2003 Regelmäßiger Bericht über die Fortschritte der Türkei auf dem ...

2003 Regelmäßiger Bericht über die Fortschritte der Türkei auf dem ... 2003 Regelmäßiger Bericht über die Fortschritte der Türkei auf dem ...

10.03.2013 Aufrufe

anhand der EU-Standards und die Berücksichtigung der Präzedenzrechtsprechung des EGMR wären nötig. Was die Lage der nicht-sunnitischen Muslime betrifft, so ist eine Veränderung in Bezug auf die Aleviten eingetreten. Die früher verbotene Union alevitischer und bektaschischer Vereinigungen erhielt im April 2003 Rechtsfähigkeit und darf somit ihre Tätigkeiten ausüben. Weiterhin besorgniserregend ist jedoch die Zusammensetzung des Direktorats für religiöse Angelegenheiten (Diyanet) und der Pflichtreligionsunterricht in Schulen, die die alevitische Identität nicht anerkennen. Gegen die Gemeinschaft der Bahai ist ein Rechtsverfahren im Hinblick auf die Enteignung einer als Gebetsstätte genutzten Immobilie in Edirne anhängig. Die Themen Asylbewerber und Menschenhandel werden in Kapitel 24 - Justiz und Inneres behandelt. Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Im Zusammenhang mit der Gleichbehandlung der Geschlechter wurde im Rahmen des sechsten Reformpakets das Strafgesetzbuch geändert, um Bedenken in Bezug auf "Ehrenmorde" auszuräumen. Artikel 462, der für so genannte "Ehrenmorde" verringerte Strafen vorsah, wurde abgeschafft. Die allgemeinere Bestimmung in Artikel 51 über unter dem Eindruck "äußerster Provokation" begangene Straftaten bleibt jedoch bestehen und wird bei Tatbeständen angewandt, die sich nach traditioneller Auffassung gegen die "Tugend" richten. Artikel 453 Strafgesetzbuch wurde geändert, um die Strafen für "Ehrenmorde" an unehelichen Kindern heraufzusetzen. Gewalt gegen Frauen ist in der Türkei noch immer weit verbreitet. Verschiedenen Berichten zufolge ist über die Hälfte der weiblichen Bevölkerung im Familienkreis körperlichen und psychologischen Formen der Gewalt ausgesetzt. Im neuen Beschäftigungsgesetz vom Mai 2003 wird in Beschäftigungsfragen der Grundsatz der Gleichbehandlung zwischen Personen unabhängig von deren Geschlecht, Rasse und ethnischer Herkunft, Religion und Weltanschauung anerkannt. Das effektive Verbot von Diskriminierung am Arbeitsplatz jedoch wird durch die Rechtsvorschriften noch nicht garantiert und es bedarf weiterer Fortschritte, um die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern wie sie im EU-Recht festgelegt und in Artikel 1(2) und 20 der Europäischen Sozialcharta niedergelegt ist. Artikel 8 der Europäischen Sozialcharta über das Recht beschäftigter Frauen auf Mutterschutz hat die Türkei noch nicht akzeptiert. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach die gleichberechtigte Teilung der während der Ehe erworbener Güter möglich ist (unter der Voraussetzung einer besonderen Erklärung bei nach Januar 2002 geschlossenen Ehen), wurden nur in sehr begrenztem Umfang angewandt. In gewählten Gremien und in der Regierung sind Frauen nach wie vor wenig vertreten. Von den 550 Parlamentsabgeordneten sind 24 Frauen. Die parlamentarische Geschäftsordnung trägt der Aufhebung des Hosenverbots für weibliche Beamte noch immer nicht Rechnung. Im März 2003 wurde erstmals in der Regierung ein Frauenressort eingerichtet. 40

