Einzelhandelskonzept der Stadt Mühlhausen (*.pdf 2907 KB)
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<strong>Einzelhandelskonzept</strong><br />
für die <strong>Stadt</strong><br />
MÜHLHAUSEN / THÜRINGEN<br />
Auftraggeber: <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Projektbearbeitung: Dipl.-Geogr. Stefan Wolf<br />
Projektverantwortung: Dr. Manfred Bauer<br />
Erfurt, Januar 2009<br />
Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH<br />
Ludwigsburg | Büros in Erfurt, Köln, München<br />
Geschäftsführer: Dr. Manfred Bauer, Dr. Stefan Holl<br />
Tschaikowskistraße 19, 99096 Erfurt<br />
Telefon: 0361 - 347680 Telefax: 0361 - 3476819<br />
Email: info@gma.biz Internet: www.gma.biz
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Vorbemerkung<br />
Die GMA, Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH, Büro Erfurt, erhielt im Juli<br />
2008 von <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> den Auftrag zur Erarbeitung eines gesamtstädtischen<br />
<strong>Einzelhandelskonzept</strong>es. Die Untersuchung soll als Grundlage für eine strategische und<br />
städtebaulich verträgliche Einzelhandelsentwicklung im <strong>Stadt</strong>gebiet dienen, wobei <strong>der</strong><br />
Sicherung zentraler Versorgungsbereiche gemäß § 34 Absatz 3 BauGB, § 11 Absatz 3<br />
BauNVO sowie § 9 Abs. 2a BauGB eine herausragende Bedeutung zukommt.<br />
Die Datengrundlage für die im Rahmen <strong>der</strong> Untersuchung zu behandelnden Aufgaben-<br />
stellungen wurde durch eine Primärerhebung im Juli 2008 gewonnen. Für die Ausarbei-<br />
tung <strong>der</strong> Analyse standen <strong>der</strong> GMA zudem sekundärstatistische Materialien <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>ver-<br />
waltung <strong>Mühlhausen</strong>, des Thüringer Landesamtes für Statistik, des Statistischen Bundes-<br />
amtes und zahlreiche weitere Fachpublikationen zur Verfügung. Das verwendete Zahlen-<br />
material wurde einer sorgfältigen Prüfung unterzogen. Sämtliche Daten und Informationen<br />
wurden von Mitarbeitern <strong>der</strong> GMA nach bestem Wissen erhoben, aufbereitet und ausge-<br />
wertet.<br />
Dieser Bericht dient <strong>der</strong> Entscheidungsvorbereitung und -findung in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> Mühlhau-<br />
sen. Eine Vervielfältigung o<strong>der</strong> Weitergabe <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung bedarf <strong>der</strong><br />
schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers und <strong>der</strong> GMA.<br />
G M A<br />
Gesellschaft für Markt- und<br />
Absatzforschung mbH<br />
Büro Erfurt<br />
Erfurt, Januar 2009<br />
BAU WFT skh web
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
INHALTSVERZEICHNIS Seite<br />
Vorbemerkung<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
I Aufgabenstellung / Untersuchungsdesign 1<br />
II Allgemeine Struktur- und Standortentwicklung im<br />
Einzelhandel 2<br />
1. Tendenzen <strong>der</strong> Einzelhandelsentwicklung 2<br />
2. Entwicklungstrends im Lebensmitteleinzelhandel 9<br />
3. Mittelfristige Einzelhandelsentwicklung 11<br />
III Rechtsrahmen zur Steuerung <strong>der</strong> Standortentwicklung im<br />
Einzelhandel 16<br />
1. Planungsrechtliches Instrumentarium zur Steuerung <strong>der</strong><br />
Standortentwicklung im Einzelhandel 16<br />
2. Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung 17<br />
3. Landes- und Regionalplanung 21<br />
IV Standortbeschreibung / Kerneinzugsgebiet und Kaufkraft 23<br />
1. Standortbeschreibung <strong>Mühlhausen</strong> 23<br />
2. Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 30<br />
3. Kaufkraftvolumen 32<br />
3.1 Systematik <strong>der</strong> Kaufkraftberechnung 33<br />
3.2 Grundlagen <strong>der</strong> Kaufkraftberechnung 34<br />
3.3 Kaufkraftvolumen im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 35<br />
3.4 Kaufkraftprognose für das Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser<br />
Einzelhandels bis 2015 36
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
V Situation des Einzelhandelsstandortes <strong>Mühlhausen</strong> 39<br />
1. Einzelhandelssituation in <strong>der</strong> Gesamtstadt 39<br />
2. Ausgewählte Ausstattungs- und Strukturkennziffern des Mühlhäuser<br />
Einzelhandels 45<br />
3. Leerstandssituation des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong> 47<br />
4. Umsatzleistung und Kaufkraftbewegungen des Mühlhäuser<br />
Einzelhandels 48<br />
4.1 Umsatzleistung des Mühlhäuser Einzelhandels 2007 48<br />
4.2 Kaufkraftbewegungen des Mühlhäuser Einzelhandels 2007 50<br />
4.2.1 Kaufkraftbewegungen bei Nahrungs- und Genussmitteln 50<br />
4.2.2 Kaufkraftbewegungen bei Nichtlebensmitteln 51<br />
4.3 Kaufkraftbewegungen im Einzelhandel insgesamt 51<br />
4.4 Kaufkraftbewegungen im überörtlichen Kerneinzugsgebiet 52<br />
5. Umsatz- und Verkaufsflächenprognose des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
bis 2015 54<br />
VI Branchen- und Standortkonzept für den Mühlhäuser<br />
Einzelhandel 58<br />
1. Zentraler Versorgungsbereich „Einkaufsinnenstadt“ 60<br />
2. Zentrale Versorgungsbereiche „Nahversorgungslagen“ 70<br />
VII Zusammenfassung <strong>der</strong> Untersuchungsergebnisse 80<br />
Karten-, Tabellen-, Abbildungs- und Übersichtsverzeichnis 83
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
I Aufgabenstellung / Untersuchungsdesign<br />
<strong>Mühlhausen</strong> zählt <strong>der</strong>zeit ca. 36.560 Einwohner 1 und ist von <strong>der</strong> Landesplanung Thürin-<br />
gens als Mittelzentrum mit Teilfunktion eines Oberzentrums eingestuft. Auf Grund ihrer<br />
gehobenen zentralörtlichen Wertigkeit hat die <strong>Stadt</strong> sowohl für die eigene Bevölkerung als<br />
auch für das dazugehörige Umland umfassende Versorgungsfunktionen im Einzelhandel<br />
zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund hat die <strong>Stadt</strong>verwaltung ein Einzelhandelsgutachten<br />
in Auftrag gegeben, das die realen Entwicklungspotenziale dieser Wirtschaftsgruppe bis<br />
2015 definieren soll und daraus Erfolg versprechende Strategien für die Standortentwick-<br />
lung ableitet. In dem Gutachten sind die demographischen Trends im <strong>Stadt</strong>- und Einzugs-<br />
gebiet, aber auch allgemeine strukturelle Verän<strong>der</strong>ungen des Einzelhandels und Kunden-<br />
verhaltens zu berücksichtigen.<br />
Wesentliche Aufgabe des Einzelhandelsgutachtens ist es, die Angebots- und Nachfrage-<br />
strukturen <strong>der</strong> Wirtschaftsgruppe zu analysieren und die realen Entwicklungsperspektiven<br />
zu prognostizieren. Im Einzelnen werden dazu folgende Fragestellungen behandelt:<br />
Bestand des Einzelhandels und Ladenhandwerks im <strong>Stadt</strong>gebiet<br />
Abgrenzung des Kerneinzugsgebietes für den Mühlhäuser Einzelhandel / Berech-<br />
nung und Prognose <strong>der</strong> Kaufkraft für die Jahre 2007 und 2015<br />
Ermittlung <strong>der</strong> aktuellen Marktbedeutung und Umsatzleistung des Mühlhäuser Ein-<br />
zelhandels / Prognose <strong>der</strong> Umsatzleistung bis 2015<br />
Analyse <strong>der</strong> Kaufkraftbewegungen und <strong>der</strong> Versorgungszentralität<br />
Stärken-Schwächen-Profil des Einzelhandelsstandortes<br />
Prognose des wirtschaftlich tragfähigen und städtebaulich verträglichen Verkaufs-<br />
flächenbedarfes bis zum Jahr 2015<br />
Identifikation und Klassifikation „zentraler Versorgungsbereiche“ / Ausarbeitung<br />
einer stadtspezifischen Sortimentsliste mit zentrenrelevanten Waren<br />
Erstellung eines Handlungskataloges, mit Empfehlungen zur Attraktivierung des<br />
Einkaufsortes und seiner zentralen Versorgungsbereiche.<br />
Der Untersuchungszeitraum vorliegen<strong>der</strong> Analyse erstreckt sich bis zum Jahr 2015. Bis<br />
zu diesem Zeitpunkt sollte eine sukzessive Umsetzung <strong>der</strong> gutachterlichen Empfehlungen<br />
angestrebt werden.<br />
1 Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik, Stand 31.12.2007.<br />
1
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
II Allgemeine Struktur- und Standortentwicklung im Einzelhandel<br />
Eine Beurteilung <strong>der</strong> Einzelhandelssituation in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> kann nicht losgelöst<br />
von allgemeinen Entwicklungstendenzen des Einzelhandels in Deutschland erfolgen.<br />
Deshalb werden nachfolgend einige <strong>der</strong> wesentlichen Aspekte des Strukturwandels dieser<br />
Wirtschaftsgruppe dargestellt.<br />
1. Tendenzen <strong>der</strong> Einzelhandelsentwicklung<br />
Seit Anfang <strong>der</strong> 1970er Jahre vollzieht sich im deutschen Einzelhandel ein Strukturwan-<br />
del, <strong>der</strong> v. a. zu Lasten unternehmergeführter Fachgeschäfte geht. Als Gewinner zeigen<br />
sich an<strong>der</strong>erseits filialisierte und discountorientierte Unternehmen sowie Franchisekon-<br />
zepte, welche ihre größenbedingten, beschaffungsseitigen und logistischen Vorteile nut-<br />
zen.<br />
Neben gesellschaftlichen und demografischen Wandlungsprozessen (u. a. Verschiebung<br />
<strong>der</strong> Altersstruktur, Trend zu kleineren Familieneinheiten) hat v. a. die Neubewertung von<br />
Standortfaktoren und Standortqualitäten durch Einzelhandelsunternehmen Verände-<br />
rungen <strong>der</strong> Handelslandschaft induziert. Gleichzeitig hat <strong>der</strong> Anstieg <strong>der</strong> Mobilität die<br />
Standortwertigkeit von Einkaufslagen verän<strong>der</strong>t. Die Massenmobilität zeitigte v. a. folgen-<br />
de Effekte:<br />
Sie löste eine <strong>Stadt</strong>-Umland-Wan<strong>der</strong>ung aus, d. h. es entstanden um die <strong>Stadt</strong>-<br />
zentren herum neue Wohnstandorte. Ab einer gewissen Größe dieser Siedlungs-<br />
bereiche waren die Voraussetzungen für die Entwicklung neuer Versorgungslagen<br />
gegeben.<br />
Sie ermöglichte die Etablierung rein autokundenorientierter Standorte außer-<br />
halb geschlossener Siedlungskörper. Als beson<strong>der</strong>s profitable Einzelhandels-<br />
standorte kristallisierten sich dabei aus Betreibersicht v. a. die Schnittstellen von<br />
Fern- und Bundesstraßen sowie Durchgangs- und Ausfallstraßen mit hoher Ver-<br />
kehrsfrequenz heraus.<br />
2
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Sie bedingte einen stetig wachsenden Stellplatzbedarf und konfrontierte damit<br />
den Handel in den Innenstädten mit schwierig o<strong>der</strong> nur sehr kostenaufwändig zu<br />
lösenden Problemen.<br />
Sie profilierte die Benutzung des Pkw zum Warentransport und erhöhte sukzes-<br />
sive die Bedeutung des sog. „One-Stop-Shopping“. Von dieser Entwicklung profi-<br />
tierten v. a. Großflächenbetriebe mit einem breiten und tiefen Warenangebot, wie<br />
z. B. SB-Warenhäuser und Fachmärkte.<br />
Vor allem infolge eines Bedeutungszuwachses großflächiger Betriebe verzeichnete <strong>der</strong><br />
Einzelhandel in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n ab 1990 einen Verkaufsflächenzuwachs von<br />
ca. 28 Mio. m² (+ 39 %). In den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n verlief die Verkaufsflächenexpansi-<br />
on sogar noch rasanter. Hier entstanden in den Jahren nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung etwa<br />
15 Mio. m² Verkaufsfläche neu (vgl. Abb. 1).<br />
Abb. 1: Verkaufsflächenwachstum im deutschen Einzelhandel 1980 – 2008<br />
Mio. m²<br />
63<br />
58<br />
5<br />
* Prognose<br />
77<br />
71<br />
6<br />
76<br />
12<br />
88<br />
15<br />
80<br />
95<br />
18<br />
91<br />
109<br />
19<br />
92<br />
111<br />
19<br />
93<br />
1980 1990 1993 1995 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
112<br />
20<br />
94<br />
114<br />
95<br />
20<br />
115<br />
21<br />
96<br />
116<br />
Neue Bundeslän<strong>der</strong> Alte Bundeslän<strong>der</strong> Deutschland<br />
21<br />
97<br />
118<br />
21<br />
98<br />
119<br />
99<br />
21<br />
120*<br />
Quelle: GMA-Darstellung nach HDE<br />
3
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Das Verkaufsflächenwachstum des Einzelhandels vollzog sich in den vergangenen 10<br />
Jahren zu mehr als zwei Dritteln außerhalb traditioneller Geschäftslagen. In <strong>der</strong> Folge<br />
wuchsen die Verkaufsflächen an dezentralen und solitären Standorten stark an, wäh-<br />
rend die Geschäftslagen <strong>der</strong> Innenstädte, die <strong>Stadt</strong>teilzentren und die Nahversorgungsla-<br />
gen einen Bedeutungsverlust hinnehmen mussten. Ihr relativer Anteil am Verkaufsflä-<br />
chenbestand sank um mehr als 10 %.<br />
Im Hinblick auf die spezielle Entwicklung des Einzelhandels in den Innenstädten wa-<br />
ren in den vergangenen Jahren folgende wesentliche Trends festzustellen:<br />
Die Konsumzurückhaltung breiter Bevölkerungsschichten und <strong>der</strong> Wunsch <strong>der</strong><br />
Verbraucher v. a. preiswert einzukaufen, hat zu einer Absenkung des Qualitätsni-<br />
veaus <strong>der</strong> Einzelhandelssortimente geführt; vielerorts geraten dadurch Anbieter<br />
des mittleren Preissegments unter Druck.<br />
Die 1b- und 1c-Lagen haben mit einem Bedeutungsverlust zu kämpfen. Hier treten<br />
verstärkt Fluktuation und Leerstandsbildung auf. Meist sind 1a-Lagen von die-<br />
ser Entwicklung noch nicht betroffen.<br />
Die Konzentrationstendenz im Einzelhandel führt in Innenstädten zur Uniformität<br />
des Betriebs- und Warenangebotes (Stichwort: Banalisierung).<br />
Die Warenhäuser und <strong>der</strong> Fachhandel verlieren als Leitbetriebe <strong>der</strong> Innenstädte<br />
an Boden. An ihre Stelle treten zunehmend Handelsmarken (sog. „Retail<br />
Brands“), die bundesweit beworben werden.<br />
Als beson<strong>der</strong>s erfolgreiche Angebotsform kristallisieren sich multifunktionale<br />
Einkaufszentren heraus. Ihr Markterfolg gründet sich u. a. auf ein stringentes Ma-<br />
nagement und aufwändige Marketingmaßnahmen sowie attraktive bauliche Rah-<br />
menbedingungen (Stichworte: Sauberkeit, Sicherheit). Innerstädtische Einkaufs-<br />
zentren erreichten – flächenbereinigt – in den vergangenen Jahren Umsatzsteige-<br />
rungen von bis zu 5 % pro Jahr.<br />
4
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Der Erfolg von Shopping-Centern ist auch statistisch belegbar. Ihre Zahl nahm in den ver-<br />
gangenen 40 Jahren von 2 auf 399 zu und ihre Gesamtverkaufsfläche liegt in Deutsch-<br />
land mittlerweile bei ca. 12,6 Mio. m² (vgl. Abb. 2). Neubauten werden erfreulicherweise<br />
bevorzugt in den Innenstädten realisiert. Rund 60 % <strong>der</strong> Einkaufszentren werden in jünge-<br />
rer Zeit in dieser Standortlage errichtet, immerhin 33 % in <strong>Stadt</strong>teilzentren und nur noch<br />
etwa 7 % in dezentralen Lagen 1 .<br />
Abb. 2: Entwicklung von Shopping-Centern in Deutschland 1965 – 2008<br />
Anzahl <strong>der</strong> Shopping-Center<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
0,1<br />
2<br />
0,5<br />
14<br />
1,5<br />
50<br />
2,0<br />
65<br />
2,4<br />
81<br />
2,8<br />
93<br />
6,0<br />
179<br />
9,2<br />
11,4<br />
279<br />
12,6<br />
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2008<br />
Anzahl Gesamtfläche<br />
In <strong>der</strong> Gesamtbetrachtung resultierte <strong>der</strong> beschriebene Strukturwandel des deutschen<br />
Einzelhandels – wie bereits erwähnt – in einer beachtlichen Verkaufsflächenexpansion.<br />
Gleichzeitig stiegen die Umsätze nominal nur leicht an und gingen real, d. h. unter Be-<br />
rücksichtigung des Wertverlustes durch Inflation, sogar zurück (vgl. Abb. 3). Durch die<br />
disparate Entwicklung von Verkaufsflächen und Umsätzen gaben die Produktivitäten (=<br />
Umsätze je m² VK/Jahr) nach, so dass die ökonomische Auslastung – v. a. in Branchen,<br />
die an kostenintensiven Standorten wirtschaften – nicht mehr durchgängig gewährleistet<br />
ist.<br />
1 Quelle: EuroHandelsinstitut Köln, Handel aktuell 2008 / 2009.<br />
363<br />
399<br />
14,0<br />
12,0<br />
10,0<br />
8,0<br />
6,0<br />
4,0<br />
2,0<br />
0,0<br />
Gesamtfläche in Mio. m²<br />
Quelle: GMA-Darstellung nach EHI 2008<br />
5
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Abb. 3: Entwicklung des deutschen Einzelhandelsumsatzes 1998 – 2008<br />
Umsatz in Mrd. €<br />
410<br />
400<br />
390<br />
380<br />
370<br />
360<br />
350<br />
374<br />
375<br />
382<br />
388<br />
380<br />
378<br />
386<br />
390<br />
392<br />
395<br />
404*<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
* Prognose Quelle: GMA-Darstellung nach EHI 2008<br />
Abb. 4: Betriebe und Verkaufsflächen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels<br />
1997 – 2007<br />
Betriebe<br />
75.000<br />
70.000<br />
65.000<br />
60.000<br />
55.000<br />
50.000<br />
45.000<br />
73.418<br />
72.497<br />
70.263<br />
25,4<br />
25,9<br />
26,1<br />
68.352<br />
66.819<br />
64.934<br />
26,2<br />
26,4<br />
62.872<br />
27,0<br />
27,7<br />
28,6<br />
61.460<br />
28,8<br />
58.910<br />
28,8<br />
55.026<br />
28,1<br />
51.359<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Betriebe VK<br />
30,0<br />
29,0<br />
28,0<br />
27,0<br />
26,0<br />
25,0<br />
VK in Mio. m²<br />
Quelle: GMA-Darstellung nach EHI 2008<br />
6
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Auch aus diesem Grund war das Verkaufsflächenwachstum im Einzelhandel begleitet von<br />
einem Rückgang <strong>der</strong> Betriebszahl. Diese Entwicklung betraf v. a. den Lebensmittelein-<br />
zelhandel (vgl. Abb. 4). Als Konsequenz ergaben sich immer größere Betriebseinheiten.<br />
Derzeit erreichen die Ladengeschäfte in Deutschland bereits eine Durchschnittsgröße von<br />
ca. 240 m² VK.<br />
Eine wesentliche Triebfe<strong>der</strong> des Strukturwandels im Einzelhandel war und ist die zuneh-<br />
mende Unternehmenskonzentration. Eine vergleichende Betrachtung <strong>der</strong> wichtigsten<br />
Betriebsformen zwischen 1990 und heute zeigt, dass <strong>der</strong> filialisierte Einzelhandel seine<br />
Marktanteile gegenüber dem inhabergeführten deutlich ausbauen konnte und in naher<br />
Zukunft wohl noch weiter ausweiten wird (vgl. Abb. 5). Als Beispiel für eine Branche, in<br />
<strong>der</strong> die Betriebs- und Umsatzkonzentration extreme Formen angenommen hat, lässt sich<br />
wie<strong>der</strong>um <strong>der</strong> Lebensmitteleinzelhandel anführen. Derzeit erzielen hier weniger als 1 %<br />
<strong>der</strong> Unternehmen mehr als zwei Drittel des Branchenumsatzes. Aber auch im Nichtle-<br />
bensmittelbereich entfällt bereits über 80 % <strong>der</strong> Umsatzleistung auf nur 10 Großunter-<br />
nehmen.<br />
Abb. 5: Marktanteile <strong>der</strong> Betriebstypen des Einzelhandels in Deutschland<br />
6%<br />
2%<br />
12%<br />
18%<br />
55%<br />
6%<br />
14%<br />
18%<br />
22%<br />
35%<br />
Die Tendenz zur Betriebs- und Umsatzkonzentration wird im Nonfood-Sektor vor allem<br />
durch die hohe Entwicklungsdynamik von Fachmärkten getragen. Der Marktanteil die-<br />
ses Betriebstyps lag 1995 erst bei 14 % des Einzelhandelsgesamtumsatzes. Im Jahr 2007<br />
8%<br />
22%<br />
16%<br />
27%<br />
23%<br />
7% 5%<br />
4%<br />
1980 1995 2010<br />
Versen<strong>der</strong><br />
Fachmärkte<br />
Verbrauchermärkte/ SB-<br />
Warenhäuser<br />
Filialisierte Fachgeschäfte<br />
Trad. Fachgeschäfte<br />
Warenhäuser<br />
Quelle: GMA-Darstellung nach IfO-Institut<br />
7
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
wurde bereits ein Wert von 21 – 22 % erreicht und im Jahr 2010 dürfte die Zahl schon bei<br />
etwa 23 % liegen.<br />
----------------------------------<br />
Im Hinblick auf die spezielle Situation des Einzelhandels in den Neuen Bundeslän-<br />
<strong>der</strong>n sind folgende Tendenzen zu beobachten:<br />
Die Kaufkraft <strong>der</strong> Bewohner liegt in <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Städte und Gemeinden<br />
deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Dies resultiert u. a. in einer stärkeren Dis-<br />
countorientierung des Einzelhandels (z. B. Discounter / Son<strong>der</strong>postenmärkte).<br />
Der Verkaufsflächenbesatz pro Einwohner liegt im Vergleich mit den Alten Bun-<br />
deslän<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> ostdeutschen Städte und Gemeinden höher. Durch<br />
die anhaltend negative Bevölkerungsentwicklung in weiten Teilen Ostdeutschlands<br />
nimmt <strong>der</strong> Verkaufsflächenüberbesatz zudem rechnerisch weiter zu. Die häufig<br />
fehlenden Alternativen auf dem Arbeitsmarkt begünstigen überdies eine Weiterfüh-<br />
rung von Grenzertragsstandorten, so dass notwendige Anpassungen des Einzel-<br />
handelsbestandes an die verän<strong>der</strong>te Nachfragesituation hinausgezögert werden.<br />
Großflächige Verkaufseinrichtungen entstanden in den Neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />
nach <strong>der</strong> Wende zu mehr als zwei Dritteln an dezentralen Standorten. Eine<br />
kommunale Standortsteuerung fand hierbei oft nur in begrenztem Umfang statt.<br />
Dadurch sind die Einzelhandelsstrukturen in vielen Städten und Gemeinden Ost-<br />
deutschlands durch einen beson<strong>der</strong>s hohen Verkaufsflächenanteil autokundenori-<br />
entierter Lagen gekennzeichnet. 60 – 70 % Verkaufsflächenanteil sind keine Sel-<br />
tenheit.<br />
Die baulichen Strukturen <strong>der</strong> ostdeutschen Innenstädte sind vielfach noch nicht<br />
