Ausgabe Dezember 2012 - Der Vorstädter

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4 Historie ABC – die lange Geschichte eines Gasthofes ... ... und sein bitteres Ende Das Vorwerk ABC Um die lange Geschichte des altehrwürdigen Freiberger Gasthofes ABC, ehemals an der Frauensteiner Straße 12 gelegen, näher zu bringen, zunächst einiges über das Vorwerk ABC. Als zwischen 1210 und 1218 die Freiberger Oberstadt angelegt wurde, entstand der „alte Lobetanzhof“, der 1465 als „forwergk bey dem Thormhofe“ bezeichnet wurde. 1491 kam dieses „Vorwerk für dem Erbischen thore“ durch Heirat zum Turmhofvorwerk, von 1910 erhalten. An Stelle der Vorwerksgedem es bald darauf als Vorwerk ABC wie- bäude entstanden an der Silberhof- und der der abgespalten wurde. Hier befand sich neu angelegten Sachsenhofstraße Wohnein wichtiger Straßenknoten. Alle von Süd- häuser. Der Vorstadtbebauung mussten osten kommenden Fernstraßen liefen nicht bereits Ende des 19. Jahrhunderts zwei auf das Peters- oder das Erbische Tor zu, Fischteiche weichen, die gegenüber dem sondern die Saydaer Passstraße vereinte Vorwerk am Münzbach lagen. Dem Absich mit der Berthelsdorfer und der wichti- bruch fiel lediglich ein Haus nicht zum gen Frauensteiner Passstraße sowie dem Opfer: das als „ABC“ wohl allen zumindest Bobritzscher Weg beim ABC. Die Fuhr- älteren Freibergern bekannte Gebäude an werke gelangten hier über eine Steinbrücke der Frauensteiner Straße/Silberhofstraße, etwa bei der heutigen Schmiedestraße zum welches mittlerweile ebenfalls abgerissen Donatstor. worden ist. Zweimal wurde das Vorwerk durch Brände völlig vernichtet, 1632 durch kaiserliche und Der Gasthof ABC 1639 durch schwedische Truppen, nach- Es gibt mehrere Daten bzw. Jahreszahlen, dem es erst wieder aufgebaut worden war. die Aufschluss über die Gründung der Als Hausmarke ließ der Besitzer auf eine Gastwirtschaft geben können. Das Jahr Sandsteinplatte die Buchstaben ABC ein- 1637 wird in mehreren Quellen angegeben. meißeln. Es ist nicht bekannt, weshalb die Es gab wohl schon davor eine Gast- und Anfangsbuchstaben des Alphabets für die Schankwirtschaft. Das Vorwerk hatte Privi- Vorwerksbezeichnung verwendet wurden. legien, was das Brotbacken betraf. Es durf- 1822 gab der damalige Besitzer dem ABC- ten außer den Dorfmüllern 16 Personen Vorwerk aus Liebe zu seiner Heimat den innerhalb der Stadt Brot backen, in Freiberg Namen Sachsenhof (Foto oben von 1908). anbieten und verkaufen. Um 1800 erhielt In den Folgejahren wurde der Hof immer der nunmehr „ABC“ genannte Gasthof das mehr verkleinert und bis 1905 aufgelöst, „Recht zum Schänken und Gastieren, der Besitzer ließ die Gebäude bis auf das Backen und Schlachten, Beherbergen und Herrenhaus abbrechen. Dieses blieb bis Tanzen“. In den folgenden Jahrzehnten gab

Historie es mehrere Umbauten, verbunden mit ver- schließlich über vier Fremdenzimmer, schiedenen Änderungen der Ausrichtung Frühstückszimmer und Gaststube. als reine Gastwirtschaft, Beherbergung oder Unterhaltung durch Billard. Der Name Das Ende des Gasthofes wechselte in den Jahren Danach stand das Gebäude leer und machebenfalls mehrmals: 1846 „Gasthof zum te einen immer schlechteren Eindruck. Die ABC“, 1864 „Stadt Chemnitz“ und ab 1912 oben erwähnte Sandsteinplatte war aber in „Stadt Chemnitz zum ABC“, wie am noch zu erkennen. Noch 1993 gab es Westgiebel noch bis zuletzt zu lesen war. Hoffnung auf eine Rettung des Gebäudes. Neben der nördlichen Haustür wurde eine Es wurde u.a. von Wolfgang Jobst und dem Sandsteinplatte mit dem alten Hauszei- Freiberger Altertumsverein auf die historichen und der Inschrift „Urkundlich erwähnt sche Bedeutung und Tradition des ABC verschon um 1440, durch Feuer zerstört im wiesen, dass ebenso wie viele weitere his- 30-jährigen Kriege 1632, umgebaut 1790. torische Gasthöfe der Stadt Freiberg erhal- Obiger Stein wurde wieder aufgefunden ten bzw. rekonstruiert werden könnte. Das am 20. April 1928 vom derzeitigen Besitzer nahe gelegene „Mauck’sche Gut“ konnte Joh. Kurt Schwarze.“ angebracht. Der durch eine Rekonstruktion erhalten und als darüber eingefügte Stein trug die barock Hotel attraktiv genutzt werden, was die verzierten Initialen ABC. Das Foto ent- Hoffnung für das ABC nährte. Da sich diese stand um 1930. nicht erfüllt hat bzw. erfüllt werden konnte, führte es im Jahr 2000 zum Abriss der Ruine. Im Jahr 1941 musste das ABC geschlossen werden, da der damalige Besitzer zur Wehrmacht eingezogen wurde. Nach dem Ende des Krieges wurde im Erdgeschoss eine Gaststube mit Vereinszimmer errichtet, dazu die Geschäftsstelle des Stadtteilausschusses für Wohnungsfragen. Eine Gaststube wurde von der KPD als Geschäftszimmer benutzt. Die Räume im Obergeschoss wurden vom Vorpächter bewohnt. 1952 verfügte die Abteilung Woh- Quellen: • „Der Münzbach – Turmhof und das Vorwerk ABC in der Freiberger Bertholdstadt“, von Wolfgang Jobst in MFA 80/1998 • „Einstige und heutige Gaststätten Freibergs“; MFA 89/2001 • „ABC – Letzter Zeuge eines bedeutenden Vorwerkes“, von Wolfgang Jobst; Freiberger Anzeiger 15. Januar 1993 nungswesen über die acht Fremdenzimmer. Eine Beherbergung wurde abge- • „Denkmale in Sachsen“, Stadt Freiberg, Beiträge - Band 1; von Yves Hoffmann, lehnt, stattdessen sind die Räume als Uwe Richter Feierabendheim genutzt worden. Bis zu sei- • 2 Fotos Stadt- und Bergbaumuseum, ner Schließung 1959 verfügte das ABC Inv.-Nr. F2028 und F27055 5