Artikel 15 der Europäischen Sozialcharta über die Rechte Behinderter wurde von der Türkei noch nicht akzeptiert. Das neue Beschäftigungsgesetz sieht jedoch vor, dass an Arbeitsstätten mit über 50 Angestellten gemäß einer jährlich festgelegten Quote eine bestimmte Anzahl an Behinderten beschäftigt werden muss. Im Hinblick auf die Rechte des Kindes wurde zwar seit 1971 das Mindestalter für Kinderarbeit von 12 auf 15 Jahre angehoben, doch ist insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen und in der Landwirtschaft noch eine erhebliche Anzahl an Kindern unter 15 beschäftigt, denen damit das in Artikel 7 der Europäischen Sozialcharta niedergelegte Recht auf Bildung verweigert wird. Wie bereits erwähnt, wurde im Rahmen des siebten Reformpakets Artikel 6 des Gesetzes über die Einrichtung vor Jugendgerichten und deren Aufgaben und Verfahren geändert und das Alter, bis zu dem Jugendliche unter die Jugendgerichtsbarkeit fallen, von 15 auf 18 angehoben. Mit der Ratifikation des Europäischen Übereinkommens über die Rechte des Kindes im Juni 2002 demonstrierte die Türkei ihr Engagement für den Schutz der Kinder. Sie hat jedoch immer noch nicht Artikel 7 ("Recht der Kinder und Jugendlichen auf Schutz") und Artikel 17 ("Recht der Mütter und Kinder auf sozialen und wirtschaftlichen Schutz") der Europäischen Sozialcharta akzeptiert. Was die Gewerkschaften betrifft, so wurden hinsichtlich der Akzeptanz von Artikel 5 ("Koalitionsfreiheit") und Artikel 6 ("Recht auf Kollektivverhandlungen" einschließlich Streikrecht) der Europäischen Sozialcharta keine Fortschritte erzielt. Im öffentlichen Sektor wurde das Gesetz vom Juni 2001, das beträchtliche Einschränkungen der Koalitionsfreiheit und den Ausschluss des Streikrechts und des Rechts auf Kollektivverhandlungen enthält, nicht geändert. Die Türkei hat die 1996 überarbeitete Europäische Sozialcharta noch nicht unterzeichnet (siehe auch Kapitel 13 - Sozialpolitik und Beschäftigung). Im Hinblick auf die kulturellen Rechte wurden mit dem sechsten Reformpaket zahlreiche Änderungen eingeführt. Wie an anderer Stelle erwähnt (über Rundfunk siehe Abschnitt B.1.3 – Menschenrechte und Minderheitenschutz – Bürgerliche und politische Rechte) wurde geregelt, dass Privatsender sowie die öffentliche Rundfunkanstalt Radio- und Fernsehsendungen in traditionell von den türkischen Bürgern gesprochenen Sprachen und Dialekten ausstrahlen können. Das Standesregistergesetz wurde dahingehend geändert, dass Eltern ihren Kindern den von ihnen gewünschten Namen geben dürfen, vorausgesetzt, diese Namen stehen in Einklang mit den "moralischen Werten" und verletzen nicht die Öffentlichkeit. Der Hinweis auf "politisch" anstößige Namen wurde aus dem Gesetz gestrichen. Im September 2003 wurde jedoch ein Rundschreiben verteilt, mit dem der Geltungsbereich der Änderung eingeschränkt und der Gebrauch von Namen mit den die gewöhnlich im Kurdischen verwendeten Buchstaben q, w und x, verboten wird. Mit dem vierten Reformpaket wurde durch eine Änderung von Artikel 6 des Gesetzes über Vereinigungen den Vereinigungen die Möglichkeit gegeben, in ihrem nicht offiziellen Schriftverkehr ausländische Sprachen zu gebrauchen (siehe Abschnitt B.1.3 – Menschenrechte und Minderheitenschutz – Bürgerliche und politische Rechte, über Vereinigungsfreiheit). Der Gebrauch anderer Sprachen und Dialekte als Türkisch in den Bereichen Film, Künste, Festivals, Kulturveranstaltungen und Radiosendungen unterliegt jedoch immer 41

Artikel 15 <strong>der</strong> Europäischen Sozialcharta <strong>über</strong> <strong>die</strong> Rechte Behin<strong>der</strong>ter wurde von <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong> noch nicht akzeptiert. Das neue Beschäftigungsgesetz sieht jedoch vor, dass an<br />

Arbeitsstätten mit <strong>über</strong> 50 Angestellten gemäß einer jährlich festgelegten Quote eine<br />

bestimmte Anzahl an Behin<strong>der</strong>ten beschäftigt werden muss.<br />

Im Hinblick <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Rechte des Kindes wurde zwar seit 1971 das Mindestalter für<br />

Kin<strong>der</strong>arbeit von 12 <strong>auf</strong> 15 Jahre angehoben, doch ist insbeson<strong>der</strong>e in kleinen und<br />

mittleren Unternehmen und in <strong>der</strong> Landwirtschaft noch eine erhebliche Anzahl an<br />

Kin<strong>der</strong>n unter 15 beschäftigt, denen damit das in Artikel 7 <strong>der</strong> Europäischen Sozialcharta<br />

nie<strong>der</strong>gelegte Recht <strong>auf</strong> Bildung verweigert wird. Wie bereits erwähnt, wurde im<br />

Rahmen des siebten Reformpakets Artikel 6 des Gesetzes <strong>über</strong> <strong>die</strong> Einrichtung vor<br />