an die Erfor<strong>der</strong>nisse des mo<strong>der</strong>nen Einzelhandels angepasst worden. Häufig sind<br />
die Ladeneinheiten zu kleinteilig ausgebildet; Flächenzusammenlegungen sind sel-<br />
ten. Auch die erfor<strong>der</strong>lichen städtebaulichen Rahmenbedingungen für den inner-<br />
städtischen Einzelhandel konnten seit <strong>der</strong> Wende vielerorts noch nicht geschaffen<br />
werden (z. B. Parkierung, Regelung des Wirtschaftsverkehrs, Aufenthaltsqualität).<br />
8
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Der Grad <strong>der</strong> Filialisierung im Einzelhandel ist in ostdeutschen Städten i. d. R.<br />
erheblich höher als in Westdeutschland, weil sich <strong>der</strong> unternehmergeführte Einzel-<br />
handel nicht schnell genug entwickeln konnte. Dadurch fehlt ostdeutschen (Innen-)<br />
Städten nicht selten die Individualität im Angebot.<br />
Die finanzielle Basis des Fachhandels ist in Ostdeutschland durch fehlende<br />
Rücklagenbildungen dünner als in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n. Dadurch sind die<br />
Möglichkeiten in die Geschäfte zu investieren begrenzt. Folge ist oft ein „trading<br />
down“.<br />
Der Organisationsgrad des ostdeutschen Einzelhandels ist geringer ausgeprägt<br />
als in Westdeutschland. Es gibt weniger Verbandsmitglie<strong>der</strong> in Relation zum Ge-<br />
samtbestand <strong>der</strong> Betriebe und das politische Gewicht <strong>der</strong> Wirtschaftsgruppe ist<br />
dadurch begrenzt.<br />
----------------------------------<br />
2. Entwicklungstrends im Lebensmitteleinzelhandel<br />
Beson<strong>der</strong>e Bedeutung für die Entwicklung des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland<br />
kommt diskontierenden Angebotsformen zu. Dabei handelt es sich um Vertriebskon-<br />
zepte, die auf eine konsequente Niedrigpreispolitik setzen, wie z. B. Lebensmitteldiscoun-<br />
ter. Letztere haben z. T. als direkte Folge <strong>der</strong> jahrelangen Konjunkturflaute in Deutschland<br />
ihre Betriebszahl seit 1991 um 81 % steigern können (vgl. Abb. 6). Im gleichen Zeitraum<br />
expandierte ihre Verkaufsfläche von ca. 2,99 Mio. m² auf ca. 10,65 Mio. m² 1 . Konsequenz<br />
dieser ökonomischen Erfolgsgeschichte ist ein sehr hoher Marktanteil im Lebensmittelsek-<br />
tor von ca. 42 %.<br />
Die an<strong>der</strong>en Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels haben in den vergangenen<br />
Jahren hingegen eine durchaus unterschiedliche Entwicklung genommen. Expansiv zeig-<br />
ten sich die SB-Warenhäuser. Hingegen verzeichneten Supermärkte und kleinere Le-<br />
bensmittelgeschäfte einen Bedeutungsverlust (vgl. Tab. 1).<br />
1 Quelle: EHI 2008.<br />
9
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Abb. 6: Entwicklung <strong>der</strong> Lebensmitteldiscounter in Deutschland 1991 – 2007<br />
Betriebe<br />
16.000<br />
15.000<br />
14.000<br />
13.000<br />
12.000<br />
11.000<br />
10.000<br />
9.000<br />
8.000<br />
7.000<br />
6.000<br />
8.388<br />
9.342<br />
10.073<br />
10.630<br />
12.220<br />
11.580<br />
14.806 15.219<br />
14.610<br />
14.214<br />
13.235<br />
12.813 12.970 13.180<br />
14.745<br />
13.750<br />
13.400<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Tabelle 1: Entwicklung <strong>der</strong> Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels<br />
2000 - 2007<br />
Jahr<br />
Daten 2000 2007<br />
Anzahl <strong>der</strong> Betriebe<br />
Verän<strong>der</strong>ung 2000/2007<br />
abs. in %<br />
Lebensmitteldiscounter 12.970 15.219 2.249 17,3<br />
Supermärkte 9.230 8.137 - 1.093 - 11,8<br />
SB-Warenhäuser, Verbrauchermärkte 2.363 3.233 870 36,8<br />
Übrige Lebensmittelgeschäfte 45.900 24.770 - 21.130 - 46,0<br />
Verkaufsfläche in Mio. m²<br />
Lebensmitteldiscounter 6,93 10,65 3,72 53,7<br />
Supermärkte 6,89 6,56 - 0,33 - 4,8<br />
SB-Warenhäuser, Verbrauchermärkte 4,92 6,36 1,44 29,3<br />
Übrige Lebensmittelgeschäfte 7,38 4,49 - 2,89 - 39,2<br />
Quelle: GMA-Zusammenstellung nach EHI 2008<br />
Quelle: GMA-Darstellung nach EHI 2008<br />
10
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Als Standorte werden sowohl von Lebensmitteldiscountern als auch von Supermärkten,<br />
Verbrauchermärkten und SB-Warenhäusern Areale mit guter Erreichbarkeit für den moto-<br />
risierten Individualverkehr und mit großem Stellplatzangebot präferiert (vgl. Tab. 2).<br />
Tabelle 2: Standortanfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels<br />
(Auswahl)<br />
Daten<br />
Lebensmitteldiscounter<br />
Supermarkt<br />
(inkl. Getränkemarkt)<br />
Verbrauchermarkt /<br />
SB-Warenhaus<br />
Verkaufsfläche 800 m² 1.500 m² 2.500 m²<br />
Parkplätze 100 100 250<br />
Grundstücksgröße 5.000 m² 5.000 m² 8.000 m²<br />
Marktgebiet 5.000 EW 5.000 EW 15.000 EW<br />
Quelle: GMA-Standortforschung, ca.-Werte gerundet<br />
Innenstadtstandorte o<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>teil- und Nahversorgungszentren, mit ihren relativ hohen<br />
Standortkosten, werden an<strong>der</strong>erseits weniger oft belegt; dies auch auf Grund <strong>der</strong> recht<br />
geringen Umsatzrendite des Lebensmitteleinzelhandels von durchschnittlich nur ca. 1 –<br />
2 %. Sie macht diese Branche beson<strong>der</strong>s kostensensibel.<br />
3. Mittelfristige Einzelhandelsentwicklung<br />
In den kommenden Jahren ist als mögliches Hemmnis für ein nachhaltiges Anspringen<br />
<strong>der</strong> Einzelhandelskonjunktur <strong>der</strong> Trend zur Ausgabenumschichtung vom Einzelhandel in<br />
an<strong>der</strong>e Kostenbereiche anzuführen (vgl. Abb. 7 und 8).<br />
Eine Relativierung seines Stellenwertes wird <strong>der</strong> Einzelhandel auch durch die weiterge-<br />
hende Entwicklung zur Freizeitgesellschaft erfahren, denn in Zukunft wird <strong>der</strong> Einkauf<br />
von den Verbrauchern noch stärker unter dem Aspekt seines Freizeit- und Erlebniswertes<br />
beurteilt. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass <strong>der</strong> Einzelhandel diesem Trend durch neue<br />
Betriebstypen und Präsentationsformen zunehmend Rechnung trägt.<br />
11
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Abb. 7: Entwicklung des privaten Verbrauchs und Einzelhandelsumsatzes in<br />
Deutschland 1997 – 2007<br />
1995 = 100<br />
125<br />
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
1997<br />
1998<br />
36%<br />
34%<br />
11%<br />
16%<br />
3%<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
Abb. 8: Entwicklung des privaten Verbrauchs in Deutschland 1990 / 2010<br />
1990 2010<br />
Einzelhandel<br />
Wohnungsmiete und<br />
Haushaltskosten<br />
Verkehrszwecke und<br />
Nachrichten<br />
Bildungs- und Unter-<br />
haltungszwecke<br />
Sonstige<br />
2002<br />
2003<br />
25%<br />
41%<br />
13%<br />
19%<br />
2%<br />
2004<br />
2005<br />
privater Konsum Einzelhandelsumsatz<br />
2006<br />
Quelle: GMA-Darstellung nach EHI<br />
2007<br />
Quelle: GMA-Darstellung nach HDE, Statistisches Bundesamt<br />
12
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
In Zukunft wird es sicher noch größerer Anstrengungen des Einzelhandels bedürfen, um<br />
die Verbraucher an bestimmte Einkaufsorte o<strong>der</strong> Geschäfte zu binden, zumal sich die<br />
Konsumenten immer mehr in unterschiedliche Zielgruppen aufsplitten:<br />
Trendsensible, konsumfreudige und genussorientierte Verbraucher mit starkem<br />
Interesse an Prestigemarken, innovativen Produkten und schönem Design.<br />
Biokonsumenten, mit ausgeprägtem Interesse am Kauf umweltfreundlicher o<strong>der</strong><br />
naturreiner Produkte und <strong>der</strong> Bereitschaft, für diese Waren auch mehr Geld als für<br />
herkömmliche Sortimente auszugeben 1 .<br />
Preis-Leistungs-Käufer, mit hohem Qualitätsbewusstsein und starkem Interesse<br />
an detaillierten Produktinformationen (z. B. Warentests, Internetvergleiche) sowie<br />
einer hohen Preissensibilität.<br />
Billigkäufer, mit starker Discountorientierung aus finanziellen Gründen, ohne be-<br />
son<strong>der</strong>e Berücksichtigung von Umweltbelangen.<br />
Das Spektrum <strong>der</strong> Konsumenten wird zukünftig voraussichtlich den Bereich vom Ultra-<br />
verbraucher bis zum Konsumasketen abdecken. Dadurch wird die Zielgruppenfokussie-<br />
rung für den Handel erschwert. Zudem hat sich in den letzten Jahren <strong>der</strong> Typus des<br />
„hybriden Verbrauchers“ herausgebildet. Er erwirbt beim selben Einkaufsgang einer-<br />
seits teure Markenware und unmittelbar im Anschluss Billigprodukte beim Discounter. Die<br />
sich aus <strong>der</strong> Entwicklung dieses volatilen Konsumententyps ergebenden Trends sind in<br />
Abb. 9 überblicksartig zusammengefasst.<br />
1 Die Ausgaben für Biowaren stiegen im ersten Halbjahr 2008 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />
um ca. 10 %. Hohe Anteile von Biowaren gibt es insbeson<strong>der</strong>e bei Milchprodukten<br />
und Brot.<br />
13
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Abb. 9: Konsumtrends im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Ausbildung des „hybriden“<br />
Verbrauchers<br />
Netz statt Tüte<br />
E-Commerce als Direkt-<br />
vertrieb <strong>der</strong> Industrie<br />
E-Commerce als Fun-/<br />
Entertainmenterlebnis<br />
Sicherheits- und<br />
Sauberkeitsbedürfnis<br />
teilw. beeinträchtigt durch<br />
Bagatellisierung des Laden-<br />
diebstahls<br />
Verschmutzung durch Fast-<br />
Food-Verpackungen<br />
Bettler, Crusties, Punks,<br />
Glatzen<br />
Zunahme <strong>der</strong><br />
Einkaufsfahrten<br />
Parkplatzbedarf<br />
„no parking, no business“<br />
Quelle: GMA Konsumentenforschung 2008<br />
Vor dem geschil<strong>der</strong>ten Hintergrund wird sich die Entwicklung des Einzelhandels in <strong>der</strong><br />
mittelfristigen Perspektive nach Einschätzung <strong>der</strong> GMA folgen<strong>der</strong>maßen darstellen:<br />
Verkaufsflächen wachsen weiter<br />
Discount-Shopping<br />
Billigläden und Fast-<br />
food auf dem Vormarsch<br />
Purismus im Ladenlayout<br />
Trading down<br />
Hybri<strong>der</strong><br />
Verbraucher<br />
Smart-Shopping<br />
keine „billigen Marken“,<br />
son<strong>der</strong>n „Marken billig“<br />
Handeln und Feilschen bei<br />
allen Anbietern<br />
Restpostenmärkte<br />
FOC<br />
Fun- / Entertainment-<br />
Shopping<br />
Freizeitnutzungen nehmen zu<br />
Lasten des Handels zu<br />
Retail-Theatre<br />
Thematisierte Immobilien<br />
Convenience Shopping<br />
Bedeutungszunahme von<br />
Tankstellen<br />
Zunahme von Heimdiensten,<br />
Zustelldiensten<br />
Innenstadtstandorte als „Oasen<br />
in <strong>der</strong> Servicewüste“<br />
Bereits Ende 2007 war in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n ein Verkaufsflächenbestand<br />
von rd. 98 Mio. m² erreicht. In den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n waren bis dato ca. 21<br />
Mio. m² etabliert. Der weitere Verkaufsflächenzuwachs wird sich auch zukünftig zu<br />
14
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
etwa zwei Dritteln außerhalb <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>zentren vollziehen. In <strong>der</strong> Folge verschärft<br />
sich <strong>der</strong> Verdrängungswettbewerb zu Lasten des City-Handels und <strong>der</strong> städtebau-<br />
lich integrierten <strong>Stadt</strong>teilzentren und Nahversorgungszentren weiter.<br />
Konzentrationstendenz im Einzelhandel setzt sich fort<br />
Der Marktanteil von Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 2,5 Mrd. €<br />
wird mittelfristig auf fast 85 % anwachsen. In <strong>der</strong> Folge werden v. a. kleinflächige<br />
und unrentable Betriebe in ungünstigen Standortlagen aus dem Markt ausschei-<br />
den. Dies gilt in beson<strong>der</strong>em Maße für die neuen Bundeslän<strong>der</strong>, wo viele Betriebe<br />
über eine unzureichende Eigenkapitaldecke verfügen.<br />
Fachmärkte und Discounter boomen<br />
Die Umgestaltung <strong>der</strong> Einzelhandelslandschaft wird auch in den kommenden Jah-<br />
ren v. a. durch Fachmärkte und Discounter bestimmt. Beide Betriebstypen werden<br />
ihre Marktanteile noch weiter ausbauen. Auch bei innerstädtischen Shopping-<br />
Centern ist mit einer weiteren Expansion zu rechnen. Beleg hierfür sind 51 <strong>der</strong>zeit<br />
bekannte Planungen mit einer Gesamtfläche von rd. 1,4 – 1,5 Mio. m² 1 .<br />
Filialisierungswelle hält an<br />
Die Filialisierungstendenz setzt sich in nahezu allen Branchen fort. Dabei wird die<br />
Marktbedeutung von Franchiseunternehmen, welche Existenzgrün<strong>der</strong>n vielfach<br />
den Weg in die Selbstständigkeit ebnen, noch wachsen.<br />
Internet-Shopping gewinnt an Bedeutung<br />
Das „E-Commerce" (Internet-Handel) zeigt selektiv hohe Zuwachsraten, insbeson-<br />
<strong>der</strong>e in den Sortimentsbereichen Computer, Bücher und Tonträger. Bis 2010 ist<br />
ein Marktanteil von ca. 7 – 8 % zu erwarten. Bei Büchern und Tonträgern sind so-<br />
gar Anteilswerte von bis zu 30 % möglich. Voraussetzung für den Erfolg des E-<br />
Commerce ist allerdings <strong>der</strong> weitere Ausbau von Logistik- und Distributionsstruktu-<br />
ren, die als sehr kostenintensiv einzustufen sind.<br />
1 Quelle: EHI 2006.<br />
15
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
III Rechtsrahmen zur Steuerung <strong>der</strong> Standortentwicklung im Ein-<br />
zelhandel<br />
1. Planungsrechtliches Instrumentarium zur Steuerung <strong>der</strong> Standortent-<br />
wicklung im Einzelhandel<br />
In <strong>der</strong> Frage, welche Standorte für die Einzelhandelsentwicklung in einer <strong>Stadt</strong> geeignet<br />
o<strong>der</strong> nicht geeignet sind, klaffen die Vorstellungen von Unternehmern und Entscheidungs-<br />
trägern <strong>der</strong> öffentlichen Hand oft auseinan<strong>der</strong>. Städte bewerten Einzelhandelsansiedlun-<br />
gen vorwiegend unter städtebaulichen Aspekten. Einen hohen Stellenwert nimmt dabei<br />
die Sicherung <strong>der</strong> Einkaufsinnenstadt, aber auch <strong>der</strong> wohngebietsnahen Versorgung ein.<br />
Bei den Unternehmen stehen hingegen Überlegungen zur optimalen Marktdurchdringung<br />
und Umsatzoptimierung im Vor<strong>der</strong>grund (vgl. Übersicht 1).<br />
Übersicht 1: Zielkonflikte zwischen unternehmerischem Standortwahlverhalten<br />
und einer an städtebaulichen Leitbil<strong>der</strong>n orientierten <strong>Stadt</strong>planung<br />
UNTERNEHMEN STADTPLANUNG<br />
Oberziel<br />
Gewinnmaximierung geordnete städtebauliche Entwicklung<br />
- Minimierung <strong>der</strong> Standortaufwendungen<br />
- Aufbau bzw. Erhalt <strong>der</strong> Marktposition<br />
- Erreichbarkeit durch Kunden / Zulieferer<br />
- Parkplatzangebot<br />
- Einsehbarkeit / Werbewirksamkeit<br />
- Agglomerationsvorteile / Kundenzuführungseffekte<br />
- Standortaufwendungen, insbeson<strong>der</strong>e Miet-<br />
o<strong>der</strong> Kaufpreis<br />
- Flächenangebot / Flächenzuschnitt / Erweiterungsmöglichkeiten<br />
- Standorte <strong>der</strong> Wettbewerber<br />
- Einordnung in das Logistiknetz des Unternehmens<br />
Quelle: GMA-Standortforschung 2008<br />
Unterziele<br />
- Erhalt <strong>der</strong> Zentralität<br />
- Erhalt <strong>der</strong> Urbanität<br />
- Stärkung <strong>der</strong> Innenstadt<br />
- Sicherung <strong>der</strong> wohngebietsnahen Versorgung<br />
- Verkehrsvermeidung<br />
Standortbeurteilungskriterien<br />
- Koordination und Bündelung des Verkehrsaufkommens<br />
(PKW / ÖPNV)<br />
- <strong>Stadt</strong>bildbeeinträchtigung / Denkmalschutzkriterien<br />
- Flächenverbrauch / Umweltschutz<br />
- Verträglichkeit mit an<strong>der</strong>en Nutzungen (z. B.<br />
Wohnen, Freizeit, Landschaft)<br />
- Vermeidung negativer Auswirkungen auf die<br />
innerstädtische Geschäftsstruktur und die<br />
Nahversorgung<br />
16
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Aufgrund <strong>der</strong> engen Verflechtung von Einzelhandel und <strong>Stadt</strong>entwicklung wurden Rechts-<br />
vorschriften entwickelt, die verbindliche Festlegungen zur wohnort- und verbrauchernahen<br />
Versorgung sowie zu den standörtlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen von Ein-<br />
zelhandelsvorhaben treffen. Zu den Gesetzen und Rechtssätzen, die Standortentschei-<br />
dungen des Einzelhandels mit beeinflussen und ggf. verbindlich festlegen, zählen u. a.<br />
das Baugesetzbuch (BauGB) und die Baunutzungsverordnung (BauNVO) 1<br />
die Landes- und Regionalplanung.<br />
2. Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung<br />
Das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung geben Städten und Gemeinden ein<br />
planungsrechtliches Instrumentarium zur Hand, mit dem die Standortentwicklung des Ein-<br />
zelhandels gezielt beeinflusst werden kann. Bei <strong>der</strong> bauplanungsrechtlichen Beurteilung<br />
<strong>der</strong> Errichtung, Modifikation und Nutzungsän<strong>der</strong>ung baulicher Anlagen für Zwecke des<br />
Einzelhandels werden folgende Gebietskategorien unterschieden:<br />
Gebiete mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB)<br />
In Gebieten mit Bebauungsplänen kommt es auf <strong>der</strong>en Festsetzungen an. Werden<br />
in Bebauungsplänen die in <strong>der</strong> BauNVO bezeichneten Baugebiete festgelegt, sind<br />
Einzelhandelsbetriebe nach Maßgabe <strong>der</strong> §§ 2 bis 9 BauNVO – teils ausdrücklich<br />
als Läden o<strong>der</strong> Einzelhandelsbetriebe, teils allgemein als Gewerbebetriebe – in al-<br />
len Baugebieten zulässig:<br />
─ sie sind zulässig in allgemeinen und beson<strong>der</strong>en Wohngebieten sowie in<br />
Dorf-, Misch-, Gewerbe- und Industriegebieten (§§ 4 bis 9 BauNVO)<br />
─ in Kleinsiedlungsgebieten und reinen Wohngebieten können sie als Aus-<br />
nahme zugelassen werden (§§ 2 und 3 BauNVO).<br />
Für Einzelhandelsgroßbetriebe enthält <strong>der</strong> § 11 Abs. 3 BauNVO eine Son<strong>der</strong>re-<br />
gelung für alle Baugebiete. Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbe-<br />
triebe mit bestimmten städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkungen sind<br />
1 Die folgenden Ausführungen dienen ausdrücklich nicht <strong>der</strong> rechtlichen Interpretation,<br />
son<strong>der</strong>n lediglich <strong>der</strong> Darstellung des Instrumentariums im Überblick.<br />
17
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
demnach außer in Kerngebieten nur in speziell ausgewiesenen Son<strong>der</strong>gebieten<br />
zulässig. Der letzte Satz des § 11 Abs. 3 beinhaltet hierbei eine zu wi<strong>der</strong>legende<br />
Regelvermutung. Ihre konkrete Prüfung hat zweistufig zu erfolgen:<br />
─ Liegt ein großflächiger Handelsbetrieb vor? Wenn ja (ab ca. 800 m² Ver-<br />
kaufsfläche) 1 , dann ...<br />
─ Liegen Auswirkungen vor? Wenn ja: Nur im Kerngebiet o<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>gebiet<br />
zulässig.<br />
Nicht beplanter Innenbereich (§ 34 BauGB und § 9 Abs. 2a BauGB)<br />
Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und<br />
Maß <strong>der</strong> baulichen Nutzung, <strong>der</strong> Bauweise und <strong>der</strong> Grundstücksfläche, die über-<br />
baut werden soll, in die Eigenart <strong>der</strong> näheren Umgebung einfügt und gleichzeitig<br />
die Erschließung gesichert ist. Gemäß § 34 Abs. 2 BauGB ist hinsichtlich <strong>der</strong> Art<br />
<strong>der</strong> baulichen Nutzung die BauNVO anzuwenden, wenn die Eigenart <strong>der</strong> näheren<br />
Umgebung einem <strong>der</strong> Baugebiete <strong>der</strong> BauNVO entspricht.<br />
Der Abs. 3 ergänzt seit 2004 die Absätze 1 und 2 um die Aussage, dass von Ein-<br />
zelhandelsvorhaben keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungs-<br />
bereiche in <strong>der</strong> Gemeinde o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en Gemeinden ausgehen dürfen. Der<br />
Begriff <strong>der</strong> „zentralen Versorgungsbereiche“ gewinnt durch den neuen § 34 Abs. 3<br />
erheblich an Bedeutung, auch wenn er bereits vor 2004 im § 11 Abs. 3 BauNVO<br />
verwendet wurde.<br />
Eine neue Festsetzungsmöglichkeit für den nicht beplanten Innenbereich nach §<br />
34 BauGB bietet seit dem 01.01.2007 <strong>der</strong> § 9 Abs. 2a BauGB. Zum Erhalt o<strong>der</strong> zur<br />
Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche kann in einem einfachen Bebauungs-<br />
plan für ein größeres Gebiet generell festgelegt werden, dass nur bestimmte Arten<br />
1 In seinem Urteil vom 24. November 2005 (BVerwG 4C 10.04) hat das Bundesverwaltungsgericht<br />
die bisherige Grenze <strong>der</strong> Großflächigkeit auf 800 m² VK angehoben. Demnach sind<br />
nunmehr Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauN-<br />
VO, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m² überschreiten. Bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> Verkaufsfläche<br />
sind auch die Thekenbereiche, die vom Kunden nicht betreten werden dürfen,<br />
<strong>der</strong> Kassenvorraum (einschl. eines Bereichs zum Einpacken <strong>der</strong> Waren und zur Entsorgung<br />
des Verpackungsmaterials) sowie evtl. ein Windfang einzubeziehen.<br />
18
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
<strong>der</strong> nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB gestatteten baulichen Nutzungen zulässig o<strong>der</strong><br />
nicht zulässig o<strong>der</strong> nur ausnahmsweise zulässig sind. Dabei können auch unter-<br />
