuständige Stelle stellt sicher, dass das jeweilige<br />

gesamte Verfahren einschließlich etwaiger Antragsformalitäten auf elektronischem<br />

Wege abgewickelt werden kann (§ 3a VwVfG) und der Verwaltungsakt in elektronischer<br />

Form mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Absatz 4 VwVfG<br />

erlassen wird; von dem Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur nach<br />

dem Signaturgesetz kann bei funktionsäquivalenten Alternativen abgewichen werden.<br />

3. Kapitel Gewerbeuntersagung<br />

§ 27 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit<br />

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde ganz oder<br />

teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche dartun, dass die Zuverlässigkeit<br />

des Gewerbe treibenden, des gesetzlichen Vertreters oder der mit der Leitung<br />

des Gewerbebetriebes beauftragten Personen für dieses Gewerbe fehlt. Die Untersagung<br />

kann auch auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden. Die<br />

Untersagung kann unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch auf die Tätigkeit<br />

als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines<br />

Ge werbebetriebes beauftragte Person erstreckt werden. Die Untersagung kann ferner<br />

gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte<br />

Personen ausgesprochen werden.<br />

(2) Die Untersagung muss jeweils zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb<br />

Beschäftigten erforderlich sein. Als mildere Mittel können insbesondere eine<br />

Abmahnung an den Gewerbetreibenden oder eine Untersagung gemäß § 25 Absatz 2<br />

in Frage kommen.<br />

(3) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder<br />

Betriebsschließungsvor schriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden<br />

abstellen oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit<br />

des Gewerbe treibenden zurückgenommen oder widerrufen werden<br />

kann, sind die §§ 27 bis 30 nicht anzuwenden.<br />

§ 28 Gewerbeuntersagungsverfahren<br />

(1) Zuständig ist die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende<br />

eine gewerbliche Niederlassung im Sinne des § 5 unterhält oder unterhalten will. Für<br />

die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden<br />

zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Bei<br />

Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind für Untersagung und Vollstreckung die<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden zuständig, in deren Bezirk der Gewerbetreibende seinen<br />

Wohnsitz hat oder in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden<br />

soll.<br />

(2) Vor der Untersagung sind gewerberelevante staatliche Aufsichtsbehörden sowie<br />

die zustän dige <strong>Industrie</strong>- und Handelskammer oder Handwerkskammer anzuhören.<br />

Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die<br />

zur Ab gabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Bei Gefahr<br />

im Ver zuge kann die Anhörung unterbleiben. In diesem Falle sind die genannten Stellen<br />

zu unterrichten.<br />

(3) Will die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt<br />

be rücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren<br />

gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem<br />

Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf<br />

1. die Feststellung des Sachverhalts,<br />

2. die Beurteilung der Schuldfrage oder<br />

3. die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche<br />

rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und<br />

ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.<br />

Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozessordnung),<br />

der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung<br />

des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für<br />

Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die<br />

Beurteilung der Schuldfrage beziehen.<br />

28 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

29


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

(4) Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des<br />

Ge werbes während des Verfahrens aufgegeben wird. Untersagungsverfahren gegen<br />

mehrere Personen können unabhängig voneinander geführt werden.<br />

(5) Die Gewerbekarte ist mit Rechtskraft der Untersagungsverfügung sofort an die zuständige<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde mit allen ausgestellten Mehrfertigungen zurückzugeben.<br />

Die zuständige <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde kann die Gewerbekarte bei Gefahr<br />

im Verzug bereits zu einem früheren Zeitpunkt ab der Eröffnung des Gewerbeuntersagungsverfahrens<br />

einziehen.<br />

§ 29 Gewerbeuntersagungsverfahren und Insolvenzverfahren<br />

Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den<br />

Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf<br />

ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, finden<br />

· während eines Insolvenzverfahrens,<br />

· während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § <strong>21</strong> der<br />

Insolvenzordnung angeordnet sind,<br />

· und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplanes<br />

(§ 260 Insolvenzordnung)<br />

keine Anwendung in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrages auf Eröffnung<br />

des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde.<br />

§ 30 Gewerbefortführung durch Vertreter und Wiedergestattung<br />

(1) Dem Gewerbetreibenden ist auf seinen schriftlichen Antrag von der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde<br />

zu ge statten, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter im Sinne<br />

des § 2 Absatz 6 fort zuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des<br />

Gewerbebetriebes bietet. Die Gestattung kann unter Auflagen erfolgen.<br />

(2) Dem Gewerbetreibenden ist von der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde aufgrund eines<br />

schriftlichen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten,<br />

wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Zuverlässigkeit wieder gegeben<br />

ist. In diesem Falle ist die Untersagung aufzu heben. Vor Ablauf eines Jahres nach<br />

bestandskräftiger Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme auf Antrag nur<br />

gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen. Die Antragstellung ist<br />

auch auf elektronischem Wege nach Maßgabe des § 26 S. 2 möglich.<br />

4. Kapitel Allgemeine Gewerbeüberwachungsmaßnahmen<br />

§ 31 Auskunft, Nachschau und Probenahme<br />

(1) Im Interesse einer wirksamen Gewerbeüberwachung haben der Gewerbetreibende,<br />

seine gesetzlichen Vertreter und die zur Führung des Gewerbebetriebes beauftragten<br />

Personen den Beauftragten der Gewerbe ordnungsbehörde oder anderer öffentlicher<br />

Stellen auf Verlangen die für die Überwa chung des Geschäftsbetriebes erforderlichen<br />

mündlichen und schriftlichen Auskünfte unentgeltlich zu erteilen. Die schriftlichen<br />

Auskünfte können auch elektronisch über mittelt werden. Auskunftspflichten aufgrund<br />

besonderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.<br />

(2) Den zuständigen Stellen ist der Zutritt zu den Gewerbegrundstücken, Gewerbeanlagen,<br />

Gewerberäumen und Transportmitteln während der Geschäfts- und Betriebszeiten<br />

zu gewähren. Bei Gefahr im Verzug gilt dies auch außerhalb der Geschäfts- und<br />

Betriebszeiten. Die Beauftragten können Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere<br />

nehmen. Ihnen sind bei der Nachschau die erforderlichen Hilfsmittel zu stellen und<br />

die nötigen Hilfsdienste zu leisten.<br />

(3) Die zuständigen Stellen können die Duldung einer Probenahme und die Aushändigung<br />

von Unterlagen sowie Gegenständen zu Zwecken der Untersuchung ohne<br />

Entgelt ver langen.<br />

(4) Die Ausübung der Befugnisse nach den Absätzen 1 bis 3 muss dem Verhältnismäßigkeitsgebot<br />

entsprechen. Insbesondere müssen Tatsachen vorliegen, die die Annahme<br />

einer Gefährdung wichtiger Güter des öffentlichen Interesses durch den Gewerbetreibenden<br />

rechtfertigen.<br />

§ 32 Vorlage der Gewerbekarte<br />

(1) Wird ein Gewerbetreibender außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung oder<br />

ohne eine solche zu unterhalten gewerblich tätig, ist er verpflichtet, den Beauftragten<br />

der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde oder anderer öffentlicher Stellen auf deren Verlangen<br />

eine auf ihn persönlich ausgestellte Gewerbekarte zusammen mit seinem amtlichen<br />

Personalausweis oder Reisepass vorzulegen. Auf Verlangen hat er seine Tätigkeit bis<br />

zur Herbeischaffung der Dokumente einzustellen.<br />

(2) Personen, mit denen der Gewerbetreibende unter den Voraussetzungen des<br />

Absatzes 1 Satz 1 zum Zwecke des Geschäftsabschlusses oder der Geschäftsanbahnung<br />

Kontakt aufnimmt, können ebenfalls eine Legitimation gemäß Absatz 1 Satz 1<br />

verlangen.<br />

(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 zur Auskunft berechtigten Personen können auch<br />

von den Mitarbeitern des Gewerbetreibenden die Vorlage der auf diesen ausgestellten<br />

30 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

31


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

Gewerbekarte mit einer auf den Mitarbeiter ausgestellten Vollmacht des Gewerbetreibenden<br />

sowie die Vorlage eines amtlichen Ausweisdokumentes des Mitarbeiters<br />

verlangen. Ist der Gewerbetreibende persönlich anwesend und kann er sich gemäß<br />

Absatz 1 legitimieren, genügt seine mündliche Erklärung, dass der Mitarbeiter für ihn<br />

tätig ist. Auf Verlangen der Beauftragten der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde oder anderer<br />

öffentlicher Stellen ist die Tätigkeit bis zur Herbeischaffung der erforderlichen Dokumente<br />

einzustellen.<br />

§ 33 Überwachungserleichterungen für auditierte Gewerbebetriebsstandorte<br />

Zur Förderung der privaten Eigenverantwortung können die Länder für Unternehmen,<br />

die in das Eco-Management and Audit-Scheme Verzeichnis (Emas-Verzeichnis) eingetragen<br />

sind, Erleichterungen zum Inhalt der Antragsunterlagen im Zulassungsverfahren<br />

sowie überwachungsrechtliche Erleichterungen für Unternehmen regeln,<br />

soweit die diesbezüglichen Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des<br />

Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.03.2001 über die freiwillige Beteiligung<br />

von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement<br />

und die Umweltbetriebsprüfung (ABl. EG Nr. L 114, S. 1) gleichwertig erfüllt sind und<br />

soweit die Gleichwertigkeit durch die Regelungen der Länder sicher gestellt ist.<br />

§ 34 Selbstverpflichtungen<br />

Wirtschaftsverbände, <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern, Handwerkskammern oder<br />

Gewerbetreibende können gegenüber der Bundesregierung erklären oder mit ihr ohne<br />

Rechtsverbindlichkeit vereinbaren, dass bestimmte Überwachungsanforderungen,<br />

die Gegenstand einer Rechtsverordnung sein können, innerhalb einer angemessenen<br />

Frist freiwillig erfüllt werden (Selbstverpflichtung). Bei Überwachungsmaßnahmen<br />

sollen die zuständigen Stellen prüfen, ob die Zwecke dieses Gesetzes nicht besser oder<br />

mindestens in gleicher Weise durch Vereinbarungen mit den Gewerbetreibenden oder<br />

durch Selbstverpflichtungen erreicht werden können.<br />

Titel III Straf- und Bußgeldvorschriften<br />

§ 35 Verletzung von Vorschriften der <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig<br />

1. ohne eine nach § 6 Absatz 1 Satz 3 erforderliche Zulassung das Gewerbe durch<br />

einen Stellvertreter ausüben lässt,<br />

2. seiner Meldepflicht nach § 6 Abs. 2, auch in Verbindung mit § 7 Absatz 3 Satz 2,<br />

nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,<br />

3. seinen Gewerbeinformationspflichten im geschäftlichen Verkehr nach § 8 nicht<br />

nachkommt,<br />

4. entgegen § 11 Absatz 1 bis 3 eine Anzeige oder entgegen § 11 Absatz 4 Satz 2<br />

eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet,<br />

5. entgegen § <strong>21</strong> Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht<br />

vollständig oder nicht rechtzeitig macht,<br />

6. einer vollziehbaren Anordnung<br />

a) nach § 22 Absatz 1 Satz 1 oder 2 nicht, nicht richtig, nicht vollständig<br />

oder nicht rechtzeitig nachkommt,<br />

b) nach § 25 Absatz 2 zuwiderhandelt,<br />

c) nach § 27 Absatz 1 Satz 1 bis 3 zuwiderhandelt,<br />

d) nach § 27 Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 bis 3 zuwiderhandelt,<br />

7. entgegen § 28 Absatz 5 Satz 1 einer Rückgabepflicht nicht, nicht vollständig oder<br />

nicht rechtzeitig nachkommt,<br />

8. entgegen § 31 Absatz 1 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig<br />

oder nicht rechtzeitig erteilt,<br />

9. entgegen § 32 Absatz 1 Satz 1 und 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 die Gewerbekarte<br />

oder eine dort genannte Unterlage nicht bei sich führt oder nicht, nicht<br />

rechtzeitig vorzeigt oder eine dort genannte Tätigkeit nicht oder nicht rechtzeitig<br />

einstellt.<br />

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2, 3, 4, 7 und 9 bis<br />

zu eintausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 bis zu zweitausendfünfhundert<br />

Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 6 lit. c und lit. d bis zu fünftausend Euro,<br />

in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 lit. a und lit. b und Nr. 5 bis zu zehntausend Euro<br />

geahndet werden.<br />

§ 36 Verbote<br />

(1) Es ist verboten, von Minderjährigen gewerbsmäßig<br />

1. Edelmetalle (Gold, Silber, Platin und Platinbeimetalle), edelmetallhaltige<br />

Legierungen sowie Waren aus Edelmetall oder edelmetallhaltigen Legierungen<br />

oder<br />

2. Edelsteine, Schmucksteine, synthetische Steine oder Perlen zu erwerben.<br />

32 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

33


B. <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> – Gesetzesentwurf<br />

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig Gegenstände der in<br />

Absatz 1 bezeichneten Art von Minderjährigen gewerbsmäßig erwirbt.<br />

(3) Ordnungswidrig handelt ferner, wer entgegen § 651k Absatz 4 Satz 1, auch in<br />

Verbindung mit Absatz 5 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, ohne Übergabe eines<br />

Sicherungsscheins oder ohne Nachweis einer Sicherheitsleistung eine Zahlung des<br />

Reisenden auf den Reisepreis fordert oder annimmt.<br />

(4) Eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 oder 3 kann mit einer Geldbuße bis zu<br />

fünftausend Euro geahndet werden.<br />

§ 37 Strafbare Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften<br />

Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer<br />

1. die in § 35 Absatz 1 Nr. 1 bezeichnete Zuwiderhandlung beharrlich wiederholt<br />

oder<br />

2. durch eine in § 35 Absatz 1 Nr. 6 bezeichnete Zuwiderhandlung Leben oder Gesundheit<br />

eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet,<br />

3. gewerbsmäßig mit den in § 36 Absatz 1 bezeichneten Gegenständen Handel<br />

treibt oder gewerbsmäßig Edelmetalle und edelmetallhaltige Legierungen und<br />

Rückstände hiervon schmilzt, probiert oder scheidet oder aus den Gemengen und<br />

