Skripten - Alpmann Schmidt
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1. Teil: Einführung<br />
d) Eine letzte Tendenz ist die zunehmende Spezialisierung im Sonderordnungsrecht.<br />
Mit ihr reagiert der Gesetz- und Verordnungsgeber etwa in weiten Bereichen<br />
des Umweltrechts auf die ordnungsrechtlichen Probleme, die sich hier stellen.<br />
Kennzeichnend dafür sind zahlreiche Grenzwertverordnungen, mit denen<br />
namentlich für das Wasserrecht, das Bodenrecht und das Immissionsschutzrecht<br />
präzise Vorgaben entstehen. Für die Beteiligten bedeutet dies mehr Rechtssicherheit<br />
durch genaue Berechenbarkeit. Diese Entwicklung hat aber auch die Konsequenz,<br />
dass sowohl die Behörde als auch der Bürger in zunehmendem Maße<br />
auf technischen Sachverstand angewiesen sind – nicht die Juristen, sondern Spezialisten<br />
unterschiedlicher Disziplinen entscheiden Prozesse etwa im Bereich<br />
des KrW-/AbfG, GenTG, BBodSchG, LWG, aber auch der LBauO.<br />
2. Behörden zur Gefahrenabwehr<br />
Alle Verwaltungsorgane, denen Ordnungsaufgaben zugewiesen sind, sind „Behörden<br />
zur Gefahrenabwehr“.<br />
Angesichts der geringen Verwaltungskompetenzen des Bundes im Bereich der<br />
Gefahrenabwehr (vgl. Art. 40 Abs. 2 S. 1, 87 ff. GG) handelt es sich dabei nur<br />
selten um Bundesbehörden wie etwa das Bundesamt für Verfassungsschutz oder<br />
den Bundestagspräsidenten bei Wahrnehmung der Polizeigewalt im Plenum.<br />
Gefahrenabwehrbehörden sind deshalb in erster Linie Landesbehörden. Dabei<br />
kann es sich um landeseigene Behörden handeln (z.B. eine Polizeidirektion –<br />
unmittelbare Landesverwaltung), es kann sich aber auch um Behörden der Kreise<br />
und Gemeinden handeln, auf die das Land Aufgaben der Gefahrenabwehr<br />
übertragen haben kann (mittelbare Landesverwaltung). Die Organisation der<br />
Gefahrenabwehrbehörden auf Landesebene ist nicht nur durch Funktionalität,<br />
sondern auch durch eine lange historische Entwicklung geprägt. 8<br />
2.1 Einheitssystem<br />
Im System des preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes (1931) war die Organisation<br />
der Gefahrenabwehrbehörden in den Ländern dadurch gekennzeichnet,<br />
dass alle Aufgaben der Gefahrenabwehr bei ein und derselben Behörde lagen –<br />
der Polizeibehörde. Sie gliederte sich behördenintern in verschiedene Arbeitsbereiche.<br />
Die „Verwaltungspolizei“ war zuständig zur Gefahrenabwehr in den<br />
verschiedenen Verwaltungsfachbereichen – z.B. die „Ausländerpolizei“, die<br />
„Gewerbepolizei“, die „Gesundheitspolizei“ oder die „Baupolizei“. Die „Vollzugspolizei“<br />
als weiterer Teil der Polizeibehörde wurde tätig, wenn die Beamten<br />
der Verwaltungspolizei nicht rechtzeitig einschreiten konnten.<br />
Damals stimmten der „institutionelle“ und der „materielle“ Polizeibegriff überein: Die Amtswalter<br />
der Polizeibehörde (als Institution) nahmen auch materiell alle Aufgaben zur Gefahrenabwehr<br />
wahr.<br />
8 Götz § 3; Schenke Rdnr. 10 ff.; Friauf Rdnr. 9 ff.; Schoch in <strong>Schmidt</strong>-Aßmann, BesVerwR, 2. Kap. Rdnr. 35 ff.<br />
und JuS 1994, 391, 395; Pieroth/Schlink/Kniesel § 2 Rdnr. 40 ff.