schiedliche Festsetzungen für einzelne Teile des räumlichen Geltungsbereiches<br />
getroffen werden. In <strong>der</strong> Begründung des einfachen Bebauungsplanes ist aller-<br />
dings auf die Aussagen eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (= Einzel-<br />
handelskonzept) im Sinne des § 1 Abs. 6, Nr. 11 Bezug zu nehmen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
im Hinblick auf vorhandene o<strong>der</strong> geplante zentrale Versorgungsbereiche 1 .<br />
Des Weiteren können sich Gemeinden auch gegen Planungen an<strong>der</strong>er Gemein-<br />
den wehren, wenn diese Projekte „Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungs-<br />
bereiche“ haben würden. Zudem ermöglicht <strong>der</strong> § 13 Abs. 2 BauGB ein beschleu-<br />
nigtes Verfahren für B-Pläne <strong>der</strong> Innenentwicklung (§ 34-Gebiete), wenn diese le-<br />
diglich Festsetzungen nach § 9 Abs. 2 a beinhalten.<br />
Außenbereich (§ 35 BauGB)<br />
Im Außenbereich sind Einzelhandelsbetriebe nicht vorgesehen. Sollen dort solche<br />
Betriebe genehmigt werden, erfor<strong>der</strong>t dies die Aufstellung eines Bebauungspla-<br />
nes.<br />
Die Anwendung des § 11 Abs. 3 BauNVO o<strong>der</strong> § 34 BauGB erfolgt stets reaktiv und fall-<br />
bezogen. Demgegenüber kann die Bauleitplanung vorbeugende Regelungen treffen und<br />
dadurch die Standortentwicklung des Einzelhandels konzeptionell gestalten. Die sicherste<br />
Form <strong>der</strong> Problembewältigung für die kommunale Praxis sind hierbei die im BauGB und<br />
<strong>der</strong> BauNVO dargelegten Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen, im Hinblick<br />
auf den Ausschluss und/o<strong>der</strong> die Glie<strong>der</strong>ung von Einzelhandelsflächen.<br />
Über die Beschränkungen des § 11 Abs. 3 BauNVO hinaus können Gemeinden weiterge-<br />
hende Festsetzungen über die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben (auch für nicht<br />
1 In <strong>der</strong> Begründung des Gesetzentwurfes für den Abs. 2a des § 9 BauGB wird <strong>der</strong> Begriff<br />
„zentraler Versorgungsbereich“ grob definiert. Der Begriff umfasst demnach „Versorgungsbereiche<br />
unterschiedlicher Stufen, also insbeson<strong>der</strong>e Innenstadtzentren v. a. in<br />
Städten mit größerem Einzugsbereich, Nebenzentren in <strong>Stadt</strong>teilen sowie Grund- und<br />
Nahversorgungszentren in <strong>Stadt</strong>- und Ortsteilen und nicht städtischen Gemeinden. Die<br />
Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche soll im Interesse <strong>der</strong> verbrauchernahen<br />
Versorgung <strong>der</strong> Bevölkerung und <strong>der</strong> Innenentwicklung <strong>der</strong> Gemeinde erfolgen.“<br />
19
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
großflächige Betriebe) treffen. Nach § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO sind – ggf. räumlich be-<br />
schränkt – Einzelhandelsbetriebe generell o<strong>der</strong> bestimmte Arten von Einzelhandelsbetrie-<br />
ben ausschließbar o<strong>der</strong> als nur ausnahmsweise zulässig festzusetzen.<br />
Weiter differenzierende Bebauungsplanfestsetzungen sind möglich, sofern die allgemeine<br />
Zweckbestimmung des Baugebietes gewahrt bleibt. Handelsbetriebe einzelner Branchen<br />
o<strong>der</strong> Warengruppen können flächenbegrenzt o<strong>der</strong> ausgeschlossen werden. Positive wie<br />
negative (Branchen-)Festsetzungen sind gleichermaßen bei Vorliegen <strong>der</strong> „sonstigen ma-<br />
teriell-rechtlichen Voraussetzungen“ nach § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO als Glie<strong>der</strong>ungsmög-<br />
lichkeiten innerhalb <strong>der</strong> einzelnen Baugebiete zulässig. Als „materiell-rechtliche Voraus-<br />
setzungen“ für detaillierte Bebauungsplanfestsetzungen gelten nach § 1 Abs. 9 BauNVO<br />
„beson<strong>der</strong>e städtebauliche Gründe“ 1 .<br />
Insgesamt bietet das Baurecht vielfältige Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Stand-<br />
ortentwicklung des Einzelhandels innerhalb <strong>der</strong> kommunalen Gemarkungsgrenzen, sofern<br />
<strong>der</strong> Einsatz des Rechtsinstrumentariums durch eine qualifizierte Planung abgesichert ist<br />
und das Ermessen <strong>der</strong> Kommune bei <strong>der</strong> planerischen Gestaltung we<strong>der</strong> sachfremd noch<br />
willkürlich gehandhabt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Baurecht nur regeln<br />
darf wo Wettbewerb stattfindet, nicht jedoch in den Wettbewerb an sich eingreifen soll.<br />
Die Wirksamkeit <strong>der</strong> Rechtsgrundsätze bzw. die Einhaltung des Baurechts setzt darüber<br />
hinaus eine regelmäßige Kontrolle durch die Bauaufsichtsbehörden voraus.<br />
1 Vgl. hierzu H.-J. Birk: Der Ausschluss von Einzelhandelsflächen in Bebauungsplänen. –<br />
In: Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung, Heft 8, 9. Jg., 1. August<br />
1988, Seite 281 ff.<br />
20
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
3. Landes- und Regionalplanung<br />
Den Rechtsrahmen zur Beurteilung von Einzelhandelsansiedlungen setzen mit Bezug auf<br />
die Landes- und Regionalplanung die Aussagen des Landesentwicklungsplanes Thürin-<br />
gen 2004 (LEP) und des Regionalen Raumordnungsplanes Nordthüringen vom<br />
06.08.1999 1 .<br />
Der Landesentwicklungsplan (LEP) Thüringen (2004) führt in den Zielen im Ab-<br />
schnitt 3.2 zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe und EKZ u. a. aus:<br />
„3.2.1 Die Ansiedlung, Erweiterung und wesentliche Än<strong>der</strong>ung von Einzelhandelsgroßprojekten<br />
ist in Zentralen Orten höherer Stufe zulässig.“<br />
„3.2.3 Einzelhandelsgroßprojekte sollen in städtebaulich integrierter Lage und mit<br />
einer den örtlichen Gegebenheiten angemessenen Anbindung an den öffentlichen<br />
Personennahverkehr (ÖPNV) errichtet werden.“<br />
„3.2.4 Die Verkaufsfläche <strong>der</strong> Einzelhandelsgroßprojekte soll sich an <strong>der</strong> zentralörtlichen<br />
Versorgungsstruktur orientieren. Die wohnortnahe Versorgung <strong>der</strong><br />
Bevölkerung, die Funktionsfähigkeit <strong>der</strong> Innenstädte und die Funktionsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Handelsstruktur des Zentralen Ortes sowie benachbarter Zentraler<br />
Orte sollen nicht wesentlich beeinträchtigt werden.“<br />
Der Regionale Raumordnungsplan Nordthüringen (1999) führt ergänzend zu den Re-<br />
gelungen des LEP im Abschnitt 4.3.3 „Handel und Dienstleistungen“ zum Einzelhandel<br />
Folgendes aus:<br />
„4.3.3.1 Eine bedarfsgerechte Warenversorgung <strong>der</strong> Bevölkerung und <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
in allen Teilräumen Nordthüringens mit Waren- und Dienstleistungen<br />
soll angestrebt werden. Dazu soll, basierend auf dem Zentrale Orte-System<br />
auf eine Vielfalt von Handelsbetrieben unterschiedlicher Größen, Betriebsarten<br />
und Angebotsformen hingewirkt werden.<br />
Die gesamte Einzelhandelsfläche eines Standortes und die Sortimentsstrukturen<br />
sollen sich an <strong>der</strong> jeweiligen Zentralität des Ortes sowie an Einwohner-<br />
/ Kaufkraftpotenzialen seines Verflechtungsbereiches orientieren.<br />
Eine Revitalisierung <strong>der</strong> Innenstädte soll angestrebt werden.“<br />
1 Der Regionale Raumordnungsplan Nordthüringen befindet sich <strong>der</strong>zeit in Fortschreibung.<br />
21
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
„4.3.3.2 Die Deckung des kurzfristigen täglichen Bedarfs, insbeson<strong>der</strong>e an Nahrungs-<br />
und Genussmitteln, soll wohnortnah gesichert werden. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e<br />
für dünn besiedelte ländliche Teilräume.“<br />
„4.3.3.3 Großflächige Einzelhandelsbetriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO sollen<br />
in zentralen Orten höherer Stufe (Konzentrationsgebot) vorgesehen<br />
werden.“<br />
„4.3.3.4 Durch die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben und Einkaufszentren<br />
darf die Funktion benachbarter zentraler Orte und ihrer Versorgungsbereiche<br />
nicht wesentlich beeinträchtigt werden.<br />
Der Bildung von Agglomerationen von nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben<br />
mit innenstadtrelevanten Sortimenten soll an nicht integrierten<br />
Standorten entgegengewirkt werden. Für die Beurteilung <strong>der</strong> Auswirkungen<br />
ist jeweils <strong>der</strong> Gesamtumfang <strong>der</strong> Verkaufsflächen und die Branchenstruktur<br />
zu Grunde zu legen.“<br />
„4.3.3.5 In den Mittelzentren (…) <strong>Mühlhausen</strong> (…) soll <strong>der</strong> gehobene und spezialisierte<br />
Bedarf <strong>der</strong> Bevölkerung des Verflechtungsbereiches gedeckt werden.“<br />
„4.3.3.6 Im Rahmen <strong>der</strong> Bauleitplanung / Innenstadtentwicklung sollen die Belange<br />
<strong>der</strong> ansässigen Handels- und Dienstleistungseinrichtungen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
des innerstädtischen Fachhandels berücksichtigt werden. Eine Beeinträchtigung<br />
<strong>der</strong> Innenstädte als Einkaufs- und Dienstleistungsbereiche durch<br />
überdimensionierte und zu viele großflächige Einzelhandelseinrichtungen<br />
an peripher gelegenen Standorten soll vermieden werden. Dies soll in beson<strong>der</strong>em<br />
Maße für die Städte gelten, die im Rahmen <strong>der</strong> Städtebauför<strong>der</strong>ung<br />
Zuschüsse zur städtebaulichen Erneuerung ihres Ortskerns erhalten<br />
bzw. erhalten haben.“<br />
22
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
IV Standortbeschreibung / Kerneinzugsgebiet und Kaufkraft<br />
Als wesentliche Einflussfaktoren auf die Entwicklungsperspektiven des Einzelhandels-<br />
standortes <strong>Mühlhausen</strong> haben die demografischen, wirtschaftlichen und siedlungsstruktu-<br />
rellen Rahmenbedingungen, aber auch die Lagekonstellation zu konkurrierenden Zentren<br />
und die Verkehrsanbindung zu gelten. In den folgenden Kapiteln werden diese Aspekte<br />
näher beleuchtet.<br />
1. Standortbeschreibung <strong>Mühlhausen</strong><br />
<strong>Mühlhausen</strong> liegt im Nordwesten Thüringens, rund 30 km nördlich von Eisenach und<br />
45 km nordwestlich <strong>der</strong> Landeshauptstadt Erfurt 1 . Landesplanerisch ist die <strong>Stadt</strong> mit Ihren<br />
ca. 36.560 Einwohnern 2 als Mittelzentrum mit Teilfunktion eines Oberzentrums eingestuft.<br />
Im Zusammenhang mit dieser zentralörtlichen Einstufung hat die <strong>Stadt</strong> sowohl gesamt-<br />
städtische als überörtliche Versorgungsfunktionen für ihren Verflechtungsbereich wahrzu-<br />
nehmen.<br />
Die Verkehrsanbindung <strong>Mühlhausen</strong>s wird durch die Bundesstraßen B 247 (Gotha –<br />
Bad Langensalza – <strong>Mühlhausen</strong> – Du<strong>der</strong>stadt) und B 249 (Eschwege – <strong>Mühlhausen</strong> –<br />
Son<strong>der</strong>shausen), die sich im <strong>Stadt</strong>gebiet kreuzen, sichergestellt. An das Autobahnnetz<br />
hat <strong>Mühlhausen</strong> allerdings keinen direkten Anschluss. Die A 4 (Frankfurt / Main – Eise-<br />
nach – Dresden) verläuft ca. 30 km südlich des <strong>Stadt</strong>gebietes. Weiterhin besteht ein gut<br />
ausgebautes Busnetz <strong>der</strong> Regionalbus-Gesellschaft Unstrut-Hainich und Kyffhäuserkreis<br />
mbH und <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>bus-Gesellschaft <strong>Mühlhausen</strong> und Son<strong>der</strong>shausen mbH.<br />
Die Siedlungsstruktur <strong>Mühlhausen</strong>s ist insbeson<strong>der</strong>e durch den mittelalterlichen <strong>Stadt</strong>-<br />
kern mit nahezu geschlossener <strong>Stadt</strong>mauer geprägt. Wohnschwerpunkte liegen v. a. in<br />
den Plattenbausiedlungen nördlich <strong>der</strong> Innenstadt sowie im Forstbergviertel im Nordosten<br />
des <strong>Stadt</strong>gebietes.<br />
1 Entfernungsangaben jeweils Luftlinie.<br />
2 Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik, Stand: 31.12.2007.<br />
23
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Die Bevölkerungsentwicklung von <strong>Mühlhausen</strong> war in den vergangenen Jahren konti-<br />
nuierlich rückläufig (vgl. Tabelle 3). Insgesamt hat die <strong>Stadt</strong> zwischen 2000 und 2007 ca.<br />
2.135 Einwohner verloren (- 6 %).<br />
Tabelle 3: Einwohnerentwicklung in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> 2000 – 2007<br />
Jahr Einwohner Verän<strong>der</strong>ung in %<br />
2000 38.695 ---<br />
2001 38.360 - 0,9<br />
2002 37.661 - 1,8<br />
2003 37.895 - 0,6<br />
2004 37.615 - 0,7<br />
2005 37.285 - 0,8<br />
2006 36.874 - 1,1<br />
2007 36.560 - 0,8<br />
Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik; Stand jeweils 31.12.; GMA-Berechnungen<br />
In den vergangenen Jahren vollzog sich in <strong>Mühlhausen</strong> auch ein demographischer Wan-<br />
del im Sinne eines zunehmenden Alterungsprozesses <strong>der</strong> Bevölkerung (vgl. Abb. 10).<br />
So ist seit 1997 <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> über 64-Jährigen von 16,1 % auf 23,2 % angestiegen.<br />
Gleichzeitig nahm <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> unter 45-Jährigen von 57,2 % im Jahr 1997 auf 49,3 %<br />
im Jahr 2007 ab. Beson<strong>der</strong>s negativ entwickelte sich dabei <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Ju-<br />
gendlichen im Alter zwischen 6 und unter 15 Jahren (1997: 10,4 %; 2007: 6,4 %). Bei den<br />
unter 6-Jährigen konnte hingegen erfreulicherweise eine Zunahme verzeichnet werden.<br />
24
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Abb. 10: Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Altersstruktur in <strong>Mühlhausen</strong> 1997 – 2007<br />
Anteil Einwohner<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
16,1%<br />
26,7%<br />
30,3%<br />
12,6%<br />
10,4%<br />
18,9%<br />
27,5%<br />
28,7%<br />
13,1%<br />
7,5%<br />
23,2%<br />
27,5%<br />
27,1%<br />
11,2%<br />
6,4%<br />
3,9% 4,3% 4,6%<br />
1997 2002 2007<br />
65 Jahre<br />
und mehr<br />
45 bis unter<br />
65 Jahre<br />
25 bis unter<br />
45 Jahre<br />
15 bis unter<br />
25 Jahre<br />
6 bis unter<br />
15 Jahre<br />
unter 6<br />
Jahre<br />
Quelle: GMA-Darstellung nach Thüringer Landesamt für Statistik, Stand jew eils 31.12.<br />
Zwischen 2003 und 2007 hat die Zahl <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am<br />
Arbeitsort <strong>Mühlhausen</strong> abgenommen (- 472 Beschäftigte bzw. - 3,0 %). Parallel dazu<br />
verschob sich die relative Arbeitsmarktbedeutung einzelner Wirtschaftszweige. Während<br />
die Land- und Forstwirtschaft sowie das produzierende Gewerbe und Baugewerbe Einbu-<br />
ßen hinnehmen mussten 1 , nahmen die sonstigen Dienstleistungen um 1,4 Prozentpunkte<br />
zu (Stichwort: Tertiärisierung; vgl. Tabelle 4).<br />
1 Insgesamt -1,2 Prozentpunkte.<br />
25
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 4: Entwicklung <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 1 in <strong>Mühlhausen</strong><br />
2000 – 2006<br />
Wirtschaftszweige<br />
Land- u. Forstwirtschaft,<br />
Fischerei<br />
Prod. Gewerbe /<br />
Baugewerbe<br />
Handel / Gastgewerbe,<br />
Verkehr u.<br />
Nachrichtenübermittlung<br />
Sonst. Dienstleistungen <br />
Insgesamt<br />
Jahr Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl<br />
2003 218 1,5 3.795 25,5 2.932 19,7 7.966 53,4 14.911<br />
2004 182 1,3 3.607 24,9 2.891 19,9 7.829 54,0 14.509<br />
2005 138 1,0 3.507 25,1 2.755 19,7 7.594 54,3 13.994<br />
2006 149 1,1 3.465 25,0 2.749 19,9 7.482 54,0 13.845<br />
2007 145 1,0 3.586 24,8 2.799 19,4 7.909 54,8 14.439<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand jeweils 31.12., GMA-Berechnungen<br />
Eine hohe Arbeitszentralität <strong>Mühlhausen</strong>s spiegelt sich im Pendlersaldo wie<strong>der</strong>. Rd.<br />
7.760 Einpendlern stehen nur ca. 4.300 Auspendler gegenüber. Somit errechnet sich für<br />
das Jahr 2007 eine positive Bilanz von ca. 3.460 Personen 2 .<br />
In Folge zahlreicher Sehenswürdigkeiten (z. B. <strong>Stadt</strong>mauer, Altstadt, Museen) besitzt <strong>der</strong><br />
Tourismus in <strong>Mühlhausen</strong> zunehmend eine wirtschaftliche Bedeutung. Dieser Trend wird<br />
v. a. durch eine Erhöhung <strong>der</strong> Übernachtungszahlen transparent (vgl. Abb. 11). Der Zu-<br />
wachs lag zwischen 1997 und 2007 bei hohen 85 %. Die durchschnittliche Aufenthalts-<br />
dauer <strong>der</strong> Gäste hat dabei, nach einer zunächst rückläufigen Entwicklung bis 2001, in den<br />
vergangenen Jahren ebenfalls zugenommen (2001: 1,8 Tage; 2007: 2,2 Tage).<br />
1 Am Arbeitsort.<br />
2 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand: 30.06.2007; ca.-Werte, gerundet.<br />
26
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Abb. 11: Entwicklung <strong>der</strong> Übernachtungen in <strong>Mühlhausen</strong> 1997 – 2007<br />
Anzahl <strong>der</strong> Übernachtungen<br />
120.000<br />
100.000<br />
80.000<br />
60.000<br />
40.000<br />
20.000<br />
0<br />
69.700<br />
67.986<br />
65.383<br />
62.087 64.333 59.603<br />
60.318 55.241<br />
83.809<br />
104.683<br />
96.013<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Jahr<br />
Als Einzelhandels- und Versorgungsstandort präsentiert sich <strong>Mühlhausen</strong> mit einer bipola-<br />
ren Struktur (vgl. auch Karte 1):<br />
Quelle: GMA-Darstellung nach Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik<br />
Die innerstädtischen Haupteinkaufslagen erstrecken sich entlang <strong>der</strong> Fußgän-<br />
gerzonen Steinweg, Linsenstraße und Stätte sowie in den daran direkt angrenzen-<br />
den Bereichen. Als wesentliche Kundenmagneten fungieren hier mehrere großflä-<br />
chige Einzelhandelsbetriebe (AWG Modecenter, Rewe, Drogeriemarkt Müller, Geier<br />
Schuhe, Kaufhaus Weyrauch und Expert). Ihr Angebot wird ergänzt durch einen<br />
vielfältigen Fachhandelsbesatz und kleinere Filialisten.<br />
Eine hohe Versorgungsbedeutung besitzen auch autokundenorientierte Einzel-<br />
handelseinrichtungen. Räumliche Schwerpunkte befinden sich in den Gewerbe-<br />
gebieten an <strong>der</strong> Ammerschen Landstraße im Norden des <strong>Stadt</strong>gebietes sowie an<br />
<strong>der</strong> Langensalzaer Landstraße im Südosten des <strong>Stadt</strong>gebietes. Allerdings existieren<br />
hier keine Einzelhandelsagglomerationen im Sinne funktional zusammengehöriger<br />
Einkaufs- o<strong>der</strong> Fachmarktzentren. Weitere großflächige Einzelhandelsbetriebe exis-<br />
27
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
tieren unmittelbar außerhalb <strong>der</strong> Mühlhäuser Gemarkungsgrenze in <strong>der</strong> selbständi-<br />
gen Gemeinde Ammern (u. a. OBI).<br />
Im restlichen <strong>Stadt</strong>gebiet existieren darüber hinaus mehrere Standorte des Lebensmittel-<br />
einzelhandels (Lebensmitteldiscounter, Supermärkte; vgl. Karte 7) und großflächige Ein-<br />
zelhandelsbetriebe des Nichtlebensmittelsektors. Zum Teil sind hierbei in Streu- und Ne-<br />
benlagen auch kleinere Agglomerationsbereiche ausgebildet.<br />
Im Vergleich mit an<strong>der</strong>en ostdeutschen Städten ähnlicher Größe und zentralörtlicher Be-<br />
deutung zeigt die Einzelhandelsstruktur in <strong>Mühlhausen</strong> somit einige positive Merkmale:<br />
mehrere großflächige Kundenmagneten in <strong>der</strong> Innenstadt<br />
hoher Verkaufsflächenanteil <strong>der</strong> Innenstadt (vgl. Kap. V)<br />
keine großen Agglomerationsbereiche in dezentraler bzw. autokundenorientierter<br />
Lage<br />
gut ausgebildete Nahversorgungsstrukturen (vgl. Kapitel VI).<br />
28
Karte 1: Wichtige Einkaufslagen und strukturprägende Betriebe des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong><br />
Haus- und Gartencenter<br />
Plus<br />
Aldi<br />
Rewe<br />
Wesch Baumarkt<br />
Agil Baustoffmarkt<br />
Netto<br />
Die Möbelpiraten<br />
Edeka<br />
Lidl<br />
Kaufland<br />
E-Center<br />
Müller<br />
Rewe<br />
AWG<br />
Edeka<br />
Plus<br />
Expert<br />
Geier<br />
TTM<br />
Kaufhaus Weyrauch<br />
Netto<br />
H&T Markt<br />
Rewe<br />
Tegut<br />
E-Neukauf<br />
Tegut<br />
Plus<br />
Baby Kids World<br />
Aldi<br />
Lidl<br />
toom<br />
Innerstädtische Einkaufslagen<br />
Betriebe des Nichtlebensmitteleinzelhandels<br />
ab<br />
800 m² VK<br />
Betriebe des Lebensmitteleinzelhandels<br />
ab 400 m² VK<br />
Quelle: Kartengrundlage <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong>;<br />
GMA-Bearbeitung 2008<br />
29
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
2. Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
Die Definition des Kerneinzugsgebietes für den Mühlhäuser Einzelhandel bildet eine wich-<br />
tige Voraussetzung zur Ermittlung des Einwohnerpotenzials und damit <strong>der</strong> zur Verfügung<br />
stehenden Kaufkraft. Als Kerneinzugsgebiet wird in Anbetracht <strong>der</strong> inhaltlichen Zielset-<br />
zungen vorliegen<strong>der</strong> Untersuchung <strong>der</strong>jenige Bereich definiert, innerhalb dessen die<br />
Verbraucher regelmäßig die Einzelhandelsangebote von <strong>Mühlhausen</strong> in Anspruch neh-<br />
men. Die Intensität <strong>der</strong> Kundenbeziehungen hängt dabei neben <strong>der</strong> Eigenattraktivität des<br />
Versorgungsangebotes natürlich auch von <strong>der</strong> überörtlichen Wettbewerbssituation sowie<br />
<strong>der</strong> verkehrlichen Erreichbarkeit ab.<br />