4<br />

Historie<br />

ABC – die lange Geschichte eines Gasthofes ...<br />

... und sein bitteres Ende<br />

Das Vorwerk ABC<br />

Um die lange Geschichte des<br />

altehrwürdigen Freiberger<br />

Gasthofes ABC, ehemals an<br />

der Frauensteiner Straße 12<br />

gelegen, näher zu bringen,<br />

zunächst einiges über das<br />

Vorwerk ABC. Als zwischen<br />

1210 und 1218 die Freiberger<br />

Oberstadt angelegt wurde,<br />

entstand der „alte Lobetanzhof“,<br />

der 1465 als „forwergk<br />

bey dem Thormhofe“ bezeichnet<br />

wurde. 1491 kam<br />

dieses „Vorwerk für dem Erbischen<br />

thore“ durch Heirat<br />

zum Turmhofvorwerk, von 1910 erhalten. An Stelle der Vorwerksgedem<br />

es bald darauf als Vorwerk ABC wie- bäude entstanden an der Silberhof- und der<br />

der abgespalten wurde. Hier befand sich neu angelegten Sachsenhofstraße Wohnein<br />

wichtiger Straßenknoten. Alle von Süd- häuser. <strong>Der</strong> Vorstadtbebauung mussten<br />

osten kommenden Fernstraßen liefen nicht bereits Ende des 19. Jahrhunderts zwei<br />

auf das Peters- oder das Erbische Tor zu, Fischteiche weichen, die gegenüber dem<br />

sondern die Saydaer Passstraße vereinte Vorwerk am Münzbach lagen. Dem Absich<br />

mit der Berthelsdorfer und der wichti- bruch fiel lediglich ein Haus nicht zum<br />

gen Frauensteiner Passstraße sowie dem Opfer: das als „ABC“ wohl allen zumindest<br />

Bobritzscher Weg beim ABC. Die Fuhr- älteren Freibergern bekannte Gebäude an<br />

werke gelangten hier über eine Steinbrücke der Frauensteiner Straße/Silberhofstraße,<br />

etwa bei der heutigen Schmiedestraße zum welches mittlerweile ebenfalls abgerissen<br />

Donatstor. worden ist.<br />

Zweimal wurde das Vorwerk durch Brände<br />

völlig vernichtet, 1632 durch kaiserliche und<br />

<strong>Der</strong> Gasthof ABC<br />

1639 durch schwedische Truppen, nach- Es gibt mehrere Daten bzw. Jahreszahlen,<br />

dem es erst wieder aufgebaut worden war. die Aufschluss über die Gründung der<br />

Als Hausmarke ließ der Besitzer auf eine Gastwirtschaft geben können. Das Jahr<br />

Sandsteinplatte die Buchstaben ABC ein- 1637 wird in mehreren Quellen angegeben.<br />

meißeln. Es ist nicht bekannt, weshalb die Es gab wohl schon davor eine Gast- und<br />

Anfangsbuchstaben des Alphabets für die Schankwirtschaft. Das Vorwerk hatte Privi-<br />

Vorwerksbezeichnung verwendet wurden. legien, was das Brotbacken betraf. Es durf-<br />

1822 gab der damalige Besitzer dem ABC- ten außer den Dorfmüllern 16 Personen<br />

Vorwerk aus Liebe zu seiner Heimat den innerhalb der Stadt Brot backen, in Freiberg<br />

Namen Sachsenhof (Foto oben von 1908). anbieten und verkaufen. Um 1800 erhielt<br />

In den Folgejahren wurde der Hof immer der nunmehr „ABC“ genannte Gasthof das<br />

mehr verkleinert und bis 1905 aufgelöst, „Recht zum Schänken und Gastieren,<br />

der Besitzer ließ die Gebäude bis auf das Backen und Schlachten, Beherbergen und<br />

Herrenhaus abbrechen. Dieses blieb bis Tanzen“. In den folgenden Jahrzehnten gab

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