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In Putins Russland

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»Und warum kündigen Sie dann nicht ? Warum<br />

schmeißen Sie Ihre peinliche Arbeit nicht hin ?«<br />

Sie schwiegen. Der Moskauer Abend umfing uns mit<br />

seinen dunklen Armen. Die einen begleitete er in ihre<br />

warmen Häuser, erfüllt vom Lachen und der Liebe der<br />

Familie. Die anderen führte er in ihre hallenden Wohnungen,<br />

die seit dem 23. Oktober für immer leer blieben.<br />

Als Letzter ging ein gebückter, älterer, grauhaariger<br />

Mann mit ausdrucksvollen Augen. Während der ganzen<br />

Verhandlung hatte er ruhig, beherrscht und unbeteiligt<br />

in einer Ecke gesessen.<br />

»Wie heißen Sie ?« Ich holte ihn ein.<br />

»Tukai Walijewitsch Hasijew.«<br />

»Waren Sie unter den Geiseln ?«<br />

»Nein. Mein Sohn ist gestorben.«<br />

»Können wir uns treffen ?«<br />

Tukai Walijewitsch gab mir nur ungern seine Telefonnummer.<br />

»Ich weiß nicht, meine Frau … Es fällt ihr so schwer,<br />

über das Thema zu reden. Na gut, rufen Sie in einer<br />

Woche an, ich bereite sie vor.«<br />

Die Familie Hasijew aus Moskau ist wirklich durch die<br />

Hölle des eigenen Landes gegangen. Sie hat nicht nur den<br />

siebenundzwanzigjährigen Timur und damit Sohn, Enkel,<br />

Vater, Ehemann und Bruder verloren, der Orchestermusiker<br />

im »Nord-Ost«-Ensemble gewesen ist. Sie hat auch<br />

auf grauenvolle Weise die herrschende staatliche Ideologie<br />

zu spüren bekommen, die im Endeffekt Timur den<br />

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