Die Außengrenze des Mühlhäuser Kerneinzugsgebietes wird v. a. durch die Lagebezie-<br />
hung zu an<strong>der</strong>en zentralen Orten sowie die Verkehrsanbindung <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> bestimmt. Eine<br />
beachtenswerte Eigenattraktivität als Einkaufsorte besitzen in diesem Zusammenhang die<br />
Städte Bad Langensalza, Leinefelde-Worbis, Heilbad-Heiligenstadt, Nordhausen, Eise-<br />
nach, Gotha und insbeson<strong>der</strong>e das Oberzentrum Erfurt.<br />
Neben den vorstehend erläuterten Kriterien wurden bei <strong>der</strong> Fixierung <strong>der</strong> Außengrenze<br />
und <strong>der</strong> Zonierung des Kerneinzugsgebietes auch folgende Faktoren berücksichtigt:<br />
Ergebnisse mehrerer GMA-Analysen im Untersuchungsraum (u. a. Erfurt, Heilbad-<br />
Heiligenstadt, Eisenach, Gotha, Leinefelde-Worbis, Nordhausen, Eschwege)<br />
ausgewählte Zeit- und Distanzwerte des Verbraucherverhaltens (= empirische Er-<br />
fahrungswerte) 1 .<br />
Bei Zugrundelegung <strong>der</strong> o. g. Kriterien kann für den Mühlhäuser Einzelhandel ein Kern-<br />
einzugsgebiet abgegrenzt werden, in dem <strong>der</strong>zeit ca. 88.930 Einwohner leben. Die Zone I<br />
repräsentiert das Mühlhäuser <strong>Stadt</strong>gebiet, die Zone II den überörtlichen Verflechtungsbe-<br />
reich (vgl. Karte 2 und Tab. 5).<br />
1 Die GMA hat in ihrer 36-jährigen Tätigkeit mehrere hun<strong>der</strong>t Verbraucherbefragungen<br />
durchgeführt, so dass zum Konsumentenverhalten abgesicherte empirische Erfahrungswerte<br />
vorliegen.<br />
30
Karte 2: Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
Legende:<br />
GMA 2008<br />
Zone I<br />
Zone II<br />
31
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 5: Einwohner im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
Zonen des Kerneinzugsgebietes Einwohner<br />
Zone I <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> 36.560<br />
Zone II überörtliches Kerneinzugsgebiet 52.370<br />
Zonen I-II insgesamt 88.930<br />
Quelle: Thüringer Landsamt für Statistik, Stand 31.12.2007, ca.-Werte gerundet<br />
Es fällt auf, dass <strong>Mühlhausen</strong> selbst nur einen Einwohneranteil von 41 % am Kernein-<br />
zugsgebiet besitzt. Vor diesem Hintergrund sind beson<strong>der</strong>e Ansprüche an die Markt-<br />
reichweite des städtischen Einzelhandels zu stellen, weil sonst das Bevölkerungs- und<br />
Kaufkraftpotenzial im überörtlichen Verflechtungsbereich nicht in ausreichendem Umfang<br />
erschlossen werden kann.<br />
Selbstverständlich stellt die linienhafte Fixierung des Außenbereichs des Kerneinzugsge-<br />
bietes eine Abstraktion dar, die keine klare Grenze im Gelände repräsentiert, son<strong>der</strong>n<br />
lediglich denjenigen Übergangsbereich, in dem die Kundenanbindung an den Mühlhäuser<br />
Einzelhandel an Intensität deutlich verliert. Die Linie beschreibt darüber hinaus einen mitt-<br />
leren Zustand, d. h. nicht alle in <strong>Mühlhausen</strong> ansässigen Betriebe strahlen gleichermaßen<br />
in das Verflechtungsgebiet hinein und nicht alle Orte sind mit gleicher Intensität an den<br />
Einzelhandelsstandort <strong>Mühlhausen</strong> angebunden.<br />
3. Kaufkraftvolumen<br />
Die Berechnung <strong>der</strong> im abgegrenzten Kerneinzugsgebiet für den Mühlhäuser Einzelhan-<br />
del vorhandenen Kaufkraft wird speziell für die Wirtschaftsgruppe Ladeneinzelhandel und<br />
Ladenhandwerk vorgenommen. Dabei werden aktuelle Daten des Statistischen Bundes-<br />
amtes Wiesbaden sowie GMA-Kaufkraftwerte zugrunde gelegt, die auf intensiven Markt-<br />
beobachtungen beruhen.<br />
32
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
3.1 Systematik <strong>der</strong> Kaufkraftberechnung<br />
Die Gegenüberstellung <strong>der</strong> Nachfrage (= Kaufkraft) und des Angebotes (= Umsatz) erfor-<br />
<strong>der</strong>t eine klare definitorische Abgrenzung <strong>der</strong> jeweils einbezogenen Branchen. Zu diesem<br />
Zweck werden <strong>der</strong> Einzelhandel und das Ladenhandwerk nach <strong>der</strong> Periodizität des Ein-<br />
kaufs in einen kurz-, mittel- und langfristigen Bedarfsbereich differenziert. Dabei ergibt<br />
sich in Anlehnung an das auch von <strong>der</strong> offiziellen Handels- und Gaststättenzählung ver-<br />
wendete Glie<strong>der</strong>ungsschema nachstehende Unterteilung:<br />
Kurzfristiger Bedarfsbereich<br />
Nahrungs- und Genussmittel verschiedener Art (einschließlich Lebensmittelhand-<br />
werk), Reformwaren<br />
Gesundheits- und Körperpflegeartikel, Drogeriewaren, Apotheker- und Sanitätswa-<br />
ren<br />
Blumen, Pflanzen, zoologischer Bedarf.<br />
Mittelfristiger Bedarfsbereich<br />
Bücher, Papierwaren, Bürobedarf 1 , Schreibwaren, Spielwaren<br />
Bekleidung, Textilien<br />
Schuhe, Le<strong>der</strong>waren, Sportartikel.<br />
Langfristiger Bedarfsbereich<br />
Elektrowaren (weiße und braune Ware, Ton- und Bildträger, Lampen und Leuch-<br />
ten, Computer und Zubehör)<br />
Haushaltswaren, Glas, Porzellan, Keramik, Geschenkartikel<br />
Möbel und Einrichtungsgegenstände<br />
Heimtextilien, Raumausstattung<br />
Heimwerker- und Gartenbedarf<br />
Foto, Optik, Uhren, Schmuck<br />
Sonstige Waren (u. a. Autozubehör, Musikalien, Waffen).<br />
1 Ohne Computer und Zubehör.<br />
33
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
3.2 Grundlagen <strong>der</strong> Kaufkraftberechnung<br />
Grundlage für die Berechnung <strong>der</strong> Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen ist das<br />
Nettosozialprodukt zu Faktorkosten, aus dem das verfügbare Einkommen <strong>der</strong> privaten<br />
Haushalte abgeleitet werden kann. Die Nachfrage <strong>der</strong> Konsumenten nach Waren und<br />
Dienstleistungen errechnet sich aus dem verfügbaren Einkommen wie folgt:<br />
Verfügbares Einkom m en<br />
privater Verbrauch Ersparnis<br />
Nachfrage <strong>der</strong> Konsum enten nach<br />
• W aren<br />
• Dienstleistungen<br />
Für den in vorliegen<strong>der</strong> Untersuchung im Mittelpunkt stehenden Einzelhandel können die<br />
Dienstleistungen vernachlässigt werden. Von Bedeutung sind lediglich die Warenkäufe<br />
<strong>der</strong> privaten Haushalte. Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese sowohl in Ladenge-<br />
schäften (= Ladeneinzelhandel) als auch in Nicht-Ladengeschäften (z.B. Versandhandel,<br />
E-Commerce, ambulante Märkte) wirksam werden können.<br />
Nach Berechnungen <strong>der</strong> GMA lag die einzelhandelsrelevante Nachfrage (inkl. Apotheken<br />
und Ladenhandwerk) in Deutschland 2007 je Einwohner bei<br />
Davon entfielen auf den …<br />
ca. 5.264,-- €.<br />
─ kurzfristigen Bedarfsbereich ca. 2.542,-- €<br />
─ mittelfristigen Bedarfsbereich ca. 932,-- €<br />
─ langfristigen Bedarfsbereich ca. 1.790,-- €.<br />
34
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
3.3 Kaufkraftvolumen im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> und die Kommunen im abgegrenzten Kerneinzugsgebiet weisen<br />
unterschiedliche Kaufkraftkennziffern auf, in denen sich Unterschiede des regionalen<br />
Kaufkraftniveaus wi<strong>der</strong>spiegeln 1 . Diese Indexwerte wurden bei <strong>der</strong> nachfolgenden Kauf-<br />
kraftkalkulation berücksichtigt (vgl. Tab. 6).<br />
Tabelle 6: Kaufkraft im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 2007<br />
Zonen<br />
Kaufkraft in Mio. €<br />
Warengruppen Zone I Zone II Zonen I – II<br />
Nahrungs- und Genussmittel<br />
Gesundheit, Körperpflege<br />
Blumen, Pflanzen zool. Bedarf<br />
54,0<br />
19,4<br />
3,4<br />
80,1<br />
28,7<br />
5,1<br />
134,1<br />
48,1<br />
8,5<br />
kurzfristiger Bedarf insg. 76,8 113,9 190,7<br />
Bücher, PBS*, Spielwaren<br />
7,8 11,6<br />
19,4<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport<br />
20,4 30,2<br />
50,6<br />
mittelfristiger Bedarf insg. 28,2 41,8 70,0<br />
Elektrowaren<br />
14,2 21,1<br />
35,3<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel<br />
15,6 23,1<br />
38,7<br />
Sonstiger Einzelhandel<br />
24,2 35,9<br />
60,1<br />
langfristiger Bedarf insg. 54,0 80,1 134,1<br />
Nichtlebensmittel insg. 105,0 155,7 260,7<br />
Einzelhandel insg. 159,0 235,8 394,8<br />
* PBS= Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren<br />
Quelle: GMA-Berechnungen, ca.-Werte gerundet<br />
1 Die Gesellschaft für Konsumforschung aus Nürnberg errechnet den Kaufkraftkoeffizienten<br />
auf Grundlage <strong>der</strong> Steuerstatistik und weist diesen für Landkreise, Städte und Gemeinden<br />
aus. Der Kaufkraftkoeffizient für die <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> liegt mit 82,6 rund<br />
17 – 18 % unterhalb des Bundesdurchschnitts von 100. In den Städten und Gemeinden<br />
des überörtlichen Kerneinzugsgebietes (Zone II) liegt die Spanne <strong>der</strong> Kaufkraftkoeffizienten<br />
zwischen 72,9 und 91,0 und damit ebenfalls durchweg unterhalb des Bundesdurchschnitts.<br />
35
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Nach den in Tabelle 6 ausgewiesenen Werten 1 belief sich das für die acht Hauptwaren-<br />
gruppen des Einzelhandels errechnete Kaufkraftvolumen im abgegrenzten Kerneinzugs-<br />
gebiet 2007 auf<br />
ca. 394,8 Mio. €.<br />
Auf Nahrungs- und Genussmittel entfielen davon ca. 134,1 Mio. € (34 %) und auf Nichtle-<br />
bensmittel ca. 260,7 Mio. € (66 %). Nur etwa 40 % des ermittelten Nachfragevolumens ist<br />
in <strong>Mühlhausen</strong> verortet, wo <strong>der</strong> lokale Einzelhandel naturgemäß die stärkste Marktposition<br />
besitzt. Die Tatsache, dass <strong>der</strong> überwiegende Teil <strong>der</strong> Kaufkraft im überörtlichen Kernein-<br />
zugsgebiet vorhanden ist, stellt – wie bereits im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Einwohnervertei-<br />
lung erwähnt – beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an die Marktreichweite des Mühlhäuser Einzel-<br />
handels.<br />
3.4 Kaufkraftprognose für das Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
bis 2015<br />
Die Entwicklung <strong>der</strong> Kaufkraftvolumina im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhan-<br />
dels bis zum Jahr 2015 steht vor allem in Abhängigkeit von <strong>der</strong> zukünftigen Entwicklung<br />
des Verbraucher- und Ausgabeverhaltens, vom Konjunkturverlauf sowie von den speziel-<br />
len sozioökonomischen Gegebenheiten im Untersuchungsraum.<br />
Das <strong>der</strong> GMA-Kaufkraftprognose bis 2015 zugrunde liegende Szenario des Verbraucher-<br />
verhaltens lässt sich wie folgt skizzieren:<br />
Die Verbraucher verhalten sich innerhalb des Prognosezeitraums „normal“, d.h. es<br />
werden keine extremen Verän<strong>der</strong>ungen des aktuellen Ausgabe- und Sparverhal-<br />
tens erwartet 2 .<br />
1 Auf Angaben für Brennstoffe und Kraftfahrzeuge wurde in vorliegen<strong>der</strong> Untersuchung<br />
verzichtet, da diese dem Einzelhandel formell zugerechneten Branchen keinen o<strong>der</strong> nur<br />
einen geringen Verkaufsflächenbedarf besitzen.<br />
2 Gegenwärtig liegt die Sparquote im Bundesgebiet bei ca. 11,5 %.<br />
36
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Die Preise für Dienstleistungen werden schneller ansteigen, als die Preise für Ein-<br />
zelhandelswaren. Als Folge dieser Entwicklung wird <strong>der</strong> Ausgabenanteil des Ein-<br />
zelhandels am privaten Verbrauch leicht zurückgehen.<br />
Im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 1 wird die Bevölkerungsent-<br />
wicklung weiterhin rückläufig sein 2 . Insgesamt ist bis 2015 auf Basis offizieller<br />
Prognosen ein Rückgang um ca. 6.790 Einwohner zu erwarten (- 8 %; vgl. Tab. 5<br />
und 7).<br />
Tabelle 7: Einwohner im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 2015<br />
Zonen des Kerneinzugsgebietes Einwohner<br />
Zone I <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> 33.670<br />
Zone II überörtliches Kerneinzugsgebiet 48.470<br />
Zonen I – II insgesamt<br />
82.140<br />
Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik, 11. koordinierte Bevölkerungsvorausrechnung<br />
Auf Basis <strong>der</strong> genannten Prämissen wird sich die einzelhandelsrelevante Kaufkraft im<br />
Mühlhäuser Kerneinzugsgebiet bis 2015 lei<strong>der</strong> ungünstig entwickeln. Dies liegt vor allem<br />
am erwarteten Bevölkerungsverlust, <strong>der</strong> nur teilweise durch eine leichte nominale Erhö-<br />
hung <strong>der</strong> Pro-Kopf-Ausgaben kompensiert werden kann. Im Kerneinzugsgebiet ist dem-<br />
nach 2015 nur noch ein Kaufkraftvolumen von ca. 371,1 Mio. € zu erwarten. Die Ein-<br />
zelwerte nach Hauptwarengruppen und Zonen sind in Tabelle 8 dargestellt. Gegenüber<br />
2007 entspricht die für 2015 prognostizierte Kaufkraft einem Rückgang von ca. 23,7<br />
Mio. € (- 6 %).<br />
1 Eine relevante Ausweitung des Mühlhäuser Kerneinzugsgebietes hält die GMA im weiteren<br />
Zeitverlauf für unwahrscheinlich. Selbst wenn z. B. durch Ansiedlung von Kundenmagnetbetrieben<br />
eine höhere Attraktivität des Einzelhandelsangebotes erreicht würde,<br />
steht kaum zu erwarten, dass von außerhalb des abgegrenzten Verflechtungsbereiches<br />
in wesentlichem Umfang Kaufkraft gebunden werden kann.<br />
2 Grundlage für diese Einschätzung ist die 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Thüringer Landesamtes für Statistik.<br />
37
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 8: Kaufkraft im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 2015<br />
Zonen<br />
Kaufkraft in Mio. €<br />
Warengruppen Zone I Zone II Zonen I - II<br />
Nahrungs- und Genussmittel<br />
Gesundheit, Körperpflege<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf<br />
50,6<br />
18,4<br />
3,2<br />
75,3<br />
27,5<br />
4,8<br />
125,9<br />
45,9<br />
8,0<br />
kurzfristiger Bedarf insg. 72,2 107,6 179,8<br />
Bücher, PBS*, Spielwaren<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport<br />
7,3<br />
19,1<br />
10,8<br />
28,4<br />
18,1<br />
47,5<br />
mittelfristiger Bedarf insg. 26,4 39,2 65,6<br />
Elektrowaren<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel<br />
Sonstiger Einzelhandel<br />
13,4<br />
14,6<br />
22,5<br />
20,0<br />
21,7<br />
33,5<br />
33,4<br />
36,3<br />
56,0<br />
langfristiger Bedarf insg. 50,5 75,2 125,7<br />
Nichtlebensmittel insg. 98,5 146,7 245,2<br />
Einzelhandel insg. 149,1 222,0 371,1<br />
* PBS = Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren<br />
Quelle: GMA-Prognose, ca.-Werte gerundet<br />
38
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
V Situation des Einzelhandelsstandortes <strong>Mühlhausen</strong><br />
1. Einzelhandelssituation in <strong>der</strong> Gesamtstadt<br />
Die Ausführungen des Kapitels V befassen sich speziell mit dem Einzelhandelsangebot in<br />
<strong>Mühlhausen</strong>. Die von <strong>der</strong> GMA aktuell erhobenen Bestandsdaten machen Stärken und<br />
Schwachstellen des Branchenmix deutlich und ermöglichen dadurch Empfehlungen zur<br />
Ergänzung und / o<strong>der</strong> qualitativen Aufwertung des Angebotes.<br />
Die Auswertung des Einzelhandelsbesatzes erfolgt nach geographischen und sachlichen<br />
Kriterien. In räumlicher Hinsicht liegen die Bestandswerte für folgende Standortlagen vor:<br />
─ <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> insgesamt<br />
─ Einkaufsinnenstadt 1<br />
─ Streu- und Nebenlagen<br />
─ autokundenorientierte Lagen.<br />
Eine sachliche Differenzierung <strong>der</strong> Bestandswerte erfolgt:<br />
─ für alle Einzelhandelsbranchen, ohne den Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen,<br />
Mineralölerzeugnissen und ähnlichen Waren<br />
─ für das Lebensmittelhandwerk (Bäckereien, Konditoreien, Fleischereien).<br />
Die Bestandswerte des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong> wurden komplett vor Ort erfasst. Im<br />
Rahmen dieser Totalerhebung wurden 425 Betriebe des Ladeneinzelhandels und La-<br />
denhandwerks mit einer Verkaufsfläche von ca. 84.465 m² ermittelt. Davon entfielen<br />
…<br />
126 Betriebe (30 % des Gesamtbestandes) mit einer Verkaufsfläche von ca.<br />
25.445 m² (30 % <strong>der</strong> Gesamtverkaufsfläche) auf den Nahrungs- und Genussmit-<br />
telsektor<br />
1 Zur Abgrenzung <strong>der</strong> Einkaufsinnenstadt siehe Karte 4.<br />
39
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
299 Betriebe (70 %) mit einer Verkaufsfläche von ca. 59.020 m² (70 %) auf den<br />
Nichtlebensmittelsektor (vgl. Tab. 9) 1 .<br />
Tabelle 9: Betriebe und Verkaufsflächen des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong><br />
Daten<br />
Warengruppen Betriebe Verkaufsfläche in m²<br />
Nahrungs- und Genussmittel 126 25.445<br />
Gesundheit, Körperpflege 25 5.145<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf 30 2.895<br />
Bücher, PBS*, Schreibwaren 20 2.455<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport 88 16.475<br />
Elektrowaren 31 3.140<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel 44 8.525<br />
Sonstiger Einzelhandel 61 20.385<br />
Nichtlebensmittel insg. 299 59.020<br />
Einzelhandel insg. 425 84.465<br />
* PBS = Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren<br />
Quelle: GMA-Erhebungen 2008; ca.-Werte gerundet<br />
In <strong>der</strong> strukturellen und teilräumlichen Betrachtung des Mühlhäuser Einzelhandels fallen<br />
einige Beson<strong>der</strong>heiten auf:<br />
Die rechnerische Durchschnittsgröße <strong>der</strong> Geschäfte liegt bei 199 m² VK je Be-<br />
trieb. Dieser Wert ist viel geringer als <strong>der</strong> Durchschnitt des Bundesgebietes (240<br />
m²), was auf einen relativ hohen Anteil kleinflächiger Geschäfte hindeutet.<br />
In <strong>der</strong> Tat verfügen 48 % <strong>der</strong> Mühlhäuser Geschäfte über Verkaufsflächen von<br />
weniger als 50 m². Diese Betriebe repräsentieren nur einen sehr kleinen Verkaufs-<br />
flächenanteil am Gesamtbestand von 7 %. Demgegenüber weisen 5 % <strong>der</strong> Ge-<br />
1 Die Zuordnung von Einzelbetrieben und Verkaufsflächen zu Warengruppen erfolgte prinzipiell<br />
auf Basis des jeweiligen Umsatz- bzw. Verkaufsflächenschwerpunktes. Bei Lebensmittelmärkten<br />
wurde eine nach Warengruppen differenzierte Erhebung durchgeführt (Ausnahme:<br />
regelmäßig wechselnde Nonfood-Aktionssortimente).<br />
40
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
schäfte Verkaufsflächen von 800 m² und mehr auf. Deren Verkaufsflächenanteil<br />
liegt bei 49 % des Gesamtbestandes (vgl. Abb. 12). In <strong>Mühlhausen</strong> sind insgesamt<br />
22 großflächige Betriebe (> 800 m² VK) ansässig.<br />
Abb. 12: Betriebsgrößenklassen des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong><br />
Anteil<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
48%<br />
7%<br />
22%<br />
8%<br />
24%<br />
37%<br />
5%<br />
49%<br />
unter 50 m² 50 - 99 m² 100 - 799 m² 800 m² und größer<br />
Verkaufsflächen-Größenklassen<br />
Anteil Betriebe Anteil Verkaufsfläche<br />
Quelle: GMA-Erhebungen 2008<br />
Der Einzelhandel in <strong>der</strong> Einkaufsinnenstadt 1 nimmt – trotz seiner 191 Betriebe<br />
(45 % des Gesamtbestandes) – quantitativ nur eine nachrangige Position ein. Dies<br />
wird durch den relativ geringen Verkaufsflächenanteil von 25 % (ca. 21.215 m²)<br />
dokumentiert.<br />
In <strong>der</strong> für Innenstädte generell attraktivitätsbestimmenden Warengruppe Beklei-<br />
dung / Schuhe / Sport erreicht die Mühlhäuser Einkaufsinnenstadt immerhin einen<br />
Verkaufsflächenanteil von 65 %. Auch in den Warengruppen Gesundheit / Körper-<br />
pflege (53 %), Bücher / PBS / Spielwaren (41 %) und Elektrowaren (53 %) werden<br />
angemessene Verkaufsflächenanteile erzielt (vgl. Abb. 13).<br />
1 Zur Abgrenzung <strong>der</strong> Einkaufsinnenstadt siehe Karte 4.<br />
41
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Abb. 13: Verkaufsflächenanteile <strong>der</strong> Mühlhäuser Einkaufsinnenstadt an <strong>der</strong><br />
Gesamtstadt<br />
Warengruppen<br />
Nahrungs- und Genussmittel<br />
Gesundheit, Körperpflege<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf<br />
Bücher, PBS, Spielw aren<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport<br />
Elektrow aren<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel<br />
Sonstiger Einzelhandel<br />
Einzelhandel insgesamt<br />
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%<br />
Verkaufsflächen-Anteil<br />
Innenstadt übriges <strong>Stadt</strong>gebiet<br />
Quelle: GMA-Erhebungen 2008<br />
Charakteristisch für die Einkaufsinnenstadt von <strong>Mühlhausen</strong> ist <strong>der</strong> neben 6 groß-<br />
flächigen Betrieben (AWG Modecenter, Rewe, Drogeriemarkt Müller, Geier Schu-<br />
he, Kaufhaus Weyrauch und Expert) überwiegend kleinteilige Einzelhandelsbe-<br />
satz. Die Durchschnittsgröße <strong>der</strong> ansässigen Betriebe liegt hier nur bei rund 111<br />
m² VK. In diesem Wert kommen u. a. die durch die vorhandene Bausubstanz be-<br />
dingten kleinteiligen Ladeneinheiten zum Ausdruck.<br />
In <strong>der</strong> Standortkategorie Streu- und Nebenlagen sind in <strong>Mühlhausen</strong> zwar 41 %<br />
<strong>der</strong> Betriebe etabliert, diese repräsentieren jedoch lediglich einen Verkaufsflä-<br />
chenanteil von 32 % an <strong>der</strong> Gesamtstadt. Die durchschnittliche Größe <strong>der</strong> Ge-<br />
schäfte fällt mit 151 m² Verkaufsfläche gering aus. Bei den Betrieben in dieser<br />