Verbindungen von Edelmetallabfällen mit Stoffen anderer Art Edelmetalle wieder<br />

gewinnt und beim Betrieb eines derartigen Gewerbes einen der in § 36 Absatz 1<br />

bezeichneten Gegenstände, von dem er fahrlässig nicht erkannt hat, dass ihn ein<br />

anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen ein fremdes Vermögen gerichtete<br />

rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sich oder einem Dritten verschafft, ihn<br />

absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen anderen zu bereichern.<br />

Titel IV Zuständigkeiten und Übertragung von Aufgaben auf<br />

die <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern sowie Handwerkskammern<br />

§ 38 Zuständigkeiten und Übertragung von Aufgaben auf die <strong>Industrie</strong>-<br />

und Handelskammern sowie Handwerkskammern<br />

(1) Durch Landesrecht werden die für die Ausführung dieses Gesetzes und der nach<br />

diesem Gesetz ergangenen Rechtsverordnungen zuständigen Behörden (<strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden)<br />

bestimmt, soweit nichts anderes geregelt ist.<br />

(2) Durch Landesrecht können Aufgaben der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden ganz oder<br />

teilweise auf die <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern sowie Handwerkskammern mit deren<br />

Zustimmung übertragen werden; sie sind insoweit zuständige <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden.<br />

Die <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern sowie Handwerkskammern unterliegen<br />

bei der Erfüllung dieser Aufgaben der Rechtsaufsicht.<br />

(3) Soweit den <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern sowie Handwerkskammern das<br />

Gewerbeanzeigeverfahren übertragen wird, können sie die Gewerbekarte auch als<br />

Mitgliedskarte ausstellen.<br />

34 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

35


C. Begründung*<br />

§ 1<br />

* §§ ohne Gesetzesangabe sind solche der GewO <strong>21</strong><br />

Absatz 1:<br />

Die Formulierung nimmt den Grundsatz des § 1 Absatz 1 GewO auf und betont explizit<br />

den grundgesetzlichen Schutz der Gewerbefreiheit für jedermann. Die Formulierung,<br />

der Betrieb eines Gewerbes sei „jedermann“ gestattet, ist bewusst weit gefasst, um<br />

alle Erscheinungsformen privatwirtschaftlicher Tätigkeit zu erfassen. Insbesondere<br />

sind auch gemischt-wirtschaftliche Unternehmen eingeschlossen, soweit der Einfluss<br />

der Privaten beherrschend ist. Das wäre bei einem gesetzlich engeren Schutz zugunsten<br />

eines „jeden Privaten“ nicht gewährleistet. Die öffentliche Hand kann sich auf die<br />

Gewerbefreiheit nicht berufen. Denn das Grundrecht, das § 1 Absatz 1 ausdrücklich<br />

widerspiegelt, steht lediglich privaten Grundrechtsträgern zu.<br />

Auf eine spezielle Regelung zur Zulässigkeit von Gewerbebetrieben der öffentlichen<br />

Hand einschließlich einer Privatisierungsprüfpflicht wurde im Übrigen verzichtet. Die<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> ist rechtssetzungstechnisch als Plattform für Errichtungsregeln im<br />

Hinblick auf Bundesunternehmen ungeeignet, weil das Haushaltsgrundsätzegesetz<br />

und die Bundeshaushaltsordnung Spezialregelungen treffen und als geeignetere<br />

Anknüpfungspunkte dienen (§ 18 Absatz 1 HGrG; §§ 26, 65 BHO). Auch besteht kein<br />

Bedürfnis zur Regelung einer Privatisierungsprüfpflicht in der <strong>Gewerbeordnung</strong>, weil<br />

§ 7 Absatz 1 BHO eine entsprechende Regelung trifft.<br />

Absatz 2:<br />

Ausnahmen sind nur im Falle von wichtigen Gründen des öffentlichen Interesses<br />

zulässig. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff dient dem dynamischen Schutz anderer<br />

Rechtsgüter, die von der Verfassung nicht schlechthin verboten sind. Der Begriff gewährleistet<br />

für Legislative und Exekutive die notwendige Flexibilität. Allerdings reicht<br />

nicht jeder Belang als Rechtfertigungsgrund aus. Erforderlich sind vielmehr „wichtige“<br />

Gründe des öffentlichen Interesses, wie sie sich etwa aus Aspekten des Verbraucher-<br />

und des Umweltschutzes ergeben können.<br />

Der Verbraucherschutz wurde bewusst nicht ausdrücklich aufgenommen. Er wird<br />

bereits explizit auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene gewährleistet (Art. 153 EGV). Er ist<br />

darüber hinaus in Deutschland in Spezialgesetzen umgesetzt, d.h. anerkannt (vgl. z.B.<br />

das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, das Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln,<br />

Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen<br />

sowie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Eine weitere gesetzliche<br />

Fixierung in der <strong>Gewerbeordnung</strong> wäre vor diesem Hintergrund überflüssig.<br />

§ 2<br />

Die am Anfang des Gesetzes stehende Definition von wesentlichen Begriffen des<br />

darauf folgenden Gesetzestextes dient der Verständlichkeit und entspricht moderner<br />

Gesetzgebungstechnik.<br />

Absatz 1:<br />

Die heutige Unterscheidung in gewerbliche und freie Berufe ist historisch gewachsen<br />

und systematisch nicht zwingend. Insbesondere unterscheidet die EU-Dienstleistungsrichtlinie<br />

nicht mehr zwischen den verschiedenen selbstständigen Tätigkeiten.<br />

Der vorgelegte Entwurf soll daher auch ein Anstoß für eine in einem zweiten Schritt<br />

zu führende Diskussion über die Zusammenführung aller gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

für unternehmerische Tätigkeiten in einem einheitlichen Gesetz sein. Da es<br />

sich hierbei um eine langwierige Grundsatzdiskussion handeln wird, bezieht sich die<br />

GewO <strong>21</strong> zunächst noch auf die gewerbliche Wirtschaft im bisherigen Verständnis.<br />

Der Wortlaut des Satzes 1 umfasst auch die freien Berufe. Die Einschränkung des<br />

Anwendungsbereiches der GewO <strong>21</strong> ergibt sich aus § 3 Absatz 2.<br />

Auf eine Legaldefinition der „selbstständigen“ Tätigkeit wurde verzichtet. Denn selbst<br />

einer zunächst nur auf die GewO <strong>21</strong> begrenzt anwendbaren Begriffsbestimmung käme<br />

über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus auch eine allgemeine gesetzgeberische<br />

Wertung zu. Dies könnte zu Inkompatibilitäten etwa mit dem Arbeits- und<br />

Sozialversicherungsrecht führen, die vermieden werden sollen. Auch die komplexe und<br />

dynamische Diskussion in allen genannten Rechtsgebieten spricht gegen eine starre<br />

gesetzliche Regelung.<br />

Die im Gesetzentwurf vorgelegte Definition der „fortgesetzten Tätigkeit“ entspricht<br />

dem aktuellen Stand der gewerberechtlichen Kommentarliteratur (Tettinger, a.a.O., § 1<br />

Rn. 10 m.w.N.; Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 45 VII 4). Unproblematisch<br />

handeln fortgesetzt diejenigen, die ihre Tätigkeit ununterbrochen ausüben.<br />

Auch sollen solche Gewerbetreibenden erfasst werden, die nicht ununterbrochen,<br />

dafür aber planmäßig wiederholte Tätigkeiten – mit Unterbrechungen – ausüben.<br />

Dazu zählen nicht nur saisonale Betätigungen (z.B. Eissalons), sondern auch Geschäftstreibende,<br />

die bei bestimmten Gelegenheiten wiederholt Leistungen anbieten (z.B. auf<br />

Jahrmärkten). Schließlich qualifiziert die Literatur ausnahmsweise auch einmalige<br />

Tätigkeiten als „fortgesetzt“, wenn der Einzelakt einen größeren Umfang in Anspruch<br />

nimmt (z.B. industrielle Großvorhaben; s. Tettinger, a.a.O., § 1 Rn. 11). Auch dieser<br />

Fallgruppe wurde Rechnung getragen.<br />

Fraglich ist schließlich, ob die Prostitution als Gewerbe einzustufen ist. Der Bund-<br />

Länder-Ausschuss „Gewerberecht“ geht davon aus, dass es sich um keinen Beruf wie<br />

bei jedem anderen Beruf und damit nicht um ein Gewerbe handele (Schönleiter/Stenger,<br />

GewArch 2007, 320, 3<strong>21</strong> f.). Teile der Literatur bewerten die Prostitution hingegen<br />

36 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

37


C. Begründung<br />

als Gewerbe, und zwar nicht zuletzt aufgrund der Ausstrahlungswirkung des Prostitutionsgesetzes<br />

(Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 45 VII 1 m.w.N.).<br />

Diese Frage ist letztlich nicht durch Gesetz bzw. durch die GewO <strong>21</strong>, sondern vielmehr<br />

durch die Praxis zu klären. Insoweit wird hier auf einen ausdrücklichen Hinweis auf<br />

die Prostitution als „Gewerbe“ oder „Nicht-Gewerbe“ verzichtet.<br />

Absatz 2:<br />

Die gewählte Definition des Gewerbetreibenden entspricht im Wesentlichen der<br />

Definition des „Unternehmers“ im Sinne des § 14 BGB. Erfasst sind nunmehr auch die<br />

Personengesellschaften als Gewerbetreibende. Damit wird eine Kompatibilität mit<br />

dem Zivilrecht hergestellt.<br />

Mit der Anerkennung von Personengesellschaften als Gewerbetreibende werden auch<br />

bestehende gewerberechtliche Sonderlösungen vereinheitlicht. Denn § 1 Absatz 1<br />

S. 3 HwO bestimmt schon heute, dass der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen<br />

Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen<br />

(...) Personengesellschaften gestattet ist. Personengesellschaften sind im Sinne dieses<br />

Gesetzes Personenhandelsgesellschaften und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts,<br />

§ 1 Abs. 1 S. 2 HwO.<br />

Gleichzeitig wird auch möglichen gewerberechtlichen Insellösungen – gerade im Bereich<br />

des Versicherungsvermittlerrechts (§§ 11a, 34 d und e GewO) – vorgebeugt. Denn<br />

hier treten die unterschiedlichen zivilrechtlichen und gewerberechtlichen Sichtweisen<br />

besonders deutlich zu Tage. Personengesellschaften (GbR, KG, OHG, GmbH & Co. KG)<br />

sind gewerberechtlich nicht anerkannt und können daher nicht Inhaber einer gewerberechtlichen<br />

Erlaubnis sein. Vielmehr benötigt jeder geschäftsführende Gesellschafter<br />

eine Erlaubnis (Landmann/Rohmer, § 34c GewO, Rn 70). Da das neue Vermittlerrecht<br />

zahlreiche Schnittstellen zwischen Gewerbe- und Zivilrecht aufweist, führt die unterschiedliche<br />

Behandlung der Personengesellschaft in beiden Rechtsgebieten zu erheblichen<br />

Umsetzungsschwierigkeiten. D<strong>IHK</strong> und <strong>IHK</strong>s setzen sich bereits seit geraumer<br />

Zeit für die Anerkennung der Personengesellschaften im Gewerberecht ein, der D<strong>IHK</strong><br />

zuletzt in seiner Stellungnahme vom <strong>21</strong>. August 2008 zum Entwurf einer Verordnung<br />

zur Änderung der VersVermV (veröffentlicht auf der Homepage des D<strong>IHK</strong>: www.dihk.de;<br />

vgl. dazu im Einzelnen auch die Ausführungen in GewArch 2009/4, 137 ff.).<br />

Gewerbetreibende ist insbesondere auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Nach<br />

der Rechtsprechung des BGH kann auch die GbR als Gesamthandsgemeinschaft ihrer<br />

Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, das heißt soweit nicht spezielle Gesichtspunkte<br />

entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen. Soweit sie in diesem Rahmen<br />

eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie rechtsfähig (BGH, NJW 2001, 1056). Diesem<br />

Grundgedanken wird nun auch gewerberechtlich Rechnung getragen. In § 2 Absatz<br />

2 der GewO <strong>21</strong> wurde im Übrigen auf einen Zusatz wie „teilrechtsfähige GbR“ verzichtet.<br />

Denn die im Rahmen der GewO <strong>21</strong> relevanten GbR, die ein Gewerbe ausüben, begründen<br />

regelmäßig eigene Rechte und Pflichten und sind damit insoweit teilrechtsfähig.<br />

Verzichtet wurde im Übrigen auf das zivilrechtliche Merkmal des Handelns „bei Abschluss<br />

eines Rechtsgeschäfts“, weil die Anwendung der <strong>Gewerbeordnung</strong> auch über<br />

diesen Zeitpunkt hinaus zu sichern ist. Der hier zugrundeliegende Unternehmerbegriff,<br />

der sich auf die Ausübung der Tätigkeit bezieht, ist im Übrigen auch mit dem funktionellen<br />

Unternehmens(r)begriff des Europarechts kompatibel.<br />

Absatz 3:<br />

Die Formulierung „jede Stelle“ erfasst auch die Situation, dass den <strong>IHK</strong>s gewerbeaufsichtliche<br />

Aufgaben übertragen sind, unabhängig davon ob sie allein oder parallel<br />

neben den staatlichen <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden zuständig sind.<br />

Absatz 4:<br />

Die begriffliche Aufnahme der Gewerbeaufsicht in die GewO <strong>21</strong> dient der Abgrenzung<br />

zur <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde. Da der Allgemeine Teil der <strong>Gewerbeordnung</strong> Definitionen<br />

für alle noch zu formulierenden Besonderen Teile erhalten soll, ist die gesetzliche<br />

Verankerung der Gewerbeaufsicht ebenso notwendig.<br />

Die Gewerbeaufsicht spielt nach wie vor neben der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde eine zentrale<br />

