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SaisonKlänge 2005/17 - Jecklin & Co. AG

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Klavierstimmer Hans-Peter Lenz<br />

Mit Ohr und Hand:<br />

stimmungsvolles Metier<br />

Jedes Mal bevor die Klaviertitanen in<br />

die Tasten greifen, werden die beiden<br />

Steinways in der Tonhalle gestimmt.<br />

Zwei der zuständigen Klavierstimmer<br />

stellt das Musikhaus <strong>Jecklin</strong>, einer<br />

davon ist Hans-Peter Lenz. Er arbeitet<br />

im Hintergrund, aber wenn er seinen<br />

Job nicht gut macht, hören’s alle.<br />

Er gehört zu den Ruhigeren im Land.<br />

Einer, der offenbar gut zuhören kann.<br />

Muss er ja auch. Denn das genaue<br />

Hinhören ist sein Beruf, oder zumindest<br />

ein wichtiger Teil davon. Klavierbauer<br />

Hans-Peter Lenz ist zusammen mit<br />

Hans Krauer zuständig für die Wartung,<br />

Intonation und Stimmung der beiden<br />

274er-Steinways in der Tonhalle. Das<br />

Instrument im kleinen Saal wird von<br />

Musik Hug betreut. Im Foyer steht noch<br />

ein weiteres Instrument, das bei Bedarf<br />

– etwa für Werke von Cage – auch präpa-<br />

riert werden darf.<br />

Vierjährige Ausbildung<br />

Grundvoraussetzung für den Klavier-<br />

stimmer ist nicht, wie man vielleicht<br />

denken möchte, das absolute Gehör,<br />

sondern eine vierjährige Ausbildung<br />

als Klavierbauer. «Damit man auch die<br />

Mechanik und den Auf bau des Instru-<br />

ments kennt», sagt Hans-Peter Lenz. Er<br />

habe eine zusätzliche Meisterausbildung<br />

14<br />

in Deutschland absolviert, wo man sich<br />

eingehend mit Konstruktion und Neubau<br />

von Klavier und Flügel befasste.<br />

In der dritten Generation<br />

Das Stimmen selbst sei eine Sache der<br />

Übung, des genauen Hinhörens. Und<br />

das könne man trainieren. Er selbst spie-<br />

le mehr schlecht als recht Klavier, meint<br />

er bescheiden. Sei eher Handwerker als<br />

Musensohn.<br />

Immerhin betreibt Lenz sein Metier als<br />

Klavierbauer und -stimmer bereits in der<br />

dritten Generation. Der Filius habe auch<br />

bereits Klavierbauer als Berufswunsch<br />

angemeldet, obwohl er erst elf ist.<br />

Jedenfalls stehen bei Familie Lenz ein<br />

Klavier und ein Flügel. Letzteren – einen<br />

Steinway von 1916 – hat Hans-Peter Lenz<br />

sozusagen vor dem Abbruch gerettet und<br />

in Fronarbeit wieder aufgepäppelt.<br />

Rein physikalische Sache<br />

Neben dem Stimmhammer und viel-<br />

leicht mal einer Zange braucht der<br />

Klavierstimmer – neben seinem feinen<br />

Gehör – lediglich eine Stimmgabel mit<br />

einer Schwingung von 442 Hz für das ein-<br />

gestrichene a. Von da aus werden die an-<br />

dern Töne gestimmt, Quinten, Quarten,<br />

Oktaven, Terzen … Alle in einem be-<br />

stimmten Schwingungsverhältnis – eine<br />

rein physikalische Sache, wie Lenz er-<br />

klärt. Bis man schliesslich Konzertstim-<br />

mer werde, brauche es jedoch viele Jahre<br />

Praxis.<br />

Extremere Anforderungen<br />

Was ist denn die besondere Heraus-<br />

forderung für den Konzertstimmer?<br />

«Die Arbeit ist grundsätzlich die gleiche<br />

wie im Privatbereich. An die Stimmung<br />

des Instruments im Konzertsaal wer-<br />

den einfach extremere Anforderungen<br />

gestellt.» Das heisst? «Sie muss hundert-<br />

prozentig sein und halten. Hinzu<br />

kommt, dass allein schon das Handling,<br />

das Arbeiten mit dem Stimmhammer an<br />

den Stimmnägeln, beim Klavier etwas<br />

einfacher ist als beim Flügel. Auch ist das<br />

Ohr beim Klavier näher an den Saiten.»<br />

Beim Konzertf lügel geht man zwei-<br />

manchmal sogar dreimal durch alle 88<br />

Töne, bis man auch wirklich sicher sein<br />

darf, dass alles stimmt. Gerade in der<br />

Tonhalle, die zwar akustisch als einer<br />

der besten Säle Europas gilt, sei das<br />

Raumklima ziemlich problematisch:<br />

In den trockenen Wintermonaten sinkt<br />

die Stimmung sehr bald. Im ZKO-Haus<br />

dagegen, wo ein Bösendorfer 280 steht,<br />

hat man unlängst aufgrund gleicher<br />

Erfahrung ein Befeuchtungssystem ein-<br />