Standortkategorie handelt es sich überwiegend um kleinteiligen Fachhandel sowie<br />
Anbieter des Lebensmittesektors (z. B. Lebensmitteldiscounter o<strong>der</strong> Supermärkte).<br />
42
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 10: Betriebe und Verkaufsflächen des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong> nach Standortlagen<br />
Warengruppen<br />
Standortlagen<br />
Einkaufsinnenstadt Streu- und Nebenlagen autokundenorientierte Lagen<br />
Betriebe VK in m² Betriebe VK in m² Betriebe VK in m²<br />
Nahrungs- und Genussmittel 28 2.075 74 13.235 24 10.135<br />
Gesundheit, Körperpflege 15 2.700 9 1.510 1 935<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf 6 585 19 1.540 5 770<br />
Bücher, PBS*, Spielwaren 11 995 7 1.105 2 355<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport 70 10.755 14 4.230 4 1.490<br />
Elektrowaren 18 1.650 9 920 4 570<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel 19 1.170 20 2.385 5 4.970<br />
Sonstiger Einzelhandel 24 1.285 24 1.700 13 17.400<br />
Nichtlebensmittel insg. 163 19.140 102 13.390 34 26.490<br />
Einzelhandel insg. 191 21.215 176 26.625 58 36.625<br />
* PBS = Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren<br />
Quelle: GMA-Erhebungen 2008, ca.-Werte gerundet<br />
43
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Eine große Bedeutung besitzen in <strong>Mühlhausen</strong> autokundenorientierte Versor-<br />
gungslagen. Obwohl sich hier nur 14 % <strong>der</strong> Betriebe befinden, entfallen rund<br />
43 % <strong>der</strong> Verkaufsflächen auf diese Standortkategorie (ca. 36.625 m², vgl. auch<br />
Tab. 10). Mit rund 631 m² fällt die durchschnittliche Verkaufsfläche je Betrieb ent-<br />
sprechend hoch aus.<br />
--------------------------------------------<br />
In Ergänzung <strong>der</strong> quantitativen Erfassung wurde <strong>der</strong> Einzelhandelsbestand in Mühlhau-<br />
sen von <strong>der</strong> GMA auch im Hinblick auf die qualitative Gestaltung <strong>der</strong> Betriebsräume und<br />
Schaufensterauslagen, die Innenausstattung, die Warenpräsentation und die optisch<br />
wahrnehmbare betriebliche Organisation analysiert. Dabei wurden die Geschäfte in einer<br />
Bewertungsskala folgenden drei Kategorien zugeteilt:<br />
─ marktgerecht<br />
─ mo<strong>der</strong>nisierungsbedürftig<br />
─ nicht marktgerecht.<br />
Unter Zugrundelegung <strong>der</strong> genannten Kriterien wurden 324 Betriebe (76 % <strong>der</strong> Gesamt-<br />
zahl), mit einer Verkaufsfläche von ca. 59.200 m² (70 % <strong>der</strong> Gesamtverkaufsfläche) als<br />
marktgerecht eingestuft 1 . 93 Betriebe mit ca. 24.300 m² erhielten die Bewertung mo<strong>der</strong>ni-<br />
sierungsbedürftig. Lediglich 8 Betriebe mit einer Verkaufsfläche von ca. 965 m² wurden<br />
als nicht marktgerecht klassifiziert (vgl. Tab. 11). Somit ergibt sich hinsichtlich des qualita-<br />
tiven Marktauftrittes <strong>der</strong> Einzelhandelsbetriebe in <strong>Mühlhausen</strong> ein überwiegend positives<br />
Gesamtbild. Dennoch stimmt <strong>der</strong> offensichtliche Investitionsstau bei den mo<strong>der</strong>nisie-<br />
rungsbedürftigen und nicht mehr marktgerechten Betrieben bedenklich, weil er Vorbote<br />
eines möglichen „trading-down“-Prozesses sein könnte.<br />
1 Die Einstufung erfolgte unabhängig von <strong>der</strong> wirtschaftlichen Gesamtsituation des Einzelhandels<br />
in Mühhausen. Zugrunde gelegt wurde eine einzelbetriebliche Bewertung auf<br />
Basis optisch wahrnehmbarer Kriterien.<br />
44
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 11: Qualitative Bewertung des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
Warengruppen<br />
Bewertung<br />
marktgerecht<br />
mo<strong>der</strong>nisierungsbedürftig<br />
nicht<br />
marktgerecht<br />
Betriebe VK in m² Betriebe VK in m² Betriebe VK in m²<br />
Nahrungs- und Genussmittel 95 18.205 28 10.005 3 65<br />
Gesundheit, Körperpflege 24 3.410 1 40 --- ---<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf 21 2.075 9 725 --- ---<br />
Bücher, PBS*, Spielwaren 14 2.040 6 195 --- ---<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport 67 10.770 20 5.370 1 105<br />
Elektrowaren 29 2.880 1 20 1 55<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel 30 3.240 12 4.235 2 720<br />
Sonstiger Einzelhandel 44 16.580 16 3.710 1 20<br />
Einzelhandel insg. 324 59.200 93 24.300 8 965<br />
* PBS = Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren<br />
Quelle: GMA-Erhebungen / Einschätzung 2008<br />
2. Ausgewählte Ausstattungs- und Strukturkennziffern des Mühlhäuser<br />
Einzelhandels<br />
In Ergänzung <strong>der</strong> absoluten Angaben zum Einzelhandelsbestand ermöglichen auf Ein-<br />
wohner bezogene Ausstattungs- und Strukturkennziffern im kommunalen Vergleich eine<br />
weiterführende Beurteilung <strong>der</strong> Mühlhäuser Einzelhandelsstruktur. In Tabelle 12 wurden<br />
deshalb die Besatzwerte von <strong>Mühlhausen</strong> den Indexzahlen von Städten vergleichbarer<br />
Größe gegenüber gestellt. Alle Daten stammen aus aktuellen Einzelhandelserhebungen<br />
<strong>der</strong> GMA in den genannten Orten.<br />
Die in <strong>Mühlhausen</strong> ermittelte Verkaufsfläche von ca. 84.465 m² entspricht einer Verkaufs-<br />
flächenausstattung von ca. 2.310 m² je 1.000 Einwohner. Die Kennziffer ist im Vergleich<br />
mit an<strong>der</strong>en Städten als etwas unterdurchschnittlich zu klassifizieren. In dem Wert kommt<br />
sicher die relative Nahlage <strong>Mühlhausen</strong>s zu mehreren Städten mit einer hohen Attraktivi-<br />
tät als Einzelhandelsstandort zum Ausdruck (vgl. hierzu die Ausführungen zur Abgren-<br />
zung des Kerneinzugsgebietes). Darüber hinaus ist auf großflächige Verkaufseinrichtun-<br />
gen in umliegenden Kommunen (insb. OBI in Ammern und Möbel Jäger in Oberdorla)<br />
hinzuweisen, welche die Potenziale dieser Branchen am Standort <strong>Mühlhausen</strong> einschrän-<br />
ken.<br />
45
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 12: Ausstattungskennziffern des Mühlhäuser Einzelhandels im kommunalen Vergleich<br />
<strong>Stadt</strong><br />
Daten<br />
Bundesland<br />
Einwohnerstand<br />
im Basisjahr<br />
Nahrungs-<br />
und Genussmittel<br />
Betriebe je 1.000 Einwohner m² Verkaufsfläche je 1.000 Einwohner<br />
Nichtlebensmittel <br />
Einzelhandel<br />
insg.<br />
Nahrungs-<br />
und Genussmittel <br />
Nichtlebensmittel<br />
Einzel-<br />
handel<br />
insg.<br />
Verkaufsflächenanteil<br />
Innenstadt<br />
in %<br />
<strong>Mühlhausen</strong> Thüringen 36.560 3,4 8,2 11,6 700 1.610 2.310 25<br />
Bautzen Sachsen 41.880 4,0 10,0 14,0 660 2.410 3.070 16<br />
Eisenach Thüringen 43.915 3,4 8,1 11,5 980 2.700 3.680 15<br />
Gotha Thüringen 46.250 3,6 7,0 10,6 690 1.880 2.570 29<br />
Halberstadt Sachsen-Anhalt 38.960 2,8 7,5 10,3 650 2.680 3.330 16<br />
Schwäbisch Hall Baden-Württemberg 36.690 2,3 5,5 7,8 710 1.980 2.690 21<br />
Tuttlingen Baden-Württemberg 34.800 2,4 6,6 9,0 660 2.040 2.700 27<br />
Wernigerode Sachsen-Anhalt 33.720 3,4 8,3 11,7 810 1.820 2.630 22<br />
GMA-Kennziffer* --- --- 1,8 4,3 6,1 570 1.810 2.380 ---<br />
* GMA-Kennziffernstudie 2007; Vergleichsbasis = 22 Städte mit 30.000 bis 40.000 Einwohnern<br />
Quelle: GMA-Zusammenstellung 2008, ca.-Werte gerundet<br />
46
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Einen erfreulich hohen Wert erreicht <strong>Mühlhausen</strong> – im Vergleich mit an<strong>der</strong>en ostdeut-<br />
schen Städten – beim Verkaufsflächenanteil <strong>der</strong> Einkaufsinnenstadt. Der Wert von 25 %<br />
belegt die Anstrengungen <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>verwaltung diesen Standortbereich gezielt zu stärken.<br />
3. Leerstandssituation des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong><br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Bestandserhebungen wurden im Mühlhäuser <strong>Stadt</strong>gebiet 98 leer ste-<br />
hende Geschäftsräume ermittelt, die überschlägig eine Verkaufsfläche von ca. 10.600<br />
m² repräsentieren 1 .<br />
In <strong>der</strong> Einkaufsinnenstadt existierten zum Erhebungszeitpunkt 28 Geschäftsleerstände<br />
(vgl. Tab. 13). Auf Streu- und Nebenlagen entfielen 67 Einheiten, womit sich hier die mit<br />
über 27 % höchste Leerstandsquote 2 ergibt.<br />
Aus städtebaulicher Sicht beachtenswert ist v. a. eine recht hohe Zahl von Leerständen in<br />
Nebenlagen <strong>der</strong> Einkaufsinnenstadt sowie den daran angrenzenden Bereichen (z. B. in<br />
<strong>der</strong> Erfurter Straße, <strong>der</strong> Felchtaer Straße, <strong>der</strong> Herrenstraße und <strong>der</strong> Görmarstraße). Hier<br />
hat in erster Linie <strong>der</strong> fehlende Kundenstrom dafür gesorgt, dass die ehemaligen Laden-<br />
besitzer ihre Betriebe schließen mussten.<br />
Tabelle 13: Geschäftsleerstände in <strong>Mühlhausen</strong><br />
Lage<br />
Anzahl<br />
Leerstände<br />
Anzahl <strong>der</strong> Ladeneinheiten<br />
insg.<br />
Leerstandsquote<br />
in %<br />
Einkaufsinnenstadt 28 219 12,8<br />
Streu- und Nebenlagen 67 243 27,6<br />
autokundenorientierte Lagen 3 61 4,9<br />
Insgesamt 98 523 18,7<br />
Quelle. GMA-Erhebung 2008, ca.-Werte gerundet<br />
1 Die Betriebsflächen <strong>der</strong> leer stehenden ehemaligen Ladeneinheiten wurde durch Inaugenscheinnahme<br />
grob geschätzt. Bei Ladenflächen, die nicht durch Schaufenster einsehbar<br />
waren erfolgte die Schätzung unter Zugrundelegung <strong>der</strong> überbauten Fläche bzw.<br />
des Gebäudeumrisses.<br />
2 Anzahl <strong>der</strong> Leerstände bezogen auf die Anzahl <strong>der</strong> vorhandenen Ladeneinheiten insge-<br />
samt.<br />
47
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Angesichts <strong>der</strong> bereits erreichten Verkaufsflächenausstattung <strong>Mühlhausen</strong>s und <strong>der</strong> all-<br />
gemeinen Tendenz zur Angebotskonzentration in Hauptgeschäftslagen dürfte es nur in<br />
begrenztem Umfang realistisch sein, die im <strong>Stadt</strong>gebiet aktuell vorhandenen Leerstände<br />
durch neue Einzelhandelsnutzungen zu revitalisieren. Insbeson<strong>der</strong>e in schwach frequen-<br />
tierten Streu- und Nebenlagen ist eine Wie<strong>der</strong>belegung <strong>der</strong> meist kleinen Geschäftsein-<br />
heiten unwahrscheinlich. In solchen Fällen sollten Haus- und Grundeigentümer deshalb<br />
Alternativnutzungen, wie z. B. Dienstleistungen o<strong>der</strong> Wohnen in Erwägung ziehen, auch<br />
wenn diese Nutzungsarten nicht dieselbe immobilienwirtschaftliche Rentabilität besitzen,<br />
wie <strong>der</strong> Einzelhandel und ggf. ein Investitionsbedarf für Umbaumaßnahmen besteht.<br />
4. Umsatzleistung und Kaufkraftbewegungen des Mühlhäuser Einzel-<br />
handels<br />
4.1 Umsatzleistung des Mühlhäuser Einzelhandels 2007<br />
Die Umsatzleistung des Mühlhäuser Einzelhandels im Geschäftsjahr 2007 wurde auf Ba-<br />
sis einer qualifizierten Schätzung ermittelt. Als Grundlage dienten die erfassten Verkaufs-<br />
flächen und an die Standortsituation und Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> einzelnen Betreiber ange-<br />
passte Produktivitäten (= Umsätze je m² VK / Jahr). Insgesamt erzielte <strong>der</strong> Mühlhäuser<br />
Einzelhandel 2007 demnach eine Umsatzleistung von<br />
ca. 192,8 Mio. €.<br />
Davon entfielen ca. 74,7 Mio. € (39 %) auf Nahrungs- und Genussmittel und ca.<br />
118,1 Mio. € (61 %) auf Nichtlebensmittel (vgl. auch Tab. 14). 62 % des Gesamtumsatzes<br />
wurde mit Kunden aus dem <strong>Stadt</strong>gebiet erzielt. Der Kaufkraftzufluss aus dem überörtli-<br />
chen Verflechtungsbereich betrug somit 38 % 1 . Dieser Wert ist im Vergleich mit leistungs-<br />
fähigen Städten ähnlicher zentralörtlicher Funktion als durchschnittlich einzustufen und<br />
macht die beachtliche Versorgungsbedeutung von <strong>Mühlhausen</strong> für Gemeinden im über-<br />
örtlichen Einzugsgebiet deutlich.<br />
1 Touristische Kaufkraftzuflüsse sind in den Marktanteilen bzw. Umsatzdaten <strong>der</strong> Zone II<br />
enthalten. Die GMA schätzt die Umsätze touristischer Kunden in <strong>Mühlhausen</strong> auf ca. 1 – 2<br />
Mio. € / Jahr.<br />
48
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Unter Zugrundelegung <strong>der</strong> Umsatzherkunft kann die Versorgungszentralität von Mühlhau-<br />
sen ermittelt werden. Diese Kennziffer errechnet sich durch Gegenüberstellung des Um-<br />
satzes mit <strong>der</strong> Kaufkraft im <strong>Stadt</strong>gebiet 1 . Demnach erreichte <strong>der</strong> Einzelhandel in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />
eine Zentralitätskennziffer von 121 2 . Damit wird in Anbetracht <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>größe, <strong>der</strong> Lage<br />
und <strong>der</strong> zentralörtlichen Stellung <strong>Mühlhausen</strong>s ein durchschnittlicher Wert erreicht 3 .<br />
Die Leistungsfähigkeit des Mühlhäuser Einzelhandels kann auch anhand von Verkaufs-<br />
flächenproduktivitäten eingeschätzt werden. Sie ermitteln sich aus dem Verhältnis <strong>der</strong><br />
branchenbezogenen Umsätze und <strong>der</strong> jeweils vorhandenen Verkaufsflächen. Gegenwär-<br />
tig werden folgende Umsätze je m² VK / Jahr erzielt 4 :<br />
Nahrungs- und Genussmittel ca. 2.940 € / m² VK<br />
Gesundheit, Körperpflege ca. 5.090 € / m² VK<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf ca. 1.520 € / m² VK<br />
Bücher, PBS, Spielwaren ca. 3.340 € / m² VK<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport ca. 1.430 € / m² VK<br />
Elektrowaren ca. 4.460 € / m² VK<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel ca. 1.470 € / m² VK<br />
Sonstiger Einzelhandel ca. 1.440 € / m² VK.<br />
Die errechneten Produktivitäten können sowohl bei Nahrungs- und Genussmitteln, insbe-<br />
son<strong>der</strong>e aber bei den Nichtlebensmitteln als niedrig eingestuft werden. Beson<strong>der</strong>s geringe<br />
Kennziffern erreicht <strong>der</strong> Mühlhäuser Einzelhandel in den Warengruppen Bekleidung /<br />
Schuhe / Sport, Hausrat / Einrichtung / Möbel und Sonstiger Einzelhandel. Sie sind zum<br />
größten Teil auf die bereits hohe Verkaufsflächenausstattung im <strong>Stadt</strong>gebiet und auf ein<br />
1<br />
Die korrekte Formel zur Bestimmung <strong>der</strong> Zentralität lautet: Umsatz x 100 : Kaufkraft in <strong>der</strong><br />
Standortgemeinde (= <strong>Mühlhausen</strong>).<br />
2<br />
Ein Ausbau <strong>der</strong> Einzelhandelszentralität kann aus gutachterlicher Sicht nur bei Schaffung<br />
optimaler Rahmenbedingungen für den Einzelhandel (z. B. verkehrliche Erreichbarkeit,<br />
städtebauliches Umfeld) und bei Ansiedlung national beworbener bzw. bekannter Markenanbieter<br />
gelingen. In diesem Zusammenhang spielt die qualitative Ergänzung <strong>der</strong>jenigen<br />
Branchen, in denen bislang erst niedrige Kaufkraftbindungsquoten erzielt werden, eine<br />
herausragende Rolle.<br />
3 Vergleichswerte: Altenburg = 110; Bernburg (Saale) = 111; Fürstenwalde = 117; Suhl =<br />
121.<br />
4 Bei den Angaben handelt es sich um Bruttoumsätze.<br />
49
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
lückenhaftes o<strong>der</strong> einseitiges Angebotsspektrum (Betriebstypen, Marken, Preissegmente)<br />
zurückzuführen.<br />
4.2 Kaufkraftbewegungen des Mühlhäuser Einzelhandels 2007<br />
Durch Gegenüberstellung des in den Kerneinzugsgebietszonen ermittelten Nachfragepo-<br />
tenzials und <strong>der</strong> um außerörtliche Kaufkraftzuflüsse bereinigten Umsatzwerte können die<br />
Kaufkraftbewegungen des Mühlhäuser Einzelhandels errechnet werden. Die Ermittlung<br />
<strong>der</strong> Kaufkraftzu- und -abflüsse erfolgt dabei getrennt für die Hauptwarengruppen Nah-<br />
rungs- und Genussmittel und Nichtlebensmittel sowie für den Einzelhandel insgesamt.<br />
4.2.1 Kaufkraftbewegungen bei Nahrungs- und Genussmitteln<br />
Nach den angestellten Berechnungen belief sich <strong>der</strong> Mühlhäuser Einzelhandelsumsatz<br />
bei Nahrungs- und Genussmitteln im Jahr 2007 auf:<br />
ca. 74,7 Mio. € (unbereinigter Bruttoumsatz)<br />
./. ca. 25,6 Mio. € (außerörtlicher Kaufkraftzufluss)<br />
= ca. 49,1 Mio. € (Umsatzanteil Wohnbevölkerung <strong>Mühlhausen</strong>).<br />
Durch Gegenüberstellung des bereinigten Umsatzes mit <strong>der</strong> für <strong>Mühlhausen</strong> ermittelten<br />
Kaufkraft errechnet sich die Kaufkraftbindung:<br />
ca. 49,1 Mio. € : ca. 54,0 Mio. € = ca. 91 %<br />
(Umsatz Mühlhäuser Bev.) (Kaufkraft Mühlhäuser Bev.) (Kaufkraftbindung).<br />
Demnach fließen aus <strong>Mühlhausen</strong> ca. 9 % (4,9 Mio. €) <strong>der</strong> Kaufkraft für Nahrungs- und<br />
Genussmittel ab o<strong>der</strong> werden nicht von einzelhandelsrelevanten Betriebsformen abge-<br />
schöpft (z. B. Großhandel, Direktvermarktung, ambulanter Handel) 1 .<br />
1 Hauptgrund für die Kaufkraftabflüsse sind Pendler, die ihren Bedarf z. T. an ihren aus-<br />
wärtigen Arbeitsorten decken.<br />
50
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
4.2.2 Kaufkraftbewegungen bei Nichtlebensmitteln<br />
Analog zu dem bei Nahrungs- und Genussmitteln angewandten Berechnungsverfahren<br />
lassen sich auch die Kaufkraftbindung und <strong>der</strong> Kaufkraftabfluss des Mühlhäuser Einzel-<br />
handels im Nichtlebensmittelsektor einschätzen:<br />
ca. 118,1 Mio. € (unbereinigter Bruttoumsatz)<br />
./. ca. 48,2 Mio. € (außerörtlicher Kaufkraftzufluss)<br />
= ca. 69,9 Mio. € (Umsatzanteil Wohnbevölkerung <strong>Mühlhausen</strong>).<br />
Durch Gegenüberstellung des bereinigten Umsatzes mit <strong>der</strong> für <strong>Mühlhausen</strong> errechneten<br />
Kaufkraft von ca. 105,0 Mio. € im Jahr 2007 lässt sich folgende Kaufkraftbindung ermit-<br />
teln:<br />
ca. 69,9 Mio. € : ca. 105,0 Mio. € = ca. 67 %<br />
(Umsatz Mühlhäuser Bev.) (Kaufkraft Mühlhäuser Bev.) (Kaufkraftbindung).<br />
Die in Höhe von 35,1 Mio. € aus <strong>Mühlhausen</strong> abfließende Kaufkraft bezieht sich sowohl<br />
auf den mittel- als auch langfristigen Bedarf, <strong>der</strong> z. T. an an<strong>der</strong>en Einkaufsorten gedeckt<br />
wird. Beachtliche Kaufkraftabflüsse sind insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Warengruppen Bekleidung /<br />
Schuhe / Sport und Hausrat / Einrichtung / Möbel zu verzeichnen. Aber auch die Marktan-<br />
teile in den Sortimentsbereichen Bücher / PBS / Schreibwaren, Bekleidung / Schuhe /<br />
Sport und Elektrowaren und Sonstiger Einzelhandel sind als eher niedrig einzustufen 1 .<br />
4.3 Kaufkraftbewegungen im Einzelhandel insgesamt<br />
In <strong>der</strong> Gesamtstadt <strong>Mühlhausen</strong> wurden für den Einzelhandel im Jahr 2007<br />
Verbrauchsausgaben in Höhe von ca. 159,0 Mio. € ermittelt, denen eine bereinigte Um-<br />
satzleistung von ca. 119,0 Mio. € gegenüberstand. Von dem in <strong>Mühlhausen</strong> zur Verfü-<br />
1 Hauptgründe für die Kaufkraftabflüsse sind das Fehlen von Betriebstypen in <strong>Mühlhausen</strong><br />
(u. a. größeres innerstädtisches EKZ, vertikal integrierter Einzelhandel, Markenartikelanbieter,<br />
Einrichtungshaus) sowie z. T. attraktive Einzelhandelsangebote in umliegenden<br />
Zentralen Orten, insbeson<strong>der</strong>e im Oberzentrum Erfurt. In den Bereichen Möbel und<br />
Sonstiger Einzelhandel spielen zudem leistungsfähige Großanbieter in den Nachbarkommunen<br />
(Obi, Ammern; Möbel Jäger, Oberdorla) eine Rolle.<br />
51
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
gung stehenden Kaufkraftpotenzial konnten demnach ca. 40,0 Mio. € nicht durch den<br />
ortsansässigen Einzelhandel und das Ladenhandwerk gebunden werden. Über alle Wa-<br />
rengruppen hinweg wurde eine Kaufkraftbindungsquote von ca. 75 % erreicht.<br />
Mit Bezug auf die ermittelten Kaufkraftbindungsquoten können folgende Feststellungen<br />
getroffen werden:<br />
<strong>Mühlhausen</strong> erreicht mit einer Kaufkraftbindung von 75 % im Vergleich mit Städten<br />
ähnlicher Größe und zentralörtlicher Bedeutung eine durchschnittliche Quote. In<br />
einzelnen Branchen sind aber erhebliche Unterschiede <strong>der</strong> Marktbedeutung fest-<br />
zustellen.<br />
In den nahversorgungsrelevanten Warengruppen (Nahrungs- und Genussmittel,<br />
Gesundheit / Körperpflege, Blumen / Pflanzen / zool. Bedarf) erzielt <strong>der</strong> Mühlhäu-<br />
ser Einzelhandel adäquate Marktanteile.<br />
In den Sortimentsgruppen Bücher / PBS / Spielwaren, Bekleidung / Schuhe /<br />
Sport, Elektrowaren, Hausrat / Einrichtung / Möbel und Sonstiger Einzelhandel ist<br />
die Marktbedeutung des Mühlhäuser Einzelhandels etwas zu gering ausgeprägt.<br />
Die in diesen Branchen relativ niedrigen Marktanteile stehen zum einen im Zu-<br />
sammenhang mit dem Fehlen von Magnetbetrieben, zum an<strong>der</strong>en mit dem Vor-<br />
handensein leistungsstarker Großbetriebe in Nachbargemeinden und attraktiven<br />
Angeboten in umliegenden zentralen Orten, insbeson<strong>der</strong>e im Oberzentrum Erfurt.<br />
4.4 Kaufkraftbewegungen im überörtlichen Kerneinzugsgebiet<br />
Innerhalb des überörtlichen Kerneinzugsgebietes (Zone II) errechnet sich im Jahr 2007<br />
ein Kaufkraftvolumen von ca. 235,8 Mio. €. Hier generierten die Mühlhäuser Einzelhan-<br />
delsbetriebe (inkl. Streuumsätze durch Pendler und Touristen) eine Umsatzleistung von<br />
ca. 73,8 Mio. €, d. h. <strong>der</strong> Einzelhandel erzielte hier immerhin einen Marktanteil von ca.<br />