Rolle in der Wirtschaftsüberwachung. Ihre Aufgaben und Befugnisse sind im wesentlichen<br />

in einzelnen Spezialgesetzen fixiert („Aufsicht“). Die eigentliche Betrauung<br />

der Gewerbeaufsicht wird im Landesrecht durch Zuständigkeitsverordnung begründet.<br />

Im Arbeitsschutz überwacht die Gewerbeaufsicht die Einhaltung z.B. der Arbeitsstättenverordnung.<br />

Sie kontrolliert die Einhaltung umweltrechtlicher Vorschriften<br />

durch die Gewerbetreibenden (vgl. § 19 AtG). Daneben ist sie u.a. zuständige Überwachungsbehörde<br />

nach § 18 GPSG, d. h. auf dem Gebiet der Produktsicherheit. Die Organisation<br />

der Gewerbeaufsicht fällt in den Kompetenzbereich der Länder und ist jeweils<br />

unterschiedlich ausgestaltet. Die zuständigen Beamten können in einer Behörde organisiert<br />

sein („Gewerbeaufsichtsamt“) oder einer anderen Behörde angegliedert werden.<br />

Daher wurde im Gesetzentwurf auch der Oberbegriff „Gewerbeaufsicht“ gewählt.<br />

Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die bislang bestehende Regelung des § 139b<br />

GewO zur Gewerbeaufsicht in einen Besonderen Teil der <strong>Gewerbeordnung</strong> fixiert werden<br />

sollte, weil sie wichtige Einzelheiten (Verschwiegenheitspflicht, Mitteilungspflichten<br />

usw.) enthält. Diese systematische Verortung des § 139 b GewO ist gerechtfertigt,<br />

weil es sich bei der Gewerbeaufsicht um eine „Sonderordnungsbehörde“ handelt.<br />

Absatz 5:<br />

Muster: DIHT-Leitsätze 1981, Nr. 2 und 20; DIHT 1991, §§ 2 und 3; § 84 HGB<br />

Die Vorschrift verdeutlicht das weite Begriffsverständnis der Zulassung. Eine weitere<br />

Definition der genannten Erscheinungsformen ist nicht notwendig und würde die<br />

38 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

39


C. Begründung<br />

GewO <strong>21</strong> terminologisch überfrachten. In den nachfolgenden einzelnen Vorschriften<br />

wird grundsätzlich der Zulassungsbegriff zugrundegelegt und dort, wo es notwendig<br />

ist, differenziert (etwa im Rahmen des „Erlöschens der Zulassung“). Dort wird insoweit<br />

zwischen Zulassungen, die sachliche Voraussetzungen bzw. Merkmale betreffen<br />

(gerade Sach- und Anlagengenehmigungen nach heutigem Verständnis) und solchen<br />

Zulassungen, die an persönlichen Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhältnissen des<br />

Antragsstellers anknüpfen (gerade Personalgenehmigungen) unterschieden. Auch ist<br />

es möglich, dass Zulassungen sowohl sachliche als auch persönliche Voraussetzungen<br />

erfassen (vgl. z.B. § 4 GastG) [ähnlich auch Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht,<br />

§ 46 I 7].<br />

Der Begriff „Lizenz“ ist nicht im engen Sinne des gewerblichen Rechtsschutzes zu<br />

verstehen. Vielmehr werden öffentlich-rechtliche Zulassungen im europäischen Kontext<br />

zunehmend als „Lizenzen“ bezeichnet (vgl. zum Begriff der „Zulassung“ auch die<br />

Begründung zu § 17 IV).<br />

Absatz 6:<br />

Muster: DIHT-Leit sätze 1981, Nr. 9<br />

Absatz 7:<br />

Muster: § 3 Absatz 3 GüKG<br />

Die positive Definition des Begriffs der „Zuverlässigkeit“ ist sinnvoll, da die gewerberechtliche<br />

Zuverlässigkeit auch in anderen Zusammenhängen von Bedeutung sein<br />

kann als lediglich im Rahmen der Gewerbeuntersagung wg. Unzuverlässigkeit.<br />

Die Aufnahme der „Zuverlässigkeit“ in den Definitionenkatalog des § 2 beinhaltet<br />

keinen grundsätzlichen, anlassunabhängigen Prüfungsauftrag der Gewerbeaufsichtsbehörde<br />

bei Aufnahme und Betrieb des Gewerbes. Dies wird durch Satz 2 klargestellt.<br />

Der Definitionenkatalog beinhaltet ohnehin für sich genommen keine Eingriffsbefugnisse<br />

des Staates. Diese können sich nur aus anderen Bestimmungen ergeben, die z.B.<br />

auf den Begriff der Zuverlässigkeit rekurrieren und mit eigenem Normgehalt Befugnisse<br />

des Staates setzen.<br />

Die Gewähr für die Führung des Gewerbebetriebes „den gesetzlichen Bestimmungen<br />

entsprechend“ setzt nicht prinzipiell die explizite Kenntnis aller einschlägigen Vorschriften<br />

voraus. Soweit dies bei bestimmten einzelnen Berufen der Fall sein soll, ist<br />

im Besonderen Teil eine Unterrichtung (z.B. Gaststättenunterrichtung) oder Prüfung<br />

als Zulassungsvoraussetzung vorzusehen. Grundsätzlich bietet auch derjenige eine<br />

Gewähr im o.g. Sinne, der sich faktisch gesetzeskonform verhält und nicht negativ<br />

auffällig wird. Die notwendige Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen kann<br />

z.B. auch über zusammenfassende Materialien wie <strong>IHK</strong>-Merkblätter erworben werden<br />

oder aber aus dem allgemeinen Verkehrsverständnis resultieren.<br />

Erfasst sind natürliche Personen als Gewerbetreibende, darüber hinaus gesetzliche<br />

Vertreter sowie mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen, d.h.<br />

Betriebsleiter.<br />

Die Vermutungsregelung des § 2 Absatz 7 S. 2 dient der Klarstellung, dass die <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde<br />

nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte einschreiten darf. Bei<br />

Anhaltspunkten für eine Gefahr müsste die Behörde entsprechend tätig werden.<br />

Absatz 8:<br />

Muster: § 3 Absatz 3 GüKG; DIHT-Leitsätze 1981, Nr. 13<br />

Anmerkungen zu Absätzen 8 bis 10:<br />

Die Definitionen sind im Vorgriff auf spätere Bestimmungen im Besonderen Teil als<br />

Arbeitsformulierungen aufgenommen, die evtl. nach weiterer Durcharbeitung noch<br />

geändert werden müssen.<br />

Nicht kodifiziert wurde der Begriff der „wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit“. Dies<br />

hängt damit zusammen, dass unterschiedliche Anforderungen an einzelne Gewerbe<br />

zu stellen sind. Im Falle sog. Vertrauensgewerbe sind strenge Maßstäbe anzulegen.<br />

Hierzu gehören etwa die Fälle, in denen die Kunden Vorleistungen erbringen müssen<br />

(z.B. Reisevermittlung) oder wenn die gewerbliche Tätigkeit ein besonderes Vertrauen<br />

der Kunden erfordert (z.B. Makler). Bei sonstigen Gewerben (wie z.B. bei einem<br />

Schreibmaschinenverkaufsbetrieb) gelten weniger strenge Anforderungen (s. zu<br />

allem Tettinger, a.a.O., § 35 Rn. 65 f.) und selbst im Rahmen dieser zulassungsfreien<br />

Gewerbe muss evtl. weiter differenziert werden. Insoweit ist es sinnvoll, die jeweiligen<br />

Maßstäbe im Besonderen Teil zu fixieren. Eine Regelung in der GewO <strong>21</strong> könnte der<br />

Unterschiedlichkeit der einzelnen Gewerbe nicht hinreichend Rechnung tragen.<br />

Denkbare weitere Definitionen:<br />

Soweit die spätere Durcharbeitung des Besonderen Teils in mehreren Zusammenhängen<br />

Regelungsbedarf für identische Sachverhalte ergibt, ist es sinnvoll, zusammenfassende<br />

Begriffe im Allgemeinen Teil zu definieren. In Frage könnten z.B. folgende<br />

Begriffe und Definitionen kommen:<br />

· Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer erheblichen<br />

nach teiligen Einwirkung auf ein Schutzgut diese Gesetzes.<br />

· Risiko ist die Möglichkeit des Eintritts einer nicht nur geringfügigen nachteiligen<br />

Entwicklung auf ein Schutzgut dieses Gesetzes, soweit sie nicht praktisch ausgeschlossen<br />

erscheint. [Muster: § 2, Nr. 5 UGB-KomE]<br />

40 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

41


C. Begründung<br />

§ 3<br />

Absatz 1:<br />

Dieser Absatz stellt rechtssystematisch klar, dass die GewO <strong>21</strong> als Auffanggesetz<br />

entsprechend ihrem Charakter als Allgemeiner Teil des Gewerberechts gedacht ist.<br />

Der bisherige ausführliche Regelungsansatz des § 6 Absatz 1 Satz 2 GewO wird<br />

überwiegend aufgegeben. Soweit für einzelne Tätigkeiten Ausnahmen von der GewO<br />

gelten sollen, ist dies in entsprechenden Sonderbestimmungen zu regeln. Diese Methodik<br />

ist berufsgruppenspezifisch und daher für den Gesetzesadressaten übersichtlicher<br />

als die verstreute Bezugnahme an einzelnen Punkten in der GewO.<br />

In diesem Sinne können die mit nur marginaler praktischer Bedeutung versehenen<br />

Bezüge auf das Bergwesen und den Verkauf von Lotterielosen in § 6 Absatz 1 Satz 2<br />

sowie die Beförderung mit Krankenkraftwagen in § 6 Absatz 1 Satz 3 GewO ggfs. in<br />

einschlägigen Sonderbestimmungen aufgenommen werden. Der „Gewerbebetrieb der<br />

Versicherungsunternehmen“ ist ohnehin umfassend im Gesetz über die Beaufsichtigung<br />

der Versicherungsunternehmen (VAG) geregelt. Der frühere besondere Berührungspunkt<br />

zur GewO im ehemaligen § 139g ist entfallen (vgl. Landmann/Rohmer § 6 Rn. 47).<br />

Im Grenzbereich der Heilhilfsberufe zu den freien Berufen kann eine für jeden Zweifelsfall<br />

eindeutige Regelung im Allgemeinen Teil der GewO nicht geleistet werden,<br />

da es sich hierbei um einen Dienstleistungssektor mit einer besonders dynamischen<br />

Entwicklung verschiedener Unternehmenskonzepte handelt. Soweit schwerwiegende<br />

Gründe für eine Ausnahme neuer Dienstleistungskonzepte von der Geltung der GewO<br />

bestehen, wäre diesem Bedarf in Sonderbestimmungen Rechnung zu tragen. Anderenfalls<br />

gilt die <strong>Gewerbeordnung</strong>.<br />

Auf die bislang bestehenden Sonderregelungen für Apotheken wurde jedenfalls in der<br />

GewO <strong>21</strong> verzichtet. Die <strong>Gewerbeordnung</strong> ist bislang auf den Betrieb einer Apotheke –<br />

außerhalb des Arzneimittelverkaufs – vollumfänglich anwendbar und im Hinblick auf<br />

den Arzneimittelverkauf nur bei ausdrücklicher Anordnung. Die Errichtung und Verlegung<br />

von Apotheken ist aus dem Geltungsbereich der <strong>Gewerbeordnung</strong> ausgenommen<br />

(s. Tettinger, a.a.O, § 6 Rn. 8 ff.).<br />

Aufgrund des Charakters der vorliegenden GewO <strong>21</strong> als „Allgemeinem Teil“ im Gewerberecht,<br />

sollte diese komplexe Systematik in den Spezialgesetzen klargestellt werden.<br />

So müssten etwa das Apotheken- und Arzneimittelgesetz bestimmen, ob und in welchem<br />

Umfang die Vorschriften der GewO <strong>21</strong> Anwendung finden. Diese Lösung ist zum<br />

einen vorteilhaft, weil die GewO <strong>21</strong> ihren Charakter als transparentes und „schlankes“<br />

Gesetz bewahrt. Zum anderen bietet der Anpassungsbedarf in den Spezialgesetzen die<br />

Möglichkeit, die bisherige gewerberechtliche Systematik inhaltlich zu überdenken und<br />

evtl. Änderungen vorzunehmen. Letztlich sind die Einzelheiten zum Apothekenwesen<br />

also auf spezialgesetzlicher Ebene, nicht aber im Rahmen der GewO <strong>21</strong> „Allgemeiner<br />

Teil“ zu fixieren.<br />

Absatz 2:<br />

Hinsichtlich der Urproduktion soll der bisherige Anwendungsbereich der <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

beibehalten werden. Der Bezug auf Art. 32 EGV entspricht der gemeinschaftsrechtlichen<br />

Ausrichtung der GewO <strong>21</strong> und umfasst insbesondere auch die Viehzucht.<br />

Art. 32 EG-Vertrag nimmt aber – ebenso wenig wie die derzeit geltende <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

– ausdrücklich die gewerbsmäßige Produktion von Produkten und Dienstleistungen<br />

von der Urproduktion aus (vgl. Geiger, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 2004, Art.<br />

32 EGV, Rn. 7). Hierhin gehört z.B. die Intensivtierhaltung auf Fremdfuttergrundlage.<br />

Insoweit wurde nunmehr Klarheit geschaffen.<br />

Zur Behandlung von „Nebenbetrieben“: Soweit es sich inhaltlich um Nebenbetriebe<br />

handelt, die zwar im weitesten Sinn mit dem Hauptbetrieb im Zusammenhang stehen,<br />

aber keine echte Akzessorietät aufweisen – z.B. vom Bauernhof örtlich getrennte Läden<br />

oder professionell betriebene Ladenlokale, in denen neben selbst erzeugten Produkten<br />

überwiegend zugekaufte Erzeugnisse (Handelswaren) angeboten werden –, handelt<br />

es sich – unabhängig vom Schicksal des Hauptbetriebes – um einen Gewerbebetrieb.<br />