gebaut, was sehr viel bringt.<br />

Stimmen vor jedem Auftritt<br />

Ein Konzertf lügel wird grundsätzlich<br />

vor jedem Auftritt, vor jeder Probe ge-<br />

stimmt. Das kann in einzelnen Wochen<br />

täglich ein- oder sogar zweimal sein. Ein<br />

Stimmgang dauert anderthalb bis zwei<br />

Stunden, abhängig davon, wie und wofür<br />

das Instrument zum Einsatz kam. Nach<br />

einem Soloabend mit Rachmaninoff und<br />

Liszt ist das Instrument garantiert ver-<br />

stimmt.<br />

Da die Tonhalle sehr rege belegt ist,<br />

bedeutet das für die Stimmer oftmals,<br />

bereits am frühen Morgen anzutre-<br />

ten, weil um neun die Orchesterproben<br />

beginnen. Dann ist es mit der zum<br />

Stimmen nötigen Ruhe vorbei. In der<br />

Regel wird am Abend, unmittelbar<br />

vor dem Auftritt, nochmals ein kurzer<br />

Durchgang gemacht, um zu kontrollie-<br />

ren, ob sich die Stimmung gehalten hat.<br />

Wochenenddienste sind unumgänglich;<br />

Pikett am Konzertabend gehört dazu.<br />

Dass dies durchaus – zum Glück selten<br />

– nötig sein kann, zeigte ein Rezital von<br />

Peter Serkin: Kurz vor der Pause sprang<br />

die gemeinsame Saite zweier benach-<br />

barter Diskanttöne, die Lenz dann ganz<br />

entfernte, um ein Scheppern zu vermei-<br />

den. Bei der folgenden Beethoven-Sonate<br />

kamen die betreffenden beiden Töne gar<br />

nicht mehr zum Einsatz.<br />

Ein weiterer Aspekt ist die Regulierung.<br />

Dabei wird darauf geachtet, dass der<br />

Mechanismus perfekt funktioniert und<br />

der Flügel schnell und regelmässig an-<br />

spricht, wie man im Fachjargon sagt.<br />

Bei den bestens gewarteten Tonhalle-<br />

Flügeln, die im Schnitt alle zehn Jahre<br />

ersetzt werden, ist das kein Problem.<br />

Verschiedene Klangfarben<br />

Ebenfalls eine wichtige Aufgabe des<br />

Stimmers ist das Intonieren des Instru-<br />

ments. Das heisst, die Klangfarbe, der<br />

Klangcharakter wird bestimmt. Die-<br />

ser wird weicher, runder durch das Ein-<br />

stechen und somit Weichermachen der<br />

befilzten Hammerköpfe. Umgekehrt<br />

wird der Klang härter und gläserner,<br />

indem man die Filzschicht durch Klo-<br />

pfen zusammenpresst, etwas abschleift<br />

oder – selten allerdings – mit einem<br />

speziellen Lack härtet. Grundsätzlich<br />

aber sollen die beiden hochkarätigen<br />

Instrumente der Tonhalle, von denen<br />

jedes seinen eigenen Charakter hat,<br />

nicht wesentlich verändert werden. Was<br />

man mitunter auch den Pianisten klar<br />

machen müsse, setzt Lenz schmunzelnd<br />

hinzu. Denn gerade das Intonieren bringt<br />

den Klavierstimmer oft in Kontakt mit<br />

den Künstlern, die ihre diesbezüglichen<br />

Klangvorstellungen umgesetzt wissen<br />

möchten.<br />

Alfred Brendel zum Beispiel sei sehr<br />

an der klanglichen Präparation des<br />

Flügels interessiert und verstehe auch<br />

einiges davon. Das ging soweit, dass er<br />

mit Kreide die Tasten bezeichnete und<br />

auch gleich angab, wo deren Hämmer<br />

gestochen werden sollten (der Hammer<br />

schlägt ja pro Ton drei Saiten an). Yevgeny<br />

Kissin dagegen sei ein schwieriger Kun-<br />

de: Er wollte den harten Flügel noch<br />

härter, man kam ihm weitmöglichst ent-<br />

gegen, und der Star entschied sich dann<br />

– für den weicheren! Probte aber darauf<br />

so intensiv, dass die ganze Stimmung<br />

im Eimer war, und die Stimmer im Lauf<br />

des Tages noch zweimal antreten muss-<br />

ten.<br />

András Schiff und Christian Zimmer-<br />

mann nehmen jeweils das eigene Instru-<br />

ment und den eigenen Stimmer mit.<br />

Und Fazil Say schliesslich tigert zwar<br />

nervös herum, ist aber in seinen Wün-<br />

schen nicht extravagant. So oder so ist<br />

es für den Künstler wichtig, dass er sich<br />

auf die Professionalität und die Ruhe<br />

des Klavierstimmers verlassen kann.<br />

Und beides gehört bei Hans-Peter Lenz<br />

und seinen Kollegen zum Berufsethos.<br />

Bruno Rauch<br />

Unser Kontakt für Ihre Klavierstimmung:<br />

Telefon 044 253 77 77<br />

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