31 % 1 .<br />
1 Auf Grund <strong>der</strong> Integration von Streuumsätzen ist <strong>der</strong> angegebene Wert <strong>der</strong> Kaufkraftbindung<br />
in Zone II rechnerisch leicht überhöht.<br />
52
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 14: Umsatz des Mühlhäuser Einzelhandels 2007<br />
Warengruppen<br />
Daten<br />
Kaufkraft<br />
in Mio. €<br />
Zone I Zone II Zonen I - II<br />
Marktanteil<br />
in %<br />
Umsatz<br />
in Mio. €<br />
Kaufkraft<br />
in Mio. €<br />
Marktanteil<br />
in %<br />
Umsatz<br />
in Mio. € 1<br />
Nahrungs- und Genussmittel 54,0 91 49,1 80,1 32 25,6 74,7<br />
Gesundheit, Körperpflege 19,4 86 16,7 28,7 33 9,5 26,2<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf 3,4 84 2,9 5,1 29 1,5 4,4<br />
Bücher, PBS* Spielwaren 7,8 61 4,8 11,6 29 3,4 8,2<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport 20,4 66 13,5 30,2 33 10,0 23,5<br />
Elektrowaren 14,2 57 8,1 21,1 28 5,9 14,0<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel 15,6 46 7,2 23,1 23 5,3 12,5<br />
Sonstiger Einzelhandel 24,2 69 16,7 35,9 35 12,6 29,3<br />
Nichtlebensmittel insg. 105,0 67 69,9 155,7 31 48,2 118,1<br />
Einzelhandel insg. 159,0 75 119,0 235,8 31 73,8 192,8<br />
1 inkl. Streuumsätze<br />
* PBS = Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren<br />
Quelle: GMA-Berechnung, ca.-Werte gerundet<br />
Umsatz<br />
in Mio. €<br />
53
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Die überörtliche Marktbedeutung liegt, mit Ausnahme von Hausrat / Einrichtung / Möbel,<br />
in allen Warengruppen auf einem recht einheitlichen Niveau (zwischen ca. 28 % und ca.<br />
35 %). Somit übt <strong>der</strong>zeit keine Einzelbranche eine herausragende Marktwirkung im über-<br />
örtlichen Verflechtungsbereich aus.<br />
5. Umsatz- und Verkaufsflächenprognose des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
bis 2015<br />
Der im Jahr 2015 erzielbare Umsatz des Mühlhäuser Einzelhandels wird in Form einer<br />
Modellrechnung, unter Verwendung des Marktanteilkonzeptes 1 , ermittelt. Bei Ansetzung<br />
<strong>der</strong> voraussichtlich erzielbaren Kaufkraftbindungsquoten wurde unterstellt, dass <strong>der</strong> örtli-<br />
che Einzelhandel seine Marktstellung im Kerneinzugsgebiet insgesamt erhalten kann 2 .<br />
Bis zum Jahr 2015 können unter den genannten Voraussetzungen folgende Umsatzleis-<br />
tungen des Mühlhäuser Einzelhandels erwartet werden (vgl. auch Tab. 15).<br />
Nahrungs- und Genussmittel<br />
Zone I: ca. 91 % von ca. 50,6 Mio. € = ca. 46,0 Mio. €<br />
Zone II: ca. 32 % von ca. 75,3 Mio. € = ca. 24,1 Mio. €<br />
Zonen I – II: ca. 56 % von ca. 125,9 Mio. € = ca. 70,1 Mio. €<br />
Nichtlebensmittel<br />
Zone I: ca. 66 % von ca. 98,5 Mio. € = ca. 65,4 Mio. €<br />
Zone II: ca. 31 % von ca. 146,7 Mio. € = ca. 45,3 Mio. €<br />
Zonen I – II: ca. 45 % von ca. 245,2 Mio. € = ca. 110,7 Mio. €<br />
Auf Basis <strong>der</strong> vorstehenden Prognose ist (inkl. Streuumsätze) im Jahr 2015 eine Gesamt-<br />
umsatzleistung des Mühlhäuser Einzelhandels von ca. 180,8 Mio. € zu erwarten. Im Ver-<br />
gleich zum Jahr 2007 liegt <strong>der</strong> Umsatzwert 2015 somit um 12,0 Mio. € bzw. um ca. 6 %<br />
niedriger.<br />
1<br />
Das Marktanteilkonzept wird u. a. von allen Kauf- und Warenhausunternehmen in Deutschland<br />
zur Umsatzprognose verwendet.<br />
2<br />
Bezogen auf die im Jahr 2007 errechneten Werte <strong>der</strong> Kaufkraftbindung.<br />
54
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 15: Umsatzprognose für den Mühlhäuser Einzelhandel im Jahr 2015<br />
Warengruppen<br />
Daten<br />
Kaufkraft<br />
in Mio. €<br />
Zone I Zone II Zonen I - II<br />
Marktanteil<br />
in %<br />
Umsatz<br />
in Mio. €<br />
Kaufkraft<br />
in Mio. €<br />
Marktanteil<br />
in %<br />
Umsatz<br />
in Mio. € 1<br />
Nahrungs- und Genussmittel 50,6 91 46,0 75,3 32 24,1 70,1<br />
Gesundheit, Körperpflege 18,4 86 15,8 27,5 33 9,1 24,9<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf 3,2 84 2,7 4,8 29 1,4 4,1<br />
Bücher, PBS* Spielwaren 7,3 61 4,5 10,8 29 3,1 7,6<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport 19,1 66 12,6 28,4 33 9,4 22,0<br />
Elektrowaren 13,4 57 7,6 20,0 28 5,6 13,2<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel 14,6 46 6,7 21,7 23 5,0 11,7<br />
Sonstiger Einzelhandel 22,5 69 15,5 33,5 35 11,7 27,2<br />
Nichtlebensmittel insg. 98,5 66 65,4 146,7 31 45,3 110,7<br />
Einzelhandel insg. 149,1 75 111,4 222,0 31 69,4 180,8<br />
1 inkl. Streuumsätze<br />
* PBS = Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren<br />
Quelle: GMA-Prognose, ca.-Werte gerundet<br />
Umsatz<br />
in Mio. €<br />
55
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Zur Ermittlung des mittelfristigen Verkaufsflächenbedarfs in <strong>Mühlhausen</strong> wird <strong>der</strong> für 2015<br />
prognostizierte Umsatz in den einzelnen Branchen realistischen Produktivitätsleistungen<br />
(= Umsätze pro m² VK) gegenübergestellt, die erreicht werden müssen, um die Verkaufs-<br />
flächen wirtschaftlich zu betreiben (vgl. Tab. 16).<br />
Tabelle 16: Verkaufsflächenbedarf in <strong>Mühlhausen</strong> bis 2015<br />
Warengruppen<br />
Daten<br />
Umsatz<br />
2015 in<br />
Mio. €<br />
Produktivität<br />
in<br />
€/m² VK<br />
Tragfähige<br />
VK 2015<br />
in m²<br />
VK-<br />
Bestand<br />
2008 in m²<br />
VK-<br />
Zusatzbedarf<br />
2015<br />
in m²<br />
Nahrungs- und Genussmittel 70,1 3.300 21.240 25.445 ---<br />
Gesundheit, Körperpflege 24,9 4.600 5.410 5.145 265<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf 4,1 1.800 2.280 2.895 ---<br />
Bücher, PBS*, Spielwaren 7,6 3.000 2.530 2.455 75<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport 22,0 2.000 11.000 16.475 ---<br />
Elektrowaren 13,2 4.300 3.070 3.140 ---<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel 11,7 1.500 7.800 8.525 ---<br />
Sonstiger Einzelhandel 27,2 1.500 18.130 20.385 ---<br />
* PBS = Papierwaren, Bürobedarf, Schreibwaren<br />
Quelle: GMA-Modellrechnung, ca.-Werte gerundet<br />
In Tabelle 16 wird deutlich, dass die aktuell vorhandenen Verkaufsflächen 2015 in den<br />
meisten Branchen ökonomisch wohl nicht mehr ausgelastet werden können. Insbesonde-<br />
re im Lebensmitteleinzelhandel sowie im Bereich Bekleidung / Schuhe / Sport könnten<br />
deshalb teilweise Abschmelzungen des Geschäftsbesatzes die Folge sein. Gleichzeitig<br />
sind angesichts <strong>der</strong> zu erwartenden Verkaufsflächenüberhänge bei weiteren Neuansied-<br />
lungen stets Umverteilungswirkungen gegenüber dem bestehenden Einzelhandelsbesatz<br />
zu erwarten. Sehr begrenzte Expansionspotenziale sind allenfalls in den Warengruppen<br />
Gesundheit / Körperpflege sowie Bücher / PBS / Spielwaren zu identifizieren (insgesamt<br />
ca. 340 m² VK). Sie können problemlos durch Verkaufsflächenerweiterungen bestehen<strong>der</strong><br />
Betriebe realisiert werden.<br />
56
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
In <strong>der</strong> Gesamtschau wird vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Modellrechnung die<br />
Notwendigkeit einer Standortsteuerung des Einzelhandels durch die <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
transparent. Die zu erwartenden Abschmelzungen von Betrieben dürften sich zwar vor-<br />
aussichtlich überwiegend auf schwach frequentierte Streu- und Nebenlagen fokussieren,<br />
jedoch ist auch in <strong>der</strong> Einkaufsinnenstadt <strong>der</strong> Wegfall von Anbietern nicht völlig auszu-<br />
schließen. Zur Stabilisierung des Versorgungsstandortes empfiehlt es sich daher, im<br />
Rahmen gezielter Ansprachen von Händlern in Streu- und Nebenlagen Umlagerungen in<br />
die Einkaufsinnenstadt zu initiieren und damit den anstehenden räumlichen Konzentrati-<br />
onsprozess des Einzelhandels aktiv und städtebaulich sinnvoll zu begleiten.<br />
Darüber hinaus kann durch eine selektive Ansiedlungsakquisition die Attraktivität des Ein-<br />
zelhandelsstandortes <strong>Mühlhausen</strong> gestärkt werden. Angesichts <strong>der</strong> baulichen Strukturen<br />
in <strong>der</strong> Einkaufsinnenstadt erscheint dabei die Ansiedlung von Großanbietern (z. B. Kauf-<br />
haus, größeres Einkaufszentrum) allerdings nicht Erfolg versprechend. Vielmehr empfiehlt<br />
es sich, bekannte Markenwarenanbieter mit kompatiblen Standortanfor<strong>der</strong>ungen anzu-<br />
sprechen und – wenn möglich – in Ergänzung des bereits bestehenden Angebotes anzu-<br />
siedeln.<br />
57
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
VI Branchen- und Standortkonzept für den Mühlhäuser Einzelhan-<br />
del<br />
Auf Basis <strong>der</strong> Bestandsanalyse des Einzelhandels und <strong>der</strong> vorgestellten Entwicklungs-<br />
prognosen kann eine zukunftsorientierte Branchen- und Standortstruktur für die <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Mühlhausen</strong> abgeleitet werden. Ziel dieses Planungskonzeptes ist es, die zum Erhalt <strong>der</strong><br />
Zentralitätsfunktion und zur Sicherung <strong>der</strong> wohngebietsnahen Versorgung erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Strategien und Maßnahmen zu formulieren und „zentrale Versorgungsbereiche“ gemäß<br />
§ 34 Abs. 3 BauGB im <strong>Stadt</strong>gebiet festzulegen. Im Fokus <strong>der</strong> Betrachtung stehen dabei<br />
die Mühlhäuser Einkaufsinnenstadt und die Nahversorgungslagen.<br />
Zur Identifikation und Klassifikation „zentraler Versorgungsbereiche“ in <strong>Mühlhausen</strong> wurde<br />
die in Tabelle 17 dargestellte Anfor<strong>der</strong>ungsliste verwendet. Die darin angeführten Kriterien<br />
machen deutlich, dass die Attraktivität zentraler Versorgungsbereiche zwar maßgeblich<br />
von <strong>der</strong> Einzelhandelsausstattung abhängt, jedoch auch an<strong>der</strong>e Aspekte, wie z. B. Kom-<br />
plementärnutzungen aus dem Freizeit- und Dienstleistungsbereich, Veranstaltungen o<strong>der</strong><br />
die Verkehrs- und Sozialisationsfunktion eine bedeutende Rolle spielen. Zudem ist ein<br />
ausreichendes Maß an räumlicher Konzentration <strong>der</strong> verschiedenen Einrichtungen uner-<br />
lässlich, weil <strong>der</strong> zentrale Versorgungsbereich sonst von den Kunden nicht als zusam-<br />
menhängend wahrnehm- und erlebbar ist. Deshalb wurden auch Aussagen zur maxima-<br />
len räumlichen Ausdehnung <strong>der</strong> zentralen Versorgungsbereiche getroffen.<br />
Unter Zugrundelegung <strong>der</strong> vorgestellten Identifikations- und Klassifikationskriterien für<br />
zentrale Versorgungsbereiche konnten die Mühlhäuser „Einkaufsinnenstadt“ sowie vier<br />
„Nahversorgungslagen“ im <strong>Stadt</strong>gebiet identifiziert werden. Als prioritäres Kriterium für die<br />
Festlegung <strong>der</strong> zentralen Versorgungsbereiche diente dabei das in den jeweiligen Örtlich-<br />
keiten vorhandene Angebotsspektrum (Einzelhandel- und Komplementärnutzungen).<br />
Darüber hinaus wurde geprüft, ob im jeweiligen Kerneinzugsgebiet ausreichend Kaufkraft<br />
vorhanden ist, um die Zentren wirtschaftlich auszulasten und somit eine nachhaltige Ent-<br />
wicklung zu gewährleisten.<br />
58
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 17: Kriterien <strong>der</strong> Identifikation und Klassifikation zentraler Versorgungsbereiche<br />
in <strong>Mühlhausen</strong><br />
Anfor<strong>der</strong>ungen Zentraler Versorgungsbereich Zentraler Versorgungsbereich<br />
„Einkaufsinnenstadt“<br />
„Nahversorgungslage“<br />
Einzugsbereich gesamtstädtisch / überörtlich Wohnumfeld<br />
ca. 80.000 – 90.000 Einwohner ca. 3.000 – 5.000 Einwohner<br />
Branchenmix alle Bedarfsbereiche Schwerpunkt kurzfristiger Bedarf,<br />
ausschnittweise mittelfristiger<br />
Bedarf<br />
Sortimente breit und möglichst tief breit bei Lebensmitteln<br />
Betriebsgrößenmix ca. 5 Betriebe > 1.000 m² VK 2 Betriebe bis 1.000 m² VK<br />
ca. 5 Betriebe bis 1.000 m² VK<br />
ca. 180 sonstige Betriebe<br />
ca. 5 sonstige Betriebe<br />
Kundenmagneten kleineres Einkaufszentrum<br />
Supermarkt<br />
größere Fachgeschäfte<br />
größere Filialisten<br />
Lebensmitteldiscounter<br />
Betriebstypenmix kleineres Einkaufszentrum<br />
Supermarkt<br />
Filialisten<br />
Lebensmitteldiscounter<br />
Fachgeschäfte<br />
Lebensmittelhandwerk<br />
Lebensmittelhandwerk<br />
Fachgeschäfte<br />
Preissegment mittleres bis gehobenes Niveau unteres bis mittleres Niveau<br />
Komplementärnut- Öffentliche Verwaltung<br />
Postagentur<br />
zungen<br />
Finanzdienstleister<br />
Bankfiliale / Cash-Point<br />
Post<br />
Ärzte<br />
Freie Berufe<br />
Frisör<br />
Gastronomie<br />
Reisebüros<br />
Veranstaltungsräume<br />
Museen<br />
Kino<br />
Touristinformation<br />
Gastronomie<br />
Service /<br />
Möblierung öffentlicher Raum Möblierung öffentlicher Raum<br />
Convenience<br />
Kin<strong>der</strong>spielgeräte<br />
Ruhe- und Erholungszonen<br />
Öffentliche Toilette<br />
Angebotstransparenz/ Leitsysteme / Wegweiser<br />
Firmierung<br />
Orientierung<br />
Standortbroschüre<br />
Branchenführer<br />
Veranstaltungen / Zielgruppenveranstaltungen / Außenverkauf<br />
Animation<br />
Events<br />
Kin<strong>der</strong>- und Familienfeste<br />
Märkte<br />
Musik / Theater<br />
Außenverkauf<br />
Lokalkunst / -kultur<br />
Verkehr Parkraumkonzept<br />
Parkierungsflächen<br />
breite Gehwege (Shopping) ÖPNV-Haltepunkt<br />
verkehrsberuhigte Bereiche Fahrradwegeanbindung<br />
ÖPNV-Zentralhaltepunkt<br />
Fahrradwegenetz / -abstellplätze<br />
Berollbarkeit<br />
Berollbarkeit<br />
59
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Anfor<strong>der</strong>ungen Zentraler Versorgungsbereich Zentraler Versorgungsbereich<br />
„Einkaufsinnenstadt“<br />
„Nahversorgungslage“<br />
Ergänzende Funktio- Identifikationsfunktion<br />
Mittelpunktfunktion für Wohnquarnen<br />
Treffpunktfunktion<br />
tier<br />
Informationsfunktion Gesamtstadt Informations-, Kommunikationsund<br />
Sozialisationsfunktion für<br />
Wohnquartier<br />
Räumliche Ausdehnung<br />
des Zentrums<br />
zwischen den Außenpunkten<br />
max. ca. 700 m max. ca. 200 m<br />
Quelle: GMA-Standortforschung / Standortbegehungen <strong>Mühlhausen</strong> 2008<br />
Nachfolgend werden die in <strong>Mühlhausen</strong> identifizierten „zentralen Versorgungsbereiche“ im<br />
Detail vorgestellt. Karte 3 gibt in diesem Zusammenhang einen Überblick über <strong>der</strong>en Lage<br />
innerhalb des <strong>Stadt</strong>gebietes.<br />
1. Zentraler Versorgungsbereich „Einkaufsinnenstadt“<br />
Bei <strong>der</strong> Definition des zentralen Versorgungsbereiches „Einkaufsinnenstadt“ wurden ne-<br />
ben den hier ansässigen Einzelhandelsbetrieben auch Komplementärnutzungen (z. B.<br />
Dienstleister, Gastronomie, Freizeit- und Kultureinrichtungen, öffentliche Einrichtungen)<br />
berücksichtigt. Die konkrete Abgrenzung wurde in einem zweiten Schritt mit Vertretern <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong>verwaltung im Detail besprochen und unter Berücksichtigung von Planungsabsichten<br />
<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> z. T. modifiziert. Im Ergebnis dieses Abstimmungsprozesses kann das in Karte<br />
4 dargestellte Gebiet als zentraler Versorgungsbereich „Einkaufsinnenstadt“ ausgewiesen<br />
werden.<br />
Die räumliche Abgrenzung <strong>der</strong> „Einkaufsinnenstadt“ bezieht die bestehenden Hauptge-<br />
schäftslagen im Steinweg, in <strong>der</strong> Linsenstraße und <strong>der</strong> Stätte mit ein. Weiterhin wurden<br />
angrenzende Bereiche mit verdichtetem Besatz an Einzelhandel o<strong>der</strong> ergänzenden Funk-<br />
tionen integriert. Aufgrund ihrer touristischen Bedeutung und den umgebenden Platzsitua-<br />
tionen sind zudem mehrere Kirchen (Marienkirche, Kornmarktkirche, Divi-Blasii-Kirche,<br />
Allerheiligenkirche) integraler Bestandteil des zentralen Versorgungsbereiches.<br />
60
Karte 3: Zentrale Versorgungsbereiche in <strong>Mühlhausen</strong> im Überblick<br />
4<br />
1<br />
3<br />
2<br />
Zentrale Versorgungsbereiche<br />
Einkaufsinnenstadt<br />
Nahversorgungslagen<br />
1 „Feldstraße“<br />
(u. a. Edeka)<br />
2 „Forstbergstraße“<br />
(u. a. Tegut, E-Neukauf)<br />
3 „Thomas-Müntzer-Straße“<br />
(u. a. Rewe, Netto)<br />
4 „Wanfrie<strong>der</strong> Straße“<br />
(u. a. Rewe, Plus)<br />
Quelle: Kartengrundlage <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong>;<br />
GMA-Bearbeitung 2008<br />
61
Karte 4: Zentraler Versorgungsbereich „Einkaufsinnenstadt“<br />
zentraler<br />
Versorgungsbereich<br />
„Einkaufsinnenstadt“<br />
Haupteinkaufslagen<br />
1a-Lagen<br />
1b-Lagen<br />
potenzielle<br />
Entwicklungsfläche<br />
für den Einzelhandel<br />
Quelle: Kartengrundlage <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong>;<br />
GMA-Bearbeitung 2008<br />
62
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Der zentrale Versorgungsbereich „Einkaufsinnenstadt“ nimmt Versorgungsfunktionen für<br />
die Gesamtstadt und das überörtliche Kerneinzugsgebiet von <strong>Mühlhausen</strong> wahr. Zum<br />
Erhebungszeitpunkt waren hier insgesamt 191 Betriebe mit ca. 21.215 m² Verkaufsfläche<br />
ansässig. Wesentliche Bedeutung für die Marktreichweite des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
besitzt das Einkaufszentrum „Burggalerie“ (u. a. Expert, Rewe, Intersport; siehe Foto 2)<br />
mit über 4.000 m² Verkaufsfläche. Weiterhin fungieren die großflächigen Anbieter Müller<br />
und AWG am Steinweg sowie Geier Schuhe und das Kaufhaus Weyrauch im Bereich<br />
Görmarstraße / Unter <strong>der</strong> Linde als Kundenmagneten.<br />
Foto 1: 1A-Lage Steinweg Foto 2: Kundenmagnet „Burggalerie“<br />
Das Spektrum <strong>der</strong> Komplementärnutzungen umfasst in <strong>der</strong> Mühlhäuser „Einkaufsinnen-<br />
stadt“ u. a. gastronomische Einrichtungen, Beherbergungsbetriebe sowie zahlreiche sons-<br />
tige Dienstleister (u. a. Finanzdienstleister, Freie Berufe, Reisebüros, Post, Textilreini-<br />
gung, Handwerksbetriebe). Hinzu kommen öffentliche (u. a. Rathaus / <strong>Stadt</strong>verwaltung /<br />
Amtsgericht), kulturelle und tourismusrelevante Einrichtungen (u. a. Kino, Museen, Tou-<br />
rist-Info). Somit ist für die Mühlhäuser „Einkaufsinnenstadt“ ein beachtliches Maß an Multi-<br />
funktionalität zu konstatieren.<br />
In <strong>der</strong> Gesamtbetrachtung deckt das Versorgungsangebot in <strong>der</strong> Mühlhäuser „Einkaufsin-<br />
nenstadt“ praktisch alle Warengruppen ab und bietet den Kunden in den meisten Bran-<br />
chen auch Einkaufsalternativen an. Vor diesem Hintergrund sind es nicht in erster Linie<br />
quantitative Ergänzungen des Versorgungsangebotes, son<strong>der</strong>n überwiegend qualitative<br />
Maßnahmen, die zu einer weitergehenden Attraktivierung beitragen könnten. In diesem<br />
Zusammenhang sind in Teilbereichen des zentralen Versorgungsbereiches mehrere De-<br />
tailprobleme anzusprechen, die z. B. die städtebauliche Qualität, die Familienfreundlich-<br />
keit, die Absatzpolitik o<strong>der</strong> auch die Funktionalität noch beeinträchtigen:<br />
63
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
z. T. sanierungsbedürftige Gebäude, vereinzelt auch in den Hauptgeschäftslagen<br />
(sieht Foto 3)<br />
Nebenlagen mit lückenhaftem Geschäftsbesatz (z. B. Görmarstraße, Jüdenstraße)<br />
vereinzelt Funktionslücken in den Hauptgeschäftslagen<br />
− Wohn- / Büronutzungen<br />
− Leerstände (siehe Foto 4)<br />
keine markante Kennzeichnung <strong>der</strong> Eingangsbereiche zu den Hauptgeschäftsla-<br />
gen (siehe Foto 5)<br />
durch zu kleine Geschäftsflächen begrenztes Sortimentsangebot<br />
heterogene Geschäftsöffnungszeiten<br />
z. T. Graffiti, wilde Plakatierungen und Vandalismus (v. a. an Papierkörben und<br />
Verteilerkästen, aber auch an Privatgebäuden)<br />
z. T. polarisierte Angebotsqualität (hochwertiger Facheinzelhandel und Billiganbie-<br />
ter in unmittelbarer Nachbarschaft)<br />
z. T. absatzpolitische Defizite<br />
− unzeitgemäße Schaufenstergestaltung (siehe Foto 6)<br />
− keine Kennzeichnung <strong>der</strong> Geschäftseingänge (Positivbeispiel siehe Foto 7)<br />
− Defizite beim Außenverkauf (Warenträger, Beschil<strong>der</strong>ung, Positionierung; sie-<br />
he Foto 8)<br />
geringe Familienfreundlichkeit (z. B. Kin<strong>der</strong>spielgeräte, Berollbarkeit)<br />
zu wenig Erlebniseinkauf / keine Spontankultur<br />
größere Parkplätze z. T. in relativ weiter Entfernung zu den Haupteinkaufslagen (z.<br />
B. Parkplatz Blobach, Parkhaus Kiliansgraben / Waidstraße).<br />
Foto 3: Sanierungsbedürftiges Gebäude und Graffiti im<br />
Steinweg<br />
Foto 4: Leerstand im Steinweg<br />
64
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Foto 5: Fehlende städtebauliche Kennzeichnung <strong>der</strong> Foto 6: Unzeitgemäße Schaufenstergestaltung<br />
Eingangsbereiche zur „Einkaufsinnenstadt“ im im Bereich Unter <strong>der</strong> Linde<br />
Bereich Kiliansgraben / Unter <strong>der</strong> Linde<br />
Foto 7: Gestaltung eines Geschäftseingangs im Foto 8: Unattraktiver Außenverkauf in <strong>der</strong> Linsenstraße<br />
Steinweg<br />
Ungeachtet <strong>der</strong> angesprochenen Mängel verfügt die Mühlhäuser „Einkaufsinnenstadt“<br />
über strukturelle und funktionale sowie touristische Stärken, die eine Stabilisierung und<br />
weitergehende Profilierung ermöglichen. Folgende Aspekte sind in diesem Zusammen-<br />
hang beson<strong>der</strong>s hervorzuheben:<br />