Ansonsten gilt der Akzessorietätsgrundsatz, d.h. im Falle von rein dienenden „Nebenbetrieben“<br />

(Direktvermarktung ab Hof), teilen diese Einheiten das rechtliche Schicksal<br />

des Hauptbetriebes (Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 45 VIII 2).<br />

Die Abgrenzung zu den freien Berufen ist in hohem Maße einzelfallbezogen. Eine<br />

kongruente, systematische Begründung ist vielfach nicht möglich. Vielmehr handelt es<br />

sich um eine „soziologisch bedingte, auf die gesellschaftlichen Strukturen des vorherigen<br />

Jahrhunderts zurückgehende Kennzeichnung“ (Landmann / Rohmer, Einleitung,<br />

Rn. 65, m.w.N.). Mittelfristig ist daher zu prüfen, ob die Geltung der <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

aus Gründen der Rechtsklarheit nicht auf alle freiberuflichen Tätigkeiten im Sinne des<br />

§ 2 Absatz 1 ausgedehnt werden sollte, zumal die Orientierung an betriebswirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten auch bei den Anbietern freier Dienstleistungen zunehmend zu<br />

einem Schwerpunkt der Berufsausübung wird.<br />

Dieser Gesichtspunkt muss bei realistischer Betrachtung aufgrund der damit verbundenen<br />

grundlegenden Diskussion über Selbstverständnis und Organisation der Freien<br />

Berufe Gegenstand einer eigenständigen Reformdebatte sein. Zwingende ordnungspolitische<br />

Gründe, diese Diskussion im Rahmen der Reformierung der <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

zu führen, sind nicht ersichtlich.<br />

Wenn man allerdings die Abgrenzung zu den Freien Berufen nicht als zwingenden<br />

systematischen Gegenstand der <strong>Gewerbeordnung</strong> betrachtet, entfällt auch die<br />

Notwendigkeit für eine eigenständige gewerberechtliche Definition. Daher stellt § 3<br />

Absatz 3 den Aspekt der Einheitlichkeit der Rechtsordnung in den Vordergrund und<br />

bezieht sich auf die steuerrechtliche Abgrenzung, die auch für die Zuordnung zu den<br />

<strong>Industrie</strong>- und Handelskammern maßgeblich ist.<br />

§ 18 Absatz 1 Ziffer 1 Satz 2 EStG enthält folgende Regelung:<br />

„Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche,<br />

künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische<br />

Tätigkeit, die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte,<br />

42 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

43


C. Begründung<br />

§ 4<br />

Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten,<br />

Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks-<br />

und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker,<br />

Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher,<br />

Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.“<br />

§ 4 Absatz 1 erfasst grundsätzlich alle Gewerbetreibenden der EU-Mitgliedstaaten<br />

und anderer EWR-Vertragsstaaten. § 4 Absatz 3 zielt auf ausländische Gewerbetreibende,<br />

die nicht der EU oder einem anderen EWR-Vertragsstaat angehören.<br />

Nach § 4 Absatz 1 ist die <strong>Gewerbeordnung</strong> aus europarechtlicher Sicht im Grundsatz<br />

„freigeschaltet“. Es ist aber im Einzelnen zu prüfen, ob ein „Gewerbe“ vorliegt. Sind<br />

alle Begriffsmerkmale erfüllt, ist zu unterscheiden, ob es sich um einen Anwendungsfall<br />

der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit handelt. Im Bereich der<br />

Niederlassungsfreiheit gilt im Grundsatz und aus Sicht des Allgemeinen Teils die volle<br />

Anwendbarkeit der <strong>Gewerbeordnung</strong>, allerdings vorbehaltlich der spezialgesetzlichen<br />

und anhand der Richtlinie auszurichtenden Vorschriften des bzw. der Besonderen<br />

Teils/e (hier Prüfung einzelner Genehmigungsvorschriften anhand des Richtlinienkatalogs).<br />

Im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit gelten grundsätzlich die durch die<br />

Richtlinie vorgegebenen Ausnahmen nach § 4 Absatz 2 Satz 1 (weitere Details s.u.).<br />

Dass im Übrigen im Einzelfall auch noch ein „Gewerbe“ im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit<br />

gegeben sein kann, ergibt sich aus der Rechtsprechung des EuGH, da<br />

der Begriff der Dienstleistungsfreiheit weit gefasst wird. Unter die Dienstleistungsfreiheit<br />

bzw. vorübergehende Dienstleistungserbringung fällt auch die Erbringung von<br />

Dienstleistungen, die mehr oder weniger häufig oder sogar regelmäßig durchgeführt<br />

wird (EuGH, Rs. Schnitzer, GewArch 2004, 62, 63). Eine Niederlassung ist überdies im<br />

Sinne des deutschen Begriffsverständnisses („stehendes Gewerbe“) nicht erforderlich,<br />

sondern nur typisch (Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO-Kommentar, § 14 Rn. 44).<br />

Absatz 1:<br />

§ 4 Absatz 1 dient in erster Linie dazu, ausländische Gewerbetreibende, die nicht aus<br />

der EU oder aus einem anderen EWR-Vertragsstaat stammen, auszuklammern; in<br />

diesen Fällen findet § 4 Absatz 3 Anwendung.<br />

Erfasst sind mithin alle natürlichen Personen, die Staatsangehörige der Europäischen<br />

Union oder anderer EWR-Vertragsstaaten sind. Handelt es sich um juristische Personen,<br />

kommt es darauf an, dass sie nach den Vorschriften eines Mitgliedstaates oder<br />

EWR-Vertragsstaates gegründet wurden und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung<br />

oder ihre Hauptniederlassung innerhalb dieses Gebietes haben.<br />

Absatz 2:<br />

Die Ausnahmen gehen auf die EU-Dienstleistungsrichtlinie zurück. Soweit sich<br />

Besonderheiten für bestimmte Gewerbe aufgrund der Berufsanerkennungsrichtlinie<br />

2005/36/EG ergeben, sind diese im Rahmen der Spezialvorschriften zum jeweiligen<br />

Gewerbe in dem bzw. den Besonderen Teil(en) der <strong>Gewerbeordnung</strong> zu integrieren.<br />

Dienstleistungsfreiheit:<br />

Zur Regelungstechnik:<br />

Wie bereits oben ausgeführt wurde, gelten – bei Vorliegen der Voraussetzungen eines<br />

Gewerbes – im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich die Vorschriften der<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong> (§ 4 Absatz 1). Allerdings waren nach der Dienstleistungsrichtlinie<br />

bestimmte Pflichten – wie etwa die Zulassungspflicht – davon auszunehmen (s. § 4<br />

Absatz 2 Satz 2).<br />

Die Dienstleistungsrichtlinie ist wiederum auf bestimmte Tätigkeiten bzw. Gewerbe,<br />

wie etwa auf private Sicherheitsdienste, nicht anwendbar (Art. 2 Absatz 2, s. auch Art.<br />

17 DLRL). Für diese Tätigkeiten gelten die Ausnahmeprivilegien des § 4 Absatz 2 Satz<br />

1 also nicht (s. § 4 Absatz 2 Satz 2). Hier bleibt bis auf weiteres – dem Grundsatz des<br />

§ 4 Absatz 1 folgend – die GewO <strong>21</strong> vollumfänglich anwendbar. Näheres ist aber im<br />

Besonderen Teil zu regeln. Redaktionell bleibt anzumerken, dass die „Ausnahme-Tätigkeiten“<br />

i.S.d. Art.2 Absatz 2 und Art. 17 DLRL – wie etwa private Sicherheitsdienste<br />

– im späteren Gesetzestext in einer Fußnote zu Art. 4 Absatz 2 Satz 2 aufgeführt<br />

werden sollen.<br />

§ 4 Absatz 2 S. 1 ist im Übrigen bewusst als Ausnahmevorschrift mit dem Grundsatz<br />

der Anwendbarkeit der GewO <strong>21</strong> (§ 4 Absatz 1) formuliert worden, d.h. im Grundsatz<br />

finden die gewerberechtlichen Vorschriften – ausgenommen die ausdrücklich bezeichneten<br />

Pflichten – Anwendung. Diese Formulierung bietet im Gegensatz zu einer<br />

umgekehrten Grundsatz/Ausnahme Regelung – Grundsatz der Nichtanwendbarkeit<br />

mit den Ausnahmen der anwendbaren Vorschriften wie etwa § 8 – einen entscheidenden<br />

regelungstechnischen Vorteil: Sollte im Rahmen der speziellen Gewerbe eine<br />

zusätzliche und für alle Gewerbetreibende geltende besondere Pflicht geregelt werden<br />

müssen, könnte diese an entsprechender Stelle fixiert werden, ohne dass gleichzeitig<br />

und zusätzlich § 4 im Allgemeinen Teil geändert werden müsste (da Grundsatz der<br />

prinzipiellen Anwendbarkeit der GewO <strong>21</strong>). Insoweit handelt es sich bei der vorliegenden<br />

Version des § 4 Absatz 1 und Absatz 2 um eine schlanke Regelungstechnik.<br />

Zu den einzelnen inhaltlichen Ausnahmen im Rahmen der<br />

Dienstleistungsfreiheit:<br />

Gem. Art. 16 Absatz 2 lit. b DLRL darf hier keine Pflicht zur Einholung einer Genehmigung<br />

bestehen, wobei der Begriff der Genehmigung gem. Art. 4 Nr. 6 DLRL weit<br />

gefasst wird (zu den Auswirkungen von EU-/EWR-ausländischen Zulassungen vgl.<br />

44 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

45


C. Begründung<br />

§ 14 Absatz 2). Art. 16 Absatz 2 lit. b DLRL bestimmt, dass es keine Registereintragungspflicht<br />

geben darf.<br />

Gem. Art. 16 Absatz 2 lit. g DLRL dürfen die Dienstleistungserbringer nicht den in<br />

Art. 19 DLRL genannten Beschränkungen unterworfen werden. Art. 19 lit. a DLRL<br />

bestimmt, dass den Dienstleistungsempfängern keine Pflicht auferlegt werden darf,<br />

eine „Erklärung“ abgeben zu müssen. Wenn und soweit der genannte Art. 16 Absatz<br />

2 lit. g DLRL nunmehr festlegt, dass die Dienstleistungserbringer nicht diesen Anforderungen<br />

unterworfen werden dürfen, ist konsequenterweise die Anzeigepflicht i.S.d.<br />

§ 11 unanwendbar.<br />

Ob und inwieweit bei bestimmten Gewerben evtl. aus besonderen Gründen die o.g.<br />

Anforderungen (z.B. die Zulassungspflicht) dennoch erforderlich sind (s. dazu Art. 16<br />

Absatz 3 DLRL), ist im Besonderen Teil im Einzelnen gewerbespezifisch zu klären und<br />

zu regeln.<br />

Anwendbar bleiben jedenfalls noch die Vorschriften etwa zur „Auskunft, Nachschau<br />

und Probenahme“ (§ 31) oder zu den Gewerbeinformationspflichten im geschäftlichen<br />

Verkehr (§ 8). Eine vorübergehende Dienstleistung kann nach der Rechtsprechung des<br />

EuGH nämlich auch dann noch vorliegen, wenn der Dienstleistungserbringer über eine<br />

Infrastruktur in dem Mitgliedstaat oder Vertragsstaat der Dienstleistungserbringung<br />

verfügt (GewArch 2004, 62, 63).<br />

Die besonderen und stark verfahrensrechtlich dominierten Vorschriften der DLRL bei<br />

Maßnahmen gegenüber einem Dienstleistungserbringer im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit,<br />

sollten in den Verwaltungsverfahrensgesetzen fixiert werden (s. Art. 31<br />

und Art. 18 i.V.m. 35 f. DLRL).<br />

Die Frage, ob für die EU-/EWR-Gewerbetreibenden die Pflichtmitgliedschaft in den<br />

Gewerbekammern gelten soll, ist den spezialgesetzlichen Regelungen der Kammergesetze<br />

vorbehalten. Dieser Aspekt spielt bei der Gestaltung der GewO <strong>21</strong> keine Rolle,<br />

weil sie der Gefahrenabwehr dient.<br />

Niederlassungsfreiheit:<br />

Zur Frage von Ausnahmen im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit:<br />

Die Dienstleistungsrichtlinie führt auch unzulässige – nationale – Anforderungen<br />

für solche EU-/EWR-ausländische Dienstleistungserbringer auf, die im Rahmen der<br />

Niederlassungsfreiheit tätig sind (vgl. insbesondere die unzulässige nationale Anforderung<br />

der Eintragungsverpflichtung in ein Register in mehr als einem Mitgliedstaat,<br />

Art. 14 Nr. 2 DLRL). Dieses Privileg zugunsten dieser Dienstleistungserbringer musste<br />

im Rahmen des § 4 Absatz 2 Satz 1 allerdings nicht integriert werden, weil nach dem<br />

Wortlaut der Richtlinienvorschrift die Aufnahme und Ausübung der Dienstleistungstätigkeit<br />

nicht von der Eintragung „abhängig“ gemacht werden darf (s. Art. 14 DLRL).<br />

Die insoweit auf dem Prüfstand stehende Gewerbe- und Unternehmensregisterein-<br />

tragungspflicht der GewO <strong>21</strong> ist aber keine Voraussetzung, sondern eine Folge der<br />

Gewerbeanzeige und der mit ihr verbundenen gewerblichen Tätigkeit. Die Aufnahme<br />

und Ausübung ist also von der Eintragung nicht im engeren Sinne „abhängig“.<br />

Vom Sinn und Zweck her ließe es sich aber auch vertreten, die Privilegierungsvorschrift<br />

des Art. 14 DLRL – insbesondere das Tatbestandsmerkmal „abhängig machen“<br />

– weit auszulegen. Denn es ist jedenfalls nicht ganz widerspruchsfrei, wenn – unter<br />

Zugrundelegung des o.g. restriktiven Begriffsverständnisses – die Aufnahme und Ausübung<br />

der Dienstleistung zwar nicht von einem Registrierungserfordernis „abhängig<br />

gemacht werden darf“, die Dienstleister dann letztlich aber doch der entsprechenden<br />