Jugendgerichten und <strong>der</strong>en Aufgaben und Verfahren geän<strong>der</strong>t und das Alter, bis zu <strong>dem</strong><br />

Jugendliche unter <strong>die</strong> Jugendgerichtsbarkeit fallen, von 15 <strong>auf</strong> 18 angehoben.<br />

Mit <strong>der</strong> Ratifikation des Europäischen Übereinkommens <strong>über</strong> <strong>die</strong> Rechte des Kindes im<br />

Juni 2002 <strong>dem</strong>onstrierte <strong>die</strong> <strong>Türkei</strong> ihr Engagement für den Schutz <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>. Sie hat<br />

jedoch immer noch nicht Artikel 7 ("Recht <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen <strong>auf</strong> Schutz")<br />

und Artikel 17 ("Recht <strong>der</strong> Mütter und Kin<strong>der</strong> <strong>auf</strong> sozialen und wirtschaftlichen Schutz")<br />

<strong>der</strong> Europäischen Sozialcharta akzeptiert.<br />

Was <strong>die</strong> Gewerkschaften betrifft, so wurden hinsichtlich <strong>der</strong> Akzeptanz von Artikel 5<br />

("Koalitionsfreiheit") und Artikel 6 ("Recht <strong>auf</strong> Kollektivverhandlungen" einschließlich<br />

Streikrecht) <strong>der</strong> Europäischen Sozialcharta keine <strong>Fortschritte</strong> erzielt. Im öffentlichen<br />

Sektor wurde das Gesetz vom Juni 2001, das beträchtliche Einschränkungen <strong>der</strong><br />

Koalitionsfreiheit und den Ausschluss des Streikrechts und des Rechts <strong>auf</strong><br />

Kollektivverhandlungen enthält, nicht geän<strong>der</strong>t.<br />

Die <strong>Türkei</strong> hat <strong>die</strong> 1996 <strong>über</strong>arbeitete Europäische Sozialcharta noch nicht unterzeichnet<br />

(siehe auch Kapitel 13 - Sozialpolitik und Beschäftigung).<br />

Im Hinblick <strong>auf</strong> <strong>die</strong> kulturellen Rechte wurden mit <strong>dem</strong> sechsten Reformpaket<br />

zahlreiche Än<strong>der</strong>ungen eingeführt. Wie an an<strong>der</strong>er Stelle erwähnt (<strong>über</strong> Rundfunk siehe<br />

Abschnitt B.1.3 – Menschenrechte und Min<strong>der</strong>heitenschutz – Bürgerliche und politische<br />

Rechte) wurde geregelt, dass Privatsen<strong>der</strong> sowie <strong>die</strong> öffentliche Rundfunkanstalt Radio-<br />

und Fernsehsendungen in traditionell von den türkischen Bürgern gesprochenen<br />

Sprachen und Dialekten ausstrahlen können. Das Standesregistergesetz wurde<br />

dahingehend geän<strong>der</strong>t, dass Eltern ihren Kin<strong>der</strong>n den von ihnen gewünschten Namen<br />

geben dürfen, vorausgesetzt, <strong>die</strong>se Namen stehen in Einklang mit den "moralischen<br />

Werten" und verletzen nicht <strong>die</strong> Öffentlichkeit. Der Hinweis <strong>auf</strong> "politisch" anstößige<br />

Namen wurde aus <strong>dem</strong> Gesetz gestrichen. Im September <strong>2003</strong> wurde jedoch ein<br />

Rundschreiben verteilt, mit <strong>dem</strong> <strong>der</strong> Geltungsbereich <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung eingeschränkt und<br />

<strong>der</strong> Gebrauch von Namen mit den <strong>die</strong> gewöhnlich im Kurdischen verwendeten<br />

Buchstaben q, w und x, verboten wird.<br />

Mit <strong>dem</strong> vierten Reformpaket wurde durch eine Än<strong>der</strong>ung von Artikel 6 des Gesetzes<br />

<strong>über</strong> Vereinigungen den Vereinigungen <strong>die</strong> Möglichkeit gegeben, in ihrem nicht<br />

offiziellen Schriftverkehr ausländische Sprachen zu gebrauchen (siehe Abschnitt B.1.3 –<br />

Menschenrechte und Min<strong>der</strong>heitenschutz – Bürgerliche und politische Rechte, <strong>über</strong><br />

Vereinigungsfreiheit).<br />

Der Gebrauch an<strong>der</strong>er Sprachen und Dialekte als Türkisch in den Bereichen Film,<br />

Künste, Festivals, Kulturveranstaltungen und Radiosendungen unterliegt jedoch immer<br />

41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!