überwiegend sanierte Innenstadt (Gebäude und öffentlicher Raum; siehe Foto 9)<br />
hohes Maß an Multifunktionalität<br />
kleines Einkaufszentrum vorhanden („Burggalerie“)<br />
Food- und Nonfood-Angebote vorhanden<br />
dichter Einzelhandelsbesatz in den Hauptgeschäftslagen<br />
mehrere großflächige Magnetbetriebe vorhanden (Expert und Rewe in <strong>der</strong> Burgga-<br />
lerie, Drogeriemarkt Müller, AWG, Kaufhaus Weyrauch, Geier Schuhe)<br />
Plätze (Untermarkt, Obermarkt) mit Marktfunktion vorhanden<br />
65
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
individuelles Fachhandelsangebot<br />
Außengastronomie mit räumlichem Schwerpunkt im westlichen Teil des Steinwegs<br />
(siehe Foto 10)<br />
gepflegte Begrünung<br />
guter Zustand <strong>der</strong> Bodenbeläge / gute Berollbarkeit durch Niveaugleichheit bzw.<br />
niedrige Bordsteine<br />
Parkmöglichkeiten im zentralen Innenstadtbereich.<br />
Foto 9: Sanierter öffentlicher Raum im Steinweg Foto 10: Außengastronomie am Steinweg<br />
Die aus gutachterlicher Sicht Erfolg versprechenden Ansätze für die Attraktivierung des<br />
zentralen Versorgungsbereiches „Einkaufsinnenstadt“ in <strong>Mühlhausen</strong> sind in Karte 5 ü-<br />
berblickartig dargestellt. Darüber hinaus präsentiert Tabelle 18 einzelne Maßnahmen, die<br />
beson<strong>der</strong>s geeignet erscheinen, die Kundenakzeptanz des Einkaufsbereiches weiter zu<br />
erhöhen. In dieser Auflistung werden auch Aussagen zur Verantwortlichkeit und zur Dring-<br />
lichkeit <strong>der</strong> vorgeschlagenen Maßnahmen gemacht.<br />
66
Karte 5: Ausgewählte Aufwertungsmaßnahmen im zentralen Versorgungsbereich „Einkaufsinnenstadt“<br />
Legende:<br />
zentraler Versorgungsbereich<br />
„Einkaufsinnenstadt“<br />
Gestaltung <strong>der</strong><br />
Eingangsbereiche<br />
Installation von<br />
Branchenführern<br />
Installation von<br />
Kin<strong>der</strong>kleinspielgeräten<br />
Sanierung von Einzelgebäuden<br />
Attraktivierung <strong>der</strong><br />
Fassadengestaltung<br />
Quelle: Kartengrundlage <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong>;<br />
GMA-Bearbeitung 2008<br />
67
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 18: Maßnahmenkatalog zur Aufwertung des zentralen Versorgungsbereiches „Einkaufsinnenstadt“<br />
Oberziele / Teilziele / Maßnahmen<br />
Oberziel: Städtebauliche Aufwertung / Möblierung des öffentlichen Raumes<br />
− Mo<strong>der</strong>nisierung und Sanierung von Einzelgebäuden (z. B. Steinweg 32 und 41, Brückenstraße 9 –<br />
11, Klosterstraße 18 und 19, Görmarstraße 2, 4, 16, 46 und 48, Röblingstraße 8, Neue Straße 4)<br />
− Revitalisierung / Zwischendekoration von Leerständen (insb. in den Hauptgeschäftslagen, z. B Unter<br />
<strong>der</strong> Linde 12, Steinweg 25, Stätte 8)<br />
− Prüfung <strong>der</strong> Möglichkeiten zur Zusammenlegung von Ladenflächen über Immobiliengrenzen hinweg<br />
− Schaffung zusätzlicher Sitzmöglichkeiten in den Hauptgeschäftslagen<br />
kommunikative, bequeme, witterungsfeste und vandalismusresistente Sitzmöblierung<br />
Stufen, Treppen, Steine etc. als „natürliche Sitzgelegenheiten“<br />
− Installation von Kin<strong>der</strong>spielinfrastruktur (Kleingeräte; z. B. auf dem Untermarkt, im Steinweg)<br />
Oberziel: Inwertsetzung des touristischen Potenzials für Einzelhandel und Gastronomie<br />
− Imagewerbung für den Einzelhandelsstandort „Einkaufsinnenstadt“ an den Ortseingängen<br />
− Ausgabe von Gutscheinen für Einzelhandel und Gastronomie in <strong>der</strong> Tourist-Info und an den touristischen<br />
Hauptattraktionen<br />
Oberziel: Optimierung <strong>der</strong> Absatzpolitik / Verbesserung <strong>der</strong> Geschäftspräsentationen<br />
− Festlegung und Bewerbung von Kernöffnungszeiten<br />
− Auswechslung veralteter o<strong>der</strong> unangepasster Warenträger<br />
− Renovierung <strong>der</strong> Geschäftsfronten / Attraktivierung <strong>der</strong> Fassadengestaltung / Auswechslung veralterter<br />
Werbeelemente (z. B. Steinweg 19 und 36)<br />
− Schaufenstergestaltung und Warenanordnung nach kaufpsychologischen Kriterien<br />
− Professionalisierung des Außenverkaufs (Warenträger, Positionierung, Gestaltung von Preis- / Werbeschil<strong>der</strong>n)<br />
− Dekoration / Kennzeichnung <strong>der</strong> Geschäftseingänge (Positivbeispiel: Steinweg 66)<br />
− Schaffung ebenerdiger Geschäftseingänge (Berollbarkeit)<br />
− absatzpolitische Beratungen für Einzelhandel und Gastronomie (z. B. EH-Verband, Dehoga)<br />
Akteure /<br />
Verantwortung<br />
<strong>Stadt</strong>,<br />
Immobilieneigentümer,<br />
Sponsoren<br />
<strong>Stadt</strong>,<br />
Händler,<br />
Gastronomen,<br />
touristische Anbieter<br />
<strong>Stadt</strong>,<br />
Händler,<br />
Immobilieneigentümer,<br />
Berater<br />
Dringlichkeit<br />
dringend<br />
erfor<strong>der</strong>lich<br />
dringend<br />
erfor<strong>der</strong>lich<br />
dringend<br />
erfor<strong>der</strong>lich<br />
68
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Oberziel: Imagebildung / Kunden- und Besucherorientierung<br />
− einheitliche Gestaltung des Besucherinformationssystems<br />
− attraktive Neugestaltung und Kennzeichnung <strong>der</strong> Eingangsbereiche zu den Hauptgeschäftslagen<br />
Kiliansgraben / Einmündung Unter <strong>der</strong> Linde<br />
Stätte / Burggalerie<br />
Brunnenkreßstraße<br />
Herrenstraße / Bei <strong>der</strong> Marienkirche<br />
− Installation von Branchenführern an den Eingangsbereichen zu den Hauptgeschäftslagen sowie auf<br />
dem Untermarkt und dem Obermarkt<br />
Oberziel: Attraktivierung des Branchenmix<br />
− sukzessiver Ersatz von Billiganbietern durch qualifizierte Fachgeschäfte o<strong>der</strong> Filialbetriebe / strategische<br />
Ansiedlungspolitik (Stichwort: Markenportfolio)<br />
− Verlagerung von Einzelhandelsbetrieben aus Streu- und Nebenlagen in die Einkaufsinnenstadt<br />
Oberziel: Sonstiges<br />
− regelmäßiges Entfernen von Graffiti / Plakatierung<br />
− regelmäßige Säuberung von Sitzgelegenheiten<br />
− regelmäßige Reparatur von Vandalismusschäden (auch an Gebäuden in Privatbesitz)<br />
Quelle: GMA-Vorschläge 2008<br />
<strong>Stadt</strong>,<br />
Händler,<br />
Berater<br />
<strong>Stadt</strong>, Händler<br />
Immobilieneigentümer,<br />
Berater<br />
<strong>Stadt</strong>,<br />
Immobilieneigentümer<br />
erfor<strong>der</strong>lich<br />
erfor<strong>der</strong>lich<br />
erfor<strong>der</strong>lich<br />
69
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Im nördlichen Teil des zentralen Versorgungsbereiches „Einkaufsinnenstadt“ wurde eine<br />
potenzielle „Entwicklungsfläche“ ausgewiesen. Auf dem Areal existieren diverse ältere,<br />
sanierungsbedürftige Gebäude. Die potenzielle Entwicklungsfläche wird im Süden vom<br />
Kreuzgraben und im Westen und Norden von <strong>der</strong> Krümme begrenzt. Zwischen dem po-<br />
tenziellen Entwicklungsbereich und <strong>der</strong> südwestlich gelegenen „Burggalerie“ verläuft <strong>der</strong><br />
recht stark befahrene Kreuzgraben. Insbeson<strong>der</strong>e vor dem Hintergrund <strong>der</strong> exponierten<br />
Lage des Areals, direkt benachbart zur historischen Altstadt, wird hier seitens <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Mühlhausen</strong> eine Neugestaltung bzw. Neunutzung angestrebt.<br />
Für die potenzielle Entwicklungsfläche in <strong>der</strong> Mühlhäuser „Einkaufsinnenstadt“ ist aus<br />
gutachterlicher Sicht die Schaffung einer optimalen fußläufigen und funktionalen Anbin-<br />
dung an die Haupteinkaufslagen erfor<strong>der</strong>lich. An<strong>der</strong>enfalls könnte sich ein eigenständiger<br />
Einzelhandelsstandort entwickeln, <strong>der</strong> nur in geringem Maße mit den bestehenden Ge-<br />
schäftsbereichen interagiert (Stichwort: Kundenaustauschbeziehungen).<br />
2. Zentrale Versorgungsbereiche „Nahversorgungslagen“<br />
Während die „Einkaufsinnenstadt“ im Einzelhandels-, Dienstleistungs-, Kultur- und Ver-<br />
waltungssektor die zentralörtlichen Funktionen <strong>Mühlhausen</strong>s bündelt, übernehmen Nah-<br />
versorgungslagen die Aufgabe, städtische Teilräume mit Waren des kurzfristigen Bedarfs<br />
zu versorgen. Unter Zugrundelegung <strong>der</strong> Identifikations- und Klassifikationskriterien aus<br />
Tabelle 17 konnten im Mühlhäuser <strong>Stadt</strong>gebiet vier Nahversorgungslagen als zentrale<br />
Versorgungsbereiche ermittelt werden. Dabei handelt es sich um ...<br />
─ die Nahversorgungslage „Feldstraße“<br />
─ die Nahversorgungslage „Forstbergstraße“<br />
─ die Nahversorgungslage „Thomas-Müntzer-Straße“<br />
─ die Nahversorgungslage „Wanfrie<strong>der</strong> Straße“.<br />
Diese zentralen Versorgungsbereiche decken mit ihren jeweiligen Einzugsgebieten weite<br />
Teile <strong>der</strong> Mühlhäuser Kernstadt ab (vgl. Karte 6). Das restliche Kernstadtgebiet wird durch<br />
solitär gelegene Lebensmittelmärkte versorgt. Der Wettbewerbsdruck dieser Märkte ist so<br />
stark, dass <strong>der</strong> Aufbau komplexer Nahversorgungsstrukturen, im Sinne zusätzlicher zent-<br />
70
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
raler Versorgungsbereiche, nach gutachterlicher Einschätzung nicht realistisch ist (vgl.<br />
auch Karte 7).<br />
Eine detaillierte Beschreibung <strong>der</strong> Nahversorgungslagen, mit individuellen Angaben zum<br />
Einzelhandelsbestand und den Komplementärnutzungen sowie mit Aufwertungsempfeh-<br />
lungen, erfolgt in Form von „Zentrenpässen“.<br />
71
Karte 6: Einzugsgebiete <strong>der</strong> Nahversorgungslagen in <strong>Mühlhausen</strong><br />
NVL „Feldstraße“<br />
ca. 3.580 Einwohner im EZG<br />
NVL „Wanfrie<strong>der</strong> Straße“<br />
ca. 5.790 Einwohner im EZG<br />
4<br />
1<br />
3<br />
2<br />
NVL „Forstbergstraße“<br />
ca. 4.560 Einwohner im EZG<br />
NVL „Thomas-Müntzer-Straße“<br />
ca. 5.150 Einwohner im EZG<br />
Zentrale Versorgungsbereiche<br />
Einkaufsinnenstadt<br />
Nahversorgungslagen<br />
1 „Feldstraße“<br />
(u. a. Edeka)<br />
2 „Forstbergstraße“<br />
(u. a. Tegut, E-Neukauf)<br />
3 „Thomas-Müntzer-Straße“<br />
(u. a. Rewe, Netto)<br />
4 „Wanfrie<strong>der</strong> Straße“<br />
(u. a. Rewe, Plus)<br />
Einzugsgebiete <strong>der</strong><br />
Nahversorgungslagen<br />
Quelle: Kartengrundlage <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong>;<br />
GMA-Bearbeitung 2008<br />
72
Karte 7: Supermärkte, Lebensmitteldiscounter, Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser in <strong>Mühlhausen</strong><br />
Plus<br />
4<br />
Aldi<br />
Rewe<br />
Netto<br />
Edeka<br />
Lidl<br />
Kaufland<br />
E-Center<br />
1<br />
Rewe<br />
Edeka<br />
Plus<br />
Netto<br />
3<br />
Rewe<br />
Tegut<br />
2<br />
E-Neukauf<br />
Tegut<br />
Plus<br />
Aldi<br />
Lidl<br />
Zentrale Versorgungsbereiche<br />
Einkaufsinnenstadt<br />
Nahversorgungslagen<br />
1 „Feldstraße“<br />
(u. a. Edeka)<br />
2 „Forstbergstraße“<br />
(u. a. Tegut, E-Neukauf)<br />
3 „Thomas-Müntzer-Straße“<br />
(u. a. Rewe, Netto)<br />
4 „Wanfrie<strong>der</strong> Straße“<br />
(u. a. Rewe, Plus)<br />
Betriebe des Lebensmitteleinzelhandels<br />
ab 400 m² VK<br />
Quelle: Kartengrundlage <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong>;<br />
GMA-Bearbeitung 2008<br />
73
Zentrenpass 1: Zentraler Versorgungsbereich „Nahversorgungslage Feldstraße“<br />
VK-Ausstattung nach Hauptwarengruppen in m²<br />
Nahrungs- und Genussmittel 1.305<br />
Gesundheit, Körperpflege ---<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf 95<br />
Bücher, PBS, Spielwaren ---<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport 630<br />
Elektrowaren ---<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel ---<br />
Sonst. Einzelhandel ---<br />
Einzelhandel insgesamt 2.030<br />
Komplementärnutzungen<br />
Dienstleistungen<br />
Frisör<br />
Gastronomie<br />
mobiler Imbissstand<br />
Sonstiges<br />
Zigarettenautomat<br />
Edeka<br />
Die Nahversorgungslage „Feldstraße“ befindet sich nördlich<br />
<strong>der</strong> Mühlhäuser Altstadt. Die Siedlungsstruktur dieses Teilraumes<br />
wird durch verdichteten Geschosswohnungsbau<br />
geprägt.<br />
Die verkehrliche Erreichbarkeit <strong>der</strong> Nahversorgungslage<br />
von den örtlichen Hauptverkehrsachsen B 247 und B 249<br />
wird über die Friedrich-Naumann-Straße sowie die Feldstraße<br />
gewährleistet. Parkmöglichkeiten bestehen in Form<br />
zweier Parkplatzareale, wovon sich eines südlich <strong>der</strong> Feldstraße<br />
beim Edeka Supermarkt, das an<strong>der</strong>e im nördlichen<br />
Bereich beim Kik Textilfachmarkt befindet. Die Zufahrt zu<br />
beiden Parkplätzen erfolgt von <strong>der</strong> Feldstraße. Straßenbegleitende<br />
Parkmöglichkeiten sind nicht vorhanden.<br />
Eine Anbindung durch den ÖPNV besteht durch den rd. 150<br />
m südlich <strong>der</strong> Nahversorgungslage gelegenen Busbahnhof.<br />
Die fußläufige Erreichbarkeit aus den umliegenden Wohnquartieren<br />
ist sowohl über Gehwege entlang von Feldstraße<br />
und Friedrich-Naumann-Straße als auch über an<strong>der</strong>e Fußwege<br />
gewährleistet. An die südlich gelegene Mühlhäuser<br />
„Einkaufsinnenstadt“ besteht eine direkte fußläufige Anbindung.<br />
Die Entfernung beträgt lediglich ca. 200 m. Eine funktionale<br />
Verbindung <strong>der</strong> beiden Einkaufsbereiche besteht<br />
indes nicht.<br />
Das Umfeld <strong>der</strong> Nahversorgungslage wird durch mehrgeschossige<br />
Wohngebäude in Plattenbauweise geprägt.<br />
Westlich grenzen eine Schule sowie eine Sporthalle an,<br />
während südlich eine kleinere Parkanlage anschließt.<br />
Die Nahversorgungslage befindet sich beidseitig <strong>der</strong> Feldstraße<br />
östlich des Einmündungsbereiches Friedrich-<br />
Naumann-Straße. Den Angebotsschwerpunkt bilden ein<br />
Edeka Supermarkt sowie ein Kik Textilfachmarkt. Der zentrale<br />
Versorgungsbereich lässt sich in zwei Teilbereiche<br />
unterglie<strong>der</strong>n. Den südlichen Teilbereich bildet <strong>der</strong> Edeka<br />
Markt mit dem dazugehörigen Parkplatzareal. Er ist in einer<br />
eingeschossigen Zweckimmobilie untergebracht. Im nördlichen<br />
Bereich befindet sich ein zweigeschossiger Gebäudekomplex,<br />
in dem neben dem Kik Textilfachmarkt weitere<br />
Einzelhandels- und Dienstleistungsnutzungen untergebracht<br />
sind. Das Obergeschoss ist durch Wohnnutzungen<br />
belegt. Die Eingangsbereiche zu den Ladenflächen im Erdgeschoss<br />
sind zur Feldstraße (Südseite) bzw. zur Friedrich-<br />
Naumann-Straße (Westseite) ausgerichtet.<br />
Das Einzugsgebiet <strong>der</strong> Nahversorgungslage erstreckt sich<br />
auf das verdichtete Wohngebiet an <strong>der</strong> Feldstraße und<br />
umfasst ca. 3.580 Einwohner. Richtung Süden wird es<br />
durch die Marktwirkung des Rewe Supermarktes in <strong>der</strong><br />
„Burggalerie“ begrenzt.<br />
Empfehlungen zur Aufwertung <strong>der</strong> Nahversorgungslage<br />
Ergänzung im nahversorgungsrelevanten Warenbereich<br />
(Drogeriemarkt, Apotheke)<br />
Optimierung <strong>der</strong> Treffpunkt- und Informationsfunktion<br />
für die angrenzenden Wohnquartiere<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Aufenthaltsqualität / Installation von<br />
Sitzgelegenheiten<br />
74
Zentrenpass 2: Zentraler Versorgungsbereich „Nahversorgungslage Forstbergstraße“<br />
VK-Ausstattung nach Hauptwarengruppen in m²<br />
Nahrungs- und Genussmittel 2.040<br />
Gesundheit, Körperpflege 255<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf 30<br />
Bücher, PBS, Spielwaren ---<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport ---<br />
Elektrowaren ---<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel ---<br />
Sonst. Einzelhandel ---<br />
Einzelhandel insgesamt 2.325<br />
Komplementärnutzungen<br />
Dienstleistungen<br />
Ärzte, Bankfiliale<br />
Gastronomie<br />
Restaurant<br />
Sonstiges<br />
Litfaßsäule, Telefonzelle<br />
Edeka<br />
Die Nahversorgungslage „Forstbergstraße“ befindet sich im<br />
nordöstlichen Siedlungsbereich <strong>Mühlhausen</strong>s. Die Siedlungsstruktur<br />
dieses Teilraums wird überwiegend durch<br />
verdichtete Wohnbebauung sowie die südlich verlaufende<br />
Hauptverkehrsachse Wagenstedter Straße (B 249) geprägt.<br />
Die verkehrliche Erreichbarkeit <strong>der</strong> Nahversorgungslage ist<br />
über die Forstbergstraße, die eine direkte Anbindung an die<br />
Wagenstedter Staße (B 249) herstellt, gegeben. Parkmöglichkeiten<br />
bestehen in Form zweier Parkplatzareale. Die<br />
Zufahrt erfolgt jeweils von <strong>der</strong> Forstbergstraße. Zusätzlich<br />
ist in den von <strong>der</strong> Forstbergstraße abzweigenden Verkehrswegen<br />
z. T. straßenbegleitendes Parken möglich.<br />
Eine direkte Anbindung an den ÖPNV besteht in Form von<br />
Bushaltestellen an <strong>der</strong> Forstbergstraße. Die fußläufige<br />
Erreichbarkeit aus den umliegenden Wohnbereichen ist<br />
durch mehrere Fußwege und straßenbegleitende Gehwege<br />
entlang von Forstbergstraße und Schlotheimer Ring gewährleistet.<br />
Das Umfeld <strong>der</strong> Nahversorgungslage wird überwiegend<br />
durch zeilenförmig angeordnete Wohngebäude geprägt.<br />
Südwestlich schließt aufgelockerte Reihenhausbebauung<br />
an.<br />
H<br />
H<br />
H<br />
Tegut<br />
Die Nahversorgungslage erstreckt sich entlang <strong>der</strong> Forstbergstraße.<br />
Den Angebotsschwerpunkt bilden zwei Supermärkte<br />
sowie ein Drogeriefachmarkt. Der zentrale Versorgungsbereich<br />
lässt sich in zwei Abschnitte unterglie<strong>der</strong>n.<br />
Den nördlichen Teilbereich bilden ein Edeka Supermarkt<br />
mit dazugehörigem Parkplatzareal sowie ein Gastronomiebetrieb.<br />
Beide sind in einer eingeschossigen Zweckimmobilie<br />
untergebracht. Im südlichen Teilbereich befindet sich ein<br />
größerer Gebäudekomplex, in dem u. a. ein tegut Supermarkt<br />
sowie eine Bankfiliale untergebracht sind. Diesem<br />
Areal ist nördlich ein Parkplatz vorgelagert, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong><br />
Ostseite von einem Gebäude mit mehreren Arztpraxen<br />
sowie einer Apotheke und auf <strong>der</strong> Nordseite von einem<br />
Schlecker Drogeriefachmarkt begrenzt wird. Zwischen beiden<br />
Abschnitten besteht mit den Gehwegen entlang <strong>der</strong><br />
Forstbergstraße eine fußläufige Anbindung. Die funktionale<br />
Verbindung wird hingegen durch dazwischen liegende<br />
Wohngebäude eingeschränkt.<br />
Das Einzugsgebiet <strong>der</strong> Nahversorgungslage erstreckt sich<br />
auf den nordöstlichen Teil des Mühlhäuser <strong>Stadt</strong>gebietes<br />
und umfasst ca. 4.560 Einwohner.<br />
Empfehlungen zur Aufwertung <strong>der</strong> Nahversorgungslage<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Aufenthaltsqualität / Installation von<br />
Sitzgelegenheiten<br />
Optimierung <strong>der</strong> Treffpunkt- und Informationsfunktion für<br />
das Wohnquartier<br />
Verbesserung <strong>der</strong> infrastrukturellen Verbindung zwischen<br />
den Teilbereichen tegut und Edeka<br />
75
Zentrenpass 3: Zentraler Versorgungsbereich „Nahversorgungslage Thomas-Müntzer-Straße“<br />
H<br />
Netto<br />
VK-Ausstattung nach Hauptwarengruppen in m²<br />
Nahrungs- und Genussmittel 1.970<br />
Gesundheit, Körperpflege ---<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf ---<br />
Bücher, PBS, Spielwaren 20<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport ---<br />
Elektrowaren ---<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel ---<br />
Sonst. Einzelhandel ---<br />
Einzelhandel insgesamt 1.990<br />
Komplementärnutzungen<br />
Rewe<br />
Agentur<br />
für Arbeit<br />
Dienstleistungen<br />
Versicherungsagentur, Videothek, Physiotherapie-Praxis<br />
Gastronomie<br />
Sportsbar, Restaurant<br />
Sonstiges<br />
Agentur für Arbeit<br />
Die Nahversorgungslage „Thomas-Müntzer-Straße“ befindet<br />
sich im östlichen Siedlungsbereich <strong>Mühlhausen</strong>s. Die<br />
Struktur dieses städtischen Teilraumes wird im nördlichen<br />
Abschnitt durch grün<strong>der</strong>zeitliche Wohnquartiere, im südwestlichen<br />
Bereich durch verdichteten Wohnungsbau und<br />
im südöstlichen Teil durch gewerbliche Nutzungen geprägt.<br />
Die verkehrliche Erreichbarkeit <strong>der</strong> Nahversorgungslage<br />
von <strong>der</strong> Hauptverkehrsachse Langensalzaer Straße (B 249<br />
/ B 247) wird über die Thomas-Müntzer-Straße gewährleistet.<br />
Parkmöglichkeiten bestehen in Form zweier Parkplatzareale.<br />
Die Zu- und Abfahrt erfolgt beim Netto Markt direkt<br />
von <strong>der</strong> Thomas-Müntzer-Straße, beim Rewe Markt über<br />
die Rudolf-Breitscheidt-Straße. Weitere Parkmöglichkeiten<br />
existieren in <strong>der</strong> Karl-Liebknecht-Straße.<br />
Eine direkte ÖPNV-Anbindung besteht durch beidseitige<br />
Bushaltstellen an <strong>der</strong> Thomas-Müntzer-Straße. Die fußläufige<br />
Erreichbarkeit aus den umliegenden Wohnbereichen ist<br />
durch Gehwege entlang von Thomas-Müntzer-Straße, Karl-<br />
Liebknecht-Straße und Rudolf-Breitscheidt-Straße gewährleistet.<br />
Das Umfeld <strong>der</strong> Nahversorgungslage wird im Norden durch<br />
grün<strong>der</strong>zeitliche Wohnbebauung, im Südwesten durch<br />
Geschosswohnbauten und in östlicher Richtung durch ein<br />
mischgenutztes Gebiet mit gewerblichem Schwerpunkt<br />
geprägt. Direkt südlich angrenzend an den zentralen Versorgungsbereich<br />