Pflicht jedenfalls unterworfen werden dürfen. Die aufgrund dieser Argumentation an<br />

sich gut vertretbare extensive Auslegung des Art. 14 Nr. 2 DLRL wird hier aber nicht<br />

verfolgt, weil sie im Ergebnis zu einer weiteren Ausnahmevorschrift zugunsten der<br />

EU-ausländischen Dienstleistungserbringer führte – dann keine Gewerberegister- und<br />

Unternehmensregistereintragungspflicht – und letztlich eine weitere nicht wünschenswerte<br />

Inländerdiskriminierung darstellte. Daher wird der restriktiven Auslegung<br />

gefolgt. Eine Ausnahme von der Gewerberegister- und Unternehmensregistereintragungspflicht<br />

im Rahmen der Niederlassungsfreiheit wurde in § 4 Absatz 2 Satz 1<br />

mithin nicht fixiert.<br />

Absatz 3:<br />

Muster: DIHT-Leitsätze 1981, Nr. 6<br />

Dieser Absatz stellt die Anknüpfung der GewO an spezielle völkerrechtliche Abkommen<br />

mit einzelnen Staaten her. Die dort getroffenen Regelungen sind jeweils verbindlich<br />

und von den <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden zu beachten. Dies gilt z.B. auch für<br />

die Anerkennung von Zulassungen im Sinne der §§ 14 ff. Aufgrund dieses besonderen<br />

Rechtsregimes für Nicht-EU-/EWR-Ausländer ist die vorliegende besondere Vorschrift<br />

gerechtfertigt.<br />

46 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

47


C. Begründung<br />

§ 5<br />

Absatz 1:<br />

S. zum Begriff der „Betriebsstätte“ § 2 Absatz 9. Im Kontext des § 5 wird der Begriff<br />

durch die zusätzlichen Tatbestandsvoraussetzungen „zum dauernden Gebrauch<br />

bestimmte ortsfeste“ Betriebsstätte sowie „ständige oder in regelmäßiger Wiederkehr“<br />

auftretende Benutzung der Betriebsstätte eingegrenzt.<br />

Es handelt sich damit um einen weiteren Begriff als bisher „Raum“ in § 42 GewO und<br />

umfasst ohne weiteres ortsfeste Einrichtungen, die nicht innerhalb von Gebäuden belegen<br />

sind, wie z.B. dauerhaft eingerichtete Zeltkonstruktionen, dauerhaft festgelegte<br />

Hausboote oder im Freien liegende Verkaufsflächen wie z.B. im Gebrauchtwagenhandel.<br />

Die Dauerhaftigkeit ist von der objektiv erkennbaren Zweckbestimmung durch den<br />

Gewerbetreibenden her zu beurteilen.<br />

Um die Erreichbarkeit des Gewerbetreibenden sicherzustellen, der über keine gewerbliche<br />

Niederlassung verfügt und im Sinne des bisherigen Reisegewerbes tätig ist,<br />

gilt dessen Wohnsitz im Wege der Fiktion als solche. Aufgrund dieser Fiktion ist es<br />

grundsätzlich nicht mehr notwendig, in den weiteren Bestimmungen regelmäßig die<br />

Alternative „oder des Wohnsitzes“ aufzunehmen, weil sich dieses gesetztechnisch aus<br />

§ 5 Absatz 1 ergibt. Teilweise wurde die Alternative aber zum besseren Verständnis<br />

ausdrücklich aufgeführt.<br />

Absatz 2:<br />

Absatz 2 stellt klar, dass das Gewerbe in mehreren gewerblichen Niederlassungen und<br />

auch außerhalb der gewerblichen Niederlassung betrieben werden kann. Es ist darüber<br />

hinaus nicht erforderlich, überhaupt eine solche zu haben.<br />

Die Regeln des Reisegewerbes, die in den vorbezeichneten Fällen von Relevanz waren,<br />

werden vollständig aufgehoben. Diese umfangreichen Sonderregelungen erscheinen<br />

nicht mehr zeitgemäß und unnötig bürokratisch. Insbesondere haben sich die tatsächlichen<br />

und rechtlichen Verhältnisse, die bei Einführung der <strong>Gewerbeordnung</strong> eine<br />

besondere Regulierung des reisenden Gewerbes nötig machten, grundlegend geändert.<br />

Für die Gewerbeüberwachung erscheint bei den heute vorhandenen Kommunikationstechniken<br />

die einmalige Anmeldung am Ort der Niederlassung oder des Wohnsitzes<br />

ausreichend. Der Verbraucherschutz ist durch die heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

wie z.B. durch das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften ausreichend<br />

gewährleistet und nunmehr im Zuge der Schuldrechtsreform 2002 sogar in das BGB<br />

aufgenommen worden (§§ 312, 312a BGB).<br />

Nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass sich der Gewerbetreibende im Reisegewerbe<br />

auf Verlangen des Geschäftspartners ausweisen können muss. Die Identifikation ist<br />

für den Vertragspartner nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, weil er zivilrechtliche<br />

Ansprüche anmelden und im Zweifel nur dann gerichtlich durchsetzen kann, wenn er<br />

konkret weiß, an wen er sich halten muss. Die Legitimationsfunktion kam bislang der<br />

§ 6<br />

§ 7<br />

§ 8<br />

Reisegewerbekarte zu. Diese Funktion soll nunmehr die neu einzuführende „Gewerbekarte“<br />

übernehmen (§ 12 Absatz 4, vgl. auch dortige Begründung).<br />

Evtl. sind einzelne reisegewerbliche Regelungen – etwa bestimmte verbotene Tätigkeiten<br />

– spezialgesetzlich zu regeln. Dies betrifft allerdings nicht den Allgemeinen Teil<br />

der <strong>Gewerbeordnung</strong>, sondern ist im Rahmen eines Besonderen Teils zu erörtern.<br />

Muster: § 45 GewO, § 9 GastG; DIHT-Leitsätze 1981, Nr. 9; DIHT 1991, § 7<br />

Die Beschränkung auf bis zu 3 Jahre ist eine angemessene Fortführungsfrist. Dann<br />

sollte letztlich entschieden und klargestellt sein, wie der Betrieb auf Dauer fortgeführt<br />

wird. Im Falle von Minderjährigen gilt diese Begrenzung nicht. Mit der schlanken Regelung<br />

der „Gestattung“ ist es möglich, gerade die zulassungspflichtigen Gewerbe zu<br />

erfassen, in deren Fall evtl. auch an die fortführenden Personen besondere Anforderungen<br />

zu stellen sind. Bei zulassungsfreien Gewerben ist eine Gestattung zu erteilen.<br />

Die Regelung basiert auf §§ 15a und 15b GewO, a.F. (Fassung vor Inkrafttreten des<br />

III MEG). Die Inhalte werden gestrafft und zusammengefasst. Gleichzeitig wurden die<br />

im Rahmen des § 8 relevanten Anforderungen der Dienstleistungsrichtlinie (Art. 22<br />

Absatz 1 lit. a-c DLRL) berücksichtigt. Die übrigen vom Gewerbetreibenden zur Verfügung<br />

zu stellenden Informationen (Art. 22 Absatz 1 d-k, Absatz 3 lit. a-e) betreffen<br />

weniger den Regelungsgehalt des Allgemeinen Teils der <strong>Gewerbeordnung</strong> als vielmehr<br />

andere Gesetze, wie etwa die Verwaltungsverfahrensgesetze, die Steuergesetze,<br />

die Gesetze der reglementierten Berufe, das Zivilrecht oder den Besonderen Teil der<br />

<strong>Gewerbeordnung</strong>.<br />

Absatz 1:<br />

In Absatz 1 werden die Angabepflichten um die ladungsfähige Anschrift erweitert, wie<br />

dies jüngst durch Gesetz v. 19.12.2006 auch in § 15 b Absatz 1 Satz 1 GewO a.F. geschehen<br />

ist (BGBl. I S. 3232). Dies entspricht einem vielfach festgestellten praktischen<br />

Bedürfnis zur Erleichterung der Rechtsdurchsetzung. Ferner wird eine Angabe zur Erreichbarkeit<br />

mittels Telekommunikation (Telefon, Telefax, E-Mail o.ä.) vorgeschrieben.<br />

48 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

49


C. Begründung<br />

Zusätzlich gelten weiterhin die Sondervorschriften für im Handelsregister oder in<br />

sonstigen Registern (Genossenschaftsregister) eingetragene Gewerbetreibende (§§ 37a,<br />

125a, 177a HGB, § 35a GmbHG, § 80 AktG, § 25a GenG). Diese Vorschriften sind einem<br />

gesonderten „Normenscreening“ vor dem Hintergrund der DLRL zu unterziehen.<br />

Absatz 2:<br />

Diese Vorschrift entspricht im Wesentlichen § 15 b Absatz 2 GewO a.F. Von einer<br />

Befreiung i.S.d. § 15 b Absatz 3 GewO a.F. wurde abgesehen, da diese Regelung einen<br />

kleinen Adressatenkreis betrifft und sehr komplex ist. Auch soll eine größtmögliche<br />

Information für den Dienstleistungsempfänger sichergestellt werden.<br />

Absatz 3:<br />

Muster: s. Art. 22 Absatz 1 lit. c i.V.m. Absatz 2 DLRL<br />

Absatz 4:<br />

Muster: Art. 22 Absatz 2 und 4 DLRL<br />

Absatz 5:<br />

Ein Hinweis auf die Geschäftszeiten ist im Übrigen nur im Einzelhandel und bei verbraucherorientierten<br />

Dienstleistungen sinnvoll und üblich. Zur Gefahrenabwehr und<br />

Rechtsverfolgung ist ein solcher Zusatz nicht erforderlich. Es handelt sich mithin nicht<br />

um einen Regelungsgegenstand der GewO <strong>21</strong> als besonderem Gefahrenabwehrrecht.<br />

§ 9<br />

Absatz 1:<br />

Die heutigen Befugnisse und Grenzen im gewerberechtlichen Datenschutz sind in<br />

§§ 11 und 14 GewO geregelt. Diese Vorschriften sind zwar vor dem Hintergrund des<br />

verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf Informationelle Selbstbestimmung prinzipiell<br />

notwendig und können daher nicht insgesamt aufgehoben werden. Gleichwohl<br />

kann man die <strong>Gewerbeordnung</strong> von diesen umfangreichen Vorschriften insoweit<br />

befreien, als dass sie Bestandteil einer Rechtsverordnung der Bundesregierung werden<br />

können (vgl. zur prinzipiellen Zulässigkeit Schaffland/Wiltfang, Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz,<br />

§ 4 Rn. 3, Stand: 2006; Walz, in: Simitis (Hrsg.), Kommentar<br />

zum Bundesdatenschutzgesetz, 6. Aufl. 2006, § 4 Rn. 9).<br />

§ 9 enthält demzufolge eine Ermächtigungsgrundlage, die den Anforderungen des<br />

Art. 80 Absatz 1 GG genügt. Die bislang geltenden §§ 11 und 14 der GewO können<br />

als Muster einer solchen Verordnung dienen. Die Verordnung bedarf im Übrigen gem.<br />

Art. 80 Absatz 2 GG der Zustimmung des Bundesrates, weil es sich jedenfalls um eine<br />

Rechtsverordnung aufgrund eines Bundesgesetzes (<strong>Gewerbeordnung</strong>) handelt, das von<br />

den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt wird. Im Rahmen dieser Verordnung<br />

können insbesondere auch die durch das sog. Erste und Zweite Mittelstandsentlastungsgesetz<br />

vollzogenen Änderungen des § 14 GewO berücksichtigt werden<br />

(s. u.a. BGBl. 2007, Teil I, Nr. 47, S. 2245 ff.).<br />

Absatz 2:<br />

Da § 13 spezielle Vorgaben zum elektronischen Gewerberegister und Unternehmensregister<br />

enthält, geht diese Norm als lex specialis der Regelung des § 9 vor.<br />

§ 10<br />

§ 11<br />

Bei der Anwendung der Experimentierklausel ist sicherzustellen, dass die betroffenen<br />

Unternehmen während und nach der Erprobungsphase keine Nachteile gegenüber<br />

anderen, nicht betroffenen Unternehmen erleiden. Die Experimentierklausel darf also<br />

nur zu einer Verbesserung der rechtlichen und / oder faktischen Rahmenbedingungen<br />

für die betroffenen Unternehmen führen. Der Wortlaut entspricht § 13 GewO.<br />

Muster: Teilweise § 14 GewO; DIHT-Leitsätze 1981, Nr. 7; DIHT 1991, § 5<br />

Außerhalb der <strong>Gewerbeordnung</strong> geregelte Anzeigepflichten – wie etwa § 138 AO –<br />

sind auf den Prüfstand zu stellen und – soweit sachlich möglich – im Interesse des<br />

Bürokratieabbaus zu reduzieren.<br />

Absatz 4:<br />

Satz 1: Muster § 37 Handelsregisterverordnung<br />

Die anlehnend an § 37 HRV geschaffene Mitteilungspflicht der Handelsregistergerichte<br />

(„Stellen“) ggü. den <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden über erfolgte Firmenlöschungen<br />

gewährleistet die regelmäßige Bereinigung der behördlich gespeicherten Daten und<br />

der Register. Dies gilt besonders für die Fälle, in denen die Gewerbetreibenden ihrer<br />

Verpflichtung zur Gewerbeabmeldung nicht nachgekommen sind. Die Behörde wird<br />

durch das Gericht in Kenntnis gesetzt und kann eine Abmeldung von Amts wegen<br />

vornehmen (§ 12 Absatz 3).<br />

50 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

51


C. Begründung<br />

§ 12<br />

Im Falle einer Übertragung von Aufgaben der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden auf die<br />

Kammern, gehen die speziellen Mitteilungsvorschriften des § 37 HRV vor. § 11 der<br />

