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SaisonKlänge 2005/17 - Jecklin & Co. AG

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Artists Forum:<br />

«Wien, Wien, nur Du allein»<br />

Der Refrain dieses bekannten Liedes<br />

von Rudolf Sieczynski drückt aus, was<br />

für Musikliebhaber auf der ganzen<br />

Welt gilt. Keine andere Stadt hat eine<br />

vergleichbare musikalische Tradition,<br />

die bis heute ihre Ausstrahlung be-<br />

wahrt hat. Die grossen Epochen der<br />

Musikgeschichte wurden von Wien<br />

aus geprägt: die Wiener Klassik, die<br />

Romantik bis hin zur Neuen Wiener<br />

Schule. Dieser Tradition verpflichtet<br />

sind auch das Alban Berg Quartett und<br />

der Pianist Rudolf Buchbinder.<br />

«In kaum einer Stadt Europas war nun<br />

der Drang zum Kulturellen so leiden-<br />

schaftlich wie in Wien. Hierher waren<br />

die Nibelungen gefahren, hier hat das<br />

unsterbliche Siebengestirn der Musik<br />

über die Welt geleuchtet, Gluck, Haydn<br />

und Mozart, Beethoven, Schubert,<br />

Brahms und Johann Strauss, hier waren<br />

alle Ströme europäischer Kultur zusam-<br />

mengeflossen; am Hof, im Adel, im Volk<br />

war das Deutsche dem Slawischen, dem<br />

Ungarischen, dem Spanischen, dem<br />

Italienischen, dem Französischen, dem<br />

Flandrischen im Blute verbunden, und<br />

es war das eigentliche Genie dieser Stadt<br />

der Musik, alle diese Kontraste har-<br />

monisch aufzulösen in ein Neues und<br />

Eigenartiges, in das Österreichische, in<br />

das Wienerische... Wien war, man weiss<br />

18<br />

es, eine geniesserische Stadt, aber was<br />

bedeutet Kultur anderes, als der gro-<br />

ben Materie des Lebens ihr Feinstes, ihr<br />

Zartestes, ihr Subtilstes durch Kunst und<br />

Liebe zu entschmeicheln?… Während<br />

im Politischen, im Administrativen, in<br />

den Sitten alles ziemlich gemütlich zu-<br />

ging und man gutmütig gleichgültig<br />

war gegen jede ‹Schlamperei› und nach-<br />

sichtig gegen jeden Verstoss, gab es in<br />

künstlerischen Dingen keinen Pardon;<br />

hier war die Ehre der Stadt im Spiel. Jeder<br />

Sänger, jeder Schauspieler, jeder Musiker<br />

musste ununterbrochen sein Äusserstes<br />

geben, sonst war er verloren. Es war herr-<br />

lich, in Wien ein Liebling zu sein, aber<br />

es war nicht leicht, Liebling zu bleiben.»<br />

So äussert sich der Wiener Stefan Zweig<br />

über Wien. Was es für Musiker bedeutete,<br />

ist in Worten Carl Maria von Webers auf<br />

eine kurze Formel zu bringen: «If you can<br />

make it there, you make it anywhere».<br />

Wiener Charme<br />

Was verstehen wir unter «Wienerisch»?<br />

Natürlich den Charme und Humor der<br />

Wiener, die sich auch im Musizieren wi-<br />

derspiegeln – das Musikantische – Wien<br />

war seit jeher ein Schmelztiegel, böh-<br />

mische, ungarische Einflüsse sind unü-<br />

berhörbar, die Spielfreude, ein weicher<br />

Klang und die freie Agogik, ein man-<br />

chmal fast «süssliches» Vibrato und<br />

dazu kommt eine grosse Disziplin und<br />

ein hoher künstlerischer Anspruch.<br />

In diesem Sinne ist auch das Alban<br />

Berg Quartett ein «urwienerisches»<br />

Ensemble. Gegründet vor über 30 Jah-<br />

ren, ist es bis heute eines der bedeu-<br />

tendsten Streichquartette weltweit. In<br />

unzähligen Aufnahmen setzten und<br />

setzen die vier Musiker musikalische<br />

Massstäbe. Abgesehen von den Superla-<br />

tiven der Presse und der nicht ermüden-<br />

den Begeisterung des Publikums ist<br />

den vier Künstlern bei aller Freude am<br />

Erfolg wichtiger, ein Höchstmass an<br />

Übereinstimmung mit dem jeweils inter-<br />

pretierten Werk zu erreichen, den Bogen<br />

des Repertoires von der Klassik bis zur<br />

Avantgarde zu spannen.<br />

Dass die vier Musiker auch geniale<br />

Pädogogen sind, das erfuhr «Saison-<br />

Klänge» von Anna Brunner, Mitglied des<br />

jungen Schweizer Amar Quartetts, das<br />

einige Jahre beim Alban Berg Quartett<br />

studieren konnte. Die vier Musiker un-<br />

terrichten in Wien und Köln. Das Amar<br />