liegt eine Brachfläche.<br />
Die Nahversorgungslage befindet sich an <strong>der</strong> Thomas-<br />
Müntzer-Straße im Bereich <strong>der</strong> Einmündungen Rudolf-<br />
Breitscheidt-Straße und Karl-Liebknecht-Straße. Den Angebotsschwerpunkt<br />
bilden ein Netto Lebensmitteldiscounter<br />
und ein Rewe Supermarkt. Beide Märkte sind in eingeschossigen<br />
Zweckimmobilien untergebracht. In den umliegenden<br />
Gebäuden befinden sich weitere Einzelhandels-,<br />
Gastronomie- und Dienstleistungsnutzungen. Den westlichen<br />
Abschluss <strong>der</strong> Nahversorgungslage bildet die Bundesagentur<br />
für Arbeit. Zwischen den beiden Lebensmittelmärkten<br />
verläuft die Rudolf-Breitscheidt-Straße; beide<br />
Märkte verfügen über eigene Stellplatzareale mit räumlich<br />
getrennten Zufahrten.<br />
Das Einzugsgebiet <strong>der</strong> Nahversorgungslage erstreckt sich<br />
auf die östlichen Teilbereiche <strong>Mühlhausen</strong>s und umfasst ca.<br />
5.150 Einwohner. Es wird in westlicher und südlicher Richtung<br />
durch die Hauptverkehrsachse B 247 begrenzt.<br />
Empfehlungen zur Aufwertung <strong>der</strong> Nahversorgungslage<br />
Ergänzungen im nahversorgungsrelevanten Warenbereich<br />
(Drogeriemarkt, Apotheke)<br />
Verbesserung <strong>der</strong> infrastrukturellen Verbindung zwischen<br />
den Teilbereichen Rewe und Netto<br />
Optimierung <strong>der</strong> Treffpunkt- und Informationsfunktion für<br />
die angrenzenden Wohnquartiere<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Aufenthaltsqualität / Installation von<br />
Sitzgelegenheiten<br />
76
Zentrenpass 4: Zentraler Versorgungsbereich „Nahversorgungslage Wanfrie<strong>der</strong> Straße“<br />
Plus<br />
VK-Ausstattung nach Hauptwarengruppen in m²<br />
Nahrungs- und Genussmittel 1.905<br />
Gesundheit, Körperpflege 140<br />
Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf 35<br />
Bücher, PBS, Spielwaren ---<br />
Bekleidung, Schuhe, Sport ---<br />
Elektrowaren ---<br />
Hausrat, Einrichtung, Möbel 85<br />
Sonst. Einzelhandel ---<br />
Einzelhandel insgesamt 2.165<br />
Komplementärnutzungen<br />
Dienstleistungen<br />
---<br />
Gastronomie<br />
Restaurant, Imbissstand<br />
Sonstiges<br />
Bankautomat, Spielcasino<br />
H<br />
Rewe<br />
Die Nahversorgungslage Wanfrie<strong>der</strong> Straße befindet sich<br />
im südwestlichen Teil <strong>Mühlhausen</strong>s. Dieser städtische Teilraum<br />
wird durch einen heterogenen Nutzungsmix sowie die<br />
in Ost-West-Richtung verlaufende Hauptverkehrsachse B<br />
249 geprägt.<br />
Die verkehrliche Erreichbarkeit <strong>der</strong> Nahversorgungslage ist<br />
durch die Lage an <strong>der</strong> Wanfrie<strong>der</strong> Straße ( B 249) gewährleistet.<br />
Für den östlichen Teilbereich ist eine direkte Zufahrtsmöglichkeit<br />
vorhanden, während <strong>der</strong> westliche Abschnitt<br />
über den Obermühlenweg angefahren werden muss.<br />
Zwei größere Parkplatzareale sind im östlichen bzw. westlichen<br />
Teil <strong>der</strong> Nahversorgungslage vorhanden.<br />
Eine ÖPNV-Anbindung besteht durch eine Bushaltestelle<br />
an <strong>der</strong> Wanfrie<strong>der</strong> Straße. Die fußläufige Anbindung aus<br />
den nördlich <strong>der</strong> Wanfrie<strong>der</strong> Straße gelegenen Wohnquartieren<br />
wird durch einen Fußgängerüberweg im Kreuzungsbereich<br />
Wanfrie<strong>der</strong> Straße / Obermühlenweg / Marcel-<br />
Verfaillie-Allee sichergestellt.<br />
Das Umfeld <strong>der</strong> Nahversorgungslage wird durch verschiedenartige<br />
Nutzungen geprägt. Nördlich <strong>der</strong> Wanfrie<strong>der</strong><br />
Straße befindet sich ein Bereich mit verdichteten Geschosswohnungsbauten.<br />
In südliche Richtung schließt<br />
aufgelockerte Ein- und Zweifamilienhausbebauung an,<br />
während in östlicher Richtung entlang <strong>der</strong> Wanfrie<strong>der</strong> Stra-<br />
ße straßenbegleitende grün<strong>der</strong>zeitliche Bebauung vorherrscht.<br />
Westlich des Obermühlenwegs liegen ausgedehnte<br />
Sportanlagen, während sich in nordwestlicher Richtung<br />
entlang <strong>der</strong> B 249 gemischte Strukturen aus Gewerbebetrieben<br />
und Wohnnutzungen befinden.<br />
Die Nahversorgungslage erstreckt sich südlich <strong>der</strong> Wanfrie<strong>der</strong><br />
Straße (B 249) und wird in westlicher Richtung vom<br />
Obermühlenweg begrenzt. Den Angebotsschwerpunkt<br />
bilden zwei Lebensmittelmärkte. Der zentrale Versorgungsbereich<br />
lässt sich in zwei Abschnitte unterglie<strong>der</strong>n. Den<br />
östlichen Teil bildet ein Rewe Supermarkt mit zugehörigem<br />
Parkplatzareal. Er ist zusammen mit kleineren Einzelhandelsnutzungen<br />
in einer eingeschossigen Zweckimmobilie<br />
untergebracht. Westlich liegt am Obermühlenweg ein langgestreckter<br />
Gebäudekomplex mit vorgelagerten Stellplätzen.<br />
In <strong>der</strong> eingeschossigen Immobilie sind neben einem<br />
Plus Lebensmitteldiscounter auch ein Schlecker Drogeriefachmarkt<br />
sowie kleinere Einzelhandels- und Dienstleistungsnutzungen<br />
untergebracht. Beide Teilbereiche sind<br />
zwar direkt benachbart, jedoch befinden sich die Eingangsbereiche<br />
<strong>der</strong> beiden Hauptgebäude genau gegenüberliegend<br />
(„back-to-back“-Situation). Zwischen den Parkplatzarealen<br />
besteht we<strong>der</strong> eine Durchfahrtsmöglichkeit noch ein<br />
Fußweg. Die fußläufige Verbindung beschränkt sich auf die<br />
Gehwege entlang von Obermühlenweg und Wanfrie<strong>der</strong><br />
Straße.<br />
Das Kerneinzugsgebiet <strong>der</strong> Nahversorgungslage erstreckt<br />
sich auf die südwestlichen Teilbereiche <strong>Mühlhausen</strong>s und<br />
umfasst ca. 5.790 Einwohner.<br />
Empfehlungen zur Aufwertung <strong>der</strong> Nahversorgungslage<br />
Ergänzung im nahversorgungsrelevanten Warenbereich<br />
(Apotheke)<br />
Schaffung einer direkten infrastrukturellen Verbindung<br />
zwischen den Teilbereichen Rewe und Plus<br />
Optimierung <strong>der</strong> Treffpunkt- und Informationsfunktion<br />
für die angrenzenden Wohnquartiere<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Aufenthaltsqualität / Installation von<br />
Sitzgelegenheiten<br />
77
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
------------------------------------------<br />
Zur Umsetzung des vorgeschlagenen <strong>Einzelhandelskonzept</strong>es empfiehlt die GMA <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong>verwaltung ein vierstufiges Vorgehen:<br />
1. Beschluss <strong>der</strong> räumlich und inhaltlich definierten zentralen Versorgungsbe-<br />
reiche „Einkaufsinnenstadt“, Nahversorgungslage „Feldstraße“, Nahversor-<br />
gungslage „Forstbergstraße“, Nahversorgungslage „Thomas-Müntzer-<br />
Straße“ und Nahversorgungslage „Wanfrie<strong>der</strong> Straße“ als städtebaulich<br />
schutzwürdige Bereiche und Investitionsvorranggebiete.<br />
2. Beschluss <strong>der</strong> in Tabelle 19 dargestellten „Mühlhäuser Liste“ zentrenrele-<br />
vanter Sortimente. Der Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten<br />
sollte ausschließlich in den definierten zentralen Versorgungsbereichen<br />
angesiedelt o<strong>der</strong> erweitert werden.<br />
Während im zentralen Versorgungsbereich „Einkaufsinnenstadt“ das ge-<br />
samte zentrenrelevante Sortiment angesiedelt werden kann, ist für die<br />
Nahversorgungslagen eine Fokussierung auf den kurzfristigen Bedarfsbe-<br />
reich, d. h. Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren, Apothekerwaren,<br />
Zeitschriften und Schnittblumen, zu empfehlen. Außerhalb <strong>der</strong> abgegrenz-<br />
ten zentralen Versorgungsbereiche sollte die Ansiedlung von Betrieben mit<br />
zentrenrelevanten Warengruppen nur bis zu einer Verkaufsfläche von 200<br />
m² zugelassen werden. Für Geschäftsagglomerationen sollte eine Ober-<br />
grenze von 400 m² VK gelten 1 .<br />
In Zusammenhang mit dem Mühlhäuser Sortimentskonzept ist die Proble-<br />
matik von Randsortimenten bei Ansiedlung o<strong>der</strong> Erweiterung sog. „Mehr-<br />
1 Diese in Absprache mit <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> definierte Son<strong>der</strong>regelung für "Kleinflächen"<br />
verfolgt das Ziel, (einheimischen) Fachhändlern o<strong>der</strong> Ladenhandwerkern in begrenztem<br />
Umfang auch außerhalb <strong>der</strong> zentralen Versorgungsbereiche eine Weiterentwicklung<br />
zu ermöglichen, insbeson<strong>der</strong>e natürlich solchen Händlern, die im Eigentum wirtschaften<br />
o<strong>der</strong> wirtschaften wollen. Die Verkaufsflächenbegrenzungen sind gleichzeitig so<br />
gewählt, daß sich keine Nonfood-Fachmärkte o<strong>der</strong> Lebensmittelmärkte bzw. -discoutern<br />
außerhalb zentraler Versorgungsbereiche etablieren können. Diese Betriebstypen haben<br />
einen Verkaufsflächenbedarf, <strong>der</strong> die Verkaufsflächenvorgabe von 200 m² deutlich überschreitet.<br />
78
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
branchenunternehmen“ anzusprechen. Um einen geordneten Umgang mit<br />
zentrenrelevanten Randsortimenten zu gewährleisten, sollten diese, z. B. in<br />
Möbelmärkten o<strong>der</strong> Bau- und Gartenmärkten, eine Verkaufsfläche von<br />
max. 200 m² je Einzelsortiment nicht überschreiten. Darüber hinaus sollte<br />
die Summe <strong>der</strong> zentrenrelevanten Randsortimente 10 % <strong>der</strong> Gesamtver-<br />
kaufsfläche des Betriebes nicht überschreiten.<br />
Tabelle 19: „Mühlhäuser Liste“ zentrenrelevanter Sortimente<br />
Nahrungs- und Genussmittel, inkl. Lebensmittelhandwerk, Getränke, Reformwaren<br />
Drogeriewaren, Parfümeriewaren, Kosmetika, Apothekerwaren, Sanitätswaren<br />
Blumen, zoologischer Bedarf<br />
Papier- und Schreibwaren, Büroartikel<br />
Zeitschriften, Bücher, Toto / Lotto<br />
Spielwaren, Bastelartikel<br />
Oberbekleidung, Wäsche, Wolle, Kurzwaren, Stoffe, sonstige Textilien<br />
Schuhe, Le<strong>der</strong>bekleidung, Le<strong>der</strong>waren und Accessoires<br />
Sportbekleidung und -schuhe, kleinvolumige Sportartikel<br />
Unterhaltungselektronik, Elektrokleingeräte (weiße und braune Ware), Elektrogroßgeräte,<br />
Geräte <strong>der</strong> Telekommunikation<br />
Computer, Büroorganisationsmittel, Büro- und Kommunikationstechnik<br />
Ton- und Bildträger, Unterhaltungssoftware<br />
Heimtextilien, Bettwaren, Gardinen und Zubehör<br />
Haushaltswaren, Glas, Porzellan, Keramik, Geschenkartikel, Antiquitäten / Kunst<br />
Fotogeräte, Videokameras, Fotowaren<br />
optische Waren, Hörgeräte<br />
Uhren, Schmuck<br />
Quelle: GMA-Erhebungen 2008<br />
3. Publikation <strong>der</strong> Beschlusslage zum <strong>Einzelhandelskonzept</strong> und aktive Infor-<br />
mation <strong>der</strong> Immobilien- und Grundeigentümer sowie Gewerbetreibenden,<br />
um Investitionssicherheit bei diesen Zielgruppen herzustellen.<br />
4. Bauplanungsrechtliche Umsetzung des <strong>Einzelhandelskonzept</strong>es.<br />
79
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
VII Zusammenfassung <strong>der</strong> Untersuchungsergebnisse<br />
Die Untersuchungen im Rahmen <strong>der</strong> Erarbeitung des <strong>Einzelhandelskonzept</strong>es für die<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> kommen zu folgenden wesentlichen Ergebnissen:<br />
Im Kerneinzugsgebiet des Einzelhandels <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> leben gegenwärtig<br />
ca. 88.930 Personen, davon 41 % im <strong>Stadt</strong>gebiet (Zone I) und 59 % im überörtli-<br />
chen Kerneinzugsgebiet (Zone II).<br />
Das Kaufkraftvolumen für alle Einzelhandelsbranchen belief sich im Kerneinzugs-<br />
gebiet 2007 auf ca. 394,8 Mio. €. Davon entfielen ca. 134,1 Mio. € auf den Bereich<br />
Nahrungs- und Genussmittel und ca. 260,7 Mio. € auf Nichtlebensmittel. In Mühl-<br />
hausen selbst beträgt das Kaufkraftvolumen ca. 159,0 Mio. €. In die Kaufkraftbe-<br />
rechnungen flossen die mit Bezug auf den Bundesdurchschnitt relativ niedrigen<br />
Kaufkraftkennziffern des Untersuchungsraumes mit ein. So verfügt <strong>Mühlhausen</strong> im<br />
Bundesvergleich nur über einen Kaufkraftindex von 82,6 (Bundesdurchschnitt<br />
100,0). In <strong>der</strong> Zone II des Kerneinzugsgebietes liegt die Spannweite <strong>der</strong> Kaufkraft-<br />
kennziffern zwischen 79,2 und 91,0.<br />
Für das Jahr 2015 ist innerhalb des Kerneinzugsgebietes ein Kaufkraftvolumen<br />
von ca. 371,1 Mio. € zu erwarten. Dieser Wert entspricht gegenüber dem Jahr<br />
2007 einem Rückgang um ca. 6 % und steht v. a. im Zusammenhang mit einem<br />
Einwohnerverlust im Kerneinzugsgebiet, <strong>der</strong> sich gemäß offizieller Prognosen auf<br />
ca. 8 % belaufen wird.<br />
Der Einzelhandelsbestand in <strong>Mühlhausen</strong> umfasst 425 Betriebe mit einer Ver-<br />
kaufsfläche von ca. 84.465 m². 126 Betriebe mit einer Verkaufsfläche von ca.<br />
25.445 m² können dem Nahrungs- und Genussmittelsektor zugeordnet werden.<br />
Auf den Nichtlebensmittelbereich entfallen 299 Betriebe mit einer Verkaufsfläche<br />
von ca. 59.020 m² VK. Die rechnerische Durchschnittsgröße <strong>der</strong> Betriebe liegt bei<br />
199 m² VK und damit deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts (240 m² VK je<br />
Betrieb).<br />
80
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
In <strong>der</strong> Mühlhäuser Einkaufsinnenstadt befinden sich zwar 45 % aller Betriebe, sie<br />
repräsentieren jedoch nur 25 % <strong>der</strong> Gesamtverkaufsfläche. In Streu- und Neben-<br />
lagen sind 32 % <strong>der</strong> Gesamtverkaufsfläche etabliert, auf autokundenorientierte<br />
Standortlagen entfallen 43 % des Verkaufsflächenbesatzes im <strong>Stadt</strong>gebiet.<br />
Im Geschäftsjahr 2007 erzielte <strong>der</strong> Mühlhäuser Einzelhandel eine Umsatzleistung<br />
von ca. 192,8 Mio. €. Dieser Wert entsprach einer Kaufkraftbindung von 75 %. Un-<br />
ter <strong>der</strong> Prämisse, dass die im Jahr 2007 in den einzelnen Zonen des Kerneinzugs-<br />
gebietes erreichten Marktanteile stabil gehalten werden können, wird die Umsatz-<br />
leistung des Mühlhäuser Einzelhandels im Jahr 2015 bei ca. 180,8 Mio. € liegen.<br />
Dieser Wert entspricht im Vergleich mit 2007 einem Rückgang um 6 %.<br />
Bis zum Jahr 2015 wurde in <strong>Mühlhausen</strong> nur ein sehr geringer Verkaufsflächenzu-<br />
satzbedarf (ca. 340 m²) in den Bereichen Gesundheit / Körperpflege und Bücher /<br />
PBS / Spielwaren ermittelt. In allen an<strong>der</strong>en Warengruppen ist hingegen ein Ver-<br />
kaufsflächenüberhang erkennbar, <strong>der</strong> wohl auch zu Abschmelzungen im Ge-<br />
schäftsbesatz führen wird. Es ist notwendig, den anstehenden Konzentrationspro-<br />
zess des Einzelhandels seitens <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>verwaltung aktiv zu begleiten, z. B. durch<br />
Unterstützung von Betriebsverlagerungen aus Streu- und Nebenlagen in die Ein-<br />
kaufsinnenstadt.<br />
Auf Basis eines Kriterienkataloges wurden in <strong>Mühlhausen</strong> fünf zentrale Versor-<br />
gungsbereiche (gemäß § 34 BauGB und § 11 BauNVO) identifiziert:<br />
─ „Einkaufsinnenstadt“<br />
─ Nahversorgungslage „Feldstraße“<br />
─ Nahversorgungslage „Forstbergstraße“<br />
─ Nahversorgungslage „Thomas-Müntzer-Straße“<br />
─ Nahversorgungslage „Wanfrie<strong>der</strong> Straße“<br />
Unter Berücksichtigung des Einzelhandelsbestandes in diesen Bereichen wurde<br />
eine „Mühlhäuser Liste“ mit zentrenrelevanten Sortimenten erstellt. Es wird emp-<br />
fohlen, die Ansiedlung und Erweiterung von Betrieben mit den darin aufgeführten<br />
Sortimenten zukünftig nur innerhalb <strong>der</strong> zentralen Versorgungsbereiche zuzulas-<br />
sen.<br />
81
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Bei <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> zentralen Versorgungsbereiche wurden verschiedene Schwä-<br />
chen ermittelt, die sich zum einen auf die Angebotssituation und zum an<strong>der</strong>en auf<br />
die städtebaulichen und verkehrlichen Rahmenbedingungen beziehen. Darauf<br />
aufbauend wurden in Form eines Maßnahmenkataloges Erfolg versprechende An-<br />
sätze für die Attraktivierung <strong>der</strong> Bereiche abgeleitet.<br />
Die GMA empfiehlt <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> den Beschluss des Einzelhandelskon-<br />
zeptes (zentrale Versorgungsbereiche / „Mühlhäuser Liste“ zentrenrelevanter Sor-<br />
timente) als Grundlage für die Standortentwicklung des Einzelhandels im <strong>Stadt</strong>ge-<br />
biet bis 2015.<br />
82
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Karten-, Tabellen-, Abbildungs- und Übersichtsverzeichnis<br />
Kartenverzeichnis<br />
Karte 1: Wichtige Einkaufslagen und strukturprägende Einzelbetriebe des<br />
Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong> 29<br />
Karte 2: Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 31<br />
Karte 3: Zentrale Versorgungsbereiche in <strong>Mühlhausen</strong> im Überblick 61<br />
Karte 4: Zentraler Versorgungsbereich „Einkaufsinnenstadt“ 62<br />
Karte 5: Ausgewählte Aufwertungsmaßnahmen im zentralen<br />
Versorgungsbereich „Einkaufsinnenstadt“ 67<br />
Karte 6: Einzugsgebiete <strong>der</strong> Nahversorgungslagen in <strong>Mühlhausen</strong> 72<br />
Karte 7: Supermärkte, Lebensmitteldiscounter, Verbrauchermärkte und SB-<br />
Warenhäuser in <strong>Mühlhausen</strong> 73<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1: Entwicklung <strong>der</strong> Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels 2000<br />
- 2007 10<br />
Tabelle 2: Standortanfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Betriebstypen des<br />
Lebensmitteleinzelhandels (Auswahl) 11<br />
Tabelle 3: Einwohnerentwicklung in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Mühlhausen</strong> 2000 – 2007 24<br />
Tabelle 4: Entwicklung <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in<br />
<strong>Mühlhausen</strong> 2000 – 2006 26<br />
Tabelle 5: Einwohner im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 32<br />
Tabelle 6: Kaufkraft im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 2007 35<br />
Tabelle 7: Einwohner im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels<br />
2015 37<br />
Tabelle 8: Kaufkraft im Kerneinzugsgebiet des Mühlhäuser Einzelhandels 2015 38<br />
Tabelle 9: Betriebe und Verkaufsflächen des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong> 40<br />
Tabelle 10: Betriebe und Verkaufsflächen des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong><br />
nach Standortlagen 43<br />
Tabelle 11: Qualitative Bewertung des Mühlhäuser Einzelhandels 45<br />
Tabelle 12: Ausstattungskennziffern des Mühlhäuser Einzelhandels im<br />
kommunalen Vergleich 46<br />
Tabelle 13: Geschäftsleerstände in <strong>Mühlhausen</strong> 47<br />
Tabelle 14: Umsatz des Mühlhäuser Einzelhandels 2007 53<br />
Tabelle 15: Umsatzprognose für den Mühlhäuser Einzelhandel im Jahr 2015 55<br />
Tabelle 16: Verkaufsflächenbedarf in <strong>Mühlhausen</strong> bis 2015 56<br />
83
<strong>Einzelhandelskonzept</strong> <strong>Mühlhausen</strong><br />
Tabelle 17: Kriterien <strong>der</strong> Identifikation und Klassifikation zentraler<br />
Versorgungsbereiche in <strong>Mühlhausen</strong> 59<br />
Tabelle 18: Maßnahmenkatalog zur Aufwertung des zentralen<br />
Versorgungsbereiches „Einkaufsinnenstadt“ 68<br />
Tabelle 19: „Mühlhäuser Liste“ zentrenrelevanter Sortimente 79<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 1: Verkaufsflächenwachstum im deutschen Einzelhandel 1980 – 2008 3<br />
Abb. 2: Entwicklung von Shopping-Centern in Deutschland 1965 – 2008 5<br />
Abb. 3: Entwicklung des deutschen Einzelhandelsumsatzes 1998 – 2008 6<br />
Abb. 4: Betriebe und Verkaufsflächen des deutschen<br />
Lebensmitteleinzelhandels 1997 – 2007 6<br />
Abb. 5: Marktanteile <strong>der</strong> Betriebstypen des Einzelhandels in Deutschland 7<br />
Abb. 6: Entwicklung <strong>der</strong> Lebensmitteldiscounter in Deutschland 1991 – 2007 10<br />
Abb. 7: Entwicklung des privaten Verbrauchs und Einzelhandelsumsatzes in<br />
Deutschland 1997 – 2007 12<br />
Abb. 8: Entwicklung des privaten Verbrauchs in Deutschland 1990 / 2010 12<br />
Abb. 9: Konsumtrends im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Ausbildung des<br />
„hybriden“ Verbrauchers 14<br />
Abb. 10: Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Altersstruktur in <strong>Mühlhausen</strong> 1997 – 2007 25<br />
Abb. 11: Entwicklung <strong>der</strong> Übernachtungen in <strong>Mühlhausen</strong> 1997 – 2007 27<br />
Abb. 12: Betriebsgrößenklassen des Einzelhandels in <strong>Mühlhausen</strong> 41<br />
Abb. 13: Verkaufsflächenanteile <strong>der</strong> Mühlhäuser Einkaufsinnenstadt an <strong>der</strong><br />
Gesamtstadt 42<br />
Zentrenpässe<br />
Zentrenpass 1: Zentraler Versorgungsbereich Nahversorgungslage „Feldstraße“ 74<br />
Zentrenpass 2: Zentraler Versorgungsbereich Nahversorgungslage<br />
„Forstbergstraße“ 75<br />
Zentrenpass 3: Zentraler Versorgungsbereich Nahversorgungslage „Thomas-<br />
Müntzer-Straße“ 76<br />
Zentrenpass 4: Zentraler Versorgungsbereich Nahversorgungslage „Wanfrie<strong>der</strong><br />
Straße“ 77<br />
Übersichtsverzeichnis<br />
Übersicht 1: Zielkonflikte zwischen unternehmerischem Standortwahlverhalten<br />
und einer an städtebaulichen Leitbil<strong>der</strong>n orientierten <strong>Stadt</strong>planung 16<br />
84