GewO liefe dann insoweit leer, ohne dass sich daraus praktische Komplikationen<br />

ergeben würden.<br />

Satz 2 dient dazu, das elektronische Gewerberegister von „Karteileichen“ bereinigen<br />

zu können. Mit dieser Vorschrift wird der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde eine Befugnisvorschrift<br />

als Eingriffsgrundlage zur Seite gestellt. Soweit Gewerbetreibende dem<br />

Auskunftsersuchen nicht nachkommen, liegt zugleich eine Ordnungswidrigkeit vor<br />

(s. § 35 Absatz 1 Nr. 4).<br />

Eine Übertragbarkeit der Anzeigeverfahrens auf die <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern<br />

sowie Handwerkskammern wird global in § 38 Absatz 2 angesprochen und ermöglicht.<br />

Absatz 1:<br />

§ 12 Absatz 1 stellt anstelle der gewerblichen Niederlassung ersatzweise auf den<br />

Wohnsitz des Gewerbetreibenden ab und entspricht damit § 5 Absatz 1 Satz 2.<br />

Absatz 2:<br />

Muster: z.T. Art. 8 Absatz 1 DLRL<br />

Die „Öffnungsklausel“ ermöglicht den Ländern, weitere als die in den Vordrucken<br />

vorgesehenen Daten abzufragen, die aber mit der gewerblichen Tätigkeit im Zusammenhang<br />

stehen müssen.<br />

Absatz 3:<br />

Die Rechtsgrundlage ermöglicht der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde nunmehr, in jedem<br />

anzeigepflichtigen Fall (Gewerbebeginn, Einrichtung einer ortsfesten Betriebsstätte,<br />

Änderung der von sonstigen im elektronischen Gewerberegister gemäß § 13 Absatz<br />

1 aufzunehmenden Sachverhalte, Gewerbebeendigung) die Anzeige vorzunehmen,<br />

falls der Verpflichtete dies nicht unverzüglich tut. Die Vorschrift stellt sicher, dass die<br />

Behörde bei feststehendem Sachverhalt ohne Erlass eines Verwaltungsaktes (Aufforderung<br />

zur Abgabe einer Anzeige) und damit auch ohne Durchführung einer Verwaltungsvollstreckung<br />

(Zwangsgeld), die neuen tatsächlichen Verhältnisse im Gewerbe-<br />

sowie Unternehmensregister rasch nachvollziehen bzw. eintragen kann und letztlich<br />

auch jederzeit bei etwaigen gewerbepolizeilichen Maßnahmen über einen klaren und<br />

aktuellen Stand verfügt.<br />

Der Ordnungswidrigkeitentatbestand (§ 35 Abs. 1 Nr. 4) wird unabhängig von der Amts<br />

handlung verwirklicht, wie bereits auch heute nach § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO im Falle einer<br />

Gewerbeabmeldung von Amts wegen (so ausdrücklich Tettinger, a.a.O., § 14 Rn. 56).<br />

In der Praxis muss sich die Behörde vor einer entsprechenden Amtshandlung mit<br />

dem Gewerbetreibenden in Verbindung setzen, um zu klären, etwa ob er die Anzeige<br />

nunmehr vornehmen wird (= nicht rechtzeitige Vornahme der Anzeige i.S.d. Bußgeldtatbestandes)<br />

oder ob er sich endgültig weigert (= keine Vornahme der Anzeige).<br />

Absatz 4:<br />

Die Gewerbekarte ist ein zeitgemäßes Ausweismedium, wie es heute z.B. als Mitgliedskarte<br />

bei Krankenkassen und privaten Vereinigungen als gewohnt empfunden<br />

wird. Diese Karte wird jedem Gewerbetreibenden im Zusammenhang mit seiner<br />

Gewerbeanmeldung ausgehändigt und enthält Angaben u.a. zum Vor- und Zunamen<br />

und zur Adresse der gewerblichen Niederlassung oder des Wohnsitzes. Sinnvollerweise<br />

sollte es sich um eine Plastikkarte im Kreditkartenformat handeln, die u.U. auch um<br />

weitere Funktionen erweitert werden kann (z.B. „Chamber-Card“, vgl. § 38 Absatz 3).<br />

Zu Identifikationszwecken kann sie in Verbindung mit einem amtlichen Lichtbildausweis<br />

verwendet werden. Im Reisegewerbe ersetzt sie die bisherige Reisegewerbekarte.<br />

Absatz 5:<br />

Die Bescheinigung über die Gewerbeabmeldung hat eine Beweisfunktion für den Fall,<br />

dass im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens streitig ist, ob der Gewerbetreibende<br />

die Beendigung seines Gewerbes rechtzeitig angezeigt hat (§ 35 Absatz 1<br />

Nr. 4).<br />

§ 13<br />

Muster: z.T. § 15 GüKG, § 64 LuftVG; § 365 ff. Öster.GewO<br />

s. dazu auch § 4 Absatz 2<br />

Absatz 2:<br />

Aufgenommen wurde der Gedanke eines bundesweit zentralen, internetbasierten<br />

Gewerberegisters, das insoweit an das zwischenzeitlich eingerichtete „Unternehmensregister“<br />

(www.unternehmensregister.de) angedockt werden kann. Vorhandene Daten<br />

sind regelmäßig zu aktualisieren. Es besteht dann im Übrigen Anpassungsbedarf in<br />

§§ 8 b ff. HGB und in der Unternehmensregisterverordnung.<br />

Wenn das Gewerberegister und das Handelsregister evtl. zukünftig von den <strong>Industrie</strong>-<br />

und Handelskammern geführt werden sollten, wäre es sinnvoll, dass auch das<br />

52 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

53


C. Begründung<br />

zentrale Unternehmensregister von einer von den <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern zu<br />

bestimmenden gemeinsamen Stelle , d.h. faktisch vom D<strong>IHK</strong>, betrieben wird (vgl. auch<br />

§ 32 Absatz 2 des Umweltauditgesetzes). Derzeit liegen für eine derartige Konstellation<br />

aber noch keine konkreten Anhaltspunkte vor, sodass dieser Ansatz in der <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

<strong>21</strong> noch nicht aufgegriffen wird. Gleichwohl sollte diese Zielsetzung als<br />

strategisches Ziel erhalten bleiben.<br />

Absatz 3:<br />

Die Daten des Unternehmensregisters stehen im Internet zur Verfügung. Insoweit<br />

korrespondiert dieser Anspruch mit dem spezialgesetzlichen Anspruch des § 9 Absatz<br />

6 S. 1 i.V.m. Absatz 1 S. 1 HGB. Allerdings sind nicht alle Daten unentgeltlich abrufbar,<br />

sondern nur Daten der Registerbekanntmachungen ab dem Veröffentlichungszeitpunkt<br />

Januar 2007. Im Übrigen ist nur eine entgeltliche Abfrage der Originalregisterdaten<br />

möglich (Auskunft des Bundesanzeiger-Verlages v. 07.08.2007). Um – bezogen<br />

auf die gewerbespezifischen Daten – einen unbeschränkten unentgeltlichen Abruf zu<br />

ermöglichen, war die vorliegende gewerberechtliche Spezialregelung des Absatzes 3 in<br />

die GewO <strong>21</strong> aufzunehmen. Insoweit wird im Übrigen auch der Gedanke des durch das<br />

sog. Zweite Mittelstandsentlastungsgesetz eingefügten § 14 Absatz 6 Satz 2 GewO<br />

aufgenommen und ausgebaut, nach dem der Name, die betriebliche Anschrift und die<br />

angezeigte Tätigkeit des Gewerbetreibenden allgemein zugänglich gemacht werden<br />

dürfen (s. BGBl. 2007, Teil I, Nr. 47, S. 2245 ff.).<br />

Der Zugang zu den Daten des Unternehmensregisters entspricht auch dem Stand des<br />

Informationsfreiheitsgesetzes (§ 1 Bundes-IFG). Insbesondere ist kein berechtigtes<br />

Interesse geltend zu machen. Soweit es sich hier im Übrigen um personenbezogene<br />

Daten handelt, liegt mit der Anzeige des Gewerbetreibenden zugleich dessen Einwilligung<br />

zur Eintragung in die Register einschließlich der Bekanntgabe an Dritte vor,<br />

sodass hier keine besonderen Vorschriften zur nachträglichen Einholung einer solchen<br />

Einwilligung oder zu einer Einzelfallabwägung zwischen dem Auskunftsinteresse des<br />

Dritten und dem schutzwürdigen Interesse des Gewerbetreibenden erforderlich sind<br />

(so etwa § 5 Bundes-IFG). Insoweit sollte aber das entsprechende Formblatt ergänzt<br />

werden.<br />

§ 14<br />

Vorbemerkung zum sog. „Überwachungsbedürftigen Gewerbe“:<br />

Die bislang in der <strong>Gewerbeordnung</strong> existierende Vorschrift zum überwachungsbedürftigen<br />

Gewerbe, einer Erscheinungsform zwischen zulassungsfreiem und zulassungspflichtigem<br />

Gewerbe (§ 38 GewO), wird aufgegeben. Dafür spricht nicht nur<br />

der Deregulierungsgedanke der GewO <strong>21</strong>. Auch steht den <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden<br />

insbesondere mit dem Instrument der Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit<br />

ein wirksames Instrument zur Gefahrenabwehr zur Verfügung. Falls die Rechtspraxis<br />

zeigen sollte, dass das Instrumentarium nicht ausreicht, kann der Gesetzgeber im<br />

Zweifel nachträglich Regelungen, ggfs. in einem Besonderen Teil, schaffen, die sich<br />

dann an den konkreten Praxiserfahrungen orientieren können.<br />

Einzelheiten zu den Zulassungserfordernissen bzw. Kategorien sind in den Spezialvorschriften<br />

bzw. in dem beabsichtigten Besonderen Teil der <strong>Gewerbeordnung</strong> zu fixieren.<br />

Absatz 1:<br />

Die Zulassungspflicht ist aufgrund ihres Eingriffscharakters und unter Berücksichtung<br />

des rechtsstaatlichen Vorbehaltes des Gesetzes durch Parlamentsgesetz zu regeln. Zu<br />

Übergangsregelungen s. Präambel VI.<br />

Absatz 2:<br />

Muster: s. Art. 10 Absatz 3 DLRL<br />

Absatz. 3:<br />

Muster: z.T. Art. 11 Absatz 1 DLRL und Art. 11 Absatz 2 DLRL.<br />

54 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

55


C. Begründung<br />

§ 15<br />

Regelungen zur Genehmigungsfiktion sind auch für das/die (Bundes/Landes-) VwVfG(e)<br />

vorgesehen. Die in der GewO <strong>21</strong> enthaltenen Bestimmungen (§ 15 Absätze 2 bis 4)<br />

gehen allerdings als besondere Vorschriften vor. Es handelt sich auch um abschließende<br />

Regelungen.<br />

Absatz 2:<br />

Muster: z.T. Art. 13 Absatz 5, 6 und 7 DLRL<br />

Absatz 3:<br />

Muster: s. z.T. Art. 13 Absatz 3 und 4 DLRL<br />

Absatz 4:<br />

Muster: z. T. Art. 13 Absatz 3 DLRL<br />

§ 16<br />

Durch die Möglichkeit, die einmonatige Frist (§ 15 Absatz 3) verlängern zu können,<br />

kann die Behörde im Einzelfall auch komplexen Zulassungsverfahren angemessen<br />

Rechnung tragen. Die Verlängerungsfrist beträgt „in der Regel bis zu einem Monat“.<br />

In diesem Rahmen ist eine Begründung der Verlängerung erforderlich (s. § 15 Absatz<br />

4: Komplexität der Angelegenheit oder sonstige wichtige Gründe). Muss die Behörde<br />

eine über einen Monat hinausgehende „Verlängerungsfrist“ bestimmen, ist die Begründungslast<br />

größer, da sie die Regelhöchstfrist überschreitet. Es müssen in diesem<br />

Ausnahmefall also Rechtfertigungsgründe von ganz besonderem Gewicht vorliegen<br />

(z.B. eine besonders komplexe baurechtliche Prüfung). Mit dieser Regelung wird auf<br />

der einen Seite den komplexen Zulassungsverfahren Rechnung getragen, die entsprechend<br />

Zeit benötigen. Auf der anderen Seite besteht zugunsten des Antragsstellers<br />

eine gestufte Begründungslast der Behörde. Diese Transparenz ermöglicht es auch<br />

dem Antragssteller zu entscheiden, ob eine Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) sinnvoll ist.<br />

Von einer Normierung der Einheitlichen Ansprechpartner (Art. 6 ff. DLRL) als „Mittler“<br />

und Kontaktstelle zwischen Dienstleistungserbringern und zuständigen Behörden<br />

wurde hier abgesehen (s. auch III.1. der Präambel). Denn die Einheitlichen Ansprechpartner<br />

übernehmen Koordinationsaufgaben, die in erster Linie in den Verwaltungsverfahrensgesetzen<br />

zu normieren sind. Darüber hinaus obliegt es den einheitlichen<br />

Ansprechpartnern, u.a. Dienstleistungserbringern Informationen über die Anforderungen<br />

an eine Niederlassung in Deutschland, über die zuständigen Behörden (...), über<br />

Rechtsbehelfe und Verbände sowie Organisationen zur Verfügung zu stellen. Dieser<br />

weit gefasste – und über gewerberechtliche Vorschriften hinausgehende – Informationsanspruch<br />

dürfte ebenso in den Verwaltungsverfahrensgesetzen – neben den<br />

Koordinationsaufgaben – am besten platziert sein. Im Falle einer spezialgesetzlichen<br />

Normierung der Koordinations- und Informationsaufgaben würde im Übrigen auch die<br />

Komplexität der einzelnen Gesetze erheblich steigen.<br />

Absatz 1:<br />

vgl. auch den Grundgedanken des § 356 b Österr. GewO sowie § 13 BImSchG<br />

Die Gewerbezulassung soll künftig alle ordnungsrechtlichen behördlichen Entscheidungen<br />

bei der Gewerbeaufnahme umfassen, um dem Gedanken der Entbürokratisierung<br />

Rechnung zu tragen. Derzeit braucht z.B. ein Gewerbetreibender, der in<br />

der Fußgängerzone Waren von einem vorübergehend ortsfesten Verkaufsstand aus<br />

anbieten will, neben der Reisegewerbekarte noch eine straßenrechtliche und ggf.<br />

eine bauordnungsrechtliche Zulassung. Das Ansinnen des § 16 Absatz 1 zielt folglich<br />

darauf ab, diese separaten Genehmigungen auf einen einzigen Entscheidungsprozess<br />

zu konzentrieren.<br />

Soweit z.B. bei der Gaststättenerlaubnis nach heutigem Recht bauordnungsrechtliche<br />

