Pfarrbrief - Seelsorgeraum Stubai
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kam. So wurden aus dem kaiserlichen<br />
Hofzeremoniell viele Gewänder,<br />
Einrichtungen und Gestaltungs ele -<br />
men te in die Liturgie übernommen.<br />
Mit dem Zerfall des römischen Rei -<br />
ches im 5. Jhdt. begann für die Kirche<br />
eine intensive Zeit der Missionierung.<br />
Dabei flossen in das Christentum<br />
auch die Bräuche und Vorstellungen<br />
anderer Völker, besonders der<br />
Germanen, ein. Die „neuen" christlichen<br />
Völker verstanden aber vieles<br />
nicht mehr, etwa die lateinische<br />
Gottesdienstsprache. Deshalb kam<br />
es nun oft zu Missverständnissen.<br />
Die Liturgie wurde nicht mehr als<br />
christliche Gemeinschaftsfeier verstanden,<br />
sondern als magischer Akt.<br />
Die Wandlungsworte wurden von einfachen<br />
Leuten nicht selten als<br />
Zaubersprüche verstanden. So entstand<br />
etwa die Zauberformel „Hokus-<br />
Pokus" aus einer Verstümmelung der<br />
lateinischen Wandlungsworte „Hoc<br />
est enim corpus meum" (Das ist mein<br />
Leib). Die Menschen sahen und hörten<br />
zwar, was der Priester tat, verstanden<br />
aber den Zusammenhang<br />
nicht mehr richtig. (Oft denke ich mir,<br />
dass wir teilweise wieder bei dieser<br />
Situation angelangt sind, wo Men -<br />
schen nicht mehr verstehen, was der<br />
Priester in der Messe tut, obwohl sie<br />
alles in ihrer Muttersprache hören.)<br />
Sie meinten, dass der Priester durch<br />
einen Zauberspruch Brot und Wein in<br />
den Leib und das Blut Christi verwandeln<br />
konnte. So stammen viele<br />
Legenden von Hostien - und Blut -<br />
wundern aus dieser Zeit.<br />
Ebenso entwickelte sich immer stärker<br />
die missbräuchliche Vorstellung,<br />
Seite 11<br />
durch die Bezahlung von Messen mit<br />
Gott Handel treiben zu können. Diese<br />
Fehldeutungen finden wir mitunter<br />
heute noch. Daher muss unser<br />
Bemühen auch dahin gehen, die<br />
Gottesdienste so zu gestalten, dass<br />
das eigentliche und ursprüngliche<br />
Anliegen Jesu, miteinander zu feiern,<br />
wieder klar im Mittelpunkt steht.<br />
Bis zum 2. Vat. Konzil wurde die<br />
Liturgie ausschließlich als „Dienst an<br />
Gott" gesehen. Ob die Menschen die<br />
Handlungen, Texte und Gebete verstanden,<br />
war nebensächlich.<br />
In der heutigen Gottesdienstge -<br />
staltung ist aber wichtig, dass die<br />
Menschen und ihr Leben, ihr Leid<br />
und ihre Freude im gemeinsamen<br />
christlichen Feiern einfließen. Gottes -<br />
dienst ist deshalb zuerst „Gottes<br />
Dienst an uns Menschen"!<br />
Das gottesdienstliche Feiern hat sich<br />
in den zweitausend Jahren sehr<br />
geändert und in vielen Bereichen<br />
auch erneuert. Schade ist meiner<br />
Meinung nach nur, dass viele „getaufte<br />
Christen“ das so nicht wahrnehmen<br />
wollen, alles als einen verknöcherten,<br />
alten Apparat bezeichnen<br />
und selber nicht bereit sind, ihr<br />
„Scherflein" zur Veränderung beizutragen.<br />
Pfarrer Josef Scheiring<br />
Allgemein