Quartett reiste jeweils für einen Tag<br />

nach Wien, dort wurden sie von jedem<br />

der vier Musiker eine ganzen Tag lang je<br />

zwei Stunden unterrichtet, dann ging es<br />

zurück nach Zürich. Das Faszinierende<br />

am Alban Berg Quartett ist, dass die<br />

vier Musiker vier völlig verschiedene<br />

Das Alban Berg Quartett, links, und der Pianist Rudolf Buchbinder, rechts<br />

Persönlichkeiten sind, die aber im ge-<br />

meinsamen Musizieren eine unglaubli-<br />

che Harmonie ausstrahlen.<br />

Hierarchie und Harmonie<br />

Primus im besten Sinne des Wortes ist<br />

der erste Geiger Günter Pichler. Er hat<br />

die Fäden in der Hand, ist Manager,<br />

Programmgestalter, musikalischer<br />

«Chef» und was er sagt, gilt – und wird<br />

auch von den anderen drei voll und<br />

ganz akzeptiert. Er ist ein ausgespro-<br />

chen schneller Denker, humorvoll und<br />

streng. Er legt grössten Wert auf durch-<br />

dachte Interpretationen, sie müssen<br />

stets fundiert sein. Dies sind auch die<br />

Schwerpunkte in seinem Unterricht.<br />

Der zweite Geiger, Gerhard Schulz, ver-<br />

steht seine Stimme als «Klangfüller».<br />

Er zelebriert den kultivierten, weichen<br />

«Schönklang» angereichert mit Gefühl<br />

und Wärme. Der «wienerischste» der vier<br />

Musiker ist Bratschist Thomas Kakuska.<br />

Er legt Wert auf seine «volkstümli-<br />

chen» Wurzeln, das Musikantentum<br />

und vermittelt dies seinen Schülern mit<br />

Charme und «Wiener Schmäh». Cellist<br />

Valentin Erben schliesslich ist der an-<br />

dere «Eckpfeiler» des Quartetts – wie<br />

sein Instrument ist er das Fundament,<br />

die Basis und er unterstützt Primgeiger<br />

Pichler, wie er ein «Arbeitstier», auch<br />

in organisatorischen Fragen. In Luzern<br />

wird das Alban Berg Quartett Werke von<br />

Schubert und ihrem Namensgeber Alban<br />

Berg spielen.<br />

«Gentleman des Klaviers»<br />

Ein weiterer Wiener, der Pianist Rudolf<br />

Buchbinder, ist im Mai im Meisterzyklus<br />

Zürich und Bern sowie im Klassik Fo-<br />

rum Chur zu Gast. Das Zürcher Kam-<br />

merorchester setzt damit die lang wäh-<br />

rende musikalische Beziehung zu dem<br />

sympathischen Künstler fort, die ihren<br />

Höhepunkt im September 2003 bei<br />

einem Gastspiel im brasilianischen Sao<br />

Paolo mit Standing Ovation und höchs-<br />

tem Kritikerlob fand.<br />

Der «Gentleman des Klaviers», wie der<br />

1946 im böhmischen Leitmeritz gebore-<br />

ne Starpianist ohne Starallüren häufig<br />

bezeichnet wird, zählt zu den Wunder-<br />

kindern des 20. Jahrhunderts. Mit fünf<br />

Jahren wurde Rudolf Buchbinder als<br />

jüngster Schüler, der jemals die Wiener<br />

Musikhochschule besuchte, in diese<br />

aufgenommen; mit elf Jahren absol-<br />

vierte er die dortige Meisterklasse. Zu<br />

Beginn seiner Karriere widmete sich<br />

Rudolf Buchbinder der Kammermusik,<br />

um allmählich als Solopianist mit allen<br />

grossen Orchestern und allen grossen<br />

Dirigenten zu musizieren. Der genau und<br />

sorgfältig arbeitende Künstler nimmt<br />

die von ihm gespielten Musikstücke mitt-<br />

lerweile nicht mehr im Studio auf, son-<br />

dern lässt seine öffentlichen Konzerte<br />

mitschneiden. Auch in seiner Freizeit<br />

ist Rudolf Buchbinder ein ganz und<br />

gar musischer Mensch und beschäftigt<br />

sich mit Literatur und Bildender Kunst<br />

und betätigt sich, wenn ihm zwischen<br />

Konzertreisen und Probeterminen Zeit<br />

bleibt, als passionierter Amateur-Maler.<br />

CD-Tipp<br />

Barbara Honegger Schellemann<br />

Dvorˇák, Klavierquintett, Rudolf Buchbinder,<br />

Alban Berg Quartett, Fr. 37.50, Best-Nr. 25<br />

Konzert-Tipps<br />

So, 27.2.05, 11 Uhr, KKL Luzern<br />

Alban Berg Quartett<br />

Mo, 9.5.05, 19.30 Uhr, Stadtcasino Basel<br />

Di, 10.5.05, 19.30 Uhr, Tonhalle Zürich<br />

Mi, 11.5.05, 20 Uhr, Stadttheater Chur<br />

Do, 12.5.05, 19.30 Uhr, Kultur-Casino Bern<br />

ZKO, Rudolf Buchbinder, Leitung und Klavier<br />

Details siehe Konzertkalender<br />

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