Entscheidungen zu treffen sind, obliegt die Kommunikation mit dem Antragsteller und<br />

die behördeninterne Koordination der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde.<br />

Nicht von der Gewerbezulassung umfasst sind insbesondere komplexe technische<br />

Genehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, Planfeststellungen,<br />

Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, behördliche Entscheidungen auf Grund<br />

atomrechtlicher Vorschriften und wasserrechtlicher Erlaubnisse und Bewilligungen<br />

nach den §§ 7 und 8 des Wasserhaushaltsgesetzes.<br />

Der Zusatz „im bezeichneten Umfang“ (§ 16 Absatz 1 GewO <strong>21</strong>) verlangt, dass in der<br />

Entscheidung konkret anzugeben ist, welche Genehmigungen im Einzelnen erfasst<br />

sind.<br />

Absatz 3:<br />

Muster: § 134 Absatz 2 UGB-KomE<br />

56 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

57


C. Begründung<br />

§ 17<br />

Muster: § 17 PBefG, §§ 6 f. BImSchG; DIHT-Leitsätze 1981 Nr. 12<br />

Absatz 1:<br />

s. auch Art. 10 Absatz 5 DLRL<br />

Absatz 4:<br />

s. z.T. auch Art. 10 Absatz 4 DLRL<br />

§ 18<br />

§ 17 Absatz 4 Satz 1 stellt fest, dass die rein persönliche Erlaubnis bundesweit gilt<br />

und nicht auf Dritte übertragbar ist. Die raumbezogene (gemischte) Erlaubnis gilt<br />

bezogen auf den persönlichen Teil ebenfalls bundesweit. In ihrem sachlichen Teil ist<br />

sie auf Dritte übertragbar.<br />

Praktisch ausgedrückt bedeutet dies bei einem Inhaberwechsel z.B. im Gaststättengewerbe<br />

nach heutigem Recht, dass der Inhaber X einer Gaststättengenehmigung<br />

die Genehmigung in ihren raumbezogenen Teilen auf seinen Nachfolger Y übertragen<br />

kann. Y bräuchte dann bei der zuständigen Behörde nur eine Teilerlaubnis bezogen<br />

auf die persönlichen Merkmale zu beantragen. X wäre auch an einem anderen Ort<br />

weiterhin Inhaber einer Gaststättenerlaubnis bezogen auf den persönlichen Teil und<br />

müsste sich ggf. nur noch um eine Genehmigung hinsichtlich der sachlichen Merkmale<br />

(Räume usw.) kümmern.<br />

§ 17 Absatz 4 ist nicht auf das Gaststättenrecht beschränkt. Die Vorschrift gilt als<br />

Übertragbarkeitsregel generell für rein persönliche und raumbezogene bzw. gemischte<br />

Erlaubnisse, die ggfs. auch durch künftige gesetzliche Regelungen eingeführt werden<br />

können.<br />

S. näher Präambel VIII.<br />

Absatz 1:<br />

Muster: § 8 BImSchG<br />

Absatz 3:<br />

Muster: § 9 BImSchG<br />

§ 19<br />

S. näher Präambel VIII.<br />

Muster: § 8 a BImSchG; DIHT-Leitsätze 1981 Nr. 12<br />

Ein Problem in der späteren Praxis könnte insbesondere im Zusammenhang mit dem<br />

Konzentrationsprinzip bei komplexen Sachverhalten sein, dass die Behörde zwar<br />

kurzfristig eine vorläufige Zulassung erteilt, die endgültige Zulassung dann aber um<br />

so länger auf sich warten lässt. In dieser Zeit hat der Unternehmer das Risiko, bei<br />

einer negativen „End-Entscheidung“ den ursprünglichen Zustand wiederherstellen zu<br />

müssen oder gar Schadensersatz zu leisten.<br />

Andererseits begrenzt § 16 Absatz 1 die Konzentrationswirkung auf Sachverhalte, die<br />

im wesentlichen nach Aktenlage oder mit einfachen Erkenntnisverfahren beurteilt<br />

werden können. Außerdem beträgt die Entscheidungsfrist gemäß § 15 Absatz 3 S. 1<br />

grundsätzlich einen Monat. Die mit einer vorläufigen Zusage verbundenen Unsicherheitsrisiken<br />

erscheinen daher überschaubar.<br />

Absatz 2:<br />

Zum Verhältnis des § 19 Absatz 2 GewO <strong>21</strong> und § 36 Absatz 2 VwVfG:<br />

Bei § 19 Absatz 2 GewO <strong>21</strong> handelt es sich um eine Vorschrift, die Bedingungen,<br />

Befristungen und Auflagen regelt. Der Widerrufsvorbehalt ist in Absatz 1 integriert.<br />

Insoweit spiegelt § 19 GewO <strong>21</strong> das Regelungsprogramm des § 36 Absatz 2 (hier<br />

Nr. 1 bis 4) VwVfG für die vorläufige Zulassung als Ermessensverwaltungsakt wider;<br />

ein evtl. Auflagenvorbehalt kann weiterhin auf § 36 Absatz 2 Nr. 5 VwVfG gestützt<br />

werden.<br />

Sinn der Regelung:<br />

§ 19 Absatz 2 GewO <strong>21</strong> stellt in diesem gewerberechtlichen Zusammenhang ausdrücklich<br />

klar, dass es bei dem Ermessensverwaltungsakt „vorläufige Zulassung“, bei<br />

dem es sich um ein besonders gewerbefreundliches Instrument handelt, ggf. auch<br />

zur Erteilung von Nebenbestimmungen kommen kann. Aufgrund des hier verfolgten<br />

Transparenzgrundsatzes des Gewerberechts und aus der Erwägung heraus, dass die<br />

entscheidenden Vorschriften des jeweiligen Instrumentes für den Gewerbetreibenden<br />

„auf einen Blick“ zu erfassen sein sollten, ist es gerechtfertigt, diese deklaratorische<br />

Vorschrift in die GewO <strong>21</strong> aufzunehmen. Der Umfang der Regelung ist mit einem Satz<br />

demgegenüber marginal.<br />

58 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

59


C. Begründung<br />

§ 20<br />

Absatz 1:<br />

Muster: § 12 BImSchG; § 36 VwVfG; DIHT-Leitsätze 1981 Nr. 14<br />

Diese Vorschrift gibt hier klarstellend den gesetzlichen Rahmen des § 36 Absatz 1<br />

VwVfG für die Zulassung und Teilzulassung als gebundenen Verwaltungsakt wieder.<br />

Die Regelung ist insoweit zwar deklaratorischer Natur. Allerdings ist der erste Absatz<br />

zum Verständnis und zur Einordnung des Absatzes 2 notwendig, der sich dem Spezialfall<br />

der nachträglichen Auflagen widmet und der konstitutiver Natur ist.<br />

Im Übrigen gilt auch hier, dass das Gewerberecht für den Gewerbetreibenden möglichst<br />

klar und transparent formuliert sein sollte und die entscheidenden Vorschriften<br />

(Kernvorschriften) daher auch bei dem jeweiligen Instrument zu bündeln sind (s. auch<br />

Begründung zu § 19 Absatz 2).<br />

Ein Verweis auf § 36 Absatz 2 VwVfG ist im Übrigen nicht angezeigt. Dies bedeutete,<br />

dass die Behörde Zulassungen nicht nur unter den engen Voraussetzungen des § 20<br />

Absatz 1 GewO <strong>21</strong> (= § 36 Absatz 1 VwVfG) erlassen dürfte, sondern zusätzlich auch<br />

(!) nach § 36 Absatz 2 VwVfG nach „Ermessen“ Nebenbestimmungen anordnen könnte,<br />

d.h. etwa einen Widerrufsvorbehalt. § 36 Absatz 2 Nr. 3 VwVfG. In diesem Zusammenhang<br />

sei angemerkt, dass § 36 Absatz 2 VwVfG gerade nicht „automatisch“ gilt,<br />

weil er sich nur auf Verwaltungsakte mit Ermessen bezieht. Bei den erfassten (Teil-)<br />

Zulassungen handelt es sich aber um gebundene Verwaltungsakte.<br />

Von einem deklaratorischen Verweis auf den neben § 36 Absatz 1 geltenden Absatz<br />

3 VwVfG, nach dem eine Nebenbestimmung (in allen Fällen) nicht dem Zweck des<br />

Verwaltungsaktes zuwiderlaufen darf, wurde abgesehen, weil ein bloßer Verweis nicht<br />

der Transparenz dient. Auch auf eine deklaratorische Wiedergabe des Wortlautes der<br />

Vorschrift wurde verzichtet, weil der Inhalt des § 36 Absatz 3 – anders als § 36 Absatz<br />

1 VwVfG – nicht zur Erschließung des § 20 Absatz 2 GewO <strong>21</strong> notwendig ist.<br />

Absatz 2:<br />

Die Vorschrift ist konstitutiver Natur, da nachträgliche Auflagen – außer wenn sie im<br />

Verwaltungsakt selbst im Wege eines Auflagenvorbehalts angekündigt worden sind<br />

oder die Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG vorliegen – einer speziellen gesetzlichen<br />

Grundlage bedürfen (s. Kopp/Schenke, VwVfG-Kommentar, § 36 Rn. 52, 9. Aufl.<br />

2005; s. auch Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 2007, § 47 Rn. 31).<br />

Es stellt sich überdies die Abgrenzungsfrage zur nachträglichen Anordnung (§ 22).<br />

Die nachträgliche Anordnung lässt – im Gegensatz zur nachträglichen Auflage – die<br />

erteilte Zulassung rechtlich unberührt, auch wenn faktisch die Gestattungswirkung<br />

eingeschränkt wird (s. Jarass, Kommentar zum BImSchG, 6. Aufl. 2005, § 17 Rn. 2). Die<br />

Verknüpfung zwischen Auflage und Zulassung zeigt sich dagegen an § 49 Absatz 2<br />

§ <strong>21</strong><br />

§ 22<br />

§ 23<br />

§ 24<br />

Satz 1 Nr. 2 VwVfG, nach dem der Verwaltungsakt widerrufen werden darf, wenn die<br />

mit dem Verwaltungsakt verbundene Auflage nicht (...) erfüllt wird. § 22 Absatz 2<br />

Satz 2 ergänzt dieses Instrumentarium.<br />

Letztlich wird der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde mit nachträglichen Auflagen und<br />

nachträglichen Anordnungen ein Instrumentarium zur Verfügung gestellt, das es ihr<br />

erlaubt, einzelfallbezogen effektive Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen.<br />

Muster: z.T. § 15 Absatz 1 und Absatz 2 BImSchG<br />

Muster: § 17 Absatz 1 und Absatz 2 BImSchG<br />

Muster: § 49 GewO, § 18 BImSchG, § 8 GastG, § 26 PBefG, § 35 KWG, § 100 UGB-<br />

KomE, DIHT-Leitsätze 1981 Nr. 15<br />

S. auch § 11 Absatz 2 DLRL; s. auch die Begründung zu § 2 Absatz 5.<br />

Muster: § <strong>21</strong> BImSchG; § 3 Absatz 5 und Absatz 5 a GüKG; §§ 48 f VwVfG<br />

Eine Klarstellung zur Anwendbarkeit der §§ 48 ff. der Landes-VwVfG für den Widerruf<br />

und die Rücknahme einer Zulassung ist nicht notwendig, weil die Landes-VwVfG<br />

immer dann anwendbar sind, wenn keine besondere Rechtsvorschriften existieren<br />

(s. etwa Art. 1 Absatz 1 BayVwVfG).<br />

Absatz 2:<br />

Da neben der Erfüllung steuerlicher Pflichten im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung<br />

insbesondere auch die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge relevant ist, ist im<br />

Hinblick auf das Sozialgeheimnis eine Erweiterung auf die Sozialversicherungsträger<br />

sinnvoll.<br />

60 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

61


C. Begründung<br />

§ 25<br />

(§ 35 SGB I : Jeder hat Anspruch darauf, daß die ihn betreffenden Sozialdaten<br />

(§ 67 Absatz 1 SGB X) von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet<br />

oder genutzt werden (Sozialgeheimnis)).<br />

Hinweis: §§ 27 ff. sind im Zusammenhang mit den Untersagensverfügungen nach<br />

§ 25 nicht anwendbar, weil sich §§ 27 ff. auf Gewerbeuntersagungen wegen Unzuverlässigkeit<br />

beziehen (s. auch Überschrift des § 27).<br />

Absatz 1:<br />

Muster: § 15 Absatz 2 GewO; § 20 Absatz 2 BImSchG<br />

Absatz 2:<br />

Muster: § 20 Absatz 1 BImSchG; DIHT 1991, § 10<br />

§ 26<br />

§ 27<br />

In der Mustervorschrift des § 20 Absatz 1 BImSchG wird der Rechtsbegriff „Untersagung“<br />

gebraucht, der hier übernommen wurde.<br />

Muster: § 5 PBefG i. d. F. v. <strong>21</strong>.08.02, BGBl. I, S. 3322, 3338; z.T. Art. 8 Absatz 1 DLRL<br />

Absatz 1:<br />

Teilweise wurde angeregt, über eine Ausweitung des Instruments der Gewerbeuntersagung<br />

auf den Schutz der Lauterkeit nachzudenken, insbesondere im Hinblick auf<br />

die Zahlungsmoral. Hier gibt es bisher nur den Ansatz der insgesamt mangelnden<br />

wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die zu einer Gefahr für die Allgemeinheit führt.<br />

Andererseits würde eine Flankierung einfacher zivilrechtlicher Ansprüche durch das<br />

Gewerberecht dem in § 1 Absatz 2 kodifizierten Grundsatz widersprechen, wonach<br />

Einschränkungen der Gewerbefreiheit nur zum Schutz wichtiger Gründe des „öffentlichen“<br />

Interesses, mithin der Allgemeinheit, zulässig sind. Die <strong>Gewerbeordnung</strong> schützt<br />

nicht den einzelnen Gläubiger. Deshalb kann die Nichteinhaltung zivilrechtlicher<br />

Pflichten die Unzuverlässigkeit nur begründen, wenn der Gewerbetreibende damit<br />

gleichzeitig strafbare Handlungen begeht oder wenn er sich in besonders hartnäckiger<br />

Weise seinen zivilrechtlichen Pflichten entzieht, da hierdurch aus seinem Gesamtverhalten<br />

charakterliche Mängel sichtbar werden, die auf seine Unzuverlässigkeit<br />

schließen lassen<br />

Absatz 2:<br />

Neben der Gewerbeuntersagung werden auch Maßnahmen geringerer Eingriffsintensität<br />

ausdrücklich kodifiziert. Eine Abmahnung in diesem Sinne ist die auf einen<br />

bestimmten Sachverhalt bezogene Androhung von Eingriffsmaßnahmen für den Fall<br />

der Nichtbeseitigung gerügter Missstände.<br />

Absatz 2 Satz 1:<br />

Muster: § 35 I, Absatz 7 a GewO<br />

Absatz 3:<br />

§ 35 Absatz 8 GewO<br />

§ 28<br />

Absatz 1:<br />

Muster: § 35 Absatz 7 GewO<br />

§ 28 Absatz 1 Satz 2 ist als eigenständige Regelung weiterhin trotz der Fiktion des<br />

§ 5 Absatz 1 Satz 2 notwendig, weil ergänzende Regelungen getroffen werden („..oder<br />

in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll“).<br />

Absatz 2:<br />

Muster: § 35 Absatz 4 GewO<br />

Absatz 4:<br />

Muster: z.T. DIHT-Leitsätze Nr. 18; DIHT 1991, § 12 Absatz 2<br />

§ 29<br />

Muster: § 12 GewO<br />

62 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

63


C. Begründung<br />

§ 30<br />

Absatz 1:<br />

Muster: § 35 Absatz 2 GewO;<br />

Absatz 2:<br />

Muster: § 35 Absatz 6 GewO; DIHT-Leitsätze 1981, Nr. 18; DIHT 1991, § 11<br />

§ 31<br />

Vgl. auch Art. 30 Absatz 1, Art. 31 Absatz 4 DLRL.<br />

Diese Vorschrift normiert allgemeine Eingriffsbefugnisse der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörde.<br />

Diese Befugnisse stehen in einem Stufenverhältnis der Eingriffsintensität (Auskunftsverlangen,<br />

Nachschau und Einsichtnahme vor Ort, Aushändigung von Unterlagen).<br />

Diese Eingriffsbefugnisse werden ausdrücklich vom Vorliegen entsprechend<br />

schwerer Gefährdungen des Allgemeinwohls abhängig gemacht. So sollen einerseits<br />

Missstände wirksam bekämpft werden können, andererseits sollen die Gewerbetreibenden<br />

vor überzogenen Kontrollmaßnahmen geschützt werden.<br />

Verpflichtet sind die Gewerbetreibenden, ihre gesetzlichen Vertreter und die zur Führung<br />

des Gewerbebetriebes beauftragten Personen. Ob und inwieweit diese Vorschriften<br />

auch für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige gelten sollen, soweit<br />

sie nicht gewerblich tätig sind (s. dazu Tettinger, a.a.O., § 29 Rn. 6, § 36 Rn. 6, 14), ist<br />

unter systematischen Gesichtspunkten spezialgesetzlich und außerhalb der <strong>Gewerbeordnung</strong><br />

zu regeln. Zu den nicht gewerblich tätigen bzw. freiberuflich tätigen Sachverständigen<br />

zählen solche Sachverständige, deren Sachkunde eine höhere Bildung<br />

erfordert (z.B. Schriftsachverständige, Schiffsbesichtiger, s. Tettinger, a.a.O., § 36 Rn. 6).<br />

Soweit es sich im Übrigen allgemein nicht um Gewerbetreibende handelt, kommen<br />

die allgemeinen Polizei- und Sicherheitsgesetze als Befugnisgrundlage für diese oder<br />

ähnliche Eingriffe unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht.<br />

Absatz 2:<br />

Muster: § 29 GewO, § 54 a PBefG; DIHT 1991, § 9<br />

Absatz 3:<br />

Muster: § 66 UGB AT, § 140 UGB-KomE<br />

§ 32<br />

Muster: z.T. § 60c Absatz 1 S. 1 GewO<br />

Absatz 3:<br />

Die Pflicht, eine Vollmacht bei sich zu führen, dient der kurzfristigen und effektiven<br />

Kontrolle eines evtl. Missbrauchs der Gewerbekarte durch den Mitarbeiter, ohne den<br />

Gewerbetreibenden selbst kontaktieren zu müssen.<br />

§ 33<br />

§ 34<br />

Die Vorschrift enthält die notwendigen Regelungen zur Vorlage der Gewerbekarte.<br />

Von der Normierung einer Verpflichtung des Gewerbetreibenden, seine Mitarbeiter<br />

zur Mitführung der erforderlichen Unterlagen zu verpflichten, wurde hier abgesehen.<br />

Denn es handelt sich letztlich um eine Frage, die das zivilrechtliche Verhältnis<br />

zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer betrifft und insoweit nicht dem Regelungsbereich<br />

der <strong>Gewerbeordnung</strong> zuzuordnen ist.<br />

Muster: § <strong>21</strong> h WHG 2002<br />

Muster: § 35 UGB KomE<br />

Die Möglichkeit, eine Selbstverpflichtung einzugehen, wurde bewusst nicht nur<br />

zugunsten der Wirtschaftsverbände und Gewerbekammern, sondern auch für einzelne<br />

Gewerbetreibende eingerichtet.<br />

Absatz 2:<br />

Muster: § 7 UGB-KomE<br />

64 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

65


C. Begründung<br />

§§ 35-37<br />

In Titel IIl (§§ 35-37) wurden die Straf- und Bußgeldvorschriften einschließlich der Verbote<br />

untergebracht. Erfasst sind Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschriften des Allgemeinen<br />

Teils der <strong>Gewerbeordnung</strong>. Insoweit wurden hier die derzeit gültigen § 144 Absatz 1<br />

Nr. 2, Absatz 4 (teilweise), § 146 Absatz 1 Nr. 1 a und b, Absatz 2 Nr. 1, 4, Absatz 3 GewO<br />

aufgenommen und ergänzt (s. z.B. § 35 Abs. 1 Nr. 7 GewO <strong>21</strong>). §§ 147a, b, 148 und 148 b<br />

GewO wurden in die GewO <strong>21</strong> integriert und systematisch zusammengeführt.<br />

Im Zusammenhang mit den Vorschriften zur Auskunft, Nachschau und Probenahme wurde<br />

der derzeitig geltende Bußgeldtatbestand (§ 146 Absatz 2 Nr. 4 GewO) abgebildet, nach<br />

dem lediglich Pflichtverletzungen im Hinblick auf die Auskunftserteilung (§ 29 Absatz 1<br />

GewO, § 31 Absatz 1 GewO <strong>21</strong>) bußgeldbewehrt sind. Im Übrigen sind bezogen auf § 29<br />

GewO in der geltenden <strong>Gewerbeordnung</strong> keine weiteren Bußgeldtatbestände fixiert worden<br />

(d.h. gerade nicht hinsichtlich § 29 Absatz 2 GewO, Nachschau). Denn es sind in § 29<br />

Absatz 2 GewO keine ausdrücklichen Pflichten normiert, die entsprechenden Maßnahmen<br />

der Nachschau zu dulden (s. Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO-Kommentar, § 29<br />

Rn. 18 m.w.N.). Es können wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes wohl aber nur ausdrücklich<br />

geregelte Pflichten des Gewerbetreibenden bußgeldbewehrt sein, nicht jedoch<br />

Befugnisregelungen zugunsten der Behörde, die nur indirekt die entsprechende Duldungsverpflichtung<br />

des Gewerbetreibenden enthalten (s. dazu auch s. Marcks, in: Landmann/<br />

Rohmer, GewO-Kommentar, § 29 Rn. 18 m.w.N.). Der Bundestag hat für den Bereich<br />

der Nachschau auf die Fixierung solcher ausdrücklicher Duldungsverpflichtungen und<br />

entsprechender Bußgeldtatbestände verzichtet (Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO-<br />

Kommentar, § 29 Rn. 18 m.w.N.). Diese rechtspolitische Entscheidung wird in der GewO <strong>21</strong><br />

übernommen, d.h. im Zusammenhang mit der Nachschau und Probenahme (§ 31 Absatz 2<br />

und 3 GewO <strong>21</strong>) sind keine Bußgeldtatbestände aufgenommen worden, auch wenn einzelne<br />

Regelungen als Pflichten formuliert sind (z.B. „ist der Zutritt zu gewähren“).<br />

Soweit die Vorschriften nicht direkt an den Vorschriften der GewO <strong>21</strong> andocken, knüpfen<br />

sie aber jedenfalls an (potenziell) gewerblich relevanten Sachverhalten an, sodass eine<br />

Verortung in der GewO <strong>21</strong> – wie bisher in der GewO – gerechtfertigt war (§§ 36, 37 Nr. 3).<br />

Verstöße gegen Vorschriften des Besonderen Teils sind an entsprechender Stelle zu normieren.<br />

Insoweit konnte auf eine Übernahme des § 144 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2-4 GewO<br />

(erlaubnisbedürftige stehende Gewerbe) verzichtet werden. Ähnliches gilt für § 146 Absatz<br />

2 Nr. 12, § 147 und § 148a GewO.<br />

Die Vorschriften des § 146 Absatz 2 Nr. 5-11a GewO, die sich auf „Messen, Ausstellungen<br />

und Märkte“ beziehen, konnten ebenso gestrichen werden. § 145 GewO („Verletzung von<br />

Vorschriften über das Reisegewerbe“) wurde wegen des ersatzlosen Wegfalls der Vorschriften<br />

über das Reisegewerbes in der GewO <strong>21</strong> überflüssig. Es wurde im Hinblick auf die Gewerbekarte<br />

lediglich § 145 Absatz 3 Nr. 3 GewO sinngemäß nachgebildet. § 146 Absatz 1<br />

Nr. 1a und 2 GewO fallen weg.<br />

§ 38<br />

Absatz 1:<br />

§ 38 Absatz 1 entspricht in den Grundzügen § 155 Absatz 2 der geltenden <strong>Gewerbeordnung</strong>,<br />

wobei die Formulierung etwas offener gehalten wurde („durch Landesrecht“).<br />

Absatz 2:<br />

Absatz 2 führt die Idee eines „One-Stop-Shops“ für Gewerbetreibende bei der <strong>Industrie</strong>-<br />

und Handelskammer und Handwerkskammer weiter. Es wird die Möglichkeit<br />

eingeräumt, dass durch Landesrecht einzelne staatliche Aufgaben der <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden<br />

auf die <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern sowie Handwerkskammern<br />

übertragen werden können. Die Kammern sind dann insoweit <strong>Gewerbeordnung</strong>sbehörden.<br />

Ausdrücklich klargestellt wird, dass die Kammern bei der Erfüllung der Aufgaben der<br />

Rechtsaufsicht und nicht der Fachaufsicht unterliegen. Grund hierfür ist die Verwaltungseffizienz.<br />

Bei einer Übertragung in Fachaufsicht müsste der Staat entsprechende<br />

Überwachungsstrukturen aufbauen. Ein weiterer Grund ist die klare systematische<br />

Abgrenzung von Staatsverwaltung und funktionaler Selbstverwaltung.<br />

Dass sich mittel bare Auswirkungen auf Nichtmitglieder der Kammern, hier insbesondere<br />

die Verbraucher und die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, ergeben<br />

können, ist im Verwaltungsrecht nicht unüblich. So sind zum Beispiel im Bereich der<br />

Berufsbildung hoheitliche Funktionen der Kammern gegenüber den Auszubildenden<br />

seit Jahrzehnten anerkannt, bei denen es sogar um existenzielle Entscheidungen über<br />

die berufliche Zukunft des ein zelnen Auszubildenden geht. Soweit einzelne Nichtmitglieder<br />

durch eine Maßnahme oder Unterlassung einer Kammer in ihren Rechten<br />

beeinträchtigt würden, besteht eine ausreichende Kontrolle über den Verwaltungsgerichtsweg.<br />

Absatz 3:<br />

Sollte den <strong>Industrie</strong>- und Handelskammern sowie Handwerkskammern das Anmeldeverfahren<br />

übertragen werden, können sie anstelle der Gewerbekarte auch eine<br />

Mitgliedskarte ausstellen (teilweise als „Chamber-Card“ bezeichnet). Dieses Ausweisdokument<br />

wird gesetzlich ausdrücklich zugelassen.<br />

66 <strong>Gewerbeordnung</strong> <strong>21</strong> Ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Dienstleistungsrechts<br />

67


Redaktion Dr. jur. Mona Moraht (Ltg.) I D<strong>IHK</strong><br />

Christian Graf; Dr. jur. Sven Eisenmenger I HK Hamburg<br />

Herausgeber ©D<strong>IHK</strong> - <strong>Deutscher</strong> <strong>Industrie</strong>- und Handelskammertag e.V.<br />

Stand Mai 2009<br />

Postanschrift: 11052 Berlin<br />

Besucheranschrift: Breite Straße 29 | Berlin-Mitte<br />

Telefon (030) 20 308-0 | Telefax (030) 20 308-1000<br />

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Druck Köllen Druck | Bonn<br />

Alle Rechte liegen beim Herausgeber.<br />

Ein Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit ausdrücklicher<br />

schriftlicher Genehmigung des Herausgebers